Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 33 SF 204/16 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 AS 1636/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 30.06.2016 wird als unzulässig verworfen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Der Beklagte setzte durch Bescheide vom 30.09.2014 die der Klägerin und ihrem Ehemann zustehenden Leistungen für die Monate Juni und Juli 2014 unter Anrechnung von Einkommen des Ehemannes getrennt jeweils neu fest und forderte einen danach überzahlten Betrag in Höhe von 307,00 EUR zurück. In dem vom Ehemann der Klägerin geführten Klageverfahren S 32 AS 322/15 wurde diesem durch Beschluss vom 18.08.2015 Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und Rechtsanwalt T aus der Rechtsanwaltskanzlei SSR Rechtsanwälte beigeordnet. Der Klägerin wurde im vorangegangenen Klageverfahren S 32 AS 323/15 durch Beschluss vom selben Tage ebenfalls PKH bewilligt und der Beschwerdeführer, gleichfalls aus der Rechtsanwaltskanzlei SSR Rechtsanwälte, beigeordnet. Die Verfahren wurden am 04.12.2015 von 10.30 Uhr bis 11.00 Uhr beim SG gemeinsam verhandelt und beide durch gerichtlichen Vergleich beendet, wonach der Beklagte den Eheleuten jeweils die anteilige Rückforderung für den Monat Juni 2014 erließ und für Juli 2014 noch eine Erstattung iHv jeweils 76,75 Euro forderte. Die Beteiligten einigten sich zudem auf die Übernahme der Hälfte der außergerichtlichen Kosten für die jeweiligen Widerspruchsverfahren; erstattungsfähige außergerichtliche Kosten für das Klageverfahren wurden nicht übernommen.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte im Verfahren S 33 AS 322/15 auf Antrag der PVS RA GmbH - Abrechnung für Rechtsanwälte (im Folgenden: PVS RA), die eine Abtretungserklärung für Rechtsanwalt T vorgelegt hatte, die - dem nicht beigeordneten - Rechtsanwalt T (über die PVS RA) zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 981,75 EUR fest. Mit Beschluss vom 06.06.2016, in dessen Rubrum die PVS RA als Beteiligte des Festsetzungsverfahrens aufgeführt ist, hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle im Verfahren S 33 AS 323/15 den ebenfalls über die PVS RA gestellten Festsetzungsantrag vom 15.12.2015 zurückgewiesen. Bei den Klageverfahren der Eheleute handele es sich um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG, sie beruhten auf demselben Lebenssachverhalt. Die Vorgehensweise des Klägerbevollmächtigten, anstelle von gemeinsamem Widerspruchs- und Klageverfahren getrennt vorzugehen, verstoße gegen das standesrechtliche Gebot und die mandatsvertragliche Pflicht einer wirtschaftlichen und kostensparenden Prozessführung. Die Landeskasse sei letztlich nicht verpflichtet, Kosten zu tragen, die bei Beachtung dieser wirtschaftlichen Grundsätze nicht entstanden wären. Die Bestimmung der Gebühren durch den Bevollmächtigten sei nach § 14 RVG nicht bindend, da unbillig. Die Kosten für beide Verfahren seien wie folgt zu ermitteln:
Kosten des Widerspruchsverfahrens Geschäftsgebühr Nr. 2302 VV RVG 300,00 EUR Erhöhung Nr. 1008 VV RVG um 30 Prozent 90,00 EUR Kopiekosten 8,00 EUR USt 79,42 EUR Gesamt 497,42 EUR
Die Geschäftsgebühr sei in Höhe von 390,00 EUR entstanden und zu ½ (195,00 EUR), gekappt auf 175,00 EUR anzurechnen.
Kosten des Klageverfahrens Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 300,00 EUR Erhöhung Nr. 1008 VV RVG 90,00 EUR abzgl Anrechnung nach Vb 3 Abs. 4 VV RVG gekappt - 175,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 300,00 EUR Einigungsgebühr Nrn. 1006, 1005, 1000 VV RVG 300,00 EUR Fahrtkosten 57,66 EUR Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 25,00 EUR Auslagenpauschale 20,00 EUR USt 170,56 EUR Summe 1068,22 EUR
Hierauf anzurechnen Vorschuss aus S 33 AS 323/15 380,80 EUR Festsetzung in S 33 AS 322/15 981,75 EUR Überzahlung 294,33 EUR
Eine weitere Festsetzung könne somit nicht erfolgen.
Dagegen hat der Beschwerdeführer am 24.06.2016 Erinnerung eingelegt und verlangt, die Gebühren und Auslagen seien für beide Verfahren getrennt festzusetzen. Schließlich hätten zwei anfechtbare Bescheide, zwei Klagen, zwei bewilligende PKH-Entscheidungen und zwei die Verfahren abschließende Vergleiche vorgelegen. Durch (Tenor-)Beschluss vom 30.06.2016, in dem der Beschwerdeführer als Beteiligter aufgeführt wird, hat das SG die Erinnerung gegen den Festsetzungsbeschluss vom 06.06.2016 zurückgewiesen, es verbleibe bei den dort festgesetzten außergerichtlichen Kosten. Der Beschluss enthält die Rechtsmittelbelehrung, wonach die Beschwerdefrist einen Monat betrage.
Gegen den ihm am 08.07.2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 08.08.2016 Beschwerde erhoben. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Nach Hinweis auf §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 5 RVG, auf die Fristversäumnis und Bedenken gegen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der Beschwerdeführer vorgetragen, die Berechnung und Notierung von Fristen sei tatsächlich gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokräften übertragen gewesen. Auf deren Fähigkeiten und Kenntnisse sei demzufolge in der Praxis abzustellen: Bei fehlerhafter Angabe der Beschwerdefrist führe dies zum Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Nach Hinweisen auf den Senatsbeschluss vom 11.05.2017 - L 6 AS 1225/16 B, juris, sowie Beschlüsse des OLG Düsseldorf vom 17.12.2013 - 3 Wx 173/13 = NJW-RR 2013, 890 ff und des BGH vom 12.10.2016 - V ZB 178/15 = NVwZ-RR 2017/482 ff hat der Beschwerdeführer dargelegt, mit dem BGH-Beschluss vom 12.10.2016, aaO., sei ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Diese scheide allein dann aus, wenn bei falscher Rechtsbehelfsbelehrung der Fehler offenkundig und daher leicht zu erkennen sei. Das sei hier nicht der Fall. Hier habe das SG allein eine falsche Frist angegeben. Insoweit sei Vertrauen in die Richtigkeit der Rechtsmittelbelehrung gerechtfertigt gewesen. Die dadurch bedingte Fristversäumnis sei mit dem BGH durch Widereinsetzung in den vorigen Stand auszugleichen. Schließlich sei noch zu beachten, dass allein im Dezernat des beigeordneten Rechtsanwalts T täglich ungefähr 100 Fristen notiert würden. Bei Berechnung von je 5 Minuten Bearbeitungszeit pro Fristvorgang fülle allein das mehr als einen achtstündigen Arbeitstag aus. Andere Arbeiten seien dem Rechtsanwalt dann gar nicht mehr möglich. Anscheinend würden sehr viele Obergerichte einfach verkennen, wie groß der Arbeitsaufwand heutzutage in einer Anwaltskanzlei sei.
Der Beschwerdegegner erachtet den angefochtenen Beschluss als zutreffend.
II.
Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 iVm § 33 Abs. 8 S. 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper.
Die Beschwerde ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt (§ 56 Abs. 2 S. 1 iVm § 33 Abs. 3 S. 1 RVG); der Beschwerdeführer beantragt weiterhin die Festsetzung der Gebühren und Auslagen allein für dieses Verfahren in Höhe von 1080,12 EUR abzgl Kostenvorschuss.
Die Beschwerde ist jedoch unzulässig. Dabei kann offen bleiben, ob durch den Beschluss vom 06.06.2016 der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle - und den (Tenor-)Beschluss des Gerichts vom 30.06.2016 - überhaupt zu zahlende Gebühren und Auslagen gegen die Staatskasse festgesetzt wurden, ebenso kann dahinstehen, ob der Beschwerdeführer als Erinnerungs- und Beschwerdeführer das Festsetzungsverfahren überhaupt (weiter) betreiben kann und Inhaber der Forderung gegen die Staatskasse ist, obwohl die Ausgangsentscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vor dem Hintergrund einer von der PVS RA vorgelegten Abtretungserklärung gegenüber der PVS RA ergangen ist. Eine inhaltliche Überprüfung ist dem Senat jedenfalls deshalb verwehrt, weil der Beschwerdeführer mit der nach Zustellung des Beschlusses am 08.07.2016 erst am 08.08.2016 eingelegten Beschwerde die Zweiwochenfrist gem. § 56 Abs. 2 S. 1 iVm § 33 Abs. 3 S. 3 RVG versäumt hat.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht möglich. Die dafür nach Maßgabe der §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 5 Satz 1 RVG erforderlichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Diese Bestimmungen sind über § 73a Abs. 1 SGG anwendbar und gehen im Beschwerdeverfahren nach dem RVG (Gebührenbeschwerde) als spezialgesetzliche Regelungen den allgemeinen Bestimmungen zur Wiedereinsetzung vor (s. LSG NRW Beschlüsse vom 17.11.2010 - L 19 B 334/09 AS; vom 13.7.2009 - L 7 B 2/09 SB; vom 13.11.2008 - L 20 B 59/08 SO; vom 09.09.2015 - L 16 KR 716/14 B juris Rn.12; ebenso LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 08.08 2016 - L 4 AS 334/16 B, juris Rn. 14). Danach ist auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und er die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht.
Eine Wiedereinsetzung scheitert nach dieser Vorgabe schon daran, dass der Beschwerdeführer einen hierauf gerichteten Antrag nicht gestellt hat. Abweichend von § 67 Abs. 2 S. 4 SGG ist im Verfahren über eine Gebührenbeschwerde die Wiedereinsetzung nur auf Antrag und nicht von Amts wegen möglich (s. Hartmann, Kostengesetze, 45. Auflage 2015, § 68 GKG Rn.14, ebenso zu § 68 GKG wie zu § 33 Abs. 5 RVG; Schneider in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2016, § 68 GKG Rn. 66; Mayer-Kroiß, RVG, 6. Auflage 2013, § 33 Rn. 25 vgl. auch LSG NRW, Beschluss vom 22.05.2017 - L 19 AS 345/17 B). Den Antrag hat der Beschwerdeführer auch dann nicht gestellt, als er vom Gericht auf die Fristversäumnis und die einschlägigen rechtlichen Grundlagen zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hingewiesen worden war.
Selbst wenn man in der vom Beschwerdeführer geäußerten Rechtsauffassung zu den Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den erforderlichen hierauf gerichteten Antrag sehen wollte (vgl. LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 30.08 2010 - L 3 SF 6/09 E -, juris Rn ... 18), scheidet eine Wiedereinsetzung nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 5 RVG aus, da der Beschwerdeführer nicht ohne sein Verschulden verhindert war, die Verfahrensfrist einzuhalten (§ 33 Abs. 5 S. 1 RVG). Die beantragte Wiedereinsetzung kann deshalb nicht gewährt werden, weil der Beschwerdeführer nicht ohne sein Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten. Zwar war dem Beschluss des Sozialgerichts eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung beigefügt, der folgend er das Rechtsmittel am letzten Tag der — falsch angegebenen — Beschwerdefrist von einem Monat eingelegt hat. Die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung war aber nicht der Grund dafür, dass er die Beschwerdefrist versäumt hat. Auch wenn § 33 Abs. 5 S. 2 RVG bestimmt, dass fehlendes Verschulden vermutet wird, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist, kann sich der Beschwerdeführer hierauf nicht berufen. Nach dem eindeutigen Wortlaut wird das fehlende Verschulden nicht fingiert, sondern lediglich vermutet. Diese Vermutung dürfte nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei Rechtsanwälten schlechthin widerlegt sein (BR-Drs 308/1/12 Ausschussempfehlungen; BT-Drs 17/10490, S. 25 ff. insbesondere S.30), ist es nach Überzeugung des Senats aber jedenfalls im Falle des Beschwerdeführers, eines in Kostenangelegenheiten äußerst versierten Rechtsanwaltes, der vor den nordrhein-westfälischen Sozialgerichten regelmäßig auftritt, in den überwiegenden Verfahren im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet wird und als Beschwerdeführer eine Vielzahl von Gebührenbeschwerden nach dem RVG betrieben hat. Vor diesem Hintergrund ist der Senat davon überzeugt, dass dem Beschwerdeführer die korrekte Frist von zwei Wochen sehr wohl bekannt war, er jedoch, wie in dem ähnlich gelagerten Verfahren L 6 AS 1285/17 B von ihm ausgeführt, angesichts der allgemeinen Bestimmungen im SGG — unzutreffend — davon ausging, dass bei einer (fehlerhaften) Rechtsmittelbelehrung die Jahresfrist nach § 67 Abs. 3 SGG auch hier gelte. Ursächlich für die Fristversäumnis war mithin die fehlerhafte Rechtsansicht zu den Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, nicht die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung als solche.
Dem Senat ist bewusst, dass dieser rechtliche Ansatz den Anwendungsbereich des § 33 Abs. 5 S. 2 RVG deutlich einschränkt und damit die Sinnhaftigkeit der Regelung als solche in Frage stellt. Denn die Verfahren, für die § 33 Abs. 3, Abs. 5 RVG gilt (Gebührenbeschwerden nach dem RVG), werden von Rechtsanwälten als Beschwerdeführer betrieben. Für diesen Personenkreis kommt dann aber eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei den Fällen fehlerhafter und fehlender Rechtsmittelbelehrungen regelmäßig nicht in Betracht, sie läuft de facto leer. Dieser Umstand war dem Gesetzgeber aber durchaus bewusst. § 33 Abs. 5 S. 2 RVG wurde mit Blick auf die wortgleiche Änderung des § 233 S. 2 ZPO eingefügt und trat mit Wirkung vom 01.01.2014 durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.12.2012 BGBl I 2012, 2418 (RechtsBehEG) in Kraft. Im Kosten- bzw. Gebührenrecht soll durch diese "Wiedereinsetzungslösung" bei Fristversäumnis infolge unterlassener bzw. fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung einerseits die Rechtskraft kostenrechtlicher Maßnahmen nicht unnötig hinausgezögert, andererseits auch effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden (Thiel in SchneiderNolpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2016, § 33 RVG Rn.31). Dem Gesetzgeber war ausweislich der Gesetzesmaterialien auch der gesetzestechnisch maßgebliche Unterschied zwischen Fiktion und Vermutung bekannt (vgl. BT-Drs 17/10490, S. 1 ff, S. 14 , zu der mit § 33 Abs. 5 S. 2 RVG neu eingefügten wortgleichen Regelung in § 233 S.2 ZPO). Nach seinen Vorstellungen sollte die Wiedereinsetzung ausgeschlossen sein, wenn die Partei wegen vorhandener Kenntnis über ihre Rechtsbehelfe keiner Unterstützung durch eine Rechtsbehelfsbelehrung bedarf (vgl BR-Drs 308/12 zu Artikel 14 - Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes — RVG, mit Bezug auf die Ausführungen zu Artikel 8 - u.a. betr. § 233 ZPO nF; zur sog. Wiedereinsetzungslösung, u.a. in §§ 12 c, 33 RVG, § 68 Abs.2 GKG, § 233 ZPO, s. BT-Drs 17/10490, S. 1 ff, S. 14, 15). Damit sollte u.a. die geringere Schutzbedürftigkeit rechtskundiger Beteiligter berücksichtigt werden. Darauf aufbauend sah der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich keinen praktischen Bedarf und kein schutzwürdiges Interesse an einer Belehrung des ohnehin rechtskundigen Rechtsanwalts über die Rechtsbehelfsmöglichkeit nach § 56 Abs. 1 RVG (BR-Drs 308/1/12 Ausschussempfehlungen; BT-Drs 17/10490, S. 25 ff.,S.30).
Der Beschwerdeführer hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Fristversäumnis ohne eigenes Organisationsverschulden auf das Verschulden einer Hilfsperson zurückzuführen ist. Ob die zum Organisationsverschulden eines Rechtsanwalts entwickelten Grundsätze auch dann anwendbar sind, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt des Ausgangsverfahrens die Kostenfestsetzung nach dem RVG im Beschwerdeverfahren als Rechtsmittelführer selbst betreibt, kann offen bleiben. Sind sie nicht anwendbar, ist der Umstand, dass eine von dem Beschwerdeführer eingeschaltete Person eine falsche Frist notiert hat, ihm unmittelbar zuzurechnen. Sind sie anwendbar, weil der Beschwerdeführer Rechtsanwalt ist und bei Tätigwerden in eigenen Angelegenheiten so zu behandeln ist wie ein bevollmächtigter Rechtsanwalt, kann er sich nicht entlasten, da ein Organisationsverschulden besteht.
Denn wenn ein Rechtsanwalt eine Prozessvertretung übernimmt, ist die Wahrung der prozessualen Fristen eine seiner wesentlichen Aufgaben, der er seine besondere Sorgfalt widmen muss. Ist ihm dies selbst wegen Arbeitsüberlastung nicht möglich, muss er das Mandat ablehnen oder an einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt weiterleiten (vgl. etwa Bayerischer VGH Beschluss vom 15.07.2017 - 15 ZB 17.50022). Ein Rechtsanwalt kann sich im Rahmen der Fristenüberwachung durchaus auch bestimmter Hilfspersonen bedienen und tut dies üblicherweise auch. Ob allerdings die (inhaltliche) Überprüfung der Richtigkeit der in der Rechtsbehelfsbelehrung angegebenen Frist unter dem Blickwinkel eines Organisationsverschuldens überhaupt delegierbar ist, erscheint zweifelhaft; denn der Gesetzgeber der gesetzlichen Vermutung in § 33 Abs. 5 S. 2 RVG stellt auch im Jahr 2012 jedenfalls auf die (Rechts-)Kenntnisse des Rechtsanwalts ab, womit die Überprüfung durch ihn vorausgesetzt wird. Aber auch dies kann hier offen bleiben, da der Beschwerdeführer die inhaltliche Überprüfung nicht delegiert hat; in seinem Büro wurden von den Hilfspersonen die Fristen aus der Rechtsmittelbelehrung übernommen. Die inhaltliche Überprüfung lag damit weiterhin in der Hand des Beschwerdeführers, der seinerseits eine Überprüfung aber nicht vorgenommen oder jedenfalls nicht sichergestellt hat, dass die richtige Frist notiert und überwacht wird.
Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 S. 2 RVG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 S. 3 RVG).
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 S. 3 RVG iVm § 177 SGG).
Gründe:
I. Der Beklagte setzte durch Bescheide vom 30.09.2014 die der Klägerin und ihrem Ehemann zustehenden Leistungen für die Monate Juni und Juli 2014 unter Anrechnung von Einkommen des Ehemannes getrennt jeweils neu fest und forderte einen danach überzahlten Betrag in Höhe von 307,00 EUR zurück. In dem vom Ehemann der Klägerin geführten Klageverfahren S 32 AS 322/15 wurde diesem durch Beschluss vom 18.08.2015 Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und Rechtsanwalt T aus der Rechtsanwaltskanzlei SSR Rechtsanwälte beigeordnet. Der Klägerin wurde im vorangegangenen Klageverfahren S 32 AS 323/15 durch Beschluss vom selben Tage ebenfalls PKH bewilligt und der Beschwerdeführer, gleichfalls aus der Rechtsanwaltskanzlei SSR Rechtsanwälte, beigeordnet. Die Verfahren wurden am 04.12.2015 von 10.30 Uhr bis 11.00 Uhr beim SG gemeinsam verhandelt und beide durch gerichtlichen Vergleich beendet, wonach der Beklagte den Eheleuten jeweils die anteilige Rückforderung für den Monat Juni 2014 erließ und für Juli 2014 noch eine Erstattung iHv jeweils 76,75 Euro forderte. Die Beteiligten einigten sich zudem auf die Übernahme der Hälfte der außergerichtlichen Kosten für die jeweiligen Widerspruchsverfahren; erstattungsfähige außergerichtliche Kosten für das Klageverfahren wurden nicht übernommen.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte im Verfahren S 33 AS 322/15 auf Antrag der PVS RA GmbH - Abrechnung für Rechtsanwälte (im Folgenden: PVS RA), die eine Abtretungserklärung für Rechtsanwalt T vorgelegt hatte, die - dem nicht beigeordneten - Rechtsanwalt T (über die PVS RA) zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 981,75 EUR fest. Mit Beschluss vom 06.06.2016, in dessen Rubrum die PVS RA als Beteiligte des Festsetzungsverfahrens aufgeführt ist, hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle im Verfahren S 33 AS 323/15 den ebenfalls über die PVS RA gestellten Festsetzungsantrag vom 15.12.2015 zurückgewiesen. Bei den Klageverfahren der Eheleute handele es sich um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG, sie beruhten auf demselben Lebenssachverhalt. Die Vorgehensweise des Klägerbevollmächtigten, anstelle von gemeinsamem Widerspruchs- und Klageverfahren getrennt vorzugehen, verstoße gegen das standesrechtliche Gebot und die mandatsvertragliche Pflicht einer wirtschaftlichen und kostensparenden Prozessführung. Die Landeskasse sei letztlich nicht verpflichtet, Kosten zu tragen, die bei Beachtung dieser wirtschaftlichen Grundsätze nicht entstanden wären. Die Bestimmung der Gebühren durch den Bevollmächtigten sei nach § 14 RVG nicht bindend, da unbillig. Die Kosten für beide Verfahren seien wie folgt zu ermitteln:
Kosten des Widerspruchsverfahrens Geschäftsgebühr Nr. 2302 VV RVG 300,00 EUR Erhöhung Nr. 1008 VV RVG um 30 Prozent 90,00 EUR Kopiekosten 8,00 EUR USt 79,42 EUR Gesamt 497,42 EUR
Die Geschäftsgebühr sei in Höhe von 390,00 EUR entstanden und zu ½ (195,00 EUR), gekappt auf 175,00 EUR anzurechnen.
Kosten des Klageverfahrens Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 300,00 EUR Erhöhung Nr. 1008 VV RVG 90,00 EUR abzgl Anrechnung nach Vb 3 Abs. 4 VV RVG gekappt - 175,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 300,00 EUR Einigungsgebühr Nrn. 1006, 1005, 1000 VV RVG 300,00 EUR Fahrtkosten 57,66 EUR Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 25,00 EUR Auslagenpauschale 20,00 EUR USt 170,56 EUR Summe 1068,22 EUR
Hierauf anzurechnen Vorschuss aus S 33 AS 323/15 380,80 EUR Festsetzung in S 33 AS 322/15 981,75 EUR Überzahlung 294,33 EUR
Eine weitere Festsetzung könne somit nicht erfolgen.
Dagegen hat der Beschwerdeführer am 24.06.2016 Erinnerung eingelegt und verlangt, die Gebühren und Auslagen seien für beide Verfahren getrennt festzusetzen. Schließlich hätten zwei anfechtbare Bescheide, zwei Klagen, zwei bewilligende PKH-Entscheidungen und zwei die Verfahren abschließende Vergleiche vorgelegen. Durch (Tenor-)Beschluss vom 30.06.2016, in dem der Beschwerdeführer als Beteiligter aufgeführt wird, hat das SG die Erinnerung gegen den Festsetzungsbeschluss vom 06.06.2016 zurückgewiesen, es verbleibe bei den dort festgesetzten außergerichtlichen Kosten. Der Beschluss enthält die Rechtsmittelbelehrung, wonach die Beschwerdefrist einen Monat betrage.
Gegen den ihm am 08.07.2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 08.08.2016 Beschwerde erhoben. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Nach Hinweis auf §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 5 RVG, auf die Fristversäumnis und Bedenken gegen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der Beschwerdeführer vorgetragen, die Berechnung und Notierung von Fristen sei tatsächlich gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokräften übertragen gewesen. Auf deren Fähigkeiten und Kenntnisse sei demzufolge in der Praxis abzustellen: Bei fehlerhafter Angabe der Beschwerdefrist führe dies zum Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Nach Hinweisen auf den Senatsbeschluss vom 11.05.2017 - L 6 AS 1225/16 B, juris, sowie Beschlüsse des OLG Düsseldorf vom 17.12.2013 - 3 Wx 173/13 = NJW-RR 2013, 890 ff und des BGH vom 12.10.2016 - V ZB 178/15 = NVwZ-RR 2017/482 ff hat der Beschwerdeführer dargelegt, mit dem BGH-Beschluss vom 12.10.2016, aaO., sei ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Diese scheide allein dann aus, wenn bei falscher Rechtsbehelfsbelehrung der Fehler offenkundig und daher leicht zu erkennen sei. Das sei hier nicht der Fall. Hier habe das SG allein eine falsche Frist angegeben. Insoweit sei Vertrauen in die Richtigkeit der Rechtsmittelbelehrung gerechtfertigt gewesen. Die dadurch bedingte Fristversäumnis sei mit dem BGH durch Widereinsetzung in den vorigen Stand auszugleichen. Schließlich sei noch zu beachten, dass allein im Dezernat des beigeordneten Rechtsanwalts T täglich ungefähr 100 Fristen notiert würden. Bei Berechnung von je 5 Minuten Bearbeitungszeit pro Fristvorgang fülle allein das mehr als einen achtstündigen Arbeitstag aus. Andere Arbeiten seien dem Rechtsanwalt dann gar nicht mehr möglich. Anscheinend würden sehr viele Obergerichte einfach verkennen, wie groß der Arbeitsaufwand heutzutage in einer Anwaltskanzlei sei.
Der Beschwerdegegner erachtet den angefochtenen Beschluss als zutreffend.
II.
Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 iVm § 33 Abs. 8 S. 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper.
Die Beschwerde ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt (§ 56 Abs. 2 S. 1 iVm § 33 Abs. 3 S. 1 RVG); der Beschwerdeführer beantragt weiterhin die Festsetzung der Gebühren und Auslagen allein für dieses Verfahren in Höhe von 1080,12 EUR abzgl Kostenvorschuss.
Die Beschwerde ist jedoch unzulässig. Dabei kann offen bleiben, ob durch den Beschluss vom 06.06.2016 der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle - und den (Tenor-)Beschluss des Gerichts vom 30.06.2016 - überhaupt zu zahlende Gebühren und Auslagen gegen die Staatskasse festgesetzt wurden, ebenso kann dahinstehen, ob der Beschwerdeführer als Erinnerungs- und Beschwerdeführer das Festsetzungsverfahren überhaupt (weiter) betreiben kann und Inhaber der Forderung gegen die Staatskasse ist, obwohl die Ausgangsentscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vor dem Hintergrund einer von der PVS RA vorgelegten Abtretungserklärung gegenüber der PVS RA ergangen ist. Eine inhaltliche Überprüfung ist dem Senat jedenfalls deshalb verwehrt, weil der Beschwerdeführer mit der nach Zustellung des Beschlusses am 08.07.2016 erst am 08.08.2016 eingelegten Beschwerde die Zweiwochenfrist gem. § 56 Abs. 2 S. 1 iVm § 33 Abs. 3 S. 3 RVG versäumt hat.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht möglich. Die dafür nach Maßgabe der §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 5 Satz 1 RVG erforderlichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Diese Bestimmungen sind über § 73a Abs. 1 SGG anwendbar und gehen im Beschwerdeverfahren nach dem RVG (Gebührenbeschwerde) als spezialgesetzliche Regelungen den allgemeinen Bestimmungen zur Wiedereinsetzung vor (s. LSG NRW Beschlüsse vom 17.11.2010 - L 19 B 334/09 AS; vom 13.7.2009 - L 7 B 2/09 SB; vom 13.11.2008 - L 20 B 59/08 SO; vom 09.09.2015 - L 16 KR 716/14 B juris Rn.12; ebenso LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 08.08 2016 - L 4 AS 334/16 B, juris Rn. 14). Danach ist auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und er die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht.
Eine Wiedereinsetzung scheitert nach dieser Vorgabe schon daran, dass der Beschwerdeführer einen hierauf gerichteten Antrag nicht gestellt hat. Abweichend von § 67 Abs. 2 S. 4 SGG ist im Verfahren über eine Gebührenbeschwerde die Wiedereinsetzung nur auf Antrag und nicht von Amts wegen möglich (s. Hartmann, Kostengesetze, 45. Auflage 2015, § 68 GKG Rn.14, ebenso zu § 68 GKG wie zu § 33 Abs. 5 RVG; Schneider in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2016, § 68 GKG Rn. 66; Mayer-Kroiß, RVG, 6. Auflage 2013, § 33 Rn. 25 vgl. auch LSG NRW, Beschluss vom 22.05.2017 - L 19 AS 345/17 B). Den Antrag hat der Beschwerdeführer auch dann nicht gestellt, als er vom Gericht auf die Fristversäumnis und die einschlägigen rechtlichen Grundlagen zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hingewiesen worden war.
Selbst wenn man in der vom Beschwerdeführer geäußerten Rechtsauffassung zu den Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den erforderlichen hierauf gerichteten Antrag sehen wollte (vgl. LSG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 30.08 2010 - L 3 SF 6/09 E -, juris Rn ... 18), scheidet eine Wiedereinsetzung nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 5 RVG aus, da der Beschwerdeführer nicht ohne sein Verschulden verhindert war, die Verfahrensfrist einzuhalten (§ 33 Abs. 5 S. 1 RVG). Die beantragte Wiedereinsetzung kann deshalb nicht gewährt werden, weil der Beschwerdeführer nicht ohne sein Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten. Zwar war dem Beschluss des Sozialgerichts eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung beigefügt, der folgend er das Rechtsmittel am letzten Tag der — falsch angegebenen — Beschwerdefrist von einem Monat eingelegt hat. Die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung war aber nicht der Grund dafür, dass er die Beschwerdefrist versäumt hat. Auch wenn § 33 Abs. 5 S. 2 RVG bestimmt, dass fehlendes Verschulden vermutet wird, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist, kann sich der Beschwerdeführer hierauf nicht berufen. Nach dem eindeutigen Wortlaut wird das fehlende Verschulden nicht fingiert, sondern lediglich vermutet. Diese Vermutung dürfte nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei Rechtsanwälten schlechthin widerlegt sein (BR-Drs 308/1/12 Ausschussempfehlungen; BT-Drs 17/10490, S. 25 ff. insbesondere S.30), ist es nach Überzeugung des Senats aber jedenfalls im Falle des Beschwerdeführers, eines in Kostenangelegenheiten äußerst versierten Rechtsanwaltes, der vor den nordrhein-westfälischen Sozialgerichten regelmäßig auftritt, in den überwiegenden Verfahren im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet wird und als Beschwerdeführer eine Vielzahl von Gebührenbeschwerden nach dem RVG betrieben hat. Vor diesem Hintergrund ist der Senat davon überzeugt, dass dem Beschwerdeführer die korrekte Frist von zwei Wochen sehr wohl bekannt war, er jedoch, wie in dem ähnlich gelagerten Verfahren L 6 AS 1285/17 B von ihm ausgeführt, angesichts der allgemeinen Bestimmungen im SGG — unzutreffend — davon ausging, dass bei einer (fehlerhaften) Rechtsmittelbelehrung die Jahresfrist nach § 67 Abs. 3 SGG auch hier gelte. Ursächlich für die Fristversäumnis war mithin die fehlerhafte Rechtsansicht zu den Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, nicht die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung als solche.
Dem Senat ist bewusst, dass dieser rechtliche Ansatz den Anwendungsbereich des § 33 Abs. 5 S. 2 RVG deutlich einschränkt und damit die Sinnhaftigkeit der Regelung als solche in Frage stellt. Denn die Verfahren, für die § 33 Abs. 3, Abs. 5 RVG gilt (Gebührenbeschwerden nach dem RVG), werden von Rechtsanwälten als Beschwerdeführer betrieben. Für diesen Personenkreis kommt dann aber eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei den Fällen fehlerhafter und fehlender Rechtsmittelbelehrungen regelmäßig nicht in Betracht, sie läuft de facto leer. Dieser Umstand war dem Gesetzgeber aber durchaus bewusst. § 33 Abs. 5 S. 2 RVG wurde mit Blick auf die wortgleiche Änderung des § 233 S. 2 ZPO eingefügt und trat mit Wirkung vom 01.01.2014 durch das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.12.2012 BGBl I 2012, 2418 (RechtsBehEG) in Kraft. Im Kosten- bzw. Gebührenrecht soll durch diese "Wiedereinsetzungslösung" bei Fristversäumnis infolge unterlassener bzw. fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung einerseits die Rechtskraft kostenrechtlicher Maßnahmen nicht unnötig hinausgezögert, andererseits auch effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden (Thiel in SchneiderNolpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2016, § 33 RVG Rn.31). Dem Gesetzgeber war ausweislich der Gesetzesmaterialien auch der gesetzestechnisch maßgebliche Unterschied zwischen Fiktion und Vermutung bekannt (vgl. BT-Drs 17/10490, S. 1 ff, S. 14 , zu der mit § 33 Abs. 5 S. 2 RVG neu eingefügten wortgleichen Regelung in § 233 S.2 ZPO). Nach seinen Vorstellungen sollte die Wiedereinsetzung ausgeschlossen sein, wenn die Partei wegen vorhandener Kenntnis über ihre Rechtsbehelfe keiner Unterstützung durch eine Rechtsbehelfsbelehrung bedarf (vgl BR-Drs 308/12 zu Artikel 14 - Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes — RVG, mit Bezug auf die Ausführungen zu Artikel 8 - u.a. betr. § 233 ZPO nF; zur sog. Wiedereinsetzungslösung, u.a. in §§ 12 c, 33 RVG, § 68 Abs.2 GKG, § 233 ZPO, s. BT-Drs 17/10490, S. 1 ff, S. 14, 15). Damit sollte u.a. die geringere Schutzbedürftigkeit rechtskundiger Beteiligter berücksichtigt werden. Darauf aufbauend sah der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich keinen praktischen Bedarf und kein schutzwürdiges Interesse an einer Belehrung des ohnehin rechtskundigen Rechtsanwalts über die Rechtsbehelfsmöglichkeit nach § 56 Abs. 1 RVG (BR-Drs 308/1/12 Ausschussempfehlungen; BT-Drs 17/10490, S. 25 ff.,S.30).
Der Beschwerdeführer hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Fristversäumnis ohne eigenes Organisationsverschulden auf das Verschulden einer Hilfsperson zurückzuführen ist. Ob die zum Organisationsverschulden eines Rechtsanwalts entwickelten Grundsätze auch dann anwendbar sind, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt des Ausgangsverfahrens die Kostenfestsetzung nach dem RVG im Beschwerdeverfahren als Rechtsmittelführer selbst betreibt, kann offen bleiben. Sind sie nicht anwendbar, ist der Umstand, dass eine von dem Beschwerdeführer eingeschaltete Person eine falsche Frist notiert hat, ihm unmittelbar zuzurechnen. Sind sie anwendbar, weil der Beschwerdeführer Rechtsanwalt ist und bei Tätigwerden in eigenen Angelegenheiten so zu behandeln ist wie ein bevollmächtigter Rechtsanwalt, kann er sich nicht entlasten, da ein Organisationsverschulden besteht.
Denn wenn ein Rechtsanwalt eine Prozessvertretung übernimmt, ist die Wahrung der prozessualen Fristen eine seiner wesentlichen Aufgaben, der er seine besondere Sorgfalt widmen muss. Ist ihm dies selbst wegen Arbeitsüberlastung nicht möglich, muss er das Mandat ablehnen oder an einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt weiterleiten (vgl. etwa Bayerischer VGH Beschluss vom 15.07.2017 - 15 ZB 17.50022). Ein Rechtsanwalt kann sich im Rahmen der Fristenüberwachung durchaus auch bestimmter Hilfspersonen bedienen und tut dies üblicherweise auch. Ob allerdings die (inhaltliche) Überprüfung der Richtigkeit der in der Rechtsbehelfsbelehrung angegebenen Frist unter dem Blickwinkel eines Organisationsverschuldens überhaupt delegierbar ist, erscheint zweifelhaft; denn der Gesetzgeber der gesetzlichen Vermutung in § 33 Abs. 5 S. 2 RVG stellt auch im Jahr 2012 jedenfalls auf die (Rechts-)Kenntnisse des Rechtsanwalts ab, womit die Überprüfung durch ihn vorausgesetzt wird. Aber auch dies kann hier offen bleiben, da der Beschwerdeführer die inhaltliche Überprüfung nicht delegiert hat; in seinem Büro wurden von den Hilfspersonen die Fristen aus der Rechtsmittelbelehrung übernommen. Die inhaltliche Überprüfung lag damit weiterhin in der Hand des Beschwerdeführers, der seinerseits eine Überprüfung aber nicht vorgenommen oder jedenfalls nicht sichergestellt hat, dass die richtige Frist notiert und überwacht wird.
Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 S. 2 RVG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 56 Abs. 2 S. 3 RVG).
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 S. 3 RVG iVm § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved