L 5 KR 2533/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 1539/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2533/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15.04.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger vom 14.09.2011 - 31.03.2013 über seinen Vater bei der Beklagten familienversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung war.

Der Vater des 1981 geborenen Klägers, der spätere Beigeladene, ist bei der Beklagten zu 1) kranken- und bei der Beklagten zu 2) pflegeversichert. Der Kläger war - mit Ausnahme der Zeit eines freiwilligen sozialen Jahres - über den stammversicherten Beigeladenen bis einschließlich 09.11.2006 bei den Beklagten familienversichert, anschließend wurde er bis 18.04.2010 und vom 01.06.2010 - 31.08.2011 in der studentischen Kranken- und Pflegeversicherung geführt. Vom 19.04.2010 - 31.05.2010 und vom 01.09.2011 - 13.09.2011 war er als Arbeitnehmer pflichtversichert. Ab dem 14.09.2011 war der Kläger als bislang Nichtversicherter pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Seit April 2013 bezieht der Kläger Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Der Kläger leidet an einer paranoiden Schizophrenie. Erstmals trat diese im Jahr 2000 auf. Seitdem steht der Kläger bei verschiedenen Fachärzten - teils stationär - in regelmäßiger Behandlung. Seit dem Jahr 2011 ist bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt. Nach Absolvierung des freiwilligen sozialen Jahres von September 2004 - September 2005 besuchte der Kläger das Berufskolleg, das er mit der Fachhochschulreife abschloss. Ab dem 01.09.2006 war er an der Hochschule A. als Student des Studienganges Betriebswirtschaft (KMU) immatrikuliert.

Unter dem 29.09.2011 beantragten der spätere Beigeladene und der Kläger dessen Versicherung im Wege der Familienversicherung ohne Altersbegrenzung ab dem 14.09.2011. Hierzu legten sie die Exmatrikulationsbescheinigung der Hochschule A. vom 12.10.2011 (Studienende: 31.08.2011), den Bescheid der Familienkasse U. vom 04.08.2011, wonach (auch) ab Januar 2009 für den Kläger Kindergeld gewährt werde, da dieser außer Stande sei, sich selbst zu unterhalten, sowie ein ärztliches Attest des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie O. vom 13.02.2004 vor, in dem mitgeteilt worden ist, dass der Kläger an einer paranoiden Schizophrenie leide, wegen derer er seine Schullaufbahn habe beenden müssen und wegen derer er nicht in der Lage sei, sich selbst zu unterhalten. Ferner ist ein Attest von Dr. A., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 05.04.2011 vorgelegt worden, in dem ausgeführt worden ist, dass der Kläger seit vielen Jahren an einer Schizophrenie leide, die chronisch und schwer ausgeprägt sei und zu einer anhaltenden Behinderung geführt habe.

Die Beklagte zu 1) schaltete daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg ein, für den Dr. G. unter dem 02.07.2012, nachdem zuvor weitere medizinische Unterlagen (Entlassungsbericht der Rehaklinik G. vom 06.11.2010 [stationärer Aufenthalt vom 06.09. - 10.10.2010], vorläufiger Entlassbrief des Zentrums für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik W. vom 08.04.2010 [stationärer Aufenthalt vom 12.03. - 08.04.2010] und ein ärztliches Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B.) beigezogen worden sind, mitteilte, dass zwar eine dauerhafte psychische Funktionseinschränkung mit Behinderung zugrunde zu legen sei und eine psychische Funktionseinschränkung vorliege. Es sei jedoch nicht anzunehmen, dass es dem Kläger - außerhalb von Zeiten akuter Krankheitsschübe - unmöglich sei, eine ausgewählte und geeignet gestaltete Tätigkeit unter am allgemeinen Arbeitsmarkt üblichen Mindestansprüchen auszuüben. Es sei davon auszugehen, dass sich der Kläger außerhalb akuter Krankheitsphasen selbst unterhalten könne.

Mit Bescheid vom 23.07.2012 lehnte die Beklagte zu 1), auch namens der Beklagten zu 2), die beantragte kostenfreie Familienversicherung ab. Der MdK habe die eingereichten Unterlagen beurteilt und sei zu der Einschätzung gelangt, dass in der Person des Klägers die gesetzlichen Voraussetzungen für die Familienversicherung ohne Altersgrenze, die Unfähigkeit, sich infolge einer Behinderung selbst unterhalten zu können, nicht vorlägen.

