L 8 R 648/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2489/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 648/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.01.2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird endgültig auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Ankündigung einer Betriebsprüfung und die Anforderung von Betriebsunterlagen aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt sowie die Androhung von Zwangsgeld.

Der Kläger betrieb bis zum 31.12.2012 eine Rechtsanwaltskanzlei, für welche er im Jahr 2012 Arbeitnehmer gemeldet hatte. Am 01.11.2012 führte die Beklagte bei dem Kläger eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2011 durch, die keine Feststellungen ergab (Bl. 35 der Verwaltungsakte – Betriebsprüfer).

Mit Schreiben vom 12.02.2016 (Bl. 25 ff. der Verwaltungsakte – Betriebsprüfer) forderte die Beklagte den Kläger auf, für eine noch durchzuführende Betriebsprüfung Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Vorzulegen seien u.a. die Lohn- und Gehaltskonten aller Arbeitgeber sowie monatliche Brutto-/Nettoabrechnung für den Zeitraum 01.01.2012 bis 31.12.2012. Sollten die Unterlagen nicht bis zum 29.02.2016 vorliegen, gehe die Beklagte davon aus, dass die Abschlussprüfung vor Ort durchgeführt werden solle. Hierüber erhalte der Kläger eine separate Prüfankündigung.

Mit E-Mail vom 10.03.2016 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch (Bl. 21 der Verwaltungsakte – Betriebsprüfer). Der Bescheid vom 12.02.2016 sei rechtswidrig. Er verstoße gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes und gegen Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG). Nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) habe die Beklagte zu prüfen, ob Arbeitgeber ihre Pflichten erfüllten. Es sei jedoch nicht zu prüfen, ob ehemalige Arbeitgeber ihre Pflichten in der Vergangenheit erfüllt hätten. Aus Art. 2 GG habe er das Recht zur Abwehr des Prüfungsvorhabens. Dieses wolle ohne gesetzliche Grundlage in seine Freiheit eingreifen. Zudem verstoße der Bescheid gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der Verfassungsrang habe. Anfang November 2012, also einen Monat vor Schließung seines Betriebes, sei eine Prüfung ohne jede Beanstandung durchgeführt worden. Eine Prüfung nach Jahr und Tag sei eine Übertreibung, zumal er nur zwei Sekretärinnen und eine Putzhilfe beschäftigt habe.

Mit Schreiben vom 22.03.2016 (Bl. 19 f. der Verwaltungsakte – Betriebsprüfer) wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass es sich bei dem Schreiben vom 12.02.2016 nicht um einen rechtsmittelfähigen Bescheid handele, so dass der Widerspruch derzeit nicht zulässig sei. Sofern der Kläger das Widerspruchsverfahren fortführen wolle, sei der Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheides beabsichtigt.

Mit Bescheid vom 18.04.2016 (Bl. 1 ff. der Verwaltungsakte – Betriebsprüfer) forderte die Beklagte den Kläger zur Vorlage der erforderlichen Unterlagen für den Prüfzeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2012 bis zum 20.05.2016 auf und drohte gleichzeitig ein Zwangsgeld in Höhe von 200 Euro für den Fall an, dass der Kläger der Aufforderung nicht nachkomme. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet.

Mit E-Mail vom 18.05.2016 (Bl. 31 der Verwaltungsakte – Widerspruch) teilte der Kläger mit, die Zwangsgeldandrohung erfülle den Tatbestand der Nötigung. Die Androhung sei rechtswidrig. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes sei die Beklagte nicht mehr berechtigt, ihn als ehemaligen Arbeitgeber im Hinblick auf die Frage zu prüfen, ob er in der Vergangenheit seine Pflichten erfüllt habe. Die Beklagte habe ihm keinen Rechtsirrtum nachgewiesen, weshalb er keinen Anlass habe, seinen Widerspruch zurückzunehmen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2016 (Bl. 37 ff. der Verwaltungsakte – Widerspruch) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Beklagte könne sich der Auffassung des Klägers nicht anschließen. Eine Betriebsprüfung erfolge immer für einen zurückliegenden Zeitraum, es könne keiner gesetzlichen Vorschrift entnommen werden, dass Arbeitgeber, die ihren Betrieb aufgäben, dann nicht mehr geprüft werden dürften. Soweit § 98 Abs. 1 Satz 3 SGB X darauf abstellt, dass Unterlagen "während der Betriebszeit" vorzulegen seien, handele es sich lediglich um einen Hinweis darauf, dass die Prüfung nicht zu betriebsunüblichen Zeiten verlangt werden könne. Es ergäbe sich hieraus jedoch kein Hinweis darauf, dass ein Betrieb, der bereits geschlossen sei, nicht mehr geprüft werden dürfe.

Am 25.07.2016 erhob der Kläger hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und wiederholte zur Begründung sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Die Beklagte unterliege einem Rechtsirrtum. Der vorgesehenen Prüfung stehe mit Art. 20 Abs. 3 GG eine Vorschrift mit Verfassungsrang entgegen. Es handele sich bei § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB IV um eine Eingriffsnorm. Der im Rechtsstaatsprinzip verankerte Bestimmtheitsgrundsatz verbiete Eingriffe in die Sphäre des Bürgers, die die Eingriffsnorm nicht vorsehe. § 28 SGB IV ermächtige nicht zu Betriebsprüfungen bei Personen, die vor Jahr und Tag Arbeitgeber gewesen sei.

Mit richterlichem Hinweis vom 10.08.2016 teilte die zuständige Richterin den Beteiligten ihre vorläufige Rechtsauffassung mit und regte an, die Fortführung des Verfahrens zu überdenken. Der Kläger unterbreitete daraufhin einen Vergleichsvorschlag, wonach die Beklagte von der beabsichtigten Betriebsprüfung absehe und er seine Klage zurücknehme. Die Richterin hörte die Beteiligten sodann zu einer beabsichtigten Entscheidung mittels Gerichtsbescheid an. Mit Schreiben vom 15.09.2016 lehnte der Kläger die zuständige Richterin daraufhin als befangen ab. Der Befangenheitsantrag wurde mit Beschluss vom 30.09.2016 zurückgewiesen (Bl. 19 f. der SG-Akte).

Mit Gerichtsbescheid vom 16.01.2017 wies das SG die Klage ab. Sowohl die Prüfpflicht für die zuständige Prüfstelle als auch die Prüfungsduldungspflicht ende nicht mit der Schließung des Betriebes. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck der Betriebsprüfung. Zwar bestehe die Prüfungsduldungspflicht bei einem Arbeitgeber, der den Betrieb aufgegeben habe, zeitlich nicht uneingeschränkt. Diese sei aber jedenfalls korrespondierend mit der Verjährungsregel des § 25 SGB IV innerhalb von vier Jahren nach Betriebsaufgabe zulässig. Auch gegen die verfügte Zwangsgeldandrohung bestünden keine rechtlichen Bedenken.

Gegen den ihm am 18.01.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.02.2017 Berufung bei dem SG eingelegt (Eingang bei dem Landessozialgericht Baden-Württemberg – LSG – am 20.02.2017) und führt zur Begründung an, die zuständige Richterin höre nicht und wolle nicht hören. Sie bringe sich als Herrin des Verfahrens in Stellung und sabotiere seinen Vergleichsversuch. Sie schere sich um Gesetz, Verfassung und rechtsstaatliche Methode der Gesetzesauslegung und –anwendung.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.01.2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.04.¬2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die zu einer Änderung ihrer Rechtsauffassung führen könnten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schreiben der Beklagten vom 23.06.2017, Bl. 14 der Senatsakte, Schreiben des Klägers vom 14.07.2017, Bl. 15 der Senatsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Senatsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte sowie der SG-Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 18.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 24.06.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Zulässige Klageart ist die (isolierte) Anfechtungsklage. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 18.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 24.06.2016 gegenüber dem Kläger den 20.05.2016 als Termin zur Durchführung einer Betriebsprüfung festgelegt und dem Kläger aufgegeben, die Durchführung der Betriebsprüfung durch die Vorlage von Unterlagen, aus denen Angaben über die Beschäftigungsverhältnisse hervorgehen, bis zu dem genannten Datum zu ermöglichen. Hierbei handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der zu Handlungen verpflichtet. Die Beklagte hat auch zugleich und in Übereinstimmung mit § 20 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz (LVwVG) für den Fall der Zuwiderhandlung auch ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 Euro unter Fristsetzung angedroht. Dagegen ist das Schreiben der Beklagten vom 12.02.2016 nicht Gegenstand der Klage und der Berufung geworden. In dem vor dem SG und vor dem Senat gestellten Anträgen wendet sich der Kläger allein gegen den Bescheid vom 18.04.2016.

Vorliegend ist die erforderliche Sachurteilsvoraussetzung eines durchgeführten Vorverfahrens gegeben. Der Senat musste nicht entscheiden, ob § 86 SGG vorliegend anwendbar ist. § 86 SGG setzt voraus, dass während des Vorverfahrens der ursprünglich angefochtene Verwaltungsakt durch einen neuen Verwaltungsakt abgeändert wird. Der neue Bescheid wird ohne erneute Widerspruchseinlegung Gegenstand des Vorverfahrens. Richtet sich dagegen der Widerspruch gegen ein Schreiben ohne Verwaltungsaktqualität, wird mit dem im Vorverfahren ergangenen Verwaltungsakt kein vorausgehender Verwaltungsakt abgeändert. So liegt der Fall hier. Ein Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 31 SGB X). Die Prüfmitteilung der Beklagten vom 12.02.2016 enthält keine Regelung in diesem Sinne. Eine Regelung liegt vor, wenn die Behörde eine potenziell verbindliche Rechtsfolge gesetzt hat, d.h. durch die Maßnahme ohne weiteren Umsetzungsakt Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt werden oder die Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte abgelehnt wurde (Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 8. Auflage 2014, § 31 RdNr. 23). Eine derartige verbindliche Rechtsfolge hat die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 12.02.2016 nicht gesetzt. Sie hat den Kläger lediglich darüber informiert, dass sie beabsichtigte, für die Zeit 01.01.2012 eine Betriebsprüfung durchzuführen. Sie hat auf die einschlägigen Rechtsgrundlagen hingewiesen und um Unterstützung bei der Betriebsprüfung gebeten sowie mitgeteilt, welche Unterlagen zur Prüfung benötigt werden. Die Ankündigung erschöpft sich demnach in einer vorbereitenden Handlung für eine nach der Betriebsprüfung zu treffende Entscheidung über die Nachforderung von Beiträgen (vgl insoweit auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.03.2014 – L 1 KR 97/13, juris). Ob dies zumindest die analoge Anwendung von § 86 SGG rechtfertigt, mag dahinstehen. Der Kläger hat jedenfalls gesondert gegen den Bescheid vom 18.04.2016 mit Mail vom 18.05.2016 Widerspruch eingelegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2016 wies die Beklagte den Widerspruch in der Sache zurück, ohne sich auf die Formgültigkeit der als Widerspruch beurteilten Mails vom 10.03.2016 und 18.05.2016 zu berufen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch zu Recht durch Bescheid vom 18.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 24.06.2016 die Vorlage der bezeichneten Unterlagen aufgegeben und ein Zwangsgeld angedroht.

Rechtsgrundlage für die auferlegte Verpflichtung zur Herausgabe der Unterlagen ist § 28p Abs. 1 und 5 SGB IV. Diese Vorschriften formen die Auskunftspflichten des Arbeitgebers nach § 98 Abs. 1 Satz 3 SGB X näher aus; danach hat der Arbeitgeber den zuständigen Stellen auf Verlangen die Geschäftsbücher, Listen oder andere Unterlagen, aus denen die Angaben über die Beschäftigung hervorgehen, zur Einsicht vorzulegen.

Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Die Arbeitgeber sind gem. § 28p Abs. 5 Satz 1 SGB IV verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Näheres hierzu bestimmt die Beitragsverfahrensordnung (BVV), die auf der Ermächtigungsgrundlage des § 28p Abs. 9 SGB IV beruht. Sie regelt in ihrem Vierten Abschnitt (§§ 7 ff, Prüfung beim Arbeitgeber) u.a. welche Angaben der Arbeitgeber über die Beschäftigung in den Entgeltunterlagen aufzunehmen (§ 8 Abs. 1 BVV), welche Unterlagen zu den Entgeltunterlagen zu nehmen sind (§ 8 Abs. 2 BVV), die Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers (§ 10 BVV) sowie den Umfang (§ 11 BVV).

Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 14.07.2004 - B 12 KR 10/02 R, juris). Inhalt und Umfang der Prüfung ergeben sich insbesondere aus den Vorschriften bezüglich der Meldepflichten des Arbeitgebers nach § 28a SGB IV, Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages gemäß § 28e SGB IV i.V.m. § 28d SGB IV, den Aufzeichnungspflichten und der Einreichung der Beitragsnachweise nach § 28f SGB IV (zu alledem LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.20.2013 – L 4 R 4066/13 ER-B, juris).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Beklagte zutreffend die Herausgabe der Unterlagen verfügt und ein Zwangsgeld angedroht. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des SG im Gerichtsbescheid vom 16.01.2017 Bezug.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch dem Wortlaut des § 28p Abs. 1 SGB IV nicht, dass eine Betriebsprüfung nach Betriebsaufgabe ausgeschlossen ist. Die Eigenschaft des Klägers als Arbeitgeber im Prüfzeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2012, die zwischen den Beteiligten unstreitig ist, entfällt nicht rückwirkend durch die Betriebsaufgabe. Schon aus dem in der Regelung festgelegten Turnus der Betriebsprüfung von vier Jahren ergibt sich zudem, dass Prüfungen für zurückliegende Zeiträume durchzuführen sind. Hieran ändert die Schließung eines Betriebes nichts. Dies entspricht – worauf das SG zutreffend hingewiesen hat – auch dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 13/1205 zu § 28p SGB IV, S. 6).

Die Betriebsprüfung verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insoweit hat das SG zutreffend auf die Verjährungsregelung des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV hingewiesen. Danach verjähren Sozialversicherungsbeiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die Sozialversicherungsbeiträge für das Jahr 2012 waren damit bei Erlass des Bescheides vom 18.04.2014 mit Ankündigung der Prüfung am 20.05.2016 noch nicht verjährt und sind es auch weiterhin nicht. Gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist die Verjährung für die Dauer einer Prüfung gehemmt. Nach § 25 Abs. 2 Satz 5 SGB IV beginnt die Hemmung mit dem von dem Versicherungsträger in seiner Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag, wenn es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung kommt. So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 18.04.2016 den Beginn der Prüfung auf den 20.05.2016 festgelegt. Zu einer Prüfung ist es wegen der Weigerung des Klägers, die angeforderten Unterlagen vorzulegen, bislang nicht gekommen. Damit ist die Verjährung ab dem 20.05.2016 gehemmt.

Der Kläger kann zudem auch nichts daraus herleiten, dass die letzte Prüfung im November 2012 ohne Beanstandung stattgefunden hat. Der Prüfungszeitraum bezog sich hierbei nicht auf das Jahr 2012 sondern nur auf die Jahre 2008 bis 2011. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es nicht unverhältnismäßig, dass die Beklagte ihren gesetzlichen Prüfauftrag für das wegen Geschäftsaufgabe allein in Betracht kommende erste Betriebsjahr des neuen Vierjahreszeitraums wahrnimmt.

Die Beklagte verlangt mit der Herausgabe der Unterlagen auch keine objektiv unmögliche Handlung. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten ausdrücklich mitgeteilt, dass ihm die angeforderten Unterlagen weiterhin vorliegen.

Auch die im streitgegenständlichen Bescheid erfolgte Zwangsgeldandrohung ist rechtmäßig, was bereits das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid rechtlich zutreffend ausgeführt hat, weshalb der Senat hierauf Bezug nimmt. Nach § 66 Abs. 3 SGB X, § 20 Abs. 1 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz (LVwVG) kann die Androhung des Zwangsmittels mit dem Verwaltungsakt, der vollstreckt werden soll, verbunden werden. Vorliegend war der Sofortvollzug des Verwaltungsakts vom 18.04.2014 angeordnet worden. Die im Bescheid vom 18.04.2014 ausgesprochene Anordnung des Sofortvollzugs war auch nicht ermessensfehlerhaft. Die im Bescheid dargelegten Ermessenserwägungen, dass im Interesse der Versichertengemeinschaft und der beim Kläger Beschäftigten die Aufklärung einer ordnungsgemäßen Beitragserhebung nicht weiter verzögert werden dürfe, lassen keine Ermessensfehler erkennen.

Die Berufung konnte damit keinen Erfolg haben.

Gehört – wie im vorliegenden Fall – in einem Rechtszug weder Kläger noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben; die §§ 184 bis 195 SGG finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sind entsprechend anzuwenden (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG). Die Kostenbelastung des Klägers beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Danach fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz i.V.m. den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 bis 3, 47 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Danach sind 5.000,00 Euro als Streitwert festzusetzen.

In Rechtsmittelverfahren richtet sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Dabei ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes geregelt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG). Nur wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist ein Streitwert von 5000 Euro (Auffangstreitwert) anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). So liegt der Fall hier.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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