Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 10 R 1214/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit ist die Aufhebung der Bewilligung einer Altersrente für langjährig Versicherte mit Wirkung für die Zukunft.
Der am 09.10.1953 geborene Kläger ist seit Februar 1989 als Beamter bei der Bunde-sagentur für Arbeit im Bereich der Arbeitsvermittlung tätig. Von August 1970 bis Februar 1989 sind im Versicherungskonto des Klägers bei der Beklagten Pflichtbeitragszeiten enthalten, wobei der Zeitraum von Juli 1973 bis September 1974 und von Januar 1976 bis März 1981 nicht belegt ist.
Die Ehe des Klägers mit Frau C. S. D. wurde durch Urteil des Amtsgerichts Rheinberg vom 22.05.2007 geschieden. Das Verfahren betreffend des Versorgungsausgleiches wurde abgetrennt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Rheinberg vom 10.10.2007 wurden "zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Bundesagentur für Arbeit auf dem Rentenkonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften von monatlich 549,39 EUR bezogen auf den 31.08.2006 be-gründet." Im Tenor des Beschlusses wurde ferner ausgeführt, dass der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte umzurechnen sei.
Mit Schreiben der Beklagten vom 28.01.2008 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Entscheidung des Amtsgerichts Rheinberg vom 10.10.2007 über die Durchführung des Versorgungsausgleiches seit dem 20.11.2007 rechtskräftig sei und dass danach Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Beitragsentrichtung begründet worden seien. Die begründeten Rentenanwartschaften würden zu einem Zuschlag an Entgeltpunkten führen, woraus sich die Erhöhung der späteren Rente ergeben würde. Wegen der Einzelheiten wurde auf die Anlage 5 für die Ehezeit vom 01.09.1979 bis zum 31.08.2006 verwiesen, die zum Bestandteil der Mitteilung erklärt wurde. In der Anlage 5 wurden die Auswirkungen des Versorgungsausgleiches dahin-gehend erläutert, dass der zugunsten des Versicherungskontos des Klägers durchge-führte Versorgungsausgleich einen Zuschlag an Entgeltpunkten ergeben würde. Diese Entgeltpunkte würden ermittelt, indem der Monatsbetrag der übertragenen oder begründeten Rentenanwartschaften durch den aktuellen Rentenwert mit seinem Wert bei Ende der Ehezeit geteilt würde. Für die Ehezeit vom 01.09.1979 bis zum 31.08.2006 seien zugunsten des Versicherungskontos Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Beitragsentrichtung begründet worden. Die ohne Beitragsentrichtung begründete Rentenanwartschaft sei auf monatlich 549,39 EUR festgestellt worden. Daraus würden sich 21,0253 Entgeltpunkte errechnen. Als zusätzliche Monate für die Wartezeit von 5, 15 und 20 Jahren seien 229 Monate und als zusätzliche Monate für die Wartezeit von 35 Jahren seien 210 zusätzliche Monate anzurechnen.
Die geschiedene Ehefrau des Klägers erhielt bezüglich ihres bei der Beklagten geführten Versicherungskontos am 06.03.2008 ein gleichlautendes Schreiben der Beklagten, wobei sich Unterschiede lediglich hinsichtlich der Auswirkungen auf die Wartezeit ergaben. Insoweit wurde der geschiedenen Ehefrau des Klägers mitgeteilt, dass als zusätzliche Monate für die Wartezeit von 5, 15 und 20 Jahren 85 Monate sowie für die Wartezeit von 35 Jahren zusätzliche 21 Monate anzurechnen seien.
Die Beklagte übersandte dem Kläger eine Rentenauskunft vom 18.07.2008, mit der er über die Höhe einer Rente, über die gespeicherten rentenrechtlichen Zeiten, die Erfüllung der Voraussetzungen für verschiedene Rentenleistungen und über die persönlichen Entgeltpunkte (Anlage 6) unterrichtet wurde. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Rentenauskunft nicht rechtsverbindlich sei. In der Auskunft wurde u. a. mitgeteilt, dass für eine Altersrente für langjährig Versicherte die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt sei und dass die Höhe einer Regelaltersrente zurzeit 867,80 EUR betragen würde. Aus den Anlagen 5 und 6 der Rentenauskunft ergab sich, dass sich der Versorgungsausgleich dahingehend auswirken würde, dass sich zusätzlich zu den selbsterworbenen 11,6479 Entgeltpunkten ein Zuschlag von 21,0253 Entgeltpunkte aus dem durchgeführten Ver-sorgungsausgleich für die Ehezeit vom 01.09.1979 bis zum 31.08.2006 ergeben würde. Der Kläger erhielt in der Folgezeit weitere Rentenauskünfte der Beklagten vom 11.02.2011 und vom 04.12.2012, in denen ebenfalls ausgeführt wurde, dass die Warte-zeit von 35 Jahren für eine Altersrente für langjährig Versicherte erfüllt und aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich ein Zuschlag von 21,0253 Entgeltpunkte zu berücksichtigen sei. Der Rentenauskunft vom 04.12.2012 ging eine Vorsprache des Klägers bei der Beratungsstelle der Beklagten in Kamp-Lintfort voraus, in deren Rahmen eine allgemeine Überprüfung des Rentenkontos vorgenommen wurde. Darüber hinaus übersandte die Beklagte dem Kläger Renteninformationen vom 01.05.2012, 10.01.2013 und 07.01.2015 über die Höhe der künftigen Regelaltersrente, wobei sich aus den Ren-eninformationen Rentenbeträge in Höhe von 897,53 EUR, 917,14 EUR und 934,78 EUR ergaben.
Der Kläger kündigte zum 01.05.2013 vorzeitig einen Vertrag über eine private Rentenver-sicherung bei der HUK COBURG-Lebensversicherungs AG, der einen Versicherungs-beginn zum 01.09.2004 und einen Rentenbeginn ab dem 01.09.2018 vorgesehen hatte. Den Auszahlungsbetrag in Höhe von 19.327,52 EUR verwandte der Kläger für die Moderni-sierung der Heizungsanlage seines Hauses, für den Einbau neuer Fenster und für die Anschaffung eines neuen Kraftfahrzeuges.
Am 21.04.2016 wurde der Kläger bei der Beratungsstelle der Beklagten in Kamp-Lintfort vorstellig und stellte einen Antrag auf Gewährung einer Altersrente für langjährig Versi-cherte für die Zeit ab dem 01.11.2016. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Kläger bereits entschlossen, ab dem 01.11.2016 in Ruhestand zu gehen und hatte bei der Bunde-sagentur für Arbeit am 16.03.2016 einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand ge-stellt. Zudem hatte er geplant, ab November 2016 nachmittags die Betreuung der achtjährigen Tochter seiner Stieftochter zu übernehmen, bis deren Eltern von der Arbeit nach Hause kommen. Mit Bescheid der Beklagten vom 06.06.2016 wurde dem Kläger ab dem 01.11.2016 eine Altersrente für langjährig Versicherte in Höhe von 902,49 EUR bewilligt. In der Anlage 6 des Bescheides wurde ausgeführt, dass der zugunsten des Versicherungskontos durchgeführte Versorgungsausgleich einen Zuschlag an Entgeltpunkten ergeben würde. Für die Ehezeit vom 01.09.1979 bis zum 31.08.2006 seien zugunsten des Versicherungskontos Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Beitragszahlung begründet worden. Die ohne Beitragszahlung begründete Rentenanwartschaft sei auf monatlich 549,39 EUR festgestellt worden, woraus sich unter Berücksichtigung des aktuellen Rentenwertes bis Ende der Ehezeit 21,0253 Entgelt-punkte errechnen würden. Es wurde ferner ausgeführt, dass aufgrund des Versor-gungsausgleiches für die Wartezeit von 35 Jahren 210 zusätzliche Monate anzurechnen seien.
Am 15.06.2016 stellte die Beklagte fest, dass mit Beschluss des Amtsgerichts Rheinberg vom 10.10.2007 Versorgungsanwartschaften zu Lasten der Versorgung des Klägers auf dem Rentenkonto der geschiedenen Ehefrau begründet worden waren und dass seitens der Beklagten irrtümlich von einer Begründung einer Versorgungsanwartschaft zugunsten des Klägers ausgegangen worden war. Mit Schreiben vom 24.06.2016 wurde der Kläger zur beabsichtigten Rücknahme des Bescheides vom 06.06.2016 mit Wirkung ab dem 01.11.2016 angehört. Der Kläger teilte über seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 29.06.2016 mit, dass er auf die Richtigkeit des Bescheides vom 06.06.2016 vertraut habe. Er habe den Beschluss des Amtsgerichts Rheinberg vom 10.10.2007 dahingehend verstanden, dass seine geschiedene Ehefrau einen Anteil an den von ihm erdienten Versorgungsanwartschaften auf ihr Rentenkonto gutgeschrieben erhalte und dass er einen Teil der von seiner Ehefrau erwirtschafteten Rentenanwartschaften ebenfalls gutgeschrieben erhalte. Er habe zudem am 28.01.2008 eine Mitteilung der Beklagten über die Auswirkungen des Versorgungsausgleiches erhalten, wo-nach er eine Rentenanwartschaft in einer bestimmten Höhe erworben habe. In der Folgezeit habe er weitere entsprechende Rentenauskünfte vom 18.07.2008, 11.02.2012 und 04.12.2012 sowie Renteninformationen vom 01.05.2012, 10.01.2013 und 07.01.2015 von der Beklagten bekommen, auf deren Richtigkeit er vertraut habe und vertrauen durfte. Im Rahmen seiner persönlichen Vorsprachen bei der Beratungsstelle der Beklagten im Jahr 2012 und im April 2016 habe er ebenfalls die Auskunft erhalten, dass er einen Anspruch auf eine Altersrente für langjährig Versicherte habe. Infolgedessen habe er auf die Rich-tigkeit des Rentenbescheides vom 06.06.2016 vertraut. Im Vertrauen darauf, dass er die Rente für langjährig Versicherte erhalten werde, habe er einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand zum 01.11.2016 gestellt. Aus den genannten Gründen könnte ihm auch keine grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Unkenntnis der Rechtswidrigkeit des Ren-tenbescheides vorgeworfen werden.
Mit Bescheinigung vom 12.07.2016 bestätigte die Bundesagentur für Arbeit, dass der Kläger am 16.03.2016 einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand zum 01.11.2016 gestellt habe und diesen Antrag unterdessen zurückgezogen habe, weil die Beklagte beabsichtige, den Rentenbescheid vom 06.06.2016 aufzuheben. Der Kläger teilte mit Schreiben vom 13.07.2016 mit, dass die Versetzung in den Ruhestand ruhend gestellt worden sei und dass er seine Tätigkeit über den 01.11.2016 hinaus ausüben werde.
Mit Bescheid vom 27.07.2016 nahm die Beklagte den Rentenbescheid vom 06.06.2016 hinsichtlich des Rentenanspruches mit Wirkung ab dem 01.11.2016 nach § 45 SGB X zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides berufen, weil er aufgrund der ihm von der Beklagten gegebenen Informationen die Fehlerhaftigkeit des Bescheides gekannt habe oder hätte kennen müssen. Des Weiteren sei dem Kläger aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Rheinberg bekannt gewesen, dass er als Antragsteller beim Versorgungs-ausgleich der Ausgleichspflicht unterliege. Auch im Wege des Ermessens werde die Rücknahme des Bescheides Seitens der Beklagten für gerechtfertigt gehalten, weil an der Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Bescheides grundsätzlich ein öffentliches Interesse bestehe. Der Versicherungsträger könne erwarten, dass ihn der Rentenempfänger auf offenbare Unrichtigkeiten in der Rentenzahlung hinweise. Wenn er das unterlasse, dürfe er nicht bessergestellt werden als ein Versicherter, der die Leistungen nicht annehme oder im Zweifelsfall beim Versicherungsträger nachfrage.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 09.08.2016 Widerspruch und trug zur Begründung ergänzend vor, bei der nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X vorzunehmenden Vertrauensschutzabwägung sei zu berücksichtigen, dass der Kläger gewisse Dispositionen getroffen habe, die sich nun nachteilig auswirken würden bzw. nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Der Kläger habe sich im Vertrauen auf die Richtigkeit der In-formationen der Beklagten, dass er ab November 2016 die Voraussetzungen für eine Altersrente für langjährig Versicherte erfüllen würde, im Jahr 2013 entschlossen, den privaten Rentenversicherungsvertrag bei der HUK COBURG Lebensversicherungs AG vorzeitig zu kündigen. Hätte er gewusst, dass ihm ab November 2016 keine Altersrente zustehen würde, hätte er die Kündigung nicht vorgenommen mit der Folge, dass er ab dem 01.09.2018 die monatliche Garantierente erhalten würde. Zudem sei verabredet ge-wesen, dass der Kläger mit seiner Ehefrau ab November 2016 werktags an den Nachmittagen nach der Schule die achtjährige Tochter seiner Stieftochter betreuen sollte, da die Kindeseltern beide berufstätig seien. Dies sei nun nicht mehr möglich, da der Kläger wegen der Aufhebung der Rentenbewilligung seiner beruflichen Tätigkeit als Beamter bei der Bundesagentur für Arbeit weiter nachgehen müsse. Dies zeige, dass der Kläger im Vertrauen auf den Erhalt der Rente gewisse Lebensdispositionen getroffen habe, was bei der Aufhebungsentscheidung zu berücksichtigen sei. Zudem sei der Umstand in die Abwägung einzubeziehen, dass die Beklagte in besonders schwerem Maße pflichtwidrig gehandelt habe, indem sie sowohl zu seinen Gunsten als auch zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau den Versorgungsausgleich durchgeführt habe und die beiden Rentenkonten nicht nur versehentlich vertauscht habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 18.11.2016 mit der Begründung zurück, dass das Vertrauen des Klägers auf eine rechtswidrige Zahlung der Altersrente für langjährig Versicherte unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme des Bescheides nicht schutzwürdig sei. Da die Rente erst am 01.11.2016 begonnen hätte, seien keine Leistungen verbraucht worden. Der Kläger habe auch keine Vermögensdispositionen getroffen, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könne. Es könnten nur solche Vermögensdispositionen berücksichtigt werden, die im Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes getroffen worden seien. Das bedeute, dass sie nach Erlass des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vorgenommen worden sein müssten. Die beantragte Versetzung in den Ruhestand sei aber zurückgenommen worden, so dass der Kläger seinen Dienst als Beamter weiterhin ausüben könne. Auch im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensausübung hätten die Gesichtspunkte überwogen, die für eine Aufhebung der rechtswidrigen Bewilligung der Altersrente sprechen würden. Dabei habe die Beklagte einerseits berücksichtigt, dass in den zuvor übersandten Rentenauskünften und Ren-teninformationen mehrfach die dem Kläger materiell nicht zustehende Leistung bestätigt worden sei. Andererseits sei zu berücksichtigen gewesen, dass für den Kläger aus dem Beschluss des Amtsgerichts Rheinberg keinerlei Anhaltspunkte für eine Begünstigung aus dem Versorgungsausgleich herleitbar gewesen seien. Zudem habe er seine Tätigkeit als Beamter bei der Bundesagentur für Arbeit weiter ausüben können, so dass seine wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse gesichert seien. Insgesamt überwiege das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Rücknahme des Bescheides bzw. der Nichtzahlung der Leistungen, die nach der Gesetzeslage dem Kläger nicht zustehen würden.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 28.11.2016 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, im Rahmen der Prüfung des schutzwürdigen Vertrauens des Klägers in den Bestand des rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X sei zu berücksichtigen, dass er eine Vermögensdisposition in Gestalt der Kündigung des privaten Rentenversicherungsvertrages getroffen habe und dass seine allgemeine Lebensplanung darauf ausgerichtet gewesen sei, die Betreuung des Kindes seiner Stieftochter in den Nachmittagsstunden zu übernehmen. Zudem sei die Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen, dass er die Rechtswidrigkeit des Bescheides gekannt bzw. infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid der Beklagten vom 27.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2016 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Rücknahme des rechtswidrigen Bescheides mit Wirkung für die Zukunft gegeben seien.
Die Beteiligten haben im Erörterungstermin vom 05.05.2017 ihre Zustimmung zu einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die zum Verfahren beigezogen worden ist.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Be-teiligten ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist nicht rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da die Voraussetzungen für eine Aufhebung des die Altersrente für langjährig Versicherte bewilligenden Bescheides mit Wirkung für die Zukunft vorliegen.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückge-nommen werden, soweit er rechtswidrig ist. Ein rechtswidriger begünstigender Verwal-tungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Das Vertrauen ist nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. In § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X sind Fallgestaltungen aufgeführt, bei denen sich ein Begünstigter von vornherein nicht auf Vertrauen berufen kann.
Bei dem die Altersrente für langjährig Versicherte bewilligenden Bescheid der Beklagten vom 27.07.2016 handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, der im Zeitpunkt des Erlasses rechtswidrig war. Die Gewährung einer Altersrente für langjährig Versicherte setzt nach § 36 SGB VI voraus, dass eine Wartezeit von 35 Jahren erfüllt ist. Da bei dem Kläger aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleiches keine zusätzlichen Monate für die Wartezeit zu berücksichtigen sind, hat er aufgrund der in der Zeit von August 1970 bis Februar 1989 zurückgelegten Versicherungszeiten die Wartezeit von 35 Jahren für eine Altersrente für langjährig Versicherte nicht erfüllt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob sich der Kläger – wie von der Beklagten angenommen – nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X von vornherein nicht auf Vertrauen berufen kann. Danach ist ein Vertrauensschutz ausgeschlossen, wenn ein Begünstigter die Rechts-widrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Soweit die Beklagte ausgeführt hat, der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen berufen, weil er aufgrund der von der Beklagten gegebenen Informationen die Fehlerhaftigkeit des Bescheides hätte erkennen müssen, ist nicht erkennbar, aus welchen Informationen der Beklagten sich diese Einsicht des Klägers hätte ergeben müssen, da die Beklagte den Kläger seit Durchführung des Versorgungsausgleiches dahingehend informiert hatte, dass der Versorgungsausgleich zu einem Zuschlag von 21,0253 Entgeltpunkten und zu einer zusätzlichen Anrechnung von 210 Monaten für die Wartezeit von 35 Jah-ren führen würde. Eine grobe Fahrlässigkeit des Klägers könnte sich daher lediglich aus der Kenntnis des Beschlusses des Amtsgerichts Rheinberg vom 10.10.2007 ergeben, da im Tenor der Entscheidung ausdrücklich ausgeführt wurde, dass zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Bundesagentur für Arbeit auf dem Rentenkonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften von monatlich 549,39 EUR bezogen auf den 31.08.2006 begründet würden. Der Kläger hat insoweit im Erörterungstermin angegeben, er sei davon ausgegangen, dass aufgrund dieser Entscheidung von seiner Beamtenversorgung ein Betrag in Höhe von 549,39 EUR unmittelbar an seine geschiedene Frau ausgezahlt werde. Auch wenn man dies als Vorstellung des Klägers zugrunde legt, stellt sich die Frage, inwieweit der Kläger die Entscheidung des Amtsgerichts Rheinberg dahingehend verstehen konnte, dass Renten-anwartschaften in der gleichen Höhe (549,39 EUR) zugunsten der Versorgung des Klägers auf seinem Rentenkonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund begründet würden. Dem Tenor der Entscheidung des Amtsgerichts Rheinberg ist kein Anhaltspunkt für eine entsprechende Auslegung zu entnehmen, da von einer Begründung oder Übertragung einer Rentenanwartschaft zugunsten des Klägers nicht die Rede ist.
Der Bescheid der Beklagten ist unabhängig von der Frage, ob der Kläger grob fahrlässig die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes nicht kannte, rechtmäßig, da die nach § 45 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB X vorzunehmende Vertrauensschutzabwägung ergibt, dass der die Altersrente für langjährig Versicherte bewilligende Bescheid der Beklagten mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden durfte.
Die Vertrauensschutzabwägung hat zum einen den Grundsatz der Rechtmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit allen Verwaltungshandelns zu berücksichtigen, der es grundsätzlich erfordert, dass rechtswidrige Verwaltungsakte beseitigt werden. Andererseits ist der Grundsatz zu beachten, dass der Staatsbürger auf die Rechtmäßigkeit des Verwal-tungshandelns vertrauen darf. Um diesen Widerstreit zu lösen, hat im Einzelfall eine Interessenabwägung dahingehend zu erfolgen, welches Interesse überwiegt, d. h. das Interesse der Allgemeinheit auf Herstellung eines rechtmäßigen, d. h. gesetzmäßigen Zustandes oder das des gutgläubigen Begünstigten auf Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes.
Die Vorrangigkeit des Vertrauensschutzes des Klägers ergibt sich nicht aus § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X. Danach ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begüns-tigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Bei diesen beispielhaft genannten Sachverhalten wird das Vorliegen der Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Begünstigen vom Gesetz vermutet (BSG Urteil vom 14.06.1984 – 10 RKg 5/83; von Wulffen / Schütze Kommentar zum SGB X § 45 Rn. 42). Da dem Kläger die Altersrente erst für die Zeit ab November 2016 bewilligt worden war, scheidet ein Verbrauch erbrachter Leistungen durch den Kläger aus. Der Kläger hat zudem im Hinblick auf die mit Bescheid vom 06.06.2016 bewilligte Altersrente keine Vermögensdispositionen getroffen, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Der Kläger hat zwar nach seinen Angaben in der Erwartung, dass er ab November 2016 altersrentenberechtigt sei, Vermögensdispositionen getroffen, indem er zum Mai 2013 einen privaten Rentenversicherungsvertrag vorzeitig kündigte und im März 2016 bei seinem Dienstherrn einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand zum 01.11.2016 stellte. Die besondere Schutzwürdigkeit einer Vermögensdisposition im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X setzt jedoch voraus, dass diese im Vertrauen auf die Bestandskraft des erlassenen Verwaltungsaktes getroffen wurde. Damit setzt die Vermögensdisposition ebenso wie der im Gesetz alternativ genannte Leistungsverbrauch eine Handlung voraus, die nach dem Erlass des Verwaltungsaktes vorgenommen wurde (BSG Urteil vom 28.11.1985 – 11 b / 7 RAr 128/84). Die Kündigung des Rentenversicherungsvertrages und die Antragstellung bezüglich der Versetzung in den Ruhestand erfolgten vor Erlass des Rentenbescheides vom 06.06.2016, so dass das Vertrauen des Klägers wegen dieser Vermögensdispositionen nicht schutzwürdig ist.
