L 6 VK 3713/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 16 VK 4295/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VK 3713/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Überlastungsschaden aufgrund einer Amputation durch Fehlbelastung beim Gehen kann ausgeschlossen werden, wenn zusätzlich degenerative Verschleißerscheinungen an anderen Wirbelsäulenabschnitten bestehen, wo sich eine solche Fehlbelastung nicht auswirken kann.
2. Die Vorgaben zu Amputationsfolgen der bis zum 31.12.2008 heranzuziehenden AHP geben nach wie vor den wissenschaftlichen Erkenntnisstand zur Beurteilung von mittelbaren Amputationsschäden wieder, so dass die in Teil C, Nr. 129 Abs. 2 dargestellte wissenschaftliche Lehrmeinung, dass selbst bei einseitig Beinamputierten Überlastungsschäden an der unversehrten paarigen Extremität grundsätzlich nicht entstehen können, auch nach Inkrafttreten der VG ab dem 01.01.2009 weiterhin maßgeblich ist, obwohl diese dort nicht mehr genannt wird.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 7. September 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Witwenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) streitig.

Der 1927 in A. geborene Versorgungsempfänger und Gemeinderechner (Beamter der Besoldungsstufe A7) H. S. erlitt als Pionier der Wehrmacht am 27. April 1945 in einem Rückzugsgefecht bei U. eine Maschinengewehrverwundung am linken Unterschenkel, dessen Amputation in der Folge notwendig war. Mit Bescheid vom 4. Oktober 1951 erkannte einer der Rechtsvorgänger des Beklagten als kriegsbedingte Schädigungsfolgen nach dem BVG einen Teilverlust des linken Unterschenkels mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 an und gewährte eine Grundrente nach dieser MdE.

Ein Antrag von H. S. im Jahr 1987, die Erhöhung der MdE wegen eines Überlastungsschadens des rechten Beines – hier des rechten Hüftgelenks – zu erR.n, blieb nach einem versorgungsärztlichen Gutachten von Dr. M.-B. vom 15. Januar 1988 erfolglos, in dem zwischenzeitlich festgestellte degenerative Wirbelsäulenveränderungen und ein rechtsseitiges Hüftgelenksleiden nicht als (mittelbare) Schädigungsfolge eingestuft wurden, da diese konstitutionell und altersbedingt seien. Ein "Überlastungsschaden" an den Gelenken der anderen Extremität sei aus versorgungsärztlicher Sicht unwahrscheinlich. Die darauf gestützte Ablehnung der Neufeststellung des Versorgungsanspruches erwuchs in Bestandskraft, nachdem gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 17. März 1988 der gegen sie erhobene Widerspruch zurückgewiesen wurde. Dr. K. legte in seiner Stellungnahme unter Auswertung der Röntgenunterlagen dar, dass auch an der Halswirbelsäule degenerative Veränderungen vorhanden seien. Da sich dort eine Fehlbelastung durch die Prothese nicht auswirken könne, könne eine solche insgesamt nicht als wesentliche Bedingung und damit als Ursache für die degenerativen Veränderungen angesehen werden.

Das Landratsamt O. erhöhte mit Bescheid vom 13. April 2011 in der Fassung des Bescheides vom 26. März 2012 den Grad der Behinderung (GdB) von bisher 50 auf 100 ab dem 15. Dezember 2010 und stellte die Merkzeichen B, H, aG und RF fest, nachdem in einem Befund des Hausarztes Dr. B. vom 31. Januar 2011 eine erhebliche Funktionsbeeinträchtigung des linken Knies und des linken Hüftgelenks bescheinigt wurden. Diese seien hervorgerufen durch fehlende regelmäßige Bewegung. Das Gangbild sei mit Gehhilfen lange Zeit stabil gewesen. In letzter Zeit sei durch die aufgetretenen neurologischen Störungen eine massive Verschlechterung des Gangbildes mit Retropulsionsneigung, Geh- und Stehunsicherheit und ausgeprägter Sturzneigung aufgetreten. H. S. befand sich vom 15. bis 24. Dezember 2010 wegen einer Mundastschwäche rechts und Aphasie mit Wortfindungsstörung und einem daraus abgeleiteten Verdacht auf eine passagere Hirnstammdurchblutungsstörung in stationärer Behandlung im O., das mit Befundbericht vom 27. Dezember 2010 eine ausgeprägte kalzifizierende Arteriosklerose der basalen hirnversorgenden Gefäße feststellte. Nach dem Pflegegutachten vom 29. Dezember 2010 war H. S. nach passagerer Hirnstammdurchblutungsstörung und demenzieller Entwicklung ein Gehen und Stehen nicht möglich, so dass ein Transfer in und aus dem Bett nur mit Fremdhilfe möglich und ein Rollstuhl notwendig sei und seit Dezember 2010 Pflegestufe II bestehe.

Am 3. November 2013 verstarb H. S. in B ... In der Todesbescheinigung von Dr. R. vom 4. November 2013 gab dieser als unmittelbare Todesursache "Sepsis" als Folge einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit rechts als Folge (Grundleiden) einer Hypertonie (Bluthochdruck) an. Zum Tode hätten daneben auch ein Zustand nach Apoplex (Schlaganfall) sowie Demenz und ein Zustand nach Pneumonie (Lungenentzündung) beigetragen.

Die 1936 geborene Klägerin, die H. S. 1978 geheiratet hatte, beantragte am 24. März 2014 die Gewährung einer Witwenrente nach dem BVG zusammengefasst mit der Begründung aus einem Schreiben von Dr. B. vom 11. März 2014, wonach ihr Ehemann an seinen Schädigungsfolgen verstorben sei, nämlich einer Blutvergiftung ausgehend von einer hochgradig infizierten und nekrotischen Veränderung an der rechten Ferse infolge der Überbelastung des rechten Beines nach Amputation des linken Beines wegen der Kriegsverletzung. Zudem legte die Klägerin ein Schreiben von Dr. R. vom 12. März 2014 vor, wonach ihr Ehemann an den Folgen einer Gangrän des rechten Fußes verstorben sei. Die Amputation des linken Unterschenkels sei mitursächlich für die Immobilisierung und damit für die Entwicklung der Gangrän im rechten Fuß gewesen. Nachdem Dr. L. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme festgestellt hatte, dass die Schädigungsfolgen überhaupt nicht zum Tode beigetragen hätten und Überlastungsschäden aufgrund von Extremitätenteilverlusten wissenschaftlich nicht nachgewiesen seien, lehnte das Landratsamt O. darauf gestützt mit Bescheid vom 28. April 2014 den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, ein ursächlicher Zusammenhang des zum Tode führenden Leidens mit den anerkannten Schädigungsfolgen lasse sich nicht begründen. Deswegen sei der Tod nicht Folge einer Schädigung, weshalb ein Anspruch auf Witwenrente nicht bestehe.

Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch reichte die Klägerin ein Schreiben von Dr. B. vom 19. Mai 2014 ein, wonach es unstrittig sei, dass der Ehemann an einer Sepsis infolge eines Überlastungsschadens der verbliebenen Extremität in Kombination mit schlechter Heilungstendenz durch die bestehende periphere arterielle Verschlusskrankheit verstorben sei. Es möge zwar richtig sein, dass Überlastungsschäden an der verblieben Extremität durch Extremitätenteilverlust wissenschaftlich nicht nachgewiesen seien. Das Gegenteil oder der Beweis, dass keine Schäden entstehen können, sei aber auch nicht erbracht. Aus langjähriger hausärztlicher Sicht bestehe eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass der einseitige Extremitätenverlust zu dem ursächlich zum Tod geführt habenden Überlastungsschaden geführt habe. Dr. L. führte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 3. Juni 2014 aus, dass die zum Tode führende Sepsis – bedingt durch Ulcerationen im Bereich des rechten Beines – nicht auf die Schädigungsfolge, den Verlust des Unterschenkels linksseitig, zurückgeführt werden könne. Auch eine periphere arterielle Verschlusskrankheit im Bereich des rechten Beines, die zu einer zusätzlichen Verschlechterung der Heilungstendenz der Ulceration geführt habe, könne nicht mit der Schädigungsfolge in Zusammenhang gebracht werden. Sie verwies auf die Begutachtung im Jahre 1988, wonach bereits Überlastungsschäden der rechten Extremität verneint worden seien. Unter Bezugnahme des Attestes von Dr. B. vom 31. Januar 2011 im Verfahren zur Erhöhung des GdB sowie neurologischer Befundberichte und des Pflegegutachtens vom 29. Dezember 2010 stellte Dr. L. fest, dass der Ehemann aufgrund der zunehmenden Gangstörung, die wohl eher im Rahmen der demenziellen Entwicklung zu sehen sei, zunehmend bettlägerig gewesen sei. Hierfür spreche auch die typische ulceröse Dekubitalveränderung im Bereich der rechten Ferse, die durch das verlängerte Krankenlager bedingt sei und von der wohl die zum Tode führende Sepsis ausgegangen sei. Ein Überlastungsschaden im Bereich der rechten Ferse sei auch bei tatsächlicher Überlastung des rechten Beines nicht erklärbar. Gestützt auf diese Einschätzung wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 2014 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 12. September 2014 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, zu deren Begründung sie sich auf die Einschätzungen von Dr. B. und Dr. R. gestützt hat, dass der Tod entgegen der Auffassung des Beklagten als Folge des Teilverlustes des linken Unterschenkels anzusehen sei.

Das SG hat schriftliche sachverständige Zeugenauskünfte von Dr. B. und Dr. R. eingeholt. Darin hat Dr. B. bekräftigt, dass die chronische Überlastung des rechten Beines nach Amputation des linken Beines durch eine Kriegsverletzung mittelbar entscheidend für den Tod gewesen sei. Zwar könne dies nicht medizinisch wissenschaftlich bewiesen werden, allerdings sei der Umkehrschluss, dass nämlich durch die Überlastung keine Auswirkungen entstanden seien, völlig unzulässig und medizinisch sehr viel unwahrscheinlicher als eine ursächliche Beteiligung der Überlastung an den chronischen Druckschädigungen und rezidivierenden Infekten im Bereich des rechten Beines. H. S. sei etwa ab 2011 deutlich immobiler als noch zuvor gewesen. Zuvor habe er gut mit der vorhandenen Prothese gehen können, allerdings dann erschwerend zum Alter wegen der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit und wegen einer ausgeprägten progredienten Demenz nicht mehr. Zuletzt sei H. S. vor allem aufgrund der schwersten Demenz komplett bettlägerig gewesen, da er nicht mehr verstand, dass er aufstehen solle und Anweisungen nicht mehr ausgeführt habe. Seit 2012 hätten immer wieder rezidivierende zum Teil schwere Infektionen des rechten Beines mit Druckulcera in den belasteten Arealen durch Überbelastung bestanden. Dr. R. hat demgegenüber ausgeführt, dass die Mobilitätseinschränkung durch die Kriegsverletzung nicht ursächlich für die Durchblutungsstörung am verbliebenen rechten Bein gewesen sei. Sie habe sich aber ungünstig auf den Heilverlauf ausgewirkt. Ursache für die Immobilität sei die eingeschränkte Gehfähigkeit als Folge der Amputation gewesen, erschwerend käme eine Demenz und die Durchblutungsstörung des verbliebenen Beines hinzu.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. September 2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Ehemann der Klägerin unmittelbar an einer Sepsis durch Wundinfektion des rechten Fußes gestorben sei. Die Wunde bzw. Wundinfektion sei mittelbar durch Durchblutungsstörungen des rechten Beines bei Hochdruckerkrankung und Immobilisierung verursacht. Mittelbare Todesursachen seien daher die periphere arterielle Verschlusskrankheit und die Immobilisierung. Ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Verlust des linken Unterschenkels als festgestellter Schädigungsfolge und der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit oder der Immobilisierung sei hingegen nicht wahrscheinlich. Denn der Ehemann habe zunächst noch mit der Prothese gehen können. Erst die Auswirkungen der Demenz hätten die Mobilität massiv eingeschränkt, wogegen die Einschränkung der Mobilität durch die schädigungsbedingte Notwendigkeit einer Prothesenversorgung als Mitursache klar in den Hintergrund getreten sei. Auch eine von Dr. B. angenommene Überlastung des rechten Beines durch die Schädigungsfolge führe nicht dazu, dass mit Wahrscheinlichkeit von einem Ursachenzusammenhang zwischen Schädigungsfolge und dem zum Tode führenden Leiden auszugehen sei. Ein derartiger Überlastungsschaden sei nicht hinreichend wahrscheinlich, da nach dem Gutachten von 1988 keine langandauernde und sehr ausgeprägte Fehlbelastung infolge der Notwendigkeit einer Prothesenversorgung vorliegen würde. Die populäre Vorstellung einer Überlastung des verbliebenen Beines sei im Anschluss an die Ausführungen des versorgungsärztlichen Dienstes nicht haltbar, zumal der linke Unterschenkel mit einer passgerechten Prothese versorgt worden sei und das linke Kniegelenk, der linke Oberschenkel und das linke Hüftgelenk beim Gehen jahrzehntelang hätten eingesetzt werden können, weshalb bereits im Gutachten von 1988 ein Überlastungsschaden verneint worden sei.

Gegen den ihr am 15. September 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 6. Oktober 2016 Berufung mit der Begründung eingelegt, dass nach Ansicht von Dr. B. die chronische Belastung des rechten Beines nach der Amputation des linken Beines mitursächlich für den Tod ihres Ehegatten gewesen sei. Dieser Einschätzung sei zu folgen, zumal sich ihr Ehegatte in ständiger Behandlung bei Dr. B. befunden habe und dieser damit den Krankheitsfall am besten einschätzen könne.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 7. September 2016 sowie den Bescheid vom 28. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr Witwenrente zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist weiterhin der Auffassung, dass der Ehemann der Klägerin nicht an Schädigungsfolgen verstorben sei. Die mit der anerkannten Schädigungsfolge verbundenen Einschränkungen hätten sich zwar ungünstig auf den Heilungsverlauf ausgewirkt, seien aber nicht als ursächlich für die Durchblutungsstörung sowie für die Ulcusbildung an der Ferse zu sehen. Die Einschränkung der Mobilität durch die schädigungsbedingte Notwendigkeit der Prothesenversorgung sei gegenüber der schwersten Demenz in den Hintergrund getreten. Als nicht erwiesen sei anzusehen, dass es durch einen Gliedmaßenverlust an der paarigen Gliedmaße zu Schäden durch Überlastungen käme.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat von Dr. H. (Arzt für Orthopädie, Sportmedizin, Physikalische und Rehabilitative Medizin) das Gutachten nach Aktenlage vom 26. April 2017 eingeholt, worin der Sachverständige den Tod des Ehemannes der Klägerin unmittelbar auf die Sepsis aufgrund eines infizierten Fersenulcus zurückführt. Letzterer sei entstanden durch die langjährige Bettlägerigkeit, welche mit einem Pflegegutachten am 29. Dezember 2010 festgestellt worden sei und durchgehend bis zum Tod des Ehemanns bestanden habe. Die Bettlägerigkeit wiederum sei auf die erhebliche Demenz und die Folgen des arteriellen Bluthochdrucks mit peripherer und zentraler arterieller Verschlusskrankheit zurückzuführen. Das Todesleiden sei hingegen keine Folge der anerkannten Schädigung "Teilverlust des linken Unterschenkels", da dieser durch prothetische Versorgung und Fortbewegung mittels Gehhilfen lange Zeit gut kompensiert worden sei und nicht zu einer Bettlägerigkeit bzw. Pflegebedürftigkeit geführt habe.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 SGG), ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 105 Abs. 2 Satz 1, § 143, § 144 Abs. 1 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Witwenrente.

Rechtsgrundlage für den klägerischen Anspruch ist § 38 Abs. 1 Satz 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG). Danach hat u.a. die Witwe Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben ist. Der Tod gilt nach Satz 2 stets dann als Folge einer Schädigung, wenn ein Beschädigter an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war.

Der Ehegatte der Klägerin ist gemäß der Todesbescheinigung vom 4. November 2013 unmittelbar an einer Blutvergiftung verstorben. Diese ist nicht bereits als Schädigungsfolge anerkannt gewesen, so dass ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nur besteht, wenn die Blutvergiftung als festgestelltes Todesleiden mit der anerkannten Schädigungsfolge "Teilverlust des linken Unterschenkels" gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 2 BVG mit Wahrscheinlichkeit in einem ursächlichen Zusammenhang steht. Hierbei handelt es sich um eine ausschließlich auf den Ursachenzusammenhang bezogene Beweiserleichterung, die einen geringeren Beweisgrad als den Vollbeweis ausR.n lässt (BSG, Urteil vom 5. Mai 1993 - 9/9a RV 1/92 -, juris, Rz. 14).

Während sich das Gericht für den Vollbeweis die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen muss (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 9 V 3/15 R -, juris, Rz. 26), ist eine Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B -, juris, Rz. 4 m.w.N.). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" ÜB.ewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt (BSG, Urteile vom 17. April 2013 - B 9 V 1/12 R -, juris, Rz. 34 und - B 9 V 3/12 R -, juris, Rz. 35).

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ist ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung unter anderem die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 BVG maßgebenden Grundsätze aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln (vgl. § 30 Abs. 16 BVG). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 BVG und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In die VG und AHP sind als sogenannte antizipierte Sachverständigengutachten über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinausgehende weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet einbezogen worden. Dementsprechend sind die AHP nach der ständigen Rechtsprechung des BSG im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu beachten (BSG, Urteil vom 24. April 2008 - B 9/9a SB 10/06 R -, juris, Rz. 25 m.w.N.). Für die seit dem 1. Januar 2009 geltenden VG gilt das Gleiche (BSG, Beschluss vom 15. Mai 2017 - B 9 SB 8/17 B -, juris, Rz. 7 m.w.N.).

Nach den VG, Teil C, Nr. 1 Buchst. a ist der versorgungsrechtliche Ursachenbegriff nicht identisch mit dem medizinischen. Ursache im Sinne der Versorgungsgesetze ist die Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, sind sie versorgungsrechtlich nur dann nebeneinander stehende Mitursachen (und wie Ursachen zu werten), wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges annähernd gleichwertig sind. Kommt einem der Umstände gegenüber dem anderen eine überragende Bedeutung zu, ist dieser Umstand allein Ursache im Sinne des Versorgungsrechts (VG, Teil C, Nr. 1 Buchst. b).

Für die Annahme, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung ist, genügt versorgungsrechtlich die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Nach den VG, Teil C, Nr. 3 Buchst. a ist sie gegeben, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht. Grundlage für die medizinische Beurteilung sind die von der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung vertretenden Erkenntnisse über Ätiologie und Pathogenese. Es genügt nicht, dass ein einzelner Wissenschaftler eine Arbeitshypothese aufgestellt oder einen Erklärungsversuch unternommen hat. Es kommt auch nicht allein auf die subjektive Auffassung der beurteilenden Person an (VG, Teil C, Nr. 3 Buchst. b). Aus dem Umstand, dass der Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Vorgang nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ausgeschlossen werden kann, lässt sich nicht folgern, dass er darum wahrscheinlicher sei. Ebenso wenig kann das Vorliegen einer Schädigungsfolge bejaht werden, wenn ein ursächlicher Zusammenhang nur möglich ist (VG, Teil C, Nr. 3 Buchst. d).

In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze und unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist der Ursachenzusammenhang zwischen der Blutvergiftung und dem Teilverlust des linken Unterschenkels für den Senat nicht wahrscheinlich. Die Blutvergiftung ist vielmehr unmittelbar auf die Wundinfektion der rechten Ferse zurückzuführen und diese Wunde wiederum ist Folge der Bettlägerigkeit, die ihrerseits maßgeblich durch die Demenz bedingt wurde.

Nachdem der Ehemann der Klägerin 1945 mit 17 Jahren den linken Unterschenkel verloren hatte, wurde er ab Ende 1947 mit einer Prothese versorgt. Die Prothese dient als von der Heilbehandlung umfasstes Hilfsmittel nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 BVG dem Zweck, Gesundheitsstörungen oder die durch sie bewirkte Beeinträchtigung der Berufs- oder Erwerbsfähigkeit zu beseitigen oder zu bessern, eine Zunahme des Leidens zu verhüten, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten, körperliche Beschwerden zu beheben, die Folgen der Schädigung zu erleichtern oder um den Beschädigten entsprechend den in § 4 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) genannten Zielen eine möglichst umfassende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 BVG). Im Vordergrund eines solchen Körperersatzstückes steht der Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktion selbst. Bei diesem auch in § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX genannten Zweck des unmittelbaren Behinderungsausgleichs gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts (BSG, Urteil vom 25. Juni 2009 - B 3 KR 2/08 R -, juris, Rz. 18).

Durch die prothetische Versorgung sollte also die durch den Verlust des linken Unterschenkels bedingte Gesundheitsstörung bestmöglich kompensiert und die Mobilität wieder gestärkt werden. So wurde 1988 bei dem damals 60-jährigen H. S. im Verfahren über die Erhöhung der schädigungsbedingten MdE durch Dr. M.-B. für den versorgungsärztlichen Dienst im Gutachten vom 15. Januar 1988, das der Senat als öffentliche Urkunde nach § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 415, 418 Zivilprozessordnung (ZPO) verwertet, hinsichtlich des linken Beines ein unauffälliger Befund erhoben. Bei (auch hinsichtlich der Weichteilpolsterung) noch als relativ günstig zu bezeichnenden Stumpfverhältnissen fanden sich am Stumpfende keine offenen bzw. nässenden Stellen und auch röntgenologisch war der knöcherne Stumpf unauffällig, abgesehen von einer in der Natur einer Beinamputation liegenden Inaktivitätsatrophie. Das linke Kniegelenk war frei beweglich, Bewegungsschmerzen bestanden nicht. Während sich darüber hinaus im linken Hüftgelenk eine nur beginnende und klinisch belanglose Coxarthrose zeigte, stellte sich im rechten Hüftgelenk eine deutliche Coxarthrose dar. Diese war allerdings nicht als "Überlastungsschaden" aufgrund der linksseitigen Beinamputation anzusehen. Denn da neben einer frei beweglichen Lendenwirbelsäule im Röntgenbild mittelgradige Abnutzungserscheinungen an der Lendenwirbelsäule und stärker noch an der Halswirbelsäule festgestellt wurden, ließ sich auf eine Systemerkrankung der gesamten Wirbelsäule schließen, die nicht durch den Beinverlust links, sondern durch altersbedingte degenerative Veränderungen verursacht war. Zwar kann angenommen werden, dass beim Gehen mit der Prothese die Lendenwirbelsäule in geringem Maße fehlbelastet wird, wodurch die Entstehung degenerativer Veränderungen in diesem Bereich begünstigt werden kann. Da aber an der Halswirbelsäule, wo sich eine solche Fehlbelastung nicht auswirken kann, ebenso degenerative Veränderungen festgestellt wurden, sind altersbedingte Verschleißerscheinungen als Ursache – zumal bei einem 60-Jährigen – wahrscheinlicher. Der Senat tritt insoweit den Einschätzungen im Gutachten und in der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. im damaligen Widerspruchsverfahren bei.

Wesentliche Probleme mit der prothetischen Versorgung (insbesondere im Sinne einer langandauernden und sehr ausgeprägten Fehlhaltung) wurden im Gutachten von Dr. M.-B. nicht beschrieben, wenn auch das Gangbild nicht als flüssig bezeichnet werden konnte. Beim Gehen mit der Prothese links bestand ein linksseitiges Hinken und beim Auftreten mit dem linken Bein waren Prothesengeräusche hörbar. Allerdings konnte H. S. vor 2011 noch gut mit der Prothese gehen, wie der Hausarzt Dr. B. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vor dem SG ausführte. Bereits in seinem Schreiben vom 31. Januar 2011 an das Landratsamt O. hatte Dr. B. über den zu diesem Zeitpunkt 83-jährigen H. S. dargelegt, dass sein Gangbild mit Gehhilfen für lange Zeit stabil blieb und ausgeführt, dass erst "in letzter Zeit durch die aufgetretenen neurologischen Störungen" eine "massive Verschlechterung des Gangbildes mit Retropulsionsneigung, Geh- und Stehunsicherheit sowie ausgeprägter Sturzneigung" eingetreten war. Tatsächlich befand sich H. S. vom 15. bis 24. Dezember 2010 wegen einer Mundastschwäche rechts und Aphasie mit Wortfindungsstörung und einem daraus abgeleiteten Verdacht auf eine passagere Hirnstammdurchblutungsstörung in stationärer Behandlung im O., wo eine ausgeprägte kalzifizierende Arteriosklerose der basalen hirnversorgenden Gefäße diagnostiziert wurde. Im anschließenden Pflegegutachten vom 29. Dezember 2010 wurde dann Pflegestufe II ab Dezember 2010 unter Verweis auf die Hirnstammdurchblutungsstörung und eine fortschreitende demenzielle Entwicklung festgestellt und beschrieben, dass H. S. zur Zeit nicht gehen und stehen kann und mit dem Rollstuhl zu allen Verrichtungen geschoben werden muss. Daraus folgt, dass die Bettlägerigkeit unmittelbar aus den neurologisch bedingten Störungen resultierte. Denn es lag – wie Dr. B. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft insoweit zutreffend ausführt – an der Demenz, dass H. S. nicht mehr verstand, dass er aufstehen solle und Anweisungen nicht mehr ausführte.

Seit dieser Zeit – ab 2012 – ist es nach der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. B. immer wieder zu rezidivierenden zum Teil schweren Infektionen des rechten Beines mit Druckulcera in den belasteten Arealen gekommen. Die durch das Liegen übermäßig druckbelasteten Hautstellen neigen typischerweise zur Geschwürbildung ("Wundliegen"), so dass es hier wiederkehrend und schließlich 2013 zur der Ulcusbildung an der Ferse kam, die letztendlich die tödliche Blutvergiftung auslöste. Die Neigung zur Geschwürbildung mag zusätzlich durch die periphere arterielle Verschlusskrankheit und den Bluthochdruck gefördert worden sein. Anhaltspunkte dafür, dass die Durchblutungsstörungen am rechten Bein darüber hinaus allerdings selbst wesentlich durch die anerkannte Schädigungsfolge "Teilverlust des linken Unterschenkels" verursacht wurde, bestehen hingegen nicht. Im Gegenteil, Dr. R. führt in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vor dem SG aus, dass die Kriegsverletzung ausdrücklich nicht ursächlich für die Durchblutungsstörung am rechten Bein war, sich aber (lediglich) ungünstig auf den Heilverlauf ausgewirkt hat.

Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage, inwieweit es durch einen Gliedmaßenverlust an der paarigen Gliedmaße zu Schäden durch Überlastungen kommen kann, nicht mehr an. Denn eine solche – unterstellte – Überlastung kommt weder als wahrscheinliche Ursache für die Bettlägerigkeit in Betracht (dies sind die neurologischen Störungen) noch für den Fersenulcus selbst (dies ist die Bettlägerigkeit).

Darüber hinaus wäre eine solche – unterstellte – Überlastung nicht auf die anerkannte Schädigungsfolge "Verlust des linken Unterschenkels" zurückzuführen, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat. Insoweit hat der Senat bereits entschieden (Urteil vom 29. April 2014 - L 6 VK 934/12 -, juris, Rz. 32), dass die in den AHP, Teil C, Nr. 129 Abs. 2 dargestellte wissenschaftliche Lehrmeinung, auch wenn sie in den VG nicht mehr wiedergegeben ist, weiterhin maßgeblich ist, da die Vorgaben zu Amputationsfolgen der AHP nach wie vor den wissenschaftlichen Erkenntnisstand zur Beurteilung von mittelbaren Amputationsschäden wiedergeben (so auch Bayerisches LSG, Urteil vom 18. Februar 2014 - L 15 VS 10/13 -, juris, Rz. 42). Danach geht die herrschende wissenschaftliche Lehrmeinung davon aus, dass selbst bei einseitig Beinamputierten Überlastungsschäden an der unversehrten paarigen Extremität grundsätzlich nicht entstehen können und die Annahme von Schäden an unversehrten Gliedmaßen infolge einer Amputation allenfalls dann in Betracht kommt, wenn die Amputation zu einer lang dauernden und sehr ausgeprägten Fehlbelastung geführt hat, wie es beispielsweise bei Beinamputierten bei der Unmöglichkeit, eine Prothese zu tragen, oder bei einer prothetisch nicht ausgleichbaren Hüftkontraktur der Fall sein kann.

Diese Meinung findet sich zum Vergleich nach wie vor auch in der unfallmedizinischen Fachliteratur, wonach das Risiko von Arthrosen der Gelenke als Überlastungsschaden am kontralateralen Bein durch die Amputation nicht erhöht wird. In Untersuchungen wurden bei Amputierten im Gegenteil weniger Arthrosen (15 20 %) am unverletzten Bein (Hüft-, Knie- und Fußgelenk) als bei Nichtamputierten gefunden. Dies liegt daran, dass der Amputierte nur etwa ein Drittel (Oberschenkel) bzw. die Hälfte (Unterschenkel) der Zeit eines Gesunden geht und steht. Da zudem das Gewicht des Kunstbeines geringer ist als das des natürlichen Beines, hätten sich die Arthrosen auch ohne Amputation entwickelt. Die Anerkennung von Arthrosen als Folgeschaden einer Amputation kommt deshalb in aller Regel nicht in Betracht. Ausnahmen ergeben sich lediglich beim Nachweis, dass über viele Jahre aufgrund schlechter prothetischer Versorgung eine erhebliche Fehlbelastung vorgelegen hat und das Degenerationsmuster biomechanisch zu dieser Fehlbelastung passt (Schönberger, Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, Nr. 8.13.5; vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 13. Juli 2004 - L 18 U 302/01 -, juris).

Eine solche lang dauernde und sehr ausgeprägten Fehlbelastung nach der Amputation lag bei H. S. aber gerade nicht vor, wie vorstehend bereits dargestellt dem versorgungsärztlichen Gutachten von Dr. M.-B. entnommen werden kann.

Der Senat schließt sich daher der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. L. vom 3. Juni 2014 an, in der diese nachvollziehbar darlegt, dass entsprechend dem Befund des Hausarztes Dr. B. vom 31. Januar 2011 und dem Pflegegutachten vom 29. Dezember 2010 der Ehegatte der Klägerin, der über viele Jahre mit Gehhilfen ein stabiles Gangbild erreichte, erst durch die zwischenzeitlich aufgetretenen neurologischen Störungen bettlägerig wurde. Die Ulceration an der rechten Ferse, von der schließlich die zum Tode führende Blutvergiftung ausging, ist zurückzuführen auf das verlängerte Krankenlager, bei dem Druckgeschwüre typischerweise entstehen.

Bestätigt wird diese Einschätzung durch das auf Antrag nach § 109 SGG bei Dr. H. eingeholte Gutachten. Auch der Sachverständige führt den Tod des Ehegatten der Klägerin unmittelbar auf die Sepsis aufgrund des infizierten Fersenulcus zurück. Dieser ist nach Einschätzung des Sachverständigen entstanden durch die langjährige Bettlägerigkeit, welche ihrerseits vom Sachverständigen auf die erhebliche Demenz und die Folgen des arteriellen Bluthochdrucks mit peripherer und zentraler arterieller Verschlusskrankheit zurückgeführt wird. Das Todesleiden ist auch seiner Ansicht nach deshalb keine Folge der anerkannten Schädigung "Teilverlust des linken Unterschenkels", da dieser durch prothetische Versorgung und Fortbewegung mittels Gehhilfen lange Zeit gut kompensiert war und nicht zu einer Bettlägerigkeit bzw. Pflegebedürftigkeit geführt hat.

Die Berufung der Klägerin war deswegen mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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