Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 3543/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 389/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Dezember 2015 aufgehoben und der Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2015 verurteilt, der Klägerin für die Monate Juni und Juli 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in Höhe von 574,75 Euro monatlich zu gewähren.
Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin im Zeitraum vom 01.06.2015 bis 31.07.2015 einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat.
Die 1974 geborene Klägerin lebt nach ihren eigenen Angaben seit dem 08.03.2014 (vgl. Melde-bescheinigung der Stadt P. vom 14.03.2014) in der Wohnung ihrer Eltern in P., die beide eine Altersrente beziehen. Die Mutter der Klägerin bezog im Juni 2015 eine Rente (netto) in Höhe von 856,49 Euro und im Juli 2015 in Höhe von 874,46 Euro (vgl. Mitteilung der Rentenversicherung Bund zur Rentenanpassung zum 01.07.2015). Die ausbezahlte Altersrente des Vaters betrug im Juni 2015 1.033,65 Euro und im Juli 2015 1.055,33 Euro (vgl. Mitteilung der Rentenversicherung Bund zur Rentenanpassung zum 01.07.2015). Außerdem lebte in dieser Wohnung die Schwester der Klägerin, die unheilbar an Krebs erkrankt war und am 18.03.2016 verstorben ist. Die Schwester der Klägerin bezog Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Mit Schreiben vom 30.06.2016 verzichtete die Klägerin ab diesem Zeitpunkt auf weitere Leistungen nach dem SGB II. Die Kosten für die Wohnung, in der die Eltern der Klägerin seit vielen Jahren wohnen, beliefen sich ausweislich der vorgelegten Mietaufstellung des Vermieters im Juni und Juli 2015 auf insgesamt 703,00 Euro pro Monat (Kaltmiete 450,00 Euro, Heizkostenvorauszahlung 158,00 Euro sowie Betriebskostenvorauszahlung 95,00 Euro).
Auf den Antrag der Klägerin vom 24.06.2014 gewährte der Beklagte dieser erstmals ab 01.06.2014 bis 30.11.2014 Leistungen nach dem SGB II in Höhe des Regelbedarfs (Bescheid vom 18.08.2014).
Mit Schreiben vom 07.10.2014 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erneut ein Leistungsantrag gestellt werden müsse, sofern die Klägerin weiterhin Leistungen begehre. Dem Schreiben war ein Antragsformular beigefügt.
Auf den dann gestellten Weiterbewilligungsantrag vom 20.10.2014 gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 20.10.2014 für die Zeit vom 01.12.2014 bis 31.05.2015 erneut Leistungen nach dem SGB II in Höhe des Regelbedarfs. Im Bescheid wurde darauf hingewiesen, dass rechtzeitig vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes im Falle der weiteren Hilfebedürftigkeit ein neuer Antrag zu stellen sei. Mit Bescheid vom 05.11.2014 wurden der Klägerin auf deren Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.08.2014 hin für die Zeit vom 01.06.2014 bis 31.05.2015 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung des maßgeblichen Regelsatzes sowie nun auch der anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung (1/4 der Gesamtmiete) neu bewilligt. In diesem Bescheid erfolgte kein erneuter Hinweis auf die Notwendigkeit der Antragstellung für den Folgezeitraum.
Nachdem die Klägerin mehreren Meldeaufforderungen nicht gefolgt war und ein vom Beklagten veranlasster Hausbesuch nicht zustande kam, lud der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 22.12.2014 erneut zum persönlichen Gespräch ein. Nachdem die Klägerin auch zu diesem Termin am 02.01.2015 nicht erschienen war, entzog der Beklagte mit Bescheid 02.01.2015 daraufhin die Leistungen ab dem 01.01.2015. Falls die Klägerin die Mitwirkung nachhole, werde man prüfen, ob die Leistungen nachgezahlt werden könnten. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2015 als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin erhob hiergegen Klage beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe (- S 12 AS 1750/15 -, Berufung war beim erkennenden Senat anhängig - L 9 AS 4980/15 -).
Am 17.08.2015 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Fortzahlung der Leistungen ab dem 01.06.2015. Bereits am 10.08.2015 hatte sie beim SG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, den das SG als unzulässig abgelehnt hatte, weil die Klägerin es versäumt habe, einen neuen Leistungsantrag beim Beklagten zu stellen (Beschluss vom 11.08.2015 - S 12 AS 2517/15 ER -). Die hiergegen zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhobene Beschwerde war insoweit erfolgreich, als der Beklagte verpflichtet wurde, der Klägerin für die Zeit vom 10.08.2015 bis 30.11.2015 vorläufig Leistungen in Höhe von 80 % des Regelbedarfs zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung (175,75 Euro bzw. 186,00 Euro) zu gewähren (Beschluss vom 07.10.2015 - L 3 AS 3899/15 ER-B -). Mit Bescheid vom 09.09.2015 versagte der Beklagte die Leistungsgewährung ab dem 01.08.2015, da die Klägerin nicht persönlich bei ihrem Leistungssachbearbeiter vorgesprochen habe. Mit Bescheid vom 25.11.2015 lehnte der Beklagte den Antrag vom 17.08.2015 für die Zeit ab dem 01.08.2015 endgültig ab, da der Nachweis, dass die Klägern sich im Zuständigkeitsbereich des Beklagten aufhalte, nicht erbracht sei. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde zurückgewiesen und die Klägerin erhob Klage beim SG Karlsruhe (- S 13 AS 615/16 -). Nachdem die Klägerin in diesem Verfahren eine vom SG vorformulierte und von ihr am 03.07.2016 unterzeichnete eidesstattliche Versicherung dahingehend, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung ihrer Eltern habe, und verschiedene Bescheinigungen der behandelnden Ärzte, der Schwester und von Pflegediensten, die allesamt einen Aufenthalt der Klägerin in der Wohnung der Eltern zur Pflege der Schwester bescheinigt haben, vorgelegt hatte, gab das SG der Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.10.2016 vollumfänglich statt und verurteilte den Beklagten zur Leistungsgewährung dem Grunde nach. Die von der Klägerin hiergegen erhobene Berufung nahm diese am 30.08.2017 zurück (- L 9 AS 4449/16 -).
Den Antrag auf Leistungen für die Zeit vom 01.06.2015 bis 31.07.2015 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 01.09.2015 mit der Begründung, der Weitergewährungsantrag sei erst am 17.08.2015 eingegangen, ab. Da dieser nach § 37 SGB II konstitutive Wirkung habe, komme eine Leistungsgewährung für die Monate Juni und Juli 2015 nicht in Betracht. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2015 als unbegründet zurück.
Am 02.11.2015 hat die Klägerin hiergegen Klage zum SG erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass der Beklagte seiner Beratungspflicht nicht nachgekommen sei. Ihr seien daher im Wege des Herstellungsanspruches Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.12.2015 abgewiesen. Der für die Leistungsgewährung erforderliche Folgeantrag sei erst am 17.08.2015 beim Beklagten bzw. am 10.08.2015 im Rahmen des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz eingegangen. Ein Anspruch könne daher frühestens ab dem 01.08.2015 bestehen, da nach § 37 SGB II Leistungen erst ab Antragstellung erbracht würden. Der Antrag wirke auf den Monatsersten zurück. Der Beklagte sei auch seiner Beratungspflicht ausreichend nachgekommen. Es sei zwar richtig, dass er die Klägerin nach Ablauf des Bewilligungsabschnittes nicht ausdrücklich auf die Notwendigkeit der Antragstellung hingewiesen habe. Ein solcher Hinweis sei aber im Bescheid vom 20.10.2014 enthalten gewesen, so dass die Klägerin Kenntnis vom Antragserfordernis gehabt habe und diesen Weiterbewilligungsantrag auch am Ende des vorherigen Bewilligungsabschnitts gestellt habe.
Gegen den ihr am 29.12.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 28.01.2016 Berufung eingelegt. Sie begehrt die Auszahlung der Leistungen für die Monate Juni und Juli 2015, da der Beklagte seine Beratungspflicht verletzt habe und ihr daher im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs Leistungen zu gewähren seien.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Dezember 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 1. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Juni 2015 bis 31. Juli 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die angefochtenen Entscheidungen.
