Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 3 KA 289/09
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt für das Quartal II/08 ein höheres Honorar für die ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus.
Der Kläger ist der Trägerverein des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses Hamburg. Dieses erbringt regelmäßig ambulante Notfallbehandlungen im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg.
Die Beklagte bewilligte dem Unfallkrankenhaus für die ambulante Notfallbehandlung im Quartal II/08 ein Honorar in Höhe von 120.589,22 Euro. Dabei vergütete sie die Leistungen nach den Nrn. 01210ff. des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs, Stand: 1. Januar 2008 (EBM a.F.). Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 19. November 2008 Bezug genommen.
Mit seinem Widerspruch wandte sich der Kläger dagegen, dass die ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus niedriger vergütet werde als die vertragsärztliche Behandlung außerhalb des organisierten Notdienstes. Er verlange eine Vergütung nach den Nrn. 01100, 01101, 07210, 07211 und 07212 EBM a.F., als wären sie die in einer regulären vertragsärztlichen Sprechstunde erbracht worden.
Am 19. August 2009 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf das für sie verbindliche Regelwerk zurückgewiesen. Auf den Widerspruchsbescheid vom 17. September 2009 wird Bezug genommen.
Daraufhin hat der Kläger seine Klage in eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geändert. Er hat den Klageantrag zudem um den Antrag erweitert, die Honorarbescheide für die Folgequartale III/08 und IV/08 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, erneut über die Honoraranforderung für diese Quartale zu entscheiden. Insoweit ist das Verfahren abgetrennt worden (S 3 KA 448/09 und S 3 KA 449/09); die Beteiligten haben in den abgetrennten Verfahren jeweils eine Unterwerfungsvergleich geschlossen.
Zur Begründung seiner nunmehr nur noch das Quartal II/06 betreffenden Klage trägt der Kläger vor, die ambulante Notfallbehandlung sei Teil des Sicherstellungsauftrags der Beklagten. Diese halte jedoch lediglich zwei Notfallpraxen vor, die nur einen sehr kleinen Teil des Einzugsgebiets abdecken könnten, und den Fahrdienst, der nicht gewährleisten könne, dass die Patienten von einem für ihre Erkrankung passenden Facharzt behandelt würden. Zudem fehle eine technische Ausstattung vor allem für die Unfallbehandlung. Als Folge würden die Patienten im Notfall vornehmlich die Krankenhäuser aufzusuchen. Im streitbefangenen Quartal sei in gut 85 Prozent aller Notaufnahmen eine ambulante Notfallbehandlung erfolgt. Die hierfür erforderlichen Vorhaltekosten könnten nicht mehr dem normalen Krankenhausbetrieb zugeordnet werden. Insbesondere werde das Personal nicht ohnehin vorgehalten, denn das Krankenhauspersonal befinde sich außerhalb der regulären Dienstzeiten vorwiegend in Bereitschaft, um etwaige Probleme bei stationären Patienten und die stationäre Notaufnahme abzudecken. Seine Beanspruchung während des Bereitschaftsdienstes führe zu zusätzliche Aufwendungen für die Klägerin. Zudem müsse eine rund um die Uhr besetzte Notaufnahme vorgehalten werden. Insgesamt sei die ambulante Notfallversorgung unwirtschaftlich. Dieser Verlust könne anders als bei den Vertragsärzten nicht über den regulären Sprechstundenbetrieb ausgeglichen werden. Die Klägerin partizipiere nicht an den positiven Auswirkungen des Monopols der Vertragsärzte für die ambulante Versorgung, sondern allein an den vergleichsweise schlecht vergüteten Notfallleistungen, die sie aber aus berufs- und standesrechtlichen Gründen erbringen müsse. Darin liege eine ungerechtfertigte Schlechterstellung der Krankenhäuser gegenüber den Vertragsärzten. Angemessen sei daher allein die Vergütung, die ein niedergelassener Arzt für eine vergleichbare Behandlung im Rahmen seiner Sprechstunde erhalte, und zwar bei unvorhergesehener Inanspruchnahme, denn der Klinikarzt sei für die stationäre Versorgung vorgesehen und werde bei der ambulanten Notfallbehandlung unvorhergesehen in Anspruch genommen.
Der Kläger beantragt nunmehr, den Honorarbescheid vom 19. November 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2009 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Honoraransprüche für das Quartal II/08 zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihren Ausführungen im Widerspruchsbescheid fest.
Am 10. Februar 2010 hat ein Erörterungstermin und am 25. August 2010 die mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Sitzungsprotokolle wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Insbesondere ist der Übergang von der Untätigkeit- auf die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sachdienlich, so dass eine zulässige Klageänderung i.S.d. § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegt.
II. Die Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der angegriffene Honorarbescheid ist rechtmäßig, soweit seine Überprüfung in diesem Rechtsstreit veranlasst ist, so dass der Kläger durch ihn nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert ist.
1. Zur Anwendung kommt der EBM a.F., der im streitbefangenen Quartal galt. Diesen wandte die Beklagte ohne erkennbare sachliche oder rechnerische Fehler an. Insbesondere berechnete sie die Gebührenordnungspositionen, die für die ambulante Notfallbehandlung durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Krankenhäuser einschlägig sind.
2. Das wird vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt, der sich unmittelbar gegen den EBM a.F. wendet. Der Kammer ist es jedoch grundsätzlich verwehrt, hierin einzugreifen. Bei der Auslegung der Bewertungsmaßstäbe haben die Gerichte zurückhaltend vorzugehen. Es ist grundsätzlich nicht ihre Aufgabe, mit punktuellen Entscheidungen in ein umfassendes Tarifgefüge einzugreifen. Ausnahmen sind nur in engen Grenzen denkbar, etwa wenn die in erster Linie zur Bewertung der ärztlichen Leistungen berufenen Selbstverwaltungsorgane – hier: der Bewertungsausschuss – ihre Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt haben (BSG Urt. v. 5. Mai 1988, 6 RKa 13/87, USK 88162). Die gerichtliche Überprüfung der einheitlichen Bewertungsmaßstäbe ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (st. Rspr., vgl. aus jüngerer Zeit BSG, Urt. v. 19. Sept. 2008, B 6 KA 46/07, SozR 4-2500 § 75 Nr. 8, m.w.N.). Insoweit kommt auch das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz in Betracht (ebenda). Dieses schreibt unter stetiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken vor, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend unterschiedlich zu behandeln (vgl. hierzu BVerfG, Kammerbeschl. v. 2. Mai 2006 – 1 BvR 1275/97, NJW 2006, 2175 m.w.N.). Für die Kammer ist nicht ersichtlich, dass der Bewertungsausschuss mit dem Ausschluss der Krankenhäuser von der Abrechnung nach den Nrn. 01100, 01101, 07210, 07211 und 07212 EBM a.F. eine sachwidrige Ungleichbehandlung vornahm.
a. Eine unmittelbare Schlechterstellung erfolgte nicht. Die vom Unfallkrankenhaus erbrachten Notfallleistungen wurden nach dem EBM a.F. im selben Umfang vergütet wie die von einem Vertragsarzt im organisierten Not(fall-)dienst erbrachten Leistungen. Mit dem hier angegriffenen Bewertungsmaßstab wurde die bislang unzulässigerweise vorgesehene niedrigere Vergütung von Notfallbehandlungen in Krankenhäusern (vgl. dazu abermals BSG, Urt. v. 19. Sept. 2008, B 6 KA 46/07, SozR 4-2500 § 75 Nr. 8) gerade abgeschafft. Die Gebührenpositionen 01210ff. EBM a.F. galten gleichermaßen für Vertragsärzte wie für Krankenhäuser. Auch ein Vertragsarzt konnte nicht in jedem Fall die Gebührenordnungspositionen für eine unvorhergesehene Inanspruchnahme (Nrn. 01100 und 01101 EBM a.F.) oder die chirurgischen Grundpauschalen (Nrn. 07210, 07211 und 07212 EBM a.F.) neben den Notfall- und Zusatzpauschalen abrechnen. Vielmehr war hierfür mindestens ein weiterer persönlicher Kontakt außerhalb des organisierten ärztlichen Not(fall-)dienstes notwendig.
b. Die Kammer vermag dem Kläger schon nicht darin zu folgen, dass die Krankenhäuser mittelbar schlechter gestellt würden als die Vertragsärzte, da ihnen diese Möglichkeit (Erbringung weiterer abrechenbarer ambulanter Leistungen außerhalb der ambulanten Notfallbehandlung) grundsätzlich verwehrt bleibe. Soweit die Krankenhäuser im Rahmen der ambulanten Notfallbehandlung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, entspricht ihre Vergütung wie ausgeführt derjenigen der Vertragsärzte. Um ihre Vergütung über die Notfallbehandlung hinaus mit derjenigen der Vertragsärzte zu vergleichen, müsste man die gesamte Krankenhausvergütung in den Blick nehmen und in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen mit derjenigen des vertragsärztlichen Vergütungssystems vergleichen. Unterstellt, eine solche Gesamtbetrachtung könnte überhaupt verlässlich angestellt werden, müssten dabei redlicherweise auch diejenigen abrechenbaren Leistungen einbezogen werden, die allein von den Krankenhäusern erbrachten werden können. Dass sich insgesamt eine deutliche Benachteiligung der Krankenhäuser ergeben würde, ist weder vorgetragen noch in diesem Rechtsstreit sonst ersichtlich.
c. Selbst wenn man annehmen wollte, es läge eine mittelbare Ungleichbehandlung des Unfallkrankenhauses gegenüber den Vertragsärzten vor, wäre diese jedenfalls gerechtfertigt. Der Ausschluss der Krankenhäuser vom Ansatz der Nrn. 01100, 01101, 07210, 07211 und 07212 EBM a.F. ist sachlich gerechtfertigt, weil zwischen ihnen und den Vertragsärzten wesentliche Unterschiede bestehen. Krankenhäuser nehmen grundsätzlich nicht an der vertragsärztlichen Vergütung teil, weil sie – abgesehen von Ausnahmen wie der hier betroffenen ambulanten Notfallbehandlungen – schon nicht an der ambulanten Versorgung teilnehmen. Die Trennung der Vergütungssysteme folgt der Unterscheidung zwischen ambulanter und stationärer Behandlung, die dem Recht der Leistungserbringer weiterhin wesensimmanent ist. Unter der Geltung des Grundgesetzes lässt sich diese grundlegende Trennung der Versorgungsbereiche sogar an der Verfassung ablesen: Während sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung ergibt, umfasst die Bundeskompetenz im Krankenhausbereich nur die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze, Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a GG. Die Kosten der Errichtung und des Erhalts der Krankenhäuser tragen hingegen grundsätzlich die Länder. Auch die jüngsten Gesundheitsreformen haben die grundsätzliche Trennung zwischen ambulantem vom stationärem Sektor nicht aufgeben (vgl. Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, S. 18f., demzufolge "mehr Brücken über den ‚Graben’ zwischen den beiden Sektoren gebaut, der Graben aber nicht zugeschüttet wird").
III. Die Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsgesetz (VwGO).
Tatbestand:
Der Kläger verlangt für das Quartal II/08 ein höheres Honorar für die ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus.
Der Kläger ist der Trägerverein des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses Hamburg. Dieses erbringt regelmäßig ambulante Notfallbehandlungen im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg.
Die Beklagte bewilligte dem Unfallkrankenhaus für die ambulante Notfallbehandlung im Quartal II/08 ein Honorar in Höhe von 120.589,22 Euro. Dabei vergütete sie die Leistungen nach den Nrn. 01210ff. des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs, Stand: 1. Januar 2008 (EBM a.F.). Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 19. November 2008 Bezug genommen.
Mit seinem Widerspruch wandte sich der Kläger dagegen, dass die ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus niedriger vergütet werde als die vertragsärztliche Behandlung außerhalb des organisierten Notdienstes. Er verlange eine Vergütung nach den Nrn. 01100, 01101, 07210, 07211 und 07212 EBM a.F., als wären sie die in einer regulären vertragsärztlichen Sprechstunde erbracht worden.
Am 19. August 2009 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf das für sie verbindliche Regelwerk zurückgewiesen. Auf den Widerspruchsbescheid vom 17. September 2009 wird Bezug genommen.
Daraufhin hat der Kläger seine Klage in eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geändert. Er hat den Klageantrag zudem um den Antrag erweitert, die Honorarbescheide für die Folgequartale III/08 und IV/08 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, erneut über die Honoraranforderung für diese Quartale zu entscheiden. Insoweit ist das Verfahren abgetrennt worden (S 3 KA 448/09 und S 3 KA 449/09); die Beteiligten haben in den abgetrennten Verfahren jeweils eine Unterwerfungsvergleich geschlossen.
Zur Begründung seiner nunmehr nur noch das Quartal II/06 betreffenden Klage trägt der Kläger vor, die ambulante Notfallbehandlung sei Teil des Sicherstellungsauftrags der Beklagten. Diese halte jedoch lediglich zwei Notfallpraxen vor, die nur einen sehr kleinen Teil des Einzugsgebiets abdecken könnten, und den Fahrdienst, der nicht gewährleisten könne, dass die Patienten von einem für ihre Erkrankung passenden Facharzt behandelt würden. Zudem fehle eine technische Ausstattung vor allem für die Unfallbehandlung. Als Folge würden die Patienten im Notfall vornehmlich die Krankenhäuser aufzusuchen. Im streitbefangenen Quartal sei in gut 85 Prozent aller Notaufnahmen eine ambulante Notfallbehandlung erfolgt. Die hierfür erforderlichen Vorhaltekosten könnten nicht mehr dem normalen Krankenhausbetrieb zugeordnet werden. Insbesondere werde das Personal nicht ohnehin vorgehalten, denn das Krankenhauspersonal befinde sich außerhalb der regulären Dienstzeiten vorwiegend in Bereitschaft, um etwaige Probleme bei stationären Patienten und die stationäre Notaufnahme abzudecken. Seine Beanspruchung während des Bereitschaftsdienstes führe zu zusätzliche Aufwendungen für die Klägerin. Zudem müsse eine rund um die Uhr besetzte Notaufnahme vorgehalten werden. Insgesamt sei die ambulante Notfallversorgung unwirtschaftlich. Dieser Verlust könne anders als bei den Vertragsärzten nicht über den regulären Sprechstundenbetrieb ausgeglichen werden. Die Klägerin partizipiere nicht an den positiven Auswirkungen des Monopols der Vertragsärzte für die ambulante Versorgung, sondern allein an den vergleichsweise schlecht vergüteten Notfallleistungen, die sie aber aus berufs- und standesrechtlichen Gründen erbringen müsse. Darin liege eine ungerechtfertigte Schlechterstellung der Krankenhäuser gegenüber den Vertragsärzten. Angemessen sei daher allein die Vergütung, die ein niedergelassener Arzt für eine vergleichbare Behandlung im Rahmen seiner Sprechstunde erhalte, und zwar bei unvorhergesehener Inanspruchnahme, denn der Klinikarzt sei für die stationäre Versorgung vorgesehen und werde bei der ambulanten Notfallbehandlung unvorhergesehen in Anspruch genommen.
Der Kläger beantragt nunmehr, den Honorarbescheid vom 19. November 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2009 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Honoraransprüche für das Quartal II/08 zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihren Ausführungen im Widerspruchsbescheid fest.
Am 10. Februar 2010 hat ein Erörterungstermin und am 25. August 2010 die mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Sitzungsprotokolle wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Insbesondere ist der Übergang von der Untätigkeit- auf die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sachdienlich, so dass eine zulässige Klageänderung i.S.d. § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegt.
II. Die Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der angegriffene Honorarbescheid ist rechtmäßig, soweit seine Überprüfung in diesem Rechtsstreit veranlasst ist, so dass der Kläger durch ihn nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert ist.
1. Zur Anwendung kommt der EBM a.F., der im streitbefangenen Quartal galt. Diesen wandte die Beklagte ohne erkennbare sachliche oder rechnerische Fehler an. Insbesondere berechnete sie die Gebührenordnungspositionen, die für die ambulante Notfallbehandlung durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Krankenhäuser einschlägig sind.
2. Das wird vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt, der sich unmittelbar gegen den EBM a.F. wendet. Der Kammer ist es jedoch grundsätzlich verwehrt, hierin einzugreifen. Bei der Auslegung der Bewertungsmaßstäbe haben die Gerichte zurückhaltend vorzugehen. Es ist grundsätzlich nicht ihre Aufgabe, mit punktuellen Entscheidungen in ein umfassendes Tarifgefüge einzugreifen. Ausnahmen sind nur in engen Grenzen denkbar, etwa wenn die in erster Linie zur Bewertung der ärztlichen Leistungen berufenen Selbstverwaltungsorgane – hier: der Bewertungsausschuss – ihre Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt haben (BSG Urt. v. 5. Mai 1988, 6 RKa 13/87, USK 88162). Die gerichtliche Überprüfung der einheitlichen Bewertungsmaßstäbe ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (st. Rspr., vgl. aus jüngerer Zeit BSG, Urt. v. 19. Sept. 2008, B 6 KA 46/07, SozR 4-2500 § 75 Nr. 8, m.w.N.). Insoweit kommt auch das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz in Betracht (ebenda). Dieses schreibt unter stetiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken vor, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches entsprechend unterschiedlich zu behandeln (vgl. hierzu BVerfG, Kammerbeschl. v. 2. Mai 2006 – 1 BvR 1275/97, NJW 2006, 2175 m.w.N.). Für die Kammer ist nicht ersichtlich, dass der Bewertungsausschuss mit dem Ausschluss der Krankenhäuser von der Abrechnung nach den Nrn. 01100, 01101, 07210, 07211 und 07212 EBM a.F. eine sachwidrige Ungleichbehandlung vornahm.
a. Eine unmittelbare Schlechterstellung erfolgte nicht. Die vom Unfallkrankenhaus erbrachten Notfallleistungen wurden nach dem EBM a.F. im selben Umfang vergütet wie die von einem Vertragsarzt im organisierten Not(fall-)dienst erbrachten Leistungen. Mit dem hier angegriffenen Bewertungsmaßstab wurde die bislang unzulässigerweise vorgesehene niedrigere Vergütung von Notfallbehandlungen in Krankenhäusern (vgl. dazu abermals BSG, Urt. v. 19. Sept. 2008, B 6 KA 46/07, SozR 4-2500 § 75 Nr. 8) gerade abgeschafft. Die Gebührenpositionen 01210ff. EBM a.F. galten gleichermaßen für Vertragsärzte wie für Krankenhäuser. Auch ein Vertragsarzt konnte nicht in jedem Fall die Gebührenordnungspositionen für eine unvorhergesehene Inanspruchnahme (Nrn. 01100 und 01101 EBM a.F.) oder die chirurgischen Grundpauschalen (Nrn. 07210, 07211 und 07212 EBM a.F.) neben den Notfall- und Zusatzpauschalen abrechnen. Vielmehr war hierfür mindestens ein weiterer persönlicher Kontakt außerhalb des organisierten ärztlichen Not(fall-)dienstes notwendig.
b. Die Kammer vermag dem Kläger schon nicht darin zu folgen, dass die Krankenhäuser mittelbar schlechter gestellt würden als die Vertragsärzte, da ihnen diese Möglichkeit (Erbringung weiterer abrechenbarer ambulanter Leistungen außerhalb der ambulanten Notfallbehandlung) grundsätzlich verwehrt bleibe. Soweit die Krankenhäuser im Rahmen der ambulanten Notfallbehandlung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, entspricht ihre Vergütung wie ausgeführt derjenigen der Vertragsärzte. Um ihre Vergütung über die Notfallbehandlung hinaus mit derjenigen der Vertragsärzte zu vergleichen, müsste man die gesamte Krankenhausvergütung in den Blick nehmen und in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen mit derjenigen des vertragsärztlichen Vergütungssystems vergleichen. Unterstellt, eine solche Gesamtbetrachtung könnte überhaupt verlässlich angestellt werden, müssten dabei redlicherweise auch diejenigen abrechenbaren Leistungen einbezogen werden, die allein von den Krankenhäusern erbrachten werden können. Dass sich insgesamt eine deutliche Benachteiligung der Krankenhäuser ergeben würde, ist weder vorgetragen noch in diesem Rechtsstreit sonst ersichtlich.
c. Selbst wenn man annehmen wollte, es läge eine mittelbare Ungleichbehandlung des Unfallkrankenhauses gegenüber den Vertragsärzten vor, wäre diese jedenfalls gerechtfertigt. Der Ausschluss der Krankenhäuser vom Ansatz der Nrn. 01100, 01101, 07210, 07211 und 07212 EBM a.F. ist sachlich gerechtfertigt, weil zwischen ihnen und den Vertragsärzten wesentliche Unterschiede bestehen. Krankenhäuser nehmen grundsätzlich nicht an der vertragsärztlichen Vergütung teil, weil sie – abgesehen von Ausnahmen wie der hier betroffenen ambulanten Notfallbehandlungen – schon nicht an der ambulanten Versorgung teilnehmen. Die Trennung der Vergütungssysteme folgt der Unterscheidung zwischen ambulanter und stationärer Behandlung, die dem Recht der Leistungserbringer weiterhin wesensimmanent ist. Unter der Geltung des Grundgesetzes lässt sich diese grundlegende Trennung der Versorgungsbereiche sogar an der Verfassung ablesen: Während sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Organisation der vertragsärztlichen Versorgung ergibt, umfasst die Bundeskompetenz im Krankenhausbereich nur die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze, Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a GG. Die Kosten der Errichtung und des Erhalts der Krankenhäuser tragen hingegen grundsätzlich die Länder. Auch die jüngsten Gesundheitsreformen haben die grundsätzliche Trennung zwischen ambulantem vom stationärem Sektor nicht aufgeben (vgl. Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, S. 18f., demzufolge "mehr Brücken über den ‚Graben’ zwischen den beiden Sektoren gebaut, der Graben aber nicht zugeschüttet wird").
III. Die Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsgesetz (VwGO).
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