Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 3896/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1779/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.03.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung der beim Kläger am 02.07.2009 erfolgten Meningokokkenimpfung als Arbeitsunfall streitig.
Der am 1981 geborene Kläger, der ab 01.04.2009 als Assistenzarzt in der Medizinischen Klinik der F.-S.-Klinik in B. tätig war, erhielt im Rahmen seiner Tätigkeit am 02.07.2009 eine aktive Meningokokken-Impfung mit dem Präparat Neis-Vac-C.
Nach seinen Angaben verspürte der Kläger ca. 14 Tage nach der Impfung ein zunehmendes Krankheitsgefühl sowie Muskelschmerzen, die sich im Verlauf komplett zurückbildeten. Ab 16.07.2009 traten aufsteigende Kribbelparästhesien im Bereich der Finger und Füße auf und zudem wechselnde Schmerzen im Kniegelenk, Rücken oder der Schulter und am 23.07.2009 kam es zu einem unwillkürlichen Urinabgang und einem Restharngefühl. Der Kläger wurde daraufhin noch am selben Tag in der Neurologischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses Karlsruhe zur weiteren Diagnostik stationär aufgenommen und bis zum 31.07.2009 behandelt. Dabei kam es unter Therapie mit Intratect zu einer Besserung der Symptomatik. Diagnostisch gingen die behandelnden Ärzte von einem Guillain-Barré-Syndrom (GBS) aus und sie äußerten den Verdacht auf einen Morbus Meulengracht (vgl. Behandlungsbericht vom 01.09.2009, Bl. 2 VerwA). Auf Grund einer Verschlechterung der Symptomatik wurde der Kläger vom 19. bis 25.08.2009 erneut stationär behandelt, wobei es nach Therapie mit Intratect wiederum zu einer Besserung kam (vgl. Bl. 13 VerwA). Auch nach der erneuten Verschlechterung, derentwegen der Kläger nunmehr vom 24. bis 30.09.2009 im Städtischen Klinikum Karlsruhe stationär behandelt wurde, kam es nach Verabreichung von Immunglobulinen zu einer raschen Besserung der Beschwerden. Die behandelnden Ärzte sahen nunmehr die diagnostischen Kriterien einer chronisch inflammatorisch demyelisierenden Polyneuropathie (CIDP) als erfüllt an, sie zogen aufgrund des eher schubförmigen Verlaufs differenzialdiagnostisch jedoch auch ein rezidivierend verlaufendes GBS in Betracht (vgl. Behandlungsbericht vom 13.10.2009, Bl. 5 VerwA).
Zur Einholung einer Zweitmeinung hinsichtlich des Krankheitsbildes und insbesondere auch der Frage eines sog. Impfschadens stellte sich der Kläger am 30.10.2009 bei Prof. Dr. G. , Direktor der Neurologischen Klinik im S. des Klinikums der R.-U. B. , vor, der diagnostisch von einer CIDP ausging. In seinem Ambulanzbericht vom 20.11.2009 (vgl. Bl. 45 VerwA) führte er weiter aus, dass für einen Zusammenhang mit dem Impfereignis momentan lediglich das Zeitfenster von zwei Wochen spreche. Im Übrigen müsse ein Impferfolg in Form eines Titers dokumentiert sein. Die bisherigen in der Literatur verfügbaren Stellungnahmen ließen lediglich für die Vaccine MCV4 einen Zusammenhang für möglich erscheinen.
Nachfolgend erhielt der Kläger weitere Zyklen Immunglobuline und es wurde eine immunsupressive Therapie mit Azathioprin eingeleitet.
Zum ursächlichen Zusammenhang zwischen der Meningokokken-Impfung und dem diagnostizierten GBS holte die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme des Priv.-Doz. Dr. H. ein, der ausführte, dass die Impfung gegen Meningokokken aus einem sogenannten Totimpfstoff bestehe, weshalb keine aktive Erkrankung im Sinne einer Meningokokken-Infektion ausgelöst werden könne. Gleichwohl werde weltweit immer wieder diskutiert, ob ein GBS im Zusammenhang mit Impfungen auftreten könne. Dies sei bei verschiedenen Grippeimpfstoffen zumindest für möglich gehalten worden. Seiner Kenntnis nach sei nach Meningokokken-Impfungen bisher kein Zusammenhang wahrscheinlich gemacht worden. Bei dem GBS handle es sich vermutlich um eine durch Autoimmunprozesse ausgelöste Entzündung der Nerven, wobei letztlich unklar sei, wodurch diese kausal ausgelöst werde. Der derzeitige Kenntnisstand gebe letztlich nicht genügend gesicherte Hinweise, dass man vorliegend eine Kausalität ausschließen oder bejahen könne (vgl. Bl. 23 f. VerwA). In seiner weiteren Stellungnahme führte er zu dem Bericht des Prof. Dr. G. aus, dieser habe zutreffend darauf hingewiesen, dass eine CIDP nicht grundsätzlich als Impffolge ausgeschlossen werden könne, jedoch ein Impferfolg in Form eines Antikörpertests dokumentiert sein müsse (vgl. Bl. 72 VerwA).
Die Beklagte holte sodann ein Gutachten bei Prof. Dr. J. , Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität R. , Bereich Klinische Virologie und Infektionsimmunologie, ein, der ausführte, dass Autoimmunerkrankungen wie die CIDP bzw. das GBS prinzipiell durch Impfungen hervorgerufen werden könnten, wenn dies auch sehr selten sei. Belegt sei die Auslösung eines GBS durch die Influenzaimpfung, während es Beweise für einen Zusammenhang zwischen einer Impfung und einer CIDP nicht gebe. Eindeutige Zusammenhänge zwischen einer Impfung gegen Meningokokken und dem Auftreten eines GBS bzw. einer CIDP hätten bisher nicht hergestellt werden können. Die beiden einzigen Studien zu einem möglichen Zusammenhang zwischen einem GBS und einer Meningokokken-Impfung hätten kein gehäuftes Auftreten nach der Impfung feststellen können. Zur Beurteilung der Impfung im Hinblick auf eine CIDP lägen außer einer Einzelfallbeschreibung keine weiteren Daten vor. Halte man trotzdem an einem möglichen Zusammenhang zwischen Meningokokken-Impfung und einem GBS bzw. einer CIDP fest, müsse man davon ausgehen, dass eine durch die Meningokokken-Impfung ausgelöste Erkrankung extrem selten, und zwar wesentlich seltener als eine spontan auftretende derartige Erkrankung sei. Die Wahrscheinlichkeit einer impfinduzierten derartigen Erkrankung werde aufgrund aller gegenwärtig verfügbaren Daten immer niedriger sein als die Wahrscheinlichkeit ihres spontanen Auftretens.
Mit Bescheid vom 24.10.2012 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 02.07.2009 als Arbeitsunfall ab, weil ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der erfolgten Impfung und der (wohl) vorliegenden CIDP nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu begründen sei. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger im Wesentlichen geltend, es seien keine Feststellungen dazu getroffen worden, welche anderen Faktoren neben der in Rede stehenden Impfung für das Auftreten der CIDP und des GBS in Betracht gezogen worden seien. Gebe es solche nicht und es trete nach einer Impfung zeitnah eine entsprechende Krankheit auf, so spreche mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vieles dafür, dass die Impfung hierfür ursächlich sei. Hierzu holte die Beklagte eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. J. ein, der ausführte, dass die Ätiologie des GBS und der CIDP nach wie vor unklar sei und die Ursachen bzw. auslösenden Faktoren der entsprechenden Autoimmunkrankheiten nicht ausreichend bekannt seien. Da in etwa zwei Drittel aller Fälle eines GBS eine Infektion in der Vorgeschichte beobachtet worden sei, nehme man verschiedene Infektionen als Auslöser an. Bewiesen als auslösender Faktor sei aber lediglich eine Infektion mit dem Durchfallerreger Campylobacter jejuni, während für eine CIPD überhaupt keine auslösenden Faktoren, auch keine Infekte bekannt seien. Als einzige weitere gesicherte Ursache für ein GBS wurde die Impfung gegen die Influenza gefunden. Die durch die genannten Faktoren ausgelösten Fälle eines GBS machten lediglich einen kleinen Teil aller GBS-Erkrankungen aus. Für die weit überwiegende Mehrheit der Fälle könnten keine auslösenden Faktoren gefunden werden. Auch unter Berücksichtigung einer aktuellen Publikation aus den USA (Baxter et al 2013), die keine Assoziation der GBS-Fälle mit einer Impfung hätten finden können, gebe es keinen Grund für die Annahme, dass die beim Kläger aufgetretene Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die vorausgegangene Meningokokken-Impfung zurückzuführen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers sodann zurück.
Am 08.11.2013 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG das Gutachten des Dr. P. , Chefarzt der Neurologischen Klinik im O. -Klinikum A. , aufgrund Untersuchung des Klägers eingeholt. Der Sachverständige, der diagnostisch entweder von einem GBS oder einer CIDP ausgegangen ist (eine eindeutige Festlegung sei nicht möglich), hat ausgeführt, dass es nach den bisher vorliegenden medizinischen Daten keine Hinweise darauf gebe, dass eine Meningokokken-Impfung ein GBS oder eine CIDP verursachen könne, umgekehrt könne dies aber auch nicht ausgeschlossen werden könne. Die entsprechende Problematik habe Prof. Dr. J. in seinem Gutachten ausführlich dargelegt. Aus klinischer Sicht sei es angesichts des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Impfung und der aufgetretenen Symptomatik plausibel, dass die Impfung zu dem GBS oder der CIDP geführt habe. Ein Zusammenhang lasse sich mit Wahrscheinlichkeit dann annehmen, wenn er möglich sei und sich aus der zeitlichen Abfolge der Ereignisse überzeugend ableiten lasse. Selbst wenn man die Möglichkeit eines impfunabhängigen spontanen GBS in Erwägung ziehe, so sei doch unwahrscheinlich, dass zwei Wochen nach der Impfung eine immunpathologisch vermittelte Neuropathie spontan aufgetreten sei.
Mit Urteil vom 27.03.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und gestützt auf das Gutachten des Prof. Dr. J. ausgeführt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und dem aufgetretenen GBS bzw. der CIDP nicht hinreichend wahrscheinlich sei. Es lägen insgesamt nur zwei Studien eine Impfung gegen Meningokokken betreffend vor, die kein gehäuftes Auftreten von Folgeerkrankungen nahelegten. Selbst bei Annahme der Möglichkeit einer Verursachung der Erkrankung durch die Impfung, trete eine solche Erkrankung wesentlich seltener hierdurch auf, als dass sie spontan entstehe. Ebenso wie Prof. Dr. J. habe auch Prof. Dr. G. in seinen Ausführungen vom 20.11.2009 einen Zusammenhang lediglich für möglich erachtet. Nichts anderes lasse sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. P. herleiten, der den Ausführungen des Prof. Dr. J. ausdrücklich zugestimmt habe. Soweit er dennoch wegen des Zeitfensters von zwei Wochen aus seiner klinischen Sicht einen Zusammenhang angenommen hat, verkenne er den in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Beweismaßstab.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 08.04.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.05.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, dass ausgehend davon, dass die Impfung geeignet sein könne, sein Krankheitsbild hervorzurufen und unter weiterer Berücksichtigung des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang des Auftretens der Symptome, wie dies Dr. P. beschreibe, deutlich werde, dass eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine impfinduzierte Erkrankung vorliege. Es sei nämlich sehr unwahrscheinlich, dass das spontane Auftreten der Erkrankung gerade einmal zwei Wochen nach der unstreitigen Impfung anzunehmen sei, weshalb gemessen am beschriebenen Beweismaßstab ein Zusammenhang als belegt angenommen werden könne. Sowohl nach Auffassung von Prof. Dr. G. als auch nach Ansicht von Dr. P. spreche der zeitliche Zusammenhang eindeutig für eine höhere Wahrscheinlichkeit der impfbedingten Erkrankung. Demgegenüber führe Prof. Dr. J. seine Argumentation lediglich anhand von statistischen Werten durch, ohne auf seinen Einzelfall und hier die zeitliche Komponente abzustellen. Berücksichtige man ferner als Indiz, dass es bei ihm vor der unstreitigen Impfung keinerlei Infektionserkrankungen gegeben habe, die als weitere Ursache für das Entstehen der Erkrankung angenommen werden könnten, bleibe nur der Schluss, dass der durch die Impfung hervorgerufene Eingriff in sein Immunsystem ursächlich für das Auftreten des Krankheitsbildes gewesen sei. Vereinbar sei diese Auffassung auch mit dem vom Sozialgericht Dortmund in seinem Urteil vom 13.11.2013, S 7 VJ 601/09, bejahten Zusammenhang einer Schutzimpfung gegen Hepatitis A und B mit dem auch bei ihm aufgetretenen GBS.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.03.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.10.2013 zu verurteilen, das Ereignis vom 02.07.2009 als Arbeitsunfall anzuerkennen und entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ablehnenden Verwaltungsentscheidungen. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 20). Hingegen ist nicht über eine Leistungspflicht der Beklagten zu entscheiden. Denn der Kläger macht keine konkreten Ansprüche auf bestimmte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (z. B. Heilbehandlung, Verletztengeld oder Verletztenrente) geltend. Vielmehr begehrt er zunächst nur eine Klärung von Grundlagen der in Frage kommenden Leistungsansprüche, hier des von der Beklagten verneinten Ursachenzusammenhanges zwischen dem erlittenen Arbeitsunfall und den von ihm geklagten Gesundheitsstörungen. Eine solche Klärung kann der Versicherte im Wege der Verpflichtungsklage herbeiführen. Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des gestellten Antrages kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 07.09.2004, a.a.O.).
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.10.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die am 02.07.2009 erfolgte Impfung nicht als Arbeitsunfall anerkannte. Denn es ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass diese Impfung zu der beim Kläger nachfolgend aufgetretene Erkrankung geführt hat.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen für die Anerkennung der in Rede stehenden Impfung als Arbeitsunfall ebenso wie die Maßstäbe nach denen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem Unfallereignis und einem aufgetretenen Gesundheitsschaden zu bejahen ist, im Einzelnen dargelegt sowie zutreffend und ausführlich begründet, dass und aus welchen Gründen diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind und dementsprechend nicht wahrscheinlich ist, dass die Meningokokken-Impfung vom 02.07.2009 rechtlich wesentliche Ursache der nachfolgend aufgetretenen Erkrankung ist, wobei dahinstehen kann, ob es sich dabei um ein GBS oder um eine CIDP handelt. Der Senat teilt die Auffassung des SG und schließt sich den entsprechenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil in vollem Umfang an. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Soweit der Kläger meint, die grundsätzlich bestehende Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen der erfolgten Impfung und dem Auftreten eines GBS bzw. einer CIDP begründe unter zusätzlicher Berücksichtigung des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Impfung und dem Auftreten der Krankheitssymptome von ca. zwei Wochen eine höhere Wahrscheinlichkeit für einen ursächlichen Zusammenhang, so ist zwar zutreffend, dass dieser Gesichtspunkt einen Ursachenzusammenhang wahrscheinlicher macht, als wenn die Erkrankung erst zu einem späteren Zeitpunkt, ggf. erst nach Monaten oder Jahren aufgetreten wäre. Allerdings ändert dies nichts an der Tatsache, dass lediglich dieser Gesichtspunkt auf einen ursächlichen Zusammenhang hinweist, und zwar nur deshalb, weil Impfungen trotz der weitgehenden Unkenntnis bezüglich der Ätiologie von Autoimmunerkrankungen, wie des GBS und der CIDP, die - so Prof. Dr. J. - noch immer nur bruchstückhaft verstanden werden, in der wissenschaftlichen Diskussion ganz allgemein als auslösende Faktoren angeschuldigt werden, ohne dass in der Mehrheit der Fälle überhaupt ein Nachweis hierfür erbracht worden wäre. Damit erschöpfen sich die für einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gesichtspunkte - bei gänzlich fehlendem Beleg für einen Zusammenhang zwischen Meningokokken-Impfung und einem GBS bzw. einer CIDP durch wissenschaftliche Untersuchungen - in dem Umstand, dass Krankheitserscheinungen zeitnah zu der erfolgten Impfung auftraten. Entsprechend hat Prof. Dr. G. im Rahmen seiner Ausführungen vom 20.11.2009 auch ausgeführt, dass lediglich das Zeitfenster von zwei Wochen für einen Zusammenhang zwischen der Impfung und der aufgetretenen Erkrankung spricht. Die erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit lässt sich hieraus nicht ableiten. Denn dies setzt voraus, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Das angesprochene zeitliche Element spricht im Sinne der Auffassung des Klägers daher nicht für eine "höhere Wahrscheinlichkeit" im Sinne einer Verdichtung zu einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Gestalt, dass nun mehr Gesichtspunkte für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechen würden.
Ohnehin muss der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen positiv festgestellt werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Insbesondere gibt es auch keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, a.a.O.). Entsprechend lässt sich auch aus dem Vorbringen des Klägers, dass er vor der in Rede stehenden Impfung keinerlei Infektionskrankheit, die als weitere Ursache für das Entstehen der Erkrankung in Betracht käme, gehabt habe, keine andere Beurteilung herleiten. Letztlich kann der ursächliche Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn nicht rein zeitlich begründet werden, sondern muss sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Dem entsprechend kann im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht im Sinne eines Anscheinsbeweises aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung auf die berufliche Verursachung der Erkrankung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R).
Nach alledem lässt es der zeitliche Zusammenhang zwischen der beim Kläger erfolgten Meningokokken-Impfung und dem Auftreten der Krankheitserscheinungen zwei Wochen später zwar möglich erscheinen, dass die Erkrankung Folge der Impfung ist, jedoch lässt sich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit nicht begründen. Dass es sich beim Auftreten von Autoimmunerkrankungen um ein multifaktorielles Geschehen handelt, bei dem neben dem Impfstoff auch Umweltfaktoren, immunologische Eigenschaften des Impflings und vor allem auch genetische Faktoren eine Rolle spielen, wodurch die Feststellung einer Impffolge in der Regel - so Prof. Dr. J. - sehr selten möglich sein wird, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Denn soweit ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden kann, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Soweit der Kläger meint, Prof. Dr. J. habe seine Beurteilung lediglich anhand von statistischen Werten getroffen, ohne auf seinen Einzelfall und dabei auf die angesprochene zeitliche Komponente einzugehen, ist darauf hinzuweisen, dass es gerade Aufgabe des Prof. Dr. J. war, die wissenschaftliche Datenlage und damit den medizinischen Kenntnisstand darzustellen. Denn erst auf dieser Grundlage kann im Rahmen der Beurteilung des Einzelfalls die Frage beantwortet werden, ob mehr Gesichtspunkte für oder gegen eine ursächlichen Zusammenhang sprechen. Dem tragen die Ausführungen des Prof. Dr. J. in jeder Hinsicht Rechnung. Auch Dr. P. hat diese Ausführungen für zutreffend erachtet, allerdings unter Verkennung des unfallversicherungsrechtlichen Kausalitätsbegriffs hieraus eine unzutreffende Schlussfolgerung gezogen.
Das vom Kläger im Berufungsverfahren herangezogenen Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13.11.2013, das nach dem Vortrag des Klägers eine Impfung gegen Hepatitis A und B betraf, ist im vorliegenden Verfahren nicht relevant, da es zu einem gänzlich anderen, als dem vorliegend verwendeten Impfstoff erging. Nach den Ausführungen des Prof. Dr. J. muss nämlich zwischen den verschiedenen Impfstoffen unterschieden worden, weil "Impfstoff nicht gleich Impfstoff ist".
Die Berufung des Klägers kann daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung der beim Kläger am 02.07.2009 erfolgten Meningokokkenimpfung als Arbeitsunfall streitig.
Der am 1981 geborene Kläger, der ab 01.04.2009 als Assistenzarzt in der Medizinischen Klinik der F.-S.-Klinik in B. tätig war, erhielt im Rahmen seiner Tätigkeit am 02.07.2009 eine aktive Meningokokken-Impfung mit dem Präparat Neis-Vac-C.
Nach seinen Angaben verspürte der Kläger ca. 14 Tage nach der Impfung ein zunehmendes Krankheitsgefühl sowie Muskelschmerzen, die sich im Verlauf komplett zurückbildeten. Ab 16.07.2009 traten aufsteigende Kribbelparästhesien im Bereich der Finger und Füße auf und zudem wechselnde Schmerzen im Kniegelenk, Rücken oder der Schulter und am 23.07.2009 kam es zu einem unwillkürlichen Urinabgang und einem Restharngefühl. Der Kläger wurde daraufhin noch am selben Tag in der Neurologischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses Karlsruhe zur weiteren Diagnostik stationär aufgenommen und bis zum 31.07.2009 behandelt. Dabei kam es unter Therapie mit Intratect zu einer Besserung der Symptomatik. Diagnostisch gingen die behandelnden Ärzte von einem Guillain-Barré-Syndrom (GBS) aus und sie äußerten den Verdacht auf einen Morbus Meulengracht (vgl. Behandlungsbericht vom 01.09.2009, Bl. 2 VerwA). Auf Grund einer Verschlechterung der Symptomatik wurde der Kläger vom 19. bis 25.08.2009 erneut stationär behandelt, wobei es nach Therapie mit Intratect wiederum zu einer Besserung kam (vgl. Bl. 13 VerwA). Auch nach der erneuten Verschlechterung, derentwegen der Kläger nunmehr vom 24. bis 30.09.2009 im Städtischen Klinikum Karlsruhe stationär behandelt wurde, kam es nach Verabreichung von Immunglobulinen zu einer raschen Besserung der Beschwerden. Die behandelnden Ärzte sahen nunmehr die diagnostischen Kriterien einer chronisch inflammatorisch demyelisierenden Polyneuropathie (CIDP) als erfüllt an, sie zogen aufgrund des eher schubförmigen Verlaufs differenzialdiagnostisch jedoch auch ein rezidivierend verlaufendes GBS in Betracht (vgl. Behandlungsbericht vom 13.10.2009, Bl. 5 VerwA).
Zur Einholung einer Zweitmeinung hinsichtlich des Krankheitsbildes und insbesondere auch der Frage eines sog. Impfschadens stellte sich der Kläger am 30.10.2009 bei Prof. Dr. G. , Direktor der Neurologischen Klinik im S. des Klinikums der R.-U. B. , vor, der diagnostisch von einer CIDP ausging. In seinem Ambulanzbericht vom 20.11.2009 (vgl. Bl. 45 VerwA) führte er weiter aus, dass für einen Zusammenhang mit dem Impfereignis momentan lediglich das Zeitfenster von zwei Wochen spreche. Im Übrigen müsse ein Impferfolg in Form eines Titers dokumentiert sein. Die bisherigen in der Literatur verfügbaren Stellungnahmen ließen lediglich für die Vaccine MCV4 einen Zusammenhang für möglich erscheinen.
Nachfolgend erhielt der Kläger weitere Zyklen Immunglobuline und es wurde eine immunsupressive Therapie mit Azathioprin eingeleitet.
Zum ursächlichen Zusammenhang zwischen der Meningokokken-Impfung und dem diagnostizierten GBS holte die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme des Priv.-Doz. Dr. H. ein, der ausführte, dass die Impfung gegen Meningokokken aus einem sogenannten Totimpfstoff bestehe, weshalb keine aktive Erkrankung im Sinne einer Meningokokken-Infektion ausgelöst werden könne. Gleichwohl werde weltweit immer wieder diskutiert, ob ein GBS im Zusammenhang mit Impfungen auftreten könne. Dies sei bei verschiedenen Grippeimpfstoffen zumindest für möglich gehalten worden. Seiner Kenntnis nach sei nach Meningokokken-Impfungen bisher kein Zusammenhang wahrscheinlich gemacht worden. Bei dem GBS handle es sich vermutlich um eine durch Autoimmunprozesse ausgelöste Entzündung der Nerven, wobei letztlich unklar sei, wodurch diese kausal ausgelöst werde. Der derzeitige Kenntnisstand gebe letztlich nicht genügend gesicherte Hinweise, dass man vorliegend eine Kausalität ausschließen oder bejahen könne (vgl. Bl. 23 f. VerwA). In seiner weiteren Stellungnahme führte er zu dem Bericht des Prof. Dr. G. aus, dieser habe zutreffend darauf hingewiesen, dass eine CIDP nicht grundsätzlich als Impffolge ausgeschlossen werden könne, jedoch ein Impferfolg in Form eines Antikörpertests dokumentiert sein müsse (vgl. Bl. 72 VerwA).
Die Beklagte holte sodann ein Gutachten bei Prof. Dr. J. , Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität R. , Bereich Klinische Virologie und Infektionsimmunologie, ein, der ausführte, dass Autoimmunerkrankungen wie die CIDP bzw. das GBS prinzipiell durch Impfungen hervorgerufen werden könnten, wenn dies auch sehr selten sei. Belegt sei die Auslösung eines GBS durch die Influenzaimpfung, während es Beweise für einen Zusammenhang zwischen einer Impfung und einer CIDP nicht gebe. Eindeutige Zusammenhänge zwischen einer Impfung gegen Meningokokken und dem Auftreten eines GBS bzw. einer CIDP hätten bisher nicht hergestellt werden können. Die beiden einzigen Studien zu einem möglichen Zusammenhang zwischen einem GBS und einer Meningokokken-Impfung hätten kein gehäuftes Auftreten nach der Impfung feststellen können. Zur Beurteilung der Impfung im Hinblick auf eine CIDP lägen außer einer Einzelfallbeschreibung keine weiteren Daten vor. Halte man trotzdem an einem möglichen Zusammenhang zwischen Meningokokken-Impfung und einem GBS bzw. einer CIDP fest, müsse man davon ausgehen, dass eine durch die Meningokokken-Impfung ausgelöste Erkrankung extrem selten, und zwar wesentlich seltener als eine spontan auftretende derartige Erkrankung sei. Die Wahrscheinlichkeit einer impfinduzierten derartigen Erkrankung werde aufgrund aller gegenwärtig verfügbaren Daten immer niedriger sein als die Wahrscheinlichkeit ihres spontanen Auftretens.
Mit Bescheid vom 24.10.2012 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 02.07.2009 als Arbeitsunfall ab, weil ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der erfolgten Impfung und der (wohl) vorliegenden CIDP nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu begründen sei. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger im Wesentlichen geltend, es seien keine Feststellungen dazu getroffen worden, welche anderen Faktoren neben der in Rede stehenden Impfung für das Auftreten der CIDP und des GBS in Betracht gezogen worden seien. Gebe es solche nicht und es trete nach einer Impfung zeitnah eine entsprechende Krankheit auf, so spreche mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vieles dafür, dass die Impfung hierfür ursächlich sei. Hierzu holte die Beklagte eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. J. ein, der ausführte, dass die Ätiologie des GBS und der CIDP nach wie vor unklar sei und die Ursachen bzw. auslösenden Faktoren der entsprechenden Autoimmunkrankheiten nicht ausreichend bekannt seien. Da in etwa zwei Drittel aller Fälle eines GBS eine Infektion in der Vorgeschichte beobachtet worden sei, nehme man verschiedene Infektionen als Auslöser an. Bewiesen als auslösender Faktor sei aber lediglich eine Infektion mit dem Durchfallerreger Campylobacter jejuni, während für eine CIPD überhaupt keine auslösenden Faktoren, auch keine Infekte bekannt seien. Als einzige weitere gesicherte Ursache für ein GBS wurde die Impfung gegen die Influenza gefunden. Die durch die genannten Faktoren ausgelösten Fälle eines GBS machten lediglich einen kleinen Teil aller GBS-Erkrankungen aus. Für die weit überwiegende Mehrheit der Fälle könnten keine auslösenden Faktoren gefunden werden. Auch unter Berücksichtigung einer aktuellen Publikation aus den USA (Baxter et al 2013), die keine Assoziation der GBS-Fälle mit einer Impfung hätten finden können, gebe es keinen Grund für die Annahme, dass die beim Kläger aufgetretene Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die vorausgegangene Meningokokken-Impfung zurückzuführen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers sodann zurück.
Am 08.11.2013 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das SG das Gutachten des Dr. P. , Chefarzt der Neurologischen Klinik im O. -Klinikum A. , aufgrund Untersuchung des Klägers eingeholt. Der Sachverständige, der diagnostisch entweder von einem GBS oder einer CIDP ausgegangen ist (eine eindeutige Festlegung sei nicht möglich), hat ausgeführt, dass es nach den bisher vorliegenden medizinischen Daten keine Hinweise darauf gebe, dass eine Meningokokken-Impfung ein GBS oder eine CIDP verursachen könne, umgekehrt könne dies aber auch nicht ausgeschlossen werden könne. Die entsprechende Problematik habe Prof. Dr. J. in seinem Gutachten ausführlich dargelegt. Aus klinischer Sicht sei es angesichts des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Impfung und der aufgetretenen Symptomatik plausibel, dass die Impfung zu dem GBS oder der CIDP geführt habe. Ein Zusammenhang lasse sich mit Wahrscheinlichkeit dann annehmen, wenn er möglich sei und sich aus der zeitlichen Abfolge der Ereignisse überzeugend ableiten lasse. Selbst wenn man die Möglichkeit eines impfunabhängigen spontanen GBS in Erwägung ziehe, so sei doch unwahrscheinlich, dass zwei Wochen nach der Impfung eine immunpathologisch vermittelte Neuropathie spontan aufgetreten sei.
Mit Urteil vom 27.03.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und gestützt auf das Gutachten des Prof. Dr. J. ausgeführt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und dem aufgetretenen GBS bzw. der CIDP nicht hinreichend wahrscheinlich sei. Es lägen insgesamt nur zwei Studien eine Impfung gegen Meningokokken betreffend vor, die kein gehäuftes Auftreten von Folgeerkrankungen nahelegten. Selbst bei Annahme der Möglichkeit einer Verursachung der Erkrankung durch die Impfung, trete eine solche Erkrankung wesentlich seltener hierdurch auf, als dass sie spontan entstehe. Ebenso wie Prof. Dr. J. habe auch Prof. Dr. G. in seinen Ausführungen vom 20.11.2009 einen Zusammenhang lediglich für möglich erachtet. Nichts anderes lasse sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. P. herleiten, der den Ausführungen des Prof. Dr. J. ausdrücklich zugestimmt habe. Soweit er dennoch wegen des Zeitfensters von zwei Wochen aus seiner klinischen Sicht einen Zusammenhang angenommen hat, verkenne er den in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Beweismaßstab.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 08.04.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.05.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, dass ausgehend davon, dass die Impfung geeignet sein könne, sein Krankheitsbild hervorzurufen und unter weiterer Berücksichtigung des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang des Auftretens der Symptome, wie dies Dr. P. beschreibe, deutlich werde, dass eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine impfinduzierte Erkrankung vorliege. Es sei nämlich sehr unwahrscheinlich, dass das spontane Auftreten der Erkrankung gerade einmal zwei Wochen nach der unstreitigen Impfung anzunehmen sei, weshalb gemessen am beschriebenen Beweismaßstab ein Zusammenhang als belegt angenommen werden könne. Sowohl nach Auffassung von Prof. Dr. G. als auch nach Ansicht von Dr. P. spreche der zeitliche Zusammenhang eindeutig für eine höhere Wahrscheinlichkeit der impfbedingten Erkrankung. Demgegenüber führe Prof. Dr. J. seine Argumentation lediglich anhand von statistischen Werten durch, ohne auf seinen Einzelfall und hier die zeitliche Komponente abzustellen. Berücksichtige man ferner als Indiz, dass es bei ihm vor der unstreitigen Impfung keinerlei Infektionserkrankungen gegeben habe, die als weitere Ursache für das Entstehen der Erkrankung angenommen werden könnten, bleibe nur der Schluss, dass der durch die Impfung hervorgerufene Eingriff in sein Immunsystem ursächlich für das Auftreten des Krankheitsbildes gewesen sei. Vereinbar sei diese Auffassung auch mit dem vom Sozialgericht Dortmund in seinem Urteil vom 13.11.2013, S 7 VJ 601/09, bejahten Zusammenhang einer Schutzimpfung gegen Hepatitis A und B mit dem auch bei ihm aufgetretenen GBS.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.03.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.10.2013 zu verurteilen, das Ereignis vom 02.07.2009 als Arbeitsunfall anzuerkennen und entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu entschädigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ablehnenden Verwaltungsentscheidungen. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 20). Hingegen ist nicht über eine Leistungspflicht der Beklagten zu entscheiden. Denn der Kläger macht keine konkreten Ansprüche auf bestimmte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (z. B. Heilbehandlung, Verletztengeld oder Verletztenrente) geltend. Vielmehr begehrt er zunächst nur eine Klärung von Grundlagen der in Frage kommenden Leistungsansprüche, hier des von der Beklagten verneinten Ursachenzusammenhanges zwischen dem erlittenen Arbeitsunfall und den von ihm geklagten Gesundheitsstörungen. Eine solche Klärung kann der Versicherte im Wege der Verpflichtungsklage herbeiführen. Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des gestellten Antrages kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 07.09.2004, a.a.O.).
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.10.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die am 02.07.2009 erfolgte Impfung nicht als Arbeitsunfall anerkannte. Denn es ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass diese Impfung zu der beim Kläger nachfolgend aufgetretene Erkrankung geführt hat.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen für die Anerkennung der in Rede stehenden Impfung als Arbeitsunfall ebenso wie die Maßstäbe nach denen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem Unfallereignis und einem aufgetretenen Gesundheitsschaden zu bejahen ist, im Einzelnen dargelegt sowie zutreffend und ausführlich begründet, dass und aus welchen Gründen diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind und dementsprechend nicht wahrscheinlich ist, dass die Meningokokken-Impfung vom 02.07.2009 rechtlich wesentliche Ursache der nachfolgend aufgetretenen Erkrankung ist, wobei dahinstehen kann, ob es sich dabei um ein GBS oder um eine CIDP handelt. Der Senat teilt die Auffassung des SG und schließt sich den entsprechenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil in vollem Umfang an. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Soweit der Kläger meint, die grundsätzlich bestehende Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen der erfolgten Impfung und dem Auftreten eines GBS bzw. einer CIDP begründe unter zusätzlicher Berücksichtigung des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Impfung und dem Auftreten der Krankheitssymptome von ca. zwei Wochen eine höhere Wahrscheinlichkeit für einen ursächlichen Zusammenhang, so ist zwar zutreffend, dass dieser Gesichtspunkt einen Ursachenzusammenhang wahrscheinlicher macht, als wenn die Erkrankung erst zu einem späteren Zeitpunkt, ggf. erst nach Monaten oder Jahren aufgetreten wäre. Allerdings ändert dies nichts an der Tatsache, dass lediglich dieser Gesichtspunkt auf einen ursächlichen Zusammenhang hinweist, und zwar nur deshalb, weil Impfungen trotz der weitgehenden Unkenntnis bezüglich der Ätiologie von Autoimmunerkrankungen, wie des GBS und der CIDP, die - so Prof. Dr. J. - noch immer nur bruchstückhaft verstanden werden, in der wissenschaftlichen Diskussion ganz allgemein als auslösende Faktoren angeschuldigt werden, ohne dass in der Mehrheit der Fälle überhaupt ein Nachweis hierfür erbracht worden wäre. Damit erschöpfen sich die für einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gesichtspunkte - bei gänzlich fehlendem Beleg für einen Zusammenhang zwischen Meningokokken-Impfung und einem GBS bzw. einer CIDP durch wissenschaftliche Untersuchungen - in dem Umstand, dass Krankheitserscheinungen zeitnah zu der erfolgten Impfung auftraten. Entsprechend hat Prof. Dr. G. im Rahmen seiner Ausführungen vom 20.11.2009 auch ausgeführt, dass lediglich das Zeitfenster von zwei Wochen für einen Zusammenhang zwischen der Impfung und der aufgetretenen Erkrankung spricht. Die erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit lässt sich hieraus nicht ableiten. Denn dies setzt voraus, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Das angesprochene zeitliche Element spricht im Sinne der Auffassung des Klägers daher nicht für eine "höhere Wahrscheinlichkeit" im Sinne einer Verdichtung zu einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Gestalt, dass nun mehr Gesichtspunkte für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechen würden.
Ohnehin muss der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen positiv festgestellt werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Insbesondere gibt es auch keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, a.a.O.). Entsprechend lässt sich auch aus dem Vorbringen des Klägers, dass er vor der in Rede stehenden Impfung keinerlei Infektionskrankheit, die als weitere Ursache für das Entstehen der Erkrankung in Betracht käme, gehabt habe, keine andere Beurteilung herleiten. Letztlich kann der ursächliche Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn nicht rein zeitlich begründet werden, sondern muss sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Dem entsprechend kann im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht im Sinne eines Anscheinsbeweises aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung auf die berufliche Verursachung der Erkrankung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R).
Nach alledem lässt es der zeitliche Zusammenhang zwischen der beim Kläger erfolgten Meningokokken-Impfung und dem Auftreten der Krankheitserscheinungen zwei Wochen später zwar möglich erscheinen, dass die Erkrankung Folge der Impfung ist, jedoch lässt sich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit nicht begründen. Dass es sich beim Auftreten von Autoimmunerkrankungen um ein multifaktorielles Geschehen handelt, bei dem neben dem Impfstoff auch Umweltfaktoren, immunologische Eigenschaften des Impflings und vor allem auch genetische Faktoren eine Rolle spielen, wodurch die Feststellung einer Impffolge in der Regel - so Prof. Dr. J. - sehr selten möglich sein wird, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Denn soweit ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden kann, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Soweit der Kläger meint, Prof. Dr. J. habe seine Beurteilung lediglich anhand von statistischen Werten getroffen, ohne auf seinen Einzelfall und dabei auf die angesprochene zeitliche Komponente einzugehen, ist darauf hinzuweisen, dass es gerade Aufgabe des Prof. Dr. J. war, die wissenschaftliche Datenlage und damit den medizinischen Kenntnisstand darzustellen. Denn erst auf dieser Grundlage kann im Rahmen der Beurteilung des Einzelfalls die Frage beantwortet werden, ob mehr Gesichtspunkte für oder gegen eine ursächlichen Zusammenhang sprechen. Dem tragen die Ausführungen des Prof. Dr. J. in jeder Hinsicht Rechnung. Auch Dr. P. hat diese Ausführungen für zutreffend erachtet, allerdings unter Verkennung des unfallversicherungsrechtlichen Kausalitätsbegriffs hieraus eine unzutreffende Schlussfolgerung gezogen.
Das vom Kläger im Berufungsverfahren herangezogenen Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13.11.2013, das nach dem Vortrag des Klägers eine Impfung gegen Hepatitis A und B betraf, ist im vorliegenden Verfahren nicht relevant, da es zu einem gänzlich anderen, als dem vorliegend verwendeten Impfstoff erging. Nach den Ausführungen des Prof. Dr. J. muss nämlich zwischen den verschiedenen Impfstoffen unterschieden worden, weil "Impfstoff nicht gleich Impfstoff ist".
Die Berufung des Klägers kann daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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