L 13 R 171/15

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 783/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 171/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Abrechnungsermittlung der Deutschen Rentenversicherung stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X dar.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24.09.2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, inwieweit eine von der Beklagten festgestellte Rentennachzahlung dem Kläger zusteht oder an die Beigeladenen zu 1) und 2) im Rahmen eines Erstattungsverfahrens auszuzahlen war.

Der 1941 geborene Kläger bezog von der Beklagten seit 01.07.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, welche zum 01.09.2006 in die laufende Regelaltersrente umgewandelt wurde.

Von dem Beigeladenen zu 2) bezogen der Kläger und seine Ehefrau W. A. (verheiratet vom 01.12.1999 bis 30.11.2010) sowie deren Kinder T. A. (geb. 1995) und M. A. (geb. 2001) in der Zeit von 01.11.1999 bis 31.12.2004 Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Laut Aktenvermerk vom 17.06.2009 betrugen die geleisteten Sozialhilfezahlungen für diesen Zeitraum an die Bedarfsgemeinschaft 14.663,15 EUR. Dabei wurde der Kläger bei der Bedarfsberechnung als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft angesehen, auf Grund eigenen (Renten-)Einkommens erhielt er jedoch persönlich keine Leistungen.

Von dem Beigeladenen zu 1) erhielt die Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) u.a. für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.08.2006, wobei auch hier das Renteneinkommen des Klägers in Höhe von ca. 585,00 EUR als anrechenbares Einkommen berücksichtigt wurde.

Durch Bescheid vom 20.04.2009 nahm die Beklagte aufgrund Versorgungsausgleichs (Änderung der persönlichen Entgeltpunkte) eine Neufeststellung der Rente des Klägers für die Zeit von 01.07.1998 bis 31.08.2006 vor, wodurch sich dem Grunde nach eine Nachzahlung in Höhe von 19.102,66 EUR ergab. In diesem Bescheid wurde dem Kläger ferner mitgeteilt, dass die Nachzahlung vorläufig nicht ausbezahlt werde, da zunächst Ansprüche anderer Stellen zu klären wären.

Nach dem der Beigeladene zu 1) und der Beigeladene zu 2) Kenntnis von der Rentennachzahlung erhielten, machten diese jeweils einen Erstattungsanspruch geltend.

Der Erstattungsanspruch des Beigeladenen zu 1) datiert vom 12.06.2009 und wurde mit 3.947,20 EUR für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.08.2006 beziffert.

Der Erstattungsantrag des Beigeladenen zu 2) datiert vom 17.06.2009 und wurde mit 12.124,83 EUR für den Zeitraum 01.11.1999 bis 31.12.2014 beziffert.

Unter Berücksichtigung dieser Erstattungsanträge der Beigeladenen gegenüber der Beklagten, rechnete diese mit Bescheid vom 03.07.2009 die Nachzahlung in der Weise ab, dass sie aufgrund der angemeldeten Erstattungsansprüchen dem Beigeladenen zu 2) einen Betrag von 12.124,80 EUR auszahlte und dem Beigeladenen zu 1) einen Betrag von 3.947,29 EUR. Den "Rest- betrag" über 3.030,57 EUR überwies die Beklagte dem Kläger. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 05.07.2010, wandte sich der Kläger an die Beklagte und die Beigeladenen und bat "um Mitteilung, was denn der Rechtsgrund für die Erstattungsansprüche gewesen sein soll". Der Kläger habe "zu keinem Zeitpunkt in seinem Leben Leistungen der ARGE Grundsicherung oder des Landratsamtes Rottal-Inn erhalten".

Nachdem der Kläger mit der Beklagten und den Beigeladenen keine Einigung erzielen konnte, hat er Klage zu Sozialgericht Landshut erhoben mit Schriftsatz vom 19.01.2011 gegen den Landkreis (Az.: S 10 SO 1/11) sowie mit Schriftsatz vom 24.01.2011 gegen das Jobcenter (Az.: S 7 AS 67/11). Auf Grund richterlichen Hinweises, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Anspruch auf Auszahlung der streitgegenständlichen Beträge alleine gegenüber der Rentenversicherung geltend zu machen sei, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 13.07.2011 seine Klage gegen den Beigeladenen zu 1) dahingehend erweitert, dass sich diese nunmehr auch gegen die - jetzige - Beklagte richtet. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 18.07.2011 das Verfahren gegen die Beklagte abgetrennt. Diese - abgetrennte - Klage ist Gegenstand des Verfahrens Az.: S 7 R 783/11 geworden. Auf Grund einer Änderung der Geschäftsverteilung beim Sozialgericht wurde das Verfahren dann unter dem Az.: S 12 R 783/11 fortgeführt.

