S 10 R 58/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 10 R 58/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
S 10 R 58/12
Sozialgericht Hamburg
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit

hat die Kammer 10 des Sozialgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2017 durch



für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob für die in P. zurückgelegten, nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anrechenbaren Zeiten Entgeltpunkte oder Entgeltpunkte (Ost) zu berücksichtigen sind.

Der am xxxxx.1945 geborene Kläger stammt aus P. und hat die p. Staatsangehörigkeit. Er erlangte 1969 an der Universität K. den Titel des Diplom-Ingenieurs. 1977 wurde ihm in P. der Titel des Doktors der technischen Wissenschaften verliehen. Von Dezember 1982 bis August 1983 war der Kläger als Stipendiat der P. Akademie der Wissenschaften und von September 1983 bis Februar 1984 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der T. tätig. Der Kläger zog sodann zunächst wieder zurück nach P.. Ab September 1985 war er erneut als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der T. tätig. Zum 31.05.1994 zog der Kläger nach J. im b. Landkreis S., da er eine Stelle als Oberingenieur an der Universität C. angenommen hatte. Am 01.02.2001 zog er zurück nach H., wo er seine bisherige Tätigkeit an der T. wieder aufnahm. Nach Ablauf des dortigen Zeitvertrages war er seit Februar 2005 arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld.

Am 01.03.2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen, alternativ eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, jeweils ab 01.10.2007. Mit Bescheid vom 24.05.2007 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 01.03.2007 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Mit Bescheid vom 07.06.2007 nahm sie den Rentenbescheid vom 24.05.2007 bezüglich des Rentenbeginns am 01.03.2007 zurück, da der Kläger die Rente erst ab 01.10.2007 beantragt hatte. Mit Rentenbescheid vom 04.10.2007 bewilligte die Beklagte sodann eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 01.10.2007.

Mit Bescheid vom 03.12.2007 gewährte die Beklagte dem Kläger anstelle seiner bisherigen Rente Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.10.2007 und berechnete diese Rente mit Bescheid vom 06.12.2007 neu. Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein und wandte sich gegen die Berücksichtigung von Entgeltpunkten (Ost), eine vermeintlich zu niedrige Beitragsbemessungsgrenze und die Nichtberücksichtigung von rentenrechtlichen Zeiten. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger erhob dagegen am 30.10.2008 Klage zum SG Hamburg (Az. S 4 R 1159/08). Am 21.01.2010 fand ein Termin zur mündlichen Verhandlung statt, in welchem die Beklagte die Zeit von August 1969 bis Januar 1970 als Beitragszeit anerkannte. Der Kläger nahm das Anerkenntnis an und die Klage im Übrigen zurück.

In Ausführung dieses angenommenen Anerkenntnisses wurde die Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit Rentenbescheid vom 15.02.2010 durch die Beklagte neu festgestellt. Die Beklagte ermittelte dabei (s. Anlage 3 zum Bescheid) für die nach dem FRG anrechenbaren Zeiten (01.08.1969 bis 31.08.1983 und 02.02.1984 bis 24.09.1985) Entgeltpunkte (Ost). Der Kläger legte dagegen erneut Widerspruch ein und machte wiederum geltend, dass für die Zeiten seiner beruflichen Tätigkeiten in P. Entgeltpunkte statt Entgeltpunkte (Ost) zu berücksichtigen seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück, da er sich nicht gegen die Ausführung des Anerkenntnisses richte. Der Kläger erhob dagegen am 14.07.2010 Klage zum Sozialgericht (Az. S 4 R 628/10). Das Gericht riet dem Kläger im Termin am 07.07.2011 dazu, die Bescheide gegebenenfalls überprüfen zu lassen. Der Kläger nahm daraufhin die Klage zurück und beantragte die Überprüfung sämtlicher Rentenbescheide der Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Mit Bescheid vom 01.09.2011 lehnte die Beklagte die Rücknahme der Bescheide vom 03.12.2007, 06.12.2007 und 15.02.2010 ab, da bei Erlass dieser Bescheide weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Im Falle des Klägers finde Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) Anwendung. Denn der Kläger habe nach dem 31.12.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegt und am 31.12.1991 keinen Rentenanspruch gehabt.

Der Kläger legte Widerspruch gegen den Bescheid vom 01.09.2011 ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass der vorübergehende Aufenthalt im Beitrittsgebiet von Januar 1994 bis Januar 2001 es nicht rechtfertige, ihn mit dem Personenkreis zu vergleichen, der Beitragszeiten im Beitrittsgebiet vor dem 31.12.1990 zurückgelegt habe, oder mit Aussiedlern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet vor dem 01.01.1992 begründet hätten. Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG sei so auszulegen, dass der gewöhnliche Aufenthalt im Beitrittsgebiet vor dem 01.01.1991 bestanden haben müsse. Für diejenigen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt erst nach diesem Zeitpunkt im Beitrittsgebiet begründet und danach in die alten Bundesländer verlegt hätten, gelte grundsätzlich Abs. 6 Satz 3 der Vorschrift, der indes auf ihn ebenfalls nicht zutreffe. Es sei kein sachlicher Grund zu erkennen, weshalb er anders behandelt werden sollte, als diejenigen Berechtigten nach dem FRG, die vor Erwerb des Anspruchs auf Zahlung einer Rente ihren gewöhnlichen Aufenthalt durchgehend in den alten Bundesländern gehabt hätten. Der vorübergehende Wohnort im Beitrittsgebiet, dem eine Übersiedlung in die alten Bundesländer vorausgegangen und dem eine Entstehung des Zahlungsanspruchs bei einem Wohnsitz in den alten Ländern gefolgt sei, könne keine Zuordnung zum Rentenwert Ost begründen. Diese Auffassung werde auch durch Art. 2 Abs. 1 Satz 3 des Zustimmungsgesetzes vom 12.03.1976 zum Deutsch-Polnischen Sozialversicherungsabkommen vom 09.10.1975 (ZustG-DPSVA 1975) gestützt. Das FRG finde auf ihn auch nur über das DPSVA 1975 Anwendung, da er weder Aussiedler noch Übersiedler sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2012 unter Wiederholung der Begründung des Ablehnungsbescheides zurück. Ergänzend führte sie aus, dem Umstand, dass der Kläger nach seinem Zuzug aus P. im September 1985 seinen gewöhnlichen Aufenthalt zunächst in den alten Bundesländern genommen und diesen erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich im Januar 1994, ins Beitrittsgebiet verlegt habe, komme keine Bedeutung zu. Auch den Regelungen des Art. 2 Abs. 1 ZustG-DPSVA 1975 über die Eingliederung der zu berücksichtigenden P. Versicherungszeiten in die deutsche Rentenversicherung sei nichts anderes zu entnehmen. Dieser Bestimmung zufolge seien p. Versicherungszeiten bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nach den Regelungen des FRG und des FANG zu berücksichtigen. Dies sei hier zutreffend erfolgt.

Der Kläger hat am 11.01.2012 Klage erhoben.

Er verweist auf seine Widerspruchsbegründung.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.09.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2012 zu verpflichten, die Bescheide vom 03.12.2007, 06.12.2007 und 15.02.2010 abzuändern und ihm eine höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung von Entgeltpunkten für die von ihm in P. zurückgelegten Zeiten vom 01.08.1969 bis 31.08.1983 und vom 02.02.1984 bis 24.09.1985 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf den Inhalt der Akten und den angefochtenen Bescheid.

Am 19.11.2012 hat ein Termin zur Erörterung des Sachverhaltes stattgefunden. Der Kläger hat darin erneut hervorgehoben, dass seiner Auffassung nach in seinem Falle keine der Alternativen des Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG greife, da er am 31.12.1991 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern gehabt habe und daher wie ein „Altbundesbürger“ zu behandeln sei. Die Vorschrift ziele darauf, Fremdrentner, die vor dem Beitritt ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der DDR gehabt hätten, wie DDR-Bürger zu behandeln.

Am 12.06.2017 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll dieser Verhandlung, die übrige Prozessakte sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.



