Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 18 KR 36/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 157/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 101/17 B
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
Der Bescheid der Beklagten vom 29.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2013 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit als Busfahrer für die Klägerin als Selbständiger oder in einer abhängigen Beschäftigung ausgeführt hat.
Der Beigeladene zu 1) hat seit dem 03.05.2004 ein Gewerbe zum Führen und Bedienen von land- und forstwirtschaftlichen Maschinen, sowie LKW, Baumaschinen und Omnibussen angemeldet. Für dieses Gewerbe erhielt er bei der Gründung einen Existenzgründungszuschuss der Agentur für Arbeit. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Knappschaft-Bahn-See stellte auf Antrag des Beigeladenen zu 1) für diese Tätigkeit mit Bescheid vom 07.10.2004 fest, dass es sich bei dieser Erwerbstätigkeit um eine selbständige Tätigkeit handele. Mit Schreiben vom 16.10.2007 bestätigte die DRV Knappschaft-Bahn-See dem Beigeladenen zu 1), dass auch dann eine selbständige Tätigkeit vorliege, wenn er vorübergehend für einen längeren Zeitraum – von ggf. mehr als 12 Monaten – für ein Unternehmen tätig werde.
Der Beigeladene zu 1) fuhr in der Zeit vom 14.01.2009 bis 10.12.2011 Buslinien für die Klägerin.
Mit Schreiben vom 27.12.2011 bot die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) ein befristetes Arbeitsverhältnis vom 15.01.2012 bis 15.02.2012 an. Dieses lehnte der Beigeladene zu 1) ab (Schreiben vom 29.12.2011), da er sich als selbständig ansah unter Hinweis auf die Bestätigung der DRV Knappschaft-Bahn-See.
Im Rahmen der bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung trug die Klägerin zur Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) am 14.02.2012 vor: Der Beigeladener zu 1) sei selbständiger Fahrer ohne eigene Betriebsmittel. Dies schließe Selbständigkeit nicht aus. Der Beigeladene zu 1) nehme keine Weisungen vom Auftraggeber entgegen; er müsse sich nur an den Linienfahrplan halten. Der Auftraggeber müsse sich auch an die Vorgaben der Verkehrsgesellschaft halten Der Beigeladene zu 1) fahre nur bestimmte Linie; festangestellte Mitarbeiter müssten bei Bedarf verschiedene Linien fahren. Der Beigeladene zu 1) müsse nicht kurzfristig einspringen. Auch sei er für zwei weitere Firmen in dieser Zeit gefahren. Der Beigeladene zu 1) sei von der Klägerin öfters gefragt worden, ob er auch Samstag fahren könne. Dies habe der Beigeladene zu 1) abgelehnt. Dies spreche für Vertragspartner auf Augenhöhe. Bei den Vertragsverhandlungen seien ganz bestimmte Linien festgelegt worden. Man habe sich auf sechs Linien geeinigt. Diese Linien fahre der Beigeladene zu 1), andere Linien könnten ihm von der Klägerin nicht übertragen werden. Der Beigeladene zu 1) lege seinen Sicherheitsstandard zu Grunde: üblicherweise werden bei der Klägerin Winterreifen nur auf der Vorderachse aufgezogen. Der Beigeladene zu 1) habe an seinem Bus Winterreifen insgesamt aufziehen lassen. Wenn der Beigeladene zu 1) unaufschiebbare Termine habe, übertrage er die Fahrten einem Bekannten (ehemaliger Busfahrer). Die Klägerin habe davon Kenntnis und nichts dagegen einzuwenden. Der Beigeladene zu 1) trägt die Reinigungskosten für den Bus, wenn er ihn nicht selbst reinige. Auch bei einer eigenen Reinigung habe er die Reinigungsmittel selber zu kaufen. Die Kosten für der Beigeladenen zu 1) werden bei der Klägerin als "Fahrdienst A." gebucht und nicht in einem Personalkonto.
