L 4 SO 91/14 ZVW

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 18 SO 159/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 91/14 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 47/16 BH
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 23. Oktober 2012 wird zurückgewiesen. Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf einen Zuschuss in Höhe von 191,45 Euro monatlich für "Essen auf Rädern" nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - SGB XII.

Der Kläger bezieht laufende Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Er leidet unter Diabetes mellitus Typ 2, diabetischer Polyneuropathie, peripherer arterieller Verschlusskrankheit St. II b, KHK, Zustand nach Vorderwandinfarkt 1999, arterieller Hypertonie, Adipositas per magna, rezidiv-depressiver Erkrankung, Persönlichkeitsstörung und chronischem LWS-Syndrom.

Am 14. Dezember 2011 beantragte der Kläger die Übernahme von Kosten für Essen auf Rädern beim Beklagten. Mit Bescheid vom 19. Januar 2012 lehnte der Beklagte die Bewilligung eines Essenszuschusses ab, da es sich um eine Leistung im Rahmen der Altenhilfe gemäß § 71 SGB XII handele; eine Leistungsgewährung im Rahmen der Altenhilfe könne frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres erfolgen.

Der Kläger legte mit Schreiben vom 23. Januar 2012 Widerspruch ein. Am 14. Juli 2012 beantragte der Kläger erneut die Gewährung der Kosten für Essen auf Rädern. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18. Juli 2012 ab. Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. Januar 2012 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2012 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 20. August 2012 Klage beim Sozialgericht Gießen erhoben und geltend gemacht, dass er einen Anspruch auf Versorgung mit Essen auf Rädern habe und der Pflegedienst nicht für ihn koche. Das Kochen werde nicht von der hauswirtschaftlichen Versorgung erfasst. Aus diesem Grund habe er einen Anspruch auf Versorgung mit Essen auf Rädern.

Das Sozialgericht hat die Akten der Verfahren zwischen den Beteiligten mit dem Aktenzeichen S 18 S0 11/10 VR, und S 18 SO 164/12 ER VR beigezogen.