Entscheidungsgründe

I. Klagegegenstand ist der Bescheid vom 01.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2012, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, die Rentenbescheide vom 03.12.2007, 06.12.2007 und 15.02.2010 abzuändern und die dem Kläger gewährte Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Zugrundelegung von Entgeltpunkten statt Entgeltpunkten (Ost) für die Beitragszeiten in P. vom 01.08.1969 bis 31.08.1983 und vom 02.02.1984 bis 24.09.1985 neu zu berechnen.

II. Die Klage ist zulässig.

Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 iVm § 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Anfechtungsklage ist gerichtet auf die gerichtliche Aufhebung des Überprüfungsbescheides vom 01.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2012, die Verpflichtungsklage auf die Aufhebung der bestandskräftigen Bescheide vom 03.12.2007, 06.12.2007 und 15.02.2010 durch die Beklagte und die Rentenneufeststellung unter Zugrundelegung von Entgeltpunkten. Das Vorverfahren (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG) ist ordnungsgemäß durchgeführt und die Klage fristgerecht erhoben worden (§ 87 SGG).

III. Die Klage ist aber unbegründet.

Der Bescheid vom 01.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2012 ist rechtmäßig und der Kläger daher nicht iSv § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Neufeststellung der Rente mit der Maßgabe einer Bewertung der im Herkunftsland P. zurückgelegten Rentenzeiten mit den höheren Entgeltpunkten, anstelle der von der Beklagten herangezogenen Entgeltpunkte (Ost).

1. Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrte Abänderung der Rentenbewilligungsbescheide ist § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen (auf die der Begünstigte nach der neuen Leistungsbewilligung Anspruch hat) nach den Vorschriften der besonderen Teile des Sozialgesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (vgl. § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X).

2. Die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage liegen nicht vor. Die Beklagte hat bei Erlass der Rentenbescheide vom 03.12.2007, 06.12.2007 und 15.02.2010 in rechtmäßiger Weise für die in Streit stehenden, in P. zurückgelegten Zeiten Entgeltpunkte (Ost) statt Entgeltpunkte zugrunde gelegt.

a) Der Anspruch des Klägers auf Berücksichtigung und Bewertung der von ihm in P. zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten folgt aus Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 iVm Art. 2 Abs. 1 des ZustG-DPSVA 1975 (vom 12.03.1976 – BGBl. II S. 393).

Nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 berücksichtigt der Rentenversicherungsträger bei Feststellung der Rente nach den für ihn geltenden Vorschriften Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellte Zeiten im anderen Staat so, als ob sie im Gebiet des ersten Staates zurückgelegt worden wären. Nach Art. 2 Abs. 1 ZustG-DPSVA 1975 sind Zeiten, die nach dem P. Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Anwendung des FRG und des FANG zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 02. Oktober 1990 – dem alten Bundesgebiet – wohnt. Dies trifft auf den in H. wohnhaften Kläger zu.

Das DPSVA 1975 wird vorliegend auch nicht durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 08.12.1990 (DPSVA 1990 – BGBl. II S. 743), das durch das Zustimmungsgesetz vom 18.06.1991 (BGBl. II S. 741) in innerstaatliches Recht transformiert wurde und am 01.10.1991 in Kraft getreten ist (BGBl II. S. 1072), verdrängt. Nach den Übergangs- und Schlussbestimmungen des DPSVA 1990 ist das DPSVA 1975 unter den Voraussetzungen des Art. 27 Abs. 2 bis 4 DPSVA 1990 weiterhin anwendbar. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der mit Wirkung vom 01.05.2010 in Kraft getretenen Verordnung (EG) 883/2004 vom 29.04.2004 (ABl. EU Nr. L 166 vom 30.04.2004, zuletzt geändert durch Verordnung (EU)1372/2013 vom 19.12.2013, ABl. EU Nr. L 346 vom 20.12.2013; s. dazu im Einzelnen BSG, Urteil vom 10.12.2013 – B 13 R 9/13 R –, juris Rn. 16 ff.). Nach Art. 27 Abs. 2 Satz 1 DPSVA 1990 werden die vor dem 01.01.1991 aufgrund des DPSVA 1975 von Personen in einem Vertragsstaat erworbenen Ansprüche durch das DPSVA 1990 nicht berührt, solange diese Personen auch nach dem 31.12.1990 ihren Wohnort im Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaats beibehalten. Dies ist hier der Fall.

Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 ZustG-DPSVA 1975 findet das FANG auf diejenigen der in Art. 7 des Abkommens genannten Berechtigten, die die Voraussetzungen des § 1 und der (die gesetzliche Unfallversicherung betreffenden) § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder § 5 Abs. 4 Satz 2 des FRG nicht erfüllen, solange entsprechend Anwendung, als sie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 02. Oktober 1990 wohnen. Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 1 FRG, da er nicht zu den dort unter a) bis e) genannten Personen zählt. Er wohnt aber im (alten) Bundesgebiet.

b) Die Berechnung der monatlichen Rente unter Ansatz von Entgeltpunkten (Ost) ist nicht zu beanstanden.

aa) Die Höhe der monatlichen Rente ergibt sich, indem die Summe der ermittelten Entgeltpunkte mit dem Zugangsfaktor, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert multipliziert wird (§ 64 SGB Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – VI). Dabei unterscheidet das SGB VI – bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse – zwischen Entgeltpunkten und Entgeltpunkten (Ost). Erstere werden mit dem aktuellen Rentenwert, letztere mit dem geringeren Rentenwert (Ost) vervielfältigt (§§ 254b, 255a SGB VI). Während für in Deutschland zurückgelegte Beitragszeiten die Zuordnung zu Entgeltpunkten bzw. Entgeltpunkten (Ost) grundsätzlich davon abhängt, ob sie im Beitrittsgebiet oder in den alten Bundesländern zurückgelegt worden sind (§ 254d SGB VI), sind zunächst gem. § 22 FRG (in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung) für im nichtdeutschen Herkunftsland zurückgelegte Beitrags- und Beschäftigungszeiten iSv §§ 15 und 16 FRG Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1, erster Halbsatz, Satz 2 und 9 SGB VI zu ermitteln. Die Vorschrift enthält Sonderregeln zur Ermittlung von Entgeltpunkten für glaubhaft gemachte Beitragszeiten (Diel, in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand: 12/2011, § 256b Rn. 1).

bb) Soweit – wie im vorliegenden Fall – im nichtdeutschen Herkunftsland zurückgelegte Beitragszeiten nach dem FRG mit Entgeltpunkten bei der Rentenfestsetzung berücksichtigt werden, findet Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG Anwendung. Die Norm trifft eine Regelung hinsichtlich der Zuordnung der Beitragszeiten zu den Entgeltpunkten bzw. den Entgeltpunkten (Ost).

Nach Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG werden bei Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz, die

a) ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet haben und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz erwerben,

b) nach dem 31. Dezember 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegen und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz erwerben oder

c) nach dem 31. Dezember 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet in das Beitrittsgebiet verlegen und bereits vor Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz haben,

für nach dem Fremdrentengesetz anrechenbare Zeiten Entgeltpunkte (Ost) ermittelt; im Falle von Buchstabe c gilt dies nur, sofern am 31. Dezember 1991 Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz nicht bestand. Dies gilt auch für die Zeiten eines weiteren Rentenbezuges aufgrund neuer Rentenfeststellungen, wenn sich die Rentenbezugszeiten ununterbrochen aneinander anschließen. Bei Berechtigten nach Satz 1 Buchstabe a und c, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegen, verbleibt es für Zeiten nach dem Fremdrentengesetz bei den ermittelten Entgeltpunkten (Ost).

cc) Der Kläger unterfällt als FRG-Berechtigter der Regelung des Art 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG. Er hat nach dem 31.12.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegt, indem er am 01.02.2001 von J., wo er unstreitig seit 31.05.1994 seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, nach H. umgezogen ist. Der Kläger hat auch im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet nach dem 31.12.1991 einen „Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG“ im alten Bundesgebiet erworben. Damit ist ein Zahlungsanspruch auf eine Rente nach dem SGB VI gemeint, bei deren Feststellung FRG-Zeiten zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 13 R 1/12 R –, juris). Dieser Zahlungsanspruch stand dem Kläger ab 01.10.2007 zu.

