Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 40 AS 1075/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1145/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.05.2012 geändert. Hinsichtlich des Bedarfs für Unterkunft und Heizung wird der Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Tenor des Beschlusses des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.05.2012 wird klarstellend wie folgt gefasst: Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller ab dem 28.03.2012 bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe des jeweiligen Regelbedarfs nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen abzüglich bereits geleisteter Zahlungen vorläufig zu gewähren. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt I aus L beigeordnet. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu ½ in beiden Instanzen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist im tenorierten Umfang begründet.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
Der Antragsteller hat nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung vorläufig (nur) einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuch (SGB II) und zwar in Höhe des Regelbedarfs nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen. Diesbezüglich hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht.
Die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nrn. 1- 4 SGB II sind glaubhaft gemacht. Denn der Antragsteller hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Er ist auch erwerbsfähig gemäß § 7 Abs.1 Nr. 2 SGB II und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II).
Der Senat verkennt dabei nicht, dass Zweifel darüber bestehen, ob der Antragsteller mit der Zeugin Klingenburg in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebt. Allerdings hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Verbindlichkeiten der Zeugin Klingenburg i.H.v. monatlich 1.045,22 Euro, die sich auch in den im Verwaltungsverfahren überreichten Kontoauszügen der Zeugin wiederspiegeln, der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass die Zeugin Klingenburg keine finanziellen Zuwendungen an ihn tätigt. Zur Überzeugung des Senats müssen die noch nicht ausgeräumten Zweifel hinsichtlich der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers der Klärung einem eventuellen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Unter Berücksichtigung des existenzsichernden Charakters der Leistungen nach dem SGB II und der nach der Rechtsprechung des BVerfG bei nicht möglicher abschließender Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen Folgenabwägung ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung gerechtfertigt.
Hinsichtlich der Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung fehlt es hingegen am erforderlichen Anordnungsgrund. Maßgebliches Kriterium für die Beurteilung eines Anordnungsgrundes für die Geltendmachung von Bedarfen der Unterkunft und Heizung ist nicht die Vermeidung von Mehrkosten, sondern die drohende Wohnungs- bzw. Obdachlosigkeit. Diese ist zur Überzeugung des Senats grundsätzlich erst bei Rechtshängigkeit einer Räumungsklage anzunehmen (LSG NRW, Beschluss vom 25.05.2012 - L 7 AS 742/12 B ER). Bislang erfolgte weder eine fristlose Kündigung noch wurde eine Räumungsklage erhoben.
Dem Antragsteller war nach § 73a SGG iVm §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) für das Verfahren über die Beschwerde des Antragsgegners Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO erfolgt die Prüfung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat. Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner Beschwerde gegen den Beschluss des SG Düsseldorf vom 14.05.2012 eingelegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist im tenorierten Umfang begründet.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
Der Antragsteller hat nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung vorläufig (nur) einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuch (SGB II) und zwar in Höhe des Regelbedarfs nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen. Diesbezüglich hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht.
Die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nrn. 1- 4 SGB II sind glaubhaft gemacht. Denn der Antragsteller hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Er ist auch erwerbsfähig gemäß § 7 Abs.1 Nr. 2 SGB II und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II).
Der Senat verkennt dabei nicht, dass Zweifel darüber bestehen, ob der Antragsteller mit der Zeugin Klingenburg in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebt. Allerdings hat das SG zu Recht darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Verbindlichkeiten der Zeugin Klingenburg i.H.v. monatlich 1.045,22 Euro, die sich auch in den im Verwaltungsverfahren überreichten Kontoauszügen der Zeugin wiederspiegeln, der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass die Zeugin Klingenburg keine finanziellen Zuwendungen an ihn tätigt. Zur Überzeugung des Senats müssen die noch nicht ausgeräumten Zweifel hinsichtlich der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers der Klärung einem eventuellen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Unter Berücksichtigung des existenzsichernden Charakters der Leistungen nach dem SGB II und der nach der Rechtsprechung des BVerfG bei nicht möglicher abschließender Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen Folgenabwägung ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung gerechtfertigt.
Hinsichtlich der Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung fehlt es hingegen am erforderlichen Anordnungsgrund. Maßgebliches Kriterium für die Beurteilung eines Anordnungsgrundes für die Geltendmachung von Bedarfen der Unterkunft und Heizung ist nicht die Vermeidung von Mehrkosten, sondern die drohende Wohnungs- bzw. Obdachlosigkeit. Diese ist zur Überzeugung des Senats grundsätzlich erst bei Rechtshängigkeit einer Räumungsklage anzunehmen (LSG NRW, Beschluss vom 25.05.2012 - L 7 AS 742/12 B ER). Bislang erfolgte weder eine fristlose Kündigung noch wurde eine Räumungsklage erhoben.
Dem Antragsteller war nach § 73a SGG iVm §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) für das Verfahren über die Beschwerde des Antragsgegners Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO erfolgt die Prüfung der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat. Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner Beschwerde gegen den Beschluss des SG Düsseldorf vom 14.05.2012 eingelegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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