Mit Gerichtsbescheid vom 23. Oktober 2012 hat das Sozialgericht nach Anhörung der Beteiligten die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid vom 19. Januar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2012 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme von Kosten für die Versorgung mit Essen auf Rädern gegen den Beklagten nach § 19 Abs. 3 SGB XII i. V. m. §§ 61 Abs. 1 Satz 2, 63 Satz 2, 65 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII sei Hilfe zur Pflege auch Kranken und behinderten Menschen zu leisten, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate der Pflege bedürfen oder einen geringeren Bedarf als nach Satz 1 haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach § 61 Abs. 5 SGB XII bedürfen. § 61 Abs. 1 S. 1 SGB XII fordere für Pflegeleistungen einen erheblichen Pflegebedarf im Sinne des SGB XI, der bei dem Kläger nicht vorliege. Denn die Pflegegutachten vom 2009 und 2011 kämen zum Ergebnis, dass beim Kläger kein Pflegebedarf im Sinne der Einstufung in eine Pflegestufe bestehe. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung von Beihilfen für die Versorgung mit Essen auf Rädern, denn es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger Essen auf Rädern beziehen müsse, um so seine Versorgung sicherzustellen. Zwar geht aus den Pflegegutachten vom 14. September 2009 und vom 7. April 2011 hervor, dass die Gutachterin die Versorgung mit Essen auf Rädern neben der hauswirtschaftlichen Versorgung empfehle; jedoch seien die Pflegegutachten und der Befundbericht von Dr. J. nicht überzeugend: Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Kläger durch den Umfang der ihm gewährten hauswirtschaftlichen Versorgung nicht hinreichend versorgt sei und eine Beihilfe zur Versorgung mit Essen auf Rädern erforderlich sei, denn aus den Pflegegutachten sei nicht zu entnehmen, dass der Kläger nicht in der Lage sei, sich sein Essen selbst zuzubereiten. Entsprechende körperliche Einschränkungen des Klägers seien weder in den Pflegegutachten noch im Befundbericht des behandelnden Arztes Dr. J. dokumentiert. Die Gutachterin K. habe in dem Pflegegutachten vom 14. September 2009 unter Punkt 4.2 Ernährung ausgeführt, dass der Kläger bei der mundgerechten Zubereitung der Nahrungsaufnahme oral keiner Hilfe bedürfe. Den Zeitbedarf bei der Ernährung setze sie mit null Minuten pro Tag an. Bei der hauswirtschaftlichen Versorgung unter Punkt 4. komme sie zum Ergebnis, dass ein Zeitaufwand in Stunde pro Woche von 6 Stunden bestehe, Mithilfe beim Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln der Wäsche, der Kleidung sei möglich. Der Kläger erhalte vom Beklagten Leistungen im Rahmen der hauswirtschaftlichen Versorgung im Umfang von 357 Minuten wöchentlich. Auf Nachfrage des Gerichts beim behandelnden Arzt Dr. J. habe dieser auf die Frage mitgeteilt, welche Diät der Kläger einhalten müsse, dass dieser eine Diabetes-Diät von 2000 kcal, verteilt auf 6 Mahlzeiten einhalten müsse. Dem behandelnden Arzt seien Erkrankungen der oberen Extremitäten, Einschränkung der Beweglichkeit, des Krafteinsatzes von Arme und Händen und Störungen im Tagesrhythmus, Gedächtnis-, Wahrnehmungs- und Antriebstörungen nicht bekannt. Bei der Entscheidung habe die Kammer berücksichtigt, dass der Pflegedienst, durch welchen die hauswirtschaftliche Versorgung erbracht werde, für den Kläger die Einkäufe verrichte. Dem Kläger obliege somit allein die Zubereitung des Essens. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger in seinen körperlichen Fähigkeiten so eingeschränkt sei, dass ihm die Zubereitung des Essens selbständig nicht möglich sei, denn es seien weder Rhythmusstörungen noch Einschränkungen der oberen Extremitäten festgestellt. Darüber hinaus kämen andere Anspruchsgrundlagen der Hilfe zur Pflege nicht in Betracht. Ein Anspruch nach § 71 SGB XII scheide aus, da nicht ersichtlich sei, dass der Kläger zum Personenkreis des § 71 SGB XII zähle. Denn es sei nicht ersichtlich, dass es sich um einen altersspezifischen Bedarf beim Kläger handele.

Gegen den ihm am 31. Oktober 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 5. November 2012 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Mit Schriftsatz vom 19. April 2013 macht der Kläger weiterhin die Übernahme von Kosten für Essen auf Rädern auch für die Zukunft geltend. Mit Urteil vom 24. April 2013 hat das erkennende Gericht die Berufung als unzulässig verworfen.

Der 8. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Bestellung von Herrn Rechtsanwalt F. zum besonderen Vertreter des Klägers auf dessen Beschwerde das Urteil des erkennenden Gerichts vom 24. April 2013 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Der Revisionssenat stellte dabei fest, dass bei dem Kläger eine partielle Prozessunfähigkeit im Hinblick auf die Führung von sozialgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vorliege und im Berufungsverfahren nicht davon abgesehen hätte werden können, einen besonderen Vertreter zu bestellen. Stehe wie vorliegend die Prozessunfähigkeit für den Prozess fest, könne diese grundsätzlich nur mit einem besonderen Vertreter fortgeführt werden, wenn eine sonstige gesetzliche Vertretung nicht gewährleistet ist und - wie hier - das Amtsgericht von der Bestellung eines Betreuers abgesehen hat. Zwar seien Ausnahmen von der Vertreterbestellung dann für zulässig erachtet worden, wenn das Rechtsmittel unter Anlegung eines strengen Maßstabs "offensichtlich haltlos" sei, was insbesondere bei absurden Klagebegehren ohne jeden Rückhalt im Gesetz oder bei offensichtlich unschlüssigem Vorbringen anzunehmen sei, etwa wenn kein konkreter Streitgegenstand erkennbar ist, der Kläger nur allgemeine Ausführungen ohne irgendeinen Bezug zum materiellen Recht mache oder wenn sein Vorbringen bereits mehrmals Gegenstand gerichtlicher Entscheidung gewesen sei. Ein solches haltloses Begehren liege vorliegend aber nicht vor.