Während des laufen Klageverfahrens hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 11.08.2011 gegen den Abrechnungsbescheid vom 03.07.2009 Widerspruch eingelegt. Mit Schriftsatz vom 22.09.2011 gegenüber dem Sozialgericht hat er ausgeführt, dass es sich bei der Mitteilung der Beklagten vom 03.07.2009 nicht um schlichtes Verwaltungshandeln, sondern um einen Verwaltungsakt handle. Der Widerspruch ist mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2011 als "verfristet" und damit unzulässig zurückgewiesen worden.

Mit Schriftsatz vom 14.10.2011 hat der Kläger seine Klage gegenüber der Beklagten dahingehend erweitert, dass zusätzlich auch die Aufhebung des Widerspruchbescheids vom 12.09.2011 beantragt wurde.

Die Klage gegen den Beigeladenen zu 2) hat das Sozialgericht Landshut mit Gerichtsbescheid vom 21.11.2011 Az.: S 10 SO 1/11 als unbegründet abgewiesen. Die vom Kläger hiergegen eingelegte Berufung hat das Bayerische Landessozialgericht durch Urteil vom 17.05.2013 (Az. L 8 SO 222/11) zurückgewiesen.

Mit weiterem Schreiben vom 03.07.2013 hat der Kläger die noch anhängige Klage vor dem Sozialgericht Az.: S 12 R 783/11 gegen die Beklagte dahingehend erweitert, als er nunmehr von der Beklagten - neben dem an den Beigeladenen zu 2) ausbezahlten Betrag auch den für den Beigeladenen zu 1) erstatteten Betrag geltend gemacht hat.

Mit Urteil vom 24.09.2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei als allgemeine Leistungsklage zulässig. Bei der Mitteilung der Abrechnung durch die Beklagte vom 03.07.2009 habe es sich nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt. Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens sei nicht notwendig gewesen. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil es nicht darauf ankommen würde, dass dem Kläger persönlich Leistungen nach dem BSHG, dem SGB XII oder dem SGB II zugeflossen seien. Entscheidend sei alleine, dass Leistungen gegenüber der Bedarfsgemeinschaft erbracht worden seien.

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Weder der Beigeladene zu 1) noch der Beigeladene zu 2) hätten einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Kläger geltend gemacht. Auch habe der Kläger von den Beigeladenen persönlich keine Leistungen erhalten. Schließlich würde der Kläger durch die nachträgliche Erstattung zwischen den beteiligten Behörden schlechter gestellt werden, als wenn er die Rente von Anfang an mit erhöhten Betrag ausbezahlt bekommen hätte.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24.09.2014 aufzuheben und die Beklagte - ggf. unter Aufhebung des Bescheides vom 03.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2011 - zu verurteilen, an den Kläger 16.072,39 EUR zu zuzahlen.

Die Beklagte sowie der Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen jeweils, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und Beigeladenen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung einer weiteren Rentennachzahlung aus dem Nachzahlungsbescheid der Beklagten vom 20.04.2009 in Höhe von 16.072,39 EUR. Die Abrechnungsmitteilung der Beklagten vom 03.07.2009 stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X - dar. Auf Grund nicht fristgerechter Widerspruchseinlegung ist dieser Abrechnungsbescheid bestandskräftig geworden und bindet die Beteiligten gem. § 77 Sozialgerichtsgesetz - SGG. Das Sozialgericht hat somit im Ergebnis die Klage zu Recht abgewiesen, da einem möglichen Auszahlungsanspruch des Klägers der bestandskräftige Abrechnungsbescheid vom 03.07.2009 entgegensteht.

I. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob die im Abrechnungsbescheid der Beklagten vom 03.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.09.2011 vorgenommene Einbehaltung von 16.072,09 EUR aus einer zunächst bewilligten Rentennachzahlung auf Grund geltend gemachter Erstattungsansprüche der Beigeladenen zu 1) und 2) rechtmäßig erfolgte bzw. ob der Kläger einen entsprechenden Nachzahlungsanspruch gegen- über der Beklagten hat. Der Übergang von der allgemeinen Leistungsklage im Verfahren vor dem Sozialgericht zur Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Berufungsverfahren stellt gem. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG keine Klageänderung dar (vgl. nur Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, 12. Aufl. 2017, § 99 Rn. 4). II. Der Kläger verfolgt im Berufungsverfahren sein Rechtsschutzbegehren zu Recht mit einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, da die Abrechnung der Rentennachzahlung im Bescheid der Beklagten vom 03.07.2009 eine Regelung beinhaltet und damit einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X darstellt.

Gemäß § 31 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung und andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Ob die Erklärung einer Behörde als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, richtet sich danach, wie der Empfänger diese Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles zu deuten hatte. Maßgeblich ist, ob eine solche verständige Würdigung zu dem Ergebnis führt, dass die Behörde mit der fraglichen Erklärung eine - endgültige - Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls, die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist, treffen wollte (BSG, Urteil vom 30.09.1996 - 10 RKg 20/95 -, juris).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend bei der Abrechnung der Rentennachzahlung erfüllt. Denn damit wird der Verbleib der zunächst gemäß Rentenänderungsbescheid vom 20.04.2009 "vorläufig" nicht ausgezahlten Nachzahlung geregelt. Aus der Sicht eines verständigen Em- pfängers ergab sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 03.07.2009 unmissverständlich, dass die Beklagte in Anwendung der Vorgaben des SGB VI und des SGB X dem Kläger persönlich einen Anspruch auf Auszahlung einer Nachzahlung alleine in Höhe von 3.030,57 EUR zusprechen wollte. Die ausdrückliche Erklärung der Beklagten in dieser Abrechnung vom 03.07.2009, wonach der in Höhe von 3.030,57 EUR ermittelte "Rentennachzahlungsbetrag auf Ihr Konto überwiesen" wird, brachte aus der Sicht eines verständigen Empfängers klar und deutlich zum Ausdruck, dass die Beklagte im Ergebnis die verbindliche Entscheidung treffen wollte, dass dieser Teilbetrag dem Versicherten persönlich zustand und auf Grund Eintritt der Erfüllungswirkung kein Anspruch auf einen höhere Leistung bestand. Gerade die Feststellung der Erfüllungswirkung gem. 107 SGB X verlangt die Abklärung und Feststellung der jeweiligen mitunter auch durchaus komplexen tatbestandlichen Voraussetzungen der maßgeblichen normativen Vorgaben.

Die Beklagte hat somit zur Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen den Auszahlungsanspruch des Klägers der Höhe nach konkretisiert und verbindlich festgestellt. Es handelte sich um eine hoheitliche Maßnahme, also eine einseitige behördliche Handlung, die nur dem Sozialleistungsträger, nicht aber ihren Adressaten, dem Sozialleistungsempfänger, in dieser Form ihrer Art nach zusteht (vgl. zu diesen Kriterien: BSG, Beschluss vom 31.08.2011 - GS 2/10 -, BSGE 109, 81). Im Ergebnis durfte im vorliegenden Verfahren ein verständiger Empfänger das Schreiben vom 03.07.2009 als verbindliche Feststellung (vgl. zu diesem Kriterium BSG, Urteil vom 11.03.2014 - B 11 AL 19/12 R -, SozR 4-4300 § 421g Nr. 5) eines Auszahlungsanspruchs in Höhe von 3.030,57 EUR verstehen. Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass die Beklagte selbst in dem Schreiben vom 03.07.2009 darauf hingewiesen hat, dass es sich um einen Bescheid handelt. Auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 22.09.2011 gegenüber dem Sozialgericht ausgeführt, dass es sich bei der Mitteilung der Beklagten vom 03.07.2009 nicht um schlichtes Verwaltungshandeln, sondern um einen Verwaltungsakt gehandelt hat.

