Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
S 8 KA 131/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KR 171/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Vermittlung von Behandlungstermin durch Kassenärztliche Vereinigung
Ein Rechtsstreit, in dem es um die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Vermittlung eines Termins bei einem Therapeuten geht, ist keine Vertragsarztsache im Sinne des § 10 Abs. 2 SGG.
Die Vermittlung eines Behandlungstermins ist regelmäßig Aufgabe der für den
Ein Rechtsstreit, in dem es um die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Vermittlung eines Termins bei einem Therapeuten geht, ist keine Vertragsarztsache im Sinne des § 10 Abs. 2 SGG.
Die Vermittlung eines Behandlungstermins ist regelmäßig Aufgabe der für den
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 17.07.2017 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mainz, mit dem sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden ist.
Der 1961 geborene Antragsteller ist bei der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) gesetzlich krankenversichert. Er wohnt in B in Rheinland-Pfalz und ist nicht erwerbstätig. Von den Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie, Neurologie und Psychiatrie Dr. K /Prof. Dr. M und Drs. H /K / L /R /S wurde dem Antragsteller am 23.01.2017 ein Überweisungsschein (kurativ) zur Mit-/Weiterbehandlung für eine Psychotherapie/Traumatherapie ausgestellt. Der Antragsteller suchte nach seinen Angaben im Antragsverfahren daraufhin vergeblich eigenständig einen Therapeuten, u.a. durch Abtelefonieren einer ihm von der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellten Liste sowie Wahrnehmung von Probe-Terminen. Im April 2017 wandte sich der Antragsteller an die Terminservicestelle der Antragsgegnerin, der KÄV Hessen, mit der Bitte um Vermittlung einer Psychotherapeuten-Sprechstunde. Diese teilte ihm mit, dass aufgrund seines Wohnsitzes in Rheinland-Pfalz eine Vermittlung systembedingt nicht möglich sei und verwies ihn auf die Möglichkeit der Online-Suche eines zugelassenen Facharztes für Psychotherapie in Hessen sowie eine Kontaktaufnahme mit der KÄV Rheinland-Pfalz.
Am 07.06.2017 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Mainz (SG) um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zur Auskunft zu Psychotherapie-Möglichkeiten sowie Hilfe bei der Suche eines geeigneten Therapeuten und zur Erlangung eines "Ersttermins" bei in Frage kommenden Therapeuten zu verpflichten. Er hat geltend gemacht, im Hinblick auf sein Recht auf freie Arztwahl nach § 76 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei die Antragsgegnerin trotz seines Wohnsitzes in Rheinland-Pfalz verpflichtet, ihm bei der Erlangung der medizinisch notwendigen Therapie zu helfen. Seine Therapeutensuche in M sei erfolglos geblieben. Er sei zudem nur aufgrund seiner Notlage in B ansässig, aber in Hessen sozialisiert und hoffe auf bessere Therapieaussichten in W.
Durch Beschluss vom 17.07.2017 hat die für Vertragsarztangelegenheiten zuständige Kammer des Sozialgerichts M den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller habe das Vorliegen eines Anordnungsgrundes im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht glaubhaft gemacht. Offen bleiben könne, ob der Antragsteller aus der Regelung des § 75 Abs. 1a Satz 3, 1. Halbsatz SGB V ein subjektiv-öffentliches Recht gegen die Antragsgegnerin beanspruchen könne. Es sei nicht ersichtlich, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sei. Die vom Antragsteller vorgelegte Überweisung zur Mit- und Weiterbehandlung sei am 23.01.2017 ausgestellt worden und somit fast sechs Monate alt. Eine dringende Behandlungsbedürftigkeit sei daher nicht ersichtlich. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Überweisung von einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie stamme, sodass eine fachärztliche Behandlung des Antragstellers bereits stattfinde.
Gegen den Beschluss hat der Antragsteller am 18.07.2017 Beschwerde eingelegt. Er hat geltend gemacht, entgegen der Auffassung des SG bestehe in der Angelegenheit ein Anordnungsgrund. Das Gesetz habe der KÄV aufgegeben, rasch wenigstens einen Ersttermin bei einem Therapeuten zu vermitteln. Seit der Überweisung im Januar 2017 habe er sich im Übrigen sehr wohl umfänglich um eine Therapeutensuche gekümmert und einige Vorstellungen/Probetermine gehabt. Ein harmonisches Verhältnis habe er jedoch zu keinem der aufgesuchten Therapeuten herstellen können. Eine falsche Therapie könne ihn sogar noch kränker machen. Der ihn behandelnde Psychiater Dr. habe keine Zeitkapazität für die Therapie. Ihm sei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) telefonisch bestätigt worden, dass Therapeuten wohnortnah zu vermitteln seien. Bei erfolgloser Suche im eigenen Bereich könnte die KÄV Rheinland-Pfalz die Antragsgegnerin um Amtshilfe bitten. Dann müsse auch er berechtigt sein, ohne diesen Umweg direkt die Antragsgegnerin in Anspruch zu nehmen.