Als Rechtsfolge sieht Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1, erster Halbsatz FANG die Ermittlung von Entgeltpunkten (Ost) für nach dem FRG anrechenbare Zeiten vor, so wie von der Beklagten hier durchgeführt.

dd) Die Kammer sieht keine Möglichkeit, die Vorschrift des Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG dahingehend auszulegen, dass der Fall des Klägers nicht von ihr erfasst würde.

(1) Ein solches Ergebnis könnte nur durch eine Auslegung erreicht werden, die jene FRG-Berechtigten vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausnimmt, die ihren (neuen) gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet erst nach dem 31.12.1990 begründet hatten. Angesichts des klaren Wortlautes würde eine solche Auslegung von Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG eine Korrektur der Vorschrift im Wege richterlicher Rechtsfortbildung darstellen, die den Gerichten u.a. dann zusteht, wenn die Norm nach ihrer grammatikalischen Fassung auch auf Sachverhalte Anwendung fände, die nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfasst werden sollen, weil Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelung gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen. In einem solchen Fall ist eine zu weit gefasste Regelung im Wege der teleologischen Reduktion auf den ihr zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (BSG, Urteil vom 15.12.2016 – B 5 RE 2/16 R –, juris, mwN zur Rspr. u.a. des BVerfG). Es genügt nicht, die Vorschrift für rechtspolitisch verfehlt zu halten, sondern es bedarf einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes, einer verdeckten Lücke, bezogen auf eine über den Plan des Gesetzgebers hinausreichende Regelung (BSG, Urteil vom 28.06.1979 – 4 RJ 61/78; Urteil vom 25.02.2010 – B 10 LW 1/09 R; jeweils juris).

(2) Ein klarer gesetzgeberischer Wille, jene Sachverhalte nicht unter die Vorschrift fallen zu lassen, in denen der gewöhnliche Aufenthalt im Beitrittsgebiet erst nach dem 31.12.1990 begründet wurde, ist nicht zu identifizieren.

Die seinerzeitige Neufassung von Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG durch Art. 15 Nr. 2 f) des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz – RÜG) vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606) erfolgte im Rahmen der Überleitung des Fremdrentenrechts auf das Beitrittsgebiet zum 01.01.1992 und als Reaktion darauf, dass es seit Abschluss des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 18.05.1990 (BGBl. II S. 537) zu einer Schlechterstellung von (DDR-) Übersiedlern gegenüber Aussiedlern gekommen war. Denn der Staatsvertrag und das Gesetz zum Staatsvertrag (BGBl. II S. 518) hatten die Anwendung des FRG auf Übersiedler aus der DDR ausgeschlossen, wenn sie nach dem 18.05.1990 in der Bundesrepublik ihren gewöhnlichen Aufenthalt genommen hatten. Hingegen standen Aussiedlern weiterhin Rentenansprüche nach dem FRG zu. Sie wurden mit dem Rentenniveau West in das System der gesetzlichen Rentenversicherung integriert, während Übersiedler auf das niedrigere Rentenniveau Ost verwiesen wurden (Binne, in: Deutsche Rentenversicherung 1991, S. 493). Lediglich jene Aussiedler, die sich im Beitrittsgebiet niedergelassen hatten, erhielten für die Zeit bis zum 31.12.1991 mangels Erstreckung des FRG auf das Beitrittsgebiet Leistungen nach dem ehemaligen Rentenrecht der DDR.

Das RÜG vom 25.07.1991 behielt nun Leistungen nach dem FRG für Aussiedler bei, da der Gesetzgeber eine Aufgabe des Integrationsprinzips des Fremdrentenrechts und eine Übertragung der für Übersiedler aus der DDR getroffenen Regelungen des Staatsvertrages zwischen der Bundesrepublik und der DDR auf Aussiedler für nicht vertretbar hielt (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum RÜG vom 23.04.1991, BT-Drs. 12/405, S. 115). Stattdessen sollte das FRG dergestalt fortentwickelt werden, dass das Rentenniveau der FRG-Berechtigten – ausgehend vom Ziel, einen „angemessenen Lebensstandard“ zu sichern – dem jeweiligen Aufenthaltsort (alte Bundesländer oder Beitrittsgebiet) entspricht. Bei Zuzug nach dem 31.12.1990 aus einem FRG-Herkunftsgebiet in die alten Bundesländer sollten FRG-Leistungen auf einem Niveau, das dem Lohnniveau strukturschwacher Regionen des alten Bundesgebietes entsprach (70 % der verfügbaren Standardrente, vgl. Art. 15 Nr. 2 g) RÜG), gewährt werden. Wer hingegen als Aussiedler Aufnahme im Beitrittsgebiet findet, sollte Leistungen erhalten, die dem Rentenniveau der dort lebenden Bürger entsprachen (Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 19.06.1991, BT-Drs. 12/786, S. V) – seinerzeit ca. 46 % des Rentenniveaus West (BT-Drs. 12/405 aaO). Der Gesetzgeber wollte damit den unterschiedlichen Lebensbedingungen auch in den alten Bundesländern Rechnung tragen (BT-Drs. 12/405 aaO und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 20.06.1991, BT-Drs. 12/826, S. 12).

Der Gesetzgeber hielt es dabei auch für erforderlich, wegen der unterschiedlichen Leistungshöhe den Anreiz für einen Wohnortwechsel in die alten Bundesländer zu nehmen und für Aussiedler, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer (oder auch aus den alten Bundesländern in das Beitrittsgebiet) verlegen, keine günstigeren Regelungen zu treffen, als sie für Bundesbürger im Beitrittsgebiet galten (BT-Drs. 12/405 aaO). Er sah daher vor, dass bei Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer die Rente auf dem Rentenniveau Ost beibehalten wird. Umgekehrt sollte nach dem Willen des Gesetzgebers bei Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes aus den alten Bundesländern in das Beitrittsgebiet eine Absenkung der FRG-Leistungen auf das Rentenniveau Ost erfolgen (BT-Drs. 12/405 aaO und S. 167, zu Art. 14 Nummer 2 Buchstabe f).

Den Materialien ist nicht zu entnehmen, dass Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG nicht auf FRG-Berechtigte anzuwenden wäre, die zwar nach dem 31.12.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer verlegen, aber bereits einmal zuvor ihren gewöhnlichen Aufenthalt im alten Bundesgebiet gehabt haben. Lediglich der Passus der Gesetzesbegründung, „Wer als Aussiedler im Beitrittsgebiet Aufnahme findet, soll Leistungen erhalten, die dem Rentenniveau der dort lebenden Bürger entsprechen“ (BT-Drs. 12/405, S. 115), könnte die Auffassung des Klägers stützen, da der Begriff der „Aufnahme“ in Richtung eines erstmals begründeten gewöhnlichen Aufenthaltes im Beitrittsgebiet nach Verlassen des Herkunftslandes gedeutet werden könnte. Die erstmalige Aufnahme in diesem Sinne hatte der Kläger aber – auch wenn es sich bei ihm nicht um einen Aussiedler handelt, sondern seine FRG-Berechtigung aus dem DPSVA 1975 herrührt – in den alten Bundesländern bereits ab 1985 gefunden.

Aus Sicht der Kammer stellt dieser einzelne Hinweis in der Gesetzesbegründung aber keinen hinreichenden Anhaltspunkt dar, um von einer dem Wortlaut entgegenstehenden Regelungsabsicht des Gesetzgebers auszugehen.

(3) Sinn und Zweck der Regelung erfordern keine andere Beurteilung.