Hiergegen legten der Kläger und der Beigeladene am 23.08.2012 Widerspruch ein. Der Bescheid sei bereits deswegen fehlerhaft, weil nicht die Beklagte zu 1), sondern der MdK die Entscheidung getroffen habe. Im Übrigen zeige sich die Schwere der Erkrankung des Klägers darin, dass dieser - ohne Altersbegrenzung - Kindergeld erhalte. Auch reiche nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 15.03.2012 - III R 29/09 -) selbst die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht aus, die Unfähigkeit, sich selbst zu unterhalten, zu widerlegen. Da der Kläger seit Jahren keiner Erwerbstätigkeit nachgehe, sei daher ohne weiteres der Schluss gerechtfertigt, dass er sich nicht selbst unterhalten kann. Schließlich wurde eine Stellungnahme des behandelnden Arztes Dr. B. gegenüber dem MdK-Gutachter Dr. G. sowie eine Mehrfertigung eines Gutachtens des ärztlichen Dienstes der Bundeagentur für Arbeit vom 29.11.2012 vorgelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2013 wies die Beklagte zu 1), auch die Aufgaben der Beklagten zu 2) wahrnehmend, den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Durchführung der Familienversicherung ohne Altersgrenze sei, wie im angefochtenen Bescheid entschieden, nicht möglich. Dass der Kläger bei Vollendung des 25. Lebensjahres im November 2006 nicht dauerhaft außerstande gewesen sei, eine Erwerbstätigkeit auszuüben und sich damit selbst zu unterhalten, zeige sich an dem mit Unterbrechungen in der Zeit vom 01.09.2006 -31.08.2011 absolvierten Studium. Zudem lägen Meldungen über sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen in den Jahren 2004, 2005, 2010 und 2011 vor. Vorübergehende Phasen, in denen aufgrund akuter Krankheitsverläufe eine Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt werden könne, stünden dem nicht entgegen. Die Tatsache, dass die Familienkasse weiterhin Kindergeld zahle, führe zu keinem anderen Ergebnis; die Frage der Familienversicherung sei ausschließlich krankenversicherungsrechtlich zu bewerten.

Hiergegen haben der Kläger und der spätere Beigeladene am 27.05.2013 gemeinsam Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Zu deren Begründung haben sie vorgebracht, dass der Kläger wegen der seit 2000/2001 bestehenden Erkrankung dauerhaft nicht in der Lage sei, sich selbst zu unterhalten. Aufgrund dessen werde auch weiterhin Kindergeld bezahlt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.01.2015 teilte der Beigeladene mit, dass der Kläger das Studium anfangs gut gemeistert habe, sich jedoch später die Bedingungen geändert hätten. Der Kläger führte aus, für ihn sei eine Erwerbstätigkeit belastender gewesen als das Studium.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Der spätere Beigeladene nahm seine Klage in der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2015 zurück. Das SG lud ihn sodann in der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2016 zum Verfahren bei.

Das SG vernahm die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. K., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, gab in ihrer Stellungnahme vom 20.01.2014 an, den Kläger vom 12.02. - 16.10.2013 psychiatrisch/psychotherapeutisch behandelt zu haben. Durch die bestehende Erkrankung sei er in seiner Lebensführung stark eingeschränkt und nicht in der Lage, sich selbst zu unterhalten. Er könne einer anspruchslosen Tätigkeit maximal 4 Stunden täglich nachgehen. Dr. B., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, teilte unter dem 30.03.2015 mit, dass sich der Kläger am 19.09.2006, dem 08.12.2006 und am 09.03.2007 bei ihm vorgestellt habe. Er habe eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Eine Einschätzung, ob sich der Kläger selbst habe unterhalten könne, sei ihm in Ansehung der lediglich dreimaligen Konsultationen nicht möglich. Dr. B. führte unter dem 25.03.2015 aus, den Kläger seit 2007 zu behandeln. Anamnestisch sei die bestehende Erkrankung erstmalig im Jahr 2001 diagnostiziert worden. Auch ohne genauere Nachweise sei es medizinisch völlig klar, dass die schwere Erkrankung bereits vor Behandlungsbeginn bei ihm eingetreten sei.

Mit Urteil vom 15.04.2016 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, die Beklagten hätten zu Recht festgestellt, dass der Kläger in der Zeit vom 24.09.2011 - 31.03.2013 nicht über den stammversicherten Beigeladenen bei den Beklagten familienversichert gewesen sei. Nach § 10 Abs. 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) seien Kinder ohne Altersgrenze versichert, wenn sie als behinderte Menschen außerstande seien, sich selbst zu unterhalten. Dies müsse zu einem Zeitpunkt vorgelegen haben, zu dem das Kind nach § 10 Abs. 2 Nrn. 1, 2 oder 3 SGB V (noch) familienversichert gewesen sei, vorliegend zum 09.11.2006. Davon, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage gewesen sei, sich selbst zu unterhalten, habe sich das SG jedoch nicht zu überzeugen vermocht. Zwar liege beim Kläger, so das SG, bereits seit 2000 eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis vor, weswegen er sich in durchgehender Behandlung bei verschiedenen Fachärzten befunden habe. Auch habe die Erkrankung immer wieder stationäre Aufenthalte in Akutkliniken oder in Rehabilitationskliniken erforderlich gemacht. Die Unfähigkeit, sich selbst zu unterhalten, könne jedoch nur dann angenommen werden, wenn das Kind seinen eigenen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten könne. Eine derartig gravierende Einschränkung habe beim Kläger im November 2006 nicht vorgelegen. Die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Erkrankung habe den Kläger in der Zeit ab 2004 nicht daran gehindert, ein freiwilliges soziales Jahr zu absolvieren, die Fachhochschulreife abzulegen und unmittelbar vor dem ausschlaggebenden Zeitpunkt ein Studium der Betriebswirtschaftslehre aufzunehmen, das er nach Mitteilung des Beigeladenen anfangs auch gut habe absolvieren können. Korrespondierend hierzu habe Dr. B. bescheinigt, dass es im Rahmen der seelischen Grunderkrankung insbesondere in Stresssituationen immer wieder zu Konzentrationsstörungen, Antriebsstörungen und Schlafstörungen kommen könne, die die Leistungsfähigkeit in Studium und Beruf zeitlich befristet beeinträchtigen könnten. Dr. B. habe ferner ausgeführt, dass im Jahr 2006 keine Erwerbsminderung, sondern lediglich die Möglichkeit von befristeten Arbeitsunfähigkeitszeiten bestanden habe. Ob die Erkrankung im weiteren zeitlichen Fortgang dazu geführt habe, dass der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen sei, sich selbst zu unterhalten, worauf insb. die Stellungnahmen von Dr. B. und Dr. K. hindeuteten, spiele keine Rolle. Insb. sei der abweichenden Einschätzung von Dr. B. nicht zu folgen, da dieser den Kläger erst ab dem Jahr 2007 behandelt habe.

Gegen das am 02.07.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.07.2016 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, dass SG habe den langjährig behandelnden Arzt Dr. B. nicht einvernommen, es sei stattdessen der Einschätzung von Dr. B. gefolgt, der ihn jedoch nur einige wenige Male behandelt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 15.04.2016 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 23.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 24.04.2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger vom 14.09.2011 - 31.03.2013 bei den Beklagten über die Versicherung des Beigeladenen familienversichert war.

Die Beklagten haben beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 16.03.2017 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Berufung des Klägers keine Aussicht auf Erfolg verspreche und der Senat erwäge, nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zu entscheiden. Ihnen wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu zu äußern. Der Kläger hat hiervon dergestalt Gebrauch gemacht, als betonend ausgeführt wird, dass er bereits bei Aufnahme des Studiums erheblich erkrankt gewesen sei. Das Studium sei kein Indiz dafür, dass er sich habe selbst unterhalten können. So sei es bspw. im Rahmen eines Studiums nicht erforderlich, geregelt aufzustehen. Auch habe er das Studium wieder beenden müssen. Hierzu seien die angebotenen Zeugen einzuvernehmen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die bei der Beklagten zu 1) für den Kläger geführte Leistungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.

(II)

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) und statthaft, sie führt jedoch für den Kläger inhaltlich nicht zum Erfolg.

