L 9 AL 10/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 3 AL 116/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 AL 10/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 13.12.2012 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung der Winterbauumlage dem Grunde nach.

Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen mit etwa 35 Mitarbeitern und führt Akustik- und Trockenbauarbeiten aus. Dabei umfasst ihre Tätigkeit im Wesentlichen den Innenausbau von Gewerbeobjekten, in Miet- und Geschäftshäusern und bei Ladenausbauten im Rahmen größerer Bauvorhaben. Etwa 2% der Aufträge entfallen auf private Auftraggeber. Sie war Mitglied im Bundesverband in den Gewerken Trockenbau und Ausbau e. V. (BIG Trockenbau) und ist nun Mitglied der Bundesfachabteilung Akustik- und Trockenbau des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie e. V. Die Klägerin führte Winterbauumlage an die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (SOKA-Bau) ab, die diese aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung für die Beklagte einzieht. Im Mai 2009 wandte sich die Klägerin schriftlich an die T-Bau und teilte unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Hannover mit, die Umlage für April 2009 nur unter Vorbehalt zu zahlen, da sie als Unternehmen des Akustik- und Trockenbaus von der Verpflichtung dazu befreit sei. Sie lege Widerspruch gegen die Zahlungsverpflichtung ein. Die T-Bau leitete dieses Schreiben an die Beklagte weiter, die darauf den Betrieb der Klägerin prüfte und dabei zu der Einschätzung gelangte, im Betrieb der Klägerin würden ausschließlich Bauarbeiten im Sinne des Akustik- und Trockenbaus erbracht. Mit Bescheid vom 06.08.2009 wurde die Klägerin für die Zeit ab 01.04.2009 von der Umlagepflicht befreit. Unter dem 16.10.2009 teilte die Klägerin der Beklagten mit, die T-Bau habe Beiträge erstattet, man warte aber noch auf ein offizielles Schreiben zur endgültigen Befreiung von der Zahlungspflicht. Am 23.11.2009 nahm ein Mitarbeiter der Klägerin telefonisch Kontakt mit der Beklagten auf. Ihm wurde mitgeteilt, die Entscheidung zur Befreiung von der Umlagepflicht werde überprüft, da noch kein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vorliege. Mit Fax vom 23.11.2009 wurde der Bescheid vom 06.08.2009 bekanntgegeben. Es wurde auf die Notwendigkeit von Rückstellungen hingewiesen. Mit Bescheid vom 07.07.2010 stellte die Beklagte die Umlagepflicht der Klägerin ab dem 01.08.2010 erneut fest, da diese weiterhin Arbeiten erbringe, die unter § 1 Abs. 2 Nr. 36 der Baubetriebe-Verordnung fallen. Gleichzeitig hob sie den Bescheid vom 06.08.2009 mit Wirkung für die Zukunft auf. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und nahm zur Begründung Bezug auf die Entscheidung des SG Hannover vom 06.08.2008 (S 26 AL 415/05) und ein durch das SG Gelsenkirchen in einem Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen S 20 AL 133/03 eingeholtes Gutachten. Die von der Klägerin ausgeführten Arbeiten erforderten eine geschlossene Gebäudehülle. Es handele sich um Herstellung abgehängter Mineralfaserdecken und Unterdeckensysteme aus Gipskarton sowie marktüblicher Ständerwandsysteme mit Gipskartonbeplankung. Sie kämen erst zur Ausführung, wenn die Rohbauarbeiten abgeschlossen, erforderliche Anschlusskonstruktionen hergestellt und die entsprechenden klimatischen Voraussetzungen geschaffen seien. Witterungsbedingte Ausfälle seien in den vergangenen Jahren nicht vorgekommen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2011 als unbegründet zurück. Zwar könne die Mitgliedschaft der Klägerin in einer abgrenzbaren Gruppe gleichartiger Unternehmen dazu führen, dass die Umlagepflicht nicht bestehe. Eine solche abgrenzbare Gruppe liege jedoch nur dann vor, wenn sich im Wirtschaftsleben eine bestimmte, einheitliche, nicht mehr als bloß nur zufällige Ansammlung zu vernachlässigende dauerhafte Gruppe etabliert habe, deren Mitgliedsbetriebe sämtlich nicht oder allenfalls in zu vernachlässigendem Ausmaß witterungsabhängig seien. Diese Voraussetzungen würden hier nicht vorliegen. Am 08.02.2011 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Detmold erhoben und über ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren hinaus noch vorgetragen, in den vergangenen zehn Jahren keine witterungsbedingten Förderleistungen der Beklagten in Anspruch genommen zu haben. Sie hat ein für das SG Gelsenkirchen erstellten Gutachten des Dipl.-Ing.- C vorgelegt. Die Klägerin hat beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 07.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2011 aufzuheben. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat auf den Inhalt der angegriffenen Bescheide Bezug genommen und ein im Auftrag des Senats im Verfahren L 9 AL 20/09 erstelltes Gutachten des Sachverständigen I vorgelegt.

Das Gericht hat eine Ablichtung der Entscheidung des SG Köln vom 17.02.2009, S 15 (22) AL 255/03, beigezogen. Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13.12.2012 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 07.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2011 sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) lägen nicht vor, da die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 06.08.2009 zu Recht von der Winterbauumlagepflicht befreit habe. Die Tätigkeit der Klägerin im Akustik- und Trockenbau falle unter die Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 36 der Baubetriebe-Verordnung, so dass grundsätzlich Umlagepflicht gemäß §§ 175 a, 354 bis 357 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und der hierzu erlassenen Winterbeschäftigungs-Verordnung bestehe. Die Klägerin sei jedoch ausnahmsweise nach § 1 Abs. 5 der Baubetriebe-Verordnung von der Winterbauumlagepflicht zu befreien, da ihr Betrieb im Sinne der Rechtsprechung des BSG zu einer abgrenzbaren und nennenswerten Gruppe von Unternehmen gehöre, bei denen eine Einbeziehung nach den Absätzen 2 bis 4 nicht zu einer Belebung der ganzjährigen Bautätigkeit führe. Der Betrieb sei wegen der dort geleisteten witterungsunabhängigen Arbeit nicht förderfähig. Arbeiten im Akustik- und Trockenbau kämen erst dann zur Ausführung, wenn die Rohbauarbeiten abgeschlossen, erforderliche Anschlusskonstruktionen hergestellt und die entsprechenden klimatischen Voraussetzungen geschaffen seien. Ohne Beachtung dieser Witterungsvorgaben sei die Durchführung der Montage von Gipskartonplatten und/oder Ständersystemen nicht DIN-normgerecht, nicht fachgerecht durchführbar und auch nicht abnahmefähig. Ein Indiz dafür, dass im Betrieb der Klägerin nur witterungsunabhängige Tätigkeiten ausgeübt würden, sei, dass sie bisher noch keine Leistungen der Winterbauförderung in Anspruch genommen habe und keinen witterungsbedingten Arbeitsausfall zu verzeichnen hatte. Mit der Bundesfachabteilung Akustik- und Trockenbau beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie habe sich im Wirtschaftsleben eine bestimmte einheitliche, nicht mehr als bloß zufällige Ansammlung zu vernachlässigende, dauerhafte Gruppe von Betrieben etabliert, deren Mitgliedsbetriebe sämtlich nicht oder allenfalls in zu vernachlässigendem Ausmaß witterungsabhängig sind. Gegen das ihr am 07.01.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.01.2013 Berufung eingelegt.

Bei der Bundesfachabteilung Akustik- und Trockenbau im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie handle es sich nicht um eine in einem Bundesverband organisierte Gruppe, die den durch das BSG aufgestellten Kriterien entspreche. In der Bundesfachabteilung könnten generell Trockenbaubetriebe Mitglied werden, ohne dass eine Unterscheidung dahingehend getroffen werde, ob die Trockenbauarbeiten ausschließlich am wetterfesten Bau erfolgten oder nicht. Sie stelle ferner keinen eigenständigen Verband dar, sondern nur eine Fachabteilung, die nicht rechtlich selbstständig sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 13.12.2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Bei der Bundesfachabteilung Akustik- und Trockenbau handle sich um einen geschlossenen, auf Dauer organisierten Zusammenschluss von Baufirmen des Akustik- und Trockenbaus. Grundlage sei die Geschäftsordnung für die Bundesfachabteilungen des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Sie sei 1980 gegründet worden und habe die Aufgabe, die Interessen und speziellen Anliegen, die diesen Fachbereich betreffen, z.B. Erarbeitung von technischen Vertragsbedingungen und tarifpolitische Rahmenbedingungen wahrzunehmen. Es seien dort etwa 100 Unternehmen organisiert. Die Klägerin überreicht ein Exemplar der Satzung der Bundesfachabteilungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die ebenfalls beigezogenen Akten aus dem Rechtsstreit L 16 AL 205/11 Bezug genommen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 13.12.2012 ist begründet, da die Klage zulässig, aber unbegründet ist.

Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 07.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2011 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte ab 01.08.2010 (erneut) die Klägerin zur Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage verpflichtet hat. Sie hat zudem den Bescheid vom 06.08.2009 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben, mit dem die Klägerin für die Zeit ab 01.04.2009 von dieser Verpflichtung befreit worden war. Statthafte Klageart ist die (isolierte) Anfechtungsklage, § 54 Abs. 1 SGG.

Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Denn die Klägerin ist durch die angefochtene Entscheidung der Beklagten nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Die nach § 24 SGB X erforderliche Anhörung ist mit dem Telefonat und anschließenden Faxanschreiben vom 23.11.2009 erfolgt. Ein möglicher Anhörungsfehler wäre jedenfalls gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt, da die erforderliche Anhörung im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden ist. Nach der Rechtsprechung des BSG setzt dies voraus, dass dem Beteiligten im Widerspruchsverfahren Gelegenheit gegeben wird, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen sachgerecht zu äußern. Dazu müssen dem Beteiligten bis dahin diejenigen Informationen erteilt worden sein, die von der Behörde im Rahmen ihrer Pflichten nach § 24 S. 1 SGB X zu geben gewesen wären (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2011 - B 13 R 9/11R - juris Rn. 14 m. w. N.). Dies ist mit dem Hinweis auf die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 36 der Baubetriebe-Verordnung im Bescheid vom 07.07.2010 erfolgt.

Der Bescheid vom 07.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2011 erweist sich darüber hinaus auch materiell als rechtmäßig. Die Beklagte durfte den Bescheid vom 06.08.2009 aufheben; die Klägerin ist zur Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage verpflichtet.

Als Eingriffsgrundlage für die Aufhebung des Bescheides vom 06.08.2009 kommt allein § 45 Abs. 1 u. Abs. 2 S. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Betracht. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit er rechtswidrig ist. Er darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist.

Die oben genannten Voraussetzungen liegen vor. Bei der mit dem Bescheid vom 06.08.2009 vorgenommenen Aufhebung der Zahlungsverpflichtung der Klägerin handelt es sich um die Begründung eines rechtlich erheblichen Vorteils, mithin um einen begünstigenden Verwaltungsakt. Dieser Verwaltungsakt war von Anfang an rechtswidrig, da die Klägerin zur Zahlung der Winterbeschäftigungsumlage verpflichtet ist.

Gemäß § 354 SGB III in der bis 31.03.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.04.2006 (BGBl. I, S. 926 im folgenden: a. F.) werden die Mittel für die ergänzenden Leistungen nach § 175a (nach aktueller Fassung des Gesetzes der Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, BGBl. I, S. 2854, die ergänzenden Leistungen nach § 102) einschließlich der Verwaltungskosten und der sonstigen Kosten, die mit der Gewährung dieser Leistungen zusammenhängen, in den durch Verordnung nach § 182 Abs. 3 (nach aktueller Fassung des Gesetzes der Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, BGBl. I, S. 2854, nach § 109 Abs. 3) bestimmten Wirtschaftszweigen durch Umlage aufgebracht. Die Umlage wird unter Berücksichtigung von Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien der Wirtschaftszweige von Arbeitgebern oder gemeinsam von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufgebracht und getrennt nach Zweigen des Baugewerbes und weiteren Wirtschaftszweigen abgerechnet.

Nach § 182 Abs. 3 SGB III (a.F.) bzw. § 109 Abs. 3 SGB III (aktuelle Fassung) wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, auf Grundlage von Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien durch Rechtsverordnung festzulegen, ob, in welcher Höhe und für welche Arbeitnehmer die ergänzenden Leistungen nach § 175a Abs. 2 bis 4 (nach aktueller Fassung § 102 Abs. 2 bis 4) in den Zweigen des Baugewerbes und den einzelnen Wirtschaftszweigen erbracht werden. Auf dieser Grundlage finden sich nähere Bestimmungen in der zum 01.05.2006 in Kraft getretenen Winterbeschäftigungs-Verordnung, deren § 1 Abs. 1 Nr. 1 gewerbliche Arbeitnehmer von Betrieben des Baugewerbes nach § 1 Abs. 2 der Baubetriebe-Verordnung als Anspruchsberechtigte nennt. Die Umlage ist gem. § 2 der Winterbeschäftigungs-Verordnung von den jeweiligen Betrieben aufzubringen.

Die oben genannte Baubetriebe-Verordnung wiederum wurde durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aufgrund Ermächtigung in § 182 Abs. 2 SGB III (a. F.) bzw. § 109 Abs. 2 SGB III (aktuelle Fassung) erlassen, wonach die Wirtschaftszweige, deren Betriebe dem Baugewerbe zuzuordnen sind, festzulegen sind. Die Betriebe, in denen die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist, ergeben sich aus der auf dieser Grundlage bestehenden Baubetriebe-Verordnung (ursprünglich aufgrund § 76 Abs. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes), nach deren § 1 Abs. 2 Nr. 36 dazu Betriebe zu zählen sind, die insbesondere Trocken- und Montagebauarbeiten (z.B. Wand- und Deckeneinbau und -verkleidungen), Montage von Baufertigteilen einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern, ausführen.

Der Betrieb der Beklagten stellt abgehängte Mineralfaserdecken und Unterdeckensysteme aus Gipskarton sowie marktübliche Ständerwandsysteme mit Gipskartonbeplankung her und gehört damit zu den in § 1 Abs. 2 Nr. 36 Baubetriebe-Verordnung genannten Betrieben, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist.

Zu Unrecht geht das Sozialgericht aber vom Eingreifen des Ausschlusstatbestandes des § 1 Abs. 5 der Baubetriebe-Verordnung aus. Danach sind Betriebe und Betriebsabteilungen im Sinne des § 1 Abs. 5 der Baubetriebe-Verordnung von der Förderung der ganzjährigen Beschäftigung im Baugewerbe ausgeschlossen, wenn sie zu einer abgrenzbaren und nennenswerten Gruppe gehören, bei denen eine Einbeziehung nach den Abs. 2 bis 4 nicht zu einer Belebung der ganzjährigen Bautätigkeit führt.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist in diesem Zusammenhang zunächst zu prüfen, ob der Betrieb konkret nicht förderungsfähig ist (vgl. Urteil vom 09.09.1999 - B 11 AL 27/99 - juris Rn. 21). Weitere Voraussetzung ist dann die Zugehörigkeit zu einer abgrenzbaren und nennenswerten Gruppe im Sinne des § 1 Abs. 5 der Baubetriebe-Verordnung. Diese soll dann vorliegen, wenn die Tarifvertragsparteien im Katalog des BRTV-Bau inzwischen eine neue Aufteilung vorgenommen haben, die einen nicht witterungsabhängigen Zweig des Baugewerbes nunmehr getrennt aufgeführt, oder wenn sich im Wirtschaftsleben eine bestimmte, einheitliche, nicht mehr als bloß zufällige Ansammlung zu vernachlässigende, dauerhafte Gruppe etabliert hat, deren Mitgliedsbetriebe sämtlich nicht oder allenfalls in zu vernachlässigen Ausmaß witterungsabhängig sind; als Indizien für das Vorliegen einer derartigen Gruppe könnte gelten, dass sich ein Bundesverband gleichartiger Unternehmen gebildet hat (BSG, Urteil vom 30.01.1996 - Rar 10/94 - juris Rn. 31ff.).

Für den Betrieb der Klägerin liegen hinsichtlich seiner konkreten Förderungsfähigkeit keine eindeutigen Erkenntnisse vor. Zwar hat die Klägerin über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren keine Leistungen der Winterbauförderung in Anspruch genommen; es ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht plausibel, dass die Beschäftigten der Klägerin während der Arbeitszeit in den Wintermonaten keinen witterungsbedingten Erschwernissen ausgesetzt sind und die Tätigkeit damit nicht durch die ergänzenden Leistungen förderbar wäre (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09.09.1999, a. a. O. , juris Rn. 23). Dies ergibt sich jedenfalls für die von dem klägerischen Unternehmen ausgeführten Arbeiten nicht zweifelsfrei aus den im beigezogenen Verfahren L 16 AL 205/11 eingeholten bzw. verwerteten Sachverständigengutachten und Auskünften, die durch die Beteiligten in diesen Rechtsstreit eingeführt worden sind und die der Senat seinerseits im Wege des Urkundsbeweises verwerten kann.

So hat etwa der Sachverständige Spruch darauf hingewiesen, dass in Einzelfällen Trockenbauarbeiten wegen technischer Umstände dann stattfinden, wenn die Gebäudehülle noch nicht abgeschlossen sei, etwa das Legen von Schächten für Versorgungsleitungen. Regelhaft sei jedoch die Gebäudehülle geschlossen und die haustechnischen Anlagen installiert, sodass auch die Heizanlage im Gebäude bereits in Betrieb genommen sei. Der Sachverständige C hält speziell für Unternehmen des industriellen Akustik- und Trockenbaus, die - wie die Klägerin - vornehmlich den Innenausbau von Gewerbeobjekten, Miet- und Geschäftshäusern und Läden ausführen, die Beheizbarkeit des Bauobjekts für eine zwingende Voraussetzung zur Durchführung der Arbeiten und nimmt dazu Bezug auf entsprechende technische Regelwerke (DIN 18340). Demgegenüber hat der Sachverständige I ausgeführt, es werde häufig mit den Trockenbauarbeiten vor dem Schließen der Gebäudehülle, d.h. vor Einbau von Fenstern und Türen, begonnen. Unter winterlicher Witterung würden zum Erreichen der Mindesttemperatur für die Verarbeitung von Gipsplatten (+5 °C) oder die Durchführung der Verschachtelungsarbeiten (+10 °C) spezielle Heizgeräte eingesetzt, die in der Praxis nicht selten ausfielen, was zu Schäden führen könne. Viele Bauherren würden daher bereits aus Kostengründen auf Winterbaumaßnahmen verzichten.

Der Senat hat sich im Berufungsverfahren nicht zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachten veranlasst gesehen. Es kann dahinstehen, ob der Betrieb der Klägerin konkret förderungsfähig ist, da er jedenfalls nicht zu einer abgrenzbaren und nennenswerten Gruppe im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung des BSG gehört. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien im Katalog des BRTV-Bau keine neue Aufteilungen vorgenommen haben, die Trockenbaubetriebe vom Geltungsbereich ausnehmen, wenn sie überwiegend im Innenausbau tätig sind. Ebenso wenig hat sich im Wirtschaftsleben eine bestimmte einheitliche Gruppe herausgebildet.