Die Anwendung von Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG auch auf Berechtigte wie den Kläger steht im Einklang mit dem Ziel der Vorschrift, Anreize zum Umzug vom Beitrittsgebiet in die alten Länder nach Inkrafttreten des RÜG zu vermeiden. Es ist kein sachlicher Grund zu erkennen, weshalb die Vorschrift nicht auch auf jene FRG-Berechtigten zu erstrecken sein sollte, die nach einer ursprünglichen Wohnsitznahme in den alten Ländern später – nach dem 31.12.1990 – ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet begründet haben. Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG idF des RÜG trat am 01.01.1992 in Kraft, und zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet, war dort auch integriert und entschied sich im Jahr 2001, und damit lange nach Inkrafttreten der Vorschrift, dazu, in das alte Bundesgebiet zurückzuziehen. Dass es sich bei der Wohnsitznahme in J. um einen lediglich „vorübergehenden gewöhnlichen Aufenthalt“ gehandelt habe, wie der Kläger betont, ist rechtlich aber ohne Bedeutung. Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Dies ist der Fall, wenn der Aufenthalt nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist (BSG, Urteil vom 31.10.2012 aaO). Dies trifft fraglos auf den Aufenthalt des Klägers in J. zu.

(4) Auch eine systematische Auslegung stützt die Auffassung des Klägers nicht.

(a) Vielmehr zeigt Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 c) und Satz 3 FANG, dass es der Gesetzgeber für zumutbar gehalten hat, wenn bei FRG-Berechtigten, die (insoweit wie der Kläger) nach dem 31.12.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in das Beitrittsgebiet verlegt und (insoweit anders als der Kläger) bereits vor Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes einen FRG-Rentenanspruch hatten, es auch dann für Zeiten nach dem FRG bei den ermittelten Entgeltpunkten (Ost) bleibt, wenn sie den Wohnsitz wieder in die alten Länder zurückverlegen. Auch diese unter Buchstabe c) fallenden Berechtigten hatten vor Umzug in das Beitrittsgebiet einen gewöhnlichen Aufenthalt im alten Bundesgebiet begründet und waren dort nach Aussiedlung aus dem Herkunftsgebiet aufgenommen und eingegliedert worden. Auch sie hatten – im Sinne der Argumentation des Klägers – bis zu ihrem Umzug in das Beitrittsgebiet keinen Bezug zu dort zurückgelegten Beitragszeiten oder zu Aussiedlern, die ihren ersten gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet begründet hatten. Gleichwohl wird ihre Rente durch Zugrundelegung von Entgeltpunkten (Ost) nach Umzug ins Beitrittsgebiet gekürzt und verbleibt es auch bei einem späteren Rückzug in die alten Länder bei der Kürzung.

(b) Für dieses Verständnis des Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG spricht auch ein Vergleich mit § 254d Abs. 2 Satz 1 SGB VI. Die Vorschrift regelt in Absatz 1, für welche Beitragszeiten im Beitrittsgebiet Entgeltpunkte (Ost) zu berücksichtigen sind. § 254d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) SGB VI macht davon eine Ausnahme. So sind Entgeltpunkte statt Entgeltpunkte (Ost) zu berücksichtigen für vor dem 19.05.1990 zurückgelegte (Beitrittsgebiets-) Zeiten, wenn der Versicherte seinen gewöhnlichen Aufenthalt am Stichtag 18.05.1990 schon im alten Bundesgebiet hatte, solange er sich im Inland gewöhnlich aufhält. Aus Vertrauensschutzgründen sollen dann für alle Beitragszeiten Entgeltpunkte ermittelt werden (Stahl, in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand: 06/99, § 254d Rn. 4). Verlegt der Versicherte seinen Wohnsitz in das Beitrittsgebiet, bleibt es gleichwohl bei der Berücksichtigung von Entgeltpunkten, wenn eine Rente nach dem SGB VI erstmals festgestellt wird (Kreikebohm, in: ders., SGB VI, 4. Aufl. 2013, § 254d Rn. 28).

Es liegt nahe, dass der Gesetzgeber eine entsprechende Vertrauensschutzregelung auch im Zuge der Änderung von Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG durch das RÜG aufgenommen hätte, wenn er jene FRG-Berechtigten, die am 31.12.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im alten Bundesgebiet gehabt haben, von der Anwendung des Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG hätte ausnehmen wollen.

(c) Der Hinweis des Klägers auf Art. 2 Abs. 1 Satz 3 ZustG-DPSVA 1975 (in der durch Art. 2 des Gesetzes zu dem Abkommen vom 8. Dezember 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit erlangten, ab 23.06.1991 geltenden Fassung – BGBl. II S. 741) führt zu keinem anderen Ergebnis.

Satz 1 der Vorschrift schreibt die Anwendung von FRG und FANG bei der Berücksichtigung p. Versicherungszeiten vor. Nach Satz 2 sind die im Beitrittsgebiet geltenden Rechtsvorschriften für die Berücksichtigung dieser Zeiten maßgebend, wenn der Berechtigte im Beitrittsgebiet wohnt. Dies gilt nach Satz 3 auch dann, wenn der Berechtigte seinen Wohnort in das alte Bundesgebiet verlegt, wenn er am 02.10.1990 im Beitrittsgebiet wohnte.

Die Auffassung des Klägers, aus Satz 3 folge im Umkehrschluss, dass bei Berechtigten nach dem DPSVA 1975 eine spätere vorübergehende Wohnsitznahme in den neuen Bundesländern ohne Bedeutung sei, vermag die Kammer nicht zu teilen. Der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 12/303, S. 5) ist zu entnehmen, dass die entsprechende Änderung des Art. 2 ZustG-DPSVA 1975 für erforderlich gehalten wurde, da das FRG im Beitrittsgebiet noch nicht galt und noch keine Rechtseinheit im Bereich der Renten- und Unfallversicherung im vereinten Deutschland bestand. Bis zur Herstellung der Rechtseinheit sollten für die Berücksichtigung von Versicherungszeiten und Arbeitsunfällen (Berufskrankheiten), die nach P. Rechtsvorschriften zurückgelegt bzw. eingetreten seien, die im jeweiligen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechtsvorschriften grundsätzlich angewendet werden. Eine Ausnahme bestehe nur dann, wenn der Berechtigte am 02.10.1990 Beitrittsgebiet gewohnt habe und er deshalb Ansprüche nach dem Abkommen zwischen der früheren DDR und der Volksrepublik Polen aus dem Jahre 1957 gehabt habe. Werde der Wohnort in diesem Fall in das alte Bundesgebiet verlegt, bleibe das für das beigetretene Gebiet geltende Recht maßgeblich. Art. 2 Abs. 1 Satz 3 ZustG-DPSVA 1975 zielt folglich auf Berechtigte aus einem Vertrag zwischen der DDR und P. und damit auf einen völlig anderen Personenkreis, so dass Rückschlüsse auf die Auslegung von Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG nicht gezogen werden können.

(5) Letztlich ist eine teleologische Reduktion der Vorschrift im genannten Sinne auch verfassungsrechtlich nicht geboten.

Rentenanwartschaften und Rentenansprüche, die allein durch das Fremdrentenrecht begründet sind, unterfallen nicht dem Schutz des Art. 64
. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG), wenn ihnen Beitrags- oder Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die alleine in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden. Denn es fehlt bei diesen Zeiten am Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung in eine bundesdeutsche Rentenversicherung (BVerfG, Beschluss vom 21.07.2010 – 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05 –, juris).

Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Das Bundessozialgericht hat insoweit zu Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG dargelegt, dass die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dann besonders weit geht, wenn er Lebenssachverhalte verschieden behandelt und die Betroffenen sich durch eigenes Verhalten auf die unterschiedlichen Regelungen einstellen können (BSG, Urteil vom 31.10.2012 aaO). Der Gesetzgeber habe mit der Regelung der Öffnung der deutsch-deutschen Grenze im Fremdrentenrecht Rechnung tragen und einen angemessenen Lebensstandard am jeweiligen Aufenthaltsort sichern wollen, ohne Anreize für eine Verlegung des Wohnsitzes zu setzen. Wer als Aussiedler im Beitrittsgebiet Aufnahme gefunden habe, habe Leistungen erhalten sollen, die dem Rentenniveau der dort lebenden Bürger entsprächen. Der Gesetzgeber treffe (mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG) mit der Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt auch keine willkürliche Differenzierung.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.


Der Anwendung des Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG auf einen Berechtigten nach dem FRG, der nach dem 31.12.1990 (hier: im Jahr 2001) seinen gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegt hat, steht nicht entgegen, dass der Berechtigte bereits zuvor (hier: von 1985 bis 1994) einen (erstmaligen) gewöhnlichen Aufenthalt im alten Bundesgebiet begründet hatte. Auch in diesem Fall sind demnach für nach dem FRG anrechenbare Zeiten Entgeltpunkte (Ost) zu ermitteln.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob für die in P. zurückgelegten, nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anrechenbaren Zeiten Entgeltpunkte oder Entgeltpunkte (Ost) zu berücksichtigen sind.

Der am xxxxx.1945 geborene Kläger stammt aus P. und hat die p. Staatsangehörigkeit. Er erlangte 1969 an der Universität K. den Titel des Diplom-Ingenieurs. 1977 wurde ihm in P. der Titel des Doktors der technischen Wissenschaften verliehen. Von Dezember 1982 bis August 1983 war der Kläger als Stipendiat der P. Akademie der Wissenschaften und von September 1983 bis Februar 1984 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der T. tätig. Der Kläger zog sodann zunächst wieder zurück nach P ... Ab September 1985 war er erneut als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der T. tätig. Zum 31.05.1994 zog der Kläger nach J. im b. Landkreis S., da er eine Stelle als Oberingenieur an der Universität C. angenommen hatte. Am 01.02.2001 zog er zurück nach H., wo er seine bisherige Tätigkeit an der T. wieder aufnahm. Nach Ablauf des dortigen Zeitvertrages war er seit Februar 2005 arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld.

Am 01.03.2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen, alternativ eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, jeweils ab 01.10.2007. Mit Bescheid vom 24.05.2007 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 01.03.2007 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Mit Bescheid vom 07.06.2007 nahm sie den Rentenbescheid vom 24.05.2007 bezüglich des Rentenbeginns am 01.03.2007 zurück, da der Kläger die Rente erst ab 01.10.2007 beantragt hatte. Mit Rentenbescheid vom 04.10.2007 bewilligte die Beklagte sodann eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 01.10.2007.

Mit Bescheid vom 03.12.2007 gewährte die Beklagte dem Kläger anstelle seiner bisherigen Rente Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.10.2007 und berechnete diese Rente mit Bescheid vom 06.12.2007 neu. Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein und wandte sich gegen die Berücksichtigung von Entgeltpunkten (Ost), eine vermeintlich zu niedrige Beitragsbemessungsgrenze und die Nichtberücksichtigung von rentenrechtlichen Zeiten. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger erhob dagegen am 30.10.2008 Klage zum SG Hamburg (Az. S 4 R 1159/08). Am 21.01.2010 fand ein Termin zur mündlichen Verhandlung statt, in welchem die Beklagte die Zeit von August 1969 bis Januar 1970 als Beitragszeit anerkannte. Der Kläger nahm das Anerkenntnis an und die Klage im Übrigen zurück.

In Ausführung dieses angenommenen Anerkenntnisses wurde die Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit Rentenbescheid vom 15.02.2010 durch die Beklagte neu festgestellt. Die Beklagte ermittelte dabei (s. Anlage 3 zum Bescheid) für die nach dem FRG anrechenbaren Zeiten (01.08.1969 bis 31.08.1983 und 02.02.1984 bis 24.09.1985) Entgeltpunkte (Ost). Der Kläger legte dagegen erneut Widerspruch ein und machte wiederum geltend, dass für die Zeiten seiner beruflichen Tätigkeiten in P. Entgeltpunkte statt Entgeltpunkte (Ost) zu berücksichtigen seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück, da er sich nicht gegen die Ausführung des Anerkenntnisses richte. Der Kläger erhob dagegen am 14.07.2010 Klage zum Sozialgericht (Az. S 4 R 628/10). Das Gericht riet dem Kläger im Termin am 07.07.2011 dazu, die Bescheide gegebenenfalls überprüfen zu lassen. Der Kläger nahm daraufhin die Klage zurück und beantragte die Überprüfung sämtlicher Rentenbescheide der Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Mit Bescheid vom 01.09.2011 lehnte die Beklagte die Rücknahme der Bescheide vom 03.12.2007, 06.12.2007 und 15.02.2010 ab, da bei Erlass dieser Bescheide weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Im Falle des Klägers finde Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) Anwendung. Denn der Kläger habe nach dem 31.12.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegt und am 31.12.1991 keinen Rentenanspruch gehabt.

Der Kläger legte Widerspruch gegen den Bescheid vom 01.09.2011 ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass der vorübergehende Aufenthalt im Beitrittsgebiet von Januar 1994 bis Januar 2001 es nicht rechtfertige, ihn mit dem Personenkreis zu vergleichen, der Beitragszeiten im Beitrittsgebiet vor dem 31.12.1990 zurückgelegt habe, oder mit Aussiedlern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet vor dem 01.01.1992 begründet hätten. Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG sei so auszulegen, dass der gewöhnliche Aufenthalt im Beitrittsgebiet vor dem 01.01.1991 bestanden haben müsse. Für diejenigen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt erst nach diesem Zeitpunkt im Beitrittsgebiet begründet und danach in die alten Bundesländer verlegt hätten, gelte grundsätzlich Abs. 6 Satz 3 der Vorschrift, der indes auf ihn ebenfalls nicht zutreffe. Es sei kein sachlicher Grund zu erkennen, weshalb er anders behandelt werden sollte, als diejenigen Berechtigten nach dem FRG, die vor Erwerb des Anspruchs auf Zahlung einer Rente ihren gewöhnlichen Aufenthalt durchgehend in den alten Bundesländern gehabt hätten. Der vorübergehende Wohnort im Beitrittsgebiet, dem eine Übersiedlung in die alten Bundesländer vorausgegangen und dem eine Entstehung des Zahlungsanspruchs bei einem Wohnsitz in den alten Ländern gefolgt sei, könne keine Zuordnung zum Rentenwert Ost begründen. Diese Auffassung werde auch durch Art. 2 Abs. 1 Satz 3 des Zustimmungsgesetzes vom 12.03.1976 zum Deutsch-Polnischen Sozialversicherungsabkommen vom 09.10.1975 (ZustG-DPSVA 1975) gestützt. Das FRG finde auf ihn auch nur über das DPSVA 1975 Anwendung, da er weder Aussiedler noch Übersiedler sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2012 unter Wiederholung der Begründung des Ablehnungsbescheides zurück. Ergänzend führte sie aus, dem Umstand, dass der Kläger nach seinem Zuzug aus P. im September 1985 seinen gewöhnlichen Aufenthalt zunächst in den alten Bundesländern genommen und diesen erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich im Januar 1994, ins Beitrittsgebiet verlegt habe, komme keine Bedeutung zu. Auch den Regelungen des Art. 2 Abs. 1 ZustG-DPSVA 1975 über die Eingliederung der zu berücksichtigenden P. Versicherungszeiten in die deutsche Rentenversicherung sei nichts anderes zu entnehmen. Dieser Bestimmung zufolge seien p. Versicherungszeiten bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nach den Regelungen des FRG und des FANG zu berücksichtigen. Dies sei hier zutreffend erfolgt.

Der Kläger hat am 11.01.2012 Klage erhoben.

Er verweist auf seine Widerspruchsbegründung.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.09.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2012 zu verpflichten, die Bescheide vom 03.12.2007, 06.12.2007 und 15.02.2010 abzuändern und ihm eine höhere Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung von Entgeltpunkten für die von ihm in P. zurückgelegten Zeiten vom 01.08.1969 bis 31.08.1983 und vom 02.02.1984 bis 24.09.1985 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf den Inhalt der Akten und den angefochtenen Bescheid.

Am 19.11.2012 hat ein Termin zur Erörterung des Sachverhaltes stattgefunden. Der Kläger hat darin erneut hervorgehoben, dass seiner Auffassung nach in seinem Falle keine der Alternativen des Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG greife, da er am 31.12.1991 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den alten Bundesländern gehabt habe und daher wie ein "Altbundesbürger" zu behandeln sei. Die Vorschrift ziele darauf, Fremdrentner, die vor dem Beitritt ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der DDR gehabt hätten, wie DDR-Bürger zu behandeln.