Mit Bescheid vom 03.05.2012 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin fest, dass eine Nachforderung von 53.788,01 Euro bestehe. Diese beruhe auf der abhängigen Beschäftigung von dem Beigeladenen zu 1), für den keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien. Der Beigeladene zu 1) stelle lediglich seine Arbeitskraft zur Verfügung. Wann und wo die Arbeitskraft eingesetzt werde, bestimme allein die Klägerin. Der Beigeladene zu 1) setzte kein eigenes Kapital ein, welches ein unternehmerisches Risiko zur Folge gehabt hätte. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 29.06.2012 traf die Beklagte die gleichen Feststellungen wie im Bescheid vom 03.05.2012, diesmal allerdings gerichtet an die korrekte Firmierung der Klägerin. Auch hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch.
Mit Bescheid vom 31.05.2012 nahm die Beklagte den Bescheid vom 03.05.2012 aus formellen Gründen zurück.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.06.2012 zurück.
Am 16.01.2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin weiter vor, dass die Eingliederung in den Fahrplan keine innerbetrieblichen sondern außerbetrieblichen Ursachen habe, auf die die Klägerin keinen Einfluss hatte. Werbung sei für den Beigeladenen zu 1) nicht notwendig gewesen. Auch stehe die Entscheidung im Widerspruch zur Entscheidung der DRV Knappschaft-Bahn-See.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt schriftlich,
den Bescheid vom 29.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.112.2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt die Beklagte die Indizien vor, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen, dass der Beigeladene zu 1) kein eigenes Fahrzeug einsetze; er müsse sich an den Fahrplan der Linie halten; er betreibe keine aktive Werbung am Markt; er sei nicht ernsthaft bemüht gewesen, eine eigene Existenz als Unternehmer mit eigenen Fahrzeugen aufzubauen; er arbeite auf der Basis eines fest vereinbarten Lohnes; er setze wesentlichen Betriebsmittel ein.
Darauf erwidert der Prozessbevollmächtigte der Klägerin: Der Beigeladene zu 1) habe den Standort des Busses während der Standzeiten frei wählen können; angestellte Busfahrer mussten den jeweiligen Bus in jedem Fall zur Betriebsstätte zurückbringen. Der Beigeladene zu 1) habe über Reparaturaufträge entschieden (auch wenn diese von der Klägerin bezahlt wurden), bei angestellten Fahrern sei dies von Wartungsfachleuten im Betrieb entschieden worden. Der Beigeladene zu 1) habe seine Arbeitskleidung frei wählen können. Auch habe er verschiedene Auftraggeber gehabt.
Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte S 18 KR 159/14 ER sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der DRV Knappschaft-Bahn-See Bezug genommen.
II.
Das Gericht konnte nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Der Sachverhalt ist geklärt und weist keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.
Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 29.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2013 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. Dieser Bescheid ist rechtswidrig. Die Beklagte hat zu Unrecht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) mit seiner Tätigkeit für die Klägerin der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt. Das dafür notwendige abhängige Beschäftigungsverhältnis lag nicht vor.
Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III) sowie der Kranken- und Pflegeversicherung. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. (BSG, Urteil vom 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, Rdnr. 23) Dies ist bei ihrem Inhalt nach frei gestalteten Tätigkeiten ("Dienste höherer Art") gegeben, wenn der Beschäftigte funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess des Beschäftigenden teilhat und damit auch ohne Weisungsgebundenheit in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist. Als eingegliedert gilt nach ständiger Rechtsprechung des BSG, wer sich dienstbereit der Verfügungsbefugnis eines Arbeitgebers über seine Arbeitskraft unterwirft. (BSG, Urteil vom 27.03.1980, 12 RK 26/79, juris, Rdnr.17; vgl. auch: LSG NRW, Urteil vom 28.06.2007, L 16 (14) R 124/06, juris, Rdnr. 40) Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. (BSG, Urteil vom 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, Rdnr. 23 mwN) Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2004, B 12 KR 26/02 R, juris).
Unter Berücksichtigung aller Umstände der vertraglichen und tatsächlichen Verhältnisse hat das Gericht keinen Zweifel, dass der Beigeladene zu 1) für die Klägerin selbständig tätig war. Es überwiegen die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen.
Gegen eine abhängige Beschäftigung spricht, dass der Beigeladene zu 1) hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert war. Zwar musste sich der Beigeladene zu 1) an den vorgegebenen Linienfahrplan halten. Daraus, dass jemand nicht selbst bestimmen kann, wann und wo er seine Arbeitsleistung erbringt, darf aber nicht schon auf den abhängigen Charakter der Beschäftigung geschlossen werden (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.1980, B 12 KR 26/79, juris, Rdnr. 21). Ob die Aufnahme in den Gesamtplan (Dienstplan oder Linienfahrplan) ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit ist, hängt davon ab, zu welchem Zeitpunkt die Zuordnung in den Gesamtplan erfolgt. Arbeitnehmer halten sich zur Erledigung der von dem Arbeitgeber noch zu bestimmenden Tätigkeit bereit, während Selbständige versprochen haben, die im Vertrag selbst niedergelegte und abschließend definierten Pflichten zu erfüllen (BSG, Urteil vom 27.03.1980, B 12 RK 26/79, juris, Rdnr. 21). Deshalb können auch Fahrer von Linienbussen unter bestimmten Voraussetzungen selbständig tätig sein. Sie sind zwar an den Linienfahrplan gebunden. Dies ist aber nicht Ausfluss des Direktionsrechts des Arbeitgebers mit der Folge einer betrieblichen Eingliederung und persönlichen Abhängigkeit, sondern Ergebnis der Übernahme einer bei Vertragsabschluss bestimmten Verpflichtung zur Erledigung einer fest definierten Aufgabe. In diesem Fall bedarf es gerade keiner späteren Weisungen, die als Ausfluss eines Direktionsrechts anzusehen wären und zu einer betrieblichen Eingliederung und persönlichen Abhängigkeit führen können (vgl. BSG, Urteil vom 19.12.1978, 12 RK 52/78, juris, Rdnr. 14.)
Davon ausgehend steht zur Überzeugung des Gerichts auch nach den Ausführungen der Beteiligten im Erörterungstermin fest, dass der Beigeladene zu 1) selbständig tätig war, weil sich der Beigeladene zu 1) bei Vertragsschluss verpflichtet hat, eine bestimmte Linie zu bedienen. Der Beigeladene zu 1) stand der Klägerin nicht zur Erledigung von noch zu bestimmenden Tätigkeiten zur Verfügung. Die Klägerin hat im Erörterungstermin übereinstimmend mit dem Beigeladenen zu 1) für das Gericht glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, wie der Vertrag abgeschlossen wurde: Der Beigeladene zu 1) war zunächst bei einer anderen Firma als Busfahrer beschäftigt. Als diese nicht mehr die nötigen Linien hatte, wandte sich der Beigeladene zu 1) an die Klägerin, da diese ausreichend Linien hatte bzw. den Zuschlag bei der Neuvergabe für ähnliche Linien erhalten hatte. Bei Vertragsschluss vereinbarten die Klägerin und der Beigeladene zu 1), welche Linie diese bedient. Die Klägerin organisierte ihren Betrieb um, um dem Beigeladenen zu 1) ein Fahrzeug frei zur Verfügung stellen zu können. Geplant war zunächst nur eine befristete Übernahme. Da sich aber 2010 herausstellte, dass die Linie 2011 auslaufend würde, wollte die Klägerin nur für dieses eine Jahr keinen anderen Fahrer suchen und hat die Vereinbarung mit dem Beigeladenen zu 1) verlängert. Sofern der Beigeladene zu 1) verhindert war, stellte er selber einen Ersatzfahrer. Dies kam etwa vier bis fünf Mal vor. Der Ersatzfahrer wurde von dem Beigeladenen zu 1) bezahlt und einmalig bei der Klägerin vorgestellt. Dessen Bezahlung erfolgte durch den Beigeladenen zu 1). Die Bedingungen für den Vertragsabschluss wurden von dem Beigeladenen zu 1) vorgegeben: der Beigeladene zu 1) wollte einen Bus gestellt bekommen, um nicht täglich auf den Betriebshof der Klägerin kommen zu müssen. Es sollte eine wöchentliche Bezahlung erfolgen um das Ausfallrisiko des Beigeladenen zu 1) so gering wie möglich zu halten. Darüber hinaus stand es diesem frei, sich jederzeit eine andere Linie auszusuchen. Der Beigeladene zu 1) entschied sich zu einer Vertragsverlängerung, da er ein sicheres Einkommen benötigte, um planbar Schulden beim Finanzamt bezahlen zu können. Ihm war dabei klar, dass die Linie im Folgejahr nicht mehr von der Klägerin bedient werden würde. Es kam nur vier bis fünf Mal vor, dass der Beigeladene zu 1) einen Ersatzfahrer stellen musste, weil er selber verhindert war.