Die damalige Berichterstatterin hat mit den Beteiligten am 21.04.2016 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt. Hier hat der Beklagtenvertreter angegeben, dass man von einer Übersendung eines Folgeantrages am Ende des Bewilligungsabschnittes abgesehen habe, nachdem die Entziehung der Leistungen erfolgt sei. Es sei nicht abzusehen gewesen, ob überhaupt ein Folgeantrag gestellt werde. Der Klägervertreter hat angegeben, für ihn sei nicht erkennbar gewesen, dass noch ein Folgeantrag notwendig sei. Er sei davon ausgegangen, dass der Antrag, nachdem das Verfahren der Entziehung noch gelaufen sei, fortdauere.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Gerichtsakten bei-der Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß erhobene Berufung der Klägerin ist auch ansonsten zulässig; Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 01.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat auch in den Monaten Juni und Juli 2015 einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung des Regelbedarfs und Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 175,75 Euro.
Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II bzw. der §§ 7 Abs. 2 i.V.m. 19 Satz 1 SGB II. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig sind (Nr. 3) sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Nach § 37 Abs. 1 SGB II werden Leistungen nach dem SGB II jedoch nur auf Antrag und zudem grundsätzlich nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Allerdings wirkt der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf den Ersten des Monats zurück (§ 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II).
Es ist zwischenzeitlich durch das Bundessozialgericht (BSG) geklärt, dass - anders als früher im Recht der Arbeitslosenhilfe - dies auch für die Weitergewährung der Leistungen nach Beendigung des Bewilligungszeitraums gilt und daher gemäß § 37 Abs. 1 SGB II ein Fortzahlungsantrag erforderlich ist (BSG, Urteile vom 18.01.2011 - B 4 AS 29/10 R - Juris, Rdn. 11 ff. und - B 4 AS 99/10 R -, Juris, Rdn. 15 ff.). Der ursprüngliche Antrag ist durch die befristete Leistungsbewilligung verbraucht, so dass ein neues Verfahren durch eine eigenverantwortliche Erklärung der Hilfebedürftigen über die aktuellen persönlichen Verhältnisse eingeleitet werden muss (vgl. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R -, Juris, Rdn. 15 ff.).
Die Klägerin hat den Antrag auf Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II unstreitig erst nach Ende des bis 31.05.2015 dauernden Bewilligungszeitraumes am 17.08.2015 beim Beklagten (bzw. am 10.08.2015 beim SG im Rahmen des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz) gestellt, so dass eine Leistungsgewährung grds. erst ab dem 01.08.2015 in Betracht käme. Ungeachtet der Frage, ob die Voraussetzungen vorlägen, kommt dabei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht in Betracht. Die Vorschriften sind auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar, da es sich nach überwiegender Ansicht bei § 37 SGB II nicht um eine gesetzliche Frist handelt, denn § 37 SGB II setzt keine Frist fest, sondern regelt lediglich das Verhältnis zwischen Leistungsbeginn und Antragstellung. Die Antragstellung selbst ist nicht an eine Frist gebunden und der Ausschluss der Leistungsgewährung vor dem Tag der Antragstellung stellt keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist dar (BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R -, Juris, Rdn. 23, Coseriu/Holzhey in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 53. UPD 06/2017, § 37 Rdn. 35).
Der Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II für die Monate Juni und Juli 2015 folgt aber aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch wegen einer Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflichten aus §§ 14, 15 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) durch den Beklagten.
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat (vgl. BSG, Urteil vom 18.01.2011, - B 4 AS 29/10 R -, Juris, Rdn. 12). Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Der Beklagte hat pflichtwidrig seine Pflicht, die Klägerin rechtzeitig vor Ablauf des Bewilligungszeitraums zum 31.05.2015 auf die Notwendigkeit eines Folgeantrages für den weiteren Leistungsbezug hinzuweisen, verletzt. Ein solcher Hinweis hätte zeitnah vor Ablauf des Bewilligungszeitraums bis zum 31.05.2015 erteilt werden müssen.
Das BSG hat im Urteil vom 18.01.2011 (- B 4 AS 29/10 R -) eindeutig die Verpflichtung des SGB II-Trägers, die Leistungsbezieher über die Erforderlichkeit eines Folgeantrages im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des letzten Bewilligungszeitraums hinzuweisen, hervorgehoben. Die Beratungspflicht des Leistungsträgers erschöpft sich hierbei gerade nicht mit einem nicht zeitnahen Hinweis, bei Fortbestehen der Hilfebedürftigkeit rechtzeitig einen Antrag auf Weiterzahlung zu stellen. Vielmehr folgt aus dem Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Grundsicherungsträger und dem Hilfebedürftigen die Verpflichtung, wie diese in den fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit unter Ziffer 37.11a ihren Niederschlag gefunden hat. Danach ist den Leistungsbeziehern vier Wochen vor Ablauf des Bewilligungsabschnitts ein neuer Antrag zu übersenden und dabei darauf hinzuweisen, dass noch vor dem Ende des letzten Bewilligungszeitraums die Leistungsfortzahlung zu beantragen ist (BSG, a.a.O. Rdn. 13; so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.02.2015 - L 7 AS 187/14 -, Juris, Rdn. 18 ff.). Dies gilt nur dann nicht, wenn das Antragserfordernis für den Leistungsempfänger offensichtlich sein muss.
Der Senat stellt insoweit zunächst fest, dass der Beklagte die Klägerin hier nicht zum Ende des Bewilligungszeitraumes auf die Notwendigkeit eines Folgeantrages hingewiesen und ihr auch keine Antragsunterlagen vor Ende des ursprünglichen Bewilligungszeitraumes übersandt hat, wie er es noch im Zeitraum davor getan hatte.
Weder die Umstände des konkreten Einzelfalls rechtfertigen hier ein Absehen von der Beratungspflicht noch war das Antragserfordernis "offensichtlich", wobei der Senat davon ausgeht, dass hier mehr als nur die bloße Kenntnis von einem grundsätzlich bestehenden Antragserfordernis gemeint sein kann.
Der Pflicht, den Hinweis auf den Folgeantrag im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des Bewilligungszeitraums zu erteilen, kam der Beklagte nicht dadurch nach, dass er bereits mit dem früheren, bereits mehrere Monate zurückliegenden Bewilligungsbescheid vom 20.10.2014 mitteilte, nach Ablauf des Leistungszeitraums werde ein Neuantrag notwendig. Denn es entspricht der Konzeption des SGB II mit dem Gedanken des Förderns und Forderns sowie dem Existenzsicherungsanspruch aus Artikel 1 Abs. 1 i.V.m. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG), dass der Grundsicherungsträger die Leistungsempfänger von sich aus effektiv beraten muss, so dass diese ihre Rechte rechtzeitig in Anspruch nehmen können. Zweck einer zeitnahen Beratung ist es vor dem Hintergrund des Existenzsicherungszwecks des SGB II, darauf hinzuwirken, dass der Hilfebedürftige seine Grundsicherung geltend machen kann. Dazu soll er zu einem Zeitpunkt auf die Notwendigkeit eines Folgeantrages hingewiesen werden, zu dem er tatsächlich auch den Folgeantrag stellen kann (LSG Niedersachsen- Bremen, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Einlassungen des Beklagten nicht nachvollziehbar, dass auf eine erneute Unterrichtung der Klägerin verzichtet worden sei, weil man aufgrund der nachträglich erfolgten Entziehung der Leistungen für die Zeit ab Januar 2015 nicht eindeutig davon habe ausgehen können, dass die Klägerin weiterhin Leistungen begehre (so die Angaben im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vor der Berichterstatterin).