Auch die Systematik des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch - SGB VI - spricht für die An- nahme eines Verwaltungsaktes. § 117 SGB VI verlangt ausdrücklich eine "Entscheidung", d.h. eine verbindliche Regelung, über die beantragten Leistungen. Dies bedeutet, dass (Aus-) Zahlungsansprüche (auch für vergangene Zeiträume) in Form eines Verwaltungsakts festzustellen sind. Die Rentenversicherungsträger müssen nach § 117 SGB VI i. V. m. § 37 Satz 1 SGB I über einen (jeden) Anspruch auf Leistung, der gegen sie durch einen Antrag erhoben wird, schriftlich entscheiden, also einen schriftlichen Verwaltungsakt erlassen (BSG, Urteil vom 18. 0.2005 - B 4 RA 21/05 R -, juris). Dieser gesetzlichen Verpflichtung entsprechend hat die Beklagte mit der Verwaltungsentscheidung vom 03.07.2009 verbindlich über den Auszahlungsanspruch des Klägers entschieden. Der Rentenänderungsbescheid vom 20.04.2009 enthielt hierzu keine Regelung sondern lediglich den Hinweis, dass vorläufig nicht ausgezahlt wird, da zunächst die Ansprüche anderer Stellen zu klären waren. Damit wurde erstmals mit Abrechnungsbescheid vom 03.07.2009 im Wege eines vollstreckungsfähigen Bescheids über den konkreten Auszahlungsanspruch des Klägers entschieden.

Schließlich spricht auch die Rechtsprechung des BSG zu vergleichbaren Fallgestaltungen für eine Verwaltungsaktqualität. Das BSG misst Mitteilungen der Rentenversicherungsträger, wonach etwa die Rente aus der deutschen Rentenversicherung nicht in der grundsätzlich festgestellten Höhe, sondern nur um eine ausländische Leistung gemindert zu zahlen ist (BSG, Urteil vom 11.05.2011 - B 5 R 8/10 R -, BSGE 108, 152-158, SozR 4-5050 § 31 Nr. 1, SozR 4-6050 Art. 44 Nr. 1), oder Mitteilungen über das Ausmaß einer sog. Abschmelzung eines Auffüllbetrags (BSG, Urteil vom 20.07.2005 - B 13 RJ 17/04 R -, SozR 4-2600 § 315a Nr. 2) einen Regelungsgehalt im Sinne des § 31 SGB X bei. Es ist nichts dafür ersichtlich, weshalb die Berechnung der genauen Höhe des dem Versicherten nach Anwendung des § 107 SGB X zustehenden Nachzahlungsbetrags keinen Regelungscharakter haben sollte. Auch ein rechts- wegübergreifender Blick bestätigt das vorliegende Ergebnis. So hat z.B. der BFH in der Kon- stellation des Erstattungsanspruchs des Sozialleistungsträgers beim Bezug von Leistungen nach dem SGB II durch den Kindergeldberechtigten dem Abrechnungsbescheid ebenfalls Verwaltungsaktqualität zugesprochen (vgl. BFH Urteil vom 22.11.2012 - III R 24/11; Beschluss vom 01.04.2014 - XI B 145/13).

III. Der Abrechnungsbescheid vom 03.07.2009 ist bestandskräftig, da der Kläger nicht fristgerecht Widerspruch gem. § 83 SGG eingelegt hat. Die Beklagte hat damit zu Recht mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2011 den Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen. Der bestandskräftige Abrechnungsbescheid bindet die Beteiligten gem. § 77 SGG. Für den Kläger war vorliegend für den am 03.07.2009 ohne Rechtsbehelfsbelehrung gefertigten Abrechnungsbescheid (§ 84 Abs. 1 Satz 1 SGG) gem. § 84 Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. § 66 Abs. 2 SGG die Jahresfrist für die fristgerechte Widerspruchseinlegung eröffnet. Vorliegend greift für den Fristbeginn zwar nicht die Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 SGB X, weil sich dem Verwaltungsakt ein Vermerk über die Aufgabe des Bescheids zur Post nicht entnehmen lässt (zur Erforderlichkeit eines solchen Vermerks vgl. Engelmann in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 37 Rn. 12a m.w.N.). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat den Abrechnungsbescheid von diesem aber spätestens im Juli 2010 erhalten. Dies steht zur vollen Überzeugung des Senats auch deshalb fest, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers sich mit Schreiben vom 05.07.2010 an die Beklagte und die Beigeladenen gewandt hat und unter Bezug auf den Abrechnungsbescheid vom 03.07.2009 Auskünfte verlangt hat. Nach dem unstreitigen Vortrag der Beteiligten hat der Kläger jedoch erst mit Schreiben vom 11.08.2011 Widerspruch eingelegt und damit offensichtlich außerhalb der spätestens am 06.07.2010 beginnenden und am 05.07.2011 endenden Jahresfrist gem. § 84 Abs. 2 S. 3 SGG i. V. m. § 66 Abs. 2 SGG. Das Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 05.07.2010 kann auch nicht als Widerspruch gem. §§ 133, 157 BGB ausgelegt werden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes setzt eine Auslegung voraus, dass ein Antrag unklar ist. Erst bei einem unklaren Antrag muss das Gericht und im Verwaltungsverfahren die Behörde klären, was gewollt ist, und darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (vgl. BSG, Urteil vom 23.02.2005 - B 6 KA 77/03; BSG, Urteil vom 24.02.2011 - B 14 AS 49/AS). Vorliegend hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers, ein Rechtsanwalt, eine Auskunft von den beteiligten Behörden verlangt, auf Grund welcher Rechtsgrundlage die Erstattungsansprüche geltend gemacht wurden. Bei der Vertretung durch einen Rechtskundigen besteht regelmäßig keine Veranlassung, dieses Vorbringen auszulegen. Vorliegend hat sich nicht einmal der Prozessbevollmächtigte selbst darauf berufen, dass das Schreiben vom 05.07.2010 als Widerspruch zu werten sei. Dagegen würde auch sprechen, dass er nach Auskunftserteilung Klagen gegen die Beigeladenen zu 1) und 2) erhoben, jedoch erst nach einem Hinweis des SG mit Schreiben vom 13.07.2011 auch gegenüber der Beklagten einen Auszahlungsanspruch geltend gemacht hat.

Eine Antrag auf Wiedereinsetzung nach den § 67 SGG ist nicht gestellt worden. Im Übrigen sind auch keine Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ersichtlich.

Der somit bestandskräftige Bescheid vom 03.07.2009 steht einem Rückforderungsanspruch des Klägers entgegen.

IV. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass gegen den Abrechnungsbescheid vom 03.07.2009 auch materiell-rechtlich keine schwerwiegenden Bedenken bestehen. Vorliegend liegen wirksame Erstattungsansprüche gem. § 104 SGB X der Beigeladenen zu 1) und 2) vor. Damit gilt nach § 107 SGB X der Anspruch des Berechtigten (hier: Kläger) gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger (Beklagten) als erfüllt.

Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben im Berufungsverfahren vor dem Senat mit Schriftsätzen vom 02.06.2017 und 14.06.2017 hinreichend dargelegt, wie sich der jeweilige Erstattungsbetrag im Einzelnen zusammensetzt. Bestehende Unsicherheiten wurden beseitigt. Die Erstattungsforderungen wurden vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2017 auch nicht mehr in Frage gestellt. Dem Kläger ist zwar zuzustimmen, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend nicht selbst Empfänger von "Grundsicherungsleistungen" war. Bei einer isolierten Anwendung des § 104 Absatz 1 Satz 1 SGB X käme ein Erstattungsanspruch mangels Personenidentität des Sozialhilfe- bzw. SGB II-Empfängers und des Rentenempfängers somit nicht in Betracht. Die Beigeladenen waren jedoch berechtigt, die an die frühere Ehefrau und an die im streitgegenständlichen Zeitraum minderjährigen Kinder geleistete Sozialhilfe bzw. SGB II-Leistungen als Erstattungsanspruch gegen die Beklagte geltend zu machen. Das für die §§ 102 ff. SGB X grundsätzlich geltende Prinzip der Personenidentität wird in der vorliegenden Konstellation auf Grund der § 104 SGB X ergänzenden Sondervorschriften § 140 BSHG (ab 1.1.2005 § 114 SGB XII)) und § 34a SGB II a. F. (ab 01.01.2011 § 34b SGB II) für Mitglieder einer Einsatz- und Bedarfsgemeinschaften durchbrochen.

Aus diesen Gründen ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24.09.2014 zurückzuweisen.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

VI. Gründe die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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