Am 12.06.2017 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll dieser Verhandlung, die übrige Prozessakte sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Klagegegenstand ist der Bescheid vom 01.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2012, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, die Rentenbescheide vom 03.12.2007, 06.12.2007 und 15.02.2010 abzuändern und die dem Kläger gewährte Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Zugrundelegung von Entgeltpunkten statt Entgeltpunkten (Ost) für die Beitragszeiten in P. vom 01.08.1969 bis 31.08.1983 und vom 02.02.1984 bis 24.09.1985 neu zu berechnen.

II. Die Klage ist zulässig.

Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 iVm § 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Anfechtungsklage ist gerichtet auf die gerichtliche Aufhebung des Überprüfungsbescheides vom 01.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2012, die Verpflichtungsklage auf die Aufhebung der bestandskräftigen Bescheide vom 03.12.2007, 06.12.2007 und 15.02.2010 durch die Beklagte und die Rentenneufeststellung unter Zugrundelegung von Entgeltpunkten. Das Vorverfahren (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG) ist ordnungsgemäß durchgeführt und die Klage fristgerecht erhoben worden (§ 87 SGG).

III. Die Klage ist aber unbegründet.

Der Bescheid vom 01.09.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2012 ist rechtmäßig und der Kläger daher nicht iSv § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Neufeststellung der Rente mit der Maßgabe einer Bewertung der im Herkunftsland P. zurückgelegten Rentenzeiten mit den höheren Entgeltpunkten, anstelle der von der Beklagten herangezogenen Entgeltpunkte (Ost).

1. Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrte Abänderung der Rentenbewilligungsbescheide ist § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen (auf die der Begünstigte nach der neuen Leistungsbewilligung Anspruch hat) nach den Vorschriften der besonderen Teile des Sozialgesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (vgl. § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X).

2. Die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage liegen nicht vor. Die Beklagte hat bei Erlass der Rentenbescheide vom 03.12.2007, 06.12.2007 und 15.02.2010 in rechtmäßiger Weise für die in Streit stehenden, in P. zurückgelegten Zeiten Entgeltpunkte (Ost) statt Entgeltpunkte zugrunde gelegt.

a) Der Anspruch des Klägers auf Berücksichtigung und Bewertung der von ihm in P. zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten folgt aus Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 iVm Art. 2 Abs. 1 des ZustG-DPSVA 1975 (vom 12.03.1976 – BGBl. II S. 393).

Nach Art. 4 Abs. 2 DPSVA 1975 berücksichtigt der Rentenversicherungsträger bei Feststellung der Rente nach den für ihn geltenden Vorschriften Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellte Zeiten im anderen Staat so, als ob sie im Gebiet des ersten Staates zurückgelegt worden wären. Nach Art. 2 Abs. 1 ZustG-DPSVA 1975 sind Zeiten, die nach dem P. Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, bei der Feststellung einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Anwendung des FRG und des FANG zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 02. Oktober 1990 – dem alten Bundesgebiet – wohnt. Dies trifft auf den in H. wohnhaften Kläger zu.

Das DPSVA 1975 wird vorliegend auch nicht durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 08.12.1990 (DPSVA 1990 – BGBl. II S. 743), das durch das Zustimmungsgesetz vom 18.06.1991 (BGBl. II S. 741) in innerstaatliches Recht transformiert wurde und am 01.10.1991 in Kraft getreten ist (BGBl II. S. 1072), verdrängt. Nach den Übergangs- und Schlussbestimmungen des DPSVA 1990 ist das DPSVA 1975 unter den Voraussetzungen des Art. 27 Abs. 2 bis 4 DPSVA 1990 weiterhin anwendbar. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der mit Wirkung vom 01.05.2010 in Kraft getretenen Verordnung (EG) 883/2004 vom 29.04.2004 (ABl. EU Nr. L 166 vom 30.04.2004, zuletzt geändert durch Verordnung (EU)1372/2013 vom 19.12.2013, ABl. EU Nr. L 346 vom 20.12.2013; s. dazu im Einzelnen BSG, Urteil vom 10.12.2013 – B 13 R 9/13 R –, juris Rn. 16 ff.). Nach Art. 27 Abs. 2 Satz 1 DPSVA 1990 werden die vor dem 01.01.1991 aufgrund des DPSVA 1975 von Personen in einem Vertragsstaat erworbenen Ansprüche durch das DPSVA 1990 nicht berührt, solange diese Personen auch nach dem 31.12.1990 ihren Wohnort im Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaats beibehalten. Dies ist hier der Fall.

Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 ZustG-DPSVA 1975 findet das FANG auf diejenigen der in Art. 7 des Abkommens genannten Berechtigten, die die Voraussetzungen des § 1 und der (die gesetzliche Unfallversicherung betreffenden) § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder § 5 Abs. 4 Satz 2 des FRG nicht erfüllen, solange entsprechend Anwendung, als sie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 02. Oktober 1990 wohnen. Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 1 FRG, da er nicht zu den dort unter a) bis e) genannten Personen zählt. Er wohnt aber im (alten) Bundesgebiet.

b) Die Berechnung der monatlichen Rente unter Ansatz von Entgeltpunkten (Ost) ist nicht zu beanstanden.

aa) Die Höhe der monatlichen Rente ergibt sich, indem die Summe der ermittelten Entgeltpunkte mit dem Zugangsfaktor, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert multipliziert wird (§ 64 SGB Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – VI). Dabei unterscheidet das SGB VI – bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse – zwischen Entgeltpunkten und Entgeltpunkten (Ost). Erstere werden mit dem aktuellen Rentenwert, letztere mit dem geringeren Rentenwert (Ost) vervielfältigt (§§ 254b, 255a SGB VI). Während für in Deutschland zurückgelegte Beitragszeiten die Zuordnung zu Entgeltpunkten bzw. Entgeltpunkten (Ost) grundsätzlich davon abhängt, ob sie im Beitrittsgebiet oder in den alten Bundesländern zurückgelegt worden sind (§ 254d SGB VI), sind zunächst gem. § 22 FRG (in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung) für im nichtdeutschen Herkunftsland zurückgelegte Beitrags- und Beschäftigungszeiten iSv §§ 15 und 16 FRG Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1, erster Halbsatz, Satz 2 und 9 SGB VI zu ermitteln. Die Vorschrift enthält Sonderregeln zur Ermittlung von Entgeltpunkten für glaubhaft gemachte Beitragszeiten (Diel, in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand: 12/2011, § 256b Rn. 1).

bb) Soweit – wie im vorliegenden Fall – im nichtdeutschen Herkunftsland zurückgelegte Beitragszeiten nach dem FRG mit Entgeltpunkten bei der Rentenfestsetzung berücksichtigt werden, findet Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG Anwendung. Die Norm trifft eine Regelung hinsichtlich der Zuordnung der Beitragszeiten zu den Entgeltpunkten bzw. den Entgeltpunkten (Ost).

Nach Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG werden bei Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz, die

a) ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet haben und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz erwerben,

b) nach dem 31. Dezember 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegen und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz erwerben oder

c) nach dem 31. Dezember 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet in das Beitrittsgebiet verlegen und bereits vor Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz haben,

für nach dem Fremdrentengesetz anrechenbare Zeiten Entgeltpunkte (Ost) ermittelt; im Falle von Buchstabe c gilt dies nur, sofern am 31. Dezember 1991 Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz nicht bestand. Dies gilt auch für die Zeiten eines weiteren Rentenbezuges aufgrund neuer Rentenfeststellungen, wenn sich die Rentenbezugszeiten ununterbrochen aneinander anschließen. Bei Berechtigten nach Satz 1 Buchstabe a und c, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegen, verbleibt es für Zeiten nach dem Fremdrentengesetz bei den ermittelten Entgeltpunkten (Ost).

cc) Der Kläger unterfällt als FRG-Berechtigter der Regelung des Art 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG. Er hat nach dem 31.12.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegt, indem er am 01.02.2001 von J., wo er unstreitig seit 31.05.1994 seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, nach H. umgezogen ist. Der Kläger hat auch im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet nach dem 31.12.1991 einen "Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG" im alten Bundesgebiet erworben. Damit ist ein Zahlungsanspruch auf eine Rente nach dem SGB VI gemeint, bei deren Feststellung FRG-Zeiten zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 13 R 1/12 R –, juris). Dieser Zahlungsanspruch stand dem Kläger ab 01.10.2007 zu.

Als Rechtsfolge sieht Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1, erster Halbsatz FANG die Ermittlung von Entgeltpunkten (Ost) für nach dem FRG anrechenbare Zeiten vor, so wie von der Beklagten hier durchgeführt.

dd) Die Kammer sieht keine Möglichkeit, die Vorschrift des Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG dahingehend auszulegen, dass der Fall des Klägers nicht von ihr erfasst würde.

(1) Ein solches Ergebnis könnte nur durch eine Auslegung erreicht werden, die jene FRG-Berechtigten vom Anwendungsbereich der Vorschrift ausnimmt, die ihren (neuen) gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet erst nach dem 31.12.1990 begründet hatten. Angesichts des klaren Wortlautes würde eine solche Auslegung von Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG eine Korrektur der Vorschrift im Wege richterlicher Rechtsfortbildung darstellen, die den Gerichten u.a. dann zusteht, wenn die Norm nach ihrer grammatikalischen Fassung auch auf Sachverhalte Anwendung fände, die nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfasst werden sollen, weil Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelung gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen. In einem solchen Fall ist eine zu weit gefasste Regelung im Wege der teleologischen Reduktion auf den ihr zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (BSG, Urteil vom 15.12.2016 – B 5 RE 2/16 R –, juris, mwN zur Rspr. u.a. des BVerfG). Es genügt nicht, die Vorschrift für rechtspolitisch verfehlt zu halten, sondern es bedarf einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes, einer verdeckten Lücke, bezogen auf eine über den Plan des Gesetzgebers hinausreichende Regelung (BSG, Urteil vom 28.06.1979 – 4 RJ 61/78; Urteil vom 25.02.2010 – B 10 LW 1/09 R; jeweils juris).

(2) Ein klarer gesetzgeberischer Wille, jene Sachverhalte nicht unter die Vorschrift fallen zu lassen, in denen der gewöhnliche Aufenthalt im Beitrittsgebiet erst nach dem 31.12.1990 begründet wurde, ist nicht zu identifizieren.

Die seinerzeitige Neufassung von Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG durch Art. 15 Nr. 2 f) des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz – RÜG) vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606) erfolgte im Rahmen der Überleitung des Fremdrentenrechts auf das Beitrittsgebiet zum 01.01.1992 und als Reaktion darauf, dass es seit Abschluss des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 18.05.1990 (BGBl. II S. 537) zu einer Schlechterstellung von (DDR-) Übersiedlern gegenüber Aussiedlern gekommen war. Denn der Staatsvertrag und das Gesetz zum Staatsvertrag (BGBl. II S. 518) hatten die Anwendung des FRG auf Übersiedler aus der DDR ausgeschlossen, wenn sie nach dem 18.05.1990 in der Bundesrepublik ihren gewöhnlichen Aufenthalt genommen hatten. Hingegen standen Aussiedlern weiterhin Rentenansprüche nach dem FRG zu. Sie wurden mit dem Rentenniveau West in das System der gesetzlichen Rentenversicherung integriert, während Übersiedler auf das niedrigere Rentenniveau Ost verwiesen wurden (Binne, in: Deutsche Rentenversicherung 1991, S. 493). Lediglich jene Aussiedler, die sich im Beitrittsgebiet niedergelassen hatten, erhielten für die Zeit bis zum 31.12.1991 mangels Erstreckung des FRG auf das Beitrittsgebiet Leistungen nach dem ehemaligen Rentenrecht der DDR.

Das RÜG vom 25.07.1991 behielt nun Leistungen nach dem FRG für Aussiedler bei, da der Gesetzgeber eine Aufgabe des Integrationsprinzips des Fremdrentenrechts und eine Übertragung der für Übersiedler aus der DDR getroffenen Regelungen des Staatsvertrages zwischen der Bundesrepublik und der DDR auf Aussiedler für nicht vertretbar hielt (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum RÜG vom 23.04.1991, BT-Drs. 12/405, S. 115). Stattdessen sollte das FRG dergestalt fortentwickelt werden, dass das Rentenniveau der FRG-Berechtigten – ausgehend vom Ziel, einen "angemessenen Lebensstandard" zu sichern – dem jeweiligen Aufenthaltsort (alte Bundesländer oder Beitrittsgebiet) entspricht. Bei Zuzug nach dem 31.12.1990 aus einem FRG-Herkunftsgebiet in die alten Bundesländer sollten FRG-Leistungen auf einem Niveau, das dem Lohnniveau strukturschwacher Regionen des alten Bundesgebietes entsprach (70 % der verfügbaren Standardrente, vgl. Art. 15 Nr. 2 g) RÜG), gewährt werden. Wer hingegen als Aussiedler Aufnahme im Beitrittsgebiet findet, sollte Leistungen erhalten, die dem Rentenniveau der dort lebenden Bürger entsprachen (Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 19.06.1991, BT-Drs. 12/786, S. V) – seinerzeit ca. 46 % des Rentenniveaus West (BT-Drs. 12/405 aaO). Der Gesetzgeber wollte damit den unterschiedlichen Lebensbedingungen auch in den alten Bundesländern Rechnung tragen (BT-Drs. 12/405 aaO und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 20.06.1991, BT-Drs. 12/826, S. 12).

Der Gesetzgeber hielt es dabei auch für erforderlich, wegen der unterschiedlichen Leistungshöhe den Anreiz für einen Wohnortwechsel in die alten Bundesländer zu nehmen und für Aussiedler, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer (oder auch aus den alten Bundesländern in das Beitrittsgebiet) verlegen, keine günstigeren Regelungen zu treffen, als sie für Bundesbürger im Beitrittsgebiet galten (BT-Drs. 12/405 aaO). Er sah daher vor, dass bei Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer die Rente auf dem Rentenniveau Ost beibehalten wird. Umgekehrt sollte nach dem Willen des Gesetzgebers bei Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes aus den alten Bundesländern in das Beitrittsgebiet eine Absenkung der FRG-Leistungen auf das Rentenniveau Ost erfolgen (BT-Drs. 12/405 aaO und S. 167, zu Art. 14 Nummer 2 Buchstabe f).

Den Materialien ist nicht zu entnehmen, dass Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG nicht auf FRG-Berechtigte anzuwenden wäre, die zwar nach dem 31.12.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer verlegen, aber bereits einmal zuvor ihren gewöhnlichen Aufenthalt im alten Bundesgebiet gehabt haben. Lediglich der Passus der Gesetzesbegründung, "Wer als Aussiedler im Beitrittsgebiet Aufnahme findet, soll Leistungen erhalten, die dem Rentenniveau der dort lebenden Bürger entsprechen" (BT-Drs. 12/405, S. 115), könnte die Auffassung des Klägers stützen, da der Begriff der "Aufnahme" in Richtung eines erstmals begründeten gewöhnlichen Aufenthaltes im Beitrittsgebiet nach Verlassen des Herkunftslandes gedeutet werden könnte. Die erstmalige Aufnahme in diesem Sinne hatte der Kläger aber – auch wenn es sich bei ihm nicht um einen Aussiedler handelt, sondern seine FRG-Berechtigung aus dem DPSVA 1975 herrührt – in den alten Bundesländern bereits ab 1985 gefunden.

Aus Sicht der Kammer stellt dieser einzelne Hinweis in der Gesetzesbegründung aber keinen hinreichenden Anhaltspunkt dar, um von einer dem Wortlaut entgegenstehenden Regelungsabsicht des Gesetzgebers auszugehen.

(3) Sinn und Zweck der Regelung erfordern keine andere Beurteilung.

Die Anwendung von Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG auch auf Berechtigte wie den Kläger steht im Einklang mit dem Ziel der Vorschrift, Anreize zum Umzug vom Beitrittsgebiet in die alten Länder nach Inkrafttreten des RÜG zu vermeiden. Es ist kein sachlicher Grund zu erkennen, weshalb die Vorschrift nicht auch auf jene FRG-Berechtigten zu erstrecken sein sollte, die nach einer ursprünglichen Wohnsitznahme in den alten Ländern später – nach dem 31.12.1990 – ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet begründet haben. Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG idF des RÜG trat am 01.01.1992 in Kraft, und zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet, war dort auch integriert und entschied sich im Jahr 2001, und damit lange nach Inkrafttreten der Vorschrift, dazu, in das alte Bundesgebiet zurückzuziehen. Dass es sich bei der Wohnsitznahme in J. um einen lediglich "vorübergehenden gewöhnlichen Aufenthalt" gehandelt habe, wie der Kläger betont, ist rechtlich aber ohne Bedeutung. Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Dies ist der Fall, wenn der Aufenthalt nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist (BSG, Urteil vom 31.10.2012 aaO). Dies trifft fraglos auf den Aufenthalt des Klägers in J. zu.

(4) Auch eine systematische Auslegung stützt die Auffassung des Klägers nicht.

(a) Vielmehr zeigt Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 c) und Satz 3 FANG, dass es der Gesetzgeber für zumutbar gehalten hat, wenn bei FRG-Berechtigten, die (insoweit wie der Kläger) nach dem 31.12.1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in das Beitrittsgebiet verlegt und (insoweit anders als der Kläger) bereits vor Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes einen FRG-Rentenanspruch hatten, es auch dann für Zeiten nach dem FRG bei den ermittelten Entgeltpunkten (Ost) bleibt, wenn sie den Wohnsitz wieder in die alten Länder zurückverlegen. Auch diese unter Buchstabe c) fallenden Berechtigten hatten vor Umzug in das Beitrittsgebiet einen gewöhnlichen Aufenthalt im alten Bundesgebiet begründet und waren dort nach Aussiedlung aus dem Herkunftsgebiet aufgenommen und eingegliedert worden. Auch sie hatten – im Sinne der Argumentation des Klägers – bis zu ihrem Umzug in das Beitrittsgebiet keinen Bezug zu dort zurückgelegten Beitragszeiten oder zu Aussiedlern, die ihren ersten gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet begründet hatten. Gleichwohl wird ihre Rente durch Zugrundelegung von Entgeltpunkten (Ost) nach Umzug ins Beitrittsgebiet gekürzt und verbleibt es auch bei einem späteren Rückzug in die alten Länder bei der Kürzung.

(b) Für dieses Verständnis des Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG spricht auch ein Vergleich mit § 254d Abs. 2 Satz 1 SGB VI. Die Vorschrift regelt in Absatz 1, für welche Beitragszeiten im Beitrittsgebiet Entgeltpunkte (Ost) zu berücksichtigen sind. § 254d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) SGB VI macht davon eine Ausnahme. So sind Entgeltpunkte statt Entgeltpunkte (Ost) zu berücksichtigen für vor dem 19.05.1990 zurückgelegte (Beitrittsgebiets-) Zeiten, wenn der Versicherte seinen gewöhnlichen Aufenthalt am Stichtag 18.05.1990 schon im alten Bundesgebiet hatte, solange er sich im Inland gewöhnlich aufhält. Aus Vertrauensschutzgründen sollen dann für alle Beitragszeiten Entgeltpunkte ermittelt werden (Stahl, in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand: 06/99, § 254d Rn. 4). Verlegt der Versicherte seinen Wohnsitz in das Beitrittsgebiet, bleibt es gleichwohl bei der Berücksichtigung von Entgeltpunkten, wenn eine Rente nach dem SGB VI erstmals festgestellt wird (Kreikebohm, in: ders., SGB VI, 4. Aufl. 2013, § 254d Rn. 28).

Es liegt nahe, dass der Gesetzgeber eine entsprechende Vertrauensschutzregelung auch im Zuge der Änderung von Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG durch das RÜG aufgenommen hätte, wenn er jene FRG-Berechtigten, die am 31.12.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im alten Bundesgebiet gehabt haben, von der Anwendung des Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG hätte ausnehmen wollen.

(c) Der Hinweis des Klägers auf Art. 2 Abs. 1 Satz 3 ZustG-DPSVA 1975 (in der durch Art. 2 des Gesetzes zu dem Abkommen vom 8. Dezember 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit erlangten, ab 23.06.1991 geltenden Fassung – BGBl. II S. 741) führt zu keinem anderen Ergebnis.

Satz 1 der Vorschrift schreibt die Anwendung von FRG und FANG bei der Berücksichtigung p. Versicherungszeiten vor. Nach Satz 2 sind die im Beitrittsgebiet geltenden Rechtsvorschriften für die Berücksichtigung dieser Zeiten maßgebend, wenn der Berechtigte im Beitrittsgebiet wohnt. Dies gilt nach Satz 3 auch dann, wenn der Berechtigte seinen Wohnort in das alte Bundesgebiet verlegt, wenn er am 02.10.1990 im Beitrittsgebiet wohnte.

Die Auffassung des Klägers, aus Satz 3 folge im Umkehrschluss, dass bei Berechtigten nach dem DPSVA 1975 eine spätere vorübergehende Wohnsitznahme in den neuen Bundesländern ohne Bedeutung sei, vermag die Kammer nicht zu teilen. Der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 12/303, S. 5) ist zu entnehmen, dass die entsprechende Änderung des Art. 2 ZustG-DPSVA 1975 für erforderlich gehalten wurde, da das FRG im Beitrittsgebiet noch nicht galt und noch keine Rechtseinheit im Bereich der Renten- und Unfallversicherung im vereinten Deutschland bestand. Bis zur Herstellung der Rechtseinheit sollten für die Berücksichtigung von Versicherungszeiten und Arbeitsunfällen (Berufskrankheiten), die nach P. Rechtsvorschriften zurückgelegt bzw. eingetreten seien, die im jeweiligen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechtsvorschriften grundsätzlich angewendet werden. Eine Ausnahme bestehe nur dann, wenn der Berechtigte am 02.10.1990 Beitrittsgebiet gewohnt habe und er deshalb Ansprüche nach dem Abkommen zwischen der früheren DDR und der Volksrepublik Polen aus dem Jahre 1957 gehabt habe. Werde der Wohnort in diesem Fall in das alte Bundesgebiet verlegt, bleibe das für das beigetretene Gebiet geltende Recht maßgeblich. Art. 2 Abs. 1 Satz 3 ZustG-DPSVA 1975 zielt folglich auf Berechtigte aus einem Vertrag zwischen der DDR und P. und damit auf einen völlig anderen Personenkreis, so dass Rückschlüsse auf die Auslegung von Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 b) FANG nicht gezogen werden können.

(5) Letztlich ist eine teleologische Reduktion der Vorschrift im genannten Sinne auch verfassungsrechtlich nicht geboten.

Rentenanwartschaften und Rentenansprüche, die allein durch das Fremdrentenrecht begründet sind, unterfallen nicht dem Schutz des Art. 64. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG), wenn ihnen Beitrags- oder Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die alleine in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden. Denn es fehlt bei diesen Zeiten am Äquivalent einer nicht unerheblichen eigenen Leistung in eine bundesdeutsche Rentenversicherung (BVerfG, Beschluss vom 21.07.2010 – 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05 –, juris).

Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Das Bundessozialgericht hat insoweit zu Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG dargelegt, dass die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dann besonders weit geht, wenn er Lebenssachverhalte verschieden behandelt und die Betroffenen sich durch eigenes Verhalten auf die unterschiedlichen Regelungen einstellen können (BSG, Urteil vom 31.10.2012 aaO). Der Gesetzgeber habe mit der Regelung der Öffnung der deutsch-deutschen Grenze im Fremdrentenrecht Rechnung tragen und einen angemessenen Lebensstandard am jeweiligen Aufenthaltsort sichern wollen, ohne Anreize für eine Verlegung des Wohnsitzes zu setzen. Wer als Aussiedler im Beitrittsgebiet Aufnahme gefunden habe, habe Leistungen erhalten sollen, die dem Rentenniveau der dort lebenden Bürger entsprächen. Der Gesetzgeber treffe (mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG) mit der Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt auch keine willkürliche Differenzierung.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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