Die nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse der Allgemeinheit an der Herstellung eines gesetzmäßigen Zustandes das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände überwiegt. Das öffentliche Interesse besteht im Interesse der Solidargemeinschaft an der Vermeidung ungerechtfertigter Belastungen und nicht zu rechtfertigender Aufwendungen zu Lasten der Allgemeinheit. Aus diesem Grund ist ein maßgeblicher Abwägungsgesichtspunkt, ob es um die Rücknahme der Gewährung einer Dauerleistung oder einer einmaligen Leistung geht. Das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes bei Dauerleistungen ist in der Regel höher einzuschätzen als bei der Gewährung einmaliger Leistungen, weil eine Dauerleistung die Allgemeinheit in der Regel stärker belastet als eine einmalige Leistung (BSG Urteil vom 21.06.2001 B 7 AL 6/00 R; BSG Urteil vom 14.11.1985 – 7 RAr 123/84). Dies gilt umso mehr, wenn die Dauerleistung – wie hier – für sehr lange Zeit weiter erbracht werden müsste (BSG Urteil vom 16.06.1999 B 9 V 15/98 R).
Als weiterer im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigender Gesichtspunkt spricht für ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes, dass die Bewilligung der Altersrente nur von kurzer Dauer war, so dass sich schützenswertes Vertrauen des Klägers nur für einen kurzen Zeitraum entwickeln konnte. Die Beklagte hat den Bewilligungsbescheid am 06.06.2016 erlassen und bereits mit Schreiben vom 24.06.2016 den Kläger zur beabsichtigten Rücknahme des Bescheides angehört, so dass sich schützenswertes Vertrauen lediglich über einen Zeitraum von drei Wochen aufbauen konnte. Dieser Zeitraum reicht nicht aus, um bei der Vertrauensschutzabwägung maßgeblich berücksichtigt werden zu können (vgl. BSG Ur-teil vom 21.06.2001 B 7 AL 6/00 R; BSG Urteil vom 16.06.1999 B 9 V 15/98 R).
Das Vertrauen des Klägers ist auch nicht deshalb schützenswert, weil die Rechtswidrigkeit der Bewilligung allein in den Verantwortungsbereich der Beklagten fiel. Der An-wendungsbereich des § 45 SGB X würde zu stark eingeengt, würde der Umstand der alleinigen Verantwortlichkeit für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes genügen, um das öffentliche Interesse an der Einstellung der rechtswidrig bewilligten Dauerleistung als weniger gewichtig zu bewerten. Mit Ausnahme der in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X geregelten Fallgestaltung, bei der Vertrauensschutz grundsätzlich versagt wird, fällt die Ursache für den Erlass eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes regelmäßig in den Verantwortungsbereich der Beklagten. Würde jeder im Bereich der Verwaltung auftretende Fehler zu einem schützenswerten Vertrauen des durch den Verwaltungsakt Begünstigten führen, so liefe dies der Zielsetzung des § 45 SGB X zuwider, einen rechtswidrigen Zustand auch wieder beseitigen zu können (BSG vom 21.06.2001 B 7 AL 6/00 R). Somit rechtfertigt allein die Tatsache, dass die Fehlerhaftigkeit des Bewilligungsbescheides auf einer unrichtigen Rechtsanwendung seitens der Beklagten beruht, nicht ein schützenswertes Vertrauen des Begünstigten in den Fortbestand der rechtswidrigen Entscheidung (BSG vom 25.06.1989 – 9 a RVg 2/84; BSG Urteil vom 21.06.2001 B 7 AL 6/00 R). Allerdings sind Umstände denkbar, die bei einer fehlerhaften Rechtsanwendung der Verwaltung zu einer Stärkung des Vertrauens in den Bestand der fehlerhaften Bewilligung führen können, insbesondere wenn eine Perpetuierung des ursprünglich bei der Bewilligung der Leistung gemachten Fehlers durch späteres Verwaltungshandeln vorliegt. Da es um das Vertrauen des Klägers auf die Bestandskraft des erlassenen Verwaltungsaktes geht, können auch insoweit nur solche weiteren Fehler der Beklagten herangezogen werden, die nach Erlass des Bewilligungsbescheides vorgenommen worden sind und zusätzliches Vertrauen in die rechtswidrige Bewilligung begründet haben. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass die Beklagte dem Kläger im Jahr 2008 nach der Entscheidung des Amtsgerichtes Rheinberg über den Versorgungsausgleich und auch in den Folgejahren unzutreffende Rentenauskünfte hinsichtlich der Auswirkungen des Versorgungsausgleiches auf seine Rentenansprüche erteilt hat. Nach Bewilligung der Altersrente mit Bescheid vom 06.06.2016 hat die Beklagte ihre fehlerhafte Rechtsanwendung nicht durch weitere Fehler perpetuiert, sondern bereits drei Wochen nach Erteilung des Bewilligungsbescheides den Kläger im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Rücknahmeentscheidung ausdrücklich auf die Rechtswidrigkeit der Bewilligung hingewiesen.
Insgesamt ergibt die nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X vorzunehmende Interessenabwägung, dass das Interesse der Allgemeinheit daran, dass der Kläger nicht für einen Zeitraum von über zweieinhalb Jahren eine Altersrente für langjährig Versicherte aufgrund der rechtswidrigen Bewilligung erhält, höher zu bewerten ist als das bei ihm durch die rechtswidrige Bewilligung entstandene Vertrauen.
Die Beklagte hat zudem das ihr in § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X eingeräumte Ermessen erkannt und in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Bei der Ermessensausübung können Umstände herangezogen werden, die schon bei der Interessenabwägung berücksichtigt worden sind (vgl. Kasseler Kommentar § 45 SGB X Rn. 53 m. w. N.; von Wulffen / Schütze § 45 Rn. 89 m. w. N.), so dass sich eine Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung nicht daraus ergibt, dass die Beklagte Gesichtspunkte wie das Kennenmüssen der Rechtswidrigkeit des Bescheides durch den Kläger ebenso herangezogen hat wie den Umstand, dass der Fehler in den Verantwortungsbereich der Beklagten fällt, da durch sie eine fehlerhafte Speicherung des Versorgungsausgleiches vorgenommen worden ist. Die Beklagte hat sich nicht auf eine – erneute – Abwägung dieser Gesichtspunkte beschränkt. In die Ermessensentscheidung der Beklagten sind vielmehr auch andere Gesichtspunkte eingeflossen, die bei der Vertrauensschutzprüfung und der Interessenabwägung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zu berücksichtigen waren, und die dem mit § 45 SGB X verfolgten Zweck entsprechen. Die Beklagte hat im Rahmen der Ermessensausübung – anders als bei der Interessenabwägung – in zulässiger Weise berücksichtigt, dass bereits vor der Bewilligung der Altersrente dem Kläger mehrfach durch übersandte Rentenauskünfte fehlerhaft mitgeteilt worden war, dass die Wartezeit für die Altersrente für langjährig Versicherte aufgrund des zu seinen Gunsten durchgeführten Versorgungsausgleiches erfüllt sei. Die Beklagte hat im Rahmen der Ermessensausübung ferner die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers einfließen lassen, indem sie ausgeführt hat, dass der Kläger seine Tätigkeit als Beamter bei der Bundesagentur für Arbeit weiter ausüben könne und dadurch seine wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse gesichert seien (vgl. zur Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der wirtschaftlichen Folgen als Ermessensgesichtspunkt: BSG Urteil vom 21.06.2001 B 7 AL 6/00 R; BSG vom 21.03.1990 – 7 RAr 112/88). Die Ermessenserwägungen der Beklagten entsprechen dem Zweck des § 45 SGB X, so dass die Ermes-sensentscheidung, dem Interesse der Allgemeinheit an der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes den Vorrang einzuräumen, nicht zu beanstanden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit ist die Aufhebung der Bewilligung einer Altersrente für langjährig Versicherte mit Wirkung für die Zukunft.
Der am 09.10.1953 geborene Kläger ist seit Februar 1989 als Beamter bei der Bunde-sagentur für Arbeit im Bereich der Arbeitsvermittlung tätig. Von August 1970 bis Februar 1989 sind im Versicherungskonto des Klägers bei der Beklagten Pflichtbeitragszeiten enthalten, wobei der Zeitraum von Juli 1973 bis September 1974 und von Januar 1976 bis März 1981 nicht belegt ist.
Die Ehe des Klägers mit Frau C. S. D. wurde durch Urteil des Amtsgerichts Rheinberg vom 22.05.2007 geschieden. Das Verfahren betreffend des Versorgungsausgleiches wurde abgetrennt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Rheinberg vom 10.10.2007 wurden "zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Bundesagentur für Arbeit auf dem Rentenkonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften von monatlich 549,39 EUR bezogen auf den 31.08.2006 be-gründet." Im Tenor des Beschlusses wurde ferner ausgeführt, dass der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte umzurechnen sei.
Mit Schreiben der Beklagten vom 28.01.2008 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Entscheidung des Amtsgerichts Rheinberg vom 10.10.2007 über die Durchführung des Versorgungsausgleiches seit dem 20.11.2007 rechtskräftig sei und dass danach Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Beitragsentrichtung begründet worden seien. Die begründeten Rentenanwartschaften würden zu einem Zuschlag an Entgeltpunkten führen, woraus sich die Erhöhung der späteren Rente ergeben würde. Wegen der Einzelheiten wurde auf die Anlage 5 für die Ehezeit vom 01.09.1979 bis zum 31.08.2006 verwiesen, die zum Bestandteil der Mitteilung erklärt wurde. In der Anlage 5 wurden die Auswirkungen des Versorgungsausgleiches dahin-gehend erläutert, dass der zugunsten des Versicherungskontos des Klägers durchge-führte Versorgungsausgleich einen Zuschlag an Entgeltpunkten ergeben würde. Diese Entgeltpunkte würden ermittelt, indem der Monatsbetrag der übertragenen oder begründeten Rentenanwartschaften durch den aktuellen Rentenwert mit seinem Wert bei Ende der Ehezeit geteilt würde. Für die Ehezeit vom 01.09.1979 bis zum 31.08.2006 seien zugunsten des Versicherungskontos Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Beitragsentrichtung begründet worden. Die ohne Beitragsentrichtung begründete Rentenanwartschaft sei auf monatlich 549,39 EUR festgestellt worden. Daraus würden sich 21,0253 Entgeltpunkte errechnen. Als zusätzliche Monate für die Wartezeit von 5, 15 und 20 Jahren seien 229 Monate und als zusätzliche Monate für die Wartezeit von 35 Jahren seien 210 zusätzliche Monate anzurechnen.
Die geschiedene Ehefrau des Klägers erhielt bezüglich ihres bei der Beklagten geführten Versicherungskontos am 06.03.2008 ein gleichlautendes Schreiben der Beklagten, wobei sich Unterschiede lediglich hinsichtlich der Auswirkungen auf die Wartezeit ergaben. Insoweit wurde der geschiedenen Ehefrau des Klägers mitgeteilt, dass als zusätzliche Monate für die Wartezeit von 5, 15 und 20 Jahren 85 Monate sowie für die Wartezeit von 35 Jahren zusätzliche 21 Monate anzurechnen seien.
Die Beklagte übersandte dem Kläger eine Rentenauskunft vom 18.07.2008, mit der er über die Höhe einer Rente, über die gespeicherten rentenrechtlichen Zeiten, die Erfüllung der Voraussetzungen für verschiedene Rentenleistungen und über die persönlichen Entgeltpunkte (Anlage 6) unterrichtet wurde. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Rentenauskunft nicht rechtsverbindlich sei. In der Auskunft wurde u. a. mitgeteilt, dass für eine Altersrente für langjährig Versicherte die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt sei und dass die Höhe einer Regelaltersrente zurzeit 867,80 EUR betragen würde. Aus den Anlagen 5 und 6 der Rentenauskunft ergab sich, dass sich der Versorgungsausgleich dahingehend auswirken würde, dass sich zusätzlich zu den selbsterworbenen 11,6479 Entgeltpunkten ein Zuschlag von 21,0253 Entgeltpunkte aus dem durchgeführten Ver-sorgungsausgleich für die Ehezeit vom 01.09.1979 bis zum 31.08.2006 ergeben würde. Der Kläger erhielt in der Folgezeit weitere Rentenauskünfte der Beklagten vom 11.02.2011 und vom 04.12.2012, in denen ebenfalls ausgeführt wurde, dass die Warte-zeit von 35 Jahren für eine Altersrente für langjährig Versicherte erfüllt und aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich ein Zuschlag von 21,0253 Entgeltpunkte zu berücksichtigen sei. Der Rentenauskunft vom 04.12.2012 ging eine Vorsprache des Klägers bei der Beratungsstelle der Beklagten in Kamp-Lintfort voraus, in deren Rahmen eine allgemeine Überprüfung des Rentenkontos vorgenommen wurde. Darüber hinaus übersandte die Beklagte dem Kläger Renteninformationen vom 01.05.2012, 10.01.2013 und 07.01.2015 über die Höhe der künftigen Regelaltersrente, wobei sich aus den Ren-eninformationen Rentenbeträge in Höhe von 897,53 EUR, 917,14 EUR und 934,78 EUR ergaben.
Der Kläger kündigte zum 01.05.2013 vorzeitig einen Vertrag über eine private Rentenver-sicherung bei der HUK COBURG-Lebensversicherungs AG, der einen Versicherungs-beginn zum 01.09.2004 und einen Rentenbeginn ab dem 01.09.2018 vorgesehen hatte. Den Auszahlungsbetrag in Höhe von 19.327,52 EUR verwandte der Kläger für die Moderni-sierung der Heizungsanlage seines Hauses, für den Einbau neuer Fenster und für die Anschaffung eines neuen Kraftfahrzeuges.
Am 21.04.2016 wurde der Kläger bei der Beratungsstelle der Beklagten in Kamp-Lintfort vorstellig und stellte einen Antrag auf Gewährung einer Altersrente für langjährig Versi-cherte für die Zeit ab dem 01.11.2016. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Kläger bereits entschlossen, ab dem 01.11.2016 in Ruhestand zu gehen und hatte bei der Bunde-sagentur für Arbeit am 16.03.2016 einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand ge-stellt. Zudem hatte er geplant, ab November 2016 nachmittags die Betreuung der achtjährigen Tochter seiner Stieftochter zu übernehmen, bis deren Eltern von der Arbeit nach Hause kommen. Mit Bescheid der Beklagten vom 06.06.2016 wurde dem Kläger ab dem 01.11.2016 eine Altersrente für langjährig Versicherte in Höhe von 902,49 EUR bewilligt. In der Anlage 6 des Bescheides wurde ausgeführt, dass der zugunsten des Versicherungskontos durchgeführte Versorgungsausgleich einen Zuschlag an Entgeltpunkten ergeben würde. Für die Ehezeit vom 01.09.1979 bis zum 31.08.2006 seien zugunsten des Versicherungskontos Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Beitragszahlung begründet worden. Die ohne Beitragszahlung begründete Rentenanwartschaft sei auf monatlich 549,39 EUR festgestellt worden, woraus sich unter Berücksichtigung des aktuellen Rentenwertes bis Ende der Ehezeit 21,0253 Entgelt-punkte errechnen würden. Es wurde ferner ausgeführt, dass aufgrund des Versor-gungsausgleiches für die Wartezeit von 35 Jahren 210 zusätzliche Monate anzurechnen seien.
Am 15.06.2016 stellte die Beklagte fest, dass mit Beschluss des Amtsgerichts Rheinberg vom 10.10.2007 Versorgungsanwartschaften zu Lasten der Versorgung des Klägers auf dem Rentenkonto der geschiedenen Ehefrau begründet worden waren und dass seitens der Beklagten irrtümlich von einer Begründung einer Versorgungsanwartschaft zugunsten des Klägers ausgegangen worden war. Mit Schreiben vom 24.06.2016 wurde der Kläger zur beabsichtigten Rücknahme des Bescheides vom 06.06.2016 mit Wirkung ab dem 01.11.2016 angehört. Der Kläger teilte über seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 29.06.2016 mit, dass er auf die Richtigkeit des Bescheides vom 06.06.2016 vertraut habe. Er habe den Beschluss des Amtsgerichts Rheinberg vom 10.10.2007 dahingehend verstanden, dass seine geschiedene Ehefrau einen Anteil an den von ihm erdienten Versorgungsanwartschaften auf ihr Rentenkonto gutgeschrieben erhalte und dass er einen Teil der von seiner Ehefrau erwirtschafteten Rentenanwartschaften ebenfalls gutgeschrieben erhalte. Er habe zudem am 28.01.2008 eine Mitteilung der Beklagten über die Auswirkungen des Versorgungsausgleiches erhalten, wo-nach er eine Rentenanwartschaft in einer bestimmten Höhe erworben habe. In der Folgezeit habe er weitere entsprechende Rentenauskünfte vom 18.07.2008, 11.02.2012 und 04.12.2012 sowie Renteninformationen vom 01.05.2012, 10.01.2013 und 07.01.2015 von der Beklagten bekommen, auf deren Richtigkeit er vertraut habe und vertrauen durfte. Im Rahmen seiner persönlichen Vorsprachen bei der Beratungsstelle der Beklagten im Jahr 2012 und im April 2016 habe er ebenfalls die Auskunft erhalten, dass er einen Anspruch auf eine Altersrente für langjährig Versicherte habe. Infolgedessen habe er auf die Rich-tigkeit des Rentenbescheides vom 06.06.2016 vertraut. Im Vertrauen darauf, dass er die Rente für langjährig Versicherte erhalten werde, habe er einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand zum 01.11.2016 gestellt. Aus den genannten Gründen könnte ihm auch keine grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Unkenntnis der Rechtswidrigkeit des Ren-tenbescheides vorgeworfen werden.
Mit Bescheinigung vom 12.07.2016 bestätigte die Bundesagentur für Arbeit, dass der Kläger am 16.03.2016 einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand zum 01.11.2016 gestellt habe und diesen Antrag unterdessen zurückgezogen habe, weil die Beklagte beabsichtige, den Rentenbescheid vom 06.06.2016 aufzuheben. Der Kläger teilte mit Schreiben vom 13.07.2016 mit, dass die Versetzung in den Ruhestand ruhend gestellt worden sei und dass er seine Tätigkeit über den 01.11.2016 hinaus ausüben werde.
Mit Bescheid vom 27.07.2016 nahm die Beklagte den Rentenbescheid vom 06.06.2016 hinsichtlich des Rentenanspruches mit Wirkung ab dem 01.11.2016 nach § 45 SGB X zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides berufen, weil er aufgrund der ihm von der Beklagten gegebenen Informationen die Fehlerhaftigkeit des Bescheides gekannt habe oder hätte kennen müssen. Des Weiteren sei dem Kläger aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Rheinberg bekannt gewesen, dass er als Antragsteller beim Versorgungs-ausgleich der Ausgleichspflicht unterliege. Auch im Wege des Ermessens werde die Rücknahme des Bescheides Seitens der Beklagten für gerechtfertigt gehalten, weil an der Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Bescheides grundsätzlich ein öffentliches Interesse bestehe. Der Versicherungsträger könne erwarten, dass ihn der Rentenempfänger auf offenbare Unrichtigkeiten in der Rentenzahlung hinweise. Wenn er das unterlasse, dürfe er nicht bessergestellt werden als ein Versicherter, der die Leistungen nicht annehme oder im Zweifelsfall beim Versicherungsträger nachfrage.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 09.08.2016 Widerspruch und trug zur Begründung ergänzend vor, bei der nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X vorzunehmenden Vertrauensschutzabwägung sei zu berücksichtigen, dass der Kläger gewisse Dispositionen getroffen habe, die sich nun nachteilig auswirken würden bzw. nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Der Kläger habe sich im Vertrauen auf die Richtigkeit der In-formationen der Beklagten, dass er ab November 2016 die Voraussetzungen für eine Altersrente für langjährig Versicherte erfüllen würde, im Jahr 2013 entschlossen, den privaten Rentenversicherungsvertrag bei der HUK COBURG Lebensversicherungs AG vorzeitig zu kündigen. Hätte er gewusst, dass ihm ab November 2016 keine Altersrente zustehen würde, hätte er die Kündigung nicht vorgenommen mit der Folge, dass er ab dem 01.09.2018 die monatliche Garantierente erhalten würde. Zudem sei verabredet ge-wesen, dass der Kläger mit seiner Ehefrau ab November 2016 werktags an den Nachmittagen nach der Schule die achtjährige Tochter seiner Stieftochter betreuen sollte, da die Kindeseltern beide berufstätig seien. Dies sei nun nicht mehr möglich, da der Kläger wegen der Aufhebung der Rentenbewilligung seiner beruflichen Tätigkeit als Beamter bei der Bundesagentur für Arbeit weiter nachgehen müsse. Dies zeige, dass der Kläger im Vertrauen auf den Erhalt der Rente gewisse Lebensdispositionen getroffen habe, was bei der Aufhebungsentscheidung zu berücksichtigen sei. Zudem sei der Umstand in die Abwägung einzubeziehen, dass die Beklagte in besonders schwerem Maße pflichtwidrig gehandelt habe, indem sie sowohl zu seinen Gunsten als auch zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau den Versorgungsausgleich durchgeführt habe und die beiden Rentenkonten nicht nur versehentlich vertauscht habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 18.11.2016 mit der Begründung zurück, dass das Vertrauen des Klägers auf eine rechtswidrige Zahlung der Altersrente für langjährig Versicherte unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme des Bescheides nicht schutzwürdig sei. Da die Rente erst am 01.11.2016 begonnen hätte, seien keine Leistungen verbraucht worden. Der Kläger habe auch keine Vermögensdispositionen getroffen, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könne. Es könnten nur solche Vermögensdispositionen berücksichtigt werden, die im Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes getroffen worden seien. Das bedeute, dass sie nach Erlass des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vorgenommen worden sein müssten. Die beantragte Versetzung in den Ruhestand sei aber zurückgenommen worden, so dass der Kläger seinen Dienst als Beamter weiterhin ausüben könne. Auch im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensausübung hätten die Gesichtspunkte überwogen, die für eine Aufhebung der rechtswidrigen Bewilligung der Altersrente sprechen würden. Dabei habe die Beklagte einerseits berücksichtigt, dass in den zuvor übersandten Rentenauskünften und Ren-teninformationen mehrfach die dem Kläger materiell nicht zustehende Leistung bestätigt worden sei. Andererseits sei zu berücksichtigen gewesen, dass für den Kläger aus dem Beschluss des Amtsgerichts Rheinberg keinerlei Anhaltspunkte für eine Begünstigung aus dem Versorgungsausgleich herleitbar gewesen seien. Zudem habe er seine Tätigkeit als Beamter bei der Bundesagentur für Arbeit weiter ausüben können, so dass seine wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse gesichert seien. Insgesamt überwiege das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Rücknahme des Bescheides bzw. der Nichtzahlung der Leistungen, die nach der Gesetzeslage dem Kläger nicht zustehen würden.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 28.11.2016 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, im Rahmen der Prüfung des schutzwürdigen Vertrauens des Klägers in den Bestand des rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X sei zu berücksichtigen, dass er eine Vermögensdisposition in Gestalt der Kündigung des privaten Rentenversicherungsvertrages getroffen habe und dass seine allgemeine Lebensplanung darauf ausgerichtet gewesen sei, die Betreuung des Kindes seiner Stieftochter in den Nachmittagsstunden zu übernehmen. Zudem sei die Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen, dass er die Rechtswidrigkeit des Bescheides gekannt bzw. infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid der Beklagten vom 27.07.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.11.2016 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Rücknahme des rechtswidrigen Bescheides mit Wirkung für die Zukunft gegeben seien.
Die Beteiligten haben im Erörterungstermin vom 05.05.2017 ihre Zustimmung zu einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die zum Verfahren beigezogen worden ist.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Be-teiligten ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist nicht rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da die Voraussetzungen für eine Aufhebung des die Altersrente für langjährig Versicherte bewilligenden Bescheides mit Wirkung für die Zukunft vorliegen.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückge-nommen werden, soweit er rechtswidrig ist. Ein rechtswidriger begünstigender Verwal-tungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Das Vertrauen ist nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. In § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X sind Fallgestaltungen aufgeführt, bei denen sich ein Begünstigter von vornherein nicht auf Vertrauen berufen kann.
Bei dem die Altersrente für langjährig Versicherte bewilligenden Bescheid der Beklagten vom 27.07.2016 handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, der im Zeitpunkt des Erlasses rechtswidrig war. Die Gewährung einer Altersrente für langjährig Versicherte setzt nach § 36 SGB VI voraus, dass eine Wartezeit von 35 Jahren erfüllt ist. Da bei dem Kläger aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleiches keine zusätzlichen Monate für die Wartezeit zu berücksichtigen sind, hat er aufgrund der in der Zeit von August 1970 bis Februar 1989 zurückgelegten Versicherungszeiten die Wartezeit von 35 Jahren für eine Altersrente für langjährig Versicherte nicht erfüllt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob sich der Kläger – wie von der Beklagten angenommen – nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X von vornherein nicht auf Vertrauen berufen kann. Danach ist ein Vertrauensschutz ausgeschlossen, wenn ein Begünstigter die Rechts-widrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Soweit die Beklagte ausgeführt hat, der Kläger könne sich nicht auf Vertrauen berufen, weil er aufgrund der von der Beklagten gegebenen Informationen die Fehlerhaftigkeit des Bescheides hätte erkennen müssen, ist nicht erkennbar, aus welchen Informationen der Beklagten sich diese Einsicht des Klägers hätte ergeben müssen, da die Beklagte den Kläger seit Durchführung des Versorgungsausgleiches dahingehend informiert hatte, dass der Versorgungsausgleich zu einem Zuschlag von 21,0253 Entgeltpunkten und zu einer zusätzlichen Anrechnung von 210 Monaten für die Wartezeit von 35 Jah-ren führen würde. Eine grobe Fahrlässigkeit des Klägers könnte sich daher lediglich aus der Kenntnis des Beschlusses des Amtsgerichts Rheinberg vom 10.10.2007 ergeben, da im Tenor der Entscheidung ausdrücklich ausgeführt wurde, dass zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Bundesagentur für Arbeit auf dem Rentenkonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften von monatlich 549,39 EUR bezogen auf den 31.08.2006 begründet würden. Der Kläger hat insoweit im Erörterungstermin angegeben, er sei davon ausgegangen, dass aufgrund dieser Entscheidung von seiner Beamtenversorgung ein Betrag in Höhe von 549,39 EUR unmittelbar an seine geschiedene Frau ausgezahlt werde. Auch wenn man dies als Vorstellung des Klägers zugrunde legt, stellt sich die Frage, inwieweit der Kläger die Entscheidung des Amtsgerichts Rheinberg dahingehend verstehen konnte, dass Renten-anwartschaften in der gleichen Höhe (549,39 EUR) zugunsten der Versorgung des Klägers auf seinem Rentenkonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund begründet würden. Dem Tenor der Entscheidung des Amtsgerichts Rheinberg ist kein Anhaltspunkt für eine entsprechende Auslegung zu entnehmen, da von einer Begründung oder Übertragung einer Rentenanwartschaft zugunsten des Klägers nicht die Rede ist.
Der Bescheid der Beklagten ist unabhängig von der Frage, ob der Kläger grob fahrlässig die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes nicht kannte, rechtmäßig, da die nach § 45 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB X vorzunehmende Vertrauensschutzabwägung ergibt, dass der die Altersrente für langjährig Versicherte bewilligende Bescheid der Beklagten mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden durfte.
Die Vertrauensschutzabwägung hat zum einen den Grundsatz der Rechtmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit allen Verwaltungshandelns zu berücksichtigen, der es grundsätzlich erfordert, dass rechtswidrige Verwaltungsakte beseitigt werden. Andererseits ist der Grundsatz zu beachten, dass der Staatsbürger auf die Rechtmäßigkeit des Verwal-tungshandelns vertrauen darf. Um diesen Widerstreit zu lösen, hat im Einzelfall eine Interessenabwägung dahingehend zu erfolgen, welches Interesse überwiegt, d. h. das Interesse der Allgemeinheit auf Herstellung eines rechtmäßigen, d. h. gesetzmäßigen Zustandes oder das des gutgläubigen Begünstigten auf Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes.
Die Vorrangigkeit des Vertrauensschutzes des Klägers ergibt sich nicht aus § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X. Danach ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begüns-tigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Bei diesen beispielhaft genannten Sachverhalten wird das Vorliegen der Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Begünstigen vom Gesetz vermutet (BSG Urteil vom 14.06.1984 – 10 RKg 5/83; von Wulffen / Schütze Kommentar zum SGB X § 45 Rn. 42). Da dem Kläger die Altersrente erst für die Zeit ab November 2016 bewilligt worden war, scheidet ein Verbrauch erbrachter Leistungen durch den Kläger aus. Der Kläger hat zudem im Hinblick auf die mit Bescheid vom 06.06.2016 bewilligte Altersrente keine Vermögensdispositionen getroffen, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Der Kläger hat zwar nach seinen Angaben in der Erwartung, dass er ab November 2016 altersrentenberechtigt sei, Vermögensdispositionen getroffen, indem er zum Mai 2013 einen privaten Rentenversicherungsvertrag vorzeitig kündigte und im März 2016 bei seinem Dienstherrn einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand zum 01.11.2016 stellte. Die besondere Schutzwürdigkeit einer Vermögensdisposition im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X setzt jedoch voraus, dass diese im Vertrauen auf die Bestandskraft des erlassenen Verwaltungsaktes getroffen wurde. Damit setzt die Vermögensdisposition ebenso wie der im Gesetz alternativ genannte Leistungsverbrauch eine Handlung voraus, die nach dem Erlass des Verwaltungsaktes vorgenommen wurde (BSG Urteil vom 28.11.1985 – 11 b / 7 RAr 128/84). Die Kündigung des Rentenversicherungsvertrages und die Antragstellung bezüglich der Versetzung in den Ruhestand erfolgten vor Erlass des Rentenbescheides vom 06.06.2016, so dass das Vertrauen des Klägers wegen dieser Vermögensdispositionen nicht schutzwürdig ist.
Die nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse der Allgemeinheit an der Herstellung eines gesetzmäßigen Zustandes das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände überwiegt. Das öffentliche Interesse besteht im Interesse der Solidargemeinschaft an der Vermeidung ungerechtfertigter Belastungen und nicht zu rechtfertigender Aufwendungen zu Lasten der Allgemeinheit. Aus diesem Grund ist ein maßgeblicher Abwägungsgesichtspunkt, ob es um die Rücknahme der Gewährung einer Dauerleistung oder einer einmaligen Leistung geht. Das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes bei Dauerleistungen ist in der Regel höher einzuschätzen als bei der Gewährung einmaliger Leistungen, weil eine Dauerleistung die Allgemeinheit in der Regel stärker belastet als eine einmalige Leistung (BSG Urteil vom 21.06.2001 B 7 AL 6/00 R; BSG Urteil vom 14.11.1985 – 7 RAr 123/84). Dies gilt umso mehr, wenn die Dauerleistung – wie hier – für sehr lange Zeit weiter erbracht werden müsste (BSG Urteil vom 16.06.1999 B 9 V 15/98 R).
Als weiterer im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigender Gesichtspunkt spricht für ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes, dass die Bewilligung der Altersrente nur von kurzer Dauer war, so dass sich schützenswertes Vertrauen des Klägers nur für einen kurzen Zeitraum entwickeln konnte. Die Beklagte hat den Bewilligungsbescheid am 06.06.2016 erlassen und bereits mit Schreiben vom 24.06.2016 den Kläger zur beabsichtigten Rücknahme des Bescheides angehört, so dass sich schützenswertes Vertrauen lediglich über einen Zeitraum von drei Wochen aufbauen konnte. Dieser Zeitraum reicht nicht aus, um bei der Vertrauensschutzabwägung maßgeblich berücksichtigt werden zu können (vgl. BSG Ur-teil vom 21.06.2001 B 7 AL 6/00 R; BSG Urteil vom 16.06.1999 B 9 V 15/98 R).
Das Vertrauen des Klägers ist auch nicht deshalb schützenswert, weil die Rechtswidrigkeit der Bewilligung allein in den Verantwortungsbereich der Beklagten fiel. Der An-wendungsbereich des § 45 SGB X würde zu stark eingeengt, würde der Umstand der alleinigen Verantwortlichkeit für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes genügen, um das öffentliche Interesse an der Einstellung der rechtswidrig bewilligten Dauerleistung als weniger gewichtig zu bewerten. Mit Ausnahme der in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X geregelten Fallgestaltung, bei der Vertrauensschutz grundsätzlich versagt wird, fällt die Ursache für den Erlass eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes regelmäßig in den Verantwortungsbereich der Beklagten. Würde jeder im Bereich der Verwaltung auftretende Fehler zu einem schützenswerten Vertrauen des durch den Verwaltungsakt Begünstigten führen, so liefe dies der Zielsetzung des § 45 SGB X zuwider, einen rechtswidrigen Zustand auch wieder beseitigen zu können (BSG vom 21.06.2001 B 7 AL 6/00 R). Somit rechtfertigt allein die Tatsache, dass die Fehlerhaftigkeit des Bewilligungsbescheides auf einer unrichtigen Rechtsanwendung seitens der Beklagten beruht, nicht ein schützenswertes Vertrauen des Begünstigten in den Fortbestand der rechtswidrigen Entscheidung (BSG vom 25.06.1989 – 9 a RVg 2/84; BSG Urteil vom 21.06.2001 B 7 AL 6/00 R). Allerdings sind Umstände denkbar, die bei einer fehlerhaften Rechtsanwendung der Verwaltung zu einer Stärkung des Vertrauens in den Bestand der fehlerhaften Bewilligung führen können, insbesondere wenn eine Perpetuierung des ursprünglich bei der Bewilligung der Leistung gemachten Fehlers durch späteres Verwaltungshandeln vorliegt. Da es um das Vertrauen des Klägers auf die Bestandskraft des erlassenen Verwaltungsaktes geht, können auch insoweit nur solche weiteren Fehler der Beklagten herangezogen werden, die nach Erlass des Bewilligungsbescheides vorgenommen worden sind und zusätzliches Vertrauen in die rechtswidrige Bewilligung begründet haben. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass die Beklagte dem Kläger im Jahr 2008 nach der Entscheidung des Amtsgerichtes Rheinberg über den Versorgungsausgleich und auch in den Folgejahren unzutreffende Rentenauskünfte hinsichtlich der Auswirkungen des Versorgungsausgleiches auf seine Rentenansprüche erteilt hat. Nach Bewilligung der Altersrente mit Bescheid vom 06.06.2016 hat die Beklagte ihre fehlerhafte Rechtsanwendung nicht durch weitere Fehler perpetuiert, sondern bereits drei Wochen nach Erteilung des Bewilligungsbescheides den Kläger im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Rücknahmeentscheidung ausdrücklich auf die Rechtswidrigkeit der Bewilligung hingewiesen.
Insgesamt ergibt die nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X vorzunehmende Interessenabwägung, dass das Interesse der Allgemeinheit daran, dass der Kläger nicht für einen Zeitraum von über zweieinhalb Jahren eine Altersrente für langjährig Versicherte aufgrund der rechtswidrigen Bewilligung erhält, höher zu bewerten ist als das bei ihm durch die rechtswidrige Bewilligung entstandene Vertrauen.
Die Beklagte hat zudem das ihr in § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X eingeräumte Ermessen erkannt und in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Bei der Ermessensausübung können Umstände herangezogen werden, die schon bei der Interessenabwägung berücksichtigt worden sind (vgl. Kasseler Kommentar § 45 SGB X Rn. 53 m. w. N.; von Wulffen / Schütze § 45 Rn. 89 m. w. N.), so dass sich eine Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung nicht daraus ergibt, dass die Beklagte Gesichtspunkte wie das Kennenmüssen der Rechtswidrigkeit des Bescheides durch den Kläger ebenso herangezogen hat wie den Umstand, dass der Fehler in den Verantwortungsbereich der Beklagten fällt, da durch sie eine fehlerhafte Speicherung des Versorgungsausgleiches vorgenommen worden ist. Die Beklagte hat sich nicht auf eine – erneute – Abwägung dieser Gesichtspunkte beschränkt. In die Ermessensentscheidung der Beklagten sind vielmehr auch andere Gesichtspunkte eingeflossen, die bei der Vertrauensschutzprüfung und der Interessenabwägung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zu berücksichtigen waren, und die dem mit § 45 SGB X verfolgten Zweck entsprechen. Die Beklagte hat im Rahmen der Ermessensausübung – anders als bei der Interessenabwägung – in zulässiger Weise berücksichtigt, dass bereits vor der Bewilligung der Altersrente dem Kläger mehrfach durch übersandte Rentenauskünfte fehlerhaft mitgeteilt worden war, dass die Wartezeit für die Altersrente für langjährig Versicherte aufgrund des zu seinen Gunsten durchgeführten Versorgungsausgleiches erfüllt sei. Die Beklagte hat im Rahmen der Ermessensausübung ferner die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers einfließen lassen, indem sie ausgeführt hat, dass der Kläger seine Tätigkeit als Beamter bei der Bundesagentur für Arbeit weiter ausüben könne und dadurch seine wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse gesichert seien (vgl. zur Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der wirtschaftlichen Folgen als Ermessensgesichtspunkt: BSG Urteil vom 21.06.2001 B 7 AL 6/00 R; BSG vom 21.03.1990 – 7 RAr 112/88). Die Ermessenserwägungen der Beklagten entsprechen dem Zweck des § 45 SGB X, so dass die Ermes-sensentscheidung, dem Interesse der Allgemeinheit an der Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes den Vorrang einzuräumen, nicht zu beanstanden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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