S 15 R 370/09

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 15 R 370/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 331/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am ... geborene Kläger ist gelernter Triebfahrzeugschlosser nach Ausbildung von 1971 bis 1973 und war anschließend bis 1978 als Lokfahrer tätig. Sodann war er bis 1995 Kraftfahrer und erwarb in dieser Zeit auch einen Facharbeiterbrief als Berufskraftfahrer (Urkunde vom 30. Juni 1986). Zuletzt war er von 1998 bis 2000 Sortierer bei der ... GmbH ( ...). Seitdem ist er arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.

Den Rentenantrag stellte der Kläger am 20. März 2008 und begründete ihn mit Wirbelsäulenbeschwerden, Bluthochdruck und Alkoholentzug. Die Beklagte holte zunächst eine Auskunft der letzten Arbeitgeberin des Klägers ein ... teilte mit Schreiben vom 19. August 2008 mit, der Kläger sei als Sortierer mit der Sortierung von Baustellenabfällen beschäftigt gewesen. Es habe sich nicht um eine Tätigkeit gehandelt, die von Facharbeitern verrichtet wird. Vielmehr habe es sich um eine Tätigkeit gehandelt, die von betriebsfremden ungelernten Kräften nach kurzer Einweisung verrichtet wird. Sodann veranlasste die Beklagte eine Begutachtung bei ihrem Sozialmedizinischen Dienst in ..., wo der Kläger am 4. November 2008 untersucht wurde. Die Ärzte des Sozialmedizinischen Dienstes diagnostizierten ein Schmerzsyndrom und mittelgradige Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule bei deutlicher Osteochondrose und Spondylarthrose und muskulärer Dysbalance bei Trainingsmangel, pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule beidseits, keine neurologischen Ausfälle, außerdem ein Alkoholabhängigkeitssyndrom mit Hepatopathie, Polyneuropathie und psychopathologischer Verhaltensstörung, Meralgia paraesthetica rechts sowie arterielle Hypertonie. Klinisch könne allenfalls von mittelgradigen Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule ausgegangen werden. Eine Aggravation der Beschwerden müsse angenommen werden. Operationswürdigkeit bestehe in keinem Abschnitt der Wirbelsäule. Eine intensive aktive krankengymnastische Behandlung und Rückenschule wäre zu empfehlen. In einem durchgeführten Gehstreckentest habe der Kläger 500 m in 10 Minuten und 49 Sekunden zurückgelegt. Dabei habe er nach 160 m für 1 Minute und 10 Sekunden eine Pause gemacht. Der Kläger betreibe seit vielen Jahren einen Alkoholabusus mit Entgiftungsbehandlung 2008. Zur Untersuchung sei er alkoholisiert erschienen. Insgesamt seien dem Kläger noch körperlich leichte und in geistiger Hinsicht einfache Tätigkeiten mit der Möglichkeit zum selbst gewählten Positionswechsel 6 Stunden und mehr täglich zuzumuten. Die Tätigkeit als Sortierer sei ihm damit nicht mehr zuzumuten.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 24. November 2008 ab und verwies den Kläger hinsichtlich der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 21. Dezember 2008 Widerspruch ein, mit dem er insbesondere geltend machte, er habe Beschwerden im Hüft- und Lendenbereich, die nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Außerdem sei er in seiner letzten Tätigkeit als Sortierer zum Vorarbeiter ernannt worden und habe entsprechende Weisungsbefugnisse gehabt. Hierzu führten die Ärzte des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten mit Schreiben vom 4. Februar 2009 aus, Hüftbeschwerden habe der Kläger bei der Untersuchung im Sozialmedizinischen Dienst nicht angegeben und es sei auch im Hüftbereich keine leistungsmindernde Erkrankung nachweisbar gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aus der eingeholten Arbeitgeberauskunft ergebe sich nicht, dass der Kläger als Vorarbeiter tätig gewesen sei. Weitere Nachweise habe der Kläger im Widerspruchsverfahren nicht eingereicht.

Dagegen hat der Kläger am 19. Mai 2009 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben. Er behauptet, er sei als Vorarbeiter beschäftigt gewesen und dementsprechend für die Einteilung und Anweisung der Arbeitnehmer zuständig gewesen. Außerdem habe er alsbald Bagger, Radlager und Kran gefahren sowie die Maschinen in Stand gehalten und repariert. Auch die Wegezeiten seien unkorrekt. Er könne kaum mehr bis zum 200 bis 300 m entfernt liegenden Supermarkt gehen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. März 2008 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf die in den angefochtenen Bescheiden gegebene Begründung.

Der Kläger hat vom 13. Oktober bis 23. November 2010 an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zur Alkoholentwöhnung teilgenommen. Den Entlassungsbericht hat die Beklagte übersendet. Sodann hat die Kammer Beweis erhoben durch Einholung von schriftlichen Befundberichten und Befundunterlagen der behandelnden Ärzte des Klägers, von der Fachärztin für Orthopädie ... vom 8. Februar 2012, der Nervenfachärztin Dr ... von 13. Februar 2012, dem Facharzt für Innere Medizin und Hausarzt des Klägers MR Dr ... vom 4. Mai 2012, dem Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med ... vom 22. Juli 2012, dem Handchirurgen Dr ... vom 27. August 2012 und dem Facharzt für Neurochirurgie Dr ... vom 4. September 2012. Schließlich hat die Kammer bei der Oberärztin der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Rostock Dr ... ein Gutachten nach Aktenlage in Auftrag gegeben, dass diese mit Datum vom 22. April 2013 erstattet hat. Insbesondere Dr ... hat in Übereinstimmung mit dem Entlassungsbericht über die medizinische Rehabilitation eingeschätzt, dass dem Kläger noch eine Tätigkeit von mindestens 6 Stunden täglich zumutbar sei. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Übrigen wird auf Blatt 45 bis 54, 66 bis 82, 94 bis 102, 115 bis 117 und 145 bis 172 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 24. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Unbeschadet der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, den eingeholten Gutachten und Befundberichten steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger zumindest noch leichte körperliche Tätigkeiten mit der Möglichkeit des selbst gewählten Haltungswechsels zwischen Sitzen, Gehen und Stehen 6 Stunden und mehr täglich verrichten kann. Dabei stützt sich die Kammer maßgeblich auf das Gutachten von Dr ..., den Entlassungsbericht über die medizinische Rehabilitation sowie das Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten, wo das übereinstimmend so eingeschätzt wurde. Bereits das Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten ist anhand der dort erhobenen objektiven Untersuchungsbefunde schlüssig. Die dort festgestellten allenfalls mittelgradigen Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule stehen einer leichten körperlichen Tätigkeit nicht entgegen. Dass der Kläger trotz seiner Alkoholerkrankung noch tätig sein kann, wurde sowohl im Entlassungsbericht über die medizinische Rehabilitation als auch von Dr ... eingeschätzt. Im Entlassungsbericht heißt es insbesondere, der Kläger sei nach ca. 6 Wochen vorzeitig und gegen ärztlichen Rat entlassen worden. Eigenverantwortlich habe er nach einem Rückfall die Therapie beendet, ohne sich die Möglichkeit zu geben, konstruktiv mit dem Rückfallgeschehen umzugehen. Der Kläger habe sich an Nebenschauplätzen erschöpft und sei noch nicht in der Lage gewesen, sich in eine ernsthafte Auseinandersetzung mit seiner Suchterkrankung einzulassen. Auffällig seien sein Beharren auf angebliche Rentenansprüche und der dabei hervorgebrachte Kampfgeist gewesen. Dr ... hat, nachdem sich der Kläger bereits vom 17. bis 30. Oktober 2011 in der dortigen Klinik stationär befunden hat, bei dem Kläger eine Alkoholabhängigkeit sowie eine Tabakabhängigkeit diagnostiziert. Der Kläger könne die Alkoholerkrankung bei zumutbarer Willensanspannung selbst oder mit ärztlicher Hilfe überwinden, wenn er bereit sei, sich nochmals einer qualifizierten Entzugstherapie zu unterziehen und im Anschluss daran eine Langzeitentwöhnungstherapie zu absolvieren. Bei dem Kläger bestehe eine deutliche Aggravationstendenz und fehlende Compliance, was die Suchterkrankung angeht. Weiterhin stehe ein Rentenbegehren im Vordergrund, welches er immer wieder mit viel Energie und Bestimmtheit vorträgt. Unter Zugrundelegung dieser Befunde erscheint die übereinstimmende Einschätzung, dass der Kläger noch 6 Stunden täglich tätig sein könne, durchgehend schlüssig.

Die Kammer hat auch keine Veranlassung gesehen, der Empfehlung von Dr ... zur Einholung eines weiteren Gutachtens im Bereich der Orthopädie nachzukommen. Denn insoweit ergibt sich bereits aus dem Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten, dass auf orthopädischem Gebiet keine so schweren Einschränkungen bestehen, dass selbst leichte körperliche Tätigkeiten nicht mehr möglich sind. Eine erhebliche Verschlechterung seit der Untersuchung beim Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten ist aus den eingeholten Befundberichten nicht ableitbar. So hat Dipl.-Med ... in seinem Befundbericht ebenfalls eine rezidivierende Cervikobrachialgie sowie eine rezidivierende Lumboischialgie links mehr als rechts diagnostiziert. Außerdem rezidivierende Belastungsbeschwerden des rechten Handgelenks bei geringer Fingergelenksarthrose und Ganglion. Die Rotation der Halswirbelsäule sei beidseits bis 50° möglich gewesen. Der Finger-Boden-Abstand habe 25 cm betragen. Es sei eine Fußheberschwäche links mit Kraftgrad 4/5 festgestellt worden. Die Funktionsstörungen sowohl der Halswirbelsäule als auch der Lendenwirbelsäule sind damit leicht- bis mittelgradig, so dass leichte körperliche Tätigkeiten, wie dies vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten eingeschätzt wurde, weiterhin möglich sein sollten. Wegen des Ganglions ist eine Überweisung an den Handchirurgen Dr ... erfolgt. Dieser beschreibt in seinem Arztbrief vom 16. März 2012, den er dem Gericht mit Schreiben vom 27. August 2012 übersendet hat, dass bei dem Kläger sowohl ein Ganglion an der Streckseite des rechten Daumensattelgelenkes bei einer angegebenen Anamnesedauer von 3 Monaten sowie ein weiteres an der Speichenseite des rechten Mittelfingergelenkes bei einer angegebenen Anamnesedauer von etwa 2 Jahren festgestellt worden sei. Er hat empfohlen, mit einer Exstirpation noch abzuwarten, da Spontanremissionen möglich seien und um Wiedervorstellung in 3 Monaten gebeten. Dazu ist es aber offenbar nicht gekommen, nachdem Dr ... mit seinem Schreiben vom 27. August 2012 keine weiteren Arztbriefe übersendet hat. Schwerwiegende Funktionsbefunde sind daraus schon deshalb nicht ableitbar, weil Dr ... noch ein Abwarten empfohlen hat. Dipl.-Med ... hat in seinem Befundbericht zwar auch eine Verschlechterung ab Januar 2012 mit Überweisung an den Neurochirurgen Dr ... berichtet. Dr ... aus der Praxis von Dr ... hat in seinem Arztbrief vom 4. September 2012 allerdings weiterhin keine schwerwiegenden Funktionsbefunde mitgeteilt. Er hat eine Lumboischalgie links bei Bandscheiben-Protrusion L 4/5 diagnostiziert. Sowohl eine Parese als auch Atrophien bestünden nicht. Der Zehenstand und der Hackenstand seien beidseits unauffällig gewesen. Der Blindgang sei sicher gewesen. Die Hüften seien frei beweglich gewesen und der Fingerbodenabstand habe 40 cm betragen. Eine Operationswürdigkeit hat er nicht festgestellt.

Zur Überzeugung der Kammer ist auch die sogenannte Wegefähigkeit des Klägers nicht in rentenrechtlich relevanter Weise eingeschränkt. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch die Fähigkeit, eine Arbeitsstelle erreichen zu können. Deshalb ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch voll erwerbsgemindert ist, wer nicht in der Lage ist, täglich vier Mal eine Wegstrecke von über 500 m in einer Zeit von unter 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen und 2 Mal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (BSG, Urteil vom 19. November 1997 – 5 RJ 16/97, zitiert nach Juris Rn. 17). Dabei stützt sich die Kammer maßgeblich auf das Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten, wo der Kläger die Wegstrecke von 500 m in 10 Minuten und 49 Sekunden absolviert hat, obwohl er dabei noch eine Pause von 1 Minute und 10 Sekunden eingelegt hat. Dann sollte dem Kläger das Zurücklegen einer Wegstrecke von knapp mehr als 500 m noch in einer Zeit von unter 20 Minuten und auch noch 4 Mal täglich möglich sein. Auch insoweit ist eine Verschlechterung aus den eingeholten Befundberichten nicht ableitbar. So hat zuletzt Dr ... berichtet, dass bei dem Kläger keine Claudicatio spinales bestehe. Bei der Untersuchung durch die Ärzte des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten hatte der Kläger den Lasegue noch rechts bei 30° und links bei 45° positiv angegeben, wohingegen Dr ... berichtet hat, dass dieser erst bei 70° positiv gewesen sei. Sowohl der Zehenstand als auch der Hackenstand wurde von den Ärzten des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten als unsicher angegeben, während Dr ... diesen unauffällig gesehen hat. Das deutet sogar eher auf eine leichte Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers hin.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65sten Lebensjahres auch Versicherte, die

vor dem 2. Januar 1961 geboren und

berufsunfähig sind.

Gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist (Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4).

Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtssprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (BSG, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 38 Seite 148; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 169). Bisheriger Beruf ist in der Regel die versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, die der Versicherte auf Dauer, dass heißt, mit dem Ziel verrichtet hat, sie bis zur Erreichung der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeit auszuüben (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 62, 158). Hat ein Versicherter mehrere Tätigkeiten ausgeübt, ist sein "Hauptberuf" zu bestimmen. Hierbei ist regelmäßig von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen. Dies gilt jedoch nur, wenn sie zugleich die qualitativ höchste gewesen ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130, 164). Grundsätzlich ist die Berufstätigkeit zu Grunde zu legen, die bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur vorübergehend eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde (BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 130).

§ 240 SGB VI ist auf den Kläger anwendbar, weil er vor dem 2. Januar 1961 geboren ist. In Übereinstimmung mit der Beklagten ist die Kammer auch davon überzeugt, dass der Kläger seine letzte Tätigkeit als Sortierer nicht mehr verrichten kann, weil es sich dabei nicht lediglich um eine leichte körperliche Tätigkeit handelt.

Deshalb ist der Kläger jedoch noch nicht berufsunfähig. Berufsunfähigkeit liegt nämlich nicht schon dann vor, wenn ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann. Es kommt vielmehr darauf an, ob seine gesundheitliche Leistungsfähigkeit noch für eine zumutbare Verweisungstätigkeit ausreicht oder nicht. Die soziale Zumutbarkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zur Erleichterung der Beurteilung hat die Rechtsprechung die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Danach sind – soweit hier von Bedeutung – zu unterscheiden: ungelernte Berufe (Stufe 1); Berufe mit einer Ausbildung von bis zu zwei Jahren (Stufe 2) und Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren (Stufe 3, sogenannte Facharbeiter, BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R). In der Stufe 2, auch als Stufe der Angelernten bezeichnet, unterteilt die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wegen der Vielschichtigkeit und Homogenität dieser Berufsgruppe in einem oberen und unteren Bereich (Urteil vom 28. November 1985, SozR 2200 § 1246 Nr. 132, Seite 425). Angelernte mit einer Regelausbildungszeit von bis zu einem Jahr gelten noch als so genannte untere Angelernte. Soweit der bisherige Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann, kann eine Verweisung erfolgen, die grundsätzlich durch eine konkrete Benennung eines Berufes geschehen muss, der an mindestens 300 Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird. Dabei kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder auf die niedrigere Stufe verwiesen werden. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Fähigkeit zur Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R, zitiert nach Juris Rn. 33). Eine konkrete Verweisungstätigkeit braucht allerdings dann nicht benannt werden, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein so genannter unterer Angelernter auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R, zitiert nach Juris Rn. 33).

Nach den Ausführungen von ... in deren Stellungnahme für die Beklagte vom 19. August 2008 wäre der Kläger in den Bereich der Ungelernten einzugruppieren. Auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers, dass er als Vorarbeiter tätig gewesen sei, andere Arbeitnehmer eingewiesen, Bagger und Kran gefahren und die Maschinen repariert habe, kommt eine Eingruppierung allenfalls in den Bereich der Angelernten in Betracht. Dass der Kläger als Vorarbeiter andere Arbeitnehmer eingewiesen hat, führt nicht zu einer höheren Eingruppierung. Denn auch in der Zusammenarbeit von ungelernten Kräften muss jemand die anderen einweisen. Das allein führt aber nicht dazu, dass dieser einer Kraft mit einer mehr als zweijährigen Ausbildung gleichgestellt werden kann. Soweit der Kläger verschiedene Fahrzeuge gefahren und Maschinen repariert hat, geht die Kammer davon aus, dass der Kläger insoweit seine Vorkenntnisse aus der Tätigkeit als Berufskraftfahrer verwerten konnte. Für Berufskraftfahrer ist eine mehr als zweijährige Ausbildung aber erst seit der Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung vom 19. April 2001 vorgesehen, so dass eine Einordnung in die Berufe mit einer mehr als zweijährigen Ausbildung allenfalls dann möglich ist, wenn sie die Tätigkeit danach noch mehrjährig ausgeübt haben (siehe LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. April 2013 – L 2 R 557/12, zitiert nach Juris Rn. 31 f.). Daran fehlt es bei dem Kläger jedoch gerade, nachdem er die Tätigkeit im Jahr 2000 beendet hat. Selbst wenn man also von einer völligen Gleichwertigkeit der Tätigkeit als Sortierer mit der des Berufskraftfahrers ausginge, wäre der Kläger lediglich in den Bereich der oberen Angelernten einzugruppieren. Im Hinblick auf die Stellungnahme von ... vom 19. August 2008 geht die Kammer allerdings nicht von einer völligen Gleichwertigkeit aus und gruppiert den Kläger in die Gruppe der unteren Angelernten ein. Damit bedurfte es nach dem gesagten keiner Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, so dass die von der Beklagten vorgenommene Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zutreffend ist. Nur ergänzend wird deshalb darauf hingewiesen, dass zumutbare Tätigkeiten für den Kläger beispielsweise die Tätigkeit eines Mitarbeiters in einer Poststelle (dazu LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 7. Oktober 2010 – L 10 KN 26/08, zitiert nach Juris Rn. 78) oder eines Pförtners an der Nebenpforte (dazu LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13. Januar 2011 - L 3 R 70/10, zitiert nach Juris Rn. 48) wären, weil es sich dabei jeweils um leichte körperliche Tätigkeiten handelt. Auf diese Tätigkeiten wäre der Kläger allerdings auch verweisbar, wenn seine letzte Tätigkeit in den Bereich der oberen Angelernten eingruppiert würde, so dass es auf die Abgrenzung vorliegend nicht entscheidungserheblich ankommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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