Der Beigeladene zu 1) hat seinen Bus selber gereinigt und selber für die Funktionsfähigkeit gesorgt. Die Angestellten der Klägerin hingegen haben den Bus nur besenrein auf dem Betriebshof abgegeben. Der Rest wurde vom Betrieb erledigt.
Die Klägerin hat sich für die Vereinbarung mit dem Beigeladenen zu 1) entschieden, weil sie wusste, dass sie sich zu 100 % auf den Beigeladenen zu 1) verlassen konnte. Aufgrund dessen und weil die Linie bedient werden musste, hat die Klägerin den Anforderungen des Beigeladenen entsprochen, obwohl dies für sie mit höheren Kosten verbunden war, als wenn sie einen Busfahrer hätte anstellen können. Aus Sicht der Klägerin bestand aber keine andere Möglichkeit, weil es aber ständig Probleme mit Busfahrern gegeben hatte bzw. überhaupt keine Busfahrer am Arbeitsmarkt zu finden waren.
Zunächst fuhr der Beigeladene zu 1) auch am Samstag für die Klägerin. Dies sagte er aber später ab, weil er Anfragen für Fahrten am Samstag von anderen Firmen hatte, die der Beigeladene zu 1) wahrnehmen wollte. Auch darin zeigt sich, dass der Beigeladene zu 1) seinen Arbeitsumfang bestimmte, nicht aber die Klägerin.
Dass der Beigeladene zu 1) keine schriftliche Werbung gemacht hat, steht einer selbständigen Tätigkeit nicht entgegen: Wer Aufträge auch ohne Werbung bekommt, muss nicht werben. Der Beigeladene zu 1) hat nachvollziehbar geschildert, wie er zu seinen Aufträgen gekommen ist und dass dies gerade über Kontakte zu anderen Fahrern lief. Eine gesonderte Werbung war nicht notwendig.
Auch der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) für die Tätigkeit bei der Klägerin keinen eigenen Bus genutzt hat, sondern dieser von der Beklagten zur Verfügung gestellt wurde, steht einer selbständigen Tätigkeit nicht entgegen. Es ist nicht bei jeder Tätigkeit notwendig, dass eigene Betriebsmittel eingesetzt werden, damit von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen werden kann. Indiz für eine selbständige Tätigkeit ist das Unternehmerrisiko. Für gewerbliche Unternehmer ist ein Kapitaleinsatz zwar in der Regel kennzeichnend. Eine Gleichsetzung von Unternehmerrisiko mit einem Kapitaleinsatz ist gleichwohl nicht möglich. Eine solche Betrachtungsweise würde den vielen freiberuflichen Tätigkeiten nicht gerecht werden, die von Selbständigen ausgeübt werden, deren Leistung nicht oder nicht wesentlich im Einsatz von Geldkapital, sondern von Wissen, Fertigkeiten oder geistigem Können besteht. Jemand kann ein Unternehmerrisiko schon dann tragen, wenn der Erfolg des Einsatzes seiner Arbeitskraft ungewiss ist. Das gilt namentlich, wenn ihm kein Mindesteinkommen garantiert wird. Das Risiko, dass der Selbständige in solchen Fällen trägt, betrifft die Verwertbarkeit seiner Arbeitskraft. Er kann eine Vergütung nur beanspruchen, wenn er eine bestimmte Leistung auch erbringt, wogegen dem abhängig Beschäftigten ein Lohnanspruch schon dann zusteht, wenn er sich arbeitsbereit hält. (BSG Urteil vom 27.03.1980, B 12 RK 26/79, juris, Rdnr. 23)
Nochmals ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die getroffenen Feststellungen für das konkrete Auftragsverhältnis zwischen Klägerin und Beigeladenen zu 1) gelten. Eine allgemeine Feststellung - wie in dem Bescheid der DRV Knappschaft-Bahn-See getroffen - ist nicht möglich. Bewertet werden jeweils die einzelnen Auftragsverhältnisse und deren Ausgestaltung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit als Busfahrer für die Klägerin als Selbständiger oder in einer abhängigen Beschäftigung ausgeführt hat.
Der Beigeladene zu 1) hat seit dem 03.05.2004 ein Gewerbe zum Führen und Bedienen von land- und forstwirtschaftlichen Maschinen, sowie LKW, Baumaschinen und Omnibussen angemeldet. Für dieses Gewerbe erhielt er bei der Gründung einen Existenzgründungszuschuss der Agentur für Arbeit. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Knappschaft-Bahn-See stellte auf Antrag des Beigeladenen zu 1) für diese Tätigkeit mit Bescheid vom 07.10.2004 fest, dass es sich bei dieser Erwerbstätigkeit um eine selbständige Tätigkeit handele. Mit Schreiben vom 16.10.2007 bestätigte die DRV Knappschaft-Bahn-See dem Beigeladenen zu 1), dass auch dann eine selbständige Tätigkeit vorliege, wenn er vorübergehend für einen längeren Zeitraum – von ggf. mehr als 12 Monaten – für ein Unternehmen tätig werde.
Der Beigeladene zu 1) fuhr in der Zeit vom 14.01.2009 bis 10.12.2011 Buslinien für die Klägerin.
Mit Schreiben vom 27.12.2011 bot die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) ein befristetes Arbeitsverhältnis vom 15.01.2012 bis 15.02.2012 an. Dieses lehnte der Beigeladene zu 1) ab (Schreiben vom 29.12.2011), da er sich als selbständig ansah unter Hinweis auf die Bestätigung der DRV Knappschaft-Bahn-See.
Im Rahmen der bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung trug die Klägerin zur Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) am 14.02.2012 vor: Der Beigeladener zu 1) sei selbständiger Fahrer ohne eigene Betriebsmittel. Dies schließe Selbständigkeit nicht aus. Der Beigeladene zu 1) nehme keine Weisungen vom Auftraggeber entgegen; er müsse sich nur an den Linienfahrplan halten. Der Auftraggeber müsse sich auch an die Vorgaben der Verkehrsgesellschaft halten Der Beigeladene zu 1) fahre nur bestimmte Linie; festangestellte Mitarbeiter müssten bei Bedarf verschiedene Linien fahren. Der Beigeladene zu 1) müsse nicht kurzfristig einspringen. Auch sei er für zwei weitere Firmen in dieser Zeit gefahren. Der Beigeladene zu 1) sei von der Klägerin öfters gefragt worden, ob er auch Samstag fahren könne. Dies habe der Beigeladene zu 1) abgelehnt. Dies spreche für Vertragspartner auf Augenhöhe. Bei den Vertragsverhandlungen seien ganz bestimmte Linien festgelegt worden. Man habe sich auf sechs Linien geeinigt. Diese Linien fahre der Beigeladene zu 1), andere Linien könnten ihm von der Klägerin nicht übertragen werden. Der Beigeladene zu 1) lege seinen Sicherheitsstandard zu Grunde: üblicherweise werden bei der Klägerin Winterreifen nur auf der Vorderachse aufgezogen. Der Beigeladene zu 1) habe an seinem Bus Winterreifen insgesamt aufziehen lassen. Wenn der Beigeladene zu 1) unaufschiebbare Termine habe, übertrage er die Fahrten einem Bekannten (ehemaliger Busfahrer). Die Klägerin habe davon Kenntnis und nichts dagegen einzuwenden. Der Beigeladene zu 1) trägt die Reinigungskosten für den Bus, wenn er ihn nicht selbst reinige. Auch bei einer eigenen Reinigung habe er die Reinigungsmittel selber zu kaufen. Die Kosten für der Beigeladenen zu 1) werden bei der Klägerin als "Fahrdienst A." gebucht und nicht in einem Personalkonto.
Mit Bescheid vom 03.05.2012 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin fest, dass eine Nachforderung von 53.788,01 Euro bestehe. Diese beruhe auf der abhängigen Beschäftigung von dem Beigeladenen zu 1), für den keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien. Der Beigeladene zu 1) stelle lediglich seine Arbeitskraft zur Verfügung. Wann und wo die Arbeitskraft eingesetzt werde, bestimme allein die Klägerin. Der Beigeladene zu 1) setzte kein eigenes Kapital ein, welches ein unternehmerisches Risiko zur Folge gehabt hätte. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 29.06.2012 traf die Beklagte die gleichen Feststellungen wie im Bescheid vom 03.05.2012, diesmal allerdings gerichtet an die korrekte Firmierung der Klägerin. Auch hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch.
Mit Bescheid vom 31.05.2012 nahm die Beklagte den Bescheid vom 03.05.2012 aus formellen Gründen zurück.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.06.2012 zurück.
Am 16.01.2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin weiter vor, dass die Eingliederung in den Fahrplan keine innerbetrieblichen sondern außerbetrieblichen Ursachen habe, auf die die Klägerin keinen Einfluss hatte. Werbung sei für den Beigeladenen zu 1) nicht notwendig gewesen. Auch stehe die Entscheidung im Widerspruch zur Entscheidung der DRV Knappschaft-Bahn-See.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt schriftlich,
den Bescheid vom 29.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.112.2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt die Beklagte die Indizien vor, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen, dass der Beigeladene zu 1) kein eigenes Fahrzeug einsetze; er müsse sich an den Fahrplan der Linie halten; er betreibe keine aktive Werbung am Markt; er sei nicht ernsthaft bemüht gewesen, eine eigene Existenz als Unternehmer mit eigenen Fahrzeugen aufzubauen; er arbeite auf der Basis eines fest vereinbarten Lohnes; er setze wesentlichen Betriebsmittel ein.
Darauf erwidert der Prozessbevollmächtigte der Klägerin: Der Beigeladene zu 1) habe den Standort des Busses während der Standzeiten frei wählen können; angestellte Busfahrer mussten den jeweiligen Bus in jedem Fall zur Betriebsstätte zurückbringen. Der Beigeladene zu 1) habe über Reparaturaufträge entschieden (auch wenn diese von der Klägerin bezahlt wurden), bei angestellten Fahrern sei dies von Wartungsfachleuten im Betrieb entschieden worden. Der Beigeladene zu 1) habe seine Arbeitskleidung frei wählen können. Auch habe er verschiedene Auftraggeber gehabt.
Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte S 18 KR 159/14 ER sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der DRV Knappschaft-Bahn-See Bezug genommen.
II.
Das Gericht konnte nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Der Sachverhalt ist geklärt und weist keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.
Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 29.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2013 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. Dieser Bescheid ist rechtswidrig. Die Beklagte hat zu Unrecht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) mit seiner Tätigkeit für die Klägerin der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt. Das dafür notwendige abhängige Beschäftigungsverhältnis lag nicht vor.
Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III) sowie der Kranken- und Pflegeversicherung. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. (BSG, Urteil vom 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, Rdnr. 23) Dies ist bei ihrem Inhalt nach frei gestalteten Tätigkeiten ("Dienste höherer Art") gegeben, wenn der Beschäftigte funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess des Beschäftigenden teilhat und damit auch ohne Weisungsgebundenheit in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist. Als eingegliedert gilt nach ständiger Rechtsprechung des BSG, wer sich dienstbereit der Verfügungsbefugnis eines Arbeitgebers über seine Arbeitskraft unterwirft. (BSG, Urteil vom 27.03.1980, 12 RK 26/79, juris, Rdnr.17; vgl. auch: LSG NRW, Urteil vom 28.06.2007, L 16 (14) R 124/06, juris, Rdnr. 40) Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. (BSG, Urteil vom 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, Rdnr. 23 mwN) Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2004, B 12 KR 26/02 R, juris).
Unter Berücksichtigung aller Umstände der vertraglichen und tatsächlichen Verhältnisse hat das Gericht keinen Zweifel, dass der Beigeladene zu 1) für die Klägerin selbständig tätig war. Es überwiegen die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen.
Gegen eine abhängige Beschäftigung spricht, dass der Beigeladene zu 1) hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert war. Zwar musste sich der Beigeladene zu 1) an den vorgegebenen Linienfahrplan halten. Daraus, dass jemand nicht selbst bestimmen kann, wann und wo er seine Arbeitsleistung erbringt, darf aber nicht schon auf den abhängigen Charakter der Beschäftigung geschlossen werden (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.1980, B 12 KR 26/79, juris, Rdnr. 21). Ob die Aufnahme in den Gesamtplan (Dienstplan oder Linienfahrplan) ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit ist, hängt davon ab, zu welchem Zeitpunkt die Zuordnung in den Gesamtplan erfolgt. Arbeitnehmer halten sich zur Erledigung der von dem Arbeitgeber noch zu bestimmenden Tätigkeit bereit, während Selbständige versprochen haben, die im Vertrag selbst niedergelegte und abschließend definierten Pflichten zu erfüllen (BSG, Urteil vom 27.03.1980, B 12 RK 26/79, juris, Rdnr. 21). Deshalb können auch Fahrer von Linienbussen unter bestimmten Voraussetzungen selbständig tätig sein. Sie sind zwar an den Linienfahrplan gebunden. Dies ist aber nicht Ausfluss des Direktionsrechts des Arbeitgebers mit der Folge einer betrieblichen Eingliederung und persönlichen Abhängigkeit, sondern Ergebnis der Übernahme einer bei Vertragsabschluss bestimmten Verpflichtung zur Erledigung einer fest definierten Aufgabe. In diesem Fall bedarf es gerade keiner späteren Weisungen, die als Ausfluss eines Direktionsrechts anzusehen wären und zu einer betrieblichen Eingliederung und persönlichen Abhängigkeit führen können (vgl. BSG, Urteil vom 19.12.1978, 12 RK 52/78, juris, Rdnr. 14.)
Davon ausgehend steht zur Überzeugung des Gerichts auch nach den Ausführungen der Beteiligten im Erörterungstermin fest, dass der Beigeladene zu 1) selbständig tätig war, weil sich der Beigeladene zu 1) bei Vertragsschluss verpflichtet hat, eine bestimmte Linie zu bedienen. Der Beigeladene zu 1) stand der Klägerin nicht zur Erledigung von noch zu bestimmenden Tätigkeiten zur Verfügung. Die Klägerin hat im Erörterungstermin übereinstimmend mit dem Beigeladenen zu 1) für das Gericht glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, wie der Vertrag abgeschlossen wurde: Der Beigeladene zu 1) war zunächst bei einer anderen Firma als Busfahrer beschäftigt. Als diese nicht mehr die nötigen Linien hatte, wandte sich der Beigeladene zu 1) an die Klägerin, da diese ausreichend Linien hatte bzw. den Zuschlag bei der Neuvergabe für ähnliche Linien erhalten hatte. Bei Vertragsschluss vereinbarten die Klägerin und der Beigeladene zu 1), welche Linie diese bedient. Die Klägerin organisierte ihren Betrieb um, um dem Beigeladenen zu 1) ein Fahrzeug frei zur Verfügung stellen zu können. Geplant war zunächst nur eine befristete Übernahme. Da sich aber 2010 herausstellte, dass die Linie 2011 auslaufend würde, wollte die Klägerin nur für dieses eine Jahr keinen anderen Fahrer suchen und hat die Vereinbarung mit dem Beigeladenen zu 1) verlängert. Sofern der Beigeladene zu 1) verhindert war, stellte er selber einen Ersatzfahrer. Dies kam etwa vier bis fünf Mal vor. Der Ersatzfahrer wurde von dem Beigeladenen zu 1) bezahlt und einmalig bei der Klägerin vorgestellt. Dessen Bezahlung erfolgte durch den Beigeladenen zu 1). Die Bedingungen für den Vertragsabschluss wurden von dem Beigeladenen zu 1) vorgegeben: der Beigeladene zu 1) wollte einen Bus gestellt bekommen, um nicht täglich auf den Betriebshof der Klägerin kommen zu müssen. Es sollte eine wöchentliche Bezahlung erfolgen um das Ausfallrisiko des Beigeladenen zu 1) so gering wie möglich zu halten. Darüber hinaus stand es diesem frei, sich jederzeit eine andere Linie auszusuchen. Der Beigeladene zu 1) entschied sich zu einer Vertragsverlängerung, da er ein sicheres Einkommen benötigte, um planbar Schulden beim Finanzamt bezahlen zu können. Ihm war dabei klar, dass die Linie im Folgejahr nicht mehr von der Klägerin bedient werden würde. Es kam nur vier bis fünf Mal vor, dass der Beigeladene zu 1) einen Ersatzfahrer stellen musste, weil er selber verhindert war.
