Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 KR 2105/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3130/17 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.06.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Versorgung mit einer GPS-Softorthese.
Der im Jahr 1999 geborene Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin im Wege der Familienversicherung krankenversichert. Er leidet an einer Muskeldystrophie vom Typ Duchenne. Er erhält wegen den aus der Erkrankung resultierenden Einschränkungen, insb. einer Geh- und Stehunfähigkeit, seit Juli 2009 Leistungen der sozialen Pflegeversicherung, zunächst nach der Pflegestufe I, seit Juli 2011 im Umfang der Pflegestufe II.
Unter dem 22.08.2016 wurde dem Antragsteller seitens der Klinik für Kinderneurologie und Sozialpädiatrie, Kinderzentrum M., eine GPS-Softorthese nach Maßanfertigung mit Skoliose-Zügeln und Oberschenkelfassungen verordnet. Unter Vorlage eines Kostenvoranschlages der Medizin- und Orthopädietechnik St. + B. & Co GmbH, in dem die Kosten der Orthese nebst der Arbeitskosten für die Anpassung auf insg. 1.797,33 EUR brutto beziffert worden sind, beantragte der Antragsteller am 29.08.2016 die Übernahme der Kosten für die Versorgung mit der GPS-Softorthese. Die Antragsgegnerin schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein, für den Dr. A. unter dem 09.09.2016 die Einschätzung vertrat, dass die beantragte flexible, stabilisierende GPS-Orthese als neurodynamische Versorgung zu einer Verbesserung der Bewegungs- und Balancekontrolle bei Patienten mit neuromotorischen Einschränkungen führen solle, eine solche Wirkung jedoch noch nicht durch randomisierte Studien belegt sei. Die medizinischen Voraussetzungen der Leistungsgewährung seien daher nicht erfüllt.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag des Antragstellers mit Bescheid vom 12.09.2016 ab. Auf den hiergegen am 26.09.2016 eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung u.a. eine physiotherapeutisch/ärztliche Stellungnahme der Ärztin für Kinder- und Jugendmedizin Dr. K. und der Physiotherapeutin L., Kinderzentrum M., vom 03.11.2016 vorgelegt worden ist, in der ausgeführt worden ist, dass der Antragsteller die Geh- und Stehfähigkeit seit Jahren verloren habe, und sich in letzter Zeit eine Verschlechterung im Bereich des Rumpfes mit einer beginnenden Fehlhaltung und der Gefahr der Zunahme von Muskelkontraktionen und des Verlustes des Gleichgewichts gezeigt habe. Damit der Antragsteller das bisher absolvierte Training auf einem Therapiefahrrad fortsetzen könne, solle er eine flexible Orthese für Becken und Rumpf erhalten. Diese sei dynamisch stützend und gestatte Kompensationsbewegungen. Nach ausführlicher Testung habe sich die verordnete Orthese als am besten geeignet erwiesen. Ferner ist eine Stellungnahme von Dr. B., Neuropädiatrische Ambulanz am Universitätsklinikum F., vom 09.11.2016 vorgelegt worden, in der ausgeführt worden ist, dass durch die GPS-Softorthese der Rumpf gestützt werden könne, wodurch dem Antragsteller die weitere Nutzung des Therapiefahrrades ermöglicht werde. Die Antragsgegner schaltete erneut den MDK ein, für den der Arzt S. unter dem 30.11.2016 ausführte, das GPS-Softorthesenkonzept sei nach Herstellerangaben bei Patienten mit Erkrankungen, die mit Bewegungsstörungen oder -einschränkungen verbunden seien, angezeigt. Beim Antragsteller solle das Hilfsmittel der Sicherung der Krankenbehandlung dienen und ihm die weitere Nutzung des Therapierades ermöglichen. Insofern sei jedoch der medizinische Nutzen nicht nachgewiesen. Im Hinblick auf den Behinderungsausgleich der Mobilität rechne das Radfahren für Erwachsene, worunter auch Jugendliche über dem 15. Lebensjahr rechneten, nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2017 wies die Beklagte den Widerspruch sodann zurück. Der therapeutische Nutzen der GPS-Softorthese sei, so die Antragsgegnerin begründend, nicht belegt. Das Radfahren, das mit der Orthese gewährleistet werden solle, rechne nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens, weswegen auch insofern eine Leistungsverpflichtung nicht bestehe.
Hiergegen erhob der Antragsteller am 31.03.2017 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG - S 6 KR 1097/17 -), die dort unverändert anhängig ist.
Am 09.06.2017 beantragte der Antragsteller die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die begehrte GPS-Softorthese zu finanzieren. Begründend führte der Antragsteller aus, im Verlauf des letzten Jahres sei bei ihm eine Verstärkung der Skoliose mit einer Zunahme des Rückenbuckels beobachtet worden. Um der krankheitsbedingten Kraftabnahme entgegen zu wirken, trainiere er auf einem Therapiefahrrad. Infolge der fortschreitenden Erkrankung habe sich jedoch die Frequenz und die jeweils zurückgelegte Strecke reduziert, da sein Körper die trainingsbedingten Schwingungen nicht mehr aktiv auffangen könne. Durch die Orthese werde die äußere Stabilität gewährt und die Schwingungen unterdrückt, sodass durch das regelmäßige Training der bestehende Gesundheitszustand aufrechterhalten werden könne.
Die Antraggegnerin trat der Klage unter Verweis auf ihren Widerspruchsbescheid vom 15.03.2017 entgegen.
Mit Beschluss vom 27.06.2017 lehnte das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, im einstweiligen Rechtsschutz dürfe die Hauptsache grundsätzlich nicht vorwegnehmen werden. Hiervon sei vorliegend auszugehen, da eine Rückabwicklung der Versorgung wegen der individuellen Anpassung der GPS-Softorthese nicht mehr möglich sei. Nur dann, wenn die zu erwartenden Nachteile des Nichterlasses einer einstweiligen Anordnung unzumutbar seien, könne in einem solchen Fall einstweiliger Rechtsschutz gewährt werden. Hiervon sei jedoch vorliegend nicht auszugehen, da bereits fraglich sei, ob sich der Antragsteller auf einen Anordnungsanspruch berufen könne. Im Rahmen der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung lasse sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit klären, ob das begehrte Hilfsmittel der Krankenbehandlung unterfalle oder ob es vielmehr dem mittelbaren Behinderungsausgleich, für den die Antragsgegnerin nicht einstandspflichtig sei, diene.
Gegen den am 30.06.2017 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 31.07.2017, einem Montag, Beschwerde eingelegt. Er trainiere, so der Antragsteller begründend, täglich ca. zwei Stunden mit dem Therapiefahrrad, das seine Eltern auf eigene Kosten für 5.759,90 EUR erworben hätten, und lege dabei ca. 20 km zurück. Neben dem Muskeltraining verbessere dies seinen psychischen und physischen Allgemeinzustand. Das Therapiefahrrad sei die einzige Möglichkeit, sich unabhängig und allein zu bewegen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit seiner Eltern sei nunmehr erschöpft, sodass sich diese an der Anschaffung der Orthese nicht mehr beteiligen könnten. Im Verlauf des letzten Jahres sei bei ihm eine Verstärkung der Skoliose mit Zunahme des Rückenbuckels eingetreten, weswegen vom behandelnden Arzt die Orthese verordnet worden sei, um das tägliche Training auf dem Therapiefahrrad weiterhin bewältigen zu können. Die Übernahme der Kosten der Softorthese rechne unter das Grundbedürfnis der Bewegung, das die Fähigkeit, selbstständige und unabhängige Bewegungen durchführen zu können umfasse. Da die behandelnden Ärzte und die Physiotherapeutin die Nutzung befürwortet hätten, bestünde ein Versorgungsanspruch. Dies gelte insb. im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, da insofern verfassungsrechtliche Aspekte zu berücksichtigen seien. I.d.S. sei bei einer Abwägung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten, insb. in Ansehung der drohenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes, sowohl ein Anordnungsanspruch, als auch ein -grund gegeben. Hierzu legte der Antragsteller eine Eidesstattliche Versicherung seiner Mutter vom 02.08.2017 sowie eine Aufstellung der finanziellen Belastungen seiner Eltern vor.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.06.2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die Kosten der Versorgung mit einer GPS-Softorthese nach Maßanfertigung mit Skoliose-Zügeln und Oberschenkelfassungen zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verweist auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss des SG sowie ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Antragsgegnerin geführte Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.
II.
Die form- und unter Heranziehung von § 64 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers (vgl. §§ 172 Abs. 1, 173 SGG) führt für diesen inhaltlich nicht zum Erfolg.
Die Antragsgegnerin ist nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichtet, die Kosten der Versorgung des Antragstellers mit einer GPS-Softorthese nach Maßanfertigung mit Skoliose-Zügeln und Oberschenkelfassungen zu übernehmen.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Als Sicherungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG ist der Antrag darauf gerichtet, einen bestehenden Zustand aufrechtzuerhalten, wobei wegen des Vorrangs des § 86b Abs. 1 SGG, der Eingriff in einen bestehenden Zustand nicht durch einen anfechtbaren Verwaltungsakt erfolgt sein darf. Die Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG dient hingegen der vorläufigen Einräumung einer bislang noch nicht bestehenden Rechtsposition bzw. der Erweiterung einer bestehenden Rechtsposition.
Einstweiliger Rechtsschutz ist vorliegend im Wege einer einstweiligen (Regelungs-)Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu gewähren. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsanspruchs sowie eines Anordnungsgrundes voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) ist dann gegeben, wenn es dem Antragsteller nicht zuzumuten ist, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, weil ansonsten schwere, unzumutbare Nachteile entstehen. Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die begehrte Leistung glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich, gemacht ist (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Bei Auslegung und Anwendung des § 86b Abs. 2 SGG sind das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz [GG]) und die Pflicht zum Schutz betroffener Grundrechte zu beachten, namentlich dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Versagung vorläufigen Rechtsschutzes Grundrechte des Antragstellers erheblich, über den Randbereich hinaus und womöglich in nicht wieder gut zu machender Weise verletzen könnte. Ferner darf oder muss das Gericht ggf. auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei späterem Misserfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren einerseits gegenüber der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bei nachfolgendem Obsiegen in der Hauptsache andererseits führen würde. Schließlich kann im Wege einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nur eine vorläufige Regelung getroffen und dem Antragsteller daher nicht schon in vollem Umfang, und sei es nur für eine vorübergehende Zeit, gewährt werden, was er nur im Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist gleichwohl möglich, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten ist.
Der hier streitgegenständliche Anspruch auf Versorgung mit einer GPS-Softorthese rechnet nicht zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der Krankenversicherung. Insoweit berücksichtigt der Senat, dass die Versorgung mit einer GPS-Softorthese zuvorderst die weitere Nutzung des Therapiefahrrades ermöglichen soll, nicht jedoch dazu zu dienen bestimmt ist, unmittelbar die körperliche Beweglichkeit wiederherzustellen bzw. unmittelbar zu erhalten.
Darüberhinausgehend liegen auch die gesetzlich normierten Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Dies folgt nicht bereits daraus, dass das streitige Hilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 139 SGB V keine Aufnahme gefunden hat, da das Hilfsmittelverzeichnis nicht die Aufgabe hat, abschließend als Positivliste darüber zu befinden, welche Hilfsmittel der Versicherte im Rahmen der Krankenbehandlung beanspruchen kann. Es stellt für die Gerichte nur eine unverbindliche Auslegungshilfe dar. Daran hat sich auch durch die durch das GKV-Modernisierungsgesetz vorgenommene Einfügung von § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB V nichts geändert (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 03.08.2006 - B 3 KR 25/05 R -, in juris).
Gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmittel, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung (zum Behinderungsbegriff vgl. die auch hier maßgebliche Definition in § 2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX)) vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind; letzteres ist bei dem hier in Rede stehenden Hilfsmittel nicht der Fall.
Die begehrte Versorgung mit einer GPS-Softorthese dient nicht der Sicherung der Krankenbehandlung. Der Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung dient ein sächliches Mittel (Hilfsmittel), soweit es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen. Dabei kommt nur solchen Maßnahmen zur körperlichen Mobilisation ein Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung im Sinne von § 27 SGB V zu, die in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztlich oder ärztlich angeleitete Leistungserbringer stehen und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlung des § 27 SGB V als erforderlich anzusehen sind. Hierunter fallen vor allem Stütz- und Haltevorrichtungen (z. B. Krücken), die während eines, ggf. nach einem operativen Eingriff mit Korrekturmaßnahmen notwendigen Heilungsprozesses, Körperteile oder Körperfunktionen entlasten oder vorübergehend ersetzen sollen. Im Allgemeinen liegen diese Voraussetzungen bei einer Hilfe zur körperlichen Betätigung vor, wenn der Versicherte aufgrund der Schwere der Erkrankung dauerhaft Anspruch auf Maßnahmen der physikalischen Therapie hat und die durch das beanspruchte Hilfsmittel unterstützte eigene körperliche Betätigung diese Therapie entweder wesentlich fördert oder die Behandlungsfrequenz in Folge der eigenen Betätigung geringer ausfallen kann (vgl. BSG, Urteil vom 18.05.2011, - B 3 KR 7/10 R -, in juris). Hierfür sind vorliegend keine Anhaltspunkte gegeben und werden vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht.
Die Versorgung mit einer GPS-Softorthese dient auch nicht dazu einer drohenden Behinderung vorzubeugen, denn eine solche ist bereits eingetreten.
Der Anspruch des Antragstellers auf das begehrte Hilfsmittel ergibt sich darüber hinaus auch nicht aus § 33 Abs. 1 Satz 2 Variante 3 SGB V und dem dort genannten Zweck des Behinderungsausgleichs. Nach der Rechtsprechung des BSG bemisst sich der von der Krankenkasse geschuldete Behinderungsausgleich entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird.
Von einem unmittelbaren Behinderungsausgleich ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Hierfür gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Die Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens (vgl. auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) betroffen ist, entfällt in den Fällen der Erst- und Ersatzausstattung, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion ist als solche ein Grundbedürfnis (BSG, Urteil vom 18.05.2011, - B 3 KR 12/10 R -, in juris). Zwar erfordert der unmittelbare Behinderungsausgleich nicht, dass das von der Behinderung betroffene Körperteil völlig rekonstruiert oder die von der Behinderung betroffenen Körperfunktionen vollständig ersetzt wird, vielmehr genügt es, wenn ein teilweiser Ausgleich der entsprechenden Funktionsverluste erreicht wird, jedoch soll die vorliegend streitgegenständliche Versorgung mit einer GPS-Softorthese nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers sowie der behandelnden Ärzte dazu dienen, durch die stützende Funktion die weitere Nutzung des Therapie-Fahrrades zu ermöglichen; sie soll indes nicht dazu dienen, die Geh- und Stehunfähigkeit wiederherzustellen. Die (angenommene) Wirkung der Orthese, die wie eine zweite Haut am jeweiligen Körperteil angelegt wird, beruht darauf, dass durch den so ausgelösten Druck und den Zug auf die unterschiedlichen Rezeptoren der Haut, des Unterhautgewebes und der Muskulatur, die Wahrnehmung des betroffenen Körperteils verbessert werden soll. Die Stellung der Extremität im Raum soll durch die entsprechenden Rückkopplungsmechanismen zwischen Gehirn und Rezeptoren bewusster gemacht werden. Die Bewegungsqualität soll so günstig beeinflusst, nicht jedoch die Bewegungsfähigkeit wiederhergestellt werden. Die GPS-Softorthese dient mithin nicht dem unmittelbaren Ausgleich der ausgefallenen Körperfunktion.
Im Bereich des mithin einschlägigen mittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Leistungsverpflichtung der Krankenkasse beschränkt. Die Krankenkassen sind nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben zu führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von den Krankenkassen deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderungen im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens im hier maßgeblichen Sinne gehört das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrung aufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Das Fahrradfahren als solches rechnet nicht hierunter (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.2003 - B 3 KR 26/02 R -, in juris). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf. andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (vgl. auch etwa BSG, Urteil vom 16.07.2014, - B 3 KR 1/14 R -, in juris).
Das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums, welches der Antragsteller für sich reklamiert, hat die Rechtsprechung des BSG immer nur im Sinne eines Basisausgleich der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den Möglichkeiten eines Gesunden verstanden. Die Bewegungsfreiheit stellt zwar ein allgemeines Grundbedürfnis dar. Hierfür ist im Ausgangpunkt allerdings nur auf diejenigen Entfernungen abzustellen, die ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß zurücklegt (BSG, Urteil vom 08.06.1994, - 3/1 RK 13/93 -, in juris). In der Folgezeit hat das BSG (Urteil vom 16.09.1999, - B 3 KR 8/98 R -, in juris) dies auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (z. B. Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post). Soweit das BSG in Einzelfällen das Grundbedürfnis von Versicherten auf Mobilität auch für einen darüber hinausgehenden Radius anerkannt hat, handelte es sich um Einzelfälle, bei denen ein zusätzliches qualitatives Moment - etwa der Schulbesuch eines Schulpflichtigen - verlangt worden ist (vgl. Urteile vom 16.09.2004, - B 3 KR 19/03 R -; vom 16.04.1998, - B 3 KR 9/97 R -, vom 12.08.2009, - B 3 KR 11/08 R -, alle in juris). Für Kinder und Heranwachsende gilt ein großzügigerer Maßstab. Für sie kommt es darauf an, durch die Hilfsmittelversorgung sich einen gewissen körperlichen Freiraum gefahrlos zu erschließen (BSG, Urteil vom 10.11.2005 - B 3 KR 31/04 R -, in juris). Das elementare Grundbedürfnis an Mobilität ist im Falle des Antragstellers jedoch überschritten, da es bei dem bestehenden Krankheitsbild mit einer bereits eingetretenen Geh- und Stehunfähigkeit nicht darum geht, die Grundfertigkeiten eines Stehens und wenige Schritte Gehens unter Hilfsmitteleinsatz zu eröffnen. Dient ein Hilfsmittel nur dem Zweck, einen größeren Radius als ein Fußgänger zu erreichen, so ist es i.S.d. § 33 Abs 1 SGB V nicht notwendig. Nur wenn durch das Hilfsmittel ein weitergehendes Grundbedürfnis gedeckt wird, kann es vom Versorgungsanspruch umfasst sein. Derartige Umstände können sich hierbei aus dem Gesichtspunkt der Integration des behinderten Jugendlichen in das Lebensumfeld nichtbehinderter Gleichaltriger ergeben. Hintergrund ist, dass sich bei Kindern und Jugendlichen in der Entwicklungsphase, zumindest bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres, die Lebensbereiche nicht in der Weise trennen lassen wie bei Erwachsenen, nämlich in die Bereiche Beruf, Gesellschaft und Freizeit. Das BSG hat deshalb stets nicht nur die Teilnahme am allgemeinen Schulunterricht als Grundbedürfnis von Kindern und Jugendlichen angesehen, sondern auch ein Grundbedürfnis in der Teilnahme an der sonstigen üblichen Lebensgestaltung Gleichaltriger als Bestandteil des sozialen Lernprozesses betont. Der durch die Hilfsmittelversorgung anzustrebende Behinderungsausgleich ist auf eine möglichst weitgehende Eingliederung des behinderten Kindes bzw. Jugendlichen in den Kreis Gleichaltriger ausgerichtet. Er setzt nicht voraus, dass das begehrte Hilfsmittel nachweislich unverzichtbar ist, eine Isolation des Kindes zu verhindern. Denn der Integrationsprozess ist ein multifaktorielles Geschehen, bei dem die einzelnen Faktoren nicht isoliert betrachtet und bewertet werden können. Es reicht deshalb aus, wenn durch das begehrte Hilfsmittel die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft wesentlich gefördert wird (BSG, Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 3/02 R -, in juris). Zwar lässt die beim Antragsteller bestehende Geh- und Stehunfähigkeit eine Teilnahme an vielen der üblichen Betätigungen Gleichaltriger nicht zu, auch ist er nicht in der Lage, dem Bewegungsdrang Jugendlicher im jeweils erforderlichen Umfang nachzugehen, indes soll das begehrte Hilfsmittel vorrangig nicht dazu eingesetzt werden, den Antragsteller in die Lage zu versetzen, mit Altersgenossen Kontakt zu halten. Antragstellerseitig wird vielmehr die weitere Nutzung des therapeutisch genutzten Fahrrades in den Vordergrund gestellt. Überdies ist der im Jahr 1999 geborene Antragsteller aktuell 17 Jahre alt, sodass die oben angeführten Grundsätze, auch und insb. in Ermangelung eines anderweitigen Vortrages, vorliegend nicht einschlägig sind, da der Antragsteller nicht mehr als Jugendlicher einzustufen ist.
Mithin ist vorliegend weder der unmittelbare Behinderungsausgleich noch ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen, sodass der Antragsteller keinen Anspruch auf Versorgung mit einer GPS-Softorthese nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V hat.
Auch andere Anspruchsgrundlagen, die von der Antragsgegnerin als erstangegangenem Leitungsträger, der einen Leistungsantrag nicht weitergeleitet hat, im Hinblick auf die Vorschrift des § 14 SGB IX ebenfalls anzuwenden wären (vgl. etwa BSG, Urteil vom 24.01.2013, - B 3 KR 5/12 R -; Urteil vom 30.10.2014, - B 5 R 8/14 R -; Beschluss vom 03.02.2005, - B 13 R 261/14 B -, alle in juris), kommen vorliegend nicht zur Begründung eines Anordnungsanspruchs in Betracht. Dies gilt insb. für die Regelung zur sozialen Rehabilitation durch den Sozialhilfeträger (Eingliederungshilfe für behinderte Menschen) in § 53 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und § 55 SGB IX. Einen entsprechenden Anspruch hat der Antragsteller weder glaubhaft gemacht noch behauptet. Insb. die hierzu vorgelegte Aufstellung der finanziellen Belastung der Eltern des Antragstellers legt einen sozialhilferechtlichen Anspruch nicht Nahe.
Ungeachtet davon, dass die Pflegeversicherung kein Träger der Rehabilitation ist (vgl. § 6 SGB IX), hat der Antragsteller auch keinen Anspruch aus § 40 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) auf Bewilligung der GPS-Softorthese gegenüber der Antragsgegnerin. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI besteht ein Anspruch auf Hilfsmittelversorgung in der Pflegeversicherung nur, soweit das Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der gesetzlichen Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten ist. Demgemäß haben die Krankenkassen im Rahmen von § 33 Abs. 1 SGB V grundsätzlich auch insoweit für die Hilfsmittelversorgung ihrer Versicherten aufzukommen, als neben den in dieser Vorschrift aufgeführten Versorgungszielen auch solche der sozialen Pflegeversicherung berührt sein können (BSG, Urteil vom 15.11.2007, - B 3 A 1/07 R -, in juris). Die Zuständigkeit der Pflegekasse zur Hilfsmittelversorgung besteht nur dann, wenn das Element des Behinderungsausgleichs weitestgehend in den Hintergrund tritt und die Pflege ganz überwiegend im Vordergrund steht. Der Anspruch kann gegeben sein, wenn es im konkreten Einzelfall allein um die Erleichterung der Pflege (erste Variante), um die Linderung von Beschwerden (zweite Variante) oder um die Ermöglichung einer selbstständigeren Lebensführung (dritte Variante) geht. Der Weg für die Prüfung eines Anspruchs nach § 40 Abs. 1 SGB XI kann aber auch eröffnet sein, wenn ein Anspruch nach § 33 SGB V zu verneinen ist, weil im konkreten Einzelfall zwar marginal bzw. in äußerst geringem Maß noch ein Behinderungsausgleich vorstellbar ist, der Aspekt der Pflegeerleichterung aber so weit überwiegt, dass es nicht gerechtfertigt wäre, trotz des im Interesse der Versicherten gebotenen großzügigen Maßstabs bei der Prüfung des § 33 SGB V eine Leistungspflicht der Krankenkasse zu bejahen. Demgemäß besteht ein Anspruch auf Gewährung eines Gegenstandes als Pflegehilfsmittel nur dann, wenn der Gegenstand allein oder - ganz überwiegend - der Erleichterung der Pflege oder einem der beiden anderen in § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI genannten Zwecke dient. Die Leistungszuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung für die Hilfsmittelversorgung entfällt dabei nicht bereits dann, wenn ein Versicherter für die Verrichtungen des täglichen Lebens weitgehend auf fremde Hilfe angewiesen ist. Hinzu kommen müssen vielmehr zusätzliche besondere Umstände, die der Versorgung durch die Pflegekasse ihr entscheidendes Gepräge geben (BSG, Urteil vom 12.06.2008, - B 3 P 6/07 R -, in juris). Solche besonderen Umstände sind vorliegend nicht gegeben. Die begehrte GPS-Softorthese dient vielmehr weder der Erleichterung der Pflege, noch der Linderung von Beschwerden; sie stellt keine Pflegehilfsmittel dar.
Auch aus der UN-Behindertenrechtskonvention ergibt sich keine abweichende Bewertung. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG bedürfen die Regelungen der Behindertenkonvention einer nationalen Umsetzung und sind nicht geeignet, eigenständige Anspruchsgrundlagen zu bilden (BSG, Beschluss vom 23.01.2013, - B 9 SB 90/12 B -, in juris m.w.N.).
Da hiernach ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht ist, kann der Senat offenlassen, ob vorliegend eine besondere Eilbedürftigkeit besteht.
Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt; die Beschwerde gegen den Beschluss vom 27.06.2017 ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Versorgung mit einer GPS-Softorthese.
Der im Jahr 1999 geborene Antragsteller ist bei der Antragsgegnerin im Wege der Familienversicherung krankenversichert. Er leidet an einer Muskeldystrophie vom Typ Duchenne. Er erhält wegen den aus der Erkrankung resultierenden Einschränkungen, insb. einer Geh- und Stehunfähigkeit, seit Juli 2009 Leistungen der sozialen Pflegeversicherung, zunächst nach der Pflegestufe I, seit Juli 2011 im Umfang der Pflegestufe II.
Unter dem 22.08.2016 wurde dem Antragsteller seitens der Klinik für Kinderneurologie und Sozialpädiatrie, Kinderzentrum M., eine GPS-Softorthese nach Maßanfertigung mit Skoliose-Zügeln und Oberschenkelfassungen verordnet. Unter Vorlage eines Kostenvoranschlages der Medizin- und Orthopädietechnik St. + B. & Co GmbH, in dem die Kosten der Orthese nebst der Arbeitskosten für die Anpassung auf insg. 1.797,33 EUR brutto beziffert worden sind, beantragte der Antragsteller am 29.08.2016 die Übernahme der Kosten für die Versorgung mit der GPS-Softorthese. Die Antragsgegnerin schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein, für den Dr. A. unter dem 09.09.2016 die Einschätzung vertrat, dass die beantragte flexible, stabilisierende GPS-Orthese als neurodynamische Versorgung zu einer Verbesserung der Bewegungs- und Balancekontrolle bei Patienten mit neuromotorischen Einschränkungen führen solle, eine solche Wirkung jedoch noch nicht durch randomisierte Studien belegt sei. Die medizinischen Voraussetzungen der Leistungsgewährung seien daher nicht erfüllt.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag des Antragstellers mit Bescheid vom 12.09.2016 ab. Auf den hiergegen am 26.09.2016 eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung u.a. eine physiotherapeutisch/ärztliche Stellungnahme der Ärztin für Kinder- und Jugendmedizin Dr. K. und der Physiotherapeutin L., Kinderzentrum M., vom 03.11.2016 vorgelegt worden ist, in der ausgeführt worden ist, dass der Antragsteller die Geh- und Stehfähigkeit seit Jahren verloren habe, und sich in letzter Zeit eine Verschlechterung im Bereich des Rumpfes mit einer beginnenden Fehlhaltung und der Gefahr der Zunahme von Muskelkontraktionen und des Verlustes des Gleichgewichts gezeigt habe. Damit der Antragsteller das bisher absolvierte Training auf einem Therapiefahrrad fortsetzen könne, solle er eine flexible Orthese für Becken und Rumpf erhalten. Diese sei dynamisch stützend und gestatte Kompensationsbewegungen. Nach ausführlicher Testung habe sich die verordnete Orthese als am besten geeignet erwiesen. Ferner ist eine Stellungnahme von Dr. B., Neuropädiatrische Ambulanz am Universitätsklinikum F., vom 09.11.2016 vorgelegt worden, in der ausgeführt worden ist, dass durch die GPS-Softorthese der Rumpf gestützt werden könne, wodurch dem Antragsteller die weitere Nutzung des Therapiefahrrades ermöglicht werde. Die Antragsgegner schaltete erneut den MDK ein, für den der Arzt S. unter dem 30.11.2016 ausführte, das GPS-Softorthesenkonzept sei nach Herstellerangaben bei Patienten mit Erkrankungen, die mit Bewegungsstörungen oder -einschränkungen verbunden seien, angezeigt. Beim Antragsteller solle das Hilfsmittel der Sicherung der Krankenbehandlung dienen und ihm die weitere Nutzung des Therapierades ermöglichen. Insofern sei jedoch der medizinische Nutzen nicht nachgewiesen. Im Hinblick auf den Behinderungsausgleich der Mobilität rechne das Radfahren für Erwachsene, worunter auch Jugendliche über dem 15. Lebensjahr rechneten, nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2017 wies die Beklagte den Widerspruch sodann zurück. Der therapeutische Nutzen der GPS-Softorthese sei, so die Antragsgegnerin begründend, nicht belegt. Das Radfahren, das mit der Orthese gewährleistet werden solle, rechne nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens, weswegen auch insofern eine Leistungsverpflichtung nicht bestehe.
Hiergegen erhob der Antragsteller am 31.03.2017 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG - S 6 KR 1097/17 -), die dort unverändert anhängig ist.
Am 09.06.2017 beantragte der Antragsteller die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die begehrte GPS-Softorthese zu finanzieren. Begründend führte der Antragsteller aus, im Verlauf des letzten Jahres sei bei ihm eine Verstärkung der Skoliose mit einer Zunahme des Rückenbuckels beobachtet worden. Um der krankheitsbedingten Kraftabnahme entgegen zu wirken, trainiere er auf einem Therapiefahrrad. Infolge der fortschreitenden Erkrankung habe sich jedoch die Frequenz und die jeweils zurückgelegte Strecke reduziert, da sein Körper die trainingsbedingten Schwingungen nicht mehr aktiv auffangen könne. Durch die Orthese werde die äußere Stabilität gewährt und die Schwingungen unterdrückt, sodass durch das regelmäßige Training der bestehende Gesundheitszustand aufrechterhalten werden könne.
Die Antraggegnerin trat der Klage unter Verweis auf ihren Widerspruchsbescheid vom 15.03.2017 entgegen.
Mit Beschluss vom 27.06.2017 lehnte das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, im einstweiligen Rechtsschutz dürfe die Hauptsache grundsätzlich nicht vorwegnehmen werden. Hiervon sei vorliegend auszugehen, da eine Rückabwicklung der Versorgung wegen der individuellen Anpassung der GPS-Softorthese nicht mehr möglich sei. Nur dann, wenn die zu erwartenden Nachteile des Nichterlasses einer einstweiligen Anordnung unzumutbar seien, könne in einem solchen Fall einstweiliger Rechtsschutz gewährt werden. Hiervon sei jedoch vorliegend nicht auszugehen, da bereits fraglich sei, ob sich der Antragsteller auf einen Anordnungsanspruch berufen könne. Im Rahmen der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung lasse sich nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit klären, ob das begehrte Hilfsmittel der Krankenbehandlung unterfalle oder ob es vielmehr dem mittelbaren Behinderungsausgleich, für den die Antragsgegnerin nicht einstandspflichtig sei, diene.
Gegen den am 30.06.2017 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 31.07.2017, einem Montag, Beschwerde eingelegt. Er trainiere, so der Antragsteller begründend, täglich ca. zwei Stunden mit dem Therapiefahrrad, das seine Eltern auf eigene Kosten für 5.759,90 EUR erworben hätten, und lege dabei ca. 20 km zurück. Neben dem Muskeltraining verbessere dies seinen psychischen und physischen Allgemeinzustand. Das Therapiefahrrad sei die einzige Möglichkeit, sich unabhängig und allein zu bewegen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit seiner Eltern sei nunmehr erschöpft, sodass sich diese an der Anschaffung der Orthese nicht mehr beteiligen könnten. Im Verlauf des letzten Jahres sei bei ihm eine Verstärkung der Skoliose mit Zunahme des Rückenbuckels eingetreten, weswegen vom behandelnden Arzt die Orthese verordnet worden sei, um das tägliche Training auf dem Therapiefahrrad weiterhin bewältigen zu können. Die Übernahme der Kosten der Softorthese rechne unter das Grundbedürfnis der Bewegung, das die Fähigkeit, selbstständige und unabhängige Bewegungen durchführen zu können umfasse. Da die behandelnden Ärzte und die Physiotherapeutin die Nutzung befürwortet hätten, bestünde ein Versorgungsanspruch. Dies gelte insb. im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, da insofern verfassungsrechtliche Aspekte zu berücksichtigen seien. I.d.S. sei bei einer Abwägung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten, insb. in Ansehung der drohenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes, sowohl ein Anordnungsanspruch, als auch ein -grund gegeben. Hierzu legte der Antragsteller eine Eidesstattliche Versicherung seiner Mutter vom 02.08.2017 sowie eine Aufstellung der finanziellen Belastungen seiner Eltern vor.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.06.2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die Kosten der Versorgung mit einer GPS-Softorthese nach Maßanfertigung mit Skoliose-Zügeln und Oberschenkelfassungen zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verweist auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss des SG sowie ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Antragsgegnerin geführte Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.
II.
Die form- und unter Heranziehung von § 64 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers (vgl. §§ 172 Abs. 1, 173 SGG) führt für diesen inhaltlich nicht zum Erfolg.
Die Antragsgegnerin ist nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichtet, die Kosten der Versorgung des Antragstellers mit einer GPS-Softorthese nach Maßanfertigung mit Skoliose-Zügeln und Oberschenkelfassungen zu übernehmen.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Als Sicherungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG ist der Antrag darauf gerichtet, einen bestehenden Zustand aufrechtzuerhalten, wobei wegen des Vorrangs des § 86b Abs. 1 SGG, der Eingriff in einen bestehenden Zustand nicht durch einen anfechtbaren Verwaltungsakt erfolgt sein darf. Die Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG dient hingegen der vorläufigen Einräumung einer bislang noch nicht bestehenden Rechtsposition bzw. der Erweiterung einer bestehenden Rechtsposition.
Einstweiliger Rechtsschutz ist vorliegend im Wege einer einstweiligen (Regelungs-)Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu gewähren. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]) Anordnungsanspruchs sowie eines Anordnungsgrundes voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) ist dann gegeben, wenn es dem Antragsteller nicht zuzumuten ist, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, weil ansonsten schwere, unzumutbare Nachteile entstehen. Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die begehrte Leistung glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich, gemacht ist (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Bei Auslegung und Anwendung des § 86b Abs. 2 SGG sind das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz [GG]) und die Pflicht zum Schutz betroffener Grundrechte zu beachten, namentlich dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Versagung vorläufigen Rechtsschutzes Grundrechte des Antragstellers erheblich, über den Randbereich hinaus und womöglich in nicht wieder gut zu machender Weise verletzen könnte. Ferner darf oder muss das Gericht ggf. auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei späterem Misserfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren einerseits gegenüber der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bei nachfolgendem Obsiegen in der Hauptsache andererseits führen würde. Schließlich kann im Wege einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nur eine vorläufige Regelung getroffen und dem Antragsteller daher nicht schon in vollem Umfang, und sei es nur für eine vorübergehende Zeit, gewährt werden, was er nur im Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist gleichwohl möglich, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten ist.
Der hier streitgegenständliche Anspruch auf Versorgung mit einer GPS-Softorthese rechnet nicht zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der Krankenversicherung. Insoweit berücksichtigt der Senat, dass die Versorgung mit einer GPS-Softorthese zuvorderst die weitere Nutzung des Therapiefahrrades ermöglichen soll, nicht jedoch dazu zu dienen bestimmt ist, unmittelbar die körperliche Beweglichkeit wiederherzustellen bzw. unmittelbar zu erhalten.
Darüberhinausgehend liegen auch die gesetzlich normierten Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Dies folgt nicht bereits daraus, dass das streitige Hilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 139 SGB V keine Aufnahme gefunden hat, da das Hilfsmittelverzeichnis nicht die Aufgabe hat, abschließend als Positivliste darüber zu befinden, welche Hilfsmittel der Versicherte im Rahmen der Krankenbehandlung beanspruchen kann. Es stellt für die Gerichte nur eine unverbindliche Auslegungshilfe dar. Daran hat sich auch durch die durch das GKV-Modernisierungsgesetz vorgenommene Einfügung von § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB V nichts geändert (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 03.08.2006 - B 3 KR 25/05 R -, in juris).
Gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmittel, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung (zum Behinderungsbegriff vgl. die auch hier maßgebliche Definition in § 2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX)) vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind; letzteres ist bei dem hier in Rede stehenden Hilfsmittel nicht der Fall.
Die begehrte Versorgung mit einer GPS-Softorthese dient nicht der Sicherung der Krankenbehandlung. Der Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung dient ein sächliches Mittel (Hilfsmittel), soweit es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen. Dabei kommt nur solchen Maßnahmen zur körperlichen Mobilisation ein Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung im Sinne von § 27 SGB V zu, die in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztlich oder ärztlich angeleitete Leistungserbringer stehen und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlung des § 27 SGB V als erforderlich anzusehen sind. Hierunter fallen vor allem Stütz- und Haltevorrichtungen (z. B. Krücken), die während eines, ggf. nach einem operativen Eingriff mit Korrekturmaßnahmen notwendigen Heilungsprozesses, Körperteile oder Körperfunktionen entlasten oder vorübergehend ersetzen sollen. Im Allgemeinen liegen diese Voraussetzungen bei einer Hilfe zur körperlichen Betätigung vor, wenn der Versicherte aufgrund der Schwere der Erkrankung dauerhaft Anspruch auf Maßnahmen der physikalischen Therapie hat und die durch das beanspruchte Hilfsmittel unterstützte eigene körperliche Betätigung diese Therapie entweder wesentlich fördert oder die Behandlungsfrequenz in Folge der eigenen Betätigung geringer ausfallen kann (vgl. BSG, Urteil vom 18.05.2011, - B 3 KR 7/10 R -, in juris). Hierfür sind vorliegend keine Anhaltspunkte gegeben und werden vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht.
Die Versorgung mit einer GPS-Softorthese dient auch nicht dazu einer drohenden Behinderung vorzubeugen, denn eine solche ist bereits eingetreten.
Der Anspruch des Antragstellers auf das begehrte Hilfsmittel ergibt sich darüber hinaus auch nicht aus § 33 Abs. 1 Satz 2 Variante 3 SGB V und dem dort genannten Zweck des Behinderungsausgleichs. Nach der Rechtsprechung des BSG bemisst sich der von der Krankenkasse geschuldete Behinderungsausgleich entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird.
Von einem unmittelbaren Behinderungsausgleich ist auszugehen, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktion selbst ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Hierfür gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts. Dabei kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen, technisch weiter entwickelten Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend, solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig im Sinne des Gleichziehens mit einem gesunden Menschen erreicht ist. Die Prüfung, ob mit der vorgesehenen Verwendung ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens (vgl. auch § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) betroffen ist, entfällt in den Fällen der Erst- und Ersatzausstattung, weil sich die unmittelbar auszugleichende Funktionsbeeinträchtigung selbst immer schon auf ein Grundbedürfnis bezieht; die Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer Körperfunktion ist als solche ein Grundbedürfnis (BSG, Urteil vom 18.05.2011, - B 3 KR 12/10 R -, in juris). Zwar erfordert der unmittelbare Behinderungsausgleich nicht, dass das von der Behinderung betroffene Körperteil völlig rekonstruiert oder die von der Behinderung betroffenen Körperfunktionen vollständig ersetzt wird, vielmehr genügt es, wenn ein teilweiser Ausgleich der entsprechenden Funktionsverluste erreicht wird, jedoch soll die vorliegend streitgegenständliche Versorgung mit einer GPS-Softorthese nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers sowie der behandelnden Ärzte dazu dienen, durch die stützende Funktion die weitere Nutzung des Therapie-Fahrrades zu ermöglichen; sie soll indes nicht dazu dienen, die Geh- und Stehunfähigkeit wiederherzustellen. Die (angenommene) Wirkung der Orthese, die wie eine zweite Haut am jeweiligen Körperteil angelegt wird, beruht darauf, dass durch den so ausgelösten Druck und den Zug auf die unterschiedlichen Rezeptoren der Haut, des Unterhautgewebes und der Muskulatur, die Wahrnehmung des betroffenen Körperteils verbessert werden soll. Die Stellung der Extremität im Raum soll durch die entsprechenden Rückkopplungsmechanismen zwischen Gehirn und Rezeptoren bewusster gemacht werden. Die Bewegungsqualität soll so günstig beeinflusst, nicht jedoch die Bewegungsfähigkeit wiederhergestellt werden. Die GPS-Softorthese dient mithin nicht dem unmittelbaren Ausgleich der ausgefallenen Körperfunktion.
Im Bereich des mithin einschlägigen mittelbaren Behinderungsausgleichs ist die Leistungsverpflichtung der Krankenkasse beschränkt. Die Krankenkassen sind nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben zu führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist von den Krankenkassen deshalb nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderungen im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Zu diesen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens im hier maßgeblichen Sinne gehört das Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrung aufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Das Fahrradfahren als solches rechnet nicht hierunter (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.2003 - B 3 KR 26/02 R -, in juris). Für den Ausgleich darüber hinausreichender Behinderungsfolgen haben beim mittelbaren Behinderungsausgleich hingegen ggf. andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen (vgl. auch etwa BSG, Urteil vom 16.07.2014, - B 3 KR 1/14 R -, in juris).
Das Grundbedürfnis der Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums, welches der Antragsteller für sich reklamiert, hat die Rechtsprechung des BSG immer nur im Sinne eines Basisausgleich der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den Möglichkeiten eines Gesunden verstanden. Die Bewegungsfreiheit stellt zwar ein allgemeines Grundbedürfnis dar. Hierfür ist im Ausgangpunkt allerdings nur auf diejenigen Entfernungen abzustellen, die ein Gesunder üblicherweise noch zu Fuß zurücklegt (BSG, Urteil vom 08.06.1994, - 3/1 RK 13/93 -, in juris). In der Folgezeit hat das BSG (Urteil vom 16.09.1999, - B 3 KR 8/98 R -, in juris) dies auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind (z. B. Supermarkt, Arzt, Apotheke, Geldinstitut, Post). Soweit das BSG in Einzelfällen das Grundbedürfnis von Versicherten auf Mobilität auch für einen darüber hinausgehenden Radius anerkannt hat, handelte es sich um Einzelfälle, bei denen ein zusätzliches qualitatives Moment - etwa der Schulbesuch eines Schulpflichtigen - verlangt worden ist (vgl. Urteile vom 16.09.2004, - B 3 KR 19/03 R -; vom 16.04.1998, - B 3 KR 9/97 R -, vom 12.08.2009, - B 3 KR 11/08 R -, alle in juris). Für Kinder und Heranwachsende gilt ein großzügigerer Maßstab. Für sie kommt es darauf an, durch die Hilfsmittelversorgung sich einen gewissen körperlichen Freiraum gefahrlos zu erschließen (BSG, Urteil vom 10.11.2005 - B 3 KR 31/04 R -, in juris). Das elementare Grundbedürfnis an Mobilität ist im Falle des Antragstellers jedoch überschritten, da es bei dem bestehenden Krankheitsbild mit einer bereits eingetretenen Geh- und Stehunfähigkeit nicht darum geht, die Grundfertigkeiten eines Stehens und wenige Schritte Gehens unter Hilfsmitteleinsatz zu eröffnen. Dient ein Hilfsmittel nur dem Zweck, einen größeren Radius als ein Fußgänger zu erreichen, so ist es i.S.d. § 33 Abs 1 SGB V nicht notwendig. Nur wenn durch das Hilfsmittel ein weitergehendes Grundbedürfnis gedeckt wird, kann es vom Versorgungsanspruch umfasst sein. Derartige Umstände können sich hierbei aus dem Gesichtspunkt der Integration des behinderten Jugendlichen in das Lebensumfeld nichtbehinderter Gleichaltriger ergeben. Hintergrund ist, dass sich bei Kindern und Jugendlichen in der Entwicklungsphase, zumindest bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres, die Lebensbereiche nicht in der Weise trennen lassen wie bei Erwachsenen, nämlich in die Bereiche Beruf, Gesellschaft und Freizeit. Das BSG hat deshalb stets nicht nur die Teilnahme am allgemeinen Schulunterricht als Grundbedürfnis von Kindern und Jugendlichen angesehen, sondern auch ein Grundbedürfnis in der Teilnahme an der sonstigen üblichen Lebensgestaltung Gleichaltriger als Bestandteil des sozialen Lernprozesses betont. Der durch die Hilfsmittelversorgung anzustrebende Behinderungsausgleich ist auf eine möglichst weitgehende Eingliederung des behinderten Kindes bzw. Jugendlichen in den Kreis Gleichaltriger ausgerichtet. Er setzt nicht voraus, dass das begehrte Hilfsmittel nachweislich unverzichtbar ist, eine Isolation des Kindes zu verhindern. Denn der Integrationsprozess ist ein multifaktorielles Geschehen, bei dem die einzelnen Faktoren nicht isoliert betrachtet und bewertet werden können. Es reicht deshalb aus, wenn durch das begehrte Hilfsmittel die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft wesentlich gefördert wird (BSG, Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 3/02 R -, in juris). Zwar lässt die beim Antragsteller bestehende Geh- und Stehunfähigkeit eine Teilnahme an vielen der üblichen Betätigungen Gleichaltriger nicht zu, auch ist er nicht in der Lage, dem Bewegungsdrang Jugendlicher im jeweils erforderlichen Umfang nachzugehen, indes soll das begehrte Hilfsmittel vorrangig nicht dazu eingesetzt werden, den Antragsteller in die Lage zu versetzen, mit Altersgenossen Kontakt zu halten. Antragstellerseitig wird vielmehr die weitere Nutzung des therapeutisch genutzten Fahrrades in den Vordergrund gestellt. Überdies ist der im Jahr 1999 geborene Antragsteller aktuell 17 Jahre alt, sodass die oben angeführten Grundsätze, auch und insb. in Ermangelung eines anderweitigen Vortrages, vorliegend nicht einschlägig sind, da der Antragsteller nicht mehr als Jugendlicher einzustufen ist.
Mithin ist vorliegend weder der unmittelbare Behinderungsausgleich noch ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen, sodass der Antragsteller keinen Anspruch auf Versorgung mit einer GPS-Softorthese nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V hat.
Auch andere Anspruchsgrundlagen, die von der Antragsgegnerin als erstangegangenem Leitungsträger, der einen Leistungsantrag nicht weitergeleitet hat, im Hinblick auf die Vorschrift des § 14 SGB IX ebenfalls anzuwenden wären (vgl. etwa BSG, Urteil vom 24.01.2013, - B 3 KR 5/12 R -; Urteil vom 30.10.2014, - B 5 R 8/14 R -; Beschluss vom 03.02.2005, - B 13 R 261/14 B -, alle in juris), kommen vorliegend nicht zur Begründung eines Anordnungsanspruchs in Betracht. Dies gilt insb. für die Regelung zur sozialen Rehabilitation durch den Sozialhilfeträger (Eingliederungshilfe für behinderte Menschen) in § 53 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und § 55 SGB IX. Einen entsprechenden Anspruch hat der Antragsteller weder glaubhaft gemacht noch behauptet. Insb. die hierzu vorgelegte Aufstellung der finanziellen Belastung der Eltern des Antragstellers legt einen sozialhilferechtlichen Anspruch nicht Nahe.
Ungeachtet davon, dass die Pflegeversicherung kein Träger der Rehabilitation ist (vgl. § 6 SGB IX), hat der Antragsteller auch keinen Anspruch aus § 40 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) auf Bewilligung der GPS-Softorthese gegenüber der Antragsgegnerin. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI besteht ein Anspruch auf Hilfsmittelversorgung in der Pflegeversicherung nur, soweit das Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der gesetzlichen Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten ist. Demgemäß haben die Krankenkassen im Rahmen von § 33 Abs. 1 SGB V grundsätzlich auch insoweit für die Hilfsmittelversorgung ihrer Versicherten aufzukommen, als neben den in dieser Vorschrift aufgeführten Versorgungszielen auch solche der sozialen Pflegeversicherung berührt sein können (BSG, Urteil vom 15.11.2007, - B 3 A 1/07 R -, in juris). Die Zuständigkeit der Pflegekasse zur Hilfsmittelversorgung besteht nur dann, wenn das Element des Behinderungsausgleichs weitestgehend in den Hintergrund tritt und die Pflege ganz überwiegend im Vordergrund steht. Der Anspruch kann gegeben sein, wenn es im konkreten Einzelfall allein um die Erleichterung der Pflege (erste Variante), um die Linderung von Beschwerden (zweite Variante) oder um die Ermöglichung einer selbstständigeren Lebensführung (dritte Variante) geht. Der Weg für die Prüfung eines Anspruchs nach § 40 Abs. 1 SGB XI kann aber auch eröffnet sein, wenn ein Anspruch nach § 33 SGB V zu verneinen ist, weil im konkreten Einzelfall zwar marginal bzw. in äußerst geringem Maß noch ein Behinderungsausgleich vorstellbar ist, der Aspekt der Pflegeerleichterung aber so weit überwiegt, dass es nicht gerechtfertigt wäre, trotz des im Interesse der Versicherten gebotenen großzügigen Maßstabs bei der Prüfung des § 33 SGB V eine Leistungspflicht der Krankenkasse zu bejahen. Demgemäß besteht ein Anspruch auf Gewährung eines Gegenstandes als Pflegehilfsmittel nur dann, wenn der Gegenstand allein oder - ganz überwiegend - der Erleichterung der Pflege oder einem der beiden anderen in § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI genannten Zwecke dient. Die Leistungszuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung für die Hilfsmittelversorgung entfällt dabei nicht bereits dann, wenn ein Versicherter für die Verrichtungen des täglichen Lebens weitgehend auf fremde Hilfe angewiesen ist. Hinzu kommen müssen vielmehr zusätzliche besondere Umstände, die der Versorgung durch die Pflegekasse ihr entscheidendes Gepräge geben (BSG, Urteil vom 12.06.2008, - B 3 P 6/07 R -, in juris). Solche besonderen Umstände sind vorliegend nicht gegeben. Die begehrte GPS-Softorthese dient vielmehr weder der Erleichterung der Pflege, noch der Linderung von Beschwerden; sie stellt keine Pflegehilfsmittel dar.
Auch aus der UN-Behindertenrechtskonvention ergibt sich keine abweichende Bewertung. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG bedürfen die Regelungen der Behindertenkonvention einer nationalen Umsetzung und sind nicht geeignet, eigenständige Anspruchsgrundlagen zu bilden (BSG, Beschluss vom 23.01.2013, - B 9 SB 90/12 B -, in juris m.w.N.).
Da hiernach ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht ist, kann der Senat offenlassen, ob vorliegend eine besondere Eilbedürftigkeit besteht.
Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt; die Beschwerde gegen den Beschluss vom 27.06.2017 ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
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