Mit Beschluss vom 13. Mai 2015 hat der Vorsitzende des Senats anstelle von Rechtsanwalt F., der die Funktion als besonderer Vertreter für die Verfahren vor dem LSG abgelehnt hat, Herrn Justizinspektor B. als besonderen Vertreter des Klägers gemäß § 72 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestellt. Dieser hat die bisherige Prozessführung des Klägers in diesem Verfahren genehmigt und sich den gestellten Anträgen des Klägers angeschlossen. Weitergehende Anträge hat er nicht gestellt. In Übereinstimmung mit dem Beklagten hat er sich mit einer Entscheidung durch den Vorsitzen-den/Berichterstatter anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 23. Oktober 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 191,45 EUR monatlich im Vierteljahresdurchschnitt für die Zeit vom 14. Dezember 2011 bis 13. Juli 2012 zu erstatten sowie den Beklagten zu verurteilen, zukünftig die Kosten für "Essen auf Rädern" in Höhe von 191,45EUR monatlich zu übernehmen, hilfsweise, die Gutachterin K. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen und den Leitenden Arzt Dr. med. L. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zum Termin zu laden.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Berufung sei jedenfalls unbegründet, auf die zutreffenden Ausführungen im Gerichtsbescheid vom 23. Oktober 2012 werde Bezug genommen.

Auf die Anfrage des Senats, welche Kosten dem Kläger für "Essen auf Rädern" in der Zeit vom 14. Dezember 2011 bis 13. Juli 2012 entstanden seien, hat der Kläger trotz Erinnerung keine Mitteilung gemacht und entgegen der gerichtlichen Aufforderung auch keine Kostenbelege vorgelegt.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen, wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Vorsitzende konnte anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung entscheiden nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1, 155 Abs.3 SGG).

Die Berufung ist zulässig.

Dem Kläger fehlt zwar die Prozessfähigkeit für das vorliegende Verfahren, er wird jedoch von dem nach § 72 Abs. 1 SGG bestellten besonderen Vertreter rechtswirksam vertreten, dieser hat seine bisherigen Prozesshandlungen genehmigt, diese sind daher wirksam.

Ein Beteiligter ist gemäß § 71 Abs. 1 SGG prozessfähig, soweit er sich durch Verträge verpflichten kann. Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, einen Prozess selbst oder durch einen selbst bestellten Prozessbevollmächtigten zu führen, Verfahrenshandlungen (Prozesshandlungen) selbst oder durch einen selbst bestellten Vertreter wirksam vorzunehmen und entgegenzunehmen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 71 Rn. 1a, 3). Die Prozessfähigkeit ist eine Prozessvoraussetzung und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (§ 71 Abs. 6 SGG in Verbindung mit § 56 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO).

Im Hinblick auf die Durchführung sozialgerichtlicher Streitverfahren gegen den Sozialhilfeträger ist die zumindest seit April 2008 bestehende partielle Prozessunfähigkeit des Klägers festgestellt. Diesbezüglich wird auf den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Februar 2011 (Az.: L 9 SO 58/09 B) und die Beschlussgründe Bezug genommen. Der Senat hat sich im Rahmen der persönlichen Anhörung des Klägers am 26. September 2012 im Verfahren mit dem Az.: L 4 SO 81/12 B nochmals von dem Fortbestehen der partiellen Prozessunfähigkeit des Klägers überzeugt, auf die Gründe des Beschlusses des Senats vom 26. September 2012 (Az.: L 4 SO 81/12 B) wird Bezug genommen. Das BSG teilt in mehreren Entscheidungen - so auch in der zurückweisenden Entscheidung im vorliegenden Verfahren - diese Einschätzung. Hinweise auf eine Änderung der Verhältnisse liegen nicht vor.

Der Kläger leidet - wovon auch das BSG im Ergebnis ausgeht - an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung und einer rezidivierenden depressiven Störung. Der Sachverständige Dr. G. führt hierzu in seinem Gutachten vom 9. Januar 2010 (S. 26) u. a. aus: " als andere Begrifflichkeit der paranoiden Persönlichkeitsstörung kann auch der eines Querulantenwahns bzw. einer querulatorischen Entwicklung genannt werden. In der Folge hat sich entwickelt, dass sich Herr A. grundsätzlich als ungerecht behandelt fühlt und dann entsprechend dagegen gerichtlich vorgehen muss, auch wenn das Verhältnis zwischen Anliegen und Verhaltensweisen völlig unverhältnismäßig erscheint. So ist auch der als verbissen anzusehende Kampf des Herrn A. anzusehen, der mannigfaltige Prozesse auf Grund vermeintlicher Ansprüche verfolgt."

Mit Beschluss vom 24. Januar 2011 hat das Amtsgericht Friedberg - Betreuungsgericht die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung für den Kläger mit der Begründung abgelehnt, dass bei diesem eine schwere paranoide Persönlichkeitsstörung mit rezidivierenden depressiven Episoden und eine Benzdiazepinabhängigkeit vorliege. Dies entspreche dem Ergebnis des durch das Hessische Landessozialgericht eingeholten psychiatrischen Gutachtens des Facharztes für Psychiatrie Dr. G. vom 9. Januar 2010. Auch das im Auftrag des Betreuungsgerichts eingeholte Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. H. komme zu dem Ergebnis, dass bezüglich des Aufgabenkreises Prozessangelegenheiten der Kläger zu realitätsgerechtem und situationsadäquatem Denken und Handeln nicht in der Lage sei. Der pathologische Geisteszustand des Klägers führe ihn nämlich ersichtlich nicht dazu, dass er eigene Rechte nicht wahrnehmen oder Ansprüche nicht geltend machen würde und dadurch in Gefahr geriete, erhebliche Nachteile zu erleiden. Vielmehr führe ihn seine pathologische Querulanz dazu, eine Unzahl von Anträgen vor allem an Sozialbehörden zu stellen und sozialgerichtliche Verfahren anhängig zu machen. Dies stelle ohne Zweifel für die betroffenen Behörden und Gerichte einen erheblichen Nachteil dar, nicht jedoch für den Kläger selbst, da diese Verfahren typischer Weise kostenfrei seien und deshalb eine Vermögensgefährdung nicht zu befürchten sei. Auf Anregung des Vorsitzenden hat das Amtsgericht Friedberg mit neuerlichem Beschluss vom 13. Januar 2015 abermals entschieden, dass für den Kläger kein Betreuer bestellt wird.

Nach Berechnung des Sozialgerichts (z. B. Beschluss vom 2. September 2014, Az.: S 18 SO 91/14 ER) hat der Kläger von September 2004 bis September 2014 mehr als 860 sozialgerichtliche Antrags- und Klageverfahren angestrengt.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 23. Oktober 2012 ist jedoch aus den Gründen der aufgehobenen Entscheidung offensichtlich unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen Zuschuss für Essen auf Rädern für den hier streitgegenständlichen zurückliegenden Zeitraum vom 14. Dezember 2011 bis 13. Juli 2012, da der Kläger selbst auf konkrete Nachfrage des Senats nicht dargetan hat und auch sonst nicht ersichtlich ist, dass ihm hierfür Kosten entstanden sind.

