L 18 AL 136/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 39 AL 46/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 136/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird festgestellt, dass die Klage zurückgenommen ist und das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 15. Oktober 2015 nichtig ist. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die von ihrem Bevollmächtigten vertretene Klägerin hat mit ihrer Klage die Bescheidung ihres Kostenfestsetzungsantrages vom 11. Juni 2014 iHv 71,40 EUR begehrt, nachdem der Beklagte einem Widerspruch gegen die Festsetzung einer Mahngebühr iHv 0,80 EUR abgeholfen hatte.

Im Verfahren bei dem Sozialgericht (SG) Cottbus hat der Bevollmächtigte zunächst – nach Hinweis des Gerichts (vgl Schreiben vom 4. August 2015), dass Bedenken gegen dessen Bevollmächtigung bestünden - das Mandat niedergelegt (Schriftsatz vom 28. September 2015). Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2015 (Eingang am 14. Oktober 2015) hat der Bevollmächtigte die Klage zurückgenommen.

Das SG hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 2015 die Klage als unzulässig abgewiesen, weil eine wirksame Bevollmächtigung des "hier auftretenden Rechtsanwalts" nicht vorgelegen habe, und dem Bevollmächtigten zudem die "Kosten des Verfahrens" auferlegt (Urteil vom 15. Oktober 2015).

Mit der vom Landessozialgericht zugelassenen Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil. Ihr Bevollmächtigter habe die Klage bereits vor Erlass des Urteils zurückgenommen, so dass dieses nicht habe ergehen dürfen.

Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen,

festzustellen, dass die Klage zurückgenommen ist und das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 15. Oktober 2015 nichtig ist.

Die Beklagte stellt keinen Antrag.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

Die Klage war zum Zeitpunkt der Verkündung des angefochtenen Urteils zurückgenommen, so dass das angefochtene Urteil nichtig ist (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage § 125 Rn 5b).

Nach § 73 Abs. 6 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) muss derjenige, der als Prozessvertreter eines anderen auftritt, seine Bevollmächtigung durch schriftliche Vollmacht nachweisen. Fehlt es daran, so hat das Gericht den Mangel der Vollmacht gemäß § 73 Abs. 6 Satz 5 SGG von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Diese auf das Rechtsberatungsneuregelungsgesetz zurückgehende Vorschrift zielt nach den Materialien darauf, in Übereinstimmung mit den anderen Verfahrensordnungen künftig auch im sozialgerichtlichen Verfahren den Mangel der Vollmacht nicht mehr von Amts wegen zu überprüfen, wenn als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt (vgl BT-Drucks 16/3655, S 96, ebenso dort S 90 zur neugefassten Vorschrift des § 80 ZPO). Danach mag die Regelung die Überprüfung der Vollmacht eines Rechtsanwalts von Amts wegen zwar nicht generell ausschließen. Jedenfalls ist mit dieser Zielrichtung die Prüfung der Vollmacht eines Rechtsanwalts ohne – substantiierte - Rüge der Gegenseite, die vorliegend nicht ersichtlich ist, nur vereinbar, wenn sein Verhalten ernstliche Zweifel daran aufkommen lässt, dass er über die notwendige Vollmacht verfügt (vgl BSG, Beschluss vom 20. Januar 2016 – B 4 AS 684/15 B – juris; Beschluss vom 17. März 2016 – B 14 AS 180/15 B = SozR 4-1500 § 73 Nr 10).

Solche Anhaltspunkte sind hier in ausreichendem Maße nicht feststellbar. Zwar können Zweifel an der fortdauernden Gültigkeit der einem Rechtsanwalt früher erteilten Generalvollmacht bestehen, wenn feststeht, dass er in einer größeren Zahl von Fällen unter Rückgriff auf solche Generalvollmachten Rechtsbehelfe oder -mittel eingelegt hat, obwohl das Mandatsverhältnis von den Mandanten bereits beendet worden war. Kein Anlass zu grundsätzlichen Zweifeln können aber Fehler begründen, die einem schlichten Büroversehen zuzuordnen sind. Nicht ausreichend ist vor diesem Hintergrund der Hinweis des SG auf mehrere sozialgerichtliche Verfahren ohne Darlegung der näheren Umstände.

Nach der zwischenzeitlichen Mandatsniederlegung ist somit auch zum Zeitpunkt der Klagerücknahme am 14. Oktober 2015 von einer wirksamen Bevollmächtigung auszugehen. Die Klage ist damit gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 SGG zurückgenommen. Dementsprechend war festzustellen, dass die Klage zurückgenommen ist und das angegriffene Urteil nichtig ist.

Mit der Nichtigkeit des Urteils haben sich auch die den Bevollmächtigten belastende Kostenentscheidung und die Streitwertfestsetzung erledigt, die im Hinblick auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens (vgl § 183 SGG) ohne unzutreffend waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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