Der Bundesfachabteilung Akustik- und Trockenbau, deren Mitglied die Klägerin ist, fehlt es an dem Merkmal der Einheitlichkeit. Denn der Beitritt zur Bundesfachabteilung steht allen Mitgliedsunternehmen des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie offen, die Akustik- und Trockenbau ausführen. Es wird dabei keine Unterscheidung zwischen witterungsabhängigen und -unabhängigen Betrieben vorgenommen (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.04.2015 - L 16 AL 205/11 - juris Rn. 43). Es handelt sich gerade nicht um eine einem Bundesverband gleichartiger Unternehmen, der rechtlich und politisch in der Lage wäre, die Belange von Akustik- und Trockenbaubetrieben im Wirtschaftsleben gegenüber Politik und Verwaltung oder den Tarifpartnern unabhängig vom sonstigen Bauhauptgewerbe zu vertreten, vergleichbare Organisation.

Die Bundesfachabteilung innerhalb des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie e. V. besitzt bereits keinerlei rechtliche Selbstständigkeit. Aus der im beigezogenen Verfahren L 16 AL 205/11 abgegebenen Stellungnahme des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie e. V. vom 31.10.2012 sowie der beigefügten Satzung ergibt sich weiter, dass die Bundesfachabteilung zwar über das sich aus § 12 der Satzung ergebende Recht, Anträge an das Präsidium und die Hauptversammlung des Verbandes zu stellen, Einfluss auf die Ausrichtung des Verbandes nehmen kann. Sie kann jedoch die Interessen ihrer Mitglieder keineswegs gegen den Willen der Gremien des Hauptverbandes wahrnehmen. Dies zeigt sich für die Aufgaben in der Tarifpolitik, die gemäß § 10 der Satzung dem Sozialpolitischen Ausschuss des Hauptverbandes übertragen sind, insbesondere daran, dass alle Bundesfachabteilungen dorthin gemeinsam zwei Vertreter entsenden. Dies macht bereits eine Abstimmung mit anderen Bundesfachabteilungen erforderlich. Neben den Vertretern der Bundesfachabteilungen besteht der Sozialpolitischen Ausschuss aber noch aus je drei Vertretern der sechs Regionen des Verbandes und je einem Vertreter für jedes außerordentliche Mitglied des Verbandes, sodass von einer wirkungsvollen Vertretung gerade der Unternehmen des Akustik- und Trockenbaus zur Überzeugung des Senats nicht ausgegangen werden kann.

Aus denselben Gründen, aus denen die Befreiung für die Zukunft aufgehoben werden durfte, besteht auch die Verpflichtung der Klägerin zur künftigen Zahlung der Umlage.

Das Vertrauen der Klägerin auf den Bestand des Bescheides vom 06.08.2009 ist auch nicht schutzwürdig. Die Beklagte hatte diesen Bescheid zunächst nicht bekannt gegeben, sondern erst einmal zurückgehalten, da es nach ihrer Auffassung seinerzeit noch keine gefestigte Rechtsprechung hinsichtlich einer abgrenzbaren und nennenswerten Gruppe für die Trockenbauer gebe. Auf eine telefonische Anfrage der Klägerin hat sie gleichwohl sodann mit Fax vom 23.11.2009 die Entscheidung übermittelt. Gleichzeitig hat sie jedoch schon im Hinblick darauf, dass ein Urteil des Bundessozialgerichts noch nicht vorliege, darauf hingewiesen, dass die Entscheidung derzeit nochmals überprüft werde. Dies hat sie der Klägerin zuvor telefonisch mitgeteilt und ferner mit dem Anschreiben zum Telefax vom 23.11.2009 bestätigt und nochmals auch darauf hingewiesen, es seien entsprechende Rückstellungen vorzunehmen. Schon dadurch konnte kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin entstehen. Die Klägerin hat auch zu keiner Zeit geltend gemacht, dass sie eine Vermögensdisposition getroffen habe, die sie nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könne. Letztlich hat die Beklagte den Verwaltungsakt auch innerhalb der Frist von zwei Jahren (§ 45 Abs. 3 SGB X) zurückgenommen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Streitwert war auf 5.000 EUR festzusetzen (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes), da es sich um einen Grundlagenbescheid handelt und keine ausreichenden Anhaltspunkte für das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten vorliegen.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG) bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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