Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 33 AS 490/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1280/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22.06.2017 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
In der Hauptsache streiten die Beteiligten um eine Absenkung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.12.2016 bis zum 28.02.2017 in Höhe des Regelbedarfs von 404,- EUR monatlich (Bescheide vom 02.11.2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 10.02.2017).
Die am 00.00.1997 geborene Klägerin hat keinen Schulabschluss. Sie bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten. Bis zum 15.12.2016 wohnte die Klägerin mietfrei bei den Eltern ihres Freundes. Mit Bescheid vom 07.07.2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs iHv 404 EUR monatlich für Juli 2016 bis Januar 2017.
Vom 02.11.2015 bis zum 29.04.2016 nahm die Klägerin an einem durch den Beklagten getragenen Aktivierungschoaching teil. Am 21.06.2016 erstellte das Gesundheitsamt des Kreises S ein eignungspsychologisches Gutachten über die Klägerin. Aus psychologischer Sicht wurde eine Aktivierungsmaßnahme mit intensiver sozialpädagogischer Betreuung empfohlen. Am 13.07.2016 wurde der Klägerin das Ergebnis des psychologischen Gutachtens erläutert. Der Klägerin wurde empfohlen, an der Arbeitsgelegenheit "L" teilzunehmen. Bei dieser Maßnahme handelt es sich um eine Arbeitsgelegenheit für Menschen mit Betreuungsbedarf. Es werden insbesondere Tätigkeiten in einem Nutzgarten und einer Küche durchgeführt. Als Ziele werden ua die Erarbeitung von Lebenszielen, Herausarbeitung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Orientierung über berufliche Möglichkeiten und die Erarbeitung von Entwicklungsperspektiven genannt. Als Arbeitszeiten fallen 30 Wochenstunden an. Mit der Klägerin wurden der Flyer zu dieser Maßnahme und die Arbeitsplatzbeschreibung erörtert. Das Gespräch fand im Beisein des Freundes der Klägerin statt. Die Arbeitsvermittlerin vermerkte, der Freund habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie die vorgeschlagene Eingliederungsvereinbarung nicht unterschreiben müsse. Daraufhin verpflichtete der Beklagte die Klägerin mit Eingliederungsbescheid vom 18.07.2016 mit einer Gültigkeitsdauer vom 18.07.2016 bis zum 17.01.2017 in der Zeit vom 25.07.2016 bis zum 24.01.2017 an der Arbeitsgelegenheit "L" teilzunehmen. Eine Arbeitsplatzbeschreibung und der Flyer über die Maßnahme waren dem Bescheid beigefügt. Der Beklagte verpflichtet sich zur Zahlung der Mehraufwandsentschädigung, zur Erstattung von Kosten für den Erwerb des Sozialtickets und zur Fortsetzung der Vermittlungsbemühungen.
Schon in der ersten Woche (30. Kalenderwoche) erschien die Klägerin an vier Tagen unentschuldigt nicht. Ab dem 15.08.2016 erschien die Klägerin unentschuldigt nicht mehr. Nach zwei Abmahnungen (22.08.2016 und 29.08.2016) meldete der Maßnahmeträger die Klägerin am 06.09.2016 aus der Maßnahme ab. Nach Anhörung der Klägerin (Schreiben vom 07.09.2016) beschränkte der Beklagte mit Bescheid vom 02.11.2016 und Widerspruchsbescheid vom 10.02.2017 das Arbeitslosengeld II der Klägerin für die Zeit vom 01.12.2016 bis zum 28.02.2016 auf Leistungen für Unterkunft und Heizung (Minderung um 404 EUR monatlich). Die Klägerin habe ohne wichtigen Grund einen Anlass für ihren Ausschluss aus der Arbeitsgelegenheit gegeben. Mit Bescheiden vom 04.01.2017 und 23.01.2017 bewilligte der Beklagte Leistungen für Unterkunft und Heizung ab Dezember 2016 und Leistungen unter Einschluss von Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs erst wieder ab März 2017.
Am 16.12.2016 beantragte die Klägerin bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 02.11.2016. Mit Beschluss vom 19.01.2017 ordnete das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an und verwies auf Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der der Klägerin angebotenen und von dieser unstreitig abgebrochenen Maßnahme aufgrund von intellektuellen und psychischen Beeinträchtigungen, welche der sozialpsychologische und eignungspsychologische Dienst des Kreises S bei der Klägerin festgestellt hatte. Auf die Beschwerde des Beklagten hat das LSG Nordrhein-Westfalen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen geändert und den Antrag abgelehnt (Beschluss vom 16.03.2017 - L 19 AS 158/17 B ER). Nach der im vorläufigen Rechtsschutz gebotenen Prüfungsintensität entspreche der Inhalt der Maßnahme den Vorgaben im eignungspsychologischen Test und lägen keine Hinweise auf eine Überforderung der Antragstellerin durch die Maßnahme vor
Gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 10.02.2017 hat die Klägerin am 15.02.2017 Klage erhoben. Sie hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Mit Beschluss vom 22.06.2017 hat das Sozialgericht den Antrag unter Bezugnahme auf den Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16.03.2017 abgelehnt. Gegen den am 26.06.2017 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Klägerin, mit der sie den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt N weiter verfolgt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Die Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg iSd §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ZPO.
Ein Rechtsschutzbegehren hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen Rechtsfrage abhängt (BVerfG Beschlüsse vom 04.05.2015 - 1 BvR 2096/13 und vom 09.10.2014 - 1 BvR 83/12; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 03.08.2015 - L 19 AS 1284/15 B; ständige Rechtsprechung des Senats, vergl. nur Beschluss vom 15.02.2016 - L 7 AS 1681/15 B). Prozesskostenhilfe ist auch zu bewilligen, wenn in der Hauptsache eine Beweisaufnahme erforderlich ist und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (Breitkreuz, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 73a Rn. 9 mwN).
Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt weder von der Beantwortung einer schwierigen Rechtfrage ab, noch ist eine weitere Beweisaufnahme geboten. Der angefochtene Bescheid begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Ermächtigungsgrundlage für die angefochtene Sanktion ist § 31 Abs. 1 Satz 1 iVm § 31a Abs. 2 SGB II. Durch das unentschuldigte Fehlen hat die Klägerin sich geweigert, in dem Eingliederungsbescheid vom 18.07.2016 festgelegte Pflichten zu erfüllen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II) und eine zumutbare Arbeitsgelegenheit aufzunehmen bzw. fortzuführen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II). Da sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist das Arbeitslosengeld II auf die für die Bedarfe nach § 22 SGB II zu erbringenden Leistungen beschränkt (§ 31a Abs. 2 Satz 1 SGB II). Der Auszahlungsanspruch mindert sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung feststellt (§ 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II). Der Beklagte hat Beginn und Höhe der Minderung hiernach zutreffend festgesetzt, auch das formale Vorgehen des Beklagten - isolierte Feststellung der Sanktion und Umsetzung in den Leistungsbescheiden - begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Der Eingliederungsbescheid vom 18.07.2016 ist rechtmäßig und damit eine geeignete Grundlage für die Annahme einer Pflichtverletzung iSd § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Der Beklagte hat den Bescheid erlassen, nachdem eine einvernehmliche Eingliederungsvereinbarung gescheitert war, so dass die Frage offen bleiben kann, ob ein Eingliederungsbescheid vorherige Bemühungen um den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung erfordert (hierzu BSG Urteile vom 22.09.2009 - B 4 AS 13/09 R und vom 14.02.2013 - B 14 AS 195/11 R). Auch sind die vom BSG aufgestellten Anforderungen an individuell zugeschnittene und im Hinblick auf die Gegenleistungen des SGB II-Trägers wechselbezüglichen Regelungen (hierzu BSG Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 30/15 R) eingehalten worden. Der Beklagte hat erst nach Durchführung eines mehrmonatigen Aktivierungschoachings und einer ausführlichen psychologischen Begutachtung eine Maßnahme ausgewählt, die nach ihrem aktenkundigen Inhalt besonders geeignet erscheint, junge Erwachsene mit dem Leistungsprofil der Klägerin zu fördern. Dem Senat erschließt sich - wie bereits dem 19. Senat im Verfahren L 19 AS 158/17 B ER - nicht im Ansatz, weshalb der Klägerin die Teilnahme an der Arbeitsgelegenheit, die für sie als Chance gedacht war, unzumutbar gewesen sein sollte. Die Gegenleistungen des Antragsgegners - Durchführung der Arbeitsgelegenheit, Übernahme von Fahrtkosten, Fortführung der Vermittlungsbemühungen - stehen in einem angemessenen Verhältnis zu den Obliegenheiten der Klägerin.
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, es sei unklar, ob der Maßnahmezuschnitt im Ergebnis tatsächlich vereinbar mit ihrem Leistungsprofil und ihren Einschränkungen war. Dies festzustellen hätte eine Teilnahme der Klägerin an der Maßnahme erfordert. Hätte sich dann eine Überforderung herausgestellt, die durch fachkundige Begleitung und ggf. Anpassung der Anforderungen nicht aufzufangen gewesen wäre, wäre evtl. ein Abbruch der Maßnahme möglich gewesen. Es ist der Klägerin jedoch verwehrt, der Maßnahme unentschuldigt fernzubleiben und anschließend geltend zu machen, die Teilnahme wäre wahrscheinlich mit ihren Einschränkungen nicht zu vereinbaren gewesen.
Auf einen wichtigen Grund für den Nichtantritt bzw. Abbruch der Maßnahme kann die Klägerin sich nicht berufen. Bereits im Ansatz nicht ersichtlich ist, weshalb sich ein solcher aus einer "Obdachlosigkeit" der Klägerin ergeben sollte, da diese im Haushalt der Familie ihres Freundes wohnte und unter dieser Adresse Leistungen des Beklagten bezog. Auch auf fehlende Fahrtkosten kann sich die Klägerin nicht berufen, da der Beklagte in dem Eingliederungsbescheid die Übernahme der Kosten für ein Sozialticket zugesichert hat und für den ersten Teilnahmetag dem Bescheid einen Gutschein für eine Fahrkarte beigelegt hatte.
Erfolgsaussichten des Klageverfahrens folgen schließlich nicht daraus, dass die Maßnahmedauer den Gültigkeitszeitraum der Eingliederungsvereinbarung überschritt. Denn zum einen lagen die Pflichtverletzungen der Klägerin vor diesem Zeitraum und zum anderen ist gem. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II die Nichtteilnahme an einer zumutbaren Arbeitsgelegenheit auch ohne eine Eingliederungsvereinbarung bzw. einen Eingliederungsbescheid eine sanktionsbewehrte Obliegenheitsverletzung.
Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
In der Hauptsache streiten die Beteiligten um eine Absenkung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.12.2016 bis zum 28.02.2017 in Höhe des Regelbedarfs von 404,- EUR monatlich (Bescheide vom 02.11.2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 10.02.2017).
Die am 00.00.1997 geborene Klägerin hat keinen Schulabschluss. Sie bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten. Bis zum 15.12.2016 wohnte die Klägerin mietfrei bei den Eltern ihres Freundes. Mit Bescheid vom 07.07.2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs iHv 404 EUR monatlich für Juli 2016 bis Januar 2017.
Vom 02.11.2015 bis zum 29.04.2016 nahm die Klägerin an einem durch den Beklagten getragenen Aktivierungschoaching teil. Am 21.06.2016 erstellte das Gesundheitsamt des Kreises S ein eignungspsychologisches Gutachten über die Klägerin. Aus psychologischer Sicht wurde eine Aktivierungsmaßnahme mit intensiver sozialpädagogischer Betreuung empfohlen. Am 13.07.2016 wurde der Klägerin das Ergebnis des psychologischen Gutachtens erläutert. Der Klägerin wurde empfohlen, an der Arbeitsgelegenheit "L" teilzunehmen. Bei dieser Maßnahme handelt es sich um eine Arbeitsgelegenheit für Menschen mit Betreuungsbedarf. Es werden insbesondere Tätigkeiten in einem Nutzgarten und einer Küche durchgeführt. Als Ziele werden ua die Erarbeitung von Lebenszielen, Herausarbeitung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Orientierung über berufliche Möglichkeiten und die Erarbeitung von Entwicklungsperspektiven genannt. Als Arbeitszeiten fallen 30 Wochenstunden an. Mit der Klägerin wurden der Flyer zu dieser Maßnahme und die Arbeitsplatzbeschreibung erörtert. Das Gespräch fand im Beisein des Freundes der Klägerin statt. Die Arbeitsvermittlerin vermerkte, der Freund habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie die vorgeschlagene Eingliederungsvereinbarung nicht unterschreiben müsse. Daraufhin verpflichtete der Beklagte die Klägerin mit Eingliederungsbescheid vom 18.07.2016 mit einer Gültigkeitsdauer vom 18.07.2016 bis zum 17.01.2017 in der Zeit vom 25.07.2016 bis zum 24.01.2017 an der Arbeitsgelegenheit "L" teilzunehmen. Eine Arbeitsplatzbeschreibung und der Flyer über die Maßnahme waren dem Bescheid beigefügt. Der Beklagte verpflichtet sich zur Zahlung der Mehraufwandsentschädigung, zur Erstattung von Kosten für den Erwerb des Sozialtickets und zur Fortsetzung der Vermittlungsbemühungen.
Schon in der ersten Woche (30. Kalenderwoche) erschien die Klägerin an vier Tagen unentschuldigt nicht. Ab dem 15.08.2016 erschien die Klägerin unentschuldigt nicht mehr. Nach zwei Abmahnungen (22.08.2016 und 29.08.2016) meldete der Maßnahmeträger die Klägerin am 06.09.2016 aus der Maßnahme ab. Nach Anhörung der Klägerin (Schreiben vom 07.09.2016) beschränkte der Beklagte mit Bescheid vom 02.11.2016 und Widerspruchsbescheid vom 10.02.2017 das Arbeitslosengeld II der Klägerin für die Zeit vom 01.12.2016 bis zum 28.02.2016 auf Leistungen für Unterkunft und Heizung (Minderung um 404 EUR monatlich). Die Klägerin habe ohne wichtigen Grund einen Anlass für ihren Ausschluss aus der Arbeitsgelegenheit gegeben. Mit Bescheiden vom 04.01.2017 und 23.01.2017 bewilligte der Beklagte Leistungen für Unterkunft und Heizung ab Dezember 2016 und Leistungen unter Einschluss von Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs erst wieder ab März 2017.
Am 16.12.2016 beantragte die Klägerin bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 02.11.2016. Mit Beschluss vom 19.01.2017 ordnete das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an und verwies auf Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der der Klägerin angebotenen und von dieser unstreitig abgebrochenen Maßnahme aufgrund von intellektuellen und psychischen Beeinträchtigungen, welche der sozialpsychologische und eignungspsychologische Dienst des Kreises S bei der Klägerin festgestellt hatte. Auf die Beschwerde des Beklagten hat das LSG Nordrhein-Westfalen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen geändert und den Antrag abgelehnt (Beschluss vom 16.03.2017 - L 19 AS 158/17 B ER). Nach der im vorläufigen Rechtsschutz gebotenen Prüfungsintensität entspreche der Inhalt der Maßnahme den Vorgaben im eignungspsychologischen Test und lägen keine Hinweise auf eine Überforderung der Antragstellerin durch die Maßnahme vor
Gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 10.02.2017 hat die Klägerin am 15.02.2017 Klage erhoben. Sie hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Mit Beschluss vom 22.06.2017 hat das Sozialgericht den Antrag unter Bezugnahme auf den Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16.03.2017 abgelehnt. Gegen den am 26.06.2017 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Klägerin, mit der sie den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt N weiter verfolgt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Die Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg iSd §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ZPO.
Ein Rechtsschutzbegehren hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen Rechtsfrage abhängt (BVerfG Beschlüsse vom 04.05.2015 - 1 BvR 2096/13 und vom 09.10.2014 - 1 BvR 83/12; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 03.08.2015 - L 19 AS 1284/15 B; ständige Rechtsprechung des Senats, vergl. nur Beschluss vom 15.02.2016 - L 7 AS 1681/15 B). Prozesskostenhilfe ist auch zu bewilligen, wenn in der Hauptsache eine Beweisaufnahme erforderlich ist und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (Breitkreuz, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 73a Rn. 9 mwN).
Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt weder von der Beantwortung einer schwierigen Rechtfrage ab, noch ist eine weitere Beweisaufnahme geboten. Der angefochtene Bescheid begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Ermächtigungsgrundlage für die angefochtene Sanktion ist § 31 Abs. 1 Satz 1 iVm § 31a Abs. 2 SGB II. Durch das unentschuldigte Fehlen hat die Klägerin sich geweigert, in dem Eingliederungsbescheid vom 18.07.2016 festgelegte Pflichten zu erfüllen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II) und eine zumutbare Arbeitsgelegenheit aufzunehmen bzw. fortzuführen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II). Da sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist das Arbeitslosengeld II auf die für die Bedarfe nach § 22 SGB II zu erbringenden Leistungen beschränkt (§ 31a Abs. 2 Satz 1 SGB II). Der Auszahlungsanspruch mindert sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung feststellt (§ 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II). Der Beklagte hat Beginn und Höhe der Minderung hiernach zutreffend festgesetzt, auch das formale Vorgehen des Beklagten - isolierte Feststellung der Sanktion und Umsetzung in den Leistungsbescheiden - begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Der Eingliederungsbescheid vom 18.07.2016 ist rechtmäßig und damit eine geeignete Grundlage für die Annahme einer Pflichtverletzung iSd § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Der Beklagte hat den Bescheid erlassen, nachdem eine einvernehmliche Eingliederungsvereinbarung gescheitert war, so dass die Frage offen bleiben kann, ob ein Eingliederungsbescheid vorherige Bemühungen um den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung erfordert (hierzu BSG Urteile vom 22.09.2009 - B 4 AS 13/09 R und vom 14.02.2013 - B 14 AS 195/11 R). Auch sind die vom BSG aufgestellten Anforderungen an individuell zugeschnittene und im Hinblick auf die Gegenleistungen des SGB II-Trägers wechselbezüglichen Regelungen (hierzu BSG Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 30/15 R) eingehalten worden. Der Beklagte hat erst nach Durchführung eines mehrmonatigen Aktivierungschoachings und einer ausführlichen psychologischen Begutachtung eine Maßnahme ausgewählt, die nach ihrem aktenkundigen Inhalt besonders geeignet erscheint, junge Erwachsene mit dem Leistungsprofil der Klägerin zu fördern. Dem Senat erschließt sich - wie bereits dem 19. Senat im Verfahren L 19 AS 158/17 B ER - nicht im Ansatz, weshalb der Klägerin die Teilnahme an der Arbeitsgelegenheit, die für sie als Chance gedacht war, unzumutbar gewesen sein sollte. Die Gegenleistungen des Antragsgegners - Durchführung der Arbeitsgelegenheit, Übernahme von Fahrtkosten, Fortführung der Vermittlungsbemühungen - stehen in einem angemessenen Verhältnis zu den Obliegenheiten der Klägerin.
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, es sei unklar, ob der Maßnahmezuschnitt im Ergebnis tatsächlich vereinbar mit ihrem Leistungsprofil und ihren Einschränkungen war. Dies festzustellen hätte eine Teilnahme der Klägerin an der Maßnahme erfordert. Hätte sich dann eine Überforderung herausgestellt, die durch fachkundige Begleitung und ggf. Anpassung der Anforderungen nicht aufzufangen gewesen wäre, wäre evtl. ein Abbruch der Maßnahme möglich gewesen. Es ist der Klägerin jedoch verwehrt, der Maßnahme unentschuldigt fernzubleiben und anschließend geltend zu machen, die Teilnahme wäre wahrscheinlich mit ihren Einschränkungen nicht zu vereinbaren gewesen.
Auf einen wichtigen Grund für den Nichtantritt bzw. Abbruch der Maßnahme kann die Klägerin sich nicht berufen. Bereits im Ansatz nicht ersichtlich ist, weshalb sich ein solcher aus einer "Obdachlosigkeit" der Klägerin ergeben sollte, da diese im Haushalt der Familie ihres Freundes wohnte und unter dieser Adresse Leistungen des Beklagten bezog. Auch auf fehlende Fahrtkosten kann sich die Klägerin nicht berufen, da der Beklagte in dem Eingliederungsbescheid die Übernahme der Kosten für ein Sozialticket zugesichert hat und für den ersten Teilnahmetag dem Bescheid einen Gutschein für eine Fahrkarte beigelegt hatte.
Erfolgsaussichten des Klageverfahrens folgen schließlich nicht daraus, dass die Maßnahmedauer den Gültigkeitszeitraum der Eingliederungsvereinbarung überschritt. Denn zum einen lagen die Pflichtverletzungen der Klägerin vor diesem Zeitraum und zum anderen ist gem. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II die Nichtteilnahme an einer zumutbaren Arbeitsgelegenheit auch ohne eine Eingliederungsvereinbarung bzw. einen Eingliederungsbescheid eine sanktionsbewehrte Obliegenheitsverletzung.
Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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