S 14 KR 246/15

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
SG Lübeck (SHS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 14 KR 246/15
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Berechnung der Beiträge der pflichtversicherten Rentner aus nebenberuflich selbständiger Tätigkeit (§ 237
SGB V) sind die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler mangels rechtlicher Grundlage nicht heranzuziehen
(entgegen Grunds. Hinweise zu den versicherungs-, beitrags- und melderechtlichen Regelungen für
Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen und gesetzliche Renten aus dem Ausland bei Versicherungspflichtigen
vom 29.09.16, B II 1.3.1).
Beitragsberechnung,
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 02.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2015 verurteilt, den vom Kläger zu zahlenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.03.2013 auf der Grundlage beitragspflichtiger Einnahmen gemäß Einkommensteuerbescheid 2010, für die Zeit vom 01.04.2013 bis 31.03.2014 auf der Grundlage beitragspflichtiger Einnahmen gemäß Einkommensteuerbescheid 2011 und für die Zeit ab 01.04.2014 auf der Grundlage beitragspflichtiger Einnahmen gemäß Einkommensteuerbescheid 2012 festzusetzen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine Beitragsnachforderung zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit von März 2012 bis August 2014 in Höhe von insgesamt EUR 1.327,94.

Der Kläger ist als Rentner bei der Beklagten krankenpflichtversichert und bei der Pflegekasse der Beklagten pflegeversichert. Er übte zusätzlich eine selbständige Tätigkeit mit schwankenden Einkünften aus. Die Beitragsberechnung der Beklagten erfolgte ursprünglich nach dem Einkommensteuerbescheid 2009. Zusätzliche Beiträge aus der selbständigen Tätigkeit ergaben sich aufgrund des geringfügigen Einkommens damals nicht. Bei der Einkommensabfrage der Beklagten für das Jahr 2013 teilte der Kläger mit, dass ihm die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2013 noch nicht vorlägen. Auf die Einkommensabfrage der Beklagten im Jahr 2014 übersandte der Kläger am 31.07.2014 den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010, eingegangen bei seinem Steuerberater am 04.02.2012. Daraus ergab sich ein Einkommen des Klägers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von insgesamt EUR 14.189. Auf Nachfrage der Beklagten übersandte der Kläger auch den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2011 mit einem Jahreseinkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von EUR 11.559 und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 mit einem Jahreseinkommen in Höhe von EUR 2.344. Der Einkommensteuerbescheid 2011 war ausgestellt am 19.03.2013 und der Einkommensteuerbescheid 2012 am 31.03.2014.

Mit Bescheid vom 02.10.2014 berechnete die Beklagte die Beiträge des Klägers aus selbständiger Tätigkeit anhand des Einkommensteuerbescheides 2010 neu. Sie berechnete die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung rückwirkend ab 01.03.2012, da sie den Einkommensteuerbescheid 2010 vom Kläger verspätet erhalten habe. Die Beiträge setzte sie für die Zeit ab 01.03.2012 fest auf monatlich insgesamt EUR 206,34 und für die Zeit ab 01.10.2014 auf insgesamt monatlich EUR 34,26. Die Nachforderung berechnete sie mit insgesamt EUR 6.213,80. Der Bescheid erging auch im Namen der Pflegekasse.

Dagegen erhob der Kläger am 24.10.2014 Widerspruch. Die von der Beklagten angewandten Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler würden in seinem Fall nicht gelten. Denn er sei kein freiwilliges Mitglied, sondern pflichtversicherter Rentner. Die Grundsätze über die verspätete Vorlage von Einkommensnachweisen seien daher nicht anzuwenden. Im Übrigen sei er im Beitragsbescheid aus dem Jahr 2010 lediglich darauf hingewiesen worden, dass er eine Änderung seines Einkommens mitteilen solle. Eine Belehrung über die Folgen sei nicht erfolgt.

Mit aufklärendem Schreiben vom 04.11.2014 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass Beitragseinnahmen grundsätzlich nicht erst nachträglich festgesetzt werden dürften. Das BSG habe bestätigt, dass das zugrundeliegende Einkommen aus dem Einkommensteuerbescheid zu entnehmen sei. Da das Gesetz insoweit keine Regelung vorsehe, seien auch im Falle des Klägers die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler heranzuziehen. Der Kläger wandte daraufhin ein, dass eine Grundlage für die Anwendung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nicht ersichtlich sei. Wenn diese Grundsätze gleichwohl heranzuziehen seien, dann habe auch eine Verpflichtung der Beklagten bestanden, einmal jährlich von ihm Einkommensnachweise anzufordern. Im Übrigen sei er bereit, Beiträge nach seinem tatsächlich erzielten Einkommen zu zahlen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2015 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der ursprüngliche Beitragsbescheid sei aufzuheben gewesen aufgrund einer Änderung der Verhältnisse gem. § 48 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X). Eine Einkommensanfrage sei von Seiten der Beklagten jährlich erfolgt. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht.

Dagegen hat der Kläger am 29.05.2015 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2015 zu verurteilen, den vom Kläger zu zahlenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.03.2013 auf der Grundlage beitragspflichtiger Einnahmen gem. Einkommensteuerbescheid 2010, für die Zeit vom 01.04.2013 bis 31.03.2014 auf der Grundlage beitragspflichtiger Einnahmen gem. Einkommensteuerbescheid 2011 und für die Zeit ab 01.04.2014 auf der Grundlage beitragspflichtiger Einnahmen gem. Einkommensteuerbescheid 2012 festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen und zusammen mit der Prozessakte zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 02.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2015 ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten. Zu Unrecht hat die Beklagte die Beiträge ab 01.03.2012 in der von ihr angenommenen Höhe festgesetzt und eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt EUR 6.213,80 errechnet. Festzusetzen waren Beiträge für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.12.2012 in Höhe von monatlich EUR 206,34, vom 01.01.2013 bis 31.03.2013 in Höhe von monatlich EUR 207,52, vom 01.04.2013 bis 31.03.2014 in Höhe von monatlich EUR 169,05 und für die Zeit vom 01.04.2014 bis 31.08.2014 in Höhe von EUR 34,26, sodass sich lediglich eine Nachforderung in Höhe von insgesamt EUR 4.885,86 ergibt.

Die Voraussetzungen für die Aufhebung des ursprünglichen Beitragsbescheides sind nur in diesem Umfang gegeben. Gemäß § 48 Abs. 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2). Diese Voraussetzungen liegen vor. Unstreitig ist hinsichtlich des Beitragsbescheides aus dem Jahr 2010 – einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung – eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen erfolgt. Denn ab 01.03.2012 war aufgrund des Einkommensteuerbescheides des Klägers für das Jahr 2010, eingegangen beim Steuerberater am 04.02.2012, ein höheres Einkommen des Klägers aus selbständiger Tätigkeit bekannt.

Für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.03.2013 waren beitragspflichtige Einnahmen auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheides 2010, für die Zeit vom 01.04.2013 bis 31.03.2014 gem. Einkommensteuerbescheid 2011 und für die Zeit ab 01.04.2014 gem. Einkommensteuerbescheid 2012 zugrunde zu legen. Bei versicherungspflichtigen Rentnern werden der Beitragsbemessung gem. § 237 Abs. 1 SGB V u. a. der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung und das Arbeitseinkommen zugrunde gelegt. Erreicht der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die Beitragsbemessungsgrenze, dann werden gem. § 238 SGB V nacheinander der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge und das Arbeitseinkommen des Mitglieds bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Arbeitseinkommen ist nach § 15 Abs. 1 SGB IV der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit (Satz 1). Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist (Satz 2). Daraus ergibt sich, wie die Beklagte zu Recht anführt, der allgemeine Grundsatz, dass zur Einkommensermittlung der Einkommensteuerbescheid maßgeblich heranzuziehen ist (vgl. BT-Drs 12/5700, Seite 92; BSG 28.05.2015 – B 12 KR 12/13 R, SozR 4-2500 § 240 Nr. 26). In diesem Sinne hat das Gericht berücksichtigt, dass jeweils nach Vorliegen der entsprechenden Einkommensteuerbescheide das sich daraus ergebende Einkommen ab dem Folgemonat der Bekanntgabe des Bescheides prognostisch zugrunde zu legen ist. Das sich aus dem Einkommensteuerbescheid 2010 ergebende Einkommen aus selbständiger Tätigkeit ist deshalb für die Zeit ab 01.03.2012 bis 31.03.2013 zu berücksichtigen, dass sich aus dem Einkommensteuerbescheid 2011, der vom 19.03.2013 datiert, ergebende Einkommen ist ab 01.04.2013 zugrunde zu legen und schließlich das mit Einkommensteuerbescheid 2011 vom 31.03.2014 bekannt gewordene Einkommen ab 01.04.2014. Für die zeitliche Anrechnung, wie sie die Beklagte vorgenommen hat, gibt es dagegen keine rechtliche Grundlage. Die Anwendung der von der Beklagten herangezogenen Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler kommt nach Auffassung des Gerichts nicht in Betracht. Die gesetzliche Ermächtigung für die Regelung dieser Grundsätze durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen ergibt sich aus § 240 SGB V und bezieht sich damit ausschließlich auf die Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder. Dementsprechend regelt § 1 Abs. 1 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, dass sich der Anwendungsbereich nur erstreckt auf freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung nach Maßgabe des § 240 SGB V und für andere Mitglieder, für die § 240 SGB V für entsprechend anwendbar erklärt wird. Beides trifft auf den Kläger nicht zu. Denn dieser ist als Rentner in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert. Die Vorschrift § 240 SGB V ist auf diese Personengruppe auch nicht entsprechend anwendbar. Auch handelt es sich bei dem Kläger nicht um einen hauptberuflich, sondern um einen nebenberuflich Selbständigen. Insoweit ist auch keine Regelungslücke erkennbar. Der Gesetzgeber hat die Vorschrift des § 237 SGB V erst kürzlich, nämlich zum 01.01.2017, geändert. Einen Verweis auf die Vorschrift § 240 SGB V hat er jedoch gleichwohl nicht aufgenommen.

Da die Regelungen der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler daher für den Kläger nicht in Betracht kommen, ist nach allgemeinen Vorschriften zu verfahren. Zu Recht hat die Beklagte insofern angegeben, dass die Beiträge grundsätzlich zeitbezogen zu bemessen sind. Wie bereits festgestellt, ist daher eine Schätzung zukunftsbezogen auf Grundlage der steuerlichen Feststellungen entsprechend dem letzten Einkommensteuerbescheid vorzunehmen. Die Krankenkassen können insoweit die Finanzämter um Amtshilfe bzw. um Auskunft bitten (§ 31 Abgabenordnung; Gerlach in Hauck/Noftz K § 226 SGB IV, Rn. 42). Dies gilt zumindest für jene Bezieher von Arbeitseinkommen, die ihre selbständige Erwerbstätigkeit wie der Kläger nicht hauptberuflich ausüben (vgl. Gerlach, a. a. O.). Der hiernach ermittelte Beitrag ist bis zu einer neuen, nur für die Zukunft wirkenden Beitragsfestsetzung aufgrund späterer Unterlagen, rechtmäßig (Gerlach, a. a. O. m. w. N.). Eine erneute Änderung der Beitragshöhe kommt dann erst wieder bei Vorlage eines neuen Einkommensteuerbescheides in Betracht. Auf die Frage, wann der Einkommensteuerbescheid jeweils bei der Beklagten vorgelegt wurde, kommt es hier mangels entsprechender Regelung nicht an.

Damit liegt eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange vor.

Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht berufen, da die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vorliegen. Der Kläger verletzte seine Mitteilungspflicht grob fahrlässig. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt im besonders schwerem Maße außer Acht gelassen wird (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 2. Hs. SGB X). Nach § 205 Nr. 3 SGB V haben Versicherungspflichtige, die eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, ihrer Krankenkasse unverzüglich Beginn, Höhe und Veränderungen des Arbeitseinkommens zu melden. Die Verletzung dieser Meldepflicht stellt nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 b) SGB V eine Ordnungswidrigkeit dar. Unstreitig war der Kläger im Beitragsbescheid aus dem Jahr 2010 auf seine Meldepflicht hingewiesen worden. Gleichwohl übersandte die Beklagte ihm jährliche Einkommensanfragen. Wahrheitswidrig hatte der Kläger auf die Anfrage der Beklagten aus dem Jahr 2013 angegeben, die Steuerbescheide 2010 bis 2013 lägen ihm noch nicht vor. Denn der Einkommensteuerbescheid 2010 war bereits am 04.02.2012 bei seinem Steuerberater eingegangen. Mit diesem Verhalten und auch mit der Verletzung seiner Meldepflicht hat der Kläger die Sorgfaltspflicht in besonders schwerem Maße verletzt. Soweit er sich darauf beruft, seine Ehefrau sei aus Krankheitsgründen den Anfragen der Beklagten nicht ordnungsgemäß nachgekommen, führt dies nicht zu einer Entlastung. Denn der Kläger, der eine verantwortliche selbständige Tätigkeit ausführte, war in der Lage, die Anfragen der Beklagten selbst zu beantworten. Diese Aufgabe seiner kranken Ehefrau zu übertragen, war grob fahrlässig.

Die Fristen für die Aufhebung des Beitragsbescheides aus dem Jahr 2010 wurden von der Beklagten beachtet. Die Aufhebung mit Bescheid vom 02.10.2014 erfolgte innerhalb von 10 Jahren nach Bekanntgabe des Beitragsbescheides aus dem Jahr 2010 (§ 48 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X) und innerhalb eines Jahres nach Kenntnis der Tatsachen, welche die Aufhebung des Bescheides für die Vergangenheit rechtfertigen (§ 48 Abs. 4 i. V. m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Die Beklagte erhielt von diesen Tatsachen erstmals Kenntnis durch die Übersendung des Einkommensteuerbescheides 2010 am 31.07.2014.

Damit soll der Verwaltungsakt in aller Regel rückwirkend vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Nur in atypischen Fällen ist eine Ermessensentscheidung vorzunehmen. Ein solcher atypischer Fall liegt hier nicht vor. Atypische Lagen in diesem Sinne liegen vor, wenn die Umstände des Einzelfalles im Hinblick auf die mit der rückwirkenden Aufhebung verbundenen Nachteile von den Normalfällen der Tatbestände des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 SGB V so signifikant abweichen, dass der Leistungsempfänger in besondere Bedrängnis gerät (Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 48 Rn. 21, m. w. N.). Das ist vorliegend nicht der Fall. Weder aus der Sphäre des Klägers noch aus der Spähre der Beklagten ergeben sich solche Umstände. Ein mitwirkendes Fehlverhalten auf Seiten der Beklagten ist nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Rechtskraft
Aus
Saved