Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 4 KR 2533/13
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 1492/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 16. Oktober 2014 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme für eine ambulant durchgeführte Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie (PET/CT) in Höhe von 838,60 EUR streitig.
Hierbei handelt es sich um ein nicht invasives diagnostisches, bildgebendes Verfahren, das quantitative Aussagen über regionale Gebietsdurchblutung, biochemische Vorgänge, Stoff-wechsel u.a. in Form von Schnittbildern ermöglicht. Das Verfahren beruht auf der chemischen Markierung stoffwechselrelevanter Moleküle mit kurzlebigen Radionukliden, bei deren Zerfall Positronen entstehen. Die Aufzeichnung der von diesen Strahlen ausgelösten Strahlung in Form von Schnittbildern gibt ein qualitatives und quantitatives Bild der entsprechenden Stoffwechselprozesse wieder. In der Onkologie nutzt die PET den erhöhten Tumorstoffwechsel und andere spezifische pathophysiologische Prinzipien zum Nachweis von Malignomen und zur Ganzkörperdiagnostik aus. Aufgrund des stark vermehrten Glukosemetabolismus der meisten soliden Tumore sowie von Lymphomen, wird in der klinischen Praxis fast ausschließlich ein Glukoseanalogon eingesetzt (vgl. https://g-ba.de, Stichwort: Positronenemissionstomographie (PET), Zusammenfassende Dokumentation). Bei dem Kombinationsverfahren PET/CT wird die PET mit den Möglichkeiten der radiologischen CT kombiniert.
Die 1953 geborene Klägerin ist bei der Beklagten als freiwilliges Mitglied versichert. Im November 2011 wurde bei ihr ein Colonkarzinom mit tumorösen Satelliten am Zökum diagnostiziert. Sie wurde im Dezember 2011 operiert und anschließend mit Chemotherapie behandelt. Im September 2012 stellten die behandelnden Ärzte der Klägerin bei einer Sonographie einen weiterhin unklaren Leberherd im Segment IV von einer Größe von 6 × 6 cm fest. Sie empfahlen eine Verlaufsbeurteilung mittels PET/CT, die am 6. November 2012 durchgeführt wurde. Sie ergab kein Lokalrezidiv oder Metastasen.
Am 7. Mai 2013 beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für eine am 22. Mai 2013 geplante PET/CT. Sie überreichte u.a. einen von dem Internisten Dr. F. ausgefüllten Fragebogen vom 3. Mai 2013, den Bericht der Radiologischen Praxis Dr. T. vom 25. April 2012, einen Kostenvoranschlag der Z.klinik B. B. GmbH vom 12. Oktober 2012 sowie eine vertragsärztliche Verordnung von Krankenhausbehandlung des Dr. Sch. vom 3. Mai 2013. Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Thüringen (MDK) e.V. mit einer Begutachtung. Dieser führt in seinem Gutachten vom 15. Mai 2013 aus, die PET sei nach den Richtlinien Methoden vertragsärztlicher Versorgung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 17. Januar 2006, zuletzt geändert am 21. Oktober 2010, eine für die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in bestimmten Indikationen verfügbare Leistung. Diese Indikationen lägen bei der Klägerin auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Aspekte nicht vor. Eine Ausschöpfung der vertraglichen Untersuchungen - Magnetresonanztomographie (MRT) oder Kontrastmittelsonographie - könne nicht bestätigt werden. Der Befund stelle sich seit einem Jahr unverändert in seiner Größe dar und sei bereits zweimal in der PET-Untersuchung ohne Nachweis eines erhöhten Glukosemetabolismus geblieben. Anhand der vorliegenden Unterlagen sei eine sich derzeit aus dem PET/CT- Befund ergebende zusätzliche Information mit daraus resultierender therapeutischer Konsequenz und damit eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens eine spürbare positive Entwicklung auf den Krankheitsverlauf nicht nachzuvollziehen.
Mit Bescheid vom 22. Mai 2013 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, die PET/CT-Untersuchung sei ihr ärztlicherseits als geeignete Methode zur Verlaufskontrolle bei Verdacht auf Lebermetastasen empfohlen und angeraten worden. Sie überreichte einen Brief des Dr. Sch. vom 11. Juni 2013. Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten des MDK vom 19. Juni 2013 ein, wonach weiter-hin nicht alle vertraglichen bildgebenden Verfahren ausgeschöpft seien. Sie informierte die Klägerin über das Ergebnis der Begutachtung und hörte sie mit Schreiben vom 19. Juli 2013 zu der beabsichtigten Ablehnung der Kostenübernahme an.
Am 22. Juli 2013 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Klage erhoben. Sie hat den Bericht der Z.klinik B. B. Klinik für Molekulare Radiotherapie Zentrum für Molekulare Bildgebung (PET/CT) vom 5. Juni 2013 über die PET/CT-Untersuchung vom gleichen Tag eingereicht. Danach besteht metabolisch-bildgebend weiterhin komplette Remission. Das SG hat Befundberichte des Dr. M. vom 23. September 2013 (mit Anlagen) und des Dr. Sch. vom 25. September 2013 beigezogen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2013 hat die Beklagte den Widerspruch zurück-gewiesen. Die Klägerin hat im Klageverfahren weiter geltend gemacht, der G-BA habe im Februar 2002 entschieden, dass die PET kein Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sei. Es gebe keine Entscheidung des G-BA zum Nutzen der PET/CT bei Darmkrebspatienten. Die Wissenschaftler des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) seien in ihrem am 24. Oktober 2012 veröffentlichten Abschlussbericht vom 28. August 2012 zum Ergebnis gelangt, dass weitere Studienergebnisse notwendig seien, um wissenschaftlich festzustellen, dass die begehrte PET/CT auch tatsächlich einen Nutzen bringe. Hierbei werde aber verkannt, dass die PET-Untersuchung im klinischen Alltag etabliert sei und sich als hilfreich in der Diagnostik, Therapieplanung und Therapieverlaufskontrolle bei bösartigen Tumorerkrankungen erwiesen habe. Dies sei auch der Grund, weshalb PET-Untersuchungen bei stationärer Behandlung durchgeführt werden dürften. Der Umstand, dass der G-BA in einem Zeitraum von über zwölf Jahren keine brauchbaren Ergebnisse zum Nutzen der PET/CT-Untersuchung gefunden habe, stelle ein sogenanntes Systemversagen dar.
Mit Urteil vom 16. Oktober 2014 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, bei der PET/CT handle es sich um eine neue Untersuchungsmethode, die nicht zu den von der Beklagten im Rahmen des Leistungssystems der GKV zu erbringenden Sachleistungen gehöre. Ein Systemversagen liege nicht vor.
Im Berufungsverfahren hält die Klägerin an ihrer Ansicht fest. Sie überreicht die Rechnung vom 20. Januar 2014 über 838,60 EUR.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 16. Oktober 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Oktober 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die entstandenen Kosten in Höhe von 838,60 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ebenfalls an ihrer Ansicht fest. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Ver-waltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Sie hat keinen Anspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze vom 22. Juni 2011 (BGBl. I Seite 1202) auf Erstattung der Kosten für die am 5. Juni 2013 ambulant erfolgte Untersuchung mittels PET/CT. Die Beklagte hat die Kostenübernahme zu Recht mit Bescheid vom 22. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Oktober 2013 abgelehnt.
Nach § 13 Abs. 3 SGB V sind dem Versicherten Kosten zu erstatten, die dadurch entstehen, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann (Fall 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Fall 2) und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft. Die Voraussetzungen nach § 13 Abs. 3 Fall 1 liegen offensichtlich nicht vor, sodass als Rechtsgrundlage nur § 13 Abs. 3 Fall 2 SGB V in Betracht kommt.
Wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung; er besteht deshalb nur, soweit die selbst be-schaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Kranken-kassen als Sachleistung zu erbringen sind. Mit der Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 SGB V) trägt § 13 Abs. 3 SGB V dem Umstand Rechnung, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder sicherstellen müssen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und infolgedessen für ein Versagen des Beschaffungssystems - sei es im medizinischen Notfall (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) oder infolge eines anderen unvorhergesehenen Mangels - einzustehen haben. Wortlaut und Zweck der Vorschrift lassen die Abweichung vom Sachleistungsprinzip nur in dem Umfang zu, in dem sie durch das Systemversagen verursacht ist (vgl. BSG in SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 S. 10, 11, m.w.N). Die PET/CT war zum Zeitpunkt ihrer Durchführung am 5. Juni 2013 als nicht anerkannte Untersuchungsmethode nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung; eine Abrechnung nach dem EBM-Ä war nicht möglich (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 2006 - Az.: B 1 KR 3/06 R m.w.N., nach juris).
Versicherte haben nach § 27 Abs. 1 S 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit - hier das Erkennen von Rezidiven der Darmkrebserkrankung - zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch einer Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs. 1 SGB V und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Beklagte ist nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn eine begehrte Therapie nach eigener Einschätzung der Klägerin oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 - Az.: B 1 KR 44/12 R, m.w.N., nach juris). Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) - wie hier - sind nur dann Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wenn der G-BA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V i.V.m. mit § 135 Abs. 5 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) NUB zulasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der dem Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt. Verwaltung und Gerichte sind an die Entscheidungen des G-BA über bestimmte Methoden im Grundsatz ebenso gebunden, wie wenn der Gesetzgeber die Entscheidung selbst getroffen hätte (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 2006, a.a.O.).
Bei Durchführung der streitbefangenen PET-CT galt die Richtlinie des G-BA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) vom 17. Januar 2006 (BAnz 2006, Nr. 48 Seite 1523, Nr. 48) in der Fassung vom 21. Februar 2013 (BAnz 10. Mai 2013, B 3, in Kraft getreten am 11. Mai 2013). Nach deren Ziffer 39 der Anlage II war die PET mit Ausnahme der in Anlage I Nr. 14 anerkannten Indikationen von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen. Die dort genannten Indikationen lagen bei der Klägerin unstreitig nicht vor. Insoweit kann dahinstehen, ob die in Anlage I Nr. 14 zusätzlich genannten Qualitätsstandards seitens der behandelnden Vertragsärzte eingehalten wurden.
Nach der Überzeugung des Senats ergibt sich auch keine Leistungspflicht der Beklagten aufgrund Systemversagens. Diese kann nach der Rechtsprechung des BSG ausnahmsweise ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer NUB darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem G-BA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Die Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2013, Az.: B 1 KR 44/12 R, m.w.N., nach juris). Voraussetzung eines Kostenerstattungsanspruchs ist aber weiterhin, dass die Untersuchung tatsächlich notwendig war. Ein Systemversagen in diesem Sinne ist hier nicht ersichtlich. Die fehlende Anerkennung der PET/CT beim kolorektalen Karzinom ist nicht Folge eines Systemmangels. Maßgebend ist insoweit die Sachlage zum Zeitpunkt der Untersuchung der Klägerin am 5. Juni 2013. Zu diesem Zeitpunkt ist nichts dafür ersichtlich, dass eine Entscheidung des G-BA trotz Erfüllung der für die Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen unterblieben ist. Der G-BA hat mit Festsetzung vom 18. April 2006 (vgl. Bekanntmachung BAnz vom 17. Juni 2006, 1447 A) die Beratung der PET und des Kombinationsverfahrens PET-CT indikationsbezogen bekannt gemacht. Am 21. Dezember 2006 hat er das IQWiG mit der Bewertung der PET und PET/CT bei rezidivierendem kolorektalem Karzinom beauftragt. Laut Abschlussbericht des IQWiG vom 28. August 2012 war das primäre Ziel des Berichts die Beschreibung des patientenrelevanten Nutzens, den Ärzte und Patienten bei der Rezidivdiagnostik und beim Rezidivstaging des kolorektalen Karzinoms von dem bildgebenden Verfahren PET und PET/CT erwarten können. Die Indikation war auf den Fall eines begründeten Verdachts fokussiert. Unter Nutzen wurden die Veränderungen verstanden, die kausal auf den Einsatz der PET bzw. PET/CT zurückzuführen sind und für den Patienten fassbare Konsequenzen haben. Das IQWiG kam nach Auswertung weltweiter Fachliteratur zu dem Ergebnis, dass wesentliche Fragen in Bezug auf die PET-Technologie unbeantwortet sind. Es seien dringend methodisch hochwertige, vergleichende Studien erforderlich (vgl. https://iqwig.de, Stichwort: PET/CT). Mit Beschluss vom 18. April 2013 aktualisierte der G-BA seinen Beschluss vom 22. November 2012 und wählte drei Indikationen zum Einsatz von PET, PET/CT, darunter bei Patienten mit rezidivierendem kolorektalem Karzinom, aus, die für Erprobungs-Richtlinien nach § 137e SGB V geeignet seien. Es wurde vereinbart, studienrelevante Fragestellungen für mögliche Erprobungsrichtlinien zu erarbeiten (vgl. https://g-ba.de, Stichwort: Positronenemissionstomographie (PET), Pressemitteilung vom 18. April 2013). Es bestehen insofern keine Anhaltspunkte dafür, dass trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen, diese nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde.
Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich schließlich auch nicht unter Berück-sichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wegen des Vorliegens einer notstandsähnlichen Krankheitssituation. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 6. Dezember 2005 - Az.: 1 BvR 347/98 entschieden, dass es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar ist, einem gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Nach dieser Rechtsprechung ist für das Vorliegen eines Leistungsanspruchs folgendes erforderlich: (1) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor, (2) bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung, (3) bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine auf Indizien gestützte "nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf". Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, diese Rechtsprechung auf Fälle anzuwenden, in denen, wie hier, eine neue Methode ausdrücklich vom G-BA ausgeschlossen worden ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. November 2007 - Az.: 1 BvR 2496/07, nach juris). Ob die zu den Behandlungsmethoden entwickelte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf neue Untersuchungsmethoden - wie hier - anzuwenden ist, kann dahinstehen, weil anerkannte Untersuchungsmethoden zur Verfügung stehen. So verweist der MDK in seinem Gutachten vom 19. Juni 2013, insbesondere bezüglich des Leberbefundes, auf die Magnetresonanztomographie und die Kontrastmittelsonographie, bezüglich anderer möglicher Tumormanifestationen auf die Endoskopie, konventionelle CT (Thorax/Abdomen/Becken) und Knochenszintigraphie, die als vertragliche Untersuchungsverfahren zur Verfügung stehen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Kostenübernahme für eine ambulant durchgeführte Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie (PET/CT) in Höhe von 838,60 EUR streitig.
Hierbei handelt es sich um ein nicht invasives diagnostisches, bildgebendes Verfahren, das quantitative Aussagen über regionale Gebietsdurchblutung, biochemische Vorgänge, Stoff-wechsel u.a. in Form von Schnittbildern ermöglicht. Das Verfahren beruht auf der chemischen Markierung stoffwechselrelevanter Moleküle mit kurzlebigen Radionukliden, bei deren Zerfall Positronen entstehen. Die Aufzeichnung der von diesen Strahlen ausgelösten Strahlung in Form von Schnittbildern gibt ein qualitatives und quantitatives Bild der entsprechenden Stoffwechselprozesse wieder. In der Onkologie nutzt die PET den erhöhten Tumorstoffwechsel und andere spezifische pathophysiologische Prinzipien zum Nachweis von Malignomen und zur Ganzkörperdiagnostik aus. Aufgrund des stark vermehrten Glukosemetabolismus der meisten soliden Tumore sowie von Lymphomen, wird in der klinischen Praxis fast ausschließlich ein Glukoseanalogon eingesetzt (vgl. https://g-ba.de, Stichwort: Positronenemissionstomographie (PET), Zusammenfassende Dokumentation). Bei dem Kombinationsverfahren PET/CT wird die PET mit den Möglichkeiten der radiologischen CT kombiniert.
Die 1953 geborene Klägerin ist bei der Beklagten als freiwilliges Mitglied versichert. Im November 2011 wurde bei ihr ein Colonkarzinom mit tumorösen Satelliten am Zökum diagnostiziert. Sie wurde im Dezember 2011 operiert und anschließend mit Chemotherapie behandelt. Im September 2012 stellten die behandelnden Ärzte der Klägerin bei einer Sonographie einen weiterhin unklaren Leberherd im Segment IV von einer Größe von 6 × 6 cm fest. Sie empfahlen eine Verlaufsbeurteilung mittels PET/CT, die am 6. November 2012 durchgeführt wurde. Sie ergab kein Lokalrezidiv oder Metastasen.
Am 7. Mai 2013 beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für eine am 22. Mai 2013 geplante PET/CT. Sie überreichte u.a. einen von dem Internisten Dr. F. ausgefüllten Fragebogen vom 3. Mai 2013, den Bericht der Radiologischen Praxis Dr. T. vom 25. April 2012, einen Kostenvoranschlag der Z.klinik B. B. GmbH vom 12. Oktober 2012 sowie eine vertragsärztliche Verordnung von Krankenhausbehandlung des Dr. Sch. vom 3. Mai 2013. Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Thüringen (MDK) e.V. mit einer Begutachtung. Dieser führt in seinem Gutachten vom 15. Mai 2013 aus, die PET sei nach den Richtlinien Methoden vertragsärztlicher Versorgung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 17. Januar 2006, zuletzt geändert am 21. Oktober 2010, eine für die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in bestimmten Indikationen verfügbare Leistung. Diese Indikationen lägen bei der Klägerin auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Aspekte nicht vor. Eine Ausschöpfung der vertraglichen Untersuchungen - Magnetresonanztomographie (MRT) oder Kontrastmittelsonographie - könne nicht bestätigt werden. Der Befund stelle sich seit einem Jahr unverändert in seiner Größe dar und sei bereits zweimal in der PET-Untersuchung ohne Nachweis eines erhöhten Glukosemetabolismus geblieben. Anhand der vorliegenden Unterlagen sei eine sich derzeit aus dem PET/CT- Befund ergebende zusätzliche Information mit daraus resultierender therapeutischer Konsequenz und damit eine auf Indizien gestützte nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens eine spürbare positive Entwicklung auf den Krankheitsverlauf nicht nachzuvollziehen.
Mit Bescheid vom 22. Mai 2013 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, die PET/CT-Untersuchung sei ihr ärztlicherseits als geeignete Methode zur Verlaufskontrolle bei Verdacht auf Lebermetastasen empfohlen und angeraten worden. Sie überreichte einen Brief des Dr. Sch. vom 11. Juni 2013. Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten des MDK vom 19. Juni 2013 ein, wonach weiter-hin nicht alle vertraglichen bildgebenden Verfahren ausgeschöpft seien. Sie informierte die Klägerin über das Ergebnis der Begutachtung und hörte sie mit Schreiben vom 19. Juli 2013 zu der beabsichtigten Ablehnung der Kostenübernahme an.
Am 22. Juli 2013 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Klage erhoben. Sie hat den Bericht der Z.klinik B. B. Klinik für Molekulare Radiotherapie Zentrum für Molekulare Bildgebung (PET/CT) vom 5. Juni 2013 über die PET/CT-Untersuchung vom gleichen Tag eingereicht. Danach besteht metabolisch-bildgebend weiterhin komplette Remission. Das SG hat Befundberichte des Dr. M. vom 23. September 2013 (mit Anlagen) und des Dr. Sch. vom 25. September 2013 beigezogen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2013 hat die Beklagte den Widerspruch zurück-gewiesen. Die Klägerin hat im Klageverfahren weiter geltend gemacht, der G-BA habe im Februar 2002 entschieden, dass die PET kein Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sei. Es gebe keine Entscheidung des G-BA zum Nutzen der PET/CT bei Darmkrebspatienten. Die Wissenschaftler des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) seien in ihrem am 24. Oktober 2012 veröffentlichten Abschlussbericht vom 28. August 2012 zum Ergebnis gelangt, dass weitere Studienergebnisse notwendig seien, um wissenschaftlich festzustellen, dass die begehrte PET/CT auch tatsächlich einen Nutzen bringe. Hierbei werde aber verkannt, dass die PET-Untersuchung im klinischen Alltag etabliert sei und sich als hilfreich in der Diagnostik, Therapieplanung und Therapieverlaufskontrolle bei bösartigen Tumorerkrankungen erwiesen habe. Dies sei auch der Grund, weshalb PET-Untersuchungen bei stationärer Behandlung durchgeführt werden dürften. Der Umstand, dass der G-BA in einem Zeitraum von über zwölf Jahren keine brauchbaren Ergebnisse zum Nutzen der PET/CT-Untersuchung gefunden habe, stelle ein sogenanntes Systemversagen dar.
Mit Urteil vom 16. Oktober 2014 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, bei der PET/CT handle es sich um eine neue Untersuchungsmethode, die nicht zu den von der Beklagten im Rahmen des Leistungssystems der GKV zu erbringenden Sachleistungen gehöre. Ein Systemversagen liege nicht vor.
Im Berufungsverfahren hält die Klägerin an ihrer Ansicht fest. Sie überreicht die Rechnung vom 20. Januar 2014 über 838,60 EUR.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 16. Oktober 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Oktober 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die entstandenen Kosten in Höhe von 838,60 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ebenfalls an ihrer Ansicht fest. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Ver-waltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Sie hat keinen Anspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa und zur Änderung anderer Gesetze vom 22. Juni 2011 (BGBl. I Seite 1202) auf Erstattung der Kosten für die am 5. Juni 2013 ambulant erfolgte Untersuchung mittels PET/CT. Die Beklagte hat die Kostenübernahme zu Recht mit Bescheid vom 22. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Oktober 2013 abgelehnt.
Nach § 13 Abs. 3 SGB V sind dem Versicherten Kosten zu erstatten, die dadurch entstehen, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann (Fall 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Fall 2) und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft. Die Voraussetzungen nach § 13 Abs. 3 Fall 1 liegen offensichtlich nicht vor, sodass als Rechtsgrundlage nur § 13 Abs. 3 Fall 2 SGB V in Betracht kommt.
Wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung; er besteht deshalb nur, soweit die selbst be-schaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Kranken-kassen als Sachleistung zu erbringen sind. Mit der Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 SGB V) trägt § 13 Abs. 3 SGB V dem Umstand Rechnung, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder sicherstellen müssen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V, § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und infolgedessen für ein Versagen des Beschaffungssystems - sei es im medizinischen Notfall (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) oder infolge eines anderen unvorhergesehenen Mangels - einzustehen haben. Wortlaut und Zweck der Vorschrift lassen die Abweichung vom Sachleistungsprinzip nur in dem Umfang zu, in dem sie durch das Systemversagen verursacht ist (vgl. BSG in SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 S. 10, 11, m.w.N). Die PET/CT war zum Zeitpunkt ihrer Durchführung am 5. Juni 2013 als nicht anerkannte Untersuchungsmethode nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung; eine Abrechnung nach dem EBM-Ä war nicht möglich (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 2006 - Az.: B 1 KR 3/06 R m.w.N., nach juris).
Versicherte haben nach § 27 Abs. 1 S 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit - hier das Erkennen von Rezidiven der Darmkrebserkrankung - zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch einer Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs. 1 SGB V und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Beklagte ist nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn eine begehrte Therapie nach eigener Einschätzung der Klägerin oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 - Az.: B 1 KR 44/12 R, m.w.N., nach juris). Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) - wie hier - sind nur dann Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wenn der G-BA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V i.V.m. mit § 135 Abs. 5 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) NUB zulasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der dem Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt. Verwaltung und Gerichte sind an die Entscheidungen des G-BA über bestimmte Methoden im Grundsatz ebenso gebunden, wie wenn der Gesetzgeber die Entscheidung selbst getroffen hätte (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 2006, a.a.O.).
Bei Durchführung der streitbefangenen PET-CT galt die Richtlinie des G-BA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) vom 17. Januar 2006 (BAnz 2006, Nr. 48 Seite 1523, Nr. 48) in der Fassung vom 21. Februar 2013 (BAnz 10. Mai 2013, B 3, in Kraft getreten am 11. Mai 2013). Nach deren Ziffer 39 der Anlage II war die PET mit Ausnahme der in Anlage I Nr. 14 anerkannten Indikationen von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen. Die dort genannten Indikationen lagen bei der Klägerin unstreitig nicht vor. Insoweit kann dahinstehen, ob die in Anlage I Nr. 14 zusätzlich genannten Qualitätsstandards seitens der behandelnden Vertragsärzte eingehalten wurden.
Nach der Überzeugung des Senats ergibt sich auch keine Leistungspflicht der Beklagten aufgrund Systemversagens. Diese kann nach der Rechtsprechung des BSG ausnahmsweise ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer NUB darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem G-BA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Die Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2013, Az.: B 1 KR 44/12 R, m.w.N., nach juris). Voraussetzung eines Kostenerstattungsanspruchs ist aber weiterhin, dass die Untersuchung tatsächlich notwendig war. Ein Systemversagen in diesem Sinne ist hier nicht ersichtlich. Die fehlende Anerkennung der PET/CT beim kolorektalen Karzinom ist nicht Folge eines Systemmangels. Maßgebend ist insoweit die Sachlage zum Zeitpunkt der Untersuchung der Klägerin am 5. Juni 2013. Zu diesem Zeitpunkt ist nichts dafür ersichtlich, dass eine Entscheidung des G-BA trotz Erfüllung der für die Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen unterblieben ist. Der G-BA hat mit Festsetzung vom 18. April 2006 (vgl. Bekanntmachung BAnz vom 17. Juni 2006, 1447 A) die Beratung der PET und des Kombinationsverfahrens PET-CT indikationsbezogen bekannt gemacht. Am 21. Dezember 2006 hat er das IQWiG mit der Bewertung der PET und PET/CT bei rezidivierendem kolorektalem Karzinom beauftragt. Laut Abschlussbericht des IQWiG vom 28. August 2012 war das primäre Ziel des Berichts die Beschreibung des patientenrelevanten Nutzens, den Ärzte und Patienten bei der Rezidivdiagnostik und beim Rezidivstaging des kolorektalen Karzinoms von dem bildgebenden Verfahren PET und PET/CT erwarten können. Die Indikation war auf den Fall eines begründeten Verdachts fokussiert. Unter Nutzen wurden die Veränderungen verstanden, die kausal auf den Einsatz der PET bzw. PET/CT zurückzuführen sind und für den Patienten fassbare Konsequenzen haben. Das IQWiG kam nach Auswertung weltweiter Fachliteratur zu dem Ergebnis, dass wesentliche Fragen in Bezug auf die PET-Technologie unbeantwortet sind. Es seien dringend methodisch hochwertige, vergleichende Studien erforderlich (vgl. https://iqwig.de, Stichwort: PET/CT). Mit Beschluss vom 18. April 2013 aktualisierte der G-BA seinen Beschluss vom 22. November 2012 und wählte drei Indikationen zum Einsatz von PET, PET/CT, darunter bei Patienten mit rezidivierendem kolorektalem Karzinom, aus, die für Erprobungs-Richtlinien nach § 137e SGB V geeignet seien. Es wurde vereinbart, studienrelevante Fragestellungen für mögliche Erprobungsrichtlinien zu erarbeiten (vgl. https://g-ba.de, Stichwort: Positronenemissionstomographie (PET), Pressemitteilung vom 18. April 2013). Es bestehen insofern keine Anhaltspunkte dafür, dass trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen, diese nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde.
Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich schließlich auch nicht unter Berück-sichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wegen des Vorliegens einer notstandsähnlichen Krankheitssituation. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 6. Dezember 2005 - Az.: 1 BvR 347/98 entschieden, dass es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar ist, einem gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Nach dieser Rechtsprechung ist für das Vorliegen eines Leistungsanspruchs folgendes erforderlich: (1) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor, (2) bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung, (3) bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine auf Indizien gestützte "nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf". Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, diese Rechtsprechung auf Fälle anzuwenden, in denen, wie hier, eine neue Methode ausdrücklich vom G-BA ausgeschlossen worden ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. November 2007 - Az.: 1 BvR 2496/07, nach juris). Ob die zu den Behandlungsmethoden entwickelte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf neue Untersuchungsmethoden - wie hier - anzuwenden ist, kann dahinstehen, weil anerkannte Untersuchungsmethoden zur Verfügung stehen. So verweist der MDK in seinem Gutachten vom 19. Juni 2013, insbesondere bezüglich des Leberbefundes, auf die Magnetresonanztomographie und die Kontrastmittelsonographie, bezüglich anderer möglicher Tumormanifestationen auf die Endoskopie, konventionelle CT (Thorax/Abdomen/Becken) und Knochenszintigraphie, die als vertragliche Untersuchungsverfahren zur Verfügung stehen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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