Dabei ist zwar richtig, dass die Klägerin seit 01.01.2015 deshalb keine Leistungen mehr vom Beklagten bezogen hat, weil der Beklagte die bereits bewilligten Leistungen mit der Begründung wieder entzogen hatte, die Klägerin habe bei der Prüfung der Leistungsvoraussetzungen nicht mitgewirkt. Gegen diese Entziehung hat die Klägerin aber die ihr möglichen Rechtsmittel eingelegt und damit deutlich zu verstehen gegeben, weiterhin bedürftig und auf die Leistungen angewiesen zu sein. Gerade unter Berücksichtigung eines solchen Sachverhaltes musste der Beklagte erneut darauf hinweisen, dass auch dann, wenn sich die Entziehung als rechtswidrig herausstellen sollte oder eine Entscheidung nach § 67 SGB I ergehen sollte, ohne erneute Antragstellung für den Zeitraum über den 31.05.2017 hinaus kein Leistungsanspruch besteht. Dementsprechend musste der Klägerin die Notwendigkeit einer erneuten Antragstellung nach einer Entziehung von Leistungen nicht "offensichtlich" sein, denn aus ihrer Sicht wandte sie sich ja bereits gegen diese mit der Begründung, alles erforderliche getan zu haben. Ein entsprechender Hinweis war zudem auch dem Entziehungsbescheid vom 02.01.2015 nicht beigefügt.
Diese Pflichtverletzung des Beklagten war auch kausal dafür, dass der Klägerin ein sozialrechtlicher Nachteil entstanden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht rechtzeitig vor dem Ende des Bewilligungszeitraums den Folgeantrag gestellt hätte, wenn sie auf die Notwendigkeit des Folgeantrags hingewiesen worden wäre, sind nicht erkennbar. Vielmehr hat die Klägerin im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 21.04.2016 deutlich gemacht, dass für sie als juristischer Laie gerade nicht erkennbar gewesen ist, dass sie einen neuen Antrag stellen muss, obwohl über die für den vorherigen Zeitraum erfolgte Leistungsentziehung noch nicht abschließend entschieden worden war.
Der Klägerin, die die Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 SGB II erfüllt, sind daher auch für die Monate Juni und Juli 2015 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Insbesondere hat der Senat entgegen der Auffassung des Beklagten auch keinerlei Zweifel daran, dass die Klägerin - deren tatsächliche Existenz der Beklagte wohl inzwischen auch nicht mehr bestreitet - auch im streitgegenständlichen Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung ihrer Eltern hatte. Dies ergibt sich insbesondere aus der von der Klägerin im Verfahren vor dem SG Karlsruhe (- S 13 AS 615/16 -) vorgelegten eidesstattlichen Versicherung dahingehend, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung ihrer Eltern habe, und den Bescheinigungen der Ärzte, ihrer Schwester und der Pflegedienste. So hat die Pflegedienstleitung der "Ambulanten Pflege Schauinsland" mit der Bescheinigung vom 04.07.2016 bestätigt, dass die Klägerin in den vergangenen zwei Jahren bei den vierteljährlich stattfindenden Beratungsgesprächen (Hausbesuch) anwesend gewesen ist und die Pflege der Schwester übernommen hat. Der Facharzt für Innere Medizin Fuhrmann hat in einem Attest erklärt, dass die Klägerin bei jedem, auch unangekündigten Arztbesuch anwesend gewesen ist und die Pflege der Schwester rund um die Uhr gewährleistet hat. Weiter hat die Klägerin eine Bescheinigung der Caritas Sozialstation vom 04.07.2016 vorgelegt, in dem diese bestätigte, dass die Klägerin beim bis 31.07.2015 verordneten und am 24.02.2015, 17.03.2015, 07.04.2015, 13.04.2015, 28.04.2015, 11.05.2015 und 04.06.2015 tatsächlich erfolgten Wechsel des Blasenkatheters bei ihrer Schwester jeweils anwesend gewesen ist. Weiter haben die Ärzte Dr. E. und Dr. S. am 12.07.2016 bescheinigt, dass sie die Schwester bis zum 15.08.2014 palliativmedizinisch betreut haben und die Klägerin diese rund um die Uhr gepflegt hat. Weiter befindet sich in der Akte des SG eine von der Klägerin vorgelegte Kopie eines bis 2026 gültigen Personalausweises, der als Meldeadresse die Adresse der Eltern ausweist und die Meldebescheinigung der Stadt P. vom 08.03.2014. Unter Berücksichtigung all dessen ist das SG sodann zu Recht im Gerichtsbescheid vom 21.06.2016 zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin seit der Entlassung der Schwester aus dem Krankenhaus im Frühjahr 2014 durchgehend bis zu deren Tod zur Pflege, die rund um die Uhr erfolgte, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung der Eltern und damit im Zuständigkeitsbereich des Beklagten hatte. Dieser Beweiswürdigung schließt sich der Senat in vollem Umfang an.
Bei der Berechnung der Leistungen ist zunächst der Regelbedarf für Alleinstehende in Höhe von 399,00 Euro monatlich zu berücksichtigen. Darüber hinaus hat die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 175,75 Euro.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der im streitgegenständlichen Streitraum gültigen Fassung werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen er-bracht, soweit diese angemessen sind.
Der Bedarf der Klägerin für die geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung ergibt sich vorliegend nicht daraus, dass sie mit ihren Eltern einen Mietvertrag über die geltend gemachten Kosten von einem Viertel der Gesamtmiete (= 175,75 Euro) geschlossen hätte und damit einem wirksamen Mietzinsverlangen ausgesetzt wäre. Ein solcher Mietvertrag liegt nach Überzeugung des Senates nicht vor. Ein schriftlicher Mietvertrag wurde nicht abgeschlossen. Die Klägerin hat dies zunächst auch nicht vorgetragen, sondern erklärt, dass man eine "Wohngemeinschaft aus drei Bedarfsgemeinschaften" bilde und "jede BG anteilige Unterkunftskosten zu leisten" habe (vgl. Widerspruchsschreiben vom 01.09.2014). Erst auf Nachfrage des Beklagten hat sie vorgetragen, dass man eine mündliche Vereinbarung hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung getroffen habe.
Der anzuerkennende Bedarf für Unterkunft und Heizung der Klägerin folgt vielmehr aus folgenden Überlegungen: Die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind nach gefestigter Rechtsprechung des BSG, der auch die Literatur gefolgt ist, im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen nutzen (vgl. BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R -, BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 3, Rdn. 28 f; BSG vom 18.06.2008 - B 14/11b AS 61/06 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 12; BSG vom 27.01.2009 - B 14/7b AS 8/07 R -, SozR 4-4200 § 21 Nr. 4 Rdn. 19; BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 63; Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 22 Rdn. 55; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 10/2012, § 22 Rn. 50 f.). Hintergrund für dieses auf das Bundesverwaltungsgericht ((BVerwG) vom 21.1.1988 - 5 C 68/85 - BVerwGE 79, 17) zurückgehende "Kopfteilprinzip" sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf dem Grunde nach abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt.
In der Konsequenz bedeutet dies, dass innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft die Aufteilung der Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung grundsätzlich nach Kopfteilen zu erfolgen hat und es ohne Belang ist, wer den Mietzins schuldet und wer welchen Teil der Wohnung tatsächlich nutzt. Ihre Rechtfertigung findet die grundsätzliche Anwendung des Kopfteilprinzips in diesen Fällen in der Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen gerade innerhalb einer "aus einem Topf wirtschaftenden" Bedarfsgemeinschaft eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt. Gleiches gilt im Grundsatz auch bei Haushaltsgemeinschaften unter Verwandten (BSG, Urteil vom 22.08.2013 – B 14 AS 85/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 71, Rdn. 22). Demgegenüber ist in Konstellationen, in denen mehrere Personen eine Wohnung nutzen, ohne eine Bedarfsgemeinschaft (bzw. Haushaltsgemeinschaft) zu bilden, z.B. bei Wohngemeinschaften, für die Aufteilung der Unterkunftskosten - abweichend vom Kopfteilprinzip - derjenige Anteil entscheidend, der nach den internen Vereinbarungen auf den jeweiligen Mitbewohner entfällt. Maßgebend ist insoweit, ob eine wirksame vertragliche Vereinbarung besteht (vgl Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 10/2012, K § 22 Rdn. 49 und 52 m.w.N.). Wenn eine solche Vereinbarung wirksam geschlossen worden ist, geht diese der auf den aufgezeigten praktischen Erwägungen beruhenden Aufteilung nach Kopfteilen vor (BSG a.a.O., Rdn. 24).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe stellt der Senat zunächst fest, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum mit ihrer Schwester und den Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt hat. Eine solche liegt vor, wenn Verwandte oder Verschwägerte in einem Haushalt nicht nur im Sinne einer bloßen Wohngemeinschaft zusammenleben, sondern der Haushalt im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft gemeinsam geführt wird (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 – B 14 AS 6/08 R –, SozR 4-4200 § 9 Nr. 6, Rdn. 15; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 08/16, § 9 SGB II, Rdn. 430; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 3. Auflage 2013, § 9 Rdn. 89 f.; Thie in LPK-SGB II, 6. Auflage 2017, § 9 Rdn. 53). Nach der Begründung des Gesetzentwurfs des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 5. September 2003 (BT-Drucks 15/1516, S. 53) ist dies dann der Fall, wenn die Verwandten oder Verschwägerten mit dem im selben Haushalt lebenden Hilfebedürftigen "aus einem Topf" wirtschaften. Äußere Anzeichen sind gemeinsame Kassen, die gemeinsame Nutzung aller Wohnungseinrichtungen bei i. d. R. klassischer Aufteilung in unterschiedliche Funktionsräume sowie der gemeinsame Einkauf und Verbrauch von Lebensmitteln und sonstigen Dingen des täglichen Bedarfs (Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin lebte gemeinsam mit den Eltern und der Schwester in einer Wohnung. Eine getrennte Nutzung der Räume erfolgte nicht und die Klägerin hielt sich rund um die Uhr zur Pflege der Schwester in der Wohnung auf. Sie hat angeben, die Wohnung in der Zeit der Pflege nicht verlassen zu haben. Einkäufe wurden von den Eltern erledigt. Das Krankenbett der Schwester war nach den Angaben der Familie in der mündlichen Verhandlung im Wohnzimmer der Familie aufgebaut und die Klägerin hat neben der Schwester geschlafen. Ein getrenntes Wirtschaften ist in einer solchen Situation schlechterdings nicht vorstellbar, zumal die Klägerin noch nicht einmal über ein eigenes Konto verfügt hat, so dass auch die von ihr zuvor bezogenen Leistungen nach dem SGB II auf das Konto des Vaters überwiesen wurden.
Weiter hat der Senat vorliegend keinerlei Anhaltspunkte, die es rechtfertigten, vom Kopfteilprinzip abzuweichen, zumal die Klägerin auch abweichend vom Kopfteil keine höheren Kosten für Unterkunft und Heizung geltend macht. Darüber hinaus hat auch der Sozialhilfeträger im Rahmen der Leistungsgewährung an die Schwester bei dieser ein Viertel der Gesamtmiete als zu berücksichtigenden Bedarf für die Unterkunft anerkannt. Und auch der Beklagte ist für die vorangegangenen Zeiträume im Rahmen des Widerspruchsverfahrens von einem solchen Bedarf der Klägerin ausgegangen. Änderungen in den Verhältnissen sind im Vergleich zum jetzt streitigen Zeitraum jedoch nicht eingetreten.
Damit beläuft sich der zu berücksichtigende Bedarf der Klägerin für Juni und Juli 2015 auf monatlich 574,75 Euro.
Der Klägerin stand im streitgegenständlichen Zeitraum auch kein bedarfsminderndes Einkommen nach § 11 Abs. 1 SGB II oder verwertbares Vermögen i.S.d. § 12 SGB II zur Verfügung. Sie selbst hat in diesem Zeitraum aufgrund der Pflege der Schwester nicht gearbeitet (zur Unzumutbarkeit der Arbeitsaufnahme in diesem Fall vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 4 SGB II) und auch kein sonstiges Einkommen erzielt.
Es sind auch keine Unterhaltsleistungen nach § 9 Abs. 5 SGB II zu berücksichtigten. Nach dieser Norm wird, wenn Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten und Verschwägerten zusammenleben, vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.
Wie bereits oben festgestellt, lag eine Haushaltsgemeinschaft zwischen der Klägerin, ihrer Schwester und den Eltern vor.
Es konnte aber vorliegend keine Unterstützungsleistung der Verwandten der Klägerin erwartet werden. Die Schwester der Klägerin bezog selbst Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB XII, so dass eine Leistungspflicht schon deshalb ausscheidet. Aber auch die Eltern waren nicht leistungsfähig im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II. Der Umfang des vermuteten Unterhaltsbetrages – für den es im Übrigen keines Nachweises des Zufluss bedürfte (vgl. BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 32/08 R -, SozR 4-4200 § 9 Nr. 9, Rdn. 15) – ist nach §§ 1 Abs. 2, 7 Abs. 2 Arbeitslosengeld II-Verordnung (AlgII-V) zu bestimmen. Vermögen war vorliegend nicht vorhanden. Ebenso liegt kein den Freibetrag des § 1 Abs. 2 AlgII-V übersteigendes Einkommen vor.
Hierfür ist zunächst das bereinigte Einkommen der Eltern zu ermitteln. Die Eltern der Klägerin haben Einnahmen in Form der monatlichen Rente im Juni 2015 in Höhe von insgesamt 1.890,14 Euro (= 1.033,65 Euro plus 856,49 Euro) und im Juli 2015 in Höhe von 1.929,79 Euro (= 1.055,33 Euro plus 874,46 Euro). Von diesen bereits um die Zahlungen zur Kranken- und Pflegeversicherung bereinigten Einnahmen ist die Pauschale für private Versicherungen in Höhe von jeweils 30,00 Euro nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 1 AlgII-V abzusetzen, so dass Einnahmen in Höhe von insgesamt 1.830,14 Euro (Juni 2015) bzw. 1.869,79 Euro (Juli 2015) verbleiben. Weitere Einnahmen der Eltern in diesem Zeitraum sind nicht ersichtlich.
Sodann ist der Freibetrag nach § 1 Abs. 2 Satz 1 AlgII-V festzulegen. Auszugehen ist nach dieser Norm zunächst vom doppelten Freibetrag nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II (im streitigen Zeitraum 399,00 Euro) für jeden Elternteil (vgl. so auch Sächsisches LSG, Urteil vom 21.08.2008 - L 3 AS 62/06 -, Juris, Rdn. 34 ff.), mithin hier also 1596,00 Euro monatlich zuzüglich der anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
Hierbei sind im Rahmen der Ermittlung des Freibetrages nach § 1 Abs. 2 AlgII-V nicht die vollen Kosten der Unterkunft und Heizung, sondern entsprechend dem Wortlaut nur die anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.05.2017 – L 11 AS 638/13 –, Juris, Rdn. 37 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 32/08 R -, SozR 4-4200 § 9 Nr. 9, Rdn. 23, Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, a.a.O., § 9, Rdn. 459). Das sind im vorliegenden Fall, da die Unterkunft von vier Personen, nämlich der Klägerin, deren Schwester und ihren Eltern bewohnt wurde, die Hälfte (= zwei Mal ein Viertel) der anfallenden Kosten, also im streitigen Zeitraum 351,50 Euro monatlich. Unerheblich ist hierbei bei der Berechnung des Freibetrages nach § 1 Abs. 2 AlgII-V, wer zur Tragung dieser Unterkunftskosten zivilrechtlich verpflichtet war bzw. wer diese tatsächlich bezahlt hat (LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O., m.w.N.). Damit errechnet sich ein Freibetrag der Eltern für die Monate Juni und Juli 2015 von jeweils 1.947,50 Euro. Stellt man nun das Einkommen der Eltern in den Monaten Juni und Juli 2015 dem soeben ermittelten Freibetrag gegenüber, so verbleibt kein auf den Bedarf der Klägerin im Rahmen der Vermutungsregel anzurechnendes Einkommen, weshalb die Klägerin bedürftig ist.
Da der Klägerin damit für die Monate Juni und Juli 2015 jeweils Arbeitslosengeld II in Höhe von 574,75 Euro zu gewähren ist, ist sie in diesen Monaten auch nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtzuversichern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, bestehen nicht.
Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin im Zeitraum vom 01.06.2015 bis 31.07.2015 einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat.
Die 1974 geborene Klägerin lebt nach ihren eigenen Angaben seit dem 08.03.2014 (vgl. Melde-bescheinigung der Stadt P. vom 14.03.2014) in der Wohnung ihrer Eltern in P., die beide eine Altersrente beziehen. Die Mutter der Klägerin bezog im Juni 2015 eine Rente (netto) in Höhe von 856,49 Euro und im Juli 2015 in Höhe von 874,46 Euro (vgl. Mitteilung der Rentenversicherung Bund zur Rentenanpassung zum 01.07.2015). Die ausbezahlte Altersrente des Vaters betrug im Juni 2015 1.033,65 Euro und im Juli 2015 1.055,33 Euro (vgl. Mitteilung der Rentenversicherung Bund zur Rentenanpassung zum 01.07.2015). Außerdem lebte in dieser Wohnung die Schwester der Klägerin, die unheilbar an Krebs erkrankt war und am 18.03.2016 verstorben ist. Die Schwester der Klägerin bezog Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Mit Schreiben vom 30.06.2016 verzichtete die Klägerin ab diesem Zeitpunkt auf weitere Leistungen nach dem SGB II. Die Kosten für die Wohnung, in der die Eltern der Klägerin seit vielen Jahren wohnen, beliefen sich ausweislich der vorgelegten Mietaufstellung des Vermieters im Juni und Juli 2015 auf insgesamt 703,00 Euro pro Monat (Kaltmiete 450,00 Euro, Heizkostenvorauszahlung 158,00 Euro sowie Betriebskostenvorauszahlung 95,00 Euro).
Auf den Antrag der Klägerin vom 24.06.2014 gewährte der Beklagte dieser erstmals ab 01.06.2014 bis 30.11.2014 Leistungen nach dem SGB II in Höhe des Regelbedarfs (Bescheid vom 18.08.2014).
Mit Schreiben vom 07.10.2014 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes erneut ein Leistungsantrag gestellt werden müsse, sofern die Klägerin weiterhin Leistungen begehre. Dem Schreiben war ein Antragsformular beigefügt.
Auf den dann gestellten Weiterbewilligungsantrag vom 20.10.2014 gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 20.10.2014 für die Zeit vom 01.12.2014 bis 31.05.2015 erneut Leistungen nach dem SGB II in Höhe des Regelbedarfs. Im Bescheid wurde darauf hingewiesen, dass rechtzeitig vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes im Falle der weiteren Hilfebedürftigkeit ein neuer Antrag zu stellen sei. Mit Bescheid vom 05.11.2014 wurden der Klägerin auf deren Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.08.2014 hin für die Zeit vom 01.06.2014 bis 31.05.2015 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung des maßgeblichen Regelsatzes sowie nun auch der anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung (1/4 der Gesamtmiete) neu bewilligt. In diesem Bescheid erfolgte kein erneuter Hinweis auf die Notwendigkeit der Antragstellung für den Folgezeitraum.
Nachdem die Klägerin mehreren Meldeaufforderungen nicht gefolgt war und ein vom Beklagten veranlasster Hausbesuch nicht zustande kam, lud der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 22.12.2014 erneut zum persönlichen Gespräch ein. Nachdem die Klägerin auch zu diesem Termin am 02.01.2015 nicht erschienen war, entzog der Beklagte mit Bescheid 02.01.2015 daraufhin die Leistungen ab dem 01.01.2015. Falls die Klägerin die Mitwirkung nachhole, werde man prüfen, ob die Leistungen nachgezahlt werden könnten. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.2015 als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin erhob hiergegen Klage beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe (- S 12 AS 1750/15 -, Berufung war beim erkennenden Senat anhängig - L 9 AS 4980/15 -).
Am 17.08.2015 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Fortzahlung der Leistungen ab dem 01.06.2015. Bereits am 10.08.2015 hatte sie beim SG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, den das SG als unzulässig abgelehnt hatte, weil die Klägerin es versäumt habe, einen neuen Leistungsantrag beim Beklagten zu stellen (Beschluss vom 11.08.2015 - S 12 AS 2517/15 ER -). Die hiergegen zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhobene Beschwerde war insoweit erfolgreich, als der Beklagte verpflichtet wurde, der Klägerin für die Zeit vom 10.08.2015 bis 30.11.2015 vorläufig Leistungen in Höhe von 80 % des Regelbedarfs zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung (175,75 Euro bzw. 186,00 Euro) zu gewähren (Beschluss vom 07.10.2015 - L 3 AS 3899/15 ER-B -). Mit Bescheid vom 09.09.2015 versagte der Beklagte die Leistungsgewährung ab dem 01.08.2015, da die Klägerin nicht persönlich bei ihrem Leistungssachbearbeiter vorgesprochen habe. Mit Bescheid vom 25.11.2015 lehnte der Beklagte den Antrag vom 17.08.2015 für die Zeit ab dem 01.08.2015 endgültig ab, da der Nachweis, dass die Klägern sich im Zuständigkeitsbereich des Beklagten aufhalte, nicht erbracht sei. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde zurückgewiesen und die Klägerin erhob Klage beim SG Karlsruhe (- S 13 AS 615/16 -). Nachdem die Klägerin in diesem Verfahren eine vom SG vorformulierte und von ihr am 03.07.2016 unterzeichnete eidesstattliche Versicherung dahingehend, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung ihrer Eltern habe, und verschiedene Bescheinigungen der behandelnden Ärzte, der Schwester und von Pflegediensten, die allesamt einen Aufenthalt der Klägerin in der Wohnung der Eltern zur Pflege der Schwester bescheinigt haben, vorgelegt hatte, gab das SG der Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.10.2016 vollumfänglich statt und verurteilte den Beklagten zur Leistungsgewährung dem Grunde nach. Die von der Klägerin hiergegen erhobene Berufung nahm diese am 30.08.2017 zurück (- L 9 AS 4449/16 -).
Den Antrag auf Leistungen für die Zeit vom 01.06.2015 bis 31.07.2015 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 01.09.2015 mit der Begründung, der Weitergewährungsantrag sei erst am 17.08.2015 eingegangen, ab. Da dieser nach § 37 SGB II konstitutive Wirkung habe, komme eine Leistungsgewährung für die Monate Juni und Juli 2015 nicht in Betracht. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2015 als unbegründet zurück.
Am 02.11.2015 hat die Klägerin hiergegen Klage zum SG erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass der Beklagte seiner Beratungspflicht nicht nachgekommen sei. Ihr seien daher im Wege des Herstellungsanspruches Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.12.2015 abgewiesen. Der für die Leistungsgewährung erforderliche Folgeantrag sei erst am 17.08.2015 beim Beklagten bzw. am 10.08.2015 im Rahmen des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz eingegangen. Ein Anspruch könne daher frühestens ab dem 01.08.2015 bestehen, da nach § 37 SGB II Leistungen erst ab Antragstellung erbracht würden. Der Antrag wirke auf den Monatsersten zurück. Der Beklagte sei auch seiner Beratungspflicht ausreichend nachgekommen. Es sei zwar richtig, dass er die Klägerin nach Ablauf des Bewilligungsabschnittes nicht ausdrücklich auf die Notwendigkeit der Antragstellung hingewiesen habe. Ein solcher Hinweis sei aber im Bescheid vom 20.10.2014 enthalten gewesen, so dass die Klägerin Kenntnis vom Antragserfordernis gehabt habe und diesen Weiterbewilligungsantrag auch am Ende des vorherigen Bewilligungsabschnitts gestellt habe.
Gegen den ihr am 29.12.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 28.01.2016 Berufung eingelegt. Sie begehrt die Auszahlung der Leistungen für die Monate Juni und Juli 2015, da der Beklagte seine Beratungspflicht verletzt habe und ihr daher im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs Leistungen zu gewähren seien.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Dezember 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 1. September 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Juni 2015 bis 31. Juli 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die angefochtenen Entscheidungen.
Die damalige Berichterstatterin hat mit den Beteiligten am 21.04.2016 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt. Hier hat der Beklagtenvertreter angegeben, dass man von einer Übersendung eines Folgeantrages am Ende des Bewilligungsabschnittes abgesehen habe, nachdem die Entziehung der Leistungen erfolgt sei. Es sei nicht abzusehen gewesen, ob überhaupt ein Folgeantrag gestellt werde. Der Klägervertreter hat angegeben, für ihn sei nicht erkennbar gewesen, dass noch ein Folgeantrag notwendig sei. Er sei davon ausgegangen, dass der Antrag, nachdem das Verfahren der Entziehung noch gelaufen sei, fortdauere.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Gerichtsakten bei-der Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß erhobene Berufung der Klägerin ist auch ansonsten zulässig; Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 01.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat auch in den Monaten Juni und Juli 2015 einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung des Regelbedarfs und Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 175,75 Euro.
Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II bzw. der §§ 7 Abs. 2 i.V.m. 19 Satz 1 SGB II. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig sind (Nr. 3) sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Nach § 37 Abs. 1 SGB II werden Leistungen nach dem SGB II jedoch nur auf Antrag und zudem grundsätzlich nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Allerdings wirkt der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts auf den Ersten des Monats zurück (§ 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II).
Es ist zwischenzeitlich durch das Bundessozialgericht (BSG) geklärt, dass - anders als früher im Recht der Arbeitslosenhilfe - dies auch für die Weitergewährung der Leistungen nach Beendigung des Bewilligungszeitraums gilt und daher gemäß § 37 Abs. 1 SGB II ein Fortzahlungsantrag erforderlich ist (BSG, Urteile vom 18.01.2011 - B 4 AS 29/10 R - Juris, Rdn. 11 ff. und - B 4 AS 99/10 R -, Juris, Rdn. 15 ff.). Der ursprüngliche Antrag ist durch die befristete Leistungsbewilligung verbraucht, so dass ein neues Verfahren durch eine eigenverantwortliche Erklärung der Hilfebedürftigen über die aktuellen persönlichen Verhältnisse eingeleitet werden muss (vgl. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R -, Juris, Rdn. 15 ff.).
Die Klägerin hat den Antrag auf Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II unstreitig erst nach Ende des bis 31.05.2015 dauernden Bewilligungszeitraumes am 17.08.2015 beim Beklagten (bzw. am 10.08.2015 beim SG im Rahmen des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz) gestellt, so dass eine Leistungsgewährung grds. erst ab dem 01.08.2015 in Betracht käme. Ungeachtet der Frage, ob die Voraussetzungen vorlägen, kommt dabei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht in Betracht. Die Vorschriften sind auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar, da es sich nach überwiegender Ansicht bei § 37 SGB II nicht um eine gesetzliche Frist handelt, denn § 37 SGB II setzt keine Frist fest, sondern regelt lediglich das Verhältnis zwischen Leistungsbeginn und Antragstellung. Die Antragstellung selbst ist nicht an eine Frist gebunden und der Ausschluss der Leistungsgewährung vor dem Tag der Antragstellung stellt keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist dar (BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R -, Juris, Rdn. 23, Coseriu/Holzhey in: Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, 53. UPD 06/2017, § 37 Rdn. 35).
Der Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach dem SGB II für die Monate Juni und Juli 2015 folgt aber aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch wegen einer Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflichten aus §§ 14, 15 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) durch den Beklagten.
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat (vgl. BSG, Urteil vom 18.01.2011, - B 4 AS 29/10 R -, Juris, Rdn. 12). Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Der Beklagte hat pflichtwidrig seine Pflicht, die Klägerin rechtzeitig vor Ablauf des Bewilligungszeitraums zum 31.05.2015 auf die Notwendigkeit eines Folgeantrages für den weiteren Leistungsbezug hinzuweisen, verletzt. Ein solcher Hinweis hätte zeitnah vor Ablauf des Bewilligungszeitraums bis zum 31.05.2015 erteilt werden müssen.
Das BSG hat im Urteil vom 18.01.2011 (- B 4 AS 29/10 R -) eindeutig die Verpflichtung des SGB II-Trägers, die Leistungsbezieher über die Erforderlichkeit eines Folgeantrages im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des letzten Bewilligungszeitraums hinzuweisen, hervorgehoben. Die Beratungspflicht des Leistungsträgers erschöpft sich hierbei gerade nicht mit einem nicht zeitnahen Hinweis, bei Fortbestehen der Hilfebedürftigkeit rechtzeitig einen Antrag auf Weiterzahlung zu stellen. Vielmehr folgt aus dem Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Grundsicherungsträger und dem Hilfebedürftigen die Verpflichtung, wie diese in den fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit unter Ziffer 37.11a ihren Niederschlag gefunden hat. Danach ist den Leistungsbeziehern vier Wochen vor Ablauf des Bewilligungsabschnitts ein neuer Antrag zu übersenden und dabei darauf hinzuweisen, dass noch vor dem Ende des letzten Bewilligungszeitraums die Leistungsfortzahlung zu beantragen ist (BSG, a.a.O. Rdn. 13; so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.02.2015 - L 7 AS 187/14 -, Juris, Rdn. 18 ff.). Dies gilt nur dann nicht, wenn das Antragserfordernis für den Leistungsempfänger offensichtlich sein muss.
Der Senat stellt insoweit zunächst fest, dass der Beklagte die Klägerin hier nicht zum Ende des Bewilligungszeitraumes auf die Notwendigkeit eines Folgeantrages hingewiesen und ihr auch keine Antragsunterlagen vor Ende des ursprünglichen Bewilligungszeitraumes übersandt hat, wie er es noch im Zeitraum davor getan hatte.
Weder die Umstände des konkreten Einzelfalls rechtfertigen hier ein Absehen von der Beratungspflicht noch war das Antragserfordernis "offensichtlich", wobei der Senat davon ausgeht, dass hier mehr als nur die bloße Kenntnis von einem grundsätzlich bestehenden Antragserfordernis gemeint sein kann.
Der Pflicht, den Hinweis auf den Folgeantrag im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des Bewilligungszeitraums zu erteilen, kam der Beklagte nicht dadurch nach, dass er bereits mit dem früheren, bereits mehrere Monate zurückliegenden Bewilligungsbescheid vom 20.10.2014 mitteilte, nach Ablauf des Leistungszeitraums werde ein Neuantrag notwendig. Denn es entspricht der Konzeption des SGB II mit dem Gedanken des Förderns und Forderns sowie dem Existenzsicherungsanspruch aus Artikel 1 Abs. 1 i.V.m. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG), dass der Grundsicherungsträger die Leistungsempfänger von sich aus effektiv beraten muss, so dass diese ihre Rechte rechtzeitig in Anspruch nehmen können. Zweck einer zeitnahen Beratung ist es vor dem Hintergrund des Existenzsicherungszwecks des SGB II, darauf hinzuwirken, dass der Hilfebedürftige seine Grundsicherung geltend machen kann. Dazu soll er zu einem Zeitpunkt auf die Notwendigkeit eines Folgeantrages hingewiesen werden, zu dem er tatsächlich auch den Folgeantrag stellen kann (LSG Niedersachsen- Bremen, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Einlassungen des Beklagten nicht nachvollziehbar, dass auf eine erneute Unterrichtung der Klägerin verzichtet worden sei, weil man aufgrund der nachträglich erfolgten Entziehung der Leistungen für die Zeit ab Januar 2015 nicht eindeutig davon habe ausgehen können, dass die Klägerin weiterhin Leistungen begehre (so die Angaben im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vor der Berichterstatterin).
Dabei ist zwar richtig, dass die Klägerin seit 01.01.2015 deshalb keine Leistungen mehr vom Beklagten bezogen hat, weil der Beklagte die bereits bewilligten Leistungen mit der Begründung wieder entzogen hatte, die Klägerin habe bei der Prüfung der Leistungsvoraussetzungen nicht mitgewirkt. Gegen diese Entziehung hat die Klägerin aber die ihr möglichen Rechtsmittel eingelegt und damit deutlich zu verstehen gegeben, weiterhin bedürftig und auf die Leistungen angewiesen zu sein. Gerade unter Berücksichtigung eines solchen Sachverhaltes musste der Beklagte erneut darauf hinweisen, dass auch dann, wenn sich die Entziehung als rechtswidrig herausstellen sollte oder eine Entscheidung nach § 67 SGB I ergehen sollte, ohne erneute Antragstellung für den Zeitraum über den 31.05.2017 hinaus kein Leistungsanspruch besteht. Dementsprechend musste der Klägerin die Notwendigkeit einer erneuten Antragstellung nach einer Entziehung von Leistungen nicht "offensichtlich" sein, denn aus ihrer Sicht wandte sie sich ja bereits gegen diese mit der Begründung, alles erforderliche getan zu haben. Ein entsprechender Hinweis war zudem auch dem Entziehungsbescheid vom 02.01.2015 nicht beigefügt.
Diese Pflichtverletzung des Beklagten war auch kausal dafür, dass der Klägerin ein sozialrechtlicher Nachteil entstanden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht rechtzeitig vor dem Ende des Bewilligungszeitraums den Folgeantrag gestellt hätte, wenn sie auf die Notwendigkeit des Folgeantrags hingewiesen worden wäre, sind nicht erkennbar. Vielmehr hat die Klägerin im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 21.04.2016 deutlich gemacht, dass für sie als juristischer Laie gerade nicht erkennbar gewesen ist, dass sie einen neuen Antrag stellen muss, obwohl über die für den vorherigen Zeitraum erfolgte Leistungsentziehung noch nicht abschließend entschieden worden war.
Der Klägerin, die die Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 SGB II erfüllt, sind daher auch für die Monate Juni und Juli 2015 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. Insbesondere hat der Senat entgegen der Auffassung des Beklagten auch keinerlei Zweifel daran, dass die Klägerin - deren tatsächliche Existenz der Beklagte wohl inzwischen auch nicht mehr bestreitet - auch im streitgegenständlichen Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung ihrer Eltern hatte. Dies ergibt sich insbesondere aus der von der Klägerin im Verfahren vor dem SG Karlsruhe (- S 13 AS 615/16 -) vorgelegten eidesstattlichen Versicherung dahingehend, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung ihrer Eltern habe, und den Bescheinigungen der Ärzte, ihrer Schwester und der Pflegedienste. So hat die Pflegedienstleitung der "Ambulanten Pflege Schauinsland" mit der Bescheinigung vom 04.07.2016 bestätigt, dass die Klägerin in den vergangenen zwei Jahren bei den vierteljährlich stattfindenden Beratungsgesprächen (Hausbesuch) anwesend gewesen ist und die Pflege der Schwester übernommen hat. Der Facharzt für Innere Medizin Fuhrmann hat in einem Attest erklärt, dass die Klägerin bei jedem, auch unangekündigten Arztbesuch anwesend gewesen ist und die Pflege der Schwester rund um die Uhr gewährleistet hat. Weiter hat die Klägerin eine Bescheinigung der Caritas Sozialstation vom 04.07.2016 vorgelegt, in dem diese bestätigte, dass die Klägerin beim bis 31.07.2015 verordneten und am 24.02.2015, 17.03.2015, 07.04.2015, 13.04.2015, 28.04.2015, 11.05.2015 und 04.06.2015 tatsächlich erfolgten Wechsel des Blasenkatheters bei ihrer Schwester jeweils anwesend gewesen ist. Weiter haben die Ärzte Dr. E. und Dr. S. am 12.07.2016 bescheinigt, dass sie die Schwester bis zum 15.08.2014 palliativmedizinisch betreut haben und die Klägerin diese rund um die Uhr gepflegt hat. Weiter befindet sich in der Akte des SG eine von der Klägerin vorgelegte Kopie eines bis 2026 gültigen Personalausweises, der als Meldeadresse die Adresse der Eltern ausweist und die Meldebescheinigung der Stadt P. vom 08.03.2014. Unter Berücksichtigung all dessen ist das SG sodann zu Recht im Gerichtsbescheid vom 21.06.2016 zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin seit der Entlassung der Schwester aus dem Krankenhaus im Frühjahr 2014 durchgehend bis zu deren Tod zur Pflege, die rund um die Uhr erfolgte, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Wohnung der Eltern und damit im Zuständigkeitsbereich des Beklagten hatte. Dieser Beweiswürdigung schließt sich der Senat in vollem Umfang an.
Bei der Berechnung der Leistungen ist zunächst der Regelbedarf für Alleinstehende in Höhe von 399,00 Euro monatlich zu berücksichtigen. Darüber hinaus hat die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 175,75 Euro.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der im streitgegenständlichen Streitraum gültigen Fassung werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen er-bracht, soweit diese angemessen sind.
Der Bedarf der Klägerin für die geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung ergibt sich vorliegend nicht daraus, dass sie mit ihren Eltern einen Mietvertrag über die geltend gemachten Kosten von einem Viertel der Gesamtmiete (= 175,75 Euro) geschlossen hätte und damit einem wirksamen Mietzinsverlangen ausgesetzt wäre. Ein solcher Mietvertrag liegt nach Überzeugung des Senates nicht vor. Ein schriftlicher Mietvertrag wurde nicht abgeschlossen. Die Klägerin hat dies zunächst auch nicht vorgetragen, sondern erklärt, dass man eine "Wohngemeinschaft aus drei Bedarfsgemeinschaften" bilde und "jede BG anteilige Unterkunftskosten zu leisten" habe (vgl. Widerspruchsschreiben vom 01.09.2014). Erst auf Nachfrage des Beklagten hat sie vorgetragen, dass man eine mündliche Vereinbarung hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung getroffen habe.
Der anzuerkennende Bedarf für Unterkunft und Heizung der Klägerin folgt vielmehr aus folgenden Überlegungen: Die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind nach gefestigter Rechtsprechung des BSG, der auch die Literatur gefolgt ist, im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen nutzen (vgl. BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R -, BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 3, Rdn. 28 f; BSG vom 18.06.2008 - B 14/11b AS 61/06 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 12; BSG vom 27.01.2009 - B 14/7b AS 8/07 R -, SozR 4-4200 § 21 Nr. 4 Rdn. 19; BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 63; Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 22 Rdn. 55; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 10/2012, § 22 Rn. 50 f.). Hintergrund für dieses auf das Bundesverwaltungsgericht ((BVerwG) vom 21.1.1988 - 5 C 68/85 - BVerwGE 79, 17) zurückgehende "Kopfteilprinzip" sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf dem Grunde nach abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt.
In der Konsequenz bedeutet dies, dass innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft die Aufteilung der Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung grundsätzlich nach Kopfteilen zu erfolgen hat und es ohne Belang ist, wer den Mietzins schuldet und wer welchen Teil der Wohnung tatsächlich nutzt. Ihre Rechtfertigung findet die grundsätzliche Anwendung des Kopfteilprinzips in diesen Fällen in der Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen gerade innerhalb einer "aus einem Topf wirtschaftenden" Bedarfsgemeinschaft eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt. Gleiches gilt im Grundsatz auch bei Haushaltsgemeinschaften unter Verwandten (BSG, Urteil vom 22.08.2013 – B 14 AS 85/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 71, Rdn. 22). Demgegenüber ist in Konstellationen, in denen mehrere Personen eine Wohnung nutzen, ohne eine Bedarfsgemeinschaft (bzw. Haushaltsgemeinschaft) zu bilden, z.B. bei Wohngemeinschaften, für die Aufteilung der Unterkunftskosten - abweichend vom Kopfteilprinzip - derjenige Anteil entscheidend, der nach den internen Vereinbarungen auf den jeweiligen Mitbewohner entfällt. Maßgebend ist insoweit, ob eine wirksame vertragliche Vereinbarung besteht (vgl Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 10/2012, K § 22 Rdn. 49 und 52 m.w.N.). Wenn eine solche Vereinbarung wirksam geschlossen worden ist, geht diese der auf den aufgezeigten praktischen Erwägungen beruhenden Aufteilung nach Kopfteilen vor (BSG a.a.O., Rdn. 24).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe stellt der Senat zunächst fest, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum mit ihrer Schwester und den Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt hat. Eine solche liegt vor, wenn Verwandte oder Verschwägerte in einem Haushalt nicht nur im Sinne einer bloßen Wohngemeinschaft zusammenleben, sondern der Haushalt im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft gemeinsam geführt wird (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 – B 14 AS 6/08 R –, SozR 4-4200 § 9 Nr. 6, Rdn. 15; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 08/16, § 9 SGB II, Rdn. 430; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 3. Auflage 2013, § 9 Rdn. 89 f.; Thie in LPK-SGB II, 6. Auflage 2017, § 9 Rdn. 53). Nach der Begründung des Gesetzentwurfs des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 5. September 2003 (BT-Drucks 15/1516, S. 53) ist dies dann der Fall, wenn die Verwandten oder Verschwägerten mit dem im selben Haushalt lebenden Hilfebedürftigen "aus einem Topf" wirtschaften. Äußere Anzeichen sind gemeinsame Kassen, die gemeinsame Nutzung aller Wohnungseinrichtungen bei i. d. R. klassischer Aufteilung in unterschiedliche Funktionsräume sowie der gemeinsame Einkauf und Verbrauch von Lebensmitteln und sonstigen Dingen des täglichen Bedarfs (Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Klägerin lebte gemeinsam mit den Eltern und der Schwester in einer Wohnung. Eine getrennte Nutzung der Räume erfolgte nicht und die Klägerin hielt sich rund um die Uhr zur Pflege der Schwester in der Wohnung auf. Sie hat angeben, die Wohnung in der Zeit der Pflege nicht verlassen zu haben. Einkäufe wurden von den Eltern erledigt. Das Krankenbett der Schwester war nach den Angaben der Familie in der mündlichen Verhandlung im Wohnzimmer der Familie aufgebaut und die Klägerin hat neben der Schwester geschlafen. Ein getrenntes Wirtschaften ist in einer solchen Situation schlechterdings nicht vorstellbar, zumal die Klägerin noch nicht einmal über ein eigenes Konto verfügt hat, so dass auch die von ihr zuvor bezogenen Leistungen nach dem SGB II auf das Konto des Vaters überwiesen wurden.
Weiter hat der Senat vorliegend keinerlei Anhaltspunkte, die es rechtfertigten, vom Kopfteilprinzip abzuweichen, zumal die Klägerin auch abweichend vom Kopfteil keine höheren Kosten für Unterkunft und Heizung geltend macht. Darüber hinaus hat auch der Sozialhilfeträger im Rahmen der Leistungsgewährung an die Schwester bei dieser ein Viertel der Gesamtmiete als zu berücksichtigenden Bedarf für die Unterkunft anerkannt. Und auch der Beklagte ist für die vorangegangenen Zeiträume im Rahmen des Widerspruchsverfahrens von einem solchen Bedarf der Klägerin ausgegangen. Änderungen in den Verhältnissen sind im Vergleich zum jetzt streitigen Zeitraum jedoch nicht eingetreten.
Damit beläuft sich der zu berücksichtigende Bedarf der Klägerin für Juni und Juli 2015 auf monatlich 574,75 Euro.
Der Klägerin stand im streitgegenständlichen Zeitraum auch kein bedarfsminderndes Einkommen nach § 11 Abs. 1 SGB II oder verwertbares Vermögen i.S.d. § 12 SGB II zur Verfügung. Sie selbst hat in diesem Zeitraum aufgrund der Pflege der Schwester nicht gearbeitet (zur Unzumutbarkeit der Arbeitsaufnahme in diesem Fall vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 4 SGB II) und auch kein sonstiges Einkommen erzielt.
Es sind auch keine Unterhaltsleistungen nach § 9 Abs. 5 SGB II zu berücksichtigten. Nach dieser Norm wird, wenn Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten und Verschwägerten zusammenleben, vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.
Wie bereits oben festgestellt, lag eine Haushaltsgemeinschaft zwischen der Klägerin, ihrer Schwester und den Eltern vor.
Es konnte aber vorliegend keine Unterstützungsleistung der Verwandten der Klägerin erwartet werden. Die Schwester der Klägerin bezog selbst Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB XII, so dass eine Leistungspflicht schon deshalb ausscheidet. Aber auch die Eltern waren nicht leistungsfähig im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II. Der Umfang des vermuteten Unterhaltsbetrages – für den es im Übrigen keines Nachweises des Zufluss bedürfte (vgl. BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 32/08 R -, SozR 4-4200 § 9 Nr. 9, Rdn. 15) – ist nach §§ 1 Abs. 2, 7 Abs. 2 Arbeitslosengeld II-Verordnung (AlgII-V) zu bestimmen. Vermögen war vorliegend nicht vorhanden. Ebenso liegt kein den Freibetrag des § 1 Abs. 2 AlgII-V übersteigendes Einkommen vor.
Hierfür ist zunächst das bereinigte Einkommen der Eltern zu ermitteln. Die Eltern der Klägerin haben Einnahmen in Form der monatlichen Rente im Juni 2015 in Höhe von insgesamt 1.890,14 Euro (= 1.033,65 Euro plus 856,49 Euro) und im Juli 2015 in Höhe von 1.929,79 Euro (= 1.055,33 Euro plus 874,46 Euro). Von diesen bereits um die Zahlungen zur Kranken- und Pflegeversicherung bereinigten Einnahmen ist die Pauschale für private Versicherungen in Höhe von jeweils 30,00 Euro nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 1 AlgII-V abzusetzen, so dass Einnahmen in Höhe von insgesamt 1.830,14 Euro (Juni 2015) bzw. 1.869,79 Euro (Juli 2015) verbleiben. Weitere Einnahmen der Eltern in diesem Zeitraum sind nicht ersichtlich.
Sodann ist der Freibetrag nach § 1 Abs. 2 Satz 1 AlgII-V festzulegen. Auszugehen ist nach dieser Norm zunächst vom doppelten Freibetrag nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II (im streitigen Zeitraum 399,00 Euro) für jeden Elternteil (vgl. so auch Sächsisches LSG, Urteil vom 21.08.2008 - L 3 AS 62/06 -, Juris, Rdn. 34 ff.), mithin hier also 1596,00 Euro monatlich zuzüglich der anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
Hierbei sind im Rahmen der Ermittlung des Freibetrages nach § 1 Abs. 2 AlgII-V nicht die vollen Kosten der Unterkunft und Heizung, sondern entsprechend dem Wortlaut nur die anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19.05.2017 – L 11 AS 638/13 –, Juris, Rdn. 37 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 32/08 R -, SozR 4-4200 § 9 Nr. 9, Rdn. 23, Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, a.a.O., § 9, Rdn. 459). Das sind im vorliegenden Fall, da die Unterkunft von vier Personen, nämlich der Klägerin, deren Schwester und ihren Eltern bewohnt wurde, die Hälfte (= zwei Mal ein Viertel) der anfallenden Kosten, also im streitigen Zeitraum 351,50 Euro monatlich. Unerheblich ist hierbei bei der Berechnung des Freibetrages nach § 1 Abs. 2 AlgII-V, wer zur Tragung dieser Unterkunftskosten zivilrechtlich verpflichtet war bzw. wer diese tatsächlich bezahlt hat (LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O., m.w.N.). Damit errechnet sich ein Freibetrag der Eltern für die Monate Juni und Juli 2015 von jeweils 1.947,50 Euro. Stellt man nun das Einkommen der Eltern in den Monaten Juni und Juli 2015 dem soeben ermittelten Freibetrag gegenüber, so verbleibt kein auf den Bedarf der Klägerin im Rahmen der Vermutungsregel anzurechnendes Einkommen, weshalb die Klägerin bedürftig ist.
Da der Klägerin damit für die Monate Juni und Juli 2015 jeweils Arbeitslosengeld II in Höhe von 574,75 Euro zu gewähren ist, ist sie in diesen Monaten auch nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtzuversichern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, bestehen nicht.
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