Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 927/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 817/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehören bei Mitgliedern in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) auch die Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage. Die Krankenkasse ist berechtigt, die Beiträge aus diesem Arbeitseinkommen durch Verwaltungsakt festzusetzen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25.01.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Beitragspflicht aus Einkünften aus Gewerbebetrieb (hier Photovoltaikanlage).
Der 1952 geborene Kläger ist seit 01.10.2015 als Rentner versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Im Dezember 2015 reichte der Kläger die ihm von der Beklagten übersandte "Erklärung über Einkünfte aus Renten, Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen" bei der Beklagten ein. Darin gab er den Bezug einer eigenen Rente ab 01.10.2015 in Höhe von monatlich 1.514,56 EUR an. Zu sonstigen Einnahmen verwies er auf die beigefügte Berechnung der Einkommensteuer, des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer für 2013 und 2014 sowie die Einnahmenüberschussrechnung für 2014. Daraus ergaben sich für 2013 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 269 EUR, für 2014 iHv 2.080 EUR. Bei dem Gewerbebetrieb handelt es sich um den Betrieb einer Photovoltaikanlage. Für diese Anlage, die im Juni 2010 fertiggestellt wurde, schloss der Kläger im Mai 2010 einen Stromeinspeisungsvertrag mit der Stromversorgung S. am N. GmbH ab; wegen Einzelheiten des Vertragsinhalts wird auf Bl 17/19 der Akten des Sozialgerichts Reutlingen (SG) Bezug genommen. Auf Anforderung der Beklagten übersandte der Kläger die Einkommensteuerbescheide für 2013 (erlassen am 16.09.2014) und für 2014 (erlassen am 17.09.2015). Die darin nachgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb stimmen mit den vorgelegten Berechnungen überein.
Mit Bescheid vom 12.01.2016 machte die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) ab 01.10.2015 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus dem Einkommen aus dem Gewerbebetrieb/Photovoltaikanlage geltend. Sie legte dabei ein monatliches Arbeitseinkommen iHv 173,33 EUR auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheides für 2014 zugrunde und forderte für die Zeit vom 01.10.2015 bis 31.12.2015 einen Gesamtbeitrag in Höhe von monatlich 30,77 EUR, ab dem 01.01.2016 (einschließlich des Zusatzbeitrags) in Höhe von monatlich 31,81 EUR. Für den Zeitraum bis zum 30.12.2015 ergab sich eine Nachforderung iHv 92,31 EUR. Zur Begründung führte die Beklagte ua aus, der Kläger sei ab dem 01.10.2015 in der Krankenversicherung der Rentner und in der Pflegeversicherung versichert. Aus der Rente berechne der Rentenversicherungsträger ab diesem Tag den Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag und behalte diesen direkt aus der Rente ein. Das Einkommen aus dem Gewerbebetrieb/Photovoltaikanlage unterliege ab dem 01.10.2015 ebenfalls der Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 18.01.2016 Widerspruch. Die am 22.06.2010 installierte Photovoltaikanlage werfe noch keinen Gewinn ab, da sie sich noch nicht amortisiert habe. Was die Beklagte als Einkünfte bezeichne, sei kein Gewinn, sondern nur ein Vorschuss vom ersparten Geld. Mit Schreiben vom 21.01.2016 informierte die Beklagte zu 1) den Kläger über die Rechtslage und wies mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2016, ergangen auch im Namen der Beklagten zu 2), den Widerspruch zurück.
Am 11.04.2016 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage zum SG erhoben. Das SG hat die Klage aufgrund mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 25.01.2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei versicherungspflichtigen Rentnern werde nach § 237 SGB V der Beitragsbemessung ua das Arbeitseinkommen zugrunde gelegt. Arbeitseinkommen sei nach § 15 SGB IV der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen sei als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten sei. In verfahrensrechtlicher Hinsicht seien für die Feststellung des Arbeitseinkommens durch die Sozialverwaltung diejenigen Feststellungen maßgeblich, welche die Finanzverwaltung im jeweiligen Einkommensteuerbescheid getroffen habe. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit seien in der Regel dann anzunehmen, wenn der Erwerbstätige mit Gewinnerzielungsabsicht nachhaltig auf eigene Rechnung und Gefahr am allgemeinen Wirtschaftsverkehr teilnehme. Es komme für die Berücksichtigung von Einkommen aus Gewerbebetrieb nicht darauf an, ob überhaupt ein Einsatz von Arbeitskraft erfolge. Es sei auch nicht maßgeblich, ob typischerweise die Arbeitskraft eingesetzt werde. Ausreichend für die Feststellung von Arbeitseinkommen sei die unternehmerische Stellung, die Einkünfte vermittle. Mit dem Betreiben der Photovoltaikanlage nehme der Kläger eine solche unternehmerische Tätigkeit auf. Er erziele Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Es sei deshalb nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Einkünfte aus den Einkommensteuerbescheiden der Beitragsbemessung zugrunde gelegt habe.
Gegen das den Klägerbevollmächtigten am 15.02.2017 zugestellte Urteil haben diese am 02.03.2017 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei den gewerblichen Einkünften aus dem Betrieb seiner Photovoltaikanlage nicht um Arbeitseinkommen aus einer gewerblichen Tätigkeit handle. Er stelle für diese Photovoltaikanlage nämlich keine Arbeitskraft zur Verfügung. Hinzu komme, dass er bislang rein tatsächlich noch keinerlei Gewinn aus dem Betrieb der Anlage erwirtschaftet habe. Er habe bislang mehr investiert, als er aus dem Betrieb der Anlage an Einnahmen erzielt habe. Deshalb könne schon aus diesem Grund nicht von einem sozialversicherungspflichtigen Einkommen gesprochen werden. Zudem liege eine Ungleichbehandlung vor, weil nicht alle Eigner von Photovoltaikanlagen von der Beitragserhebung erfasst würden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25.01.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 12.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.03.2016 aufzuheben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Schreiben vom 04.04.2017 darauf hingewiesen, dass der Senat nach § 153 Abs 4 SGG die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind darauf aufmerksam gemacht worden, dass diese Verfahrensweise aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt ist. Die Beklagten haben sich mit einer solchen Entscheidung einverstanden erklärt. Der Kläger hat sich nicht geäußert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Senat hat das Rubrum berichtigt und die Beklagte zu 2) als Beklagte aufgenommen, weil die Beklagte zu 1) den Beitragsbescheid und den Widerspruchsbescheid auch im Namen der Beklagten zu 2) erlassen hat und der Kläger sich mit seiner Klage von Anfang an gegen die gesamte Beitragsfestsetzung wehrt.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 12.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Beklagte zutreffend Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus dem Einkommen aus dem Gewerbebetrieb/Photovoltaikanlage festgesetzt hat. Die Berechnung und Höhe der Beiträge wird vom Kläger nicht beanstandet.
Nach § 220 Abs 1 Satz 1 Hs 1 SGB V werden die Mittel der Krankenversicherung durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufgebracht. Die Beiträge werden nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen (§ 223 Abs 2 Satz 1 SGB V). Bei versicherungspflichtigen Rentnern werden gemäß § 237 Satz 1 SGB V der Beitragsbemessung zugrunde gelegt der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (Nr 1), der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Nr 2) und das Arbeitseinkommen (Nr 3). Versicherungspflichtige tragen die Beiträge aus dem Arbeitseinkommen allein (§ 250 Abs 1 Nr 2 SGB V), die Beiträge aus der Rente werden vom Rentenversicherungsträger einbehalten. Für Beiträge, die versicherungspflichtige Rentenbezieher aus Arbeitseinkommen zu tragen haben, gilt der Grundsatz, dass der die Beiträge zu zahlen hat, der sie trägt, also der Versicherte (§§ 252 Abs 1 Satz 1, 250 Abs 1 Nr 2 SGB V).
Grundsätzlich ist es Aufgabe des Versicherungsträgers, bei dem die Versicherung besteht, nicht nur über die Versicherungspflicht, sondern auch über die Beitragspflicht, die Beitragshöhe und im Streitfall über die Beitragstragung zu entscheiden, sofern nicht auf Grund von Sonderregelungen wie etwa den Vorschriften über das Einzugsstellenverfahren diese Aufgabe einem anderen Versicherungsträger übertragen ist. Die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung haben auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung "aufgrund der Natur der Sache" allgemein die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten im Beitragsrecht (BSG 17.12.2014, B 12 KR 23/12 R, SozR 2400 § 22 Nr. 4). Demzufolge war die Beklagte berechtigt, die vom Kläger aus dem Arbeitseinkommen zu zahlenden Beiträge durch Verwaltungsakt festzusetzen.
Was unter Arbeitseinkommen zu verstehen ist, wird in § 15 SGB IV gesetzlich definiert. Nach dessen Absatz 1 ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist (§ 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV). Gewollt ist vom Gesetzgeber insoweit ein Gleichlauf zwischen steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Beurteilung von Einkommen. Für die Zuordnung von Einnahmen zum Arbeitseinkommen ist deshalb grundsätzlich die steuerrechtliche Abgrenzung der Einkunftsarten maßgebend (vgl BSG 23.09.1999, B 12 KR 12/98 R, SozR 3-2500 § 240 Nr 31 mwN). Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes als Arbeitseinkommen gemäß § 15 Abs 1 SGB IV zu werten. Diese sind nach § 237 Satz 1 Nr 3 SGB V der Beitragsbemessung zugrunde zu legen und zwar in der Höhe, welche sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergibt. Es übersteigt regelmäßig den den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung zumutbaren Verwaltungsaufwand, die Einkommensverhältnisse eines jeden Versicherten selbst zu prüfen und zu bewerten. Andere Unterlagen als der Einkommensteuerbescheid sind insoweit nicht geeignet, eine verlässliche und für die Vergangenheit abschließende Datenbasis zu liefern (vgl BSG 28.05.2015, B 12 KR 12/13 R, SozR 4-2500 § 240 Nr 26 zur Bedeutung des Einkommensteuerbescheides bei der Beitragsbemessung freiwillig Versicherter).
Mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage in der Absicht, damit Gewinn zu erzielen, erzielt der Kläger nach § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG gewerbliche Einkünfte (BFH 19.09.2014, X R 32/12, BFH/NV 2015, 324 Rn 17; siehe auch eigene Steuerberechnungen des Klägers und Einkommenssteuerbescheid). Da der Kläger mit seiner Photovoltaikanlage ein Gut (elektrischen Strom) produziert und dieses an den Abnehmer verkauft, überschreitet er den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Insbesondere sind die Einkünfte des Klägers aus dem Betrieb und der Veräußerung der Photovoltaikanlage nicht als solche aus Vermietung und Verpachtung iSd § 21 EStG anzusehen, da er nach dem mit dem Netzbetreiber geschlossenen Stromeinspeisungsvertrag vom Mai 2010 die Photovoltaikanlage nicht an den Netzbetreiber vermietet, sondern den mit der Anlage (selbst) erzeugten Strom gegen ein Entgelt in das Stromnetz einspeist (vgl Finanzgericht Baden-Württemberg 05.04.2017, 4 K 3005/14, Rn 50, juris). Auf den Einsatz von Arbeitskraft kommt es bezüglich der zutreffenden Qualifizierung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht an. Dieser Gesichtspunkt spielt weder im Einkommensteuerrecht noch im Sozialversicherungsrecht bei § 15 SGB IV eine Rolle.
Soweit der Kläger vortragen lässt, dass es für ihn unverständlich sei, dass es zahlreiche Eigentümer von Photovoltaikanlagen gebe, die keine entsprechenden Beiträge bezahlen müssten, wird darauf hingewiesen, dass unklar ist, mit welchem Personenkreis sich der Kläger vergleicht. Nach dem Gesetz sind bei allen, die Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner sind, für die Bemessung der Beiträge die beitragspflichtigen Einnahmen - wozu eben auch Einkünfte aus Gewerbetreib gehören - bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen (§§ 223 Abs 3, 231 Abs 3 SGB V). Bei Personen, die privat krankenversichert sind, bemessen sich die Beiträge nicht nach dem Einkommen, sondern nach dem versicherten Risiko. Insoweit liegt jedoch ein völlig anderer Sachverhalt vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Beitragspflicht aus Einkünften aus Gewerbebetrieb (hier Photovoltaikanlage).
Der 1952 geborene Kläger ist seit 01.10.2015 als Rentner versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Im Dezember 2015 reichte der Kläger die ihm von der Beklagten übersandte "Erklärung über Einkünfte aus Renten, Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen" bei der Beklagten ein. Darin gab er den Bezug einer eigenen Rente ab 01.10.2015 in Höhe von monatlich 1.514,56 EUR an. Zu sonstigen Einnahmen verwies er auf die beigefügte Berechnung der Einkommensteuer, des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer für 2013 und 2014 sowie die Einnahmenüberschussrechnung für 2014. Daraus ergaben sich für 2013 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 269 EUR, für 2014 iHv 2.080 EUR. Bei dem Gewerbebetrieb handelt es sich um den Betrieb einer Photovoltaikanlage. Für diese Anlage, die im Juni 2010 fertiggestellt wurde, schloss der Kläger im Mai 2010 einen Stromeinspeisungsvertrag mit der Stromversorgung S. am N. GmbH ab; wegen Einzelheiten des Vertragsinhalts wird auf Bl 17/19 der Akten des Sozialgerichts Reutlingen (SG) Bezug genommen. Auf Anforderung der Beklagten übersandte der Kläger die Einkommensteuerbescheide für 2013 (erlassen am 16.09.2014) und für 2014 (erlassen am 17.09.2015). Die darin nachgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb stimmen mit den vorgelegten Berechnungen überein.
Mit Bescheid vom 12.01.2016 machte die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) ab 01.10.2015 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus dem Einkommen aus dem Gewerbebetrieb/Photovoltaikanlage geltend. Sie legte dabei ein monatliches Arbeitseinkommen iHv 173,33 EUR auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheides für 2014 zugrunde und forderte für die Zeit vom 01.10.2015 bis 31.12.2015 einen Gesamtbeitrag in Höhe von monatlich 30,77 EUR, ab dem 01.01.2016 (einschließlich des Zusatzbeitrags) in Höhe von monatlich 31,81 EUR. Für den Zeitraum bis zum 30.12.2015 ergab sich eine Nachforderung iHv 92,31 EUR. Zur Begründung führte die Beklagte ua aus, der Kläger sei ab dem 01.10.2015 in der Krankenversicherung der Rentner und in der Pflegeversicherung versichert. Aus der Rente berechne der Rentenversicherungsträger ab diesem Tag den Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag und behalte diesen direkt aus der Rente ein. Das Einkommen aus dem Gewerbebetrieb/Photovoltaikanlage unterliege ab dem 01.10.2015 ebenfalls der Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 18.01.2016 Widerspruch. Die am 22.06.2010 installierte Photovoltaikanlage werfe noch keinen Gewinn ab, da sie sich noch nicht amortisiert habe. Was die Beklagte als Einkünfte bezeichne, sei kein Gewinn, sondern nur ein Vorschuss vom ersparten Geld. Mit Schreiben vom 21.01.2016 informierte die Beklagte zu 1) den Kläger über die Rechtslage und wies mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2016, ergangen auch im Namen der Beklagten zu 2), den Widerspruch zurück.
Am 11.04.2016 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage zum SG erhoben. Das SG hat die Klage aufgrund mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 25.01.2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei versicherungspflichtigen Rentnern werde nach § 237 SGB V der Beitragsbemessung ua das Arbeitseinkommen zugrunde gelegt. Arbeitseinkommen sei nach § 15 SGB IV der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen sei als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten sei. In verfahrensrechtlicher Hinsicht seien für die Feststellung des Arbeitseinkommens durch die Sozialverwaltung diejenigen Feststellungen maßgeblich, welche die Finanzverwaltung im jeweiligen Einkommensteuerbescheid getroffen habe. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit seien in der Regel dann anzunehmen, wenn der Erwerbstätige mit Gewinnerzielungsabsicht nachhaltig auf eigene Rechnung und Gefahr am allgemeinen Wirtschaftsverkehr teilnehme. Es komme für die Berücksichtigung von Einkommen aus Gewerbebetrieb nicht darauf an, ob überhaupt ein Einsatz von Arbeitskraft erfolge. Es sei auch nicht maßgeblich, ob typischerweise die Arbeitskraft eingesetzt werde. Ausreichend für die Feststellung von Arbeitseinkommen sei die unternehmerische Stellung, die Einkünfte vermittle. Mit dem Betreiben der Photovoltaikanlage nehme der Kläger eine solche unternehmerische Tätigkeit auf. Er erziele Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Es sei deshalb nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Einkünfte aus den Einkommensteuerbescheiden der Beitragsbemessung zugrunde gelegt habe.
