Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 23 KR 369/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 KR 471/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 13.06.2017 geändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Köln ab dem 01.08.2017 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin Q aus H beigeordnet. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Köln vom 13.06.2017 ist begründet. Das SG hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die gegen den Bescheid vom 14.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2017 gerichtete Klage, mit der die Klägerin sinngemäß die Feststellung eines Versicherungspflichtverhältnisses in der Krankenversicherung der Rentner begehrt, ausgehend von der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Beschwerdeverfahren zu Unrecht abgelehnt.
1. Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen liegen vor.
a) Nach der im Beschwerdeverfahren maßgeblichen Sach- und Rechtslage bietet die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg.
aa) Für die Beurteilung hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen (ebenso wie hier Thüringer LSG, Beschl. v. 24.11.2005 - L 6 B 27/05 RJ -, juris Rn. 21; Bayerisches LSG, Beschl. v. 28.01.2013 - L 13 R 642/12 - B PKH -, juris Rn. 26). Soweit in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, es sei in einem Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe stets auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs (vgl. hierzu auch BVerfG, Beschl. der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10 -, juris Rn. 14 m.w.N.) oder spätestens auf den Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung abzustellen, so dass auch spätere Änderungen im Beschwerdeverfahren zugunsten des Antragstellers generell nicht berücksichtigt werden könnten (so BayVGH, Beschl. v. 06.06.2007- 24 C 07.1028 -, juris Rn. 7; BayVGH, Beschl. v. 26.06.2007 - 19 C 06.3163 -, juris Rn. 17 f.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 08.03.2012 - L 5 AS 531/11 B -, juris Rn. 19), folgt der Senat dem nicht, wenn, wie hier das Verfahren in der Hauptsache erstinstanzlich noch anhängig ist (für den Fall eines erstinstanzlich bereits erledigten Hauptsacheverfahrens zu Recht anders LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 23.07.2013 - L 9 SO 225/13 B ER, L 9 SO 226/13 B -, juris Rn. 50 m.w.N.).
Dem materiellen Recht (hier den §§ 114 ff. ZPO), auf das es für die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rechtsbehelfsverfahren ankommt (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 13.03.1997 - 11 RAr 51/96 -, juris Rn. 22 f.), lässt sich nicht entnehmen, dass stets auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs abzustellen ist. Zwar müssen nach herrschender Rechtsprechung die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe im Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs vorliegen, mit der Folge, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen ist, wenn z.B. die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung entfallen, bevor das Prozesskostenhilfegesuch z.B. durch Einreichung des vollständig ausgefüllten Vordrucks bewilligungsreif wird. Daraus folgt jedoch nicht, dass nach Eintritt der Bewilligungsreife erfolgende Änderungen der Sach- oder Rechtslage zugunsten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren nicht mehr berücksichtigt werden könnten, wenn das Verfahren in der Hauptsache erstinstanzlich noch anhängig ist. Der Zeitpunkt der Bewilligungsreife ist vielmehr lediglich der früheste Zeitpunkt, ab dem Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. Eine Begrenzung der Prüfung der Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf den Zeitraum bis zum Eintritt der Bewilligungsreife lässt sich jedoch aus den §§ 114 ff. ZPO nicht ableiten. Bei den Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung handelt es sich gerade um eine Prognoseentscheidung, die insbesondere die Möglichkeit zukünftiger Beweisführung mit einschließt. Dem prognostischen Charakter der Prozesskostenhilfeprüfung sowie dem Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe, die Gleichbehandlung von bemittelten und finanziell bedürftigen Rechtsschutzsuchenden zu gewährleisten, entspricht es, Umstände, die die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung positiv beeinflussen können, möglichst weitgehend zu berücksichtigen. Es besteht deshalb auch Einigkeit darüber, dass das Gericht der Hauptsache Änderungen, die nach der Bewilligungsreife bis zur Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch zugunsten des Antragstellers eintreten, zu berücksichtigen hat. Warum für die Entscheidung im Beschwerdeverfahren etwas anderes gelten soll, erschließt sich nicht. Das Beschwerdegericht ist verfahrensrechtlich nicht auf die Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung beschränkt, sondern hat nach § 202 SGG i.V.m. § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO, wonach im Beschwerdeverfahren grundsätzlich neue Tatsachen und Beweise zu berücksichtigen sind, den Sachverhalt insgesamt neu zu prüfen. Es würde zudem dem Grundsatz der Prozessökonomie widersprechen und die Rechtsverfolgung unvertretener Klägerinnen und Kläger beeinträchtigen, wenn diese im Falle für sie günstiger Änderungen der Sach- und Rechtslage, die sie möglicherweise nicht selbst überblicken, auf die Stellung eines neuen Prozesskostenhilfeantrags verwiesen würden.
bb) Aufgrund der im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltenden Rechtslage können der Rechtsverfolgung der Klägerin hinreichende Erfolgsaussichten nicht abgesprochen werden.
Durch Art. 1 Nr. 0a Buchst. b des Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz - HHVG) vom 04.04.2017 (BGBl I 778) ist § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB V mit Wirkung zum 01.08.2017 angefügt worden. Nach dieser Neuregelung wird auf die nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V erforderliche Mitgliedszeit für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind eine Zeit von drei Jahren angesetzt. Auf die notwendige Vorversicherungszeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V (Mitgliedschaft oder Versicherung nach § 10 SGB V im Umfang von neun Zehnteln der zweiten Hälfte des Zeitraum zwischen der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und der Stellung des Rentenantrags) werden danach pauschal drei Jahre für jedes Kind angerechnet (vgl. BT-Drucks 18/11205, S. 60 zu Nr. 0a).
Es spricht viel dafür, dass die Klägerin aufgrund dieser Neuregelung die Vorversicherungszeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V erfüllt und deshalb ab dem 01.08.2017 in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert ist.
Nach ihren Angaben im Beschwerdeverfahren hat die Klägerin drei Kinder. Ihre Angaben hat sie durch Vorlage eines Rentenversicherungsverlaufs, in dem zu drei unterschiedlichen Zeiten Pflichtversicherungszeiten wegen Schwangerschaft und Mutterschutz gespeichert sind, glaubhaft gemacht. Ob im Hauptsacheverfahren insoweit weitere Ermittlungen erforderlich sind, hat das SG in eigener Zuständigkeit zu prüfen.
Unter Anrechnung von jeweils drei Jahren für drei Kinder gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB V in der seit dem 01.08.2017 geltenden Fassung erfüllt die Klägerin die nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V erforderliche Vorversicherungszeit, was die Beklagte im Beschwerdeverfahren auch selbst eingeräumt hat. Zu der von der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum vom 05.07.2000 bis zum 07.06.2016 zurückgelegten Vorversicherungszeit von 5 Jahren, 8 Monaten und 4 Tagen kämen neun Jahre hinzu, so dass die Klägerin den erforderlichen Umfang von neun Zehnteln der zweiten Hälfte der Rahmenfrist (14 Jahre, 4 Monate und 4 Tage) um 4 Monate überschreitet.
cc) Für die Zeit bis zum 31.07.2017 hat die Rechtsverfolgung der Klägerin hingegen keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat schließt sich insoweit nach eigener Prüfung den in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner anderen Bewertung. Selbst wenn die Klägerin aufgrund ihrer geltend gemachten Arbeitslosigkeit nicht erst seit dem 05.10.2010, sondern bereits seit dem 19.09.2008 in der Krankenversicherung der Arbeitslosen versicherungspflichtig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V gewesen sein sollte, wofür allerdings keine Anhaltspunkte bestehen, würde sie die nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V erforderliche Vorversicherungszeit nach dem bis zum 31.07.2017 geltenden Recht nicht erfüllen. Zu der von der Beklagten zutreffend ermittelten Vorversicherungszeit von 5 Jahren, 8 Monaten und 4 Tagen kämen dann lediglich 2 Jahre und 16 Tage hinzu. Im Übrigen hat sich die Klägerin mit den Ausführungen des Sozialgerichts nicht inhaltlich auseinandergesetzt.
Der Klägerin kann deshalb erst ab dem 01.08.2017 Prozesskostenhilfe bewilligt werden.
b) Die Rechtsverfolgung ist in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen nicht mutwillig.
c) Die Klägerin ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten der Prozessführung auch nur in Raten aufzubringen (§ 73a SGG i.V.m. § 115 ZPO), so dass ihr ratenfrei Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen ist.
2. Die Beiordnung der von der Klägerin gewünschten Rechtsanwältin folgt aus § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO. Die Beiordnung einer Rechtsanwältin ist ungeachtet der seit dem 01.08.2017 geltenden eindeutigen Rechtslage notwendig, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass im Hauptsacheverfahren weitere Ermittlungen dazu erfolgen, ob die Klägerin tatsächlich drei Kinder hat. Bislang hat die Beklagte eine Versicherungspflicht der Klägerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V ab dem 01.08.2017 nicht anerkannt.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Köln vom 13.06.2017 ist begründet. Das SG hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die gegen den Bescheid vom 14.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.03.2017 gerichtete Klage, mit der die Klägerin sinngemäß die Feststellung eines Versicherungspflichtverhältnisses in der Krankenversicherung der Rentner begehrt, ausgehend von der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Beschwerdeverfahren zu Unrecht abgelehnt.
1. Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese Voraussetzungen liegen vor.
a) Nach der im Beschwerdeverfahren maßgeblichen Sach- und Rechtslage bietet die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg.
aa) Für die Beurteilung hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen (ebenso wie hier Thüringer LSG, Beschl. v. 24.11.2005 - L 6 B 27/05 RJ -, juris Rn. 21; Bayerisches LSG, Beschl. v. 28.01.2013 - L 13 R 642/12 - B PKH -, juris Rn. 26). Soweit in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, es sei in einem Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe stets auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs (vgl. hierzu auch BVerfG, Beschl. der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10 -, juris Rn. 14 m.w.N.) oder spätestens auf den Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung abzustellen, so dass auch spätere Änderungen im Beschwerdeverfahren zugunsten des Antragstellers generell nicht berücksichtigt werden könnten (so BayVGH, Beschl. v. 06.06.2007- 24 C 07.1028 -, juris Rn. 7; BayVGH, Beschl. v. 26.06.2007 - 19 C 06.3163 -, juris Rn. 17 f.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 08.03.2012 - L 5 AS 531/11 B -, juris Rn. 19), folgt der Senat dem nicht, wenn, wie hier das Verfahren in der Hauptsache erstinstanzlich noch anhängig ist (für den Fall eines erstinstanzlich bereits erledigten Hauptsacheverfahrens zu Recht anders LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 23.07.2013 - L 9 SO 225/13 B ER, L 9 SO 226/13 B -, juris Rn. 50 m.w.N.).
Dem materiellen Recht (hier den §§ 114 ff. ZPO), auf das es für die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rechtsbehelfsverfahren ankommt (vgl. insoweit z.B. BSG, Urt. v. 13.03.1997 - 11 RAr 51/96 -, juris Rn. 22 f.), lässt sich nicht entnehmen, dass stets auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs abzustellen ist. Zwar müssen nach herrschender Rechtsprechung die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe im Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs vorliegen, mit der Folge, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen ist, wenn z.B. die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung entfallen, bevor das Prozesskostenhilfegesuch z.B. durch Einreichung des vollständig ausgefüllten Vordrucks bewilligungsreif wird. Daraus folgt jedoch nicht, dass nach Eintritt der Bewilligungsreife erfolgende Änderungen der Sach- oder Rechtslage zugunsten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren nicht mehr berücksichtigt werden könnten, wenn das Verfahren in der Hauptsache erstinstanzlich noch anhängig ist. Der Zeitpunkt der Bewilligungsreife ist vielmehr lediglich der früheste Zeitpunkt, ab dem Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. Eine Begrenzung der Prüfung der Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf den Zeitraum bis zum Eintritt der Bewilligungsreife lässt sich jedoch aus den §§ 114 ff. ZPO nicht ableiten. Bei den Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung handelt es sich gerade um eine Prognoseentscheidung, die insbesondere die Möglichkeit zukünftiger Beweisführung mit einschließt. Dem prognostischen Charakter der Prozesskostenhilfeprüfung sowie dem Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe, die Gleichbehandlung von bemittelten und finanziell bedürftigen Rechtsschutzsuchenden zu gewährleisten, entspricht es, Umstände, die die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung positiv beeinflussen können, möglichst weitgehend zu berücksichtigen. Es besteht deshalb auch Einigkeit darüber, dass das Gericht der Hauptsache Änderungen, die nach der Bewilligungsreife bis zur Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch zugunsten des Antragstellers eintreten, zu berücksichtigen hat. Warum für die Entscheidung im Beschwerdeverfahren etwas anderes gelten soll, erschließt sich nicht. Das Beschwerdegericht ist verfahrensrechtlich nicht auf die Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung beschränkt, sondern hat nach § 202 SGG i.V.m. § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO, wonach im Beschwerdeverfahren grundsätzlich neue Tatsachen und Beweise zu berücksichtigen sind, den Sachverhalt insgesamt neu zu prüfen. Es würde zudem dem Grundsatz der Prozessökonomie widersprechen und die Rechtsverfolgung unvertretener Klägerinnen und Kläger beeinträchtigen, wenn diese im Falle für sie günstiger Änderungen der Sach- und Rechtslage, die sie möglicherweise nicht selbst überblicken, auf die Stellung eines neuen Prozesskostenhilfeantrags verwiesen würden.
bb) Aufgrund der im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltenden Rechtslage können der Rechtsverfolgung der Klägerin hinreichende Erfolgsaussichten nicht abgesprochen werden.
Durch Art. 1 Nr. 0a Buchst. b des Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz - HHVG) vom 04.04.2017 (BGBl I 778) ist § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB V mit Wirkung zum 01.08.2017 angefügt worden. Nach dieser Neuregelung wird auf die nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V erforderliche Mitgliedszeit für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind eine Zeit von drei Jahren angesetzt. Auf die notwendige Vorversicherungszeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V (Mitgliedschaft oder Versicherung nach § 10 SGB V im Umfang von neun Zehnteln der zweiten Hälfte des Zeitraum zwischen der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und der Stellung des Rentenantrags) werden danach pauschal drei Jahre für jedes Kind angerechnet (vgl. BT-Drucks 18/11205, S. 60 zu Nr. 0a).
Es spricht viel dafür, dass die Klägerin aufgrund dieser Neuregelung die Vorversicherungszeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V erfüllt und deshalb ab dem 01.08.2017 in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert ist.
Nach ihren Angaben im Beschwerdeverfahren hat die Klägerin drei Kinder. Ihre Angaben hat sie durch Vorlage eines Rentenversicherungsverlaufs, in dem zu drei unterschiedlichen Zeiten Pflichtversicherungszeiten wegen Schwangerschaft und Mutterschutz gespeichert sind, glaubhaft gemacht. Ob im Hauptsacheverfahren insoweit weitere Ermittlungen erforderlich sind, hat das SG in eigener Zuständigkeit zu prüfen.
Unter Anrechnung von jeweils drei Jahren für drei Kinder gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB V in der seit dem 01.08.2017 geltenden Fassung erfüllt die Klägerin die nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V erforderliche Vorversicherungszeit, was die Beklagte im Beschwerdeverfahren auch selbst eingeräumt hat. Zu der von der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum vom 05.07.2000 bis zum 07.06.2016 zurückgelegten Vorversicherungszeit von 5 Jahren, 8 Monaten und 4 Tagen kämen neun Jahre hinzu, so dass die Klägerin den erforderlichen Umfang von neun Zehnteln der zweiten Hälfte der Rahmenfrist (14 Jahre, 4 Monate und 4 Tage) um 4 Monate überschreitet.
cc) Für die Zeit bis zum 31.07.2017 hat die Rechtsverfolgung der Klägerin hingegen keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat schließt sich insoweit nach eigener Prüfung den in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner anderen Bewertung. Selbst wenn die Klägerin aufgrund ihrer geltend gemachten Arbeitslosigkeit nicht erst seit dem 05.10.2010, sondern bereits seit dem 19.09.2008 in der Krankenversicherung der Arbeitslosen versicherungspflichtig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V gewesen sein sollte, wofür allerdings keine Anhaltspunkte bestehen, würde sie die nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V erforderliche Vorversicherungszeit nach dem bis zum 31.07.2017 geltenden Recht nicht erfüllen. Zu der von der Beklagten zutreffend ermittelten Vorversicherungszeit von 5 Jahren, 8 Monaten und 4 Tagen kämen dann lediglich 2 Jahre und 16 Tage hinzu. Im Übrigen hat sich die Klägerin mit den Ausführungen des Sozialgerichts nicht inhaltlich auseinandergesetzt.
Der Klägerin kann deshalb erst ab dem 01.08.2017 Prozesskostenhilfe bewilligt werden.
b) Die Rechtsverfolgung ist in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen nicht mutwillig.
c) Die Klägerin ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten der Prozessführung auch nur in Raten aufzubringen (§ 73a SGG i.V.m. § 115 ZPO), so dass ihr ratenfrei Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen ist.
2. Die Beiordnung der von der Klägerin gewünschten Rechtsanwältin folgt aus § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO. Die Beiordnung einer Rechtsanwältin ist ungeachtet der seit dem 01.08.2017 geltenden eindeutigen Rechtslage notwendig, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass im Hauptsacheverfahren weitere Ermittlungen dazu erfolgen, ob die Klägerin tatsächlich drei Kinder hat. Bislang hat die Beklagte eine Versicherungspflicht der Klägerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V ab dem 01.08.2017 nicht anerkannt.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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