Der Beigeladene zu 1) hat seinen Bus selber gereinigt und selber für die Funktionsfähigkeit gesorgt. Die Angestellten der Klägerin hingegen haben den Bus nur besenrein auf dem Betriebshof abgegeben. Der Rest wurde vom Betrieb erledigt.
Die Klägerin hat sich für die Vereinbarung mit dem Beigeladenen zu 1) entschieden, weil sie wusste, dass sie sich zu 100 % auf den Beigeladenen zu 1) verlassen konnte. Aufgrund dessen und weil die Linie bedient werden musste, hat die Klägerin den Anforderungen des Beigeladenen entsprochen, obwohl dies für sie mit höheren Kosten verbunden war, als wenn sie einen Busfahrer hätte anstellen können. Aus Sicht der Klägerin bestand aber keine andere Möglichkeit, weil es aber ständig Probleme mit Busfahrern gegeben hatte bzw. überhaupt keine Busfahrer am Arbeitsmarkt zu finden waren.
Zunächst fuhr der Beigeladene zu 1) auch am Samstag für die Klägerin. Dies sagte er aber später ab, weil er Anfragen für Fahrten am Samstag von anderen Firmen hatte, die der Beigeladene zu 1) wahrnehmen wollte. Auch darin zeigt sich, dass der Beigeladene zu 1) seinen Arbeitsumfang bestimmte, nicht aber die Klägerin.
Dass der Beigeladene zu 1) keine schriftliche Werbung gemacht hat, steht einer selbständigen Tätigkeit nicht entgegen: Wer Aufträge auch ohne Werbung bekommt, muss nicht werben. Der Beigeladene zu 1) hat nachvollziehbar geschildert, wie er zu seinen Aufträgen gekommen ist und dass dies gerade über Kontakte zu anderen Fahrern lief. Eine gesonderte Werbung war nicht notwendig.
Auch der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) für die Tätigkeit bei der Klägerin keinen eigenen Bus genutzt hat, sondern dieser von der Beklagten zur Verfügung gestellt wurde, steht einer selbständigen Tätigkeit nicht entgegen. Es ist nicht bei jeder Tätigkeit notwendig, dass eigene Betriebsmittel eingesetzt werden, damit von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen werden kann. Indiz für eine selbständige Tätigkeit ist das Unternehmerrisiko. Für gewerbliche Unternehmer ist ein Kapitaleinsatz zwar in der Regel kennzeichnend. Eine Gleichsetzung von Unternehmerrisiko mit einem Kapitaleinsatz ist gleichwohl nicht möglich. Eine solche Betrachtungsweise würde den vielen freiberuflichen Tätigkeiten nicht gerecht werden, die von Selbständigen ausgeübt werden, deren Leistung nicht oder nicht wesentlich im Einsatz von Geldkapital, sondern von Wissen, Fertigkeiten oder geistigem Können besteht. Jemand kann ein Unternehmerrisiko schon dann tragen, wenn der Erfolg des Einsatzes seiner Arbeitskraft ungewiss ist. Das gilt namentlich, wenn ihm kein Mindesteinkommen garantiert wird. Das Risiko, dass der Selbständige in solchen Fällen trägt, betrifft die Verwertbarkeit seiner Arbeitskraft. Er kann eine Vergütung nur beanspruchen, wenn er eine bestimmte Leistung auch erbringt, wogegen dem abhängig Beschäftigten ein Lohnanspruch schon dann zusteht, wenn er sich arbeitsbereit hält. (BSG Urteil vom 27.03.1980, B 12 RK 26/79, juris, Rdnr. 23)
Nochmals ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die getroffenen Feststellungen für das konkrete Auftragsverhältnis zwischen Klägerin und Beigeladenen zu 1) gelten. Eine allgemeine Feststellung - wie in dem Bescheid der DRV Knappschaft-Bahn-See getroffen - ist nicht möglich. Bewertet werden jeweils die einzelnen Auftragsverhältnisse und deren Ausgestaltung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
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