Die Antragsgegnerin hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragstellers in der sich aus dem Geschäftsverteilungsplan für Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung ergebenden Besetzung. Es handelt sich entgegen der Annahme des SG vorliegend nicht um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts. Zum Vertrags-arztrecht gehören Streitigkeiten "aufgrund" der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten und Vertragszahnärzten einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände (§ 10 Abs. 2 Satz 1 SGG). Dabei gilt, dass die Zuordnung von Streitigkeiten des Leistungs- und Leistungserbringerrechts zu den Spruchkörpern der Krankenversicherung der Regelfall ist; das Vertragsarztrecht bildet die Ausnahme (vgl. z.B. BSG 18.11.2009 – B 1 KR 74/08 B, juris Rn 5 ff.; 12.08.2009 – B 3 KR 10/07 R, juris Rn 12). Nicht ausreichend ist eine bloß mittelbare Betroffenheit von Vertragsärzten als Systembeteiligte. Lässt sich keine eindeutige Zuordnung vornehmen, ist das Schwergewicht des konkreten Rechtsstreits maßgebend. Zwar ist vorliegend abweichend vom Fall des Urteils des BSG vom 02.11.2010 (B 1 KR 12/10 R, juris Rn 12) – insoweit weitergehend mittelbar auch das Rechtsverhältnis der KÄV zu Vertragsärzten betroffen, als die KÄV einen Behandlungstermin mit einem bestimmten Vertragsarzt vermittelt (§ 75 Abs. 1a Satz 3 SGB V). Dennoch spricht mehr für die Qualifizierung als Krankenversicherungssache, da Schwergewicht des Rechtsstreits ein Individualanspruch des Versicherten gegen die KÄV aus seinem Versicherungsverhältnis mit der Krankenkasse ist. Eine Zugehörigkeit zum Vertragsarztrecht ist ausgeschlossen, wenn ein Versicherter einen Anspruch auf eine bestimmte Leistung gegenüber der Krankenkasse oder dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) geltend macht (vgl. BSG 03.02.2010 – B 6 KA 31/09 R, juris Rn 16). Gleiches gilt, wenn ein Versicherter Ansprüche gegen eine dem Vertragsarztrecht zugehörige Institution verfolgt (vgl. BSG 02.11.2010 a.a.O.). Ausgehend davon handelt es sich vorliegend um eine Angelegenheit der Krankenversicherung.
Die Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zu Recht abgelehnt. Denn es fehlt sowohl an dem hierfür erforderlichen Anordnungsanspruch als auch an einem Anordnungsgrund, wie die Antragsgegnerin zu Recht dargetan hat.
Ein Anordnungsanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin ist nicht überwiegend wahrscheinlich. Aufgrund des Wohnorts des Antragstellers in B in Rheinland-Pfalz ist grundsätzlich die KÄV Rheinland-Pfalz die zuständige Kassenärztliche Vereinigung für die Sicherstellung der vertrags-ärztlichen Versorgung im Sinne des § 75 SGB V. Der Sicherstellungsauftrag umfasst gemäß § 75 Abs. 1a SGB V auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der fachärztlichen Versorgung. Hierzu hat der Gesetzgeber die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet, für ihre Zuständigkeitsbereiche sogenannte Terminservicestellen einzurichten, deren rechtliche Grundlage in Anlage 28 zum Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) präzisiert wird. Vorliegend ist die Zuständigkeit der Antragsgegnerin zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nicht gegeben, da diese auf das Bundesland Hessen begrenzt ist. Anhaltspunkte für eine fehlende oder unzureichende vertragsärztliche Versorgung durch die zuständige KÄV Rheinland-Pfalz liegen nicht vor. Selbst wenn im Übrigen eine Terminvermittlung in Rheinland-Pfalz in zumutbarer Wohnortnähe (§ 6 der Anlage 28 zum BMV-Ä) durch die KÄV Rheinland-Pfalz nicht möglich wäre, begründete dies keinen Anspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin auf deren Tätigwerden, sondern allenfalls eine Verpflichtung der zuständigen KÄV Rheinland-Pfalz zur länderübergreifenden Therapeutensuche ggf. auch in Hessen.
Auch ein Anordnungsgrund ist vorliegend aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG nicht gegeben; auf diese nimmt der Senat Bezug.
Ungeachtet der Frage, ob die zuständige KÄV Rheinland-Pfalz nach § 75 Abs. 2 SGG im vorliegenden Verfahren verpflichtet werden könnte, im Sinne des Antragstellers tätig zu werden, war eine Beiladung jedenfalls deshalb nicht geboten, weil schon die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch des Antragstellers nach § 75 Abs. 1a SGB V ersichtlich nicht vorliegen. Denn der Antragsteller hat nach seinen eigenen Angaben aufgrund der ihm am 23.01.2017 ausgestellten Überweisung zur Mit-/Weiterbehandlung bereits einige Vorstellungen und Probetermine bei Psychotherapeuten wahrgenommen. Ein weitergehender Anspruch auf Tätigwerden der Terminservicestelle der zuständigen KÄV kommt damit nicht in Betracht. Deren Aufgabe ist es, gesetzlich Versicherte innerhalb einer Woche einen Termin bei einem zugelassenen Vertragsarzt des gesuchten fachärztlichen Gebiets, einem Medizinischen Versorgungszentrum oder einem ermächtigten Arzt bzw. einer ermächtigten Einrichtung zu vermitteln (§ 75 Abs. 1a Satz 3 SGB V), was seit Inkrafttreten der Änderungen der Psychotherapie-Richtlinie des GBA nach § 92 Abs. 6a Satz 3 SGB V gemäß § 75 Abs. 1a Sätze 12, 13 SGB V (01.04.2017) auch für den Termin für ein Erstgespräch in einer Psychotherapeutischen Sprechstunde oder für eine Akutbehandlung gilt. Da der Antragsteller bereits mehrere solche Termine nach eigenen Angaben wahrgenommen hat, kommt ein weitergehender Anspruch auf fristgerechte und zeitnahe Vermittlung nicht in Betracht. Über die Terminservicestelle erfolgt keine Vermittlung eines Wunschtermins (§ 5 Satz 1 Anlage 28 zum BMV-Ä). Auch der Grundsatz der freien Arztwahl nach § 76 SGB V begründet im Rahmen der Verpflichtung der KÄV zur angemessenen und zeitnahen Zurverfügungstellung der fachärztlichen Versorgung keinen Anspruch des Versicherten auf Vermittlung eines Behandlungstermins bei einem ganz bestimmten Wunschtherapeuten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zum Bundessozialgericht nicht gegeben, § 177 SGG.
2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mainz, mit dem sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden ist.
Der 1961 geborene Antragsteller ist bei der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) gesetzlich krankenversichert. Er wohnt in B in Rheinland-Pfalz und ist nicht erwerbstätig. Von den Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie, Neurologie und Psychiatrie Dr. K /Prof. Dr. M und Drs. H /K / L /R /S wurde dem Antragsteller am 23.01.2017 ein Überweisungsschein (kurativ) zur Mit-/Weiterbehandlung für eine Psychotherapie/Traumatherapie ausgestellt. Der Antragsteller suchte nach seinen Angaben im Antragsverfahren daraufhin vergeblich eigenständig einen Therapeuten, u.a. durch Abtelefonieren einer ihm von der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellten Liste sowie Wahrnehmung von Probe-Terminen. Im April 2017 wandte sich der Antragsteller an die Terminservicestelle der Antragsgegnerin, der KÄV Hessen, mit der Bitte um Vermittlung einer Psychotherapeuten-Sprechstunde. Diese teilte ihm mit, dass aufgrund seines Wohnsitzes in Rheinland-Pfalz eine Vermittlung systembedingt nicht möglich sei und verwies ihn auf die Möglichkeit der Online-Suche eines zugelassenen Facharztes für Psychotherapie in Hessen sowie eine Kontaktaufnahme mit der KÄV Rheinland-Pfalz.
Am 07.06.2017 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Mainz (SG) um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zur Auskunft zu Psychotherapie-Möglichkeiten sowie Hilfe bei der Suche eines geeigneten Therapeuten und zur Erlangung eines "Ersttermins" bei in Frage kommenden Therapeuten zu verpflichten. Er hat geltend gemacht, im Hinblick auf sein Recht auf freie Arztwahl nach § 76 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei die Antragsgegnerin trotz seines Wohnsitzes in Rheinland-Pfalz verpflichtet, ihm bei der Erlangung der medizinisch notwendigen Therapie zu helfen. Seine Therapeutensuche in M sei erfolglos geblieben. Er sei zudem nur aufgrund seiner Notlage in B ansässig, aber in Hessen sozialisiert und hoffe auf bessere Therapieaussichten in W.
Durch Beschluss vom 17.07.2017 hat die für Vertragsarztangelegenheiten zuständige Kammer des Sozialgerichts M den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller habe das Vorliegen eines Anordnungsgrundes im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht glaubhaft gemacht. Offen bleiben könne, ob der Antragsteller aus der Regelung des § 75 Abs. 1a Satz 3, 1. Halbsatz SGB V ein subjektiv-öffentliches Recht gegen die Antragsgegnerin beanspruchen könne. Es sei nicht ersichtlich, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sei. Die vom Antragsteller vorgelegte Überweisung zur Mit- und Weiterbehandlung sei am 23.01.2017 ausgestellt worden und somit fast sechs Monate alt. Eine dringende Behandlungsbedürftigkeit sei daher nicht ersichtlich. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Überweisung von einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie stamme, sodass eine fachärztliche Behandlung des Antragstellers bereits stattfinde.
Gegen den Beschluss hat der Antragsteller am 18.07.2017 Beschwerde eingelegt. Er hat geltend gemacht, entgegen der Auffassung des SG bestehe in der Angelegenheit ein Anordnungsgrund. Das Gesetz habe der KÄV aufgegeben, rasch wenigstens einen Ersttermin bei einem Therapeuten zu vermitteln. Seit der Überweisung im Januar 2017 habe er sich im Übrigen sehr wohl umfänglich um eine Therapeutensuche gekümmert und einige Vorstellungen/Probetermine gehabt. Ein harmonisches Verhältnis habe er jedoch zu keinem der aufgesuchten Therapeuten herstellen können. Eine falsche Therapie könne ihn sogar noch kränker machen. Der ihn behandelnde Psychiater Dr. habe keine Zeitkapazität für die Therapie. Ihm sei von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) telefonisch bestätigt worden, dass Therapeuten wohnortnah zu vermitteln seien. Bei erfolgloser Suche im eigenen Bereich könnte die KÄV Rheinland-Pfalz die Antragsgegnerin um Amtshilfe bitten. Dann müsse auch er berechtigt sein, ohne diesen Umweg direkt die Antragsgegnerin in Anspruch zu nehmen.
Die Antragsgegnerin hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragstellers in der sich aus dem Geschäftsverteilungsplan für Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung ergebenden Besetzung. Es handelt sich entgegen der Annahme des SG vorliegend nicht um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts. Zum Vertrags-arztrecht gehören Streitigkeiten "aufgrund" der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten und Vertragszahnärzten einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände (§ 10 Abs. 2 Satz 1 SGG). Dabei gilt, dass die Zuordnung von Streitigkeiten des Leistungs- und Leistungserbringerrechts zu den Spruchkörpern der Krankenversicherung der Regelfall ist; das Vertragsarztrecht bildet die Ausnahme (vgl. z.B. BSG 18.11.2009 – B 1 KR 74/08 B, juris Rn 5 ff.; 12.08.2009 – B 3 KR 10/07 R, juris Rn 12). Nicht ausreichend ist eine bloß mittelbare Betroffenheit von Vertragsärzten als Systembeteiligte. Lässt sich keine eindeutige Zuordnung vornehmen, ist das Schwergewicht des konkreten Rechtsstreits maßgebend. Zwar ist vorliegend abweichend vom Fall des Urteils des BSG vom 02.11.2010 (B 1 KR 12/10 R, juris Rn 12) – insoweit weitergehend mittelbar auch das Rechtsverhältnis der KÄV zu Vertragsärzten betroffen, als die KÄV einen Behandlungstermin mit einem bestimmten Vertragsarzt vermittelt (§ 75 Abs. 1a Satz 3 SGB V). Dennoch spricht mehr für die Qualifizierung als Krankenversicherungssache, da Schwergewicht des Rechtsstreits ein Individualanspruch des Versicherten gegen die KÄV aus seinem Versicherungsverhältnis mit der Krankenkasse ist. Eine Zugehörigkeit zum Vertragsarztrecht ist ausgeschlossen, wenn ein Versicherter einen Anspruch auf eine bestimmte Leistung gegenüber der Krankenkasse oder dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) geltend macht (vgl. BSG 03.02.2010 – B 6 KA 31/09 R, juris Rn 16). Gleiches gilt, wenn ein Versicherter Ansprüche gegen eine dem Vertragsarztrecht zugehörige Institution verfolgt (vgl. BSG 02.11.2010 a.a.O.). Ausgehend davon handelt es sich vorliegend um eine Angelegenheit der Krankenversicherung.
Die Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zu Recht abgelehnt. Denn es fehlt sowohl an dem hierfür erforderlichen Anordnungsanspruch als auch an einem Anordnungsgrund, wie die Antragsgegnerin zu Recht dargetan hat.
Ein Anordnungsanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin ist nicht überwiegend wahrscheinlich. Aufgrund des Wohnorts des Antragstellers in B in Rheinland-Pfalz ist grundsätzlich die KÄV Rheinland-Pfalz die zuständige Kassenärztliche Vereinigung für die Sicherstellung der vertrags-ärztlichen Versorgung im Sinne des § 75 SGB V. Der Sicherstellungsauftrag umfasst gemäß § 75 Abs. 1a SGB V auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der fachärztlichen Versorgung. Hierzu hat der Gesetzgeber die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet, für ihre Zuständigkeitsbereiche sogenannte Terminservicestellen einzurichten, deren rechtliche Grundlage in Anlage 28 zum Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) präzisiert wird. Vorliegend ist die Zuständigkeit der Antragsgegnerin zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nicht gegeben, da diese auf das Bundesland Hessen begrenzt ist. Anhaltspunkte für eine fehlende oder unzureichende vertragsärztliche Versorgung durch die zuständige KÄV Rheinland-Pfalz liegen nicht vor. Selbst wenn im Übrigen eine Terminvermittlung in Rheinland-Pfalz in zumutbarer Wohnortnähe (§ 6 der Anlage 28 zum BMV-Ä) durch die KÄV Rheinland-Pfalz nicht möglich wäre, begründete dies keinen Anspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin auf deren Tätigwerden, sondern allenfalls eine Verpflichtung der zuständigen KÄV Rheinland-Pfalz zur länderübergreifenden Therapeutensuche ggf. auch in Hessen.
Auch ein Anordnungsgrund ist vorliegend aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG nicht gegeben; auf diese nimmt der Senat Bezug.
Ungeachtet der Frage, ob die zuständige KÄV Rheinland-Pfalz nach § 75 Abs. 2 SGG im vorliegenden Verfahren verpflichtet werden könnte, im Sinne des Antragstellers tätig zu werden, war eine Beiladung jedenfalls deshalb nicht geboten, weil schon die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch des Antragstellers nach § 75 Abs. 1a SGB V ersichtlich nicht vorliegen. Denn der Antragsteller hat nach seinen eigenen Angaben aufgrund der ihm am 23.01.2017 ausgestellten Überweisung zur Mit-/Weiterbehandlung bereits einige Vorstellungen und Probetermine bei Psychotherapeuten wahrgenommen. Ein weitergehender Anspruch auf Tätigwerden der Terminservicestelle der zuständigen KÄV kommt damit nicht in Betracht. Deren Aufgabe ist es, gesetzlich Versicherte innerhalb einer Woche einen Termin bei einem zugelassenen Vertragsarzt des gesuchten fachärztlichen Gebiets, einem Medizinischen Versorgungszentrum oder einem ermächtigten Arzt bzw. einer ermächtigten Einrichtung zu vermitteln (§ 75 Abs. 1a Satz 3 SGB V), was seit Inkrafttreten der Änderungen der Psychotherapie-Richtlinie des GBA nach § 92 Abs. 6a Satz 3 SGB V gemäß § 75 Abs. 1a Sätze 12, 13 SGB V (01.04.2017) auch für den Termin für ein Erstgespräch in einer Psychotherapeutischen Sprechstunde oder für eine Akutbehandlung gilt. Da der Antragsteller bereits mehrere solche Termine nach eigenen Angaben wahrgenommen hat, kommt ein weitergehender Anspruch auf fristgerechte und zeitnahe Vermittlung nicht in Betracht. Über die Terminservicestelle erfolgt keine Vermittlung eines Wunschtermins (§ 5 Satz 1 Anlage 28 zum BMV-Ä). Auch der Grundsatz der freien Arztwahl nach § 76 SGB V begründet im Rahmen der Verpflichtung der KÄV zur angemessenen und zeitnahen Zurverfügungstellung der fachärztlichen Versorgung keinen Anspruch des Versicherten auf Vermittlung eines Behandlungstermins bei einem ganz bestimmten Wunschtherapeuten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zum Bundessozialgericht nicht gegeben, § 177 SGG.
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