L 12 SO 270/16 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 42 SO 73/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 SO 270/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.4.2016 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

1. Der Senat entscheidet gemäß § 68 Abs. 2 S. 7 i.V.m. § 66 Abs. 6 S.1 2. HS GKG über die Beschwerde durch den Berichterstatter als Einzelrichter (vgl. ausführlich z.B. LSG NRW Beschlüsse vom 1.4.2009, L 10 B 42/08 P und vom 3.4.2017, L 1 KR 922/16 B).

2. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerde ist nach Maßgabe von § 68 Abs. 1 S. 1 GKG statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt. Bei der im Beschwerdeverfahren verfolgten Reduzierung des Streitwerts von 1.445.000,00 EUR auf 5.000,00 EUR würde sich schon eine einfache Gebühr für die beauftragten Rechtsanwälte nach der Anlage zu § 13 S. 3 RVG um mehr als 4.000,00 EUR reduzieren.

Die Beschwerdeführer haben die Beschwerde auch ordnungsgemäß bei dem Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat (vgl. § 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 5 S. 5 GKG) und auch fristgerecht innerhalb von sechs Monaten nach der hier am 29.4.2016 erfolgten Zustellung des Beschlusses des Sozialgerichts am 11.5.2016 eingelegt (§ 68 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 S. 2 GKG).

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 1 GKG).

3. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Streitwert zu Recht für das Verfahren auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 197a Abs. 1 S. 1 1. HS SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 S. 1, 52 Abs. 1 GKG auf den Betrag von 1.445.000,00 EUR festgesetzt. Die Überlegungen der Antragsteller zu einer Reduzierung des Streitwerts auf den Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG greifen nicht durch, da der Sach- und Streitstand ausreichende Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts im Sinne von § 52 Abs. 1 GKG bietet.

a) Nach § 52 Abs. 1 GKG ist für den Streitwert die Bedeutung der Sache maßgebend wie sie sich aus dem Antrag des Klägers, hier der Antragsteller ergibt, soweit nichts anderes bestimmt ist. Eine abweichende Bestimmung ist vorliegend nicht gegeben; insbesondere gehören weder die Antragsteller noch die Antragsgegnerin zu den in § 183 SGG genannten Personen, so dass der Ansatz von Betragsrahmengebühren ausscheidet.

Die Bedeutung der Sache für die Antragsteller entspricht ihrem Interesse an dem Eintritt der erstrebten Entscheidung. Maßgeblich ist dabei nicht die subjektive Bedeutung sondern derjenige Wert, den die Sache bei einer objektiven Betrachtung für den Kläger bzw. hier die Antragsteller hat (vgl. Peter Hartmann, Kostengesetze 47. Auflage von 2017 § 52 Rn. 11). Meist bestimmen allein die wirtschaftlichen Auswirkungen des Sieges den Streit. Zusätzlich oder allein ergibt sich der Streitwert auch aus sonstigen Auswirkungen der begehrten Entscheidung. Gegebenenfalls muss die Bedeutung solcher Auswirkungen in Geld geschätzt werden. Erstrecken sich die Auswirkungen auf längere Zeit so ist auch dieser Umstand gebührend streitwerterhöhend zu berücksichtigen (Hartmann aaO § 52 Rn. 12,13).

Ausgehend von diesen Überlegungen hat das Ausgangsgericht den Wert der Angelegenheit zutreffend bestimmt. Denn die Bedeutung der Angelegenheit für die Antragsteller besteht vorliegend in der Sorge, ab dem 1.8.2016 für bis zu fünf Jahre von Umsätzen mit der Antragsgegnerin ausgeschlossen zu sein, wenn diese das Ausschreibungsverfahren durchführt und einem Mitbewerber den Zuschlag erteilt. Das Gericht ist bei seiner Schätzung des Wertes der Sache daher zutreffend von den von den Antragstellern selbst in das Verfahren eingeführten Umsatzverhältnissen ausgegangen, wobei es im Sinne der Beschwerdeführer für den Streitwertansatz lediglich die Umsatzzahlen für ein Jahr zugrundegelegt hat, obwohl sich die Ausschreibung zumindest in ihrer Option auf einen Fünfjahreszeitraum bezieht. Gleichwohl sieht der Senat von einer Erhöhung des Streitwerts von Amts wegen in Ausübung des ihm zustehenden eigenen Ermessens zum Nachteil der Beschwerdeführer (zur Möglichkeit vgl. Hartmann aaO, § 52 Rn. 19) auch aufgrund der unter c) aufgeführten Überlegungen ab. Soweit die Antragsteller zur wirtschaftlichen Bedeutung in ihrer Beschwerdebegründung anmerken, dass eine Fremdvergabe prognostisch nicht zu einem vollständigen Umsatzeinbruch bei den Antragstellern führen wird, so ist dies zwar nachvollziehbar, gleichwohl besteht eine entsprechende Gefahr, so dass der Ansatz des vollen Jahresumsatzes angemessen bleibt. Auch ist von dem Ausgangsgericht zutreffend auf den Umsatz und nicht auf den zu erwartenden Gewinn aus der Beauftragung abgestellt worden. Zum einen wird sich das wirtschaftliche Risiko eher in den Umsatzzahlen spiegeln als im zu erwartenden Gewinn, da diese jedenfalls auch das Verlustrisiko abbilden, wenn der Umsatz bei bestehenden Kosten einbricht. Zum anderen ist die Bedeutung der Angelegenheit nicht auf rein wirtschaftliche Aspekte reduziert, da sich die Antragsteller aufgrund ihrer kirchlichen Prägung sicherlich nicht als reine Wirtschaftsunternehmen sehen. Vielmehr droht den Antragstellern eine erhebliche Reduzierung ihrer gesellschaftlichen Bedeutung im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin, würden sie im Rahmen der schulischen Inklusion keine oder nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.

b) Nach diesen Überlegungen bleibt für die Anwendung von § 52 Abs. 2 GKG, d.h. die Festsetzung des Streitwerts auf den Auffang Streitwert von 5000,00 EUR kein Raum. Denn, wie aufgezeigt, bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts genügend Anhaltspunkte.

c) Auch mit dem Argument, dass im Hinblick auf die begrenzte Rechtskraftwirkung einer Entscheidung im einstweiligen Verfahren wie hier der Streitwert nur mit einem Bruchteil des Hauptsachestreitwerts anzusetzen sei, dringen die Beschwerdeführer nicht durch. Zwar findet der Gedanke in der ständigen Rechtsprechung des hiesigen Gerichts regelmäßig Anwendung (vgl z.B. LSG NRW, Beschlüsse vom 1.7.2004, L 5 B 2/04 KR ER, L 8 R 817/12 B) sofern einer Entscheidung in einem Verfahren auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht faktisch eine endgültige Bedeutung zukommt (so z.B. LSG NRW Beschluss vom 14.8.2012, L 11 KA 40/12 B ER); ihm ist aber bereits durch das Abstellen des Ausgangsgerichts auf den Jahreszeitraum, obwohl die Ausschreibung zumindest in ihrer Option fünf Jahre betrifft, genüge getan.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht erstattungsfähig (§ 68 Abs. 3 GKG).

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde angreifbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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