Durch den am 14. Juli 2012 gestellten erneuten Antrag auf einen Essenszuschuss für Essen auf Rädern wird der Gegenstand des Rechtsstreits auf den vorgenannten Zeitraum beschränkt. Richtet sich die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgerichtsgesetz, § 56 SGG gegen die vollständige Versagung von Leistungen ohne zeitliche Begrenzung, ist auf einen zeitlich unbestimmten Leistungsantrag Gegenstand des Rechtsstreits grundsätzlich der gesamte Zeitraum bis zur Entscheidung des Gerichts, und zwar unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder rechtlichen Änderungen, ohne dass es eines neuen Bescheids bedarf, es sei denn, der Leistungsträger hat - wie hier - auf einen weiteren Leistungsantrag für einen späteren Zeitraum einen neuen Ablehnungsbescheid mit der Folge erlassen, dass sich der zu-nächst angefochtene Bescheid insoweit gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt hat (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, Az.: B 7b AS 14/06 R, vom 16. Mai 2007, Az.: B 11 b AS 37/06 R, vom 31.0ktober 2007, Az.: B 14/11b AS 59/06 R und 7/07 R, vgl. ebenso BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007, Az.: B 8/9b SO 12/06 R). Der weitere Versagungsbescheid ist auch nicht gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, da die bloße Versagung auf unbestimmte Zeit keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung darstellt, der allein abgeändert oder ersetzt werden kann (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007, Az.: B 8/9b SO 12/06 R).

Der geltend gemachte Anspruch des Klägers ist bereits deshalb zu versagen, weil das Entstehen von Aufwendungen des Klägers in der streitgegenständlichen Höhe in dem genannten Zeitraum für Essen auf Rädern weder nachgewiesen noch vom Kläger überhaupt vorgetragen wurde.

Der Anspruch des Klägers auf Übernahme der geltend gemachten Kosten für Essen auf Rädern setzt voraus, dass der Kläger im streitigen Zeitraum die geltend gemachten Kosten tatsächlich aufgewendet hat, Essen auf Rädern im Wege der "Selbstbeschaffung" in Anspruch genommen und dieses auf andere Weise bezahlt hat, oder er die Bezahlung noch schuldet. Aufgabe der Sozialhilfe ist es nämlich nicht, nachträglich Leistungen zu erbringen, wenn der Bedarf hierfür mittlerweile entfallen ist (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007, B 8/9b SO 12/06 R, SozR 4-3500 § 21 Nr. 1 RdNr. 11 für die Übernahme von Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem SGB XII unter Hinweis auf BVerwGE 90, 154, 156; 91, 245, 247 f; 94, 127, 135; 96, 152; vgl. auch für den Bereich des SGB II: BSG, Urteil vom 17. Juni 2010, B 14 AS 58,09 R, BSGE 106, 190, RdNr. 21 unter Hinweis auf BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr. 1 S. 8 = juris RdNr. 36, zur Übernahme von Mietschulden, wonach die im Sozialversicherungsrecht geltende Pflicht zur Kostenerstattung bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung als allgemein gültiges Rechtsprinzip angesehen wird). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, denn der Kläger hat nach Aufforderung des Senats im Berufungsverfahren keine Unterlagen hierüber vorgelegt. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum überhaupt Essen auf Rädern in Anspruch genommen hat und ihm hierdurch Kosten entstanden sind.

Soweit der Kläger im Wege der im Berufungsverfahren erhobenen Klage Leistungen für die Zukunft begehrt, ist die als Leistungsklage erhobene Klage bereits nicht statthaft. Statthafte Klageart ist allein eine Anfechtungs- und kombinierte (unechte) Leistungsklage, § 54 Abs. 4 SGG, für ihre Zulässigkeit ist die (erfolglose) Durchführung eines Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens Sachurteilsvoraussetzung, vorliegend fehlt es bereits an einem Verwaltungsverfahren.

Nach alledem war die vom Kläger beantragte Anhörung der Gutachterin und des Leitenden Arztes des MDK nicht mehr erforderlich, da jegliche medizinische Tatsachen in der vorliegenden Konstellation nicht erheblich sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG waren nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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