Gegen das den Klägerbevollmächtigten am 15.02.2017 zugestellte Urteil haben diese am 02.03.2017 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei den gewerblichen Einkünften aus dem Betrieb seiner Photovoltaikanlage nicht um Arbeitseinkommen aus einer gewerblichen Tätigkeit handle. Er stelle für diese Photovoltaikanlage nämlich keine Arbeitskraft zur Verfügung. Hinzu komme, dass er bislang rein tatsächlich noch keinerlei Gewinn aus dem Betrieb der Anlage erwirtschaftet habe. Er habe bislang mehr investiert, als er aus dem Betrieb der Anlage an Einnahmen erzielt habe. Deshalb könne schon aus diesem Grund nicht von einem sozialversicherungspflichtigen Einkommen gesprochen werden. Zudem liege eine Ungleichbehandlung vor, weil nicht alle Eigner von Photovoltaikanlagen von der Beitragserhebung erfasst würden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25.01.2017 und den Bescheid der Beklagten vom 12.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.03.2016 aufzuheben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Schreiben vom 04.04.2017 darauf hingewiesen, dass der Senat nach § 153 Abs 4 SGG die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind darauf aufmerksam gemacht worden, dass diese Verfahrensweise aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt ist. Die Beklagten haben sich mit einer solchen Entscheidung einverstanden erklärt. Der Kläger hat sich nicht geäußert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Senat hat das Rubrum berichtigt und die Beklagte zu 2) als Beklagte aufgenommen, weil die Beklagte zu 1) den Beitragsbescheid und den Widerspruchsbescheid auch im Namen der Beklagten zu 2) erlassen hat und der Kläger sich mit seiner Klage von Anfang an gegen die gesamte Beitragsfestsetzung wehrt.
Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 12.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Beklagte zutreffend Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus dem Einkommen aus dem Gewerbebetrieb/Photovoltaikanlage festgesetzt hat. Die Berechnung und Höhe der Beiträge wird vom Kläger nicht beanstandet.
Nach § 220 Abs 1 Satz 1 Hs 1 SGB V werden die Mittel der Krankenversicherung durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufgebracht. Die Beiträge werden nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen (§ 223 Abs 2 Satz 1 SGB V). Bei versicherungspflichtigen Rentnern werden gemäß § 237 Satz 1 SGB V der Beitragsbemessung zugrunde gelegt der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (Nr 1), der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Nr 2) und das Arbeitseinkommen (Nr 3). Versicherungspflichtige tragen die Beiträge aus dem Arbeitseinkommen allein (§ 250 Abs 1 Nr 2 SGB V), die Beiträge aus der Rente werden vom Rentenversicherungsträger einbehalten. Für Beiträge, die versicherungspflichtige Rentenbezieher aus Arbeitseinkommen zu tragen haben, gilt der Grundsatz, dass der die Beiträge zu zahlen hat, der sie trägt, also der Versicherte (§§ 252 Abs 1 Satz 1, 250 Abs 1 Nr 2 SGB V).
Grundsätzlich ist es Aufgabe des Versicherungsträgers, bei dem die Versicherung besteht, nicht nur über die Versicherungspflicht, sondern auch über die Beitragspflicht, die Beitragshöhe und im Streitfall über die Beitragstragung zu entscheiden, sofern nicht auf Grund von Sonderregelungen wie etwa den Vorschriften über das Einzugsstellenverfahren diese Aufgabe einem anderen Versicherungsträger übertragen ist. Die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung haben auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung "aufgrund der Natur der Sache" allgemein die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten im Beitragsrecht (BSG 17.12.2014, B 12 KR 23/12 R, SozR 2400 § 22 Nr. 4). Demzufolge war die Beklagte berechtigt, die vom Kläger aus dem Arbeitseinkommen zu zahlenden Beiträge durch Verwaltungsakt festzusetzen.
Was unter Arbeitseinkommen zu verstehen ist, wird in § 15 SGB IV gesetzlich definiert. Nach dessen Absatz 1 ist Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist (§ 15 Abs 1 Satz 2 SGB IV). Gewollt ist vom Gesetzgeber insoweit ein Gleichlauf zwischen steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Beurteilung von Einkommen. Für die Zuordnung von Einnahmen zum Arbeitseinkommen ist deshalb grundsätzlich die steuerrechtliche Abgrenzung der Einkunftsarten maßgebend (vgl BSG 23.09.1999, B 12 KR 12/98 R, SozR 3-2500 § 240 Nr 31 mwN). Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes als Arbeitseinkommen gemäß § 15 Abs 1 SGB IV zu werten. Diese sind nach § 237 Satz 1 Nr 3 SGB V der Beitragsbemessung zugrunde zu legen und zwar in der Höhe, welche sich aus dem Einkommensteuerbescheid ergibt. Es übersteigt regelmäßig den den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung zumutbaren Verwaltungsaufwand, die Einkommensverhältnisse eines jeden Versicherten selbst zu prüfen und zu bewerten. Andere Unterlagen als der Einkommensteuerbescheid sind insoweit nicht geeignet, eine verlässliche und für die Vergangenheit abschließende Datenbasis zu liefern (vgl BSG 28.05.2015, B 12 KR 12/13 R, SozR 4-2500 § 240 Nr 26 zur Bedeutung des Einkommensteuerbescheides bei der Beitragsbemessung freiwillig Versicherter).
Mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage in der Absicht, damit Gewinn zu erzielen, erzielt der Kläger nach § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG gewerbliche Einkünfte (BFH 19.09.2014, X R 32/12, BFH/NV 2015, 324 Rn 17; siehe auch eigene Steuerberechnungen des Klägers und Einkommenssteuerbescheid). Da der Kläger mit seiner Photovoltaikanlage ein Gut (elektrischen Strom) produziert und dieses an den Abnehmer verkauft, überschreitet er den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung. Insbesondere sind die Einkünfte des Klägers aus dem Betrieb und der Veräußerung der Photovoltaikanlage nicht als solche aus Vermietung und Verpachtung iSd § 21 EStG anzusehen, da er nach dem mit dem Netzbetreiber geschlossenen Stromeinspeisungsvertrag vom Mai 2010 die Photovoltaikanlage nicht an den Netzbetreiber vermietet, sondern den mit der Anlage (selbst) erzeugten Strom gegen ein Entgelt in das Stromnetz einspeist (vgl Finanzgericht Baden-Württemberg 05.04.2017, 4 K 3005/14, Rn 50, juris). Auf den Einsatz von Arbeitskraft kommt es bezüglich der zutreffenden Qualifizierung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht an. Dieser Gesichtspunkt spielt weder im Einkommensteuerrecht noch im Sozialversicherungsrecht bei § 15 SGB IV eine Rolle.
Soweit der Kläger vortragen lässt, dass es für ihn unverständlich sei, dass es zahlreiche Eigentümer von Photovoltaikanlagen gebe, die keine entsprechenden Beiträge bezahlen müssten, wird darauf hingewiesen, dass unklar ist, mit welchem Personenkreis sich der Kläger vergleicht. Nach dem Gesetz sind bei allen, die Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner sind, für die Bemessung der Beiträge die beitragspflichtigen Einnahmen - wozu eben auch Einkünfte aus Gewerbetreib gehören - bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen (§§ 223 Abs 3, 231 Abs 3 SGB V). Bei Personen, die privat krankenversichert sind, bemessen sich die Beiträge nicht nach dem Einkommen, sondern nach dem versicherten Risiko. Insoweit liegt jedoch ein völlig anderer Sachverhalt vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved