Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 31 KR 547/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 05.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2016 verurteilt, der Klägerin drei Liposuktionsbehandlungen (Arme, Oberschenkel, Unterschenkel) entsprechend dem Kurzgutachten von Dr. H. vom 09.02.2016 zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Eintritt der Genehmigungsfiktion bezüglich ambulanter Liposuktionsbehandlungen.
Die am 23.06.1993 geborene Klägerin erkundigte sich mündlich und schriftlich am 09.06.2016 nach einem von ihr am 18.02.2016 persönlich in einer Filiale der Beklagten abgegebenen Antrag auf Übernahme von Liposuktionen unter Hinweis auf die in § 13 Abs. 3a SGB V vorgesehenen Bearbeitungsfristen. Entsprechend einem Aktenvermerk, waren auf Seiten der Beklagten keine Antragsunterlagen zu finden, sodass die Klägerin gebeten wurde, diese erneut einzureichen. Die Klägerin reichte daraufhin einen Antrag auf Kostenübernahme vom 18.02.2016 ein, welcher Bezug nimmt auf ein Kurzgutachten von Dr. H., Fotos und auf eine Kostenaufstellung. Auf dem nochmals durch die Klägerin eingereichten Antrag vom 18.02.2016 war mit einem Stempel der Beklagten und Paraphe handschriftlich vermerkt worden "abgegeben 18.02.2016". In dem ebenfalls erneut eingereichten Gutachten von Dr. H. vom 09.02.2016 wird bestätigt, dass die Klägerin unter einem Lipödem leide und dass Liposuktionen an Unterschenkeln, Oberschenkeln und Armen erforderlich seien. Dr. H. wies in seinem Gutachten darauf hin, dass bis zur Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) über die Aufnahme der operativen Behandlung des Lipödems in den Leistungskatalog der GKV entsprechende Abrechnungsziffern im EBM fehlen, sah jedoch aufgrund Art. 2 GG die Voraussetzungen für eine Gewährung als Einzelfallentscheidung als erfüllt an.
In der Verwaltungsakte befinden sich im Folgenden zwei Schreiben der Beklagten vom 16.06.2016 an die Klägerin. Mit einem Schreiben (Blatt 27 VA) wird die Klägerin darüber informiert, dass die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit einer Begutachtung beauftragt hat. In einem zweiten Schreiben (Blatt 28 VA) wird der Antrag der Klägerin abschlägig beschieden. Tatsächlich erstattete der MDK am 24.06.2016 ein Gutachten, demzufolge eine Kostenübernahme bis zur Entscheidung es GBA nicht möglich sei.
Mit Bescheid vom 05.07.2016 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme für die beantragten Liposuktionen unter Verweis auf das Gutachten des MDKs vom 24.06.2016 ab.
Die Klägerin hat am 28.07.2016 Klage erhoben.
Mit Schreiben vom 01.08.2016 hat die Klägerin Widerspruch gegen die Entscheidung der Beklagten eingelegt ohne diesen weiter zu begründen.
Die Beklagte hat den Widerspruch der Klägerin vom 01.08.2016 mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2016 zurückgewiesen. Begründend hat sie ausgeführt, dass die Liposuktion als neue Behandlungsmethode bisher nicht im Sinne des § 135 SGB V von Seiten des GBA empfohlen worden sei. Die Voraussetzung einer Leistungsgewährung bei Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung gemäß § 2 Abs. 1a SGB V seien ebenfalls nicht erfüllt. § 13 Abs. 3a SGB V greife nur ein, wenn sich der Antrag auf Leistungen bezieht, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten. Die Liposuktion gehöre nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, sodass auch die Genehmigungsfiktion nicht herangezogen werden könne.
Anders als die Beklagte vertritt die Klägerin die Auffassung, dass sich ihr Anspruch auf Gewährung der Liposuktionsbehandlungen auf die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V stützen lässt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2016 zu verurteilen, der Klägerin drei Liposuktionsbehandlungen (an Armen, Oberschenkel und Unterschenkel) entsprechend dem Kurzgutachten von Dr. H. vom 09.02.2016 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer im Rahmen des Widerspruchsbescheids vertretenen Auffassung, dass der Antrag der Klägerin vom 18.02.2016 nicht fiktionsfähig sei, da die begehrten Liposuktionen nicht zum Leistungskatalog der Beklagten gehören.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Alle Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig.
Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V stützt, setzt dieser Anspruch keinen Verwaltungsakt der Beklagten voraus, sondern die Fingierung des genehmigenden Verwaltungsaktes kraft Gesetz. Die Anfechtung des der Genehmigungsfiktion entgegenstehenden ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 05.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2016 ist bei Annahme einer eingetretenen Genehmigungsfiktion gemäß § 54 Abs. 1 SGB X zulässig.
Mit Blick auf den in der Verwaltungsakte befindlichen Bescheid vom 16.06.2016 hat das Gericht erhebliche Zweifel, dass dieser überhaupt an die Klägerin übersandt wurde, denn dieser Bescheid widerspricht dem weiteren Schreiben der Beklagten gleichen Datums, in welchem die Beklagte die Beauftragung des MDKs mitteilt. Selbst wenn der Bescheid vom 16.06.2016 an die Klägerin übersandt wurde, so kann dieser Bescheid nicht Gegenstand des Vorverfahrens und des Klageverfahrens geworden sein, denn gegen diesen Bescheid wurde kein Widerspruch erhoben. Eine mögliche Bestandskraft des Bescheids vom 16.06.2016 steht der gerichtlichen Entscheidung nicht entgegen, da es sich bei dieser früheren Ablehnung nicht um einen Dauerverwaltungsakt handelt.
Die Klage ist als kombinierte allgemeine Leistungs- und Anfechtungsklage begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung der beantragten Liposuktionen an Armen, Oberschenkeln und Unterschenkeln in Folge der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V.
Gemäß § 13 Abs. 3a SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachterliche Stellungnahme, insbesondere des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachterlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.
Die Kammer vertritt in Übereinstimmung mit dem Bundessozialgericht (Urteil vom 08.03.2016, Az. B 1 KR 25/15 R) die Rechtsauffassung, dass § 13 Abs. 3a SGB V neben dem ausdrücklich geregelten Kostenerstattungsanspruch auch einen Anspruch auf Gewährung der Naturalleistung eröffnet. Erst der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht es mittellosen Versicherten bzw. Versicherten, welche wie vorliegend Leistungen von erheblichen Wert beantragen –, ihren Anspruch zu realisieren (vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 23.05.2014, Az. L 5 KR 222/14B ER). Für diese Auslegung spricht einerseits der Sanktionscharakter des § 13 Abs. 3a SGB V und zudem die Intention des Gesetzgebers, Entscheidungsverfahren der GKV zu beschleunigen und somit für die Betroffenen eine schnelle Klärung ihrer Leistungsansprüche zu gewährleisten (BT-DS 17/10488 S. 32). Würde man einen Naturalleistungsanspruch auf Grundlage des § 13 Abs. 3a SGB V verneinen, so könnte die gesetzgeberische Intention einer Beschleunigung des Entscheidungsverfahrens und einer schnellen Klärung von Leistungsansprüchen dort nicht erreicht werden, wo die Leistung das private Budget des Versicherten übersteigt. Dies dürfte auf eine Vielzahl von Fällen zutreffen und insbesondere jene Leistungsansprüche erfassen, bei welchem der Versicherte wegen des Fehlens einer privaten Versorgungsmöglichkeit zwingend auf eine Versorgung durch die GKV angewiesen ist. Gerade da, wo der Versicherte auf eine schnelle Entscheidung angewiesen ist, würde ohne den Naturalanspruch aus § 13 Abs. 3a SGB V keine Beschleunigung des Entscheidungsverfahrens erreicht, mithin die Intention des Gesetzgebers verfehlt.
