S 11 R 5930/15 WA

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 R 5930/15 WA
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Hat der Kläger sein prozessuales Begehren hinreichend deutlich dargetan und auch einen konkreten Klageantrag gestellt, besteht keine Veranlassung, einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses anzunehmen und eine Frist gemäß § 102 Abs. 2 SGG zu setzen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn im Folgenden keine prozessualen Mitwirkungspflichten verletzt werden.

2. Die Frage, ob ein für die „Kraftfahrzeug-Überwachungsorganisation freiberuflicher Kfz-Sachverständiger e.V.“ (KÜS) tätiger Sachverständiger und Prüfingenieur auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 9b SGB VI tätig und damit in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist, beurteilt sich maßgeblich nach den Regelungen des Lizenzvertrags und war vorliegend zu bejahen.

3. Kriterien im Rahmen der von § 2 Satz 1 Nr. 9b SGB VI vorzunehmenden Gesamtbewertung sind vorliegend insbesondere das ausgesprochene Verbot, in jedweder Weise für Wettbewerber tätig zu werden, (fachliche) Weisungsgebundenheit, Tätigwerden im Namen und für Rechnung der KÜS, Pflichtbeitritt zu einem einheitlichen Gruppenhaftpflichtversicherungsvertrag, standardisierte Dokumentations- und Übermittlungspflichten sowie ein einheitliches Corporate Branding.

4. Ohne die geschäftlichen Verbindungen der KÜS zu den einzelnen Kfz-Werkstätten und ohne die durch die Marktmacht der KÜS bedingten und dem Kläger durch seine Anbindung an die KÜS zu Gute kommenden Wettbewerbsvorteile könnte er seine Tätigkeit als Prüfer in der ausgeübten Art und Weise nicht betreiben und würde keine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in nennenswertem Umfang erzielen.
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist das Bestehen einer Versicherungspflicht des als Kfz-Sachverständiger selbständig arbeitenden Klägers nach Maßgabe der Vorschrift des § 2 S. 1 Nr. 9 Sechstes Sozialgesetzbuch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Vorgeschaltet ist die Frage, ob das Verfahren im Nachgang einer gerichtlichen Betreibensaufforderung durch Eintreten der Klagerücknahmefiktion beendet worden ist.

Der Kläger verfügt über einen Abschluss als Diplom-Ingenieur und ist seit 1. November 2004 selbstständig als Kfz-Sachverständiger tätig. Seit 1. Oktober 2005 ist er Mitglied im eingetragenen Verein "Kraftfahrzeug-Überwachungsorganisation freiberuflicher Kfz-Sachverständiger e. V." (KÜS). Einen entsprechenden Lizenzvertrag hatte er am 23. September 2005 unterzeichnet.

Der Verein KÜS wurde im Jahr 1980 von selbstständigen Kfz Sachverständigen gegründet. Er vertritt unter anderem die Interessen der selbstständigen Kfz-Sachverständigen bei der Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Verkehr und dem Kraftfahrtbundesamt. Seine Mitglieder sind unter anderem berechtigt, die gesetzlich vorgesehenen Hauptuntersuchungen für Kfz durchzuführen. Mitglied des Vereins kann werden, wer entweder eine Ausbildung als Kfz-Meister oder ein technisches Studium an einer Hochschule oder Fachhochschule im Bereich Maschinenbau, Elektrotechnik oder Fahrzeugtechnik mit Abschluss vorweisen kann. Daneben muss Berufserfahrung im Bereich der Kfz-Sachverständigentätigkeit nachgewiesen werden.

Die Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 4. Oktober 2011 an den Kläger und teilte mit, er könne als selbstständig Tätiger grundsätzlich der Versicherungspflicht kraft Gesetzes unterliegen. Zur Prüfung der Versicherungspflicht bat sie ihn, ihrem Schreiben beiliegende Fragebögen auszufüllen.

Daraufhin teilte der Kläger der Beklagten am 17. Oktober 2011 mit, dass er im Zusammenhang mit seiner selbstständigen Tätigkeit nicht regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer beschäftige. Zudem beantragte er, dass im Falle einer bestehenden Versicherungspflicht die Pflichtbeiträge nach einem Arbeitskommen i.H.v. 50 % der Bezugsgröße (halber Regelbeitrag) bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit gezahlt werden sollten. Weiterhin stellte er einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbstständige mit einem Auftraggeber.

Mit Bescheid vom 21. März 2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 19. Oktober 2011 auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab. Zugleich stellte sie fest, dass der Kläger ab 1. November 2004 nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei und daher Pflichtbeiträge zu zahlen habe. Ab 1. Januar 2007 habe er den halben Regelbeitrag zu zahlen. Die Berechtigung zur Zahlung des halben Regelbeitrags bestehe längstens bis zum 31. Dezember 2007. Ab 1. Januar 2008 habe er den Regelbeitrag zu zahlen. Die Pflichtbeiträge vom 1. November 2004 bis 31. Dezember 2006 würden nicht mehr gefordert, da sie nach § 25 Abs. 1 Viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV) verjährt seien. Die Beitragsforderung betrage für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. März 2013 insgesamt 34.782,24 EUR.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 27. März 2013 Widerspruch ein. In seinem Fall sei nicht von einer dauerhaften Tätigkeit für einen Auftraggeber im Sinne von § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI auszugehen. Die technische Prüfstelle des KÜS erteile ihm keine Aufträge. Vielmehr müsse er eigenständig Werkstätten aufsuchen und dort gegebenenfalls Aufträge entgegennehmen. Er erhalte von der KÜS auch kein Entgelt. Seine Tätigkeit als Prüfingenieur sei keine Dienstleistung, sondern stelle die Durchführung einer staatlich übertragenen Aufgabe kraft Hoheitsakt dar. Dabei überprüfe er Kraftfahrzeuge nach den objektiven Maßstäben aufgrund gesetzlicher Grundlagen. Weiterhin übersandte der Kläger der Beklagten den von ihm mit der KÜS im September 2005 abgeschlossenen Lizenzvertrag.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2014 zurück. Nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI seien selbstständig tätige Personen rentenversicherungspflichtig, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigten sowie auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig seien. Diese Voraussetzungen seien bei dem Kläger erfüllt. Die genannte Regelung beziehe Alleinunternehmer mit einem Auftraggeber in die Rentenversicherungspflicht ein, und zwar unabhängig vom Berufsbild des Selbstständigen. Auftraggeber im Sinne des § 2 S. 1 Nr. 9 Buchst. b SGB VI könne jede natürliche oder juristische Person sein. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei der Begriff "Auftraggeber" unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm weit auszulegen. Als Auftraggeber sei unter anderem derjenige anzusehen, der dem selbstständig Tätigen die Grundlagen (Betriebsmittel, Produkte) für seine selbstständige Tätigkeit zur Verfügung stelle und von dem dieser dadurch wirtschaftlich abhängig sei. Indizien, dass eine Tätigkeit für nur einen Auftraggeber im Sinne von § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI ausgeübt werde, könnten unter anderem sein: regelmäßige Vergabe von Aufträgen oder Dauerauftrag, vertragliche Wettbewerbsklausel, die zur ausschließlichen Tätigkeit für den Auftraggeber verpflichte, die produzierten Waren oder erbrachten Dienstleistungen dienten ausschließlich den Bedürfnissen des Auftraggebers, äußeres Auftreten (Dienstkleidung, Firmenlogo). Kunden kämen dann nicht als Auftraggeber in Betracht, wenn der selbstständig Tätige nicht selbst Vertragspartei sei, sondern lediglich als Vermittler auftrete. Nicht erforderlich sei es, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer ein irgendwie geartetes Entgelt zahle. Maßgeblich für die Prüfung, wer Auftraggeber sei, seien grundsätzlich die bestehenden Verträge.

Gemäß dem im Widerspruchsverfahren vorgelegten Dienstleistungsvertrag sei der Kläger im Namen und auf Rechnung für die KÜS tätig und werde somit gegenüber den Kunden nicht selbst Vertragspartei (§ 1 Dienstleistungsvertrag). Die Tätigkeit für die KÜS sei auf Dauer angelegt (§ 20 Dienstleistungsvertrag). Die Grundlagen für die durchzuführenden Fahrzeugprüfungen und Begutachtungen erhalte der Kläger von der KÜS (Hauptuntersuchung- und Abgasuntersuchung-Plaketten, Know-how über innerbetrieblichen Informationsdienst usw.). Weiter enthalte der Vertrag eine Wettbewerbsklausel, die es dem Kläger untersage, einer anderen Überwachungsorganisation anzugehören oder eine solche zu unterstützen oder zu gründen. Ergänzend sei dem Internetauftritt der KÜS zu entnehmen, dass das äußere Auftreten in abgestimmter Form erfolge. Zusammenfassend lasse sich bestätigen, dass der Kläger selbstständig für nur einen Auftraggeber tätig sei und somit die Voraussetzungen des § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI erfüllt seien.

Am 5. März 2014 hat der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben.

Die Kammer hat den Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 31. Juli 2015 gemäß § 102 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Betreiben des Verfahrens aufgefordert und in diesem Zusammenhang insbesondere um Vorlage der in Aussicht gestellten, weiteren Klagebegründung gebeten. Laut Empfangsbekenntnis ist dieses Schreiben dem Klägerbevollmächtigten am 6. August 2015 zugegangen. Mit Verfügung vom 11. November 2015 hat die Kammer das Verfahren aufgrund Eintretens der Klagerücknahmefiktion nach § 102 Abs. 2 SGG als erledigt behandelt.

Mit Schreiben vom 24. November 2015 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Fortsetzung des Verfahrens beantragt, hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Frist nach § 102 Abs. 2 SGG. Begründete Zweifel am Fortbestand des Rechtschutzinteresses hätten nicht bestanden. Zudem hat er eine eidesstattliche Versicherung der Kanzleiangestellten P. vom 24. November 2015 zu den Akten gereicht, nach der am 4. November 2015 ein Schriftsatz mit einer weiteren Klagebegründung gefertigt und zur Post gegeben worden sei. Daraufhin hat die Kammer am 30. November 2015 die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt, das fortan unter dem derzeitigen Aktenzeichen geführt wird.

Im Rahmen der Begründung seiner Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, als selbstständiger Prüfingenieur hoheitliche Aufgaben durchzuführen. In diesem Zusammenhang sei er Mitglied des Interessenverbandes KÜS. Dieser sei indes nicht als sein Auftraggeber für die von ihm wahrgenommenen Aufgaben anzusehen. Vielmehr sei es seine Aufgabe, Werkstätten zu akquirieren, in denen er im Auftrag von Kunden dieser Werkstätten die notwendige Hauptuntersuchung an deren Fahrzeugen durchführe. Habe er eine Werkstatt gefunden, deren Inhaber bereit sei, ihn bei sich unter teilweiser Verwendung seiner Einrichtung im Rahmen der Durchführung von Hauptuntersuchungen tätig sein zu lassen, werde diese Werkstatt von ihm an die KÜS gemeldet, die daraufhin die Werkstatt in ihre Software einpflege. Vom Inhaber der Werkstatt würden ihm sodann Kunden zugeführt, an deren Fahrzeugen er die Hauptuntersuchung vornehme. Die KÜS sei an der Vergütung nicht beteiligt. Ihr Beitrag beschränke sich darauf, ihm für die Abnahme der Hauptuntersuchung Software und Material zur Verfügung zu stellen. Zur weiteren Begründung hat er die Satzung der KÜS, Stand 1. Januar 2004, überreicht, weiterhin eine Bestätigung seiner Steuerberaterin K. vom 20. Juni 2017, wonach er in den folgenden Zeiträumen Mitarbeiter rentenversicherungspflichtig beschäftigt habe: 1. April 2013 bis 31. Juli 2013, 1. August 2015 bis 30. November 2015, 1. Juni 2016 bis 31. März 2017 sowie ab 22. Juni 2016 und 1. April 2017 jeweils bis dato.

Der Kläger beantragt,

das Verfahren fortzusetzen,

hilfsweise, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumnis der Frist nach § 102 Abs. 2 SGG zu gewähren,

weiterhin,

den Bescheid der Beklagten vom 21. März 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten den Bescheid vom 14. März 2017, der laut Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 96 SGG Gegenstand dieses Klageverfahrens geworden sein soll, aufgehoben. Wegen des weiteren Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen. Die Akten lagen in der mündlichen Verhandlung und bei der Entscheidung vor.

Entscheidungsgründe:

Die Klagerücknahmefiktion gemäß § 102 Abs. 2 SGG ist nicht eingetreten, so dass das Verfahren fortzusetzen war.

Gemäß § 102 Abs. 2 SGG gilt die Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Bei der Klagerücknahmefiktion handelt es sich um eine Regelung zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses. Dieses ist hier nicht anzunehmen.

Zwar leidet die Betreibensaufforderung vom 31. Juli 2015 zunächst nicht an formellen Fehlern, insbesondere ist sie vom zuständigen Richter verfügt und mit vollem Namen unterzeichnet (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 1. Juli 2010 – B 13 R 58/09 R -, Juris Rn. 49) und sie wurde dem Prozessbevollmächtigen des Klägers ausweislich des am 6. August 2015 unterzeichneten Empfangsbekenntnisses auch zugestellt.

Sie ist jedoch materiell rechtswidrig. § 102 Abs. 2 SGG ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Die Rücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 SGG führt zur Beendigung des Rechtsschutzverfahrens mit möglicherweise irreversiblen Folgen, insbesondere wenn behördliche Ausgangsentscheidungen dadurch in Bestandskraft erwachsen, ohne dass der Kläger dies durch ausdrückliche Erklärung in bewusster Entscheidung herbeigeführt hätte. Die Handhabung eines solch scharfen prozessualen Instruments muss daher im Lichte der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG) unter strikter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen, verstanden als Ausnahme von dem Grundsatz, dass ein Kläger oder Antragsteller das von ihm eingeleitete Verfahren auch durchführen will. § 102 Abs. 2 SGG darf weder als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkooperativen Verhaltens eines Beteiligten gedeutet oder eingesetzt werden noch stellt die Vorschrift ein Hilfsmittel zur Erledigung lästiger Verfahren oder zur vorsorglichen Sanktionierung von prozessleitenden Verfügungen dar. Sie soll nur die Voraussetzungen für die Annahme eines weggefallenen Rechtsschutzinteresses festlegen und gesetzlich legitimieren (vgl. BSG, Urteile vom 1. Juli 2010 – B 13 R 58/09 R - und – B 13 R 74/09 R -, jeweils Juris; zur Parallelvorschrift des § 92 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung: Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 17. September 2012 – 1 BvR 2254/11 -, Juris). Zum Zeitpunkt einer Betreibensaufforderung müssen deshalb sachlich begründete Anhaltspunkte vorliegen, die den späteren Eintritt der Fiktion als gerechtfertigt erscheinen lassen. Solche Anhaltspunkte sind insbesondere dann gegeben, wenn der Kläger seine prozessualen Mitwirkungspflichten nach § 103 SGG verletzt hat, wobei nur das Unterlassen solcher prozessualen Mitwirkungshandlungen erheblich ist, die für die Feststellung von entscheidungserheblichen Tatsachen bedeutsam sind (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 17. September 2012 - 1 BvR 2254/11 -, Juris).

Im vorliegenden Fall ist das für eine Klagerücknahmefiktion im Zeitpunkt der Betreibensaufforderung geforderte ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des Wegfalls des Rechtsschutzinteresses nicht erfüllt. Denn im Hinblick auf das prozessuale Verhalten des Klägers hat zum Zeitpunkt der Einstellungsverfügung am 11. November 2015 bei objektiver Betrachtung kein hinreichender Anlass bestanden, von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses auszugehen. Insbesondere hat der Kläger seine prozessualen Mitwirkungspflichten nicht verletzt. Zwar hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine weitere Klagebegründung nach Akteneinsicht mit der Klageschrift vom 4. März 2014 angekündigt. Nachdem er im Juli 2014 Akteneinsicht genommen hatte, war er durch gerichtliche Schreiben vom 27. August 2014 und 9. Oktober 2014 um Mitteilung gebeten worden, ob noch eine weitere Klagebegründung erfolge. Dies bejahte er telefonisch am 27. November 2014 und stellte die Klagebegründung noch für das Jahr 2014 in Aussicht. Eine erneute Erinnerung an die in Aussicht gestellte Klagebegründung erfolgte sodann mit gerichtlichem Schreiben vom 16. Januar 2015. Nachdem kein Posteingang verzeichnet werden konnte, fertigte die Kammer am 31. Juli 2015 ihre hier in Rede stehende Betreibensaufforderung. Darin gab sie an, der Kläger habe bislang lediglich postuliert, dass seine berufliche Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege. Begründet habe er diese Auffassung noch nicht, so dass auch nicht zu erkennen sei, aus welchen rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen der angefochtene Bescheid unzutreffend sein sollte. Die Kammer hatte jedoch – gemessen an den oben dargelegten, strengen Anforderungen, wie sie an das Eintreten der Klagerücknahmefiktion zu stellen sind – wegen dieses Untätigbleibens des Klägers bei objektiver Sicht im Zeitpunkt der Betreibensaufforderung keinen Anlass, den Wegfall des Rechtsschutzinteresses der Klägerin anzunehmen und eine Frist gemäß § 102 Abs. 2 SGG zu setzen. Denn der Kläger hatte sein auf Aufhebung des angefochtenen Beitragsbescheides vom 21. März 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2014 gerichtetes prozessuales Begehren hinreichend deutlich dargetan und auch einen konkreten Klageantrag gestellt (vgl. § 92 Abs. 1 SGG). Jedenfalls in einer Zusammenschau mit dem Vorbringen des Klägers im Widerspruchsverfahren war bereits erkennbar, auf welche rechtlichen Erwägungen und tatsächlichen Gegebenheiten er seine Klage stützte. Die in der Betreibensaufforderung vom 31. Juli 2015 geforderte Mitwirkungshandlung durfte deshalb im Rahmen des § 103 SGG von dem Kläger nicht verlangt werden. Aus der erneuten Untätigkeit des Klägers bzw. seines Bevollmächtigten konnte folglich aus objektiver Sicht ebenfalls nicht auf den Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses geschlossen werden.

Da das Klageverfahren damit nicht beendet ist, war es fortzusetzen und in der Sache selbst zu entscheiden. Über den Hilfsantrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs. 1 SGG war damit nicht zu entscheiden. Die Kammer weist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass es sich bei der Frist nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG um eine Ausschlussfrist, in die eine Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht möglich ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. August 2015 – L 16 KR 224/15 B, m.w.N., Juris).

Die Klage ist zulässig. Richtige Klageart ist hier die von dem Kläger zutreffend erhobene reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Der Kläger begehrt zu Recht ausschließlich die Aufhebung des Beitragsbescheides und nicht auch die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung.

Die Klage ist indes unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Beklagte hat mit den genannten Bescheiden die Versicherungspflicht des Klägers gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. März 2013 zu Recht festgestellt und die hieraus resultierende Beitragsverpflichtung in zutreffender Höhe festgesetzt.

Versicherungspflichtig nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sind Personen, die a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind. Die Voraussetzungen der Nichtbeschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers und die Tätigkeit für einen Auftraggeber müssen kumulativ erfüllt sein.

§ 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI erstreckt die Rentenversicherungspflicht auf selbstständig Tätige, die nach Auffassung des Gesetzgebers nicht weniger sozial schutzwürdig sind als die sonstigen von § 2 Satz 1 SGB VI erfassten Selbstständigen. Entscheidend ist dabei nicht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe, sondern das Vorliegen typischer Tätigkeitsmerkmale. Wer ohne versicherungspflichtige Arbeitnehmer zu beschäftigen selbständig tätig wird, ist typischerweise nicht in der Lage, so erhebliche Verdienste zu erzielen, dass er sich außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung absichern könnte. Die Voraussetzung der Tätigkeit nur für einen Auftraggeber indiziert eine wirtschaftliche Abhängigkeit und damit ebenfalls typisierende soziale Schutzbedürftigkeit, ohne dass es auf eine konkrete wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit im Einzelfall ankäme (BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 5 RE 21/14 R -, m.w.N., Juris; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 3. Juni 2016 – L 1 R 679/14 -, Rn. 35, Juris).

Zunächst ist festzustellen, dass der Kläger im hier streitgegenständlichen Zeitraum 1. Januar 2007 bis 31. März 2013 im Zusammenhang mit seiner selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigte (§ 2 Satz 1 Nr. 9 a) SGB VI). Die von ihm eingereichte Bestätigung seiner Steuerberaterin K. vom 20. Juni 2017 ein, wonach er in der Zeit vom 1. April 2013 bis 31. Juli 2013 sowie vom 1. August 2015 bis 30. November 2015 jeweils einen Mitarbeiter rentenversicherungspflichtig beschäftigt hatte, erstreckt sich nicht auf den streitgegenständlichen Zeitraum.

Ohne, dass dies hier entscheidungserheblich wäre, sieht sich die Kammer jedoch angesichts der durch die Beklagte zu erfolgenden Neubescheidung ab dem 1. April 2013 zu folgendem Hinweis veranlasst: Von einer regelmäßigen Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers ist nur dann auszugehen, wenn unbefristete Beschäftigungsverhältnisse oder befristete Beschäftigungsverhältnisse mit kontinuierlicher Abfolge für den Selbständigen ausgeübt werden (vgl. BSG, Urteil vom 4. November 2009 – B 12 R 3/08 R -, Juris). Im Hinblick auf die vorgenannten Beschäftigungsverhältnisse dürfte mangels kontinuierlicher Beschäftigung eines Arbeitnehmers weder von einer Regelmäßigkeit noch von einer Dauerhaftigkeit im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 9 a) SGB VI auszugehen sein.

Der Kläger war weiterhin im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 9 b) SGB VI auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig.

Bei der Prüfung der Frage, ob ein Selbstständiger auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist, ist nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG von folgenden Grundsätzen auszugehen: Ein eindeutiger Wortsinn lässt sich aus dem Begriff des Auftraggebers im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 9 b) SGB VI nicht ableiten. Eine gesetzliche Festlegung (etwa im Sinne einer Legaldefinition) fehlt, auch ist die Bedeutung mangels eines bestimmten juristischen und allgemeinen Sprachgebrauchs offen. Eine an den Strukturmerkmalen des durch das Merkmal der Unentgeltlichkeit geprägten Auftragsvertrags im Sinne von § 662 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) orientierte Interpretation kommt nicht in Betracht. Aus der Gesetzgebungsgeschichte des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI und des § 7 SGB IV lässt sich allerdings entnehmen, dass der Begriff des Auftraggebers jede natürliche oder juristische Person oder Personenmehrheit erfasst, die im Wege eines Auftrags oder in sonstiger Weise eine andere Person mit einer Tätigkeit betraut, sie ihr vermittelt oder ihr Vermarktung oder Verkauf von Produkten nach einem bestimmten Organisations- und Marketingkonzept überlässt (vgl. BSG, Urteil vom 4. November 2009 – B 12 R 3/08 R -, Hessisches LSG, Urteil vom 6. Oktober 2016 – L 8 KR 208/14 -, Rn. 19 Juris).

Bei der Gesamtbewertung, ob ein Selbstständiger auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist, kommen insbesondere auch diejenigen Kriterien zum Tragen, die die Beklagte in dem hier angefochtenen Bescheid vom 21. März 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2014 unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung herangezogen und mit der Tätigkeit des Klägers für die KÜS abgeglichen hat. Die Kammer sieht insoweit gemäß § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und folgt nach eigener Prüfung den zutreffenden Feststellungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden.

Insbesondere ist dabei (nochmals) auf die folgenden Gesichtspunkte hinzuweisen, die sich aus dem durch den Kläger eingereichten KÜS-Lizenzvertrag aus September 2005 ergeben. Dieser Lizenzvertrag ist zur Beurteilung der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 2 Satz 1 Nr. 9 b) SGB VI auch maßgeblich.

So ist der Kläger – der ausweislich des Lizenzvertrags sowohl als Prüfingenieur als auch als Sachverständiger fungiert - gemäß § 2 Abs. 1 dieses Vertrags verpflichtet, Fahrzeug-Prüfungen und Fahrzeug-Begutachtungen ausschließlich im Auftrag der KÜS durchzuführen. Die Prüfungen und Begutachtungen erfolgen unter Beachtung der Auflagen der zuständigen Aufsichtsbehörden, der Weisungen des Technischen Leiters und den Festlegungen des KÜS-QM-Systems, im Namen und für Rechnung der KÜS. Weiter heißt es in § 2 Abs. 2 und Abs. 3, das berechtigte Personal dürfe nur in der Region Fahrzeug-Prüfungen und Fahrzeug-Begutachtungen und die Art von Fahrzeug-Prüfungen und Fahrzeug-Begutachtungen durchführen, für die eine Zustimmung zum Prüfeinsatz erteilt ist. Der Sachverständige müsse zudem dem jeweils gültigen Gruppenhaftpflichtversicherungsvertrag der KÜS beitreten. § 2 Abs. 6 statuiert weiter, die KÜS unterstütze, berate und kontrolliere den Prüfingenieur in seiner Prüf- und Begutachtungstätigkeit nach Maßgabe dieses Vertrages, der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften sowie nach Maßgabe des jeweils gültigen KÜS-QM-Systems.

§ 8 des Lizenzvertrages legt fest, dass der Sachverständige sowie der Prüfingenieur – beide Aufgaben nimmt der Kläger in Personalunion wahr - keiner anderen Überwachungsinstitution angehören und eine solche auch in keiner Weise unterstützen dürfe. Gemäß § 18 des Lizenzvertrags dürften der Prüfingenieur und der Sachverständige zur Vermeidung von Interessenkollisionen weder direkt noch indirekt mit Herstellung, Handel, Leasing, Wartung und Reparatur von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen befasst sein bzw. eine andere Überwachungsinstitution bilden und/oder tragen.

Daraus wird für die Kammer sehr deutlich, dass der Kläger faktisch wirtschaftlich abhängig von der KÜS ist. Ohne diese wäre es für ihn äußerst schwierig, Prüfaufträge zu erhalten. Durch die Anbindung an die KÜS wird der Kläger überhaupt erst in die Lage versetzt, seiner Prüftätigkeit mit hinreichender Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg nachzugehen. Die Zugriffsmöglichkeit auf einzelne Prüfaufträge wird für den Kläger faktisch allein durch die KÜS sichergestellt. Einen Marktzugang hat der Kläger letztlich nur durch die Inanspruchnahme der Leistungen der KÜS erlangt. Als etablierter Marktteilnehmer genießt er durch die Anbindung an die KÜS deutliche Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Kfz-Sachverständigen, die nicht an die KÜS oder einen vergleichbaren Anbieter angebunden sind. Die Zusammenarbeit des Klägers mit der KÜS hat damit entgegen seiner Auffassung nicht nur eine untergeordnete Bedeutung. Der entscheidende Umstand liegt darin, dass der Kläger durch die Zusammenarbeit mit der KÜS erhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber etablierten freien Kfz-Sachverständigen genießt. Dieser vom Kläger selbst offengelegte Zusammenhang dokumentiert, dass er in erheblichem Umfang von der KÜS wirtschaftlich abhängig und damit in typischer Weise sozial schutzbedürftig ist.

Darüber hinaus erhält der Kläger nach den Bestimmungen des Lizenzvertrages auch seine Vergütung von der KÜS und nicht von den Kunden derjenigen Kfz-Werkstätten, in denen er im Rahmen des KÜS-Lizenzvertrags als Prüfingenieur bzw. als Sachverständiger tätig wird.

Zu den Abrechnungsmodalitäten legt § 5 des Lizenzvertrages fest, dass die Fahrzeug-Prüfungen und Fahrzeug-Begutachtungen im Namen und auf Rechnung der KÜS erfolgen. Die Prüf- und Begutachtungsentgelte bzw. -gebühren seien nach der von der KÜS herausgegebenen jeweils gültigen Entgeltliste zu berechnen. Der Sachverständige sei berechtigt und verpflichtet, die jeweils anfallenden Prüf- und Begutachtungsentgelte bzw. –gebühren im Namen und auf Rechnung der KÜS einzuziehen.

Im Hinblick auf die Vergütung der KÜS legt § 6 des Lizenzvertrages fest, dass die KÜS bezüglich jeder durchgeführten Fahrzeug-Prüfung und Fahrzeug-Begutachtung für die von ihr erbrachten Dienstleistungen vom Sachverständigen eine Vergütung erhalte. Der Sachverständige erteile der KÜS eine Einzugsermächtigung. Ihm stehe gegenüber der KÜS kein Zurückbehaltungsrecht zu. Für die Prüftätigkeit erhalte der Sachverständige eine aufwandsabhängige Vergütung. Die KÜS werde die ihr gegen den jeweiligen Halter bzw. Auftraggeber zustehende Forderung aus den Fahrzeug- Prüfungen und Fahrzeug-Begutachtungen an den Sachverständigen abtreten. Damit sei der Anspruch des Sachverständigen auf Tätigkeitsvergütung gemäß § 6 Abs. 2 des Lizenzvertrages erfüllt. Weitergehende Ansprüche aus Tätigkeitsvergütung stünden dem Sachverständigen und dem Prüfingenieur nicht zu.

Die genannten Vergütungs- und Abrechnungsmodalitäten, nach denen der Kläger seine Vergütung jedenfalls indirekt und im Rahmen einer Abtretung von Ansprüchen von der KÜS bezieht, sprechen ebenfalls deutlich dafür, dass der Kläger als Selbstständiger auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig wurde. Dabei wäre es für die Annahme der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 9b) SGB VI nicht einmal zwingend erforderlich, dass der Kläger seine Vergütung von der KÜS erhielte. So hat das BSG festgestellt, dass ein Auftragsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 9b) SGB VI einen Vergütungsanspruch nicht begriffsnotwendig voraussetzt und ein solches Auftragsverhältnis auch ohne direkten Vergütungsanspruch wirtschaftliche Abhängigkeit und damit soziale Schutzbedürftigkeit indizieren kann (BSG, Urteil vom 4. November 2009 – B 12 R 3/08 R -, Juris Rn. 28). Selbst ein Fehlen eines direkten Vergütungsanspruchs spricht also nicht durchgreifend gegen ein Auftragsverhältnis im Sinne dieser Bestimmung.

Weiterhin spricht auch § 4 des Lizenzvertrages, wonach dem Prüfingenieur durch die KÜS weitgehende und nach engen Vorgaben der KÜS standardisierte Dokumentations- und Übermittlungspflichten auferlegt werden, für ein dauerhaftes Tätigwerden für im Wesentlichen nur einen Auftraggeber.

Schließlich ist der Kläger auch Teil des Corporate Branding der KÜS: Die Unterlagen, die er verwendet bzw. ausstellt, tragen im Kopfbogen groß den Namen der KÜS und in der Fußzeile die Daten der KÜS (Sitz, Telefonnummer, E-Mail-Adresse etc.). Der Kläger wird dabei als KÜS-Partner ausgewiesen. Für die Abnahme der Hauptuntersuchung muss er die von der KÜS bereitgestellte Software und das bereitgestellte Material wie Vordrucke und Prüfplaketten verwenden. In der Außenwirkung tritt der Kläger daher als Sachverständiger und Prüfingenieur für die KÜS auf.

Soweit der Kläger vorbringt, er setze eigenes Werkzeug und EDV-Material ein und greife auf die Ausstattung der Werkstatt, z.B. das Benutzen der Hebebühne zurück, steht dies der Annahme der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 9 b) SGB VI nicht entgegen. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Benutzen eigenen Werkzeugs gerade ein Merkmal der selbständigen Tätigkeit darstellt. Der Auftraggeber ist nicht dazu angehalten, Werkzeug zu stellen. Das Benutzen eigenen Werkzeugs und EDV-Materials dient somit der Abgrenzung der selbständigen Tätigkeit von der abhängigen Beschäftigung, lässt aber keine Zweifel am dauerhaften Tätigwerden für im Wesentlichen nur einen Auftraggeber aufkommen.

Nach alledem steht für die Kammer fest, dass als Auftraggeber im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 9 b) SGB VI nicht die einzelnen Kunden des Klägers, die den Prüfdienst in Anspruch nehmen wollen, anzusehen sind, sondern die KÜS. Diese werden nur deshalb Kunden des Klägers, weil dieser selbst Kunde der KÜS ist. So sind etwa auch die einzelnen Kunden eines Franchiseunternehmers, die bei diesem Produkte erwerben, nach der Rechtsprechung des BSG nicht dessen Auftraggeber. Ein Franchiseunternehmer ist vielmehr auch nur für einen einzelnen Auftraggeber, nämlich den Franchisegeber als "Absatzherren", tätig (BSG, Urteil vom 4. November 2009 - B 12 R 3/08 R -, Juris).

"Absatzherr" in diesem Sinne ist für den Kläger die KÜS. Ohne deren geschäftliche Verbindung zu den einzelnen Kfz-Werkstätten und ohne die durch die Marktmacht der KÜS bedingten und dem Kläger durch seine Anbindung an die KÜS zu Gute kommenden Wettbewerbsvorteile könnte der Kläger seine derzeitige Tätigkeit als Prüfer in der ausgeübten Art und Weise nicht betreiben und würde keine Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in nennenswertem Umfang erzielen.

Der Kläger ist damit in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. März 2013 in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungs- und beitragspflichtig. Dieses Ergebnis ist schließlich auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 10. Mai 2006 – B 12 RA 2/05 R -, Juris).

Einwände gegen die Höhe der von der Beklagten festgesetzten Beiträge hat der Kläger nicht erhoben. Fehler bei der Berechnung sind für die Kammer auch nicht ersichtlich.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und folgt dem Ausgang der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
Saved