L 3 RS 8/16

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 RS 19/14 (Sozialgericht Halle)
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 RS 8/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt im Berufungsverfahren noch die Feststellung zusätzlicher Entgelte im Rahmen des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) für die Zeit vom 1. Juni 1979 bis zum 30. Juni 1990.

Der am ... 1942 geborene Kläger war vom 22. Juni 1979 an berechtigt, die Berufsbezeichnung Ingenieur in der Fachrichtung Bergbautechnik/Tiefbau zu führen. Ausweislich seines Ausweise für Arbeit und Sozialversicherung arbeitete er bereits seit dem 1. Januar 1975 als Schichtsteiger unter Tage im Kalibergwerk T ... Vom 1. Oktober 1982 bis zum 31. Januar 1990 war er hauptamtlicher Mitarbeiter der Gewerkschaft FDGB. Vom 1. Februar 1990 bis zum 30. Juni 1990 (und im Weiteren bis zum 31. Mai 1991) war er erneut im Kalibergwerk T. als persönlicher Mitarbeiter des Werkdirektors für das Fach Bergbau tätig.

Mit Bescheid vom 29. April 2011 stellte die Beklagte den Zeitraum vom 1. Juni 1979 bis zum 30. September 1982 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der Technischen Intelligenz (AVItech), den Zeitraum vom 1. Oktober 1982 bis zum 31. Januar 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Funktionärsunterstützung für hauptamtliche Mitarbeiter der Gewerkschaft FDGB und die Zeit vom 1. Februar bis zum 30. Juni 1990 wiederum als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech mit den entsprechenden Entgelten fest.

Am 5. Dezember 2013 beantragte der Kläger die Berücksichtigung von Bergmannsgeldern und Treueprämien als Entgelte im Rahmen der AVItech und der Zusatzversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des FDGB für den Zeitraum vom 1. Juni 1979 bis zum 30. Juni 1990 aufgrund von entsprechenden Tabellenwerten gemäß der Zugehörigkeitsdauer zur bergbaulichen Versicherung. Nachweise lägen ihm nicht mehr vor. Aufgrund der neuesten Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Sachsen (L 5 R 6622/10) zu den Jahresendprämien beantrage er deren Anerkennung im Wege der Glaubhaftmachung. Aufgrund des Nichtvorhandenseins von Unterlagen in den entsprechenden Archiven hätten Erhebungen nicht positiv abgeschlossen werden können.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, zusätzliche Arbeitsverdienste seien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Entsprechende Nachweise habe der Kläger nicht übersandt. Soweit er sich auf die Entscheidung des LSG Sachsen vom 12. November 2013 berufe, handele es sich um einen spezifischen Einzelfall. Dieser Verfahrensweise folge die Beklagte nicht. Der mangelnde Nachweis eines Umstandes gehe nach dem im Sozialgerichtsprozess geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten dessen, der sich darauf berufe (Bescheid vom 20. Dezember 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2014).

Mit der hiergegen am 23. Juli 2014 beim Sozialgericht Halle erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat sich auf die Fünfte Verordnung zur Verbesserung der Lage der Bergarbeiter des ingenieurtechnischen- und kaufmännischen Personals sowie der Produktionsverhältnisse im Bergbau der DDR vom 9. April 1964 berufen, wonach eine zusätzliche Belohnung für eine ununterbrochene Beschäftigung zu zahlen sei. Er habe aufgrund des erfolgreichen Abschlusses seiner Hauerlehre bereits 1969 auf eine 12-jährige Betriebszugehörigkeit zurückblicken können und deshalb den Höchstsatz von 16 Prozent vom jährlichen Bruttoverdienst des Vorjahres erhalten. Zur Glaubhaftmachung seiner Angaben verweise er u.a. auf Arbeitsverträge und Funktionspläne im Kalibergwerk T. in den Jahren 1956 bis 1982, den Überleitungsvertrag vom 19. August 1982 mit ausdrücklicher Bestätigung der weiteren Gewährung der zusätzlichen Belohnung sowie den Überleitungsvertrag vom 4. Januar 1990 mit Anhang vom 18. Dezember 1989 mit der ausdrücklichen Bestätigung zur weiteren Gewährung der zusätzlichen Belohnung sowie sein Sparkassenbuch für den Zeitraum von 1977 bis 1992 über die Einzahlung der zusätzlichen Belohnungen. Für den Erhalt der zusätzlichen Belohnung sei er nicht im Besitz geeigneter Nachweise. Zur Glaubhaftmachung seiner Angaben benenne er Zeugen. Wegen der Einzelheiten in Bezug auf die angebotenen Zeugen wird auf Blatt 25, in Bezug auf schriftliche Zeugenerklärungen zum Erhalt der zusätzlichen Belohnung des Bergmannsgeldes auf Blatt 43 bis 49 und wegen der übrigen Nachweise auf Blatt 50 bis 72 der Gerichtsakte Band I Bezug genommen.

Mit Urteil vom 13. September 2016 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger beantragt habe, gezahlte Bergmannsgelder und Treueprämien nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen "zu berücksichtigen", sei die Klage unzulässig. Denn die Beklagte stelle als Versorgungsträger die Art und Dauer der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem, die Höhe der tatsächlichen Bruttoarbeitsentgelte, die Höhe der Entgelte, für die gegebenenfalls Beiträge zur FZR gezahlt worden seien, sowie die Zeiten der Unterbrechung der Beitragsleistung fest. An den hierüber erteilten Bescheid sei der Rentenversicherungsträger gemäß § 8 AAÜG gebunden. Ein Anspruch auf "Berücksichtigung" über den Feststellungsantrag hinaus bestehe nicht. Soweit die Klage zulässig sei, sei sie unbegründet. Bereits der Zufluss der geltend gemachten Prämien sei in der konkreten Höhe nicht nachgewiesen bzw. nicht glaubhaft gemacht. Eine Schätzung von Entgelten sei im AAÜG nicht vorgesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 108 bis 109 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Gegen das ihm am 19. September 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13. Oktober 2016 Berufung beim LSG Sachsen-Anhalt eingelegt. Er hat im Hinblick auf die Entscheidung des 5. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15. Dezember 2016 die Feststellung von ihm gezahlten Jahresendprämien als Arbeitsentgelt nicht weiterverfolgt. Sein Begehren, die Beklagte zur Feststellung von Arbeitsentgelt in Form von zusätzlichen Belohnungen für Beschäftigte im Bergbau der DDR zu verurteilen, verfolge er jedoch weiter. Der Rechtsauffassung des erkennenden Senats, insbesondere im Urteil vom 27. Oktober 2016 (L 3 RS 29/14), folge er nicht. Die Zielsetzungen und Festlegungen in Bezug auf die Bergmannsprämien nach dem Bergmannsprämiengesetz einerseits und die zusätzlichen Belohnungen für Beschäftigte im Bergbau der DDR andererseits seien grundsätzlich verschieden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung seiner Auffassung wird auf Blatt 164 bis 167 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 13. September 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2014 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 29. April 2011 teilweise zurückzunehmen und für den Zeitraum vom 1. Juni 1979 bis zum 30. Juni 1990 weitere Arbeitsentgelte wegen gezahlter zusätzlicher Belohnungen für Beschäftigte im Bergbau der DDR festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Mit dem dem Kläger am 15. Juni 2017 zugestellten und der Beklagten formlos zur Kenntnis gegebenen gerichtlichen Schreiben vom 12. Juni 2017 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass die Berufung unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats keine Aussicht auf Erfolg biete. Es sei beabsichtigt, über die Berufung durch Beschluss zu entscheiden, da die Berufsrichter des Senats sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich hielten. Die Beteiligten haben sich hierzu nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte über den Rechtsstreit durch Beschluss entscheiden, da die Berufung nach übereinstimmender Auffassung aller Berufsrichter unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Die Beteiligten sind hierzu mit dem gerichtlichen Schreiben vom 15. Juni 2017 angehört worden.

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Beklagte hat bei Erlass ihres Bescheides vom 29. April 2011 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen (§ 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X).

Das Begehren des Klägers scheitert daran, dass die geltend gemachten zusätzlichen Belohnungen für Beschäftigte im Bergbau der DDR nach der Rechtsprechung des BSG kein durch die Beklagte festzustellendes Arbeitsentgelt sind (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27. August 2015 - L 1 RS 23/13 -, juris und Urteil des erkennenden Senats vom 27. Oktober 2016 - L 3 RS 29/14 -, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - RdNr. 24 ff.; Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - RdNr. 15, 16; Urteil vom 23. Juli 2015 - B 5 RS 9/14 R - RdNr. 13, 14, sämtlich juris) bestimmt sich der Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nach § 14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV). Bei einem Vorliegen von Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV ist im zweiten Prüfungsschritt festzustellen, ob sich insbesondere auf der Grundlage von § 17 SGB IV i. V. m. § 1 Arbeitsentgeltverordnung ausnahmsweise ein Ausschluss ergibt. Dieser kommt dann in Betracht, wenn u.a. "Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen" sowohl "zusätzlich" zu Löhnen oder Gehältern gezahlt werden als auch lohnsteuerfrei sind. Soweit es im letztgenannten Zusammenhang auf Vorschriften des Steuerrechts ankommt, ist das am 1. August 1991 - dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG - geltende Steuerrecht maßgeblich.

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit gehören nicht solche Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der für die Zuwendung maßgebenden Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. Ist aber neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers und führt zur Bewertung als Lohnzuwendung (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2013 - L 22 R 449/11 -, juris, RdNr. 89 unter Hinweis auf Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 21. Januar 2010 - VI R 51/08 -, juris).

Nach dem Recht der DDR (§ 3 Abs. 1 der Verordnung zur Verbesserung der Lage der Bergarbeiter, des ingenieurtechnischen und kaufmännischen Personals sowie der Produktionsverhältnisse im Bergbau der DDR vom 10. August 1950 (GBl. der DDR I, S. 832) in der Fassung der Fünften Verordnung zur Verbesserung der Lage der Bergarbeiter, des ingenieurtechnischen und kaufmännischen Personals sowie der Produktionsverhältnisse im Bergbau der DDR vom 9. April 1964 (GBl. der DDR II, S. 313, im Folgenden: Prämien-VO)) wurde die zusätzliche Belohnung für Beschäftigte im Bergbau der DDR für die ununterbrochene Beschäftigung in einem Bergbaubetrieb gezahlt und diente als Anerkennung für die geleistete Arbeit der im Bergbau Beschäftigten (§ 3 Abs. 18 dieser Verordnung). Insoweit ist ein erhebliches wirtschaftliches Interesse des Arbeitnehmers erkennbar. Der möglicherweise auch verfolgte betriebliche Zweck der Bindung von qualifizierten Arbeitskräften an den Betrieb dürfte in dem sozialistischen System der Arbeitskräftelenkung allenfalls eine untergeordnete Bedeutung gehabt haben. Die zusätzliche Belohnung für Beschäftigte im Bergbau ist also grundsätzlich als Arbeitsentgelt zu qualifizieren.

Diese zusätzlich zu den Löhnen bzw. Gehältern gezahlte Belohnung gehörte damit gemäß § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der am 1. August 1991 geltenden Fassung (danach zählten zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit u. a. Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden) zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit. Sie war jedoch steuerfrei.

Nach § 3 Nr. 46 EStG in der am 1. August 1991 geltenden Fassung waren Bergmannsprämien nach dem Gesetz über Bergmannsprämien steuerfrei. Eine direkte Anwendung dieser Vorschrift scheidet aus. Denn § 3 EStG in der am 1. August 1991 geltenden Fassung hatte als bundesdeutsches Gesetz nicht die zusätzliche Belohnung für Beschäftigte im Bergbau der DDR im Blick, die vor dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes im Beitrittsgebiet gezahlt wurde. Vielmehr betrifft § 3 Nr. 46 EStG die nach dem bundesdeutschen Gesetz über Bergmannsprämien vom 20. Dezember 1956 (BGBl I, S. 927) geregelten Zuwendungen an Bergleute im Bundesgebiet. Hinzu kommt, dass die korrekte Bezeichnung der umstrittenen Zahlungen nicht "Bergmannsprämie" ist, sondern "zusätzliche Belohnung für eine Beschäftigung im Bergbau". Außerdem war im alten Bundesgebiet nur begünstigt, wer als Arbeitnehmer des Bergbaus unter Tage beschäftigt war. Dagegen profitierten in der ehemaligen DDR auch Beschäftigte über Tage von der zusätzlichen Belohnung (§ 3 Abs. 3 Buchst. c) Prämien-VO).

Nach der Konzeption des BSG kann es nur um eine sinngemäße Anwendung von § 3 Nr. 46 EStG in der am 1. August 1991 geltenden Fassung gehen. Eine solche sinngemäße Anwendung ist hier zwingend, weil die Zielstellung der Bergmannsprämien sowohl in der alten Bundesrepublik wie auch in der ehemaligen DDR im Wesentlichen gleich war, nämlich die Kohleindustrie als Motor für einen Wirtschaftsaufschwung nach dem Krieg zu fördern. Denn in der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über Bergmannsprämien in der alten Bundesrepublik ist ausdrücklich aufgeführt, dass die Bergmannsprämie eine Anerkennung für die schwere, gefahrvolle Arbeit des Bergmanns darstellen sollte. Sie sollte den Bergmannsberuf unter anderen Berufen hervorheben und ihn wieder anziehender machen (vgl. Protokoll der 128. Kabinettssitzung am 28. März 1956, Tagesordnungspunkt C.; http://www.bundesarchiv.de/cocoon/ barch/0/k/k1956k/kap1 2/kap2 20/para3 9.html.) Hintergrund war der Umstand, dass die Steinkohlenförderung in der Zeit von 1936 bis 1955 nur um 12 Prozent gewachsen war, während die gesamte industrielle Entwicklung um mehr als 100 Prozent zugenommen hatte. Wegen der schnelleren Ausweitung der kohlenverbrauchenden Industrie waren 1955 sieben Millionen Tonnen amerikanischer Kohle eingeführt worden, die zudem teurer war als die deutsche Kohle. Nach den Berechnungen des Bundesministers für Wirtschaft fehlten 17.000 Untertage-Bergleute. Vor diesem Hintergrund sollte der Beruf des Bergmanns, der für die wirtschaftliche Entwicklung als wichtig angesehen wurde, attraktiver gemacht werden (vgl. Protokoll der Kabinettssitzung am 8. Februar 1956, Tagesordnungspunkt 6.; http://www.bundesarchiv.de/ cocoon/barch/0/k/k1956k/kap1 2 kap2 8/para3 8.html). Ähnlich war die Situation Anfang der Fünfzigerjahre in der ehemaligen DDR. Dies kommt in der Präambel der Prämien-VO vom 10. August 1950 anschaulich zum Ausdruck. Auch hier ist bereits im ersten Satz von der entscheidenden wirtschaftlichen Bedeutung des gesamten Bergbaus für die weitere wirtschaftliche Entwicklung die Rede. Notwendig sei die "aktivste Mitarbeit" aller in den Betrieben und Verwaltungen Beschäftigten. Als eine der bedeutsamsten Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Bergbauwirtschaft, zur Erfüllung der Pläne und zum Wirksamwerden der technischen Neuerungen war die Verbesserung der Entlohnung und der sozialen Lebensbedingungen für die im Bergbau Beschäftigten angesehen worden. Dabei sollte die Vertiefung des Verständnisses für die Bedeutung des gesamten Bergbaus in der Bevölkerung gefördert werden und es sollten geeignete Nachwuchskräfte geworben werden. § 2 Abs. 1 Prämien-VO besagte unmissverständlich, dass die in den verschiedenen Bergbaubetrieben geltenden Tarifverträge so zu verändern seien, dass die Facharbeiterlöhne und Angestelltengehälter entsprechend der Bedeutung des Bergbaus an der Spitze der Facharbeiterlöhne und Gehälter aller Industrien stehen müssten.

Darüber hinaus spricht auch die Konzeption der zusätzlichen Belohnung in Abhängigkeit zur Arbeitsmoral der Bergleute für eine sinngemäße Anwendung der bundesdeutschen Steuergesetze. Fehlschichten, also unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz, wurden nach beiden Rechtsnormen bei der Prämienvergabe negativ berücksichtigt. Während im Bundesgebiet gemäß § 2 des Gesetzes über Bergmannsprämien die Bergmannsprämie von zehn DM nur für jede - tatsächlich - unter Tage verfahrene volle Schicht vorgesehen war, wurde die zusätzliche Belohnung im Beitrittsgebiet gemäß § 1 Abs. 8 Prämien-VO für jede unentschuldigte Fehlschicht gekürzt. Somit besteht auch insoweit - trotz unterschiedlicher Herangehensweise - eine weitgehende Identität der beiden Leistungen. Nicht die konkret am Arbeitsplatz erbrachte Arbeitsleistung, sondern die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Anwesenheitspflicht am Arbeitsplatz war entscheidend für die Frage der Gewährung der zusätzlichen Belohnung.

Schließlich waren nach dem Wortlaut sowohl des § 1 Abs. 17 der Prämien-VO bzw. als auch des § 4 des Gesetzes über Bergmannsprämien die zusätzlichen Leistungen ausdrücklich lohnsteuer- und auch sozialversicherungsfrei.

In Anwendung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - RdNr. 24 ff.; Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R - RdNr. 15, 16; Urteil vom 23. Juli 2015 - B 5 RS 9/14 R - RdNr. 13, 14, juris) ist die Bergmannsprämie nach alledem kein durch die Beklagte festzustellendes Arbeitsentgelt. Der gegenteiligen Ansicht des 22. Senats des LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 19. November 2015 - L 22 R 588/13 -, juris) folgt der Senat nicht. Der 22. Senat des LSG Berlin-Brandenburg meint, der entscheidende Unterschied, die bundesdeutsche Bergmannsprämie als (steuerrechtliche) Subvention einerseits und die zusätzliche Belohnung im Bergbau in der DDR als Bestandteil des Arbeitsverdienstes andererseits, werde vom 1. Senat des LSG Sachsen-Anhalt nicht berücksichtigt (Urteil vom 19. November 2015 - L 22 R 588/13 -, RdNr. 66, juris). Es ist zutreffend, dass es sich bei der bundesdeutschen Bergmannsprämie um eine steuerrechtliche Subvention handelte, diese also letztlich aus dem Staatshaushalt finanziert wurde. Die Auszahlung erfolgte aber durch den Arbeitgeber (§ 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über Bergmannsprämien). Angesichts der staatlichen Planwirtschaft der DDR vermag der Senat insoweit keinen wesentlichen Unterschied zu erkennen. Denn auch in der DDR mit ihren volkseigenen Bergbaubetrieben war die zusätzliche Belohnung im Bergbau zumindest mittelbar eine staatliche Subvention. Entscheidend ist für den Senat die dargestellte, im Wesentlichen identische Zielstellung der Zahlungen, nämlich die Kohleindustrie als Motor für einen Wirtschaftsaufschwung nach dem Krieg zu fördern.

Selbst wenn die zusätzliche Belohnung für Beschäftigte im Bergbau grundsätzlich zu berücksichtigendes Arbeitsentgelt wäre, ist hier der tatsächliche Zufluss an den Kläger weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, worauf das Sozialgericht und die Beklagte zutreffend hingewiesen haben. Die Beweisangebote des Klägers beziehen sich lediglich auf das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen, die Umstände der Festsetzung und die Modalitäten der Auszahlung sowie die Einzahlung von Beträgen auf sein Sparbuch. Damit ist aber weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, an welchem konkreten Tag ihm welche Summe tatsächlich ausgezahlt wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung, denn der Senat hat den geltend gemachten Anspruch auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung des BSG geprüft. Eine entscheidungserhebliche Abweichung von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts liegt ebenfalls nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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