L 10 U 598/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 20 U 179/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 598/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 15.01.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als weiteren Unfall(erst)schaden eine knöcherne Absprengung am rechten Ellenbogen anzuerkennen hat.

Der am 1952 geborene Kläger ist bei der Beklagten als selbständiger Land- und Forstwirt versichert. Wegen Beschwerden im Bereich des rechten Ellenbogens stellte er sich am 18.10.2011 bei seinem Hausarzt, dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Z. , vor, der den Kläger, ohne selbst eine Untersuchung durchzuführen, an den Chirurgen Dr. A. überwies (vgl. Bl. 63 VerwA, Bl. 45 SG-Akte), der den Kläger am 19.10.2011 untersuchte und in seinem Arztbrief vom 20.10.2011 über die anamnestischen Angaben des Klägers (Sturz vor ca. vier Monaten auf den rechten Ellenbogen, jetzt noch bestehende Beschwerden), den klinisch erhobenen Befund (Druckschmerz im Bereich des radialseitigen Ellenbogens, Beweglichkeit erhalten, DMS [periphere Durchblutung, Motorik, Sensibilität] distal o.B., Seitenbänder stabil) sowie den Röntgenbefund (kleine Verschattung im Bereich des Epicondylus radialis humeri als Zeichen einer wohl älteren Kapselbandverletzung, kleine Verschattung über der Olecranonspitze mit kleiner Exostose) berichtete, diagnostisch von einem Zustand nach Kontusion des rechten Ellenbogens mit Bandverletzung ausging und einen konservativen Behandlungsversuch mit Voltaren Resinat und Pantozol einleitete (vgl. Arztbrief vom 20.10.2011, Bl. 47 SG-Akte). Sichtbare äußere Verletzungszeichen fand er nicht (Schreiben vom 28.09.2012 an die Beklagte mit der Anamnese eines Sturzes vier Tage vor der Konsultation, Bl. 109 VerwA). Weitere Vorstellungen bei Dr. Z. erfolgten nachfolgend am 24.10.2011 wegen Bandscheibenbeschwerden im Bereich der HWS (Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit), am 25.10.2011 (Überweisung in die G. der Dres. B. und S. wegen rechter Schulter und Ellenbogen) sowie am 27.10.2011, anlässlich dessen Dr. Z. den Kläger erstmals wegen Beschwerden im Bereich des rechten Ellenbogens behandelte. Dr. Z. dokumentierte eine infizierte Schürfwünde am rechten Ellenbogen, führte eine Lokalbehandlung (Wundreinigung und steriler Verband) durch und diagnostizierte eine Kontusion des rechten Ellenbogens und eine infizierte Schürfwunde (vgl. Bl. 63 VerwA, Bl. 46 SG-Akte). Bei der am 28.10.2011 erfolgten weiteren Vorstellung bescheinigte Dr. Z. weiterhin Arbeitsunfähigkeit wegen der HWS-Beschwerden.

Am 31.10.2011 stellte sich der Kläger in der G. der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie Dres. B. und S. vor und beklagte Schmerzen im Bereich des rechten Armes nach einem erlittenen Sturz. Diagnostisch ging diese von einer Rissquetschwunde am rechten Ellenbogen, einer Ellenbogen- und Schulterprellung rechts sowie einer knöchernen Absprengung des Olecranon rechts aus und empfahlen bei Beschwerdepersistenz die operative Entfernung der knöchernen Absprengung. Diese Operation wurde schließlich am 22.11.2011 durchgeführt (vgl. Bl. 49 SG-Akte).

Am 18.11.2011 ging bei der Beklagten die Unfallanzeige des Klägers vom 14.11.2011 ein, wobei der Kläger angab, am 15.10.2011 im eigenen Wald beim Reisig sammeln über eine Baumwurzel gestolpert, umgefallen, mit dem rechten Ellenbogen auf einen liegenden Baumstamm aufgeschlagen und mit dem Rücken auf den Waldboden gefallen zu sein. Als Verletzungen gab er neben einer Rückenprellung eine Knochenabsplitterung im rechten Ellenbogen an; erstbehandelnder Arzt sei Dr. Z. gewesen (Bl. 1 VerwA).

Zur Klärung der Zweifel an dem angegebenen Arbeitsunfall wandte sich die Beklagte an Dr. Z. , der unter dem 23. und 24.11.2011 mitteilte, der Kläger sei wegen eines Unfalls vom 15.10.2011 nicht in seiner Behandlung gewesen. Am 01.12.2011 ging bei der Beklagten der H-Arztbericht des Dr. B. vom 23.11.2011 ein, in dem dieser über einen Unfall vom 15.10.2011 berichtete (Kläger beim Tannenreisig machen über eine Baumwurzel gestolpert, auf einen bereits gefällten Baum gefallen und dabei den rechten Ellenbogen angeschlagen). Der Kläger habe die Arbeit abgebrochen, sich sofort beim Hausarzt vorgestellt, der die Wunde gereinigt und verbunden habe, wobei diese sich jedoch entzündet habe. Neben dem klinischen Befund in Bezug auf die untersuchten unteren Extremitäten ist als röntgenologischer Befund eine knöcherne Absprengung des Olecranon rechts aufgeführt; Arbeitsunfähigkeit wurde verneinte (vgl. H-Arztbericht vom 23.11.2011, Bl. 21 VerwA). Im Hinblick auf die aktenkundigen Widersprüchlichkeiten (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. Z. wegen Bandscheibenschaden ab 24.10.2011 und des Dr. B. wegen Fraktur des proximalen Endes der Ulna, Olecranon, vom 18.11.2011 bis März 2012) wandte sich die Beklagte erneut an Dr. Z. , der wegen der Ellenbogenverletzung lediglich einen Patientenkontakt am 27.10.2011 (vgl. Bl. 63 VerwA) bestätigte, sowie darüber hinaus an Dr. B. , der eine Veränderung in der besonderen Heilbehandlung und die Arbeitsfähigkeit begründende Diagnose subacromiales Impingement rechts mitteilte (Bl. 59 VerwA). Nach Beiziehung von Vorerkrankungsverzeichnissen veranlasste die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. J. , der wegen einer Prellung am Ellenbogen rechts und am Rücken unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit höchstens für vier Wochen annahm, die Arbeitsunfähigkeit wegen Bandscheiben- und Schulterbeschwerden für unfallfremd erachtete und darauf hinwies, dass glaubhafte Unterlagen für eine erlittene Ellengelenksverletzung nicht vorhanden seien. Im Rahmen des seitens der Beklagten sodann veranlassten Zusammenhangsgutachtens ging der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. P. davon aus, dass der Kläger anlässlich des Unfalls vom 15.10.2011 eine Prellung des rechten Ellenbogens und der Schulterrückseite rechts sowie eine Rückenprellung erlitten habe; die Schulterbeschwerden rechtsseitig beurteilte er als unfallunabhängig.

Mit Bescheid vom 11.07.2013 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 15.10.2011, bei dem es zu einer Prellung des rechten Ellenbogens im Bereich des Ellenbogenhakens und einer Rückenprellung gekommen sei, als Arbeitsunfall sowie darüber hinaus unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit vom 15.10. bis 12.11.2011. Für die vom 24.10. bis 18.11.2011 bescheinigte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit auf Grund der Bandscheibenbeschwerden lehnte sie eine Entschädigung ab, da diese unfallunabhängig seien. Gleichermaßen lehnte sie eine Entschädigung für die seit 13.11.2011 behandelten Beschwerden im Bereich der Schulter rechts und des Ellenbogens rechts ab, weil diese nicht Folge des Arbeitsunfalls vom 15.10.2011 seien. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2013 zurückgewiesen.

Am 10.01.2014 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, bei dem erlittenen Sturz neben einer Schulterverletzung eine Knochenabsplitterung am Ellenbogen erlitten zu haben und unfallbedingt über den 13.11.2011 hinaus behandlungsbedürftig gewesen zu sein. Zum Nachweis der knöchernen Absprengung im Bereich des Ellenbogens hat er den Befundbericht der G. vom 03.09.2014 vorgelegt.

Das SG hat Dr. Z. und Prof. Dr. O. (G. ) schriftlich als sachverständige Zeugin angehört. Dr. Z. hat über die Vorstellungen des Klägers ab 18.10.2011 (nur ein Arzt-Patienten-Kontakt wegen der Ellenbogenverletzung am 27.10.2011) und Prof. Dr. O. von der G. über die ab 31.10.2011 erfolgten Vorstellungen berichtet. Das SG hat sodann das Gutachten des Arztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Prof. Dr. L. nebst ergänzender Stellungnahme eingeholt, der davon ausgegangen ist, dass der Kläger bei dem Unfall eine Rückenprellung (ausgeheilt), eine Schulterprellung rechts (ausgeheilt) und eine Ellenbogenprellung mit begleitender Weichteilprellung rechts (ausgeheilt) erlitten habe und spätestens ab 12.11.2011 unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr bestanden habe. Von einer knöchernen Verletzung bzw. frischen Absprengung an der Olecranonspitze sei angesichts des klinischen und radiologischen Befundes vom 20.10.2011 nicht auszugehen.

Mit Gerichtsbescheid vom 15.01.2015 hat das SG die Klage gestützt auf das Gutachten des Prof. Dr. L. abgewiesen.

Gegen den den Bevollmächtigten des Kläger am 19.01.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.02.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und sein Begehren zuletzt darauf beschränkt, festzustellen, dass er anlässlich des in Rede stehenden Arbeitsunfalls eine knöcherne Absprengung am rechten Ellenbogen erlitt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 15.01.2015 abzuändern und unter Abänderung des Bescheids vom 11.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.12.2013 festzustellen, dass er bei dem Unfall vom 15.10.2011 eine knöcherne Absprengung am rechten Ellenbogen erlitt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Der Senat hat eine ergänzende Auskunft bei Prof. Dr. O. (G. ) eingeholt.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.

Gegenstand des Rechtstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 11.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.12.2013, mit dem die Beklagte den vom Kläger geschilderten Unfall vom 15.10.2011 (Sturz über eine Baumwurzel, Aufschlagen des rechten Ellenbogens auf einem Baumstamm und des Rückens auf dem Waldboden) als Arbeitsunfall und eine Prellung des rechten Ellenbogens im Bereich des Ellenbogenhakens und eine Rückenprellung als Gesundheits(erst)schaden sowie unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit vom 15.10.2011 bis 12.11.2011 anerkannte und darüber hinausgehende Leistungen ablehnte. Im Berufungsverfahren ist nur noch die Feststellung eines (weiteren) Primärschadens streitig. Denn der Kläger hat sein Begehren auf die Anerkennung eines weiteren Gesundheits(erst)schadens beschränkt und begehrt lediglich noch die Feststellung, bei dem Unfall (auch) eine knöcherne Absprengung am rechten Ellenbogen erlitten zu haben.

Die insoweit vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Abänderung der Verwaltungsentscheidungen der Beklagten, mit denen diese entschied, dass der Kläger bei dem Unfall im Bereich des rechten Ellenbogens lediglich eine Prellung erlitt, nicht aber eine darüber hinausgehende weitere Schädigung. Rechtsgrundlage für das Feststellungsbegehren ist § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG. Danach kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, ob eine Gesundheitsstörung die Folge eines Arbeitsunfalls ist. Zwar macht der Kläger mit der begehrten Feststellung, bei dem Unfall vom 15.10.2011 eine knöcherne Absprengung am rechten Ellenbogen erlitten zu haben, nicht die Anerkennung einer Unfallfolge geltend. Denn die knöcherne Absprengung wäre - einen ursächlichen Zusammenhang hier unterstellt - nicht Folge des Unfalles, sondern der dem Begriff des Unfalles immanente Primärschaden oder Gesundheitserstschaden (s. zur Unterscheidung von Gesundheitserstschaden und Unfallfolge BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 16/11 R, Rdnr. 19). Allerdings hat das BSG die Regelung des § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG - ohne Problematisierung - auf die Feststellung von Gesundheitserstschäden erweitert (BSG, Urteil vom 24.07.2012, B 2 U 23/11 R, Rdnr. 14). Damit bestehen keine Bedenken gegen den Antrag des Klägers auf Feststellung eines Gesundheitserstschadens.

Die zulässige Klage ist hingegen unbegründet. Denn es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte mit Bescheid vom 11.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.12.2013 als weiteren Primärschaden keine knöcherne Absprengung am rechten Ellenbogen anerkannte. Die angefochtene Entscheidung des SG erweist sich im Ergebnis daher als zutreffend.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforder¬lich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente.

Vorliegend ist unstreitig, dass der Kläger am 15.10.2011 einen Arbeitsunfall erlitt. Denn Entsprechendes erkannte die Beklagte mit dem insoweit bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 11.07.2013 an. Der Senat hat daher nicht mehr darüber zu befinden, ob der Kläger am 15.10.2011 - wie von ihm in seiner Unfallanzeige vom 14.11.2011 angegeben - tatsächlich in seinem eigenen Wald beim Reisig sammeln über eine Baumwurzel stolperte und sich u.a. eine Verletzung (Prellung) am rechten Ellenbogen zuzog. Entsprechend kann dahinstehen, wie die Unstimmigkeiten in der Unfallanzeige des Klägers (erstbehandelnder Arzt sei Dr. Z. gewesen), die Widersprüchlichkeiten im H-Arzt-Bericht des Dr. B. vom 23.11.2011 (u.a. Vorstellung beim Hausarzt am Unfalltag, dort Wundreinigung und Verband) und die zeitverzögerten Unfallmeldungen des Klägers (ca. ein Monat nach dem Unfall) und des Dr. B. (H-Arzt-Bericht ca. sechs Wochen nach dem Unfall) zu würdigen sind.

Ungeachtet dessen vermag der Senat nicht festzustellen, dass der Kläger am 15.10.2011 eine knöcherne Absprengung am rechten Ellenbogen erlitt.

Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob neben der versicherten Ursache weitere Ursachen im naturwissenschaftlichen Sinn (erste Stufe) zum Gesundheitsschaden beitrugen. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine überwiegende oder auch nur gleichwertige Bedeutung der versicherten gegenüber der konkurrierenden Ursache ist damit für die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht Voraussetzung.

Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung müssen erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O. auch zum Nachfolgenden). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen.

Vorliegend ist nicht wahrscheinlich, dass sich der Kläger bei dem angeschuldigten Sturz vom 15.10.2011 eine knöcherne Absprengung am rechten Ellenbogen zuzog. Der Senat verneint den naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger am 15.10.2011 eine derartige Verletzung erlitt, finden sich zeitnah zu dem angeschuldigten Ereignis nicht. So hat sich der Kläger - entgegen seinen Angaben in der Unfallanzeige und gegenüber Dr. B. - insbesondere nicht bereits am Unfalltag bei Dr. Z. vorgestellt und dieser führte dementsprechend - entgegen den Angaben von Dr. B. - am 15.10.2011 auch keine Wundreinigung durch und legte dem Kläger auch keinen Verband an. Vielmehr stellte sich der Kläger wegen eines Unfalls vom 15.10.2011 überhaupt nicht bei Dr. Z. vor, wie dieser auf die entsprechende Anfrage der Beklagten unter dem 23.11.2011 mitteilte und auf die nochmalige Rückfrage der Beklagten am 24.11.2011 erneut bestätigte (vgl. Bl. 9, 11VerwA). Entsprechendes bekundete Dr. Z. auch im Rahmen seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge. Darin führte er aus, dem Kläger am 18.10.2011 - ohne selbst einen Befund erhoben zu haben - nach "Bestellung" bei seiner Mitarbeiterin, mithin auf Wunsch des Klägers, eine Überweisung an den Chirurgen Dr. A. ausgestellt zu haben. Wegen Beschwerden im Bereich des rechten Ellenbogens als Folge des Sturzes vom 15.10.2011 begab sich der Kläger - entgegen seinen Angaben - daher weder am Unfalltag noch innerhalb der Folgetage in die Behandlung des Dr. Z ...

Soweit Dr. Z. angegeben hat, wegen einer Ellenbogenverletzung rechts habe es am 27.10.2011 einen einmaligen Arzt-Patienten-Kontakt gegeben, anlässlich dessen er eine infizierte Schürfwunde versorgte, lässt sich ein Zusammenhang mit dem Unfall vom 15.10.2011 nicht herstellen. Denn Dr. A. , bei dem der Kläger sich auf die Überweisung des Dr. Z. vom 18.10.2011 am 19.10.2011 vorstellte, fand vier Tage nach dem angegebenen Unfall - wie er der Beklagten auf deren Anfrage mitteilte (vgl. Bl. 109 VerwA) - keine äußeren Verletzungszeichen, so dass die von Dr. Z. behandelte und infizierte Schürfwunde in keinen Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Unfall gebracht werden kann. Als Ursache der (infizierten) Schürfwunde dokumentierte Dr. Z. im Übrigen gerade auch keinen Unfall.

Nach dem angeschuldigten Ereignis vom 15.10.2011 fand eine erste ärztliche Konsultation somit am 19.10.2011, also vier Tage nach dem in Rede stehenden Sturz statt. Dabei berichtete der Kläger Dr. A. jedoch lediglich von einen Sturz auf den rechten Ellenbogen - so Dr. A. gegenüber der Beklagten -, nicht jedoch von einem unter Unfallversicherungsschutz stehenden Arbeitsunfall. Soweit Dr. A. in seinem Arztbrief an Dr. Z. vom 20.10.2011 im Rahmen der Anamnese als Zeitpunkt des angegebenen Sturzes im Übrigen "vor ca. 4 Monaten" angab (vgl. Bl. 47 SG-Akten), während er gegenüber der Beklagten auf die erwähnte Anfrage (Bl. 109 VerwA) von einem Sturz "vier Tage vor Erstvorstellung" berichtete, kann der Senat dahingestellt sein lassen, ob es sich bei den Ausführungen in dem angesprochenen Arztbrief um ein Schreibversehen handelte und der Kläger tatsächlich über einen Sturz vor vier Tagen berichtete. Denn Dr. A. erhob anlässlich der am 19.10.2011 erfolgten Erstuntersuchung des Klägers jedenfalls keinen Befund, der auf eine vier Tage zuvor erlittene frische knöcherne Verletzung hinwies. Insoweit hat der Sachverständige Prof. Dr. L. überzeugend dargelegt, dass eine frische Absprengung an der Ellenbogenspitze mit einem deutlichen Druck- und Bewegungsschmerz verbunden ist, sich hierfür in dem von Dr. A. dokumentierten klinischen Befund jedoch keinerlei Anhaltspunkte finden. So beschrieb Dr. A. mit Ausnahme eines radialseitigen, d.h. speichenseitigen Druckschmerzes einen im Wesentlichen unauffälligen Befund, wobei er die Beweglichkeit als erhalten und Durchblutung, Motorik sowie Sensibilität unauffällig beschrieb. Nachdem sich auch im röntgenologischen Befund keine frische knöcherne Verletzung zeigte, ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass Dr. A. diagnostisch lediglich von einer Kontusion (=Prellung) ausging. Soweit er eine kleine Verschattung über der Olecranonspitze mit kleiner Exostose beschrieb, handelt es sich - so der Sachverständige Prof. Dr. L. - um eine knöcherne Ausziehung oder knochennahe Verknöcherung von Weichteilgewebe, wie dies als Folge einer chronischen Zugbelastung der Ellenbogenspitze als arthrotische Veränderung oder in Folge einer alten knöchernen Verletzung auftreten kann. In diesem Sinne äußerte sich auch der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren hinzugezogene Gutachter Dr. P. , der diese Veränderung im Sinne einer degenerativen Schadensanlage im Bereich des rechten Ellenbogens beschrieb.

Ausgehend hiervon überzeugt es nicht, wenn der Kläger die nachfolgend anlässlich seiner Erstvorstellung in der G. am 31.10.2011 nun diagnostizierte knöcherne Absprengung am Olecranon auf den Sturz vom 15.10.2011 zurückführt. Auch Prof. Dr. O. hat im Rahmen seiner dem SG erteilten Auskunft als sachverständiger Zeuge keinen Zusammenhang mit dem Unfall vom 15.10.2011 hergestellt. Er hat lediglich davon berichtet, dass der Kläger über Schmerzen im Bereich des rechten Armes nach einem erlittenen Sturz berichtete, ohne diesen Sturz näher zeitlich zu konkretisieren. Allerdings hat er gleichzeitig auch von einer am 31.10.2011 diagnostizierten Rissquetschwunde am rechten Ellenbogen berichtet, was darauf hinweist, dass der erfolgten Vorstellung in der G. eine - nicht im Zusammenhang mit dem Ereignis vom 15.10.2011 stehende - Verletzung vorausging, auch wenn der Kläger dies in Abrede stellt. Denn bei dem Sturz vom 15.10.2011 kam es - wie Dr. A. gegenüber der Beklagten ausführte - nicht zu sichtbaren äußeren Verletzungszeichen, so dass nahe liegt, dass die von den Ärzten der G. diagnostizierte knöcherne Verletzung im Bereich der rechten Ellenbogenspitze auf diese neuerliche Verletzung zurückzuführen ist. In Einklang damit stehen auch die Ausführungen in dem vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Befundbericht der G. vom 03.09.2014. Darin hat Dr. H. Bezug genommen auf einen Arbeitsunfall im Oktober 2011, wobei drei Wochen nach dem Unfall auf Grund einer radiologisch nachgewiesenen knöchernen Absprengung im Bereich der Bursa olecrani eine arthroskopische Entfernung erfolgt sei. Da die knöcherne Absprengung am 22.11.2010 operativ entfernt wurde, lässt sich mit den Darlegungen des Dr. H. zwanglos ein Ende Oktober 2011 erlittener Sturz vereinbaren, der Anlass für den Kläger war, sich am 31.10.2010 in der G. vorzustellen. In Einklang damit steht insbesondere auch die anlässlich dieser Vorstellung diagnostizierte Rissquetschwunde sowie die weiteren Ausführungen des Dr. H. in dem angesprochenen Befundbericht, wonach von einer frischen knöchernen Absprengung auszugehen war, weil ein Unfallereignis "unmittelbar vorausgegangen" sei.

Soweit der Kläger zuletzt geltend gemacht hat, die von Dr. A. erhobenen Befunde seien unvollständig, da dessen Untersuchung nur oberflächlich erfolgt sei und gerade die von Dr. Z. am 27.10.2011 objektivierte infizierte Schürfwunde sei ein Indiz dafür, dass er sich am 15.10.2011 eine Schürfwunde zugezogen habe, rechtfertigt dieses Vorbringen keine abweichende Beurteilung. Angesichts der von Dr. A. tatsächlich dokumentierten unauffälligen Befunde in Bezug auf Beweglichkeit, Durchblutung, Motorik und Sensibilität ist das Übersehen einer offenen Wunde auszuschließen. Jedenfalls kann auf Grund der Behandlung des Klägers nicht das Gegenteil angenommen werden. Im Ergebnis belegen diese Behauptungen nicht, dass beim Kläger unfallnah Befunde vorlagen, die auf eine knöcherne Verletzung im Bereich der Ellenbogenspitze hinwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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