Der Senat konnte die Berufung des Klägers nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung liegen nicht vor. Der Senat ist insb. nicht gehalten, in eine weitere Beweisaufnahme einzutreten. Soweit dies klägerseits im Hinblick auf eine Einvernahme von Dr. B. beantragt worden ist, hat das SG Dr. B. bereits schriftlich als sachverständigen Zeugen einvernommen. Soweit der Kläger, dies übersehend, anführt, Dr. B. habe den Kläger, anders als Dr. B., jahrelang behandelt, bedingt dies keine Notwendigkeit, Dr. B. erneut einzuvernehmen. Vielmehr wendet sich der Kläger mit seinem Vortrag im Kern dagegen, dass das SG im Rahmen seiner Beweiswürdigung der Einschätzung von Dr. B., nicht jedoch der von Dr. B., gefolgt ist. Konkrete Tatsachen, zu denen Dr. B. - erstmalig - zu befragen sei, wurden klägerseits hingegen nicht vorgetragen. Soweit auch beantragt wird, die Eltern des Klägers zur Häufigkeit der Behandlung durch Dr. B. zu befragen, kann es der Senat als wahr unterstellen, dass der Kläger nur eine wenige Male dort in Behandlung stand. Dies hat Dr. B. selbst in seiner Stellungnahme gegenüber dem, SG so mitgeteilt.

Die Berufung führt jedoch in der Sache für den Kläger nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten zu 1) vom 23.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 24.04.2013. Die Familienversicherung tritt bei Vorliegen der Voraussetzungen ohne entsprechende Feststellung kraft Gesetzes ein, soweit nicht - wie vorliegend - zuvor mit Bescheid die Familienversicherung abgelehnt worden ist (BSG, Urteil vom 07.12.2000, - B 10 KR 3/99 R -, in juris). In diesem Fall ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage statthaft (Urteil des erkennenden Senats vom 09.08.2017, - L 5 KR 2336/15 -, n.v.).

Der Bescheid der Beklagten zu 1) vom 23.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 24.04.2013 ist rechtmäßig. Der Kläger war bei den Beklagten vom 14.09.2011 - 31.03.2013 nicht mehr familienversichert.

Nach § 10 Abs. 1 SGB V in den im streitbefangenen Zeitraum maßgeblichen Fassungen sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern (familien-)versichert, wenn diese Familienangehörigen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben (Nr. 1), nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 - 8, 11 oder 12 SGB V oder nicht freiwillig versichert sind (Nr. 2), nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V außer Betracht (Nr. 3), nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind (Nr. 4) und kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet; bei Renten wird der Zahlbetrag ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt; für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt das zulässige Gesamteinkommen 400 EUR bzw. 450,- EUR (ab dem 21.02.2013; Nr. 5).

Nach § 10 Abs. 2 SGB V sind (familien-)versichert Kinder bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres (Nr. 1), bis zur Vollendung des dreiundzwanzigsten Lebensjahres, wenn sie nicht erwerbstätig sind (Nr. 3), bis zur Vollendung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstgesetzes leisten; wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht des Kindes unterbrochen oder verzögert, besteht die Versicherung auch für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum über das fünfundzwanzigste Lebensjahr hinaus fort (Nr. 3) oder ohne Altersgrenze, wenn sie als behinderte Menschen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch) außerstande sind, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorlag, in dem das Kind nach den Nummern 1, 2 oder 3 versichert war (Nr. 4).

Krankenversicherungsschutz im Wege der - kostenfreien - Familienversicherung für den streitbefangenen Zeitraum, der durchgängig nach der Vollendung des 25. Lebensjahres liegt, kommt daher nach § 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB V nur dann in Betracht, wenn der Kläger als behinderter Mensch zu dem Zeitpunkt, zu dem er nach § 10 Abs. 2 Nrn. 1 - 3 SGB V (zuletzt) familienversichert war, außerstande gewesen ist, sich selbst zu unterhalten. Dies war vorliegend der 09.11.2006.

Der Kläger ist der Sohn des bei der Beklagten zu 1) kranken- und stammversicherten Beigeladenen. Er hat sein 25. Lebensjahr mit dem 09.11.2006 vollendet. Eine Behinderung lag zur Überzeugung des Senats beim Kläger am 09.10.2006 vor, da seine seelische Gesundheit infolge der bei ihm bestehenden Schizophrenie von dem für das Lebensalter typischen abgewichen ist. Der Kläger war zur Überzeugung des Senats jedoch am 09.11.2006 nicht außerstande, sich selbst zu unterhalten. Die Unfähigkeit, sich selbst zu unterhalten, ist nur anzunehmen, wenn der behinderte Mensch seinen eigenen Lebensunterhalt, zu dem u.a. auch die Ausgaben des täglichen Lebens rechnen, nicht selbst bestreiten kann. Dies setzt voraus, dass er infolge der Behinderung nicht in der Lage ist, durch Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen, insbesondere eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben und mehr als nur geringfügige Einkünfte zu erzielen.

Wie bereits das SG vermag auch der Senat nicht zu erkennen, dass beim Kläger im November 2006 eine derart gravierende Einschränkung vorgelegen hat, die eine regelmäßige Erwerbstätigkeit ausgeschlossen hat. Das SG hat die vorliegenden medizinischen Unterlagen umfassend und zutreffend gewürdigt, weswegen sich der Senat die Beweiswürdigung des SG zu eigen macht und insofern von einer Begründung seiner Entscheidung absieht (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Hinblick auf das Vorbringen zur Begründung der Berufung ist lediglich zu betonen, dass der Umstand, dass der Kläger nach der Absolvierung des freiwilligen sozialen Jahres im September 2005 trotz der Erkrankung in der Lage war, die Fachhochschulreife zu erlangen. Bereits dies zeigt, dass die psychische Beeinträchtigung des Klägers jedenfalls bis zur Aufnahme des Studiums im September 2006 nicht so gravierend war, dass er nicht auch eine Erwerbstätigkeit hätte aufnehmen können, die mit keinen erhöhten Anforderungen an das Konzentrationsvermögen oder die psychische Belastbarkeit verbunden gewesen wäre. Da in der sachverständigen Zeugenaussage des Dr. B. vom 30.03.2015 mit den dort - am 09.03.2007 - erhobenen Befunden, wonach der Kläger lediglich im Antrieb und der mimischen Ausdrucksfähigkeit eingeschränkt war, die Stimmung bei einer eingeschränkten affektive Modulationsfähigkeit etwas verflacht sei, keine weitergehenden psychopathologischen Befunde mitgeteilt worden sind, sieht der Senat auch in Ansehung des klägerischen Vorbringens, ein Studium stelle andere Anforderungen als ein Erwerbstätigkeit, keine abweichende Einschätzung bedingt, da in Ansehung der Befundlage eine Erwerbstätigkeit gerade nicht ausgeschlossen ist. Soweit Dr. B., der den Kläger erst ab dem Jahr 2007 medizinisch betreut hat, mitgeteilt hat, auch ohne genauere Nachweise sei es medizinisch völlig klar, dass die Erkrankung bereits vor Behandlungsbeginn bei ihm eingetreten sei, bedingt dies für den Senat gleichfalls keine abweichende Beurteilung, da dies zwar im Hinblick auf das Vorliegen der Erkrankung zutreffend sein mag, jedoch den Rückschluss, dass, ggf. im Verlauf der weiteren Behandlung durch Dr. B. zu Tage getretene schwere Beeinträchtigungen gleichfalls bereits vor dem Behandlungsbeginn bei ihm bestanden haben, nicht zulässt.

Soweit der Kläger sinngemäß die Einvernahme des Dr. B. begehrt, ist dem nicht stattzugeben, da dieser bereits vom SG schriftlich einvernommen worden ist und die (wiederholte) Befragung klägerseits unsubstantiiert, d.h. ohne konkrete Anknüpfungstatsachen oder konkrete Rückfragen an den Zeugen, angeregt wurde. Der Senat sieht sich hierdurch nicht gedrängt, Dr. B. abermals (schriftlich) einzuvernehmen. Im Hinblick auf die Anregung, die Eltern des Klägers zur Behandlungshäufigkeit bei Dr. B. einzuvernehmen, kann der Senats das - sinngemäß - formulierte Beweisergebnis einer niederfrequenten Behandlung, als wahr unterstellen, indes führt dies nicht dazu, dass hieraus eine Unfähigkeit, sich selbst zu unterhalten, belegt wäre.

Mithin war der Kläger zur Überzeugung des Senats am 09.11.2006 in der Lage, sich wirtschaftlich selbst zu unterhalten, weswegen er vom 14.09.2011 - 31.03.2013 nicht nach § 10 Abs. 2 Nr. 4 SGB V familienversichert gewesen ist.

Der Bescheid der Beklagten zu 1) vom 23.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 24.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Berufung gegen das Urteil des SG vom 15.04.2016 ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved