S 10 KR 71/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 71/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 570/16
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 12.838,32 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7. Januar 2014 aus einem Betrag in Höhe von 2.807,51 EUR und ab dem 9. Januar 2014 aus einem Betrag in Höhe von 10.030,81 EUR zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 12.838,32 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist die Erstattung von Kosten für Hilfsmittel, die während einer stationären Behandlung verordnet worden sind.

Die Klägerin ist Trägerin der Klinik I., der Klinik S. und der Klinik O ... Sie stellte der Beklagten die stationäre Behandlung verschiedener, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherter Patienten aus dem Jahr 2009 in Rechnung, die die Forderungen zunächst vollumfänglich beglich. Mit jeweils inhaltgleichen Schreiben vom 05.11.2013 machte die Beklagte gegenüber der Klägerin für die Jahre 2009 bis 2012 Rückzahlungsansprüche geltend, soweit die Klägerin während der stationären Behandlungen Verordnungen von Hilfsmitteln ausgestellt habe, die der Beklagten von einem Sanitätshaus in Rechnung gestellt worden und von der Beklagten gegenüber dem Sanitätshaus beglichen worden seien. Diese Kosten seien jedoch bereits mit den Behandlungskosten für den stationären Aufenthalt abgegolten, da die Krankenhausbehandlung alle Leistungen umfasse, die im Einzelfall für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig seien. Hierzu gehörten auch unter anderem Hilfsmittel, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig seien; die Kosten hierfür seien im Rahmen der DRG-Kalkulation berücksichtigt. Soweit hier nochmals Kosten für Hilfsmittel durch das Sanitätshaus in Rechnung gestellt worden seien, handele es sich um eine Doppelfinanzierung, die von der Klägerin zu erstatten sei. Beigefügt war jeweils eine Liste mit Behandlungsfällen, bei denen während stationärer Behandlung ein Hilfsmittel verordnet und bezogen worden war sowie den hierfür angefallenen Kosten. Mit weiteren Schreiben vom 26.11.2013 kündigte die Beklagte jeweils die Aufrechnung der Forderungen mit anderen unstreitigen Krankenhausvergütungsforderungen an. Mit Schreiben vom 03.12.2013 wies die Klägerin die Forderungen zurück, unter Hinweis auf eine Regelung im Bayerischen Landesvertrag zur gegenseitigen Unterrichtung und Überlassung von Krankenhausunterlagen vom 16.04.1996, wonach Hilfsmittel, die für die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt bestimmt und damit nicht Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen seien, jedoch bereits zum Zeitpunkt der Entlassung benötigt würden, vom Krankenhaus zulasten der Krankenkasse mit dem Verordnungsblatt Muster 16 verordnet werden könnten. Die Beklagte erwiderte hierauf, dass die von der Klägerin zitierte Regelung des Bayerischen Landesvertrags nicht anwendbar sei, da sie nur Hilfsmittel erfasse, die für die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt bestimmt seien, während die gegenständlichen Hilfsmittel Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen seien. Jeweils am 17.12.2013 und am 19.12.2013 rechnete die Beklagte bezüglich der von ihr beanstandeten Hilfsmittelverordnungen für das Jahr 2009 Beträge in Höhe von 2.807,51 EUR, 8.695,71 EUR und 1.335,10 EUR mit unstreitigen Behandlungsrechnungen der Klägerin auf.

Hiergegen richtet sich die seitens der Klägerin am 06.03.2014 zum Sozialgericht Augsburg erhobene Klage. Die Klägerin ist der Ansicht, die Aufrechnung sei bereits wegen fehlender Bestimmtheit unwirksam, soweit aus den Zahlungsaufstellungen der Beklagten nicht ersichtlich sei, mit welchen Forderungen aufgerechnet worden sei. Die Beklagte sei auch nicht berechtigt gewesen, wegen der Hilfsmittelverordnungen Aufrechnungen vorzunehmen, da sie lediglich zur Prüfung von Krankenhausabrechnungen ermächtigt sei. Bei der gerügten Verordnung von Hilfsmitteln handele es sich aber nicht um eine Krankenhausbehandlung. Andernfalls hätte bei Beanstandung auch eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen erfolgen müssen.

Im Übrigen fehle es an einer Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Rückforderungsanspruch. Die Vergütung für die Hilfsmittel habe nicht die Klägerin, sondern das Sanitätshaus erhalten, ein Rückzahlungsanspruch gegenüber der Klägerin scheide daher aus. Auch ein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin komme nicht in Betracht, soweit die Beklagte selbst die Hilfsmittelverordnung jeweils genehmigt und die Vergütung ausgekehrt habe. Im Übrigen sei das Krankenhaus nach der Regelung im Landesvertrag zur Vornahme der Verordnung berechtigt gewesen, auch sei die Beklagte mit Einwendungen gegen die medizinische Notwendigkeit aufgrund Zeitablaufs ausgeschlossen.

Die Beklagte erwiderte hierzu, dass es sich ihrer Ansicht nach bei allen gegenständlichen verordneten Hilfsmitteln um solche gehandelt habe, die der Sicherung des Behandlungserfolgs gedient hätten und die damit auf Kosten der Klägerin hätten ausgehändigt werden müssen. Durch die Ausstellung von Verordnungen und Leistungserbringung durch das Sanitätshaus habe die Beklagte mit Zahlung an das Sanitätshaus die Leistung im Ergebnis doppelt bezahlt. Dem Sanitätshaus stehe die Vergütung zu, da dieses die Leistung erbracht habe. Insoweit komme es auch nicht darauf an, ob die Beklagte die Hilfsmittelverordnung gegenüber dem Leistungserbringer genehmigt habe, da dessen Abrechnung nicht streitig sei. Die Klägerin habe dagegen Aufwendungen erspart; sie hätte bei ihren Abrechnungen zu den stationären Behandlungen einen Betrag in Höhe der Hilfsmittelkosten abziehen müssen, da sie diese Kosten entgegen ihrer Verpflichtung zur umfassenden Leistungserbringung nicht selbst getragen, sondern durch die Ausstellung der Verordnungen auf die Beklagte abgewälzt habe. Soweit die Klägerin im Folgenden eingewandt hat, die Verordnungen seien zum Großteil nicht von ihr, sondern von Vertragsärzten ausgestellt worden, ist die Beklagte der Ansicht, es sei unerheblich, wer die Verordnungen ausgestellt habe, entscheidend sei, dass sich die Klägerin Aufwendungen erspart habe. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei auch nicht entscheidend, ob die Behandlungsmaßnahmen bereits im Krankenhaus abgeschlossen oder ambulant weitergeführt worden seien. Abzustellen sei vielmehr auf den Zeitpunkt des erstmaligen Bedarfs des Hilfsmittels.

Die Klägerin ist dagegen der Ansicht, soweit die verordneten Hilfsmittel schwerpunktmäßig der ambulanten Weiterbehandlung dienten, handele es sich nicht um Krankenhausleistungen. Krankenhausleistungen könnten nur solche Leistungen sein, die im Krankenhaus auch abgeschlossen würden. Soweit für die stationäre Behandlung Hilfsmittel benötigt würden, würden diese grundsätzlich nur leihweise abgegeben, in diesem Fall trete der Leistungserbringer auch gar nicht nach Außen in Erscheinung, da liquidationsberechtigt das Krankenhaus bleibe; nur diese Hilfsmittel, die der stationären Versorgung dienten, seien in der DRG-Kalkulation enthalten. Soweit dagegen eine Verordnung erfolge, ergebe sich bereits hieraus der Versorgungszweck für die ambulante Behandlung; dies ergebe sich auch daraus, dass für die gegenständlichen Verordnungen auch jeweils das hierfür vorgesehene Musterblatt verwendet worden sei. Wenn die Beklagte dies anzweifelte, hätte sie jeweils im Einzelfall eine entsprechende Prüfung vornehmen müssen.

Die Beklagte hat hierzu erläutert, dass Rückforderung nur in den Fällen erfolgt sei, in denen das Hilfsmittel grundsätzlich seiner Art nach der Behandlung selbst gedient habe. Hierfür sei eine "Negativliste" entsprechend der Hilfsmittel erstellt worden, die regelmäßig der stationären Behandlung dienten. Richtig sei zwar, dass das Gesetz grundsätzlich keine Verordnungen im stationären Bereich vorsehe. Soweit daher ein Krankenhaus ein "Musterblatt 16" ausfülle, um einem Patienten ein Hilfsmittel zu verschaffen, welches dieser nicht erst zu seiner Entlassung, sondern bereits während seines stationären Aufenthalts benötige, nenne die Beklagte dies "stationäre Verordnung". Um den Übergang von der stationären zur ambulanten Behandlung sicherzustellen, akzeptiere die Beklagte Hilfsmittelverordnungen, welche während eines Krankenhausaufenthalts ausgestellt worden sind, wenn das jeweilige Hilfsmittel erstmalig im ambulanten Bereich benötigt werde. Um diese Fälle zu identifizieren, habe die Beklagte zum einen auf das Aushändigungsdatum abgestellt, zum anderen auf den Zeitraum zwischen Verordnung und Aushändigung. Der Zweck der Verordnung gehe nicht bereits aus der Verordnung selbst hervor, erst in Zusammenschau mit der Abrechnung des stationären Aufenthalts sei eine Überprüfung möglich. Rückforderung sei nur in den Fällen erfolgt, in denen das Hilfsmittel grundsätzlich der Behandlung selbst diene. Der Rückforderungsanspruch sei sowohl auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch als auch auf einen Schadensersatzanspruch gestützt. Mit welchen Forderungen aufgerechnet worden sei, ergebe sich hinreichend aus den Zahlungsavis.

Die Klägerin beruft sich auf verschiedene Rechtsgutachten, wonach eine pauschale Beurteilung, ob ein Hilfsmittel der stationären oder ambulanten Versorgung diene, nicht möglich sei. Bezüglich der Frage, wie die Kosten zu verteilen seien, wenn ein Hilfsmittel notwendigerweise stationär zur Anwendung und danach ambulant weiter genutzt werde, fehle eine gesetzliche Regelung. Jedenfalls seien diese Kosten nicht in der Fallpauschale enthalten. Die Klägerin trägt vor, soweit die DRG auch bei Außerachtlassung des Hilfsmittels jeweils in gleicher Höhe angefallen wäre, habe die Klägerin von der Beklagten nichts erlangt. Die Beklagte habe in Kenntnis aller Umstände geleistet. Im Übrigen sei in der maßgeblichen Pflegesatzvereinbarung eine Fälligkeitsregelung vereinbart, die die Aufrechnung ausschließe. Die Aufrechnung sei unwirksam, insoweit sei die geltend gemachte Forderung der Beklagten auch verjährt. Die Klägerin habe daher einen entsprechenden Zahlungsanspruch gegen die Beklagte bezüglich der zu Unrecht aufgerechneten Beträge, der geltend gemachte Zinsanspruch ergebe sich aus der Budget- und Entgeltvereinbarung der Beteiligten.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 12.838,32 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.01.2014 für einen Betrag in Höhe von 2.807,51 EUR und ab dem 09.01.2014 für den restlichen Klagebetrag zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Regelung zur Fälligkeit in der Pflegesatzvereinbarung könne die im Übrigen wirksame Aufrechnung der Beklagten nicht ausschließen. Der der Aufrechnung zugrunde gelegte Rückforderungsanspruch werde sowohl auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsan- spruch als auch auf einen Schadensersatzanspruch gestützt. Dieser sei weder verjährt, noch verwirkt.

Wegen des weiteren, umfangreichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich jeweils mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

Der Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von 12.838,32 EUR aus unstreitigen Forderungen aus dem Jahr 2009 ergibt sich aus § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung. Danach hat die Klägerin Anspruch auf die Vergütung der abgerechneten stationären Krankenhausbehandlung. Der Anspruch ist nicht durch die Aufrechnung der Beklagten gemäß § 69 Satz 4 SGB V in Verbindung mit § 389 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erloschen, da der Beklagten der aufgerechnete Zahlungsanspruch in Höhe von 12.838,32 EUR nicht zustand.

Soweit die Beklagte einerseits geltend macht, die Beklagte hätte den Betrag bereits als "ersparte Aufwendungen" von den Rechnungen zur stationären Behandlung in Abzug bringen müssen, so dass gegenständlich im Ergebnis fehlerhafte Abrechnungen stationärer Behandlungen seien, fehlt es hierfür bereits an einer Rechtsgrundlage. Der zwischen den Beteiligten vereinbarten Vergütung durch Fallpauschalen liegt stets eine Mischkalkulation zugrunde, die Höhe der Vergütung bestimmt sich aus dem DRG-System, nicht aus der Aufsummierung - oder Weglassung - der konkreten einzelnen Behandlungs- oder Materialkosten. Insbesondere kann die Beklagte ihren geltend gemachten Zahlungsanspruch auch nicht auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch stützen; dem stehen die vorrangigen Regelungen der Leistungsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus bei Behandlung Versicherter und zwischen Krankenhaus und von ihm einbezogenem Dritten - hier dem Sanitätshaus als Leistungserbringer - entgegen (vgl. Bundessozialgericht - BSG - , Urteil vom 12.11.2013, Aktenzeichen B 1 KR 22/12 R). Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.). Insoweit gilt auch für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch der allgemeine Grundsatz des Vorranges der Leistungskondiktion, das heißt, soweit eine rechtsgrundlose Leistung erfolgt ist, ist vorrangig vom Leistungsempfänger Herausgabe des Erlangten zu verlangen, nicht von einem Dritten wegen dessen Bereicherung in sonstiger Weise (vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.). Die Beklagte hat auf die Rechnungen wegen der hier gegenständlichen Hilfsmittelverordnungen an das Sanitätshaus gezahlt, die Rückabwicklung im Wege der Leistungskondiktion wäre daher in diesem Verhältnis geltend zu machen.

Darüber hinaus steht der Aufrechnung mit einem Rückforderungsanspruch wegen fehlerhafter Abrechnungen auch die Regelung in § 12 der insoweit geltenden Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2009 entgegen: Danach können Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art zwar auch nach Begleichung der Rechnung geltend gemacht werden. Insoweit ist aber weiter geregelt, dass, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass durch das Krankenhaus eine unberechtigte Rechnungslegung erfolgt ist, dieses die ursprüngliche Rechnung storniert, eine neue Rechnung ausstellt und den zu viel erhaltenen Betrag innerhalb von drei Wochen zurückzahlt. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung beträgt die Zahlungsfrist des zu viel erhaltenen Betrages drei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung. Insoweit gilt, dass bei Beanstandungen die Rückforderung nicht schon mit Beanstandung und Fristsetzung fällig wird, sondern, wenn wie hier die Forderung bestritten wird und es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt, erst drei Wochen nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung. Für die wirksame Aufrechnung fehlt es daher bereits an der Fälligkeit der Gegenforderung (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23.09.2014, Aktenzeichen L 5 KR 322/10; Urteil vom 24.11.2015, Aktenzeichen L 5 KR 390/12; Urteil vom 15.09.2015, Aktenzeichen L 5 KR 244/13).

Auch der daneben von der Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht nicht. Insoweit greift zwar die besondere Fälligkeitsregelung der Pflegesatzvereinbarung zur Überzeugung des Gerichts nicht, da sich diese nur auf vertragliche Ansprüche hinsichtlich der Rechnungslegung bezieht. Auch schließt das Vertragsrecht Schadensersatzansprüche der Krankenkasse bei schuldhafter Schädigung durch das Krankenhaus nicht grundsätzlich aus (vgl. BSG, a.a.O.). Die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zum Schadensersatz wegen Pflichtverletzung sind entsprechend anwendbar. Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Vertragsverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt jedoch nach Satz 2 der Regelung nur, soweit der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Das BSG hat eine schuldhafte Pflichtverletzung bejaht für den Fall, dass die Klinik den Leistungserbringer dazu benutzt, dem Versicherten während stationärer Behandlung pflichtwidrig vertragsärztliche Leistungen zu verschaffen, insbesondere, indem es ihm verschweigt, dass sich der Versicherte in vollstationärer Behandlung befindet. So liegt der Fall hier aber gerade nicht.

Zum einen ergibt sich aus den vorliegenden streitgegenständlichen Verordnungen, dass diese zum großen Teil überhaupt nicht von Ärzten der Kliniken der Klägerin, sondern von anderen Vertragsärzten, namentlich des MVZ O. und des MVZ I. Allgäu GmbH ausgestellt worden sind. Eine vertragliche Pflichten der Klägerin verletzende, dieser zurechenbare schuldhafte Handlung ist insoweit bereits nicht ersichtlich oder nachgewiesen; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es sich bei den Ärzten des MVZ um Erfüllungsgehilfen der Klägerin hinsichtlich ihrer Verbindlichkeiten im gegenständlichen Vertragsverhältnis der Beteiligten handelte. Darüber hinaus wurde sowohl bei den Verordnungen anderer Vertragsärzte als auch bei den Verordnungen, die durch Ärzte der Kliniken der Klägerin ausgestellt worden sind, das Formblatt "Muster 16" verwendet. Dieses Verordnungsblatt wird gemäß § 7 des Nachtrags Nr. 1 vom 10.02.1997 zum Landesvertrag gemäß § 115 Abs. 1 SGB V zu § 115 Abs. 2 Nr. 2 SGB V "gegenseitige Unterrichtung und Überlassung von Krankenunterlagen" vom 16.04.1996 von den Krankenkassen gerade zum Zweck der Verordnung von Hilfsmitteln durch den Krankenhausarzt als gesondertes Verordnungsblatt zur Verfügung gestellt. Die Beklagte selbst hat hierzu im Schriftsatz vom 11.11.2014 vorgetragen, dass sie Verordnungen, die mit diesem Formblatt erfolgen, als "stationäre Verordnung" bezeichne. Ihr war also durchaus bewusst, dass es sich um Verordnungen handelte, die während einer vollstationären Behandlung erfolgt sind.

Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass ausweislich der Regelung im Landesvertrag mit dem gegenständlichen Musterblatt durch den Krankenhausarzt nur die Verordnung von Hilfsmitteln erfolgen soll, die für die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt bestimmt und damit nicht Bestandteil der allgemeinen Krankenhausleistungen sind. Selbst wenn jedoch die hier verordneten Hilfsmittel auch bereits während des Krankenhausaufenthaltes zur Sicherung des Behandlungserfolgs benötigt worden sein sollten, kann in der Verordnung mit dem Musterblatt 16 keine objektive Pflichtverletzung der Klägerin gesehen werden. Denn eine eindeutige gesetzliche oder vertragliche Regelung dazu, wie die Versorgung mit Hilfsmitteln, die sowohl während als auch nach Beendigung der stationären Behandlung zum Einsatz kommen sollen, abzuwickeln ist, fehlt.

Zutreffend bezieht sich die Regelung im Landesvertrag nach ihrem Wortlaut auf Hilfsmittel, die für die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt bestimmt sind. Die von der Beklagten herangezogene gesetzliche Regelung des § 39 SGB V bezieht sich dagegen nach ihrem Wortlaut nur auf Leistungen, die für die medizinische Versorgung des Versicherten im Krankenhaus notwendig sind. Eine konkrete - vertragliche - Regelung zur Abgrenzung liegt bislang nicht vor. Eine schuldhafte Verletzung von Vertragspflichten kann der Klägerin daher jedenfalls dann nicht vorgeworfen werden, wenn wie hier durch die Hilfsmittelverordnung auf dem entsprechenden Musterblatt die Verordnung während stationärer Behandlung ersichtlich ist und insoweit die tatsächlichen Verhältnisse sowohl gegenüber dem Leistungserbringer als auch gegenüber der Krankenkasse offen gelegt sind.

Ein Rückforderungsanspruch der Beklagten, mit dem eine wirksame Aufrechnung hätte erfolgen können, ist damit nicht nachgewiesen. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch der Klägerin ist vollumfänglich begründet. Der Zinsanspruch ergibt sich aus der Budget- und Entgeltvereinbarung der Beteiligten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG)
Rechtskraft
Aus
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