Die Klägerin ist als Versicherte der Beklagten Leistungsberechtigter im Sinne des § 13 Abs. 3a SGB V. "Leistungsberechtigt" ist derjenige, der berechtigt ist, Leistungen nach dem SGB V zu beanspruchen. Hierzu zählen in der GKV Versicherte im Verhältnis zu ihrer jeweiligen Krankenkasse (BSG Urteil vom 08.03.2016, Az. B 1 KR 25/15 R, Rn. 22).
Der Leistungsantrag der Klägerin war angesichts des Kurzgutachtens und der Kostenvoranschläge für die einzelnen Liposuktionen von Dr. H. vom 09.02.2016 fiktionsfähig. Der Inhalt der fingierten Genehmigung lässt sich ohne weitere Ergänzung aus den Kostenvoranschlägen hinreichend bestimmt ableiteten (zur Notwendigkeit eines fiktionsfähigen, hinreichend bestimmten Antrags vgl. BSG Urteil vom 08.03.2016 Az. B 1 KR 25/15 R insbesondere mit Bezugnahme auf § 42a VwVfG). Es ist eindeutig zu erkennen, dass ambulante Liposuktionen der Arme, Oberschenkel und Unterschenkel begehrt werden.
Die Klägerin durfte die von ihr beantragte Leistung auch für erforderlich halten. Die Beschränkung auf erforderliche Leistungen ist in der Regelung des § 13 Abs. 3a SGB V nicht ausdrücklich benannt, sie ergibt sich allerdings wie das Bundessozialgericht nach Auffassung der Kammer zu Recht annimmt, aus dem Zusammenhang und dem Zweck der Genehmigungsfiktion sowie aus der in § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V formulierten Einschränkung der Kostenerstattung auf Beschaffung erforderlicher Leistungen (vgl. BSG Urteil vom 08.03.2016, Az. B 1 KR 25/15 R Rn. 26). Die Beschränkung auf erforderliche Leistungen schließt solche Leistungen von der Fiktionswirkung des § 13 Abs. 3a SGB V aus, welche offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegen und welche auch subjektiv für den Versicherten nicht als erforderlich gelten können. Ziel dieser Beschränkung ist eine Rechtsmissbrauchskontrolle, nicht jedoch eine Beschränkung auf Leistungen, die bereits jetzt ohne weiteres als Sachleistung zulasten der GKV gewährt werden müssen (vgl. BT-DS 17/11710 BSG Urteil vom 08.03.2016 Az. B 1 KR 25/15 Rn. 26 mwN sowie LSG NRW Beschluss vom 27.03.2017, Az. L 1 KR 702/16). Würden über das Kriterium der Erforderlichkeit nur die Kosten für Leistungen erstattet, zu deren Erbringung die GKV ohnehin verpflichtet ist, könnte über § 13 Abs. 3a SGB V weder eine Beschleunigung des Antragsverfahrens aufgrund drohender Sanktionen noch eine schnelle Klärung der Leistungsansprüche erreicht werden. Der GKV würden bei Ignorieren des §13 Abs. 3a SGB V und nur bei tatsächlicher Vorleistung des Versicherten allenfalls die Differenzkosten zwischen Vertragspreis und privater Abrechnung drohen – eine Drohung die kaum geeignet ist, das Verfahren tatsächlich zu beschleunigen. Zudem würde § 13 Abs. 3a SGB V regelmäßig anders als von dem Gesetzgeber beabsichtigt nicht zu einer schnellen Klärung der Leistungsansprüche des Klägers führen, denn der Kläger könnte auch nach Ablauf der in § 13 Abs. 3a SGB V vorgesehenen Fristen nicht sicher sein, ob die Genehmigungsfiktion eingetreten ist. Im Falle einer Selbstbeschaffung würde der Versicherte weiterhin das Risiko tragen, keine Erstattung der Kosten durchsetzen zu können.
Die Klägerin durfte vorliegend die von ihr begehrten Liposuktionen für erforderlich halten, obwohl tatsächlich bisher noch keine Empfehlung durch den GBA diesbezüglich ausgesprochen wurde. Die subjektive Vorstellung der Klägerin von der Erforderlichkeit der Liposuktionsbehandlungen und einer möglichen Gewährung durch die Beklagte wurde durch Dr. H. begünstigt. Zwar hat Dr. H. ausdrücklich in seinem Gutachten vom 09.02.2016 darauf hingewiesen, dass bis zur Entscheidung des GBA über die Aufnahme der operativen Behandlung des Lipödems in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen eine entsprechende Abrechnungsziffer im EBM fehle, er hat gleichzeitig jedoch die Auffassung vertreten, dass im Falle der Klägerin die Voraussetzungen für die Gewährung der Kostenübernahme für eine ambulante Liposuktion als Einzelfallentscheidung erfüllt seien. Wenn wie hier der behandelnde Arzt eine Gewährung der Leistung für möglich hält, wäre es nach Auffassung der Kammer deutlich überzogen, von dem Versicherten zu erwarten, dass er die fehlende Genehmigungsfähigkeit einer Leistung erkennt. Das Wissen um die gesetzliche Regelung des § 135 SGB V kann nach Auffassung der Kammer nicht unterstellt werden. Selbst ein mögliches Wissen der Klägerin, dass eine Kostenübernahme zweifelhaft ist, steht der subjektiven Vorstellung von der Erforderlichkeit der Liposuktion nach Auffassung der Kammer nicht entgegen. Allein die Aussicht, um einen Leistungsanspruch mit der GKV ggf. streiten zu müssen, ändert nichts an der subjektiven Vorstellung, dass diese Leistung erforderlich ist. Es dürfte allgemein bekannt sein, dass von Zeit zu Zeit erforderliche Leistungen von der GKV abgelehnt werden, bezüglich derer bei weiterer Prüfung ein Anspruch bejaht wird. Ohne weitere Anhaltspunkte verneint die Kammer dementsprechend eine rechtsmissbräuchliche Antragsstellung der Klägerin und bejaht eine (subjektive) Erforderlichkeit der begehrten Leistung im Sinne des § 13 Abs. 3a SGB V.
Die Beklagte hat über den Antrag der Klägerin zugegangen am 18.02.2016 weder innerhalb der vorliegend maßgeblichen Frist von 3 Wochen, noch innerhalb von 5 Wochen entschieden. Ein schriftliche Mitteilung und Begründung der Fristüberschreitung im Sinne des § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V hat es nicht gegeben.
Zusammenfassend bejaht die Kammer somit den Leistungsanspruch der Klägerin aufgrund des Eintritts der Genehmigungsfiktion drei Wochen nach Antragstellung am 11.03.2016.
Die der Genehmigungsfiktion entgegenstehende Entscheidung der Beklagten vom 05.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2016 ist dementsprechend rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihrem durch die Genehmigungsfiktion entstandenen Recht auf Gewährung der begehrten Liposuktion. Die Entscheidungen der Beklagten können insbesondere nicht als Rücknahme der fingierten Genehmigung entsprechend § 45 SGB X gewertet werden, denn die Beklagte wollte ersichtlich keine fingierte Entscheidung zurücknehmen, sondern über den Antrag der Klägerin erstmals entscheiden. Die Voraussetzungen des § 45 SGB V wurden nicht geprüft, Ermessen wurde nicht ausgeübt.
Zusammenfassend hat die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung der begehrten ambulanten Liposuktionen der Arme, Oberschenkel und Unterschenkel gemäß § 13 Abs. 3a SGB V, weil die Beklagte über ihren Antrag nicht innerhalb der in § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V vorgesehenen 3-Wochen-Frist entschieden hat. Abschließend sei dem Gericht der Hinweis gestattet, dass bei aller Skepsis gegenüber der Regelung des § 13 Abs. 3a SGB V – diese Regelung ermöglicht Leistungen zu Lasten der Solidargemeinschaft, welche im schlechtesten Fall medizinisch nicht nur nicht erforderlich sondern sogar schädlich sind – das vorliegende Verfahren zeigt, dass die gesetzgeberische Initiative zur Beschleunigung des Antragsverfahrens seine Berechtigung hat. Erst auf Nachfrage der Klägerin im Juni 2016 wurde erkannt, dass sämtliche Antragsunterlagen der Klägerin fehlten.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Eintritt der Genehmigungsfiktion bezüglich ambulanter Liposuktionsbehandlungen.
Die am 23.06.1993 geborene Klägerin erkundigte sich mündlich und schriftlich am 09.06.2016 nach einem von ihr am 18.02.2016 persönlich in einer Filiale der Beklagten abgegebenen Antrag auf Übernahme von Liposuktionen unter Hinweis auf die in § 13 Abs. 3a SGB V vorgesehenen Bearbeitungsfristen. Entsprechend einem Aktenvermerk, waren auf Seiten der Beklagten keine Antragsunterlagen zu finden, sodass die Klägerin gebeten wurde, diese erneut einzureichen. Die Klägerin reichte daraufhin einen Antrag auf Kostenübernahme vom 18.02.2016 ein, welcher Bezug nimmt auf ein Kurzgutachten von Dr. H., Fotos und auf eine Kostenaufstellung. Auf dem nochmals durch die Klägerin eingereichten Antrag vom 18.02.2016 war mit einem Stempel der Beklagten und Paraphe handschriftlich vermerkt worden "abgegeben 18.02.2016". In dem ebenfalls erneut eingereichten Gutachten von Dr. H. vom 09.02.2016 wird bestätigt, dass die Klägerin unter einem Lipödem leide und dass Liposuktionen an Unterschenkeln, Oberschenkeln und Armen erforderlich seien. Dr. H. wies in seinem Gutachten darauf hin, dass bis zur Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) über die Aufnahme der operativen Behandlung des Lipödems in den Leistungskatalog der GKV entsprechende Abrechnungsziffern im EBM fehlen, sah jedoch aufgrund Art. 2 GG die Voraussetzungen für eine Gewährung als Einzelfallentscheidung als erfüllt an.
In der Verwaltungsakte befinden sich im Folgenden zwei Schreiben der Beklagten vom 16.06.2016 an die Klägerin. Mit einem Schreiben (Blatt 27 VA) wird die Klägerin darüber informiert, dass die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit einer Begutachtung beauftragt hat. In einem zweiten Schreiben (Blatt 28 VA) wird der Antrag der Klägerin abschlägig beschieden. Tatsächlich erstattete der MDK am 24.06.2016 ein Gutachten, demzufolge eine Kostenübernahme bis zur Entscheidung es GBA nicht möglich sei.
Mit Bescheid vom 05.07.2016 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme für die beantragten Liposuktionen unter Verweis auf das Gutachten des MDKs vom 24.06.2016 ab.
Die Klägerin hat am 28.07.2016 Klage erhoben.
Mit Schreiben vom 01.08.2016 hat die Klägerin Widerspruch gegen die Entscheidung der Beklagten eingelegt ohne diesen weiter zu begründen.
Die Beklagte hat den Widerspruch der Klägerin vom 01.08.2016 mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2016 zurückgewiesen. Begründend hat sie ausgeführt, dass die Liposuktion als neue Behandlungsmethode bisher nicht im Sinne des § 135 SGB V von Seiten des GBA empfohlen worden sei. Die Voraussetzung einer Leistungsgewährung bei Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung gemäß § 2 Abs. 1a SGB V seien ebenfalls nicht erfüllt. § 13 Abs. 3a SGB V greife nur ein, wenn sich der Antrag auf Leistungen bezieht, die grundsätzlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten. Die Liposuktion gehöre nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, sodass auch die Genehmigungsfiktion nicht herangezogen werden könne.
Anders als die Beklagte vertritt die Klägerin die Auffassung, dass sich ihr Anspruch auf Gewährung der Liposuktionsbehandlungen auf die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V stützen lässt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2016 zu verurteilen, der Klägerin drei Liposuktionsbehandlungen (an Armen, Oberschenkel und Unterschenkel) entsprechend dem Kurzgutachten von Dr. H. vom 09.02.2016 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer im Rahmen des Widerspruchsbescheids vertretenen Auffassung, dass der Antrag der Klägerin vom 18.02.2016 nicht fiktionsfähig sei, da die begehrten Liposuktionen nicht zum Leistungskatalog der Beklagten gehören.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Alle Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig.
Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V stützt, setzt dieser Anspruch keinen Verwaltungsakt der Beklagten voraus, sondern die Fingierung des genehmigenden Verwaltungsaktes kraft Gesetz. Die Anfechtung des der Genehmigungsfiktion entgegenstehenden ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 05.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2016 ist bei Annahme einer eingetretenen Genehmigungsfiktion gemäß § 54 Abs. 1 SGB X zulässig.
Mit Blick auf den in der Verwaltungsakte befindlichen Bescheid vom 16.06.2016 hat das Gericht erhebliche Zweifel, dass dieser überhaupt an die Klägerin übersandt wurde, denn dieser Bescheid widerspricht dem weiteren Schreiben der Beklagten gleichen Datums, in welchem die Beklagte die Beauftragung des MDKs mitteilt. Selbst wenn der Bescheid vom 16.06.2016 an die Klägerin übersandt wurde, so kann dieser Bescheid nicht Gegenstand des Vorverfahrens und des Klageverfahrens geworden sein, denn gegen diesen Bescheid wurde kein Widerspruch erhoben. Eine mögliche Bestandskraft des Bescheids vom 16.06.2016 steht der gerichtlichen Entscheidung nicht entgegen, da es sich bei dieser früheren Ablehnung nicht um einen Dauerverwaltungsakt handelt.
Die Klage ist als kombinierte allgemeine Leistungs- und Anfechtungsklage begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung der beantragten Liposuktionen an Armen, Oberschenkeln und Unterschenkeln in Folge der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V.
Gemäß § 13 Abs. 3a SGB V hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachterliche Stellungnahme, insbesondere des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachterlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet.
Die Kammer vertritt in Übereinstimmung mit dem Bundessozialgericht (Urteil vom 08.03.2016, Az. B 1 KR 25/15 R) die Rechtsauffassung, dass § 13 Abs. 3a SGB V neben dem ausdrücklich geregelten Kostenerstattungsanspruch auch einen Anspruch auf Gewährung der Naturalleistung eröffnet. Erst der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht es mittellosen Versicherten bzw. Versicherten, welche wie vorliegend Leistungen von erheblichen Wert beantragen –, ihren Anspruch zu realisieren (vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 23.05.2014, Az. L 5 KR 222/14B ER). Für diese Auslegung spricht einerseits der Sanktionscharakter des § 13 Abs. 3a SGB V und zudem die Intention des Gesetzgebers, Entscheidungsverfahren der GKV zu beschleunigen und somit für die Betroffenen eine schnelle Klärung ihrer Leistungsansprüche zu gewährleisten (BT-DS 17/10488 S. 32). Würde man einen Naturalleistungsanspruch auf Grundlage des § 13 Abs. 3a SGB V verneinen, so könnte die gesetzgeberische Intention einer Beschleunigung des Entscheidungsverfahrens und einer schnellen Klärung von Leistungsansprüchen dort nicht erreicht werden, wo die Leistung das private Budget des Versicherten übersteigt. Dies dürfte auf eine Vielzahl von Fällen zutreffen und insbesondere jene Leistungsansprüche erfassen, bei welchem der Versicherte wegen des Fehlens einer privaten Versorgungsmöglichkeit zwingend auf eine Versorgung durch die GKV angewiesen ist. Gerade da, wo der Versicherte auf eine schnelle Entscheidung angewiesen ist, würde ohne den Naturalanspruch aus § 13 Abs. 3a SGB V keine Beschleunigung des Entscheidungsverfahrens erreicht, mithin die Intention des Gesetzgebers verfehlt.
Die Klägerin ist als Versicherte der Beklagten Leistungsberechtigter im Sinne des § 13 Abs. 3a SGB V. "Leistungsberechtigt" ist derjenige, der berechtigt ist, Leistungen nach dem SGB V zu beanspruchen. Hierzu zählen in der GKV Versicherte im Verhältnis zu ihrer jeweiligen Krankenkasse (BSG Urteil vom 08.03.2016, Az. B 1 KR 25/15 R, Rn. 22).
Der Leistungsantrag der Klägerin war angesichts des Kurzgutachtens und der Kostenvoranschläge für die einzelnen Liposuktionen von Dr. H. vom 09.02.2016 fiktionsfähig. Der Inhalt der fingierten Genehmigung lässt sich ohne weitere Ergänzung aus den Kostenvoranschlägen hinreichend bestimmt ableiteten (zur Notwendigkeit eines fiktionsfähigen, hinreichend bestimmten Antrags vgl. BSG Urteil vom 08.03.2016 Az. B 1 KR 25/15 R insbesondere mit Bezugnahme auf § 42a VwVfG). Es ist eindeutig zu erkennen, dass ambulante Liposuktionen der Arme, Oberschenkel und Unterschenkel begehrt werden.
Die Klägerin durfte die von ihr beantragte Leistung auch für erforderlich halten. Die Beschränkung auf erforderliche Leistungen ist in der Regelung des § 13 Abs. 3a SGB V nicht ausdrücklich benannt, sie ergibt sich allerdings wie das Bundessozialgericht nach Auffassung der Kammer zu Recht annimmt, aus dem Zusammenhang und dem Zweck der Genehmigungsfiktion sowie aus der in § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V formulierten Einschränkung der Kostenerstattung auf Beschaffung erforderlicher Leistungen (vgl. BSG Urteil vom 08.03.2016, Az. B 1 KR 25/15 R Rn. 26). Die Beschränkung auf erforderliche Leistungen schließt solche Leistungen von der Fiktionswirkung des § 13 Abs. 3a SGB V aus, welche offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegen und welche auch subjektiv für den Versicherten nicht als erforderlich gelten können. Ziel dieser Beschränkung ist eine Rechtsmissbrauchskontrolle, nicht jedoch eine Beschränkung auf Leistungen, die bereits jetzt ohne weiteres als Sachleistung zulasten der GKV gewährt werden müssen (vgl. BT-DS 17/11710 BSG Urteil vom 08.03.2016 Az. B 1 KR 25/15 Rn. 26 mwN sowie LSG NRW Beschluss vom 27.03.2017, Az. L 1 KR 702/16). Würden über das Kriterium der Erforderlichkeit nur die Kosten für Leistungen erstattet, zu deren Erbringung die GKV ohnehin verpflichtet ist, könnte über § 13 Abs. 3a SGB V weder eine Beschleunigung des Antragsverfahrens aufgrund drohender Sanktionen noch eine schnelle Klärung der Leistungsansprüche erreicht werden. Der GKV würden bei Ignorieren des §13 Abs. 3a SGB V und nur bei tatsächlicher Vorleistung des Versicherten allenfalls die Differenzkosten zwischen Vertragspreis und privater Abrechnung drohen – eine Drohung die kaum geeignet ist, das Verfahren tatsächlich zu beschleunigen. Zudem würde § 13 Abs. 3a SGB V regelmäßig anders als von dem Gesetzgeber beabsichtigt nicht zu einer schnellen Klärung der Leistungsansprüche des Klägers führen, denn der Kläger könnte auch nach Ablauf der in § 13 Abs. 3a SGB V vorgesehenen Fristen nicht sicher sein, ob die Genehmigungsfiktion eingetreten ist. Im Falle einer Selbstbeschaffung würde der Versicherte weiterhin das Risiko tragen, keine Erstattung der Kosten durchsetzen zu können.
Die Klägerin durfte vorliegend die von ihr begehrten Liposuktionen für erforderlich halten, obwohl tatsächlich bisher noch keine Empfehlung durch den GBA diesbezüglich ausgesprochen wurde. Die subjektive Vorstellung der Klägerin von der Erforderlichkeit der Liposuktionsbehandlungen und einer möglichen Gewährung durch die Beklagte wurde durch Dr. H. begünstigt. Zwar hat Dr. H. ausdrücklich in seinem Gutachten vom 09.02.2016 darauf hingewiesen, dass bis zur Entscheidung des GBA über die Aufnahme der operativen Behandlung des Lipödems in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen eine entsprechende Abrechnungsziffer im EBM fehle, er hat gleichzeitig jedoch die Auffassung vertreten, dass im Falle der Klägerin die Voraussetzungen für die Gewährung der Kostenübernahme für eine ambulante Liposuktion als Einzelfallentscheidung erfüllt seien. Wenn wie hier der behandelnde Arzt eine Gewährung der Leistung für möglich hält, wäre es nach Auffassung der Kammer deutlich überzogen, von dem Versicherten zu erwarten, dass er die fehlende Genehmigungsfähigkeit einer Leistung erkennt. Das Wissen um die gesetzliche Regelung des § 135 SGB V kann nach Auffassung der Kammer nicht unterstellt werden. Selbst ein mögliches Wissen der Klägerin, dass eine Kostenübernahme zweifelhaft ist, steht der subjektiven Vorstellung von der Erforderlichkeit der Liposuktion nach Auffassung der Kammer nicht entgegen. Allein die Aussicht, um einen Leistungsanspruch mit der GKV ggf. streiten zu müssen, ändert nichts an der subjektiven Vorstellung, dass diese Leistung erforderlich ist. Es dürfte allgemein bekannt sein, dass von Zeit zu Zeit erforderliche Leistungen von der GKV abgelehnt werden, bezüglich derer bei weiterer Prüfung ein Anspruch bejaht wird. Ohne weitere Anhaltspunkte verneint die Kammer dementsprechend eine rechtsmissbräuchliche Antragsstellung der Klägerin und bejaht eine (subjektive) Erforderlichkeit der begehrten Leistung im Sinne des § 13 Abs. 3a SGB V.
Die Beklagte hat über den Antrag der Klägerin zugegangen am 18.02.2016 weder innerhalb der vorliegend maßgeblichen Frist von 3 Wochen, noch innerhalb von 5 Wochen entschieden. Ein schriftliche Mitteilung und Begründung der Fristüberschreitung im Sinne des § 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V hat es nicht gegeben.
Zusammenfassend bejaht die Kammer somit den Leistungsanspruch der Klägerin aufgrund des Eintritts der Genehmigungsfiktion drei Wochen nach Antragstellung am 11.03.2016.
Die der Genehmigungsfiktion entgegenstehende Entscheidung der Beklagten vom 05.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2016 ist dementsprechend rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihrem durch die Genehmigungsfiktion entstandenen Recht auf Gewährung der begehrten Liposuktion. Die Entscheidungen der Beklagten können insbesondere nicht als Rücknahme der fingierten Genehmigung entsprechend § 45 SGB X gewertet werden, denn die Beklagte wollte ersichtlich keine fingierte Entscheidung zurücknehmen, sondern über den Antrag der Klägerin erstmals entscheiden. Die Voraussetzungen des § 45 SGB V wurden nicht geprüft, Ermessen wurde nicht ausgeübt.
Zusammenfassend hat die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung der begehrten ambulanten Liposuktionen der Arme, Oberschenkel und Unterschenkel gemäß § 13 Abs. 3a SGB V, weil die Beklagte über ihren Antrag nicht innerhalb der in § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V vorgesehenen 3-Wochen-Frist entschieden hat. Abschließend sei dem Gericht der Hinweis gestattet, dass bei aller Skepsis gegenüber der Regelung des § 13 Abs. 3a SGB V – diese Regelung ermöglicht Leistungen zu Lasten der Solidargemeinschaft, welche im schlechtesten Fall medizinisch nicht nur nicht erforderlich sondern sogar schädlich sind – das vorliegende Verfahren zeigt, dass die gesetzgeberische Initiative zur Beschleunigung des Antragsverfahrens seine Berechtigung hat. Erst auf Nachfrage der Klägerin im Juni 2016 wurde erkannt, dass sämtliche Antragsunterlagen der Klägerin fehlten.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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