Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 28 AL 36/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 282/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 67/17 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Berufsausbildungsbeihilfe ist eine besonders geregelte Leistung, die auch der Sicherung des Lebensunterhaltes von Auszubildenden während ihrer beruflichen Ausbildung dient.
2. Es gibt im SGB III keine Rechtsgrundlage dafür, dass Unterhalt der Eltern nur in Höhe des zivilrechtlichen
Anspruches angerechnet wird.
3. Der Gesetzgeber kann, ähnlich wie bei der Einkommensanrechnung nach § 9 Abs. 2 und 5 SGB II in Bezug auf Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft oder einer Haushaltsgemeinschaft, davon ausgehen, dass sich die Angehörigen, deren Einkommen bei der Berechnung eines Anspruches auf Berufsausbildungsbeihilfe zu berücksichtigen sind, Unterhalt leisten unabhängig von Grund und Höhe eines etwaigen zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches.
4. Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über die Anrechnung von Einkommen der Eltern bei der Ermittlung eines Anspruches auf Beraufsausbildungsbeihilfe.
2. Es gibt im SGB III keine Rechtsgrundlage dafür, dass Unterhalt der Eltern nur in Höhe des zivilrechtlichen
Anspruches angerechnet wird.
3. Der Gesetzgeber kann, ähnlich wie bei der Einkommensanrechnung nach § 9 Abs. 2 und 5 SGB II in Bezug auf Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft oder einer Haushaltsgemeinschaft, davon ausgehen, dass sich die Angehörigen, deren Einkommen bei der Berechnung eines Anspruches auf Berufsausbildungsbeihilfe zu berücksichtigen sind, Unterhalt leisten unabhängig von Grund und Höhe eines etwaigen zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches.
4. Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über die Anrechnung von Einkommen der Eltern bei der Ermittlung eines Anspruches auf Beraufsausbildungsbeihilfe.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 22. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 1. November 2013 bis zum 31. Juli 2015 für eine inzwischen abgeschlossene Berufsausbildung.
Die am 1990 geborene Klägerin beantragte am 10. September 2013 die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für die Ausbildung als Fotografin. Nach dem Berufsausbildungsvertrag vom 30. Juli 2013 mit einem in A ... ansässigen Fotostudio begann die Ausbildung am 1. September 2013 und endete am 31. Juli 2015. Die Ausbildungsdauer bei dieser Ausbildungsstätte verringerte sich um 12 Monate, da die Klägerin ihre Ausbildung in einer anderen Ausbildungsstätte begonnen und nach dem ersten Ausbildungsjahr die Ausbildungsstätte gewechselt hatte. Nach dem Berufsausbildungsvertrag erhielt die Klägerin im zweiten Ausbildungsjahr eine monatliche Bruttoausbildungsvergütung in Höhe von 200,00 EUR und im dritten Ausbildungsjahr in Höhe von 260,00 EUR.
Die Ausbildungsstätte befand sich nach dem Berufsausbildungsvertrag in Y ... "(bei Bedarf)". Zu den Fahrkosten gab die Klägerin im Antrag an, dass ihr Kosten für sechs Pendelfahrten zwischen A ... und Y ... jeweils an sechs Tagen entstünden. Die kürzeste Fahrstrecke betrage 66,3 km (einfach). Ferner entstünden ihr Kosten für Familienheimfahrten zwischen A ... und B ... mit einer kürzesten Fahrstrecke von 16,9 km (einfach). Der Schulunterricht der Berufsbildenden Schulen in W ... finde alle vier Wochen für je eine Woche statt. Eine Fahrstrecke betrage 91 km, die Fahrstrecke pro Schulwoche insgesamt 910 km.
Die Klägerin, die bei ihren Eltern in B ... gewohnt hatte, schloss am 3./29. August 2013 einen Mietvertrag für eine Wohnung und einen Hauswirtschaftsraum in A ... ab. Der Mietbeginn war am 1. November 2013. Für die Wohnung hatte die Klägerin zusammen mit einem Mitbewohner monatlich 389,70 EUR zuzüglich 55,00 EUR für den Hauswirtschaftsraum zu zahlen.
Ausweislich des Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2011 vom 12. Juni 2013 betrugen die Einkünfte (abzüglich Werbungskosten) des Vaters der Klägerin 55.982 EUR und der Mutter der Klägerin 43.591 EUR.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 11. November 2013 ab, da der Klägerin für ihren Lebensunterhalt und für ihre Berufsausbildung die erforderlichen Mittel anderweitig zur Verfügung stünden.
Der Vater der Klägerin legte als von ihr bevollmächtigter Rechtsanwalt mit Schreiben vom 23. November 2013 Widerspruch ein. Er kritisierte, dass die Berechnung teilweise nicht nachvollziehbar sei. Im Kern machte er geltend, dass keine Grundlage ersichtlich sei, auf Grund derer der Klägerin als verfügbares Mittel ein Teil des Einkommens ihrer Eltern angerechnet werden könne, wenn der angerechnete Teil des Einkommens der Eltern über den Unterhaltsanspruch der Klägerin hinausgehe. Er machte sodann Ausführungen zu einem angemessenen Gesamtunterhaltsbedarf für einen volljährigen Studenten/Auszubildenden, der nicht bei seinen Eltern wohnt, auf der Grundlage der Rechtsprechung und der Düsseldorfer Tabelle. Dieser habe einen Gesamtunterhaltsbedarf in Höhe von 670,00 EUR monatlich.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2014 zurück. Sie legte unter Angabe der einschlägigen Rechtsgrundlagen die Berechnung des geltend gemachten Anspruches dar.
Die Klägerin hat am 4. Februar 2014 Klage erhoben. Der Klägerbevollmächtigte hat auf der Grundlage von verschiedenen rechtlichen Erwägungen die Auffassung vertreten, dass eine Regelungslücke bestehe, dass durch die Regelungen über die Einkommensanrechnung im Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) keine erweiterte Unterhaltspflicht der Eltern begründet werden solle, und dass eine Ungleichbehandlung zwischen den Auszubildenden, die – wie die Klägerin – einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Eltern realisieren können, und denjenigen, bei denen nach Maßgabe von § 67 Abs. 5 SGB III Elterneinkommen nicht berücksichtigt wird, bestehe. Ein anderweitiger Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bestehe auf Grund der Regelungen in § 27 des Sozialgesetzbuches Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) und § 22 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 15. März 2014 verwiesen.
Auf Grund von veränderten Bedarfsposten hat die Beklagte für die Zeit ab 1. November 2014 einen monatlichen Bedarf der Klägerin von 1.052,26 EUR errechnet.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 22. Oktober 2015 die Klage abgewiesen. Es hat die Rechtsgrundlagen nach dem SGB III dargestellt, allgemeine Ausführungen zu § 1610 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) [Maß des Unterhaltes] und einem Mehrbedarf gemacht sowie wegen der Berechnung auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Allerdings habe die Beklagte bei der Berechnung den zugrunde gelegten Gesamtbedarf der Klägerin zu hoch angesetzt. Beim Gesamtbedarf der Klägerin seien keine Kosten für Pendelfahrten zwischen A ... und Y ... in Höhe von 476,00 EUR monatlich zu berücksichtigen. Diese Kosten seien sachlich nicht berechtigt, da die Klägerin erst während der Ausbildung zum 1. November 2011 nach A ... umgezogen sei, obwohl sie bei Antragstellung am 22. Oktober 2013 bereits gewusst habe, dass ihre Ausbildungsstätte in Y ... liege. Außerdem seien die Fahrkosten grundsätzlich in Höhe des Betrages zugrunde zu legen, der bei Benutzung des zweckmäßigsten regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels in der niedrigsten Klasse zu zahlen sei. Die Fahrzeit mit der Bahn von A ... nach Y ... betrage ca. 1 Stunde.
Der Klägerbevollmächtigte hat gegen das an ihn am 2. November 2015 versandte Urteil am 25. November 2015 Berufung eingelegt. Er wendet sich unter anderem gegen die Auffassung des Sozialgerichtes, dass der Gesamtbedarf der Klägerin zu hoch angesetzt sei. Dieser Punkt sei vom Beklagtenvertreter erst in der mündlichen Verhandlung angesprochen worden. Er, der Klägerbevollmächtigte, habe keine Gelegenheit gehabt, hierzu im sozialgerichtlichen Verfahren Stellung zu nehmen.
Auf Frage, aus welchen finanziellen Mitteln die Klägerin während ihrer Ausbildung ihren Bedarf in Höhe von etwas über 1.000,00 EUR gedeckt habe, hat der Klägerbevollmächtigte mitgeteilt, dass der Bedarf durch die Ausbildungsvergütung, die Unterhaltszahlungen der Eltern und ein bei den Eltern ausgenommenes Darlehen gedeckt worden sei. Nach dem Darlehensvertrag vom 22. November 2013 war ab Dezember 2013 ein monatlicher Darlehensbetrag in Höhe von 360,00 EUR vereinbart. Der Vertrag umfasste auch das mündlich gewährte Darlehen für November 2013 in Höhe von 350,00 EUR.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 22. Oktober 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2014 zu verurteilen, der Klägerin Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von monatlich 367,61 EUR im Zeitraum vom 1. November 2013 bis zum 31. Oktober 2014 und in Höhe von 382,26 EUR im Zeitraum vom 1. November 2014 bis zum 31. Juli 2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2014 ist rechtmäßig, weil die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe hat.
1. Soweit der Klägerbevollmächtigte eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, kann dahingestellt bleiben, ob diese Rüge begründet wäre. Aus der Niederschrift über mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht am 22. Oktober 2015 ist nicht zu ersehen, was in welcher Form erörtert worden ist. Auch wenn die Schilderung des Klägerbevollmächtigten zutreffend sein sollte, wäre fraglich, ob eine Verletzung rechtlichen Gehörs vorgelegen hätte. Denn nach seinen Angaben wurde die Frage, ob im Verwaltungsverfahren der Gesamtbedarf der Klägerin zu hoch angesetzt wurde, angesprochen. Wenn er über seine von ihm selbst geschilderte Erwiderung in der mündlichen Verhandlung hinaus hätte vortragen wollen, hätte er eine Vertagung und den Nachlass einer Schriftsatzfrist beantragen können. Ein solcher Antrag findet sich aber weder in der Sitzungsniederschrift noch wird vom Klägerbevollmächtigten eine solche Antragstellung behauptet.
Die Frage einer möglichen Gehörsverletzung muss allerdings nicht weiter erörtert werden. Denn selbst ein unterstellter Anhörungsmangel würde für sich nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, weil ein Anhörungsmangel aus dem erstinstanzlichen Verfahren im Berufungsverfahren geheilt werden kann. Nach § 157 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) prüft nämlich das Landessozialgericht den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht.
2. Nach § 56 Abs. 1 SGB III haben Auszubildende Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer Berufsausbildung, wenn 1. die Berufsausbildung förderungsfähig ist, 2. sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören und die sonstigen persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind und 3. ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen.
Die Klägerin erfüllte die ersten beiden Anspruchsvoraussetzungen (a), nicht aber die dritte (b).
a) Eine Berufsausbildung ist gemäß § 57 Abs. 1 SGB III förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin gegeben. Die Ausbildung zum Fotografen ist ein nach der Handwerksordnung staatlich anerkannten Ausbildungsberuf (vgl. § 18 Abs. 2 des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks [Handwerksordnung] i. V. m. Nummer 38 der Anlage B, § 25 Abs. 1 Handwerksordnung i. V. m. der Verordnung über die Berufsausbildung zum Fotografen und zur Fotografin [Fotografiergewerbe-Ausbildungsverordnung – FotoAusbV]). Die Ausbildung der Klägerin erfolgte betrieblich. Auch war ein Berufsausbildungsvertrag geschlossen worden.
Die Klägerin gehörte als Deutsche im Sinne des Grundgesetzes (GG) gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB III (in der hier maßgebenden, vom 1. April 2012 bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung von Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG) zum förderungsfähigen Personenkreis. Auch die in § 60 SGB III aufgeführten sonstigen persönlichen Voraussetzungen erfüllte sie. Die Klägerin wohnte außerhalb des Haushalts der Eltern (vgl. § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Die weitere Voraussetzung aus § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB III, wonach die oder der Auszubildende bei einer Berufsausbildung nur gefördert wird, wenn sie oder er die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils aus nicht in angemessener Zeit erreichen kann, findet keine Anwendung, weil die 1990 geborene Klägerin, als sie die dreijährige Ausbildung im Jahr 2012 aufnahm sowie bei ihrem Wechsel zur neuen Ausbildungsstätte im Jahr 2013 die Altersgrenze aus § 60 Abs. 2 Nr. 1 SGB III ("18 Jahre oder älter") überschritten hatte.
b) Die Klägerin konnte jedoch ihren Bedarf für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen aus den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln decken.
(1) Der Bedarf für den Lebensunterhalt bei Berufsausbildung bestimmt sich nach § 61 SGB III.
(1.1) Wenn die oder der Auszubildende während der Berufsausbildung außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils untergebracht ist, wird der jeweils geltende Bedarf für Studierende nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG zugrunde gelegt. Dies war im streitbefangenen Zeitraum ein Bedarf in Höhe von 348,00 EUR (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG i. d. F. von der Bekanntmachung vom 7. Dezember 2010 [BGBl. I S. 1952]).
Nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB III in der vom 1. April 2012 bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) erhöhte sich für die Unterkunft der Bedarf um 149,00 EUR monatlich. Soweit Mietkosten für Unterkunft und Nebenkosten nachweislich diesen Betrag überstiegen, erhöhte sich der dort genannte Bedarf um bis zu 75,00 EUR monatlich. Da der kopfteilige Anteil der Klägerin an der Miete 194,85 EUR betrug (= 389,70 EUR: 2), anerkannte die Beklagte zutreffend neben dem Pauschalbedarf von 149,00 EUR einen Zusatzbedarf in Höhe von 45,85 EUR monatlich.
(1.2) Als Bedarf für Fahrkosten werden nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB III 1. Kosten für Fahrten zwischen Unterkunft, Ausbildungsstätte und Berufsschule (Pendelfahrten), 2. bei einer erforderlichen auswärtigen Unterbringung Kosten für die An- und Abreise und für eine monatliche Familienheimfahrt oder anstelle der Familienheimfahrt für eine monatliche Fahrt einer oder eines Angehörigen zum Aufenthaltsort der oder des Auszubildenden zugrunde gelegt. Eine auswärtige Unterbringung ist erforderlich, wenn die Ausbildungsstätte vom Familienwohnort aus nicht in angemessener Zeit erreicht werden kann (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Die Fahrkosten werden in Höhe des Betrags zugrunde gelegt, der bei Benutzung des zweckmäßigsten regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels in der niedrigsten Klasse zu zahlen ist; bei Benutzung sonstiger Verkehrsmittel wird für Fahrkosten die Höhe der Wegstreckenentschädigung nach § 5 Absatz 1 des Bundesreisekostengesetzes zugrunde gelegt (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Die Wegstreckenentschädigung nach dieser Regelung beträgt 0,20 EUR je Kilometer. Nach § 63 Abs. 3 Satz 3 SGB III werden Kosten für Pendelfahrten nur bis zur Höhe des Betrags zugrunde gelegt, der nach § 86 SGB III insgesamt erbracht werden kann. Dies sind 476,00 EUR.
Ausgehend von den Angaben der Klägerin im Leistungsantrag errechnete die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2014 Fahrkosten in Höhe von Insgesamt 689,52 EUR monatlich, von denen sie wegen der Sonderregelung in § 63 Abs. 3 Satz 3 SGB III nur einen Betrag in Höhe von 476,00 EUR anerkannte. Zusätzlich berücksichtigte sie 6,76 EUR monatlich für eine Familienheimfahrt.
Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht und das Sozialgericht im angefochtenen Urteil die Auffassung vertreten haben, in der Berechnung des geltend gemachten Anspruches seien zu hohe Kosten für Fahrten angesetzt worden, ist dies nicht zutreffend.
Soweit der Klägerin vorgehalten wird, die Pendelfahrten zwischen A ... und Y ... seien nicht erforderlich gewesen, weil die Klägerin erst zum 1. November 2013 von B ... nach A ... umgezogen sei, obwohl sie zum Zeitpunkt der Antragstellung am 22. Oktober 2013 gewusst habe, dass sich ihre Ausbildungsstätte in Y ... befinde, hat das Sozialgericht außer Acht gelassen, dass der Mietvertrag bereits am 3./29. August 2013 geschlossen worden war. Zu diesem Zeitpunkt war jedenfalls im Ausbildungsvertrag lediglich geregelt, dass sich die Ausbildungsstätte des in A ... ansässigen Ausbildungsbetriebes "bei Bedarf" in Y ... befinden sollte. Der Abschluss des Mietvertrages im August 2013 für eine Wohnung in A ... war mithin nachvollziehbar. Dass der Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages bekannt gewesen wäre, dass sich ihre Ausbildungsstätte in Y ... befinden würde, hat weder die Beklagte vorgetragen noch lassen sich den vorliegenden Akten hierzu Anhaltspunkte entnehmen.
Zudem hat das Sozialgericht, als es darauf abgestellt hat, dass die Fahrzeit mit der Bahn von A ... (wohl Hauptbahnhof) nach Y ... (wohl Hauptbahnhof) ca. eine Stunde betrage, nicht berücksichtigt, dass die damalige Wohnung der Klägerin ca. 10 km bzw. 25 min (mit dem PKW) vom Hauptbahnhof in A ... entfernt war (vgl. den Routenplaner unter www.falk.de). Diese Strecke ist bei der Frage, welches Verkehrsmittel am zweckmäßigsten ist, mit hinzuzurechnen. Damit ergäbe sich eine Fahrzeit von ca. 1 Std 15 min. Die Fahrzeit von B ... nach Y ... (jeweils Bahnhof) dauert in der kürzesten Variante – über A ... – ca. 1 Std 25 min (vgl. www.bahn.de).
Schließlich macht es bei einer Fahrt mit dem Pkw keinen nennenswerten Unterschied, von wo aus die Klägerin ihre Fahrt zur Ausbildungsstelle in Y ... antrat. Die Fahrstrecke nach Y ... ab A ... (Wohnung) betrug 66,3 km, die Fahrt dauerte ca. 50 min [vgl. den Routenplaner unter www.falk.de]. Die Fahrstrecke ab B ... (Wohnhaus der Eltern) betrug 68,3 km, die Fahrt dauerte ca. 46 min.
(1.3) Zuletzt berücksichtigte die Beklagte nach § 64 Abs. 1 SGB III in der vom 1. April 2012 bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) als Bedarf für sonstige Aufwendungen eine Pauschale für Kosten der Arbeitskleidung in Höhe von 12,00 EUR monatlich.
(1.4) Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2014 zutreffend einen Gesamtbedarf der Klägerin in Höhe von 1.037,61 EUR ermittelt hat.
Wegen der Erhöhung des Mietanteils der Klägerin ab 1. November 2014 auf 209,50 EUR errechnete die Beklagte im Schriftsatz vom 16. Juli 2015 zutreffend einen Gesamtbedarf ab 1. November 2014 in Höhe von 1.052,26 EUR.
(2) Auf den Gesamtbedarf sind nach § 67 Abs. 1 SGB III die Einkommen unter anderem der oder des Auszubildenden (Nummer 1) und der Eltern der oder des Auszubildenden (Nummer 3) in dieser Reihenfolge anzurechnen. Für die Ermittlung des Einkommens und dessen An-rechnung sowie die Berücksichtigung von Freibeträgen gelten § 11 Abs. 4 BAföG sowie die Vorschriften des Vierten Abschnitts des Bundesausbildungsförderungsgesetzes mit den hierzu ergangenen Rechtsverordnungen entsprechend (vgl. § 67 Abs. Abs. 2 Satz 1 SGB III). Hiervon Abweichendes ist in § 67 Abs. Abs. 2 Satz 2 SGB III geregelt.
Ausgehend von der nachgewiesenen Ausbildungsvergütung errechnete die Beklagte ein anzurechnendes monatliches Durchschnitts-Einkommen der Klägerin in Höhe von 127,39 EUR.
Für die Anrechnung des Einkommens der Eltern des Auszubildenden sind nach § 67 Abs. 1 SGB III in Verbindung mit § 24 Abs. 1 BAföG die Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums maßgebend.
Auf der Grundlage der im Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2011 nachgewiesenen Einkommen der Eltern der Klägerin ermittelte die Beklagte ein anzurechnendes monatliches Einkommen in Höhe von 1.440,49 EUR.
Wegen der Einzelheiten der Einkommensberechnungen wird auf den Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2014 verwiesen.
(3) Damit stand einem monatlichen Gesamtbedarf von zunächst 1.037,61 EUR und ab 1. November 2014 in Höhe von 1.052,26 EUR anzurechnendes Einkommen der Klägerin in Höhe von 127,39 EUR und ihrer Eltern in Höhe von 1.440,49 EUR gegenüber. Da die Klägerin mit diesen Mittel ihren Bedarf decken konnte, hatte sie keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe.
c) Die Berechnungen zur Ermittlung, ob die Klägerin den von ihr geltend gemachten An-spruch auf Berufsausbildungsbeihilfe hat, beruhen auf den Regelungen im SGB III zur Berufsausbildungsbeihilfe. Für das Begehren der Klägerin, dass Unterhalt der Eltern nur in Höhe des zivilrechtlichen Anspruches angerechnet wird, gibt es im SGB III keine Rechtsgrundlage.
(1) Eine Beschränkung der Anrechnung des elterlichen Einkommens auf die Höhe des zivil-rechtlichen Unterhaltsanspruches des Kindes ergibt sich nicht aus § 67 Abs. 5 SGB III. Nach § 67 Abs. 5 Satz 1 SGB III bleibt das Einkommen der Eltern außer Betracht, wenn - ihr Aufenthaltsort nicht bekannt ist oder - sie rechtlich oder tatsächlich gehindert sind, im Inland Unterhalt zu leisten. Das Einkommen der Eltern ist nicht anzurechnen (vgl. § 67 Abs. 5 Satz 2 SGB III), soweit - ein Unterhaltsanspruch nicht besteht oder - dieser verwirkt ist.
Diese Regelungen, die sich seit dem 1. April 2012 in § 67 Abs. 5 SGB III finden (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. April 2011 [BGBl. I S. 2854]), führte der Gesetzgeber wort-gleich zum 1. August 2001 zunächst in § 71 Abs. 5 SGB III ein (vgl. Artikel 9 Nr. 4 Buchst. d, Artikel 14 Abs. 3 des Gesetzes vom 19. März 2001 [BGBl. I S. 390]). Die Regelung in § 67 Abs. 5 Satz 1 SGB III entspricht der in § 11 Abs. 2a BAföG. § 67 Abs. 5 Satz 2 SGB III soll Zweifel in Fällen, in denen einerseits die Berechnung nach dem SGB III ein anzurechnendes Einkommen ergibt, von dem Unterhaltspflichtigen jedoch belegt wird, dass zum Beispiel durch Urteil entschieden ist, dass ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, beseitigen (vgl. BT-Drs. 14/4731 S. 44).
Zweck dieser Regelungen, ist es – so Petzold – zu verhindern, dass den Auszubildenden ein vorrangiger Unterhaltsanspruch entgegen gehalten wird, den sie nicht realisieren können, aus dem ihnen also kein Einkommen zufließt (vgl. Petzold, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand: Erg.-Lfg. Stand 12/16], § 67 Rdnr. 23). Nach B. Schmidt soll eine Angleichung der förder-rechtlichen Subsidiarität der Berufsausbildungsbeihilfe an die zivilrechtlichen Unterhaltspflichten erfolgen (vgl. B. Schmidt, in: Eicher/Schlegel, SGB III n. F. [Stand: 150. Erg.-Lfg., Februar 2017], § 67 Rdnr. 112).
Einschlägig kann vorliegend allein § 67 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB III sein, das heißt die Regelung über die Nichtanrechnung von Elterneinkommen wegen eines nicht bestehenden Unter-haltsanspruches. Die zitierte Gesetzesbegründung zu dieser Regelung wird sowohl in der Rechtsprechung (vgl. z. B. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Februar 2015 – L 8 AL 132/13 – NZS 2015, 356 f. = info also 2015, 156 ff. = juris Rdnr. 28) als auch im Schrifttum (vgl. z. B. B. Schmidt, a. a. O.) kritisiert, weil zum einen ein Unterhalts"pflichtiger" nicht Beteiligter des sozialgerichtlichen Verfahrens sei und zum anderen keine formale Darlegungs- oder Beweisanforderung aufgestellt werde, es vielmehr bei dem im sozialrechtlichen Verwal-tungs- und Gerichtsverfahren herrschenden Grundsatz der objektiven Beweislast bleibe.
§ 67 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB III wird zum Teil dahingehend verstanden, dass er die Fälle eines fehlenden Unterhaltsanspruchs bei nicht gegebener Leistungsfähigkeit (vgl. § 1603 Abs. 1 BGB) erfassen soll (vgl. Petzold, a. a. O.). Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg sah im Urteil vom 26. Februar 2015 die Voraussetzungen von § 71 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB III a. F. in einem Fall als gegeben an, in dem der dortige Kläger gegenüber seinen Eltern nach Maßgabe der zivilgerichtlichen Rechtsprechung keinen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt für eine zweite Ausbildung hatte, weil er seine Ausbildung nicht mit der erforderlichen Ziel-strebigkeit verfolgt habe (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Februar 2015, a. a. O., Rdnr. 15 und 26).
Ein Vergleich von § 67 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB III mit den anderen Ausnahmetatbeständen in § 67 Abs. 5 SGB III zeigt, dass nur Fälle erfasst sein sollen, in denen ein Unterhaltsanspruch dem Grunde nach nicht besteht oder nicht realisiert werden kann. Hingegen sind nicht Fälle betroffen, in denen es um die Höhe des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches geht.
Wäre die Höhe des Unterhaltsanspruches nach Maßgabe der zivilrechtlichen Bestimmungen maßgebend, würde sich in regelungstechnischer Hinsicht zudem die Frage stellen, weshalb der Gesetzgeber im SGB III Vorgaben über die Ermittlung der Höhe des anzurechnenden Einkommens der Eltern macht, wenn danach noch ein Abgleich mit der Höhe des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches notwendig wäre. Es wäre bei einer solchen Regelungsabsicht einfacher, wenn für das bei der Berechnung des Anspruches auf Berufsausbildungsbeihilfe anzurechnende Elterneinkommen sogleich auf die Höhe des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches verwiesen würde.
(2) Dass sich die Höhe des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches nicht mit der Höhe des bei der Berufsausbildungsbeihilfe anzurechnenden Elterneinkommens decken muss, ergibt sich zudem aus § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Danach wird, wenn die oder der Auszubildende glaubhaft macht, dass ihre oder seine Eltern den nach den Vorschriften dieses Buches angerechneten Unterhaltsbetrag nicht leisten, oder wenn das Einkommen der Eltern nicht berechnet werden kann, weil diese die erforderlichen Auskünfte nicht erteilen oder Urkunden nicht vorlegen, und wenn die Berufsausbildung, auch unter Berücksichtigung des Einkommens der Ehefrau oder des Ehemanns oder der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners im Bewilligungszeitraum, gefährdet ist, nach Anhörung der Eltern ohne Anrechnung dieses Betrags Berufsausbildungsbeihilfe geleistet. Aus der Formulierung "den nach den Vorschriften dieses Buches angerechneten Unterhaltsbetrag" folgt, dass der Gesetzgeber auf die Regelungen in § 67 Abs. 2 SGB III und nicht auf die zum zivilrechtlichen Unterhaltsrecht Bezug genommen hat (vgl. Buser, in: Eicher/Schlegel, SGB III n F. [Stand: 150. Erg.-Lfg., Februar 2016], § 68 Rdnr. 49; Herbst, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III [2014], § 68 Rdnr. 31; Petzold, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 68 Rdnr. 4).
(3) Die Abweichungen der Regelungen über den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch (vgl. §§ 1601 ff. BGB) von denen über die Anrechnung von Einkommen der Eltern bei der Berechnung des Anspruches auf Berufsausbildungsbeihilfe beruhen nicht, wie der Klägerbevollmächtigte meint, auf einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke.
Die Berufsausbildungsbeihilfe ist eine besonders geregelte Leistung, die auch der Sicherung des Lebensunterhaltes von Auszubildenden während ihrer beruflichen Ausbildung dient (zur Vergleichbarkeit der Zweckbestimmungen und der vom Gesetzgeber anerkannten Bedarfe von Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld [vgl. § 118 Satz 1 Nr. 2, §§ 122 ff. SGB III] und Ausbildungsförderung nach dem BAföG: Sächs. LSG, Urteil vom 1. Januar 2007 – juris Rdnr. 34 ff.).
Der Gesetzgeber kann, ähnlich wie bei der Einkommensanrechnung nach § 9 Abs. 2 und 5 SGB II in Bezug auf Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft oder einer Haushaltsgemeinschaft, davon ausgehen, dass sich die Angehörigen, deren Einkommen bei der Bedarfsberechnung eines Antragstellers zu berücksichtigen sind, Unterhalt leisten unabhängig von Grund und Höhe eines etwaigen zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II (in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 8 des Gesetzes vom 20. Juli 2006 [BGBl. I S. 1706]) sind bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Dies hat unter anderem zur Folge, dass das Einkommen oder Vermögen eines Stiefelternteils anzurechnen ist, obwohl dieser gegenüber dem Kind seines Partners oder seiner Partnerin nach den zivilrechtlichen Bestimmungen nicht zum Unterhalt verpflichtet ist. Wie das Bundessozialgericht im Urteil vom 14. März 2012 ausgeführt hat, beruht diese Regelung darauf, dass der Gesetzgeber bei Vorliegen bestimmter typisierter (familiär geprägter) Lebensumstände auf (typisierte) Haushaltseinsparungen und Unterstützungsleistungen innerhalb der Gemeinschaft schließt, die die Gewährung staatlicher Hilfe nicht oder nur noch in eingeschränktem Umfang gerechtfertigt erscheinen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2012 – B 14 AS 17/11 R – BSGE 110, 204 ff. = SozR 4-4200 § 9 Nr. 10 = juris Rdnr. 23). Darüber hinaus wird nach § 9 Abs. 5 SGB II, wenn Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten leben, vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Die Regelung in § 9 Abs. 5 SGB II geht auf die in § 16 Satz 1 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) zurück. Letzterer Regelung lag die Vorstellung zu Grunde, dass im gemeinsamen Haushalt zusammenlebende Familienmitglieder auch ohne bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflicht sittlich zu gegenseitiger Hilfe verpflichtet sind. Mit § 16 Satz 1 BSHG wollte der Gesetzgeber einerseits die Unterhaltspflichten nicht erweitern, andererseits aber nicht die Allgemeinheit zur Hilfeleistung verpflichten, solange nicht feststand, dass die im Haushalt lebenden Angehörigen keine Unterstützungsleistungen erbrachten (vgl. Karl, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [4. Aufl., 2015], § 9 Rdnr. 165).
Diese Erwägungen können auf die Anrechnungsregelungen in § 67 SGB III übertragen werden. Auch hier geht der Gesetzgeber davon aus, dass Eltern den Unterhalt an ihr in der Berufsausbildung befindliches Kind in einer Höhe leisten, wie er es typisierend in § 67 Abs. 2 SGB III vorgesehen hat. Erst für den Fall, dass die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall nicht seiner Grundannahme entsprechen, hat er in § 67 Abs. 5 SGB III und § 68 SGB III Regelungen zur Korrektur geschaffen.
(4) Die vom Klägerbevollmächtigten behauptete verfassungswidrige Ungleichbehandlung ist nicht gegeben.
Gemäß Artikel 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist eine Regelung nur dann mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Artikel 3 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art oder solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 – 1 BvR 293/05 – BVerfGE 116, 229 [238]] = juris Rdnr. 41, m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/96, 2 BvR 288/07 – BVerfGE 133, 377 ff. = juris, jeweils Rdnr. 76, m. w. N.).
Bereits der Klägerbevollmächtigte selbst beschreibt die zwei maßgebenden, zu vergleichenden Personengruppen, nämlich zum einen die Auszubildenden, die einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Eltern realisieren können, und zum anderen diejenigen Auszubildenden, bei denen nach Maßgabe von § 67 Abs. 5 SGB III Elterneinkommen nicht berücksichtigt wird.
Für die unterschiedliche rechtliche Behandlung dieser beiden Personengruppen gibt es eine sachliche Rechtfertigung. Diesbezüglich sind zwei Punkte zu berücksichtigen: das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 1 GG (eingehend hierzu: BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – BVerfGE 125, 175 ff. = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12 = NJW 2010, 505 ff. = juris Rdnr. 133 ff.) und der in zahlreichen Regelungen zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität staatlicher Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (vgl. z. B. § 3 Abs. 3 SGB II, § 2 SGB XII, § 56 Abs. 1 Nr. 3 SGB III, § 1 BAföG ["wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen."], § 1 Satz 2 des Gesetzes zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung [Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz – AFBG] ["Leistungen zum Lebensunterhalt werden gewährt, soweit die dafür erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen."]). Danach setzt die verfassungsrechtlich garantierte Pflicht, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu erbringen, erst dem Grunde und der Höhe nach ein, wenn die hilfebedürftige Person ihre Bedarfe nicht auf andere, zumutbare Weise decken kann. Aus diesem Grund war der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nur verpflichtet, Sonderregelungen in Bezug auf die Anrechnung von Elterneinkommen für die Fälle zu treffen, in denen ein Unterhaltsanspruch dem Grunde nach nicht besteht oder nicht realisiert werden kann.
Der Gesetzgeber ist zwar nicht gehindert, die Regelungen über die Anrechnung von Elterneinkommen bei der Berechnung eines Anspruches auf Berufsausbildungsbeihilfe mit den zivilrechtlichen Reglungen zum Kindesunterhalt zur Deckung zu bringen. Da ihm aber bei der Ausgestaltung des Sozialstaatsprinzips aus Artikel 20 Abs. 1 GG und der Ausgestaltung von Sozialleistungen ein Gestaltungsspielraum zusteht (vgl. die umfangreichen Nachweise bei Sächs. LSG, Urteil vom 24. Mai 2012 – L 3 AS 208/11 – juris Rdnr. 40 und Sächs. LSG, Urteil vom 15. Januar 2015 – L 3 AL 30/13 – juris Rdnr. 35), besteht auf die Herstellung einer Kongruenz kein Anspruch.
(5) Die Klägerin ist auch nicht in ihrem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 1 GG verletzt.
Die Berufsausbildungsbeihilfe ist, ähnlich wie die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, Teil eines subsidiären Systems sozialer Sicherung des Existenzminimums (vgl. zum SGB II: BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – BVerfGE 125, 175 ff. = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12 = NJW 2010, 505 ff. = juris Rdnr. 147). Ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe besteht nur, wenn dem Auszubildenden die erforderlichen Mittel zur Deckung des gesetzlich festgelegten Bedarfe nicht anderweitig zur Verfügung stehen (vgl. § 56 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Die Klägerin verfügte während ihrer Ausbildung über die erforderlichen Mittel.
Dabei ist unerheblich, dass ihre Eltern ihr die erforderlichen Mittel teilweise nur als Darlehen zur Verfügung stellten. Denn auch dadurch entsprachen die Eltern den in § 67 SGB III zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen, dass sie ihre Tochter, die Klägerin, während der Berufsausbildung im Umfange des nach § 67 Abs. 2 SGB III als zumutbar Angesehenen finanziell unterstützten. Ob Zahlungen bis zur Höhe des nach § 67 Abs. 2 SGB III anzurechnenden Einkommen, die aber über den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch hinausgehen, mit einer Rückzahlungsverpflichtung versehen werden, ist zwischen den Eltern und dem in Ausbildung befindlichen Kind zu klären.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
III. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 1. November 2013 bis zum 31. Juli 2015 für eine inzwischen abgeschlossene Berufsausbildung.
Die am 1990 geborene Klägerin beantragte am 10. September 2013 die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für die Ausbildung als Fotografin. Nach dem Berufsausbildungsvertrag vom 30. Juli 2013 mit einem in A ... ansässigen Fotostudio begann die Ausbildung am 1. September 2013 und endete am 31. Juli 2015. Die Ausbildungsdauer bei dieser Ausbildungsstätte verringerte sich um 12 Monate, da die Klägerin ihre Ausbildung in einer anderen Ausbildungsstätte begonnen und nach dem ersten Ausbildungsjahr die Ausbildungsstätte gewechselt hatte. Nach dem Berufsausbildungsvertrag erhielt die Klägerin im zweiten Ausbildungsjahr eine monatliche Bruttoausbildungsvergütung in Höhe von 200,00 EUR und im dritten Ausbildungsjahr in Höhe von 260,00 EUR.
Die Ausbildungsstätte befand sich nach dem Berufsausbildungsvertrag in Y ... "(bei Bedarf)". Zu den Fahrkosten gab die Klägerin im Antrag an, dass ihr Kosten für sechs Pendelfahrten zwischen A ... und Y ... jeweils an sechs Tagen entstünden. Die kürzeste Fahrstrecke betrage 66,3 km (einfach). Ferner entstünden ihr Kosten für Familienheimfahrten zwischen A ... und B ... mit einer kürzesten Fahrstrecke von 16,9 km (einfach). Der Schulunterricht der Berufsbildenden Schulen in W ... finde alle vier Wochen für je eine Woche statt. Eine Fahrstrecke betrage 91 km, die Fahrstrecke pro Schulwoche insgesamt 910 km.
Die Klägerin, die bei ihren Eltern in B ... gewohnt hatte, schloss am 3./29. August 2013 einen Mietvertrag für eine Wohnung und einen Hauswirtschaftsraum in A ... ab. Der Mietbeginn war am 1. November 2013. Für die Wohnung hatte die Klägerin zusammen mit einem Mitbewohner monatlich 389,70 EUR zuzüglich 55,00 EUR für den Hauswirtschaftsraum zu zahlen.
Ausweislich des Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2011 vom 12. Juni 2013 betrugen die Einkünfte (abzüglich Werbungskosten) des Vaters der Klägerin 55.982 EUR und der Mutter der Klägerin 43.591 EUR.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 11. November 2013 ab, da der Klägerin für ihren Lebensunterhalt und für ihre Berufsausbildung die erforderlichen Mittel anderweitig zur Verfügung stünden.
Der Vater der Klägerin legte als von ihr bevollmächtigter Rechtsanwalt mit Schreiben vom 23. November 2013 Widerspruch ein. Er kritisierte, dass die Berechnung teilweise nicht nachvollziehbar sei. Im Kern machte er geltend, dass keine Grundlage ersichtlich sei, auf Grund derer der Klägerin als verfügbares Mittel ein Teil des Einkommens ihrer Eltern angerechnet werden könne, wenn der angerechnete Teil des Einkommens der Eltern über den Unterhaltsanspruch der Klägerin hinausgehe. Er machte sodann Ausführungen zu einem angemessenen Gesamtunterhaltsbedarf für einen volljährigen Studenten/Auszubildenden, der nicht bei seinen Eltern wohnt, auf der Grundlage der Rechtsprechung und der Düsseldorfer Tabelle. Dieser habe einen Gesamtunterhaltsbedarf in Höhe von 670,00 EUR monatlich.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2014 zurück. Sie legte unter Angabe der einschlägigen Rechtsgrundlagen die Berechnung des geltend gemachten Anspruches dar.
Die Klägerin hat am 4. Februar 2014 Klage erhoben. Der Klägerbevollmächtigte hat auf der Grundlage von verschiedenen rechtlichen Erwägungen die Auffassung vertreten, dass eine Regelungslücke bestehe, dass durch die Regelungen über die Einkommensanrechnung im Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) keine erweiterte Unterhaltspflicht der Eltern begründet werden solle, und dass eine Ungleichbehandlung zwischen den Auszubildenden, die – wie die Klägerin – einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Eltern realisieren können, und denjenigen, bei denen nach Maßgabe von § 67 Abs. 5 SGB III Elterneinkommen nicht berücksichtigt wird, bestehe. Ein anderweitiger Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bestehe auf Grund der Regelungen in § 27 des Sozialgesetzbuches Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) und § 22 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 15. März 2014 verwiesen.
Auf Grund von veränderten Bedarfsposten hat die Beklagte für die Zeit ab 1. November 2014 einen monatlichen Bedarf der Klägerin von 1.052,26 EUR errechnet.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 22. Oktober 2015 die Klage abgewiesen. Es hat die Rechtsgrundlagen nach dem SGB III dargestellt, allgemeine Ausführungen zu § 1610 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) [Maß des Unterhaltes] und einem Mehrbedarf gemacht sowie wegen der Berechnung auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Allerdings habe die Beklagte bei der Berechnung den zugrunde gelegten Gesamtbedarf der Klägerin zu hoch angesetzt. Beim Gesamtbedarf der Klägerin seien keine Kosten für Pendelfahrten zwischen A ... und Y ... in Höhe von 476,00 EUR monatlich zu berücksichtigen. Diese Kosten seien sachlich nicht berechtigt, da die Klägerin erst während der Ausbildung zum 1. November 2011 nach A ... umgezogen sei, obwohl sie bei Antragstellung am 22. Oktober 2013 bereits gewusst habe, dass ihre Ausbildungsstätte in Y ... liege. Außerdem seien die Fahrkosten grundsätzlich in Höhe des Betrages zugrunde zu legen, der bei Benutzung des zweckmäßigsten regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels in der niedrigsten Klasse zu zahlen sei. Die Fahrzeit mit der Bahn von A ... nach Y ... betrage ca. 1 Stunde.
Der Klägerbevollmächtigte hat gegen das an ihn am 2. November 2015 versandte Urteil am 25. November 2015 Berufung eingelegt. Er wendet sich unter anderem gegen die Auffassung des Sozialgerichtes, dass der Gesamtbedarf der Klägerin zu hoch angesetzt sei. Dieser Punkt sei vom Beklagtenvertreter erst in der mündlichen Verhandlung angesprochen worden. Er, der Klägerbevollmächtigte, habe keine Gelegenheit gehabt, hierzu im sozialgerichtlichen Verfahren Stellung zu nehmen.
Auf Frage, aus welchen finanziellen Mitteln die Klägerin während ihrer Ausbildung ihren Bedarf in Höhe von etwas über 1.000,00 EUR gedeckt habe, hat der Klägerbevollmächtigte mitgeteilt, dass der Bedarf durch die Ausbildungsvergütung, die Unterhaltszahlungen der Eltern und ein bei den Eltern ausgenommenes Darlehen gedeckt worden sei. Nach dem Darlehensvertrag vom 22. November 2013 war ab Dezember 2013 ein monatlicher Darlehensbetrag in Höhe von 360,00 EUR vereinbart. Der Vertrag umfasste auch das mündlich gewährte Darlehen für November 2013 in Höhe von 350,00 EUR.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 22. Oktober 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2014 zu verurteilen, der Klägerin Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe von monatlich 367,61 EUR im Zeitraum vom 1. November 2013 bis zum 31. Oktober 2014 und in Höhe von 382,26 EUR im Zeitraum vom 1. November 2014 bis zum 31. Juli 2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2014 ist rechtmäßig, weil die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe hat.
1. Soweit der Klägerbevollmächtigte eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, kann dahingestellt bleiben, ob diese Rüge begründet wäre. Aus der Niederschrift über mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht am 22. Oktober 2015 ist nicht zu ersehen, was in welcher Form erörtert worden ist. Auch wenn die Schilderung des Klägerbevollmächtigten zutreffend sein sollte, wäre fraglich, ob eine Verletzung rechtlichen Gehörs vorgelegen hätte. Denn nach seinen Angaben wurde die Frage, ob im Verwaltungsverfahren der Gesamtbedarf der Klägerin zu hoch angesetzt wurde, angesprochen. Wenn er über seine von ihm selbst geschilderte Erwiderung in der mündlichen Verhandlung hinaus hätte vortragen wollen, hätte er eine Vertagung und den Nachlass einer Schriftsatzfrist beantragen können. Ein solcher Antrag findet sich aber weder in der Sitzungsniederschrift noch wird vom Klägerbevollmächtigten eine solche Antragstellung behauptet.
Die Frage einer möglichen Gehörsverletzung muss allerdings nicht weiter erörtert werden. Denn selbst ein unterstellter Anhörungsmangel würde für sich nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, weil ein Anhörungsmangel aus dem erstinstanzlichen Verfahren im Berufungsverfahren geheilt werden kann. Nach § 157 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) prüft nämlich das Landessozialgericht den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht.
2. Nach § 56 Abs. 1 SGB III haben Auszubildende Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer Berufsausbildung, wenn 1. die Berufsausbildung förderungsfähig ist, 2. sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören und die sonstigen persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind und 3. ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen.
Die Klägerin erfüllte die ersten beiden Anspruchsvoraussetzungen (a), nicht aber die dritte (b).
a) Eine Berufsausbildung ist gemäß § 57 Abs. 1 SGB III förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin gegeben. Die Ausbildung zum Fotografen ist ein nach der Handwerksordnung staatlich anerkannten Ausbildungsberuf (vgl. § 18 Abs. 2 des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks [Handwerksordnung] i. V. m. Nummer 38 der Anlage B, § 25 Abs. 1 Handwerksordnung i. V. m. der Verordnung über die Berufsausbildung zum Fotografen und zur Fotografin [Fotografiergewerbe-Ausbildungsverordnung – FotoAusbV]). Die Ausbildung der Klägerin erfolgte betrieblich. Auch war ein Berufsausbildungsvertrag geschlossen worden.
Die Klägerin gehörte als Deutsche im Sinne des Grundgesetzes (GG) gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB III (in der hier maßgebenden, vom 1. April 2012 bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung von Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG) zum förderungsfähigen Personenkreis. Auch die in § 60 SGB III aufgeführten sonstigen persönlichen Voraussetzungen erfüllte sie. Die Klägerin wohnte außerhalb des Haushalts der Eltern (vgl. § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Die weitere Voraussetzung aus § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB III, wonach die oder der Auszubildende bei einer Berufsausbildung nur gefördert wird, wenn sie oder er die Ausbildungsstätte von der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils aus nicht in angemessener Zeit erreichen kann, findet keine Anwendung, weil die 1990 geborene Klägerin, als sie die dreijährige Ausbildung im Jahr 2012 aufnahm sowie bei ihrem Wechsel zur neuen Ausbildungsstätte im Jahr 2013 die Altersgrenze aus § 60 Abs. 2 Nr. 1 SGB III ("18 Jahre oder älter") überschritten hatte.
b) Die Klägerin konnte jedoch ihren Bedarf für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen aus den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln decken.
(1) Der Bedarf für den Lebensunterhalt bei Berufsausbildung bestimmt sich nach § 61 SGB III.
(1.1) Wenn die oder der Auszubildende während der Berufsausbildung außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils untergebracht ist, wird der jeweils geltende Bedarf für Studierende nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG zugrunde gelegt. Dies war im streitbefangenen Zeitraum ein Bedarf in Höhe von 348,00 EUR (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG i. d. F. von der Bekanntmachung vom 7. Dezember 2010 [BGBl. I S. 1952]).
Nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB III in der vom 1. April 2012 bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) erhöhte sich für die Unterkunft der Bedarf um 149,00 EUR monatlich. Soweit Mietkosten für Unterkunft und Nebenkosten nachweislich diesen Betrag überstiegen, erhöhte sich der dort genannte Bedarf um bis zu 75,00 EUR monatlich. Da der kopfteilige Anteil der Klägerin an der Miete 194,85 EUR betrug (= 389,70 EUR: 2), anerkannte die Beklagte zutreffend neben dem Pauschalbedarf von 149,00 EUR einen Zusatzbedarf in Höhe von 45,85 EUR monatlich.
(1.2) Als Bedarf für Fahrkosten werden nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB III 1. Kosten für Fahrten zwischen Unterkunft, Ausbildungsstätte und Berufsschule (Pendelfahrten), 2. bei einer erforderlichen auswärtigen Unterbringung Kosten für die An- und Abreise und für eine monatliche Familienheimfahrt oder anstelle der Familienheimfahrt für eine monatliche Fahrt einer oder eines Angehörigen zum Aufenthaltsort der oder des Auszubildenden zugrunde gelegt. Eine auswärtige Unterbringung ist erforderlich, wenn die Ausbildungsstätte vom Familienwohnort aus nicht in angemessener Zeit erreicht werden kann (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Die Fahrkosten werden in Höhe des Betrags zugrunde gelegt, der bei Benutzung des zweckmäßigsten regelmäßig verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittels in der niedrigsten Klasse zu zahlen ist; bei Benutzung sonstiger Verkehrsmittel wird für Fahrkosten die Höhe der Wegstreckenentschädigung nach § 5 Absatz 1 des Bundesreisekostengesetzes zugrunde gelegt (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Die Wegstreckenentschädigung nach dieser Regelung beträgt 0,20 EUR je Kilometer. Nach § 63 Abs. 3 Satz 3 SGB III werden Kosten für Pendelfahrten nur bis zur Höhe des Betrags zugrunde gelegt, der nach § 86 SGB III insgesamt erbracht werden kann. Dies sind 476,00 EUR.
Ausgehend von den Angaben der Klägerin im Leistungsantrag errechnete die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2014 Fahrkosten in Höhe von Insgesamt 689,52 EUR monatlich, von denen sie wegen der Sonderregelung in § 63 Abs. 3 Satz 3 SGB III nur einen Betrag in Höhe von 476,00 EUR anerkannte. Zusätzlich berücksichtigte sie 6,76 EUR monatlich für eine Familienheimfahrt.
Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht und das Sozialgericht im angefochtenen Urteil die Auffassung vertreten haben, in der Berechnung des geltend gemachten Anspruches seien zu hohe Kosten für Fahrten angesetzt worden, ist dies nicht zutreffend.
Soweit der Klägerin vorgehalten wird, die Pendelfahrten zwischen A ... und Y ... seien nicht erforderlich gewesen, weil die Klägerin erst zum 1. November 2013 von B ... nach A ... umgezogen sei, obwohl sie zum Zeitpunkt der Antragstellung am 22. Oktober 2013 gewusst habe, dass sich ihre Ausbildungsstätte in Y ... befinde, hat das Sozialgericht außer Acht gelassen, dass der Mietvertrag bereits am 3./29. August 2013 geschlossen worden war. Zu diesem Zeitpunkt war jedenfalls im Ausbildungsvertrag lediglich geregelt, dass sich die Ausbildungsstätte des in A ... ansässigen Ausbildungsbetriebes "bei Bedarf" in Y ... befinden sollte. Der Abschluss des Mietvertrages im August 2013 für eine Wohnung in A ... war mithin nachvollziehbar. Dass der Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages bekannt gewesen wäre, dass sich ihre Ausbildungsstätte in Y ... befinden würde, hat weder die Beklagte vorgetragen noch lassen sich den vorliegenden Akten hierzu Anhaltspunkte entnehmen.
Zudem hat das Sozialgericht, als es darauf abgestellt hat, dass die Fahrzeit mit der Bahn von A ... (wohl Hauptbahnhof) nach Y ... (wohl Hauptbahnhof) ca. eine Stunde betrage, nicht berücksichtigt, dass die damalige Wohnung der Klägerin ca. 10 km bzw. 25 min (mit dem PKW) vom Hauptbahnhof in A ... entfernt war (vgl. den Routenplaner unter www.falk.de). Diese Strecke ist bei der Frage, welches Verkehrsmittel am zweckmäßigsten ist, mit hinzuzurechnen. Damit ergäbe sich eine Fahrzeit von ca. 1 Std 15 min. Die Fahrzeit von B ... nach Y ... (jeweils Bahnhof) dauert in der kürzesten Variante – über A ... – ca. 1 Std 25 min (vgl. www.bahn.de).
Schließlich macht es bei einer Fahrt mit dem Pkw keinen nennenswerten Unterschied, von wo aus die Klägerin ihre Fahrt zur Ausbildungsstelle in Y ... antrat. Die Fahrstrecke nach Y ... ab A ... (Wohnung) betrug 66,3 km, die Fahrt dauerte ca. 50 min [vgl. den Routenplaner unter www.falk.de]. Die Fahrstrecke ab B ... (Wohnhaus der Eltern) betrug 68,3 km, die Fahrt dauerte ca. 46 min.
(1.3) Zuletzt berücksichtigte die Beklagte nach § 64 Abs. 1 SGB III in der vom 1. April 2012 bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) als Bedarf für sonstige Aufwendungen eine Pauschale für Kosten der Arbeitskleidung in Höhe von 12,00 EUR monatlich.
(1.4) Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2014 zutreffend einen Gesamtbedarf der Klägerin in Höhe von 1.037,61 EUR ermittelt hat.
Wegen der Erhöhung des Mietanteils der Klägerin ab 1. November 2014 auf 209,50 EUR errechnete die Beklagte im Schriftsatz vom 16. Juli 2015 zutreffend einen Gesamtbedarf ab 1. November 2014 in Höhe von 1.052,26 EUR.
(2) Auf den Gesamtbedarf sind nach § 67 Abs. 1 SGB III die Einkommen unter anderem der oder des Auszubildenden (Nummer 1) und der Eltern der oder des Auszubildenden (Nummer 3) in dieser Reihenfolge anzurechnen. Für die Ermittlung des Einkommens und dessen An-rechnung sowie die Berücksichtigung von Freibeträgen gelten § 11 Abs. 4 BAföG sowie die Vorschriften des Vierten Abschnitts des Bundesausbildungsförderungsgesetzes mit den hierzu ergangenen Rechtsverordnungen entsprechend (vgl. § 67 Abs. Abs. 2 Satz 1 SGB III). Hiervon Abweichendes ist in § 67 Abs. Abs. 2 Satz 2 SGB III geregelt.
Ausgehend von der nachgewiesenen Ausbildungsvergütung errechnete die Beklagte ein anzurechnendes monatliches Durchschnitts-Einkommen der Klägerin in Höhe von 127,39 EUR.
Für die Anrechnung des Einkommens der Eltern des Auszubildenden sind nach § 67 Abs. 1 SGB III in Verbindung mit § 24 Abs. 1 BAföG die Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr vor Beginn des Bewilligungszeitraums maßgebend.
Auf der Grundlage der im Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2011 nachgewiesenen Einkommen der Eltern der Klägerin ermittelte die Beklagte ein anzurechnendes monatliches Einkommen in Höhe von 1.440,49 EUR.
Wegen der Einzelheiten der Einkommensberechnungen wird auf den Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2014 verwiesen.
(3) Damit stand einem monatlichen Gesamtbedarf von zunächst 1.037,61 EUR und ab 1. November 2014 in Höhe von 1.052,26 EUR anzurechnendes Einkommen der Klägerin in Höhe von 127,39 EUR und ihrer Eltern in Höhe von 1.440,49 EUR gegenüber. Da die Klägerin mit diesen Mittel ihren Bedarf decken konnte, hatte sie keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe.
c) Die Berechnungen zur Ermittlung, ob die Klägerin den von ihr geltend gemachten An-spruch auf Berufsausbildungsbeihilfe hat, beruhen auf den Regelungen im SGB III zur Berufsausbildungsbeihilfe. Für das Begehren der Klägerin, dass Unterhalt der Eltern nur in Höhe des zivilrechtlichen Anspruches angerechnet wird, gibt es im SGB III keine Rechtsgrundlage.
(1) Eine Beschränkung der Anrechnung des elterlichen Einkommens auf die Höhe des zivil-rechtlichen Unterhaltsanspruches des Kindes ergibt sich nicht aus § 67 Abs. 5 SGB III. Nach § 67 Abs. 5 Satz 1 SGB III bleibt das Einkommen der Eltern außer Betracht, wenn - ihr Aufenthaltsort nicht bekannt ist oder - sie rechtlich oder tatsächlich gehindert sind, im Inland Unterhalt zu leisten. Das Einkommen der Eltern ist nicht anzurechnen (vgl. § 67 Abs. 5 Satz 2 SGB III), soweit - ein Unterhaltsanspruch nicht besteht oder - dieser verwirkt ist.
Diese Regelungen, die sich seit dem 1. April 2012 in § 67 Abs. 5 SGB III finden (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. April 2011 [BGBl. I S. 2854]), führte der Gesetzgeber wort-gleich zum 1. August 2001 zunächst in § 71 Abs. 5 SGB III ein (vgl. Artikel 9 Nr. 4 Buchst. d, Artikel 14 Abs. 3 des Gesetzes vom 19. März 2001 [BGBl. I S. 390]). Die Regelung in § 67 Abs. 5 Satz 1 SGB III entspricht der in § 11 Abs. 2a BAföG. § 67 Abs. 5 Satz 2 SGB III soll Zweifel in Fällen, in denen einerseits die Berechnung nach dem SGB III ein anzurechnendes Einkommen ergibt, von dem Unterhaltspflichtigen jedoch belegt wird, dass zum Beispiel durch Urteil entschieden ist, dass ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, beseitigen (vgl. BT-Drs. 14/4731 S. 44).
Zweck dieser Regelungen, ist es – so Petzold – zu verhindern, dass den Auszubildenden ein vorrangiger Unterhaltsanspruch entgegen gehalten wird, den sie nicht realisieren können, aus dem ihnen also kein Einkommen zufließt (vgl. Petzold, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand: Erg.-Lfg. Stand 12/16], § 67 Rdnr. 23). Nach B. Schmidt soll eine Angleichung der förder-rechtlichen Subsidiarität der Berufsausbildungsbeihilfe an die zivilrechtlichen Unterhaltspflichten erfolgen (vgl. B. Schmidt, in: Eicher/Schlegel, SGB III n. F. [Stand: 150. Erg.-Lfg., Februar 2017], § 67 Rdnr. 112).
Einschlägig kann vorliegend allein § 67 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB III sein, das heißt die Regelung über die Nichtanrechnung von Elterneinkommen wegen eines nicht bestehenden Unter-haltsanspruches. Die zitierte Gesetzesbegründung zu dieser Regelung wird sowohl in der Rechtsprechung (vgl. z. B. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Februar 2015 – L 8 AL 132/13 – NZS 2015, 356 f. = info also 2015, 156 ff. = juris Rdnr. 28) als auch im Schrifttum (vgl. z. B. B. Schmidt, a. a. O.) kritisiert, weil zum einen ein Unterhalts"pflichtiger" nicht Beteiligter des sozialgerichtlichen Verfahrens sei und zum anderen keine formale Darlegungs- oder Beweisanforderung aufgestellt werde, es vielmehr bei dem im sozialrechtlichen Verwal-tungs- und Gerichtsverfahren herrschenden Grundsatz der objektiven Beweislast bleibe.
§ 67 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB III wird zum Teil dahingehend verstanden, dass er die Fälle eines fehlenden Unterhaltsanspruchs bei nicht gegebener Leistungsfähigkeit (vgl. § 1603 Abs. 1 BGB) erfassen soll (vgl. Petzold, a. a. O.). Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg sah im Urteil vom 26. Februar 2015 die Voraussetzungen von § 71 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB III a. F. in einem Fall als gegeben an, in dem der dortige Kläger gegenüber seinen Eltern nach Maßgabe der zivilgerichtlichen Rechtsprechung keinen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt für eine zweite Ausbildung hatte, weil er seine Ausbildung nicht mit der erforderlichen Ziel-strebigkeit verfolgt habe (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Februar 2015, a. a. O., Rdnr. 15 und 26).
Ein Vergleich von § 67 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 SGB III mit den anderen Ausnahmetatbeständen in § 67 Abs. 5 SGB III zeigt, dass nur Fälle erfasst sein sollen, in denen ein Unterhaltsanspruch dem Grunde nach nicht besteht oder nicht realisiert werden kann. Hingegen sind nicht Fälle betroffen, in denen es um die Höhe des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches geht.
Wäre die Höhe des Unterhaltsanspruches nach Maßgabe der zivilrechtlichen Bestimmungen maßgebend, würde sich in regelungstechnischer Hinsicht zudem die Frage stellen, weshalb der Gesetzgeber im SGB III Vorgaben über die Ermittlung der Höhe des anzurechnenden Einkommens der Eltern macht, wenn danach noch ein Abgleich mit der Höhe des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches notwendig wäre. Es wäre bei einer solchen Regelungsabsicht einfacher, wenn für das bei der Berechnung des Anspruches auf Berufsausbildungsbeihilfe anzurechnende Elterneinkommen sogleich auf die Höhe des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches verwiesen würde.
(2) Dass sich die Höhe des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches nicht mit der Höhe des bei der Berufsausbildungsbeihilfe anzurechnenden Elterneinkommens decken muss, ergibt sich zudem aus § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Danach wird, wenn die oder der Auszubildende glaubhaft macht, dass ihre oder seine Eltern den nach den Vorschriften dieses Buches angerechneten Unterhaltsbetrag nicht leisten, oder wenn das Einkommen der Eltern nicht berechnet werden kann, weil diese die erforderlichen Auskünfte nicht erteilen oder Urkunden nicht vorlegen, und wenn die Berufsausbildung, auch unter Berücksichtigung des Einkommens der Ehefrau oder des Ehemanns oder der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners im Bewilligungszeitraum, gefährdet ist, nach Anhörung der Eltern ohne Anrechnung dieses Betrags Berufsausbildungsbeihilfe geleistet. Aus der Formulierung "den nach den Vorschriften dieses Buches angerechneten Unterhaltsbetrag" folgt, dass der Gesetzgeber auf die Regelungen in § 67 Abs. 2 SGB III und nicht auf die zum zivilrechtlichen Unterhaltsrecht Bezug genommen hat (vgl. Buser, in: Eicher/Schlegel, SGB III n F. [Stand: 150. Erg.-Lfg., Februar 2016], § 68 Rdnr. 49; Herbst, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III [2014], § 68 Rdnr. 31; Petzold, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 68 Rdnr. 4).
(3) Die Abweichungen der Regelungen über den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch (vgl. §§ 1601 ff. BGB) von denen über die Anrechnung von Einkommen der Eltern bei der Berechnung des Anspruches auf Berufsausbildungsbeihilfe beruhen nicht, wie der Klägerbevollmächtigte meint, auf einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke.
Die Berufsausbildungsbeihilfe ist eine besonders geregelte Leistung, die auch der Sicherung des Lebensunterhaltes von Auszubildenden während ihrer beruflichen Ausbildung dient (zur Vergleichbarkeit der Zweckbestimmungen und der vom Gesetzgeber anerkannten Bedarfe von Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld [vgl. § 118 Satz 1 Nr. 2, §§ 122 ff. SGB III] und Ausbildungsförderung nach dem BAföG: Sächs. LSG, Urteil vom 1. Januar 2007 – juris Rdnr. 34 ff.).
Der Gesetzgeber kann, ähnlich wie bei der Einkommensanrechnung nach § 9 Abs. 2 und 5 SGB II in Bezug auf Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft oder einer Haushaltsgemeinschaft, davon ausgehen, dass sich die Angehörigen, deren Einkommen bei der Bedarfsberechnung eines Antragstellers zu berücksichtigen sind, Unterhalt leisten unabhängig von Grund und Höhe eines etwaigen zivilrechtlichen Unterhaltsanspruches.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II (in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 8 des Gesetzes vom 20. Juli 2006 [BGBl. I S. 1706]) sind bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Dies hat unter anderem zur Folge, dass das Einkommen oder Vermögen eines Stiefelternteils anzurechnen ist, obwohl dieser gegenüber dem Kind seines Partners oder seiner Partnerin nach den zivilrechtlichen Bestimmungen nicht zum Unterhalt verpflichtet ist. Wie das Bundessozialgericht im Urteil vom 14. März 2012 ausgeführt hat, beruht diese Regelung darauf, dass der Gesetzgeber bei Vorliegen bestimmter typisierter (familiär geprägter) Lebensumstände auf (typisierte) Haushaltseinsparungen und Unterstützungsleistungen innerhalb der Gemeinschaft schließt, die die Gewährung staatlicher Hilfe nicht oder nur noch in eingeschränktem Umfang gerechtfertigt erscheinen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2012 – B 14 AS 17/11 R – BSGE 110, 204 ff. = SozR 4-4200 § 9 Nr. 10 = juris Rdnr. 23). Darüber hinaus wird nach § 9 Abs. 5 SGB II, wenn Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten leben, vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Die Regelung in § 9 Abs. 5 SGB II geht auf die in § 16 Satz 1 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) zurück. Letzterer Regelung lag die Vorstellung zu Grunde, dass im gemeinsamen Haushalt zusammenlebende Familienmitglieder auch ohne bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflicht sittlich zu gegenseitiger Hilfe verpflichtet sind. Mit § 16 Satz 1 BSHG wollte der Gesetzgeber einerseits die Unterhaltspflichten nicht erweitern, andererseits aber nicht die Allgemeinheit zur Hilfeleistung verpflichten, solange nicht feststand, dass die im Haushalt lebenden Angehörigen keine Unterstützungsleistungen erbrachten (vgl. Karl, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [4. Aufl., 2015], § 9 Rdnr. 165).
Diese Erwägungen können auf die Anrechnungsregelungen in § 67 SGB III übertragen werden. Auch hier geht der Gesetzgeber davon aus, dass Eltern den Unterhalt an ihr in der Berufsausbildung befindliches Kind in einer Höhe leisten, wie er es typisierend in § 67 Abs. 2 SGB III vorgesehen hat. Erst für den Fall, dass die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall nicht seiner Grundannahme entsprechen, hat er in § 67 Abs. 5 SGB III und § 68 SGB III Regelungen zur Korrektur geschaffen.
(4) Die vom Klägerbevollmächtigten behauptete verfassungswidrige Ungleichbehandlung ist nicht gegeben.
Gemäß Artikel 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist eine Regelung nur dann mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Artikel 3 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art oder solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 – 1 BvR 293/05 – BVerfGE 116, 229 [238]] = juris Rdnr. 41, m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/96, 2 BvR 288/07 – BVerfGE 133, 377 ff. = juris, jeweils Rdnr. 76, m. w. N.).
Bereits der Klägerbevollmächtigte selbst beschreibt die zwei maßgebenden, zu vergleichenden Personengruppen, nämlich zum einen die Auszubildenden, die einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Eltern realisieren können, und zum anderen diejenigen Auszubildenden, bei denen nach Maßgabe von § 67 Abs. 5 SGB III Elterneinkommen nicht berücksichtigt wird.
Für die unterschiedliche rechtliche Behandlung dieser beiden Personengruppen gibt es eine sachliche Rechtfertigung. Diesbezüglich sind zwei Punkte zu berücksichtigen: das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 1 GG (eingehend hierzu: BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – BVerfGE 125, 175 ff. = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12 = NJW 2010, 505 ff. = juris Rdnr. 133 ff.) und der in zahlreichen Regelungen zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität staatlicher Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (vgl. z. B. § 3 Abs. 3 SGB II, § 2 SGB XII, § 56 Abs. 1 Nr. 3 SGB III, § 1 BAföG ["wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen."], § 1 Satz 2 des Gesetzes zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung [Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz – AFBG] ["Leistungen zum Lebensunterhalt werden gewährt, soweit die dafür erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen."]). Danach setzt die verfassungsrechtlich garantierte Pflicht, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu erbringen, erst dem Grunde und der Höhe nach ein, wenn die hilfebedürftige Person ihre Bedarfe nicht auf andere, zumutbare Weise decken kann. Aus diesem Grund war der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nur verpflichtet, Sonderregelungen in Bezug auf die Anrechnung von Elterneinkommen für die Fälle zu treffen, in denen ein Unterhaltsanspruch dem Grunde nach nicht besteht oder nicht realisiert werden kann.
Der Gesetzgeber ist zwar nicht gehindert, die Regelungen über die Anrechnung von Elterneinkommen bei der Berechnung eines Anspruches auf Berufsausbildungsbeihilfe mit den zivilrechtlichen Reglungen zum Kindesunterhalt zur Deckung zu bringen. Da ihm aber bei der Ausgestaltung des Sozialstaatsprinzips aus Artikel 20 Abs. 1 GG und der Ausgestaltung von Sozialleistungen ein Gestaltungsspielraum zusteht (vgl. die umfangreichen Nachweise bei Sächs. LSG, Urteil vom 24. Mai 2012 – L 3 AS 208/11 – juris Rdnr. 40 und Sächs. LSG, Urteil vom 15. Januar 2015 – L 3 AL 30/13 – juris Rdnr. 35), besteht auf die Herstellung einer Kongruenz kein Anspruch.
(5) Die Klägerin ist auch nicht in ihrem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 1 GG verletzt.
Die Berufsausbildungsbeihilfe ist, ähnlich wie die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, Teil eines subsidiären Systems sozialer Sicherung des Existenzminimums (vgl. zum SGB II: BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – BVerfGE 125, 175 ff. = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12 = NJW 2010, 505 ff. = juris Rdnr. 147). Ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe besteht nur, wenn dem Auszubildenden die erforderlichen Mittel zur Deckung des gesetzlich festgelegten Bedarfe nicht anderweitig zur Verfügung stehen (vgl. § 56 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Die Klägerin verfügte während ihrer Ausbildung über die erforderlichen Mittel.
Dabei ist unerheblich, dass ihre Eltern ihr die erforderlichen Mittel teilweise nur als Darlehen zur Verfügung stellten. Denn auch dadurch entsprachen die Eltern den in § 67 SGB III zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen, dass sie ihre Tochter, die Klägerin, während der Berufsausbildung im Umfange des nach § 67 Abs. 2 SGB III als zumutbar Angesehenen finanziell unterstützten. Ob Zahlungen bis zur Höhe des nach § 67 Abs. 2 SGB III anzurechnenden Einkommen, die aber über den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch hinausgehen, mit einer Rückzahlungsverpflichtung versehen werden, ist zwischen den Eltern und dem in Ausbildung befindlichen Kind zu klären.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
III. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
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