Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 1411/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3596/13 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 19.7.2013 aufgehoben und der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Gewährung von Krankengeld im Wege vorläufigen Rechtsschutzes.
Der 1954 geborene Antragsteller (GdB 60) ist als Maschinenführer (Metallverformer) versicherungspflichtig beschäftigt und bei der Antragsgegnerin gesetzlich (in der Krankenversicherung der Beschäftigten, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V) krankenversichert.
Am 5.10.2012 erkrankte der Antragsteller arbeitsunfähig an einer chronisch-obstruktiven Lungen- sowie einer Herzerkrankung. Nach Beendigung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ab 16.11.2012 Krankengeld.
Am 3.12.2012 beantragte der Antragsteller bei der D. die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitationsbehandlung.
Die Antragsgegnerin befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). In der MDK-Stellungnahme vom 13.12.2012 führte Dr. H. aus, beim Antragsteller liege eine dilatative Kardiomyopathie und Diabetes mellitus vor. Außerdem leide der Antragsteller an einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Schon bei geringer körperlicher Belastung komme es zu anhaltender Atemnot. Zwischenzeitlich sei auch eine primär prophylaktische Implantation eines ICD-Aggregats vorgenommen worden. Die gegenwärtig als körperlich schwer einzustufende Tätigkeit sei dauerhaft nicht mehr leidensgerecht, so dass Arbeitsunfähigkeit auf Dauer vorliege. Damit liege zugleich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vor; die Voraussetzungen des § 51 SGB V seien erfüllt. Die Einschätzung des Hausarztes des Antragstellers, wonach eine Wiederaufnahme der bislang verrichteten Tätigkeit Anfang Dezember 2012 möglich sein sollte, sei nicht plausibel.
Mit Schreiben vom 17.12.2012 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, die Rücknahme des Reha-Antrags und andere, im einzeln aufgeführte, Rechtshandlungen bedürften ihrer Zustimmung. Der Krankengeldanspruch könne ab 1.3.2013 rückwirkend entfallen, wenn er eine zustimmungspflichtige Erklärung gegenüber dem Rentenversicherungsträger ohne ihre Zustimmung abgebe.
Mit (als solchem bezeichneten) Bescheid vom 29.1.2013 lehnte die D. den Reha-Antrag ab. Die Erwerbsfähigkeit des Antragstellers könne durch medizinische Rehabilitationsleistungen nicht wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden. Der Reha-Antrag gelte als Rentenantrag. Der Antragsteller möge einen förmlichen Rentenantrag stellen.
Mit Schreiben (ebenfalls) vom 29.1.2013 teilte die D. dem Antragsteller mit, die beantragten Teilhabeleistungen seien nicht erfolgversprechend, da seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch die beantragte Leistung zur Teilhabe nicht wesentlich verbessert oder wiederhergestellt werden könne. Nach ihren Feststellungen liege volle Erwerbsminderung auf Dauer seit 5.10.2012 vor. Die Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer werde von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die jeweilige Rente erfüllt seien. Das gelte jedoch nur dann, wenn der Rentenantrag rechtzeitig, d.h. bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien, gestellt werde. Erfolge die Antragstellung nach Ablauf dieser Frist, beginne die Rente aus eigener Versicherung am Ersten des Antragsmonats. Der Antrag auf Gewährung von Rehabilitationsleistungen gelte als Rentenantrag. Der Kläger möge, sein Einverständnis vorausgesetzt, sobald wie möglich (bis 28.2.2013) einen formellen Rentenantrag stellen bzw. einen Termin zur Antragsaufnahme vereinbaren. Als Antragsdatum möge er den 3.12.2012 eintragen. Die zur Rentenantragstellung mitzubringenden Unterlagen seien in einer Anlage zu diesem Schreiben aufgeführt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Gewährung von Erwerbsminderungsrente ab 1.11.2012 seien erfüllt. In einer dem Schreiben beigefügten weiteren Anlage seien Fehlzeiten aufgeführt. Sofern in diesen Zeiten (u.a.) Beitrags- Beschäftigungs- oder Anrechnungszeiten zurückgelegt worden seien, möge der Antragsteller Nachweise hierfür vorlegen. Der Antragsteller möge dieses Schreiben bei seiner Vorsprache mitbringen. Er sei zur Mitwirkung verpflichtet und müsse für die notwendigen Angaben die einschlägigen Vordrucke benutzen. Werde bis zum 28.2.2013 ein formeller Rentenantrag nicht gestellt und könnten die für die Rentenfeststellung notwendigen Informationen auch nicht aus den vorliegenden Unterlagen entnommen werden, werde man einen förmlichen Ablehnungsbescheid wegen fehlender Mitwirkung erteilen. Im Betreff des Schreibens heißt es "Ihr Antrag auf Leistungen zur Teilhabe für Versicherte - Rehabilitationsantrag". Dem Schreiben ist eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigefügt worden.
Nachdem der Antragsteller einen formularmäßigen Rentenantrag in der Folgezeit nicht stellte, teilte ihm die D. mit Schreiben vom 4.4.2013 mit, das Verfahren über die Umdeutung des Reha-Antrags in einen Rentenantrag ruhe bis zu einer Entscheidung der Antragsgegnerin. Der Antragsteller möge sie (die D.) bis 30.4.2013 hierüber unterrichten.
Mit Schreiben vom 17.4.2013 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur Stellung eines förmlichen Rentenantrags bis 25.4.2013 auf. Andernfalls müsse man den Anspruch auf Krankengeld erneut prüfen.
Unter dem 30.4.2013 trug der Antragsteller vor, er werde den Reha-Antrag zwar nicht zurücknehmen, aber auch einen förmlichen Rentenantrag (unter Ausfüllung der entsprechenden Antragsformulare) nicht stellen. Seine entsprechenden Mitwirkungspflichten dürfe nur die D., nicht jedoch die Antragsgegnerin einfordern. Sein Arbeitsverhältnis bestehe fort und er beabsichtige in Absprache mit dem behandelnden Arzt und der Schwerbehindertenvertretung eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben.
Mit Bescheid vom 6.5.2013 beendete die Antragsgegnerin die Zahlung von Krankengeld zum 25.4.2013. Zur Begründung führte sie aus, der Antragsteller sei zur Mitwirkung im Verfahren verpflichtet. Die Weigerung zur Stellung eines förmlichen Rentenantrags genüge für die Beendigung der Krankengeldzahlung (§ 66 Abs. 2 SGB I).
Am 22.5.2013 erhob der Antragsteller Widerspruch. Er trug vor, er habe bei der D. einen Antrag gestellt und wirke nur im weiteren Verwaltungsverfahren (des Rentenversicherungsträgers) nicht mit. Die Antragsgegnerin könne dies nicht geltend machen. Man möge ihm weiterhin Krankengeld zahlen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.7.2013 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Krankengeldanspruch ende ab dem Bezug von Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Es genüge wenn die Rente bewilligt sei. Das sei hier mit dem Bescheid der D. vom 29.1.2013 geschehen. Die D. habe dem Antragsteller darin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1.11.2012 bewilligt und lediglich noch Nachweise für Fehlzeiten angefordert. Eines förmlichen Rentenantrags bedürfe es nach Umdeutung eines Reha-Antrags in einen Rentenantrag nicht.
Deswegen hat der Antragsteller Klage beim Sozialgericht Konstanz erhoben, über die noch nicht entschieden ist (Verfahren S 8 KR 1810/13). Zuvor hatte er bereits am 5.6.2013 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er wiederholte sei Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Er sei hinsichtlich seines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 03.12.2012 in seiner Dispositionsbefugnis nach § 51 SGB V eingeschränkt. Gegen diese Einschränkung habe er nicht verstoßen. Er habe den Antrag vom 03.12.2012 nicht zurückgenommen. und könne nach § 51 SGB V nicht verpflichtet werden, einen Antrag zu stellen. Die Verletzung etwaiger Mitwirkungspflichten im Rentenverfahren könne die Antragsgegnerin nicht geltend machen. Rente sei ihm nicht bewilligt worden. Er erhalte auch keine Rentenzahlungen und lebe derzeit von Ersparnissen, die aber alsbald aufgebraucht seien. In Absprache mit der behandelnden Ärztin sei eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben ab Juli 2013 geplant; derzeit werde der Wiedereingliederungsplan erarbeitet. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien bis 25.6.2013 ausgestellt. Der Bescheid der D. vom 29.1.2013 stelle einen Rentenbescheid über die Bewilligung von Erwerbsminderungsrente nicht dar, zumal ein konkreter Rentenbetrag nicht festgesetzt sei.
Die Antragsgegnerin trug vor, dem Antragsteller sei durch den Bescheid der D. vom 29.1.2013 volle Erwerbsminderungsrente bereits bewilligt worden, was der Fortzahlung von Krankengeld entgegenstehe. Im Hinblick darauf fehle es auch an einem Anordnungsgrund.
Die Antragsgegnerin legte die MDK-Stellungnahme des Dr. H. vom 1.7.2013 vor. Darin ist ausgeführt, der vorgelegte Wiedereingliederungsplan mache keinen Sinn, da die bisherige Tätigkeit des Antragstellers auf Dauer als nicht leidensgerecht anzusehen sei.
Der Antragsteller teilte abschließend mit, die Wiedereingliederung an einem anderen - leidensgerechten - Arbeitsplatz habe bereits begonnen.
Mit Beschluss vom 19.7.2013 verpflichtete das Sozialgericht der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung, dem Antragsteller Krankengeld für die Zeit vom 5.6.2013 bis 25.6.2013 zu gewähren; im Übrigen lehnte es den Antrag ab. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, für die Zeit vor der Beantragung vorläufigen Rechtsschutzes komme der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht. Im Übrigen sei dem Antragsteller aber Krankengeld (vorläufig) zu gewähren. Der Antragsteller sei unstreitig bis 25.6.2013 arbeitsunfähig und die Arbeitsunfähigkeit sei bis dahin auch ebenfalls unstreitig (lückenlos) ärztlich festgestellt. Die Antragsgegnerin dürfe die Zahlung von Krankengeld auch nicht nach Maßgabe der §§ 50, 51 SGB V bzw. §§ 60 ff. SGB I versagen. Gestützt auf § 51 Abs. 1 SGB V könne die Krankenkasse dem Versicherten zwar die Stellung eines Reha-Antrags, nicht jedoch eines förmlichen Rentenantrags aufgeben; diese Befugnis komme ihr auch nach §§ 60 ff. SGB I nicht zu (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 11.7.2006, - L 11 KR 936/06 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.6.2009, - L 5 KR 44/07 -; anders wohl jurisPK-SGB V/Brinkhoff § 51, Rdnr. 27). Die Mitwirkungspflicht des Versicherten im Rentenverfahren bestehe nur gegenüber dem Rentenversicherungsträger, nicht gegenüber der Krankenkasse. Im Hinblick auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB V sei dem Antragsteller Erwerbsminderungsrente auch nicht bewilligt (vgl. BSG, Urt. v. 28.9.2010, - B 1 KR 31/09 R -) worden. Das Schreiben der D. vom 29.1.2013 stelle einen Bewilligungsbescheid nicht dar. Es sei weder als Rentenbescheid bezeichnet noch würden Rentenbeginn und Rentenhöhe festgelegt. In dem Schreiben würden nur das Vorliegen voller Erwerbsminderung und die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung festgestellt. Über den 25.6.2013 hinaus sei ein Anordnungsanspruch wegen des Fehlens entsprechender Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsgrund liege vor. Der Antragsteller habe Mittellosigkeit durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht. Auf Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII könne er nicht zumutbar verwiesen werden. Diese stellten keinen gleichwertigen Ersatz für Leistungen der Sozialversicherung dar (vgl. auch LSG Bayern, Beschl. v. 22.1.2013, - L5 KR 492/12 B ER -; LSG Niedersachsen, Beschl. v. 27.7.2010, - L 1 KR 281/10 B ER -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.9.2006, - L 9 B 343/06 KR ER -). Auch auf den vom Rentenversicherungsträger in Aussicht gestellten möglichen Rentenanspruch dürfe der Antragsteller nicht verwiesen werden.
Auf den ihr am 22.7.2013 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 15.8.2013 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, für den Fall, dass eine erfolgreiche Durchführung der beantragten Rehabilitationsmaßnahme nicht zu erwarten sei, sei der Antrag nach § 51 SGB V als Rentenantrag i. S. d. § 116 Abs. 2 SGB VI zu werten (BSGE 76,218, KassKomm/Höfner SGB V § 51 Rdnr. 17). Deshalb müsse sie den Antragsteller gar nicht zur Rentenantragstellung verpflichten. Freilich sei dessen Reha-Antrag als Rentenantrag umgedeutet worden. Diesen habe der Antragsteller nicht zurückgenommen. Das Schreiben der D. vom 29.1.2013 sei als Bescheid über die Bewilligung von Erwerbsminderungsrente - jedenfalls dem Grunde nach - auszulegen, auch wenn die konkrete Rentenhöhe darin nicht festgelegt sei. Die konkrete Rentenhöhe sei nur für den Bezug der Rente von Belang, der für die Anwendung des § 50 SGB V aber nicht erforderlich sei, da die Rentenbewilligung genüge.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 19.7.2013 abzuändern und den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insgesamt abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Er sei auf die baldige Zahlung des Krankengelds zwar nicht mehr zur Deckung des laufenden Lebensunterhalts angewiesen, habe aber seine gesamten Rücklagen aufgebraucht und müsse deswegen Kredite mit erheblichen Überziehungszinsen in Anspruch nehmen
Die Antragsgegnerin hat mitgeteilt, dass das Krankengeld für die Zeit vom 5.6.2013 bis 25.6.2013 insgesamt 1.430,49 EUR beträgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Antragsgegnerin, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gem. §§ 172 ff. SGG statthaft, bei einem streitigen Krankengeldbetrag von 1.430,49 EUR, also über 750 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), insbesondere nicht gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet. Das Sozialgericht hätte die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nicht zur vorläufigen Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 5.6.2013 bis 25.6.2013 verpflichten dürfen, sondern den Antrag des Antragstellers in vollem Umfang ablehnen müssen.
1.) Vorläufiger Rechtsschutz ist vorliegend gem. § 86b Abs. 2 SGG statthaft. Danach kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG (Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage) nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1, Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2, Regelungsanordnung). Mit der Sicherungsanordnung soll die Rechtsstellung des Antragstellers (vorläufig) gesichert, mit der Regelungsanordnung soll sie (vorläufig) erweitert werden. Voraussetzung ist jeweils die Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds. Unter dem Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch zu verstehen, den der Antragsteller als Kläger im Hauptsacheverfahren geltend macht. Der Anordnungsgrund besteht in der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss gerechtfertigt sein. Daher müssen Gründe vorliegen, aus denen sich ihre besondere Dringlichkeit ergibt.
Bei Auslegung und Anwendung des § 86b Abs. 2 SGG sind das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und die Pflicht zum Schutz betroffener Grundrechte zu beachten, namentlich dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Versagung vorläufigen Rechtsschutzes Grundrechte des Antragstellers erheblich, über den Randbereich hinaus und womöglich in nicht wieder gut zu machender Weise verletzen könnte. Ferner darf oder muss das Gericht ggf. auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei späterem Misserfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren einerseits gegenüber der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bei nachfolgendem Obsiegen in der Hauptsache andererseits führen würde. Schließlich kann im Wege einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nur eine vorläufige Regelung getroffen und dem Antragsteller daher nicht schon in vollem Umfang, und sei es nur für eine vorübergehende Zeit, gewährt werden, was er nur im Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Auch in solchen Fällen ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung freilich möglich, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) geboten ist (zu alledem etwa Puttler, in NK-VwGO § 123 Rdnr. 94 ff.; Kopp/Schenke, VwGO § 123 Rdnr.12 ff. m.N. zur Rechtsprechung).
Hinsichtlich des Umfangs der Ermittlungen sind - unbeschadet der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren - der Eilcharakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens und das Risiko einer etwaigen Abweichung von der künftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Das gilt auch für die Prüfungsdichte des Gerichts. Regelmäßig genügt danach eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage auf der Grundlage unstreitiger oder glaubhaft gemachter Tatsachen bzw. auf der Grundlage der von den Beteiligten vorgelegten oder in angemessener Zeit erreichbaren Beweismittel. Drohen besonders schwerwiegende Eingriffe in grundrechtlich geschützte Güter, die nur schwer oder gar nicht mehr rückgängig gemacht werden können, ist eine besonders eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage, wenn möglich eine Vollprüfung, geboten. Geht es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung ist eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ausgeschlossen und eine abschließende Prüfung notwendig. Kommt das in solchen Fällen aus Zeitgründen im Hinblick auf den Eilcharakter des Verfahrens nicht in Betracht, ist eine Folgenbetrachtung unter umfassender Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Güter des Antragstellers und der diesen drohenden Beeinträchtigungen ausschlaggebend. Das Gericht muss sich dabei schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.2.2007, - 1 BvR 3101/06 -; auch Senatsbeschluss vom 9.8.2011, - L 5 KR 2470/11 -).
2.) Davon ausgehend erweist sich der angefochtene Beschluss des SG als fehlerhaft. Dem Antrag des Antragstellers auf vorläufige Auszahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 05.06.2013 bis 25.06.2013 kann nicht entsprochen werden. Weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht (§ 86b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Dass - hinsichtlich des Anordnungsanspruchs - die (Grund-)Voraussetzungen für die Gewährung von Krankengeld, nämlich das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit (§ 44 Abs. 1 SGB V), deren ärztliche Feststellung (§ 46 Satz 2 SGB V) und das Bestehen von Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld, während der streitigen Zeit erfüllt gewesen sind, ist unter den Beteiligten nicht streitig. Es spricht allerdings nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der derzeitigen Sach- und Rechtslage viel dafür, dass die Antragsgegnerin die Zahlung von Krankengeld zu Recht mit dem Bescheid vom 5.6.2013 zum 25.04.2013 eingestellt hat.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin dürfte der Krankengeldanspruch des Antragstellers (für die streitige Zeit) jedoch nicht gem. § 50 SGB V ausgeschlossen sein. Gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V endet der Anspruch auf Krankengeld für Versicherte, die (u.a.) Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehen, vom Beginn dieser Leistung an. Damit soll verhindert werden, dass dem gleichen Zweck - dem Ersatz von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen - dienende Sozialleistungen kumulativ bezogen werden. Die Rente wird i. S. d. § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V bezogen, wenn der Rentenversicherungsträger sie bewilligt hat (BSG, Urt. v. 28.9.2010, - B 1 KR 31/09 R -).
Dem Antragsteller ist Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht bewilligt worden. Ein entsprechender (Renten-)Bescheid der D. ist nicht ergangen. Als solcher wird insbesondere das Schreiben der D. vom 29.1.2013 nicht ausgelegt werden können. Bei diesem Schreiben handelt es sich ersichtlich um die Aufforderung des Antragstellers zur Mitwirkung im anhängigen Rentenverfahren nach Maßgabe der §§ 60, 66 SGB I. In dem nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen und nach seinem Betreff auf den Reha-Antrag des Antragstellers vom 3.12.2012 bezogenen Schreiben wird zwar darauf hingewiesen, dass nach den Feststellungen des Rentenversicherungsträgers volle Erwerbsminderung auf Dauer seit 5.10.2012 vorliegt und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung erfüllt sind, Erwerbsminderungsrente also nach Abschluss eines hierauf gerichteten und durch den gem. § 116 Abs. 2 SGB VI als Rentenantrag geltenden Reha-Antrag des Antragstellers vom 3.12.2012 anhängig gewordenen Verwaltungsverfahrens gewährt werden kann. Insoweit enthält das Schreiben Elemente einer Zusicherung im Sinne von § 34 Abs. 1 SGB X zu den wesentlichen (und sonst häufig streitigen) Anspruchsvoraussetzungen, nicht aber den Verfügungssatz, dass Rente in einer bestimmten Höhe ab einem bestimmten Zeitpunkt gewährt wird.
Die Antragsgegnerin kann sich allerdings mit Aussicht auf Erfolg auf § 51 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGB V als Rechtsgrundlage für die erfolgte Einstellung der Krankengeldzahlungen berufen. Danach kann die Krankenkasse Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist von zehn Wochen setzen, innerhalb der sie einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben (vgl. § 5 Nr. 1 und 2 SGB IX) zu stellen haben. Wird der Antrag nicht innerhalb der Frist gestellt, entfällt der Anspruch auf Krankengeld gem. § 51 Abs. 3 SGB V mit Ablauf der Frist; wird der Antrag später gestellt, lebt der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag der Antragstellung wieder auf.
§ 51 SGB V will iVm § 50 Abs. 1 Satz 1Nr.1 SGB V zum einen die doppelte Gewährung von Sozialleistungen vermeiden und zum anderen eine sachgerechte Abgrenzung der Leistungszuständigkeit von Kranken-und Rentenversicherung dahin vornehmen, dass Rentenzahlungen den Vorrang vor Krankengeldzahlungen haben, weil es in erster Linie Aufgabe der Rentenversicherung ist, bei dauerhafter Erwerbsminderung mit Leistungen einzutreten. Der Krankenkasse wird durch die Aufforderung und Fristsetzung nach § 51 Abs. 1 SGB V das Recht eingeräumt, Einfluss auf den Beginn der antragsabhängigen Rente wegen Erwerbsminderung zu nehmen (vgl. § 99Abs. 1 SGB VI) und einen Wegfall ihrer Leistungszuständigkeit für das Krankengeld schon vor Erreichen der Anspruchshöchstdauer (§ 48 SGB V) zu bewirken. Um der Krankenkasse diesen Vorteil zu erhalten hat das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der Versicherte, der auf Aufforderung der Krankenkasse hier einen entsprechenden Antrag gestellt hat, diesen Antrag wirksam nur noch mit Zustimmung der Krankenkasse zurücknehmen oder beschränken kann (BSG Urt. v. 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R Juris Rn 22). Hat ein Versicherter bereits einen Reha- oder Rentenantrag gestellt, darf die Krankenkasse die Dispositionsbefugnis des Versicherten auch mit einer nachträglichen (nachgeschobenen) Aufforderung einschränken; diese hat insoweit dieselbe Rechtswirkung wie die Aufforderung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V (BSG Urt. v. 26.06.2008 - B 13 R 37/07 R Juris Rn 23).
Das BSG ist in diesen Entscheidungen der in der Literatur geäußerten Kritik an seiner Rechtsprechung nicht gefolgt. Diese hatte dem BSG entgegen gehalten, seine Rechtsprechung verstoße gegen den Vorbehalt des Gesetzes, weil die Wirkungen einer unterbliebenen Antragstellung abschließend in § 51 Abs. 3 SGB V geregelt seien. Das BSG (Urt. v. 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R Juris Rn 23) ist dieser Kritik unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass es sonst ein Krankengeldbezieher letztlich in der Hand hätte, durch im Nachhinein abgegebene Erklärungen ohne besondere Voraussetzungen wiederum Einfluss auf den möglichst langen Bezug des regelmäßig höheren Krankengeldes zu nehmen, würde die Krankenkasse die Befugnis nicht besitzen, den Versicherten an einem einmal in einem korrekt verlaufenen Verwaltungsverfahren gestellten Rentenantrag festzuhalten. Der Bindung an den gestellten Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, der im Falle der Erfolglosigkeit grundsätzlich die Wirkung eines Antrags auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ( § 116 Abs. 2 SGB VI) hat (BSG Urt. v. 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R Juris Rn 20), entspricht auf der anderen Seite die Verpflichtung der Krankenkasse, im Rahmen ihrer Ermessensausübung die berechtigten Interessen der Versicherten zu berücksichtigen, insbesondere wenn noch eine erheblich Verbesserung der Rentenbemessungsgrundlagen möglich ist. Bestünde die Möglichkeit, dass ein von der Krankenkasse initiierter Rentenantrag vom Versicherten ohne Zustimmung der Krankenkasse zurückgenommen werden könnte, würde dies die Einwirkungsmöglichkeiten der Krankenkassen ad absurdum führen (so wörtlich BSG Urt. v. 26.06.2008 - B 13 R 37/07 R, Juris Rn 25).
Der Senat hat in den Urteilen vom 27.05.2013 - L 5 KR 547/13 und 31.01.2013 - L 5 KR 4702/11 vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung die Rechtsauffassung vertreten, durch die Weigerung, am Verwaltungsverfahren des Rentenversicherungsträgers mitzuwirken, bringe der Versicherte zum Ausdruck, dass er die Gewährung von Leistungen gerade nicht wünscht und sein Antrag gegenwärtig nicht weiter verfolgt werden soll. Da durch den von § 51 Abs. 1 SGB V geforderten Antrag ein Verwaltungsverfahren ausgelöst werden soll, entspricht die Verhinderung eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens der Sache nach der Rücknahme des Antrags durch den Versicherten, was nach der o.a. Rechtsprechung des BSG die Rechtsfolge des § 53 Abs. 3 SGB VI auslösen kann.
Vorliegend hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.12.2012 die Dispositionsbefugnis des Antragstellers in Bezug auf den am 03.12.2012 gestellten Antrag auf stationäre Rehabilitationsmaßnahmen eingeschränkt. Sie hat mit Schreiben vom 17.4.2013 erneut an die Stellung eines förmlichen Rentenantrags erinnert und, nachdem sich der Antragsteller mit Schreiben vom 30.4.2013 geweigert hat, am Rentenverfahren teilzunehmen, mit Bescheid vom 06.05.2013 unter Berufung auf § 51 Abs. 3 SGB V die Einstellung der Krankengeldzahlungen zum 25.4.2013 verfügt. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats dürfte dies nicht zu beanstanden sein. Der Antragsteller hat durch seine Weigerung, am Rentenverfahren sachgerecht mitzuwirken den Antrag vom 03.12.2012 praktisch gegenstandslos gemacht, was die Antragsgegnerin zur Einstellung der Krankengeldzahlungen berechtigt. Die gegenteilige Rechtsauffassung des SG findet in der Rechtsprechung des BSG auch keine Grundlage.
Andererseits ist zu bedenken, dass gegen die Urteile des Senats vom 27.05.2013 - L 5 KR 547/13 und 31.01.2013 - L 5 KR 4702/11 Revision eingelegt worden ist und die entsprechenden Verfahren (B 1 KR 31/13 R und B 1 KR 32/13 R) noch anhängig sind. Nach den Mittteilungen des BSG auf seiner Home-Page (anhängige Rechtsfragen des 1. Senats) steht zwar die (sich hier nicht stellende) Rechtsfrage im Vordergrund, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch bzw. Klage bei Aufforderung zum Rehabilitationsantrag im Rahmen des § 51 SGB V ex tunc oder ex nunc ab Rechtskraft der letztinstanzlichen Entscheidung entfällt, es ist jedoch zu erwarten, dass das BSG auch Ausführungen macht, die eine Lösung der hier streitigen Problematik der erfolgten pro forma Antragstellung bei später verweigerter Mitwirkung ermöglichen. Selbst wenn man zugunsten des Antragstellers davon ausginge, dass die hier zu beantwortende Rechtsfrage als offen anzusehen ist, würde dies für das vorliegende Verfahren nur zur Folge haben, dass auch der Anordnungsanspruch als offen anzusehen wäre. Ausschlaggebend ist aber dann für die Entscheidung über den beantragten vorläufigen Rechtsschutz, ob ein Anordnungsgrund zur Vermeidung schwerer, nicht wieder gutzumachender Nachteile dem Antragsteller zur Seite steht. Dies ist nicht der Fall.
Das Beschwerdeverfahren betrifft lediglich einen kurzen Zahlungszeitraum vom 05.06.2013 bis 25.06.2013 mit einem vorläufig zu bezahlenden Betrag an Krankengeld von 1.430,49 EUR. Nachdem der Antragsteller mit Schreiben vom 28.11.2013 mitgeteilt hat, er sei auf die baldige Zahlung zur Deckung seines Lebensunterhaltes nicht mehr angewiesen, sind schwere Nachteile durch eine weitere Verzögerung der Auszahlung für ihn nicht zu befürchten. Der Antragsteller hat zuletzt als einzigen Nachteil Überziehungszinsen für ein überzogenes Konto angegeben. Bei dem geringen streitigen Betrag stellen die darauf entfallenden Überziehungszinsen aber keine so schwerwiegende Beeinträchtigung dar, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung zugunsten des Antragstellers bei noch offenem Anordnungsanspruch rechtfertigen könnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Gewährung von Krankengeld im Wege vorläufigen Rechtsschutzes.
Der 1954 geborene Antragsteller (GdB 60) ist als Maschinenführer (Metallverformer) versicherungspflichtig beschäftigt und bei der Antragsgegnerin gesetzlich (in der Krankenversicherung der Beschäftigten, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V) krankenversichert.
Am 5.10.2012 erkrankte der Antragsteller arbeitsunfähig an einer chronisch-obstruktiven Lungen- sowie einer Herzerkrankung. Nach Beendigung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ab 16.11.2012 Krankengeld.
Am 3.12.2012 beantragte der Antragsteller bei der D. die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitationsbehandlung.
Die Antragsgegnerin befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). In der MDK-Stellungnahme vom 13.12.2012 führte Dr. H. aus, beim Antragsteller liege eine dilatative Kardiomyopathie und Diabetes mellitus vor. Außerdem leide der Antragsteller an einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Schon bei geringer körperlicher Belastung komme es zu anhaltender Atemnot. Zwischenzeitlich sei auch eine primär prophylaktische Implantation eines ICD-Aggregats vorgenommen worden. Die gegenwärtig als körperlich schwer einzustufende Tätigkeit sei dauerhaft nicht mehr leidensgerecht, so dass Arbeitsunfähigkeit auf Dauer vorliege. Damit liege zugleich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit vor; die Voraussetzungen des § 51 SGB V seien erfüllt. Die Einschätzung des Hausarztes des Antragstellers, wonach eine Wiederaufnahme der bislang verrichteten Tätigkeit Anfang Dezember 2012 möglich sein sollte, sei nicht plausibel.
Mit Schreiben vom 17.12.2012 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, die Rücknahme des Reha-Antrags und andere, im einzeln aufgeführte, Rechtshandlungen bedürften ihrer Zustimmung. Der Krankengeldanspruch könne ab 1.3.2013 rückwirkend entfallen, wenn er eine zustimmungspflichtige Erklärung gegenüber dem Rentenversicherungsträger ohne ihre Zustimmung abgebe.
Mit (als solchem bezeichneten) Bescheid vom 29.1.2013 lehnte die D. den Reha-Antrag ab. Die Erwerbsfähigkeit des Antragstellers könne durch medizinische Rehabilitationsleistungen nicht wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden. Der Reha-Antrag gelte als Rentenantrag. Der Antragsteller möge einen förmlichen Rentenantrag stellen.
Mit Schreiben (ebenfalls) vom 29.1.2013 teilte die D. dem Antragsteller mit, die beantragten Teilhabeleistungen seien nicht erfolgversprechend, da seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch die beantragte Leistung zur Teilhabe nicht wesentlich verbessert oder wiederhergestellt werden könne. Nach ihren Feststellungen liege volle Erwerbsminderung auf Dauer seit 5.10.2012 vor. Die Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer werde von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die jeweilige Rente erfüllt seien. Das gelte jedoch nur dann, wenn der Rentenantrag rechtzeitig, d.h. bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien, gestellt werde. Erfolge die Antragstellung nach Ablauf dieser Frist, beginne die Rente aus eigener Versicherung am Ersten des Antragsmonats. Der Antrag auf Gewährung von Rehabilitationsleistungen gelte als Rentenantrag. Der Kläger möge, sein Einverständnis vorausgesetzt, sobald wie möglich (bis 28.2.2013) einen formellen Rentenantrag stellen bzw. einen Termin zur Antragsaufnahme vereinbaren. Als Antragsdatum möge er den 3.12.2012 eintragen. Die zur Rentenantragstellung mitzubringenden Unterlagen seien in einer Anlage zu diesem Schreiben aufgeführt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Gewährung von Erwerbsminderungsrente ab 1.11.2012 seien erfüllt. In einer dem Schreiben beigefügten weiteren Anlage seien Fehlzeiten aufgeführt. Sofern in diesen Zeiten (u.a.) Beitrags- Beschäftigungs- oder Anrechnungszeiten zurückgelegt worden seien, möge der Antragsteller Nachweise hierfür vorlegen. Der Antragsteller möge dieses Schreiben bei seiner Vorsprache mitbringen. Er sei zur Mitwirkung verpflichtet und müsse für die notwendigen Angaben die einschlägigen Vordrucke benutzen. Werde bis zum 28.2.2013 ein formeller Rentenantrag nicht gestellt und könnten die für die Rentenfeststellung notwendigen Informationen auch nicht aus den vorliegenden Unterlagen entnommen werden, werde man einen förmlichen Ablehnungsbescheid wegen fehlender Mitwirkung erteilen. Im Betreff des Schreibens heißt es "Ihr Antrag auf Leistungen zur Teilhabe für Versicherte - Rehabilitationsantrag". Dem Schreiben ist eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigefügt worden.
Nachdem der Antragsteller einen formularmäßigen Rentenantrag in der Folgezeit nicht stellte, teilte ihm die D. mit Schreiben vom 4.4.2013 mit, das Verfahren über die Umdeutung des Reha-Antrags in einen Rentenantrag ruhe bis zu einer Entscheidung der Antragsgegnerin. Der Antragsteller möge sie (die D.) bis 30.4.2013 hierüber unterrichten.
Mit Schreiben vom 17.4.2013 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur Stellung eines förmlichen Rentenantrags bis 25.4.2013 auf. Andernfalls müsse man den Anspruch auf Krankengeld erneut prüfen.
Unter dem 30.4.2013 trug der Antragsteller vor, er werde den Reha-Antrag zwar nicht zurücknehmen, aber auch einen förmlichen Rentenantrag (unter Ausfüllung der entsprechenden Antragsformulare) nicht stellen. Seine entsprechenden Mitwirkungspflichten dürfe nur die D., nicht jedoch die Antragsgegnerin einfordern. Sein Arbeitsverhältnis bestehe fort und er beabsichtige in Absprache mit dem behandelnden Arzt und der Schwerbehindertenvertretung eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben.
Mit Bescheid vom 6.5.2013 beendete die Antragsgegnerin die Zahlung von Krankengeld zum 25.4.2013. Zur Begründung führte sie aus, der Antragsteller sei zur Mitwirkung im Verfahren verpflichtet. Die Weigerung zur Stellung eines förmlichen Rentenantrags genüge für die Beendigung der Krankengeldzahlung (§ 66 Abs. 2 SGB I).
Am 22.5.2013 erhob der Antragsteller Widerspruch. Er trug vor, er habe bei der D. einen Antrag gestellt und wirke nur im weiteren Verwaltungsverfahren (des Rentenversicherungsträgers) nicht mit. Die Antragsgegnerin könne dies nicht geltend machen. Man möge ihm weiterhin Krankengeld zahlen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.7.2013 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Krankengeldanspruch ende ab dem Bezug von Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Es genüge wenn die Rente bewilligt sei. Das sei hier mit dem Bescheid der D. vom 29.1.2013 geschehen. Die D. habe dem Antragsteller darin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1.11.2012 bewilligt und lediglich noch Nachweise für Fehlzeiten angefordert. Eines förmlichen Rentenantrags bedürfe es nach Umdeutung eines Reha-Antrags in einen Rentenantrag nicht.
Deswegen hat der Antragsteller Klage beim Sozialgericht Konstanz erhoben, über die noch nicht entschieden ist (Verfahren S 8 KR 1810/13). Zuvor hatte er bereits am 5.6.2013 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er wiederholte sei Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Er sei hinsichtlich seines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 03.12.2012 in seiner Dispositionsbefugnis nach § 51 SGB V eingeschränkt. Gegen diese Einschränkung habe er nicht verstoßen. Er habe den Antrag vom 03.12.2012 nicht zurückgenommen. und könne nach § 51 SGB V nicht verpflichtet werden, einen Antrag zu stellen. Die Verletzung etwaiger Mitwirkungspflichten im Rentenverfahren könne die Antragsgegnerin nicht geltend machen. Rente sei ihm nicht bewilligt worden. Er erhalte auch keine Rentenzahlungen und lebe derzeit von Ersparnissen, die aber alsbald aufgebraucht seien. In Absprache mit der behandelnden Ärztin sei eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben ab Juli 2013 geplant; derzeit werde der Wiedereingliederungsplan erarbeitet. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien bis 25.6.2013 ausgestellt. Der Bescheid der D. vom 29.1.2013 stelle einen Rentenbescheid über die Bewilligung von Erwerbsminderungsrente nicht dar, zumal ein konkreter Rentenbetrag nicht festgesetzt sei.
Die Antragsgegnerin trug vor, dem Antragsteller sei durch den Bescheid der D. vom 29.1.2013 volle Erwerbsminderungsrente bereits bewilligt worden, was der Fortzahlung von Krankengeld entgegenstehe. Im Hinblick darauf fehle es auch an einem Anordnungsgrund.
Die Antragsgegnerin legte die MDK-Stellungnahme des Dr. H. vom 1.7.2013 vor. Darin ist ausgeführt, der vorgelegte Wiedereingliederungsplan mache keinen Sinn, da die bisherige Tätigkeit des Antragstellers auf Dauer als nicht leidensgerecht anzusehen sei.
Der Antragsteller teilte abschließend mit, die Wiedereingliederung an einem anderen - leidensgerechten - Arbeitsplatz habe bereits begonnen.
Mit Beschluss vom 19.7.2013 verpflichtete das Sozialgericht der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung, dem Antragsteller Krankengeld für die Zeit vom 5.6.2013 bis 25.6.2013 zu gewähren; im Übrigen lehnte es den Antrag ab. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, für die Zeit vor der Beantragung vorläufigen Rechtsschutzes komme der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht. Im Übrigen sei dem Antragsteller aber Krankengeld (vorläufig) zu gewähren. Der Antragsteller sei unstreitig bis 25.6.2013 arbeitsunfähig und die Arbeitsunfähigkeit sei bis dahin auch ebenfalls unstreitig (lückenlos) ärztlich festgestellt. Die Antragsgegnerin dürfe die Zahlung von Krankengeld auch nicht nach Maßgabe der §§ 50, 51 SGB V bzw. §§ 60 ff. SGB I versagen. Gestützt auf § 51 Abs. 1 SGB V könne die Krankenkasse dem Versicherten zwar die Stellung eines Reha-Antrags, nicht jedoch eines förmlichen Rentenantrags aufgeben; diese Befugnis komme ihr auch nach §§ 60 ff. SGB I nicht zu (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 11.7.2006, - L 11 KR 936/06 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 4.6.2009, - L 5 KR 44/07 -; anders wohl jurisPK-SGB V/Brinkhoff § 51, Rdnr. 27). Die Mitwirkungspflicht des Versicherten im Rentenverfahren bestehe nur gegenüber dem Rentenversicherungsträger, nicht gegenüber der Krankenkasse. Im Hinblick auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB V sei dem Antragsteller Erwerbsminderungsrente auch nicht bewilligt (vgl. BSG, Urt. v. 28.9.2010, - B 1 KR 31/09 R -) worden. Das Schreiben der D. vom 29.1.2013 stelle einen Bewilligungsbescheid nicht dar. Es sei weder als Rentenbescheid bezeichnet noch würden Rentenbeginn und Rentenhöhe festgelegt. In dem Schreiben würden nur das Vorliegen voller Erwerbsminderung und die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung festgestellt. Über den 25.6.2013 hinaus sei ein Anordnungsanspruch wegen des Fehlens entsprechender Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsgrund liege vor. Der Antragsteller habe Mittellosigkeit durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht. Auf Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII könne er nicht zumutbar verwiesen werden. Diese stellten keinen gleichwertigen Ersatz für Leistungen der Sozialversicherung dar (vgl. auch LSG Bayern, Beschl. v. 22.1.2013, - L5 KR 492/12 B ER -; LSG Niedersachsen, Beschl. v. 27.7.2010, - L 1 KR 281/10 B ER -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.9.2006, - L 9 B 343/06 KR ER -). Auch auf den vom Rentenversicherungsträger in Aussicht gestellten möglichen Rentenanspruch dürfe der Antragsteller nicht verwiesen werden.
Auf den ihr am 22.7.2013 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 15.8.2013 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, für den Fall, dass eine erfolgreiche Durchführung der beantragten Rehabilitationsmaßnahme nicht zu erwarten sei, sei der Antrag nach § 51 SGB V als Rentenantrag i. S. d. § 116 Abs. 2 SGB VI zu werten (BSGE 76,218, KassKomm/Höfner SGB V § 51 Rdnr. 17). Deshalb müsse sie den Antragsteller gar nicht zur Rentenantragstellung verpflichten. Freilich sei dessen Reha-Antrag als Rentenantrag umgedeutet worden. Diesen habe der Antragsteller nicht zurückgenommen. Das Schreiben der D. vom 29.1.2013 sei als Bescheid über die Bewilligung von Erwerbsminderungsrente - jedenfalls dem Grunde nach - auszulegen, auch wenn die konkrete Rentenhöhe darin nicht festgelegt sei. Die konkrete Rentenhöhe sei nur für den Bezug der Rente von Belang, der für die Anwendung des § 50 SGB V aber nicht erforderlich sei, da die Rentenbewilligung genüge.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 19.7.2013 abzuändern und den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung insgesamt abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Er sei auf die baldige Zahlung des Krankengelds zwar nicht mehr zur Deckung des laufenden Lebensunterhalts angewiesen, habe aber seine gesamten Rücklagen aufgebraucht und müsse deswegen Kredite mit erheblichen Überziehungszinsen in Anspruch nehmen
Die Antragsgegnerin hat mitgeteilt, dass das Krankengeld für die Zeit vom 5.6.2013 bis 25.6.2013 insgesamt 1.430,49 EUR beträgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Antragsgegnerin, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gem. §§ 172 ff. SGG statthaft, bei einem streitigen Krankengeldbetrag von 1.430,49 EUR, also über 750 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), insbesondere nicht gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet. Das Sozialgericht hätte die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nicht zur vorläufigen Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 5.6.2013 bis 25.6.2013 verpflichten dürfen, sondern den Antrag des Antragstellers in vollem Umfang ablehnen müssen.
1.) Vorläufiger Rechtsschutz ist vorliegend gem. § 86b Abs. 2 SGG statthaft. Danach kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG (Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage) nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1, Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2, Regelungsanordnung). Mit der Sicherungsanordnung soll die Rechtsstellung des Antragstellers (vorläufig) gesichert, mit der Regelungsanordnung soll sie (vorläufig) erweitert werden. Voraussetzung ist jeweils die Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds. Unter dem Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch zu verstehen, den der Antragsteller als Kläger im Hauptsacheverfahren geltend macht. Der Anordnungsgrund besteht in der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss gerechtfertigt sein. Daher müssen Gründe vorliegen, aus denen sich ihre besondere Dringlichkeit ergibt.
Bei Auslegung und Anwendung des § 86b Abs. 2 SGG sind das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und die Pflicht zum Schutz betroffener Grundrechte zu beachten, namentlich dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Versagung vorläufigen Rechtsschutzes Grundrechte des Antragstellers erheblich, über den Randbereich hinaus und womöglich in nicht wieder gut zu machender Weise verletzen könnte. Ferner darf oder muss das Gericht ggf. auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei späterem Misserfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren einerseits gegenüber der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bei nachfolgendem Obsiegen in der Hauptsache andererseits führen würde. Schließlich kann im Wege einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nur eine vorläufige Regelung getroffen und dem Antragsteller daher nicht schon in vollem Umfang, und sei es nur für eine vorübergehende Zeit, gewährt werden, was er nur im Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Auch in solchen Fällen ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung freilich möglich, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) geboten ist (zu alledem etwa Puttler, in NK-VwGO § 123 Rdnr. 94 ff.; Kopp/Schenke, VwGO § 123 Rdnr.12 ff. m.N. zur Rechtsprechung).
Hinsichtlich des Umfangs der Ermittlungen sind - unbeschadet der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren - der Eilcharakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens und das Risiko einer etwaigen Abweichung von der künftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Das gilt auch für die Prüfungsdichte des Gerichts. Regelmäßig genügt danach eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage auf der Grundlage unstreitiger oder glaubhaft gemachter Tatsachen bzw. auf der Grundlage der von den Beteiligten vorgelegten oder in angemessener Zeit erreichbaren Beweismittel. Drohen besonders schwerwiegende Eingriffe in grundrechtlich geschützte Güter, die nur schwer oder gar nicht mehr rückgängig gemacht werden können, ist eine besonders eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage, wenn möglich eine Vollprüfung, geboten. Geht es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung ist eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ausgeschlossen und eine abschließende Prüfung notwendig. Kommt das in solchen Fällen aus Zeitgründen im Hinblick auf den Eilcharakter des Verfahrens nicht in Betracht, ist eine Folgenbetrachtung unter umfassender Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Güter des Antragstellers und der diesen drohenden Beeinträchtigungen ausschlaggebend. Das Gericht muss sich dabei schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.2.2007, - 1 BvR 3101/06 -; auch Senatsbeschluss vom 9.8.2011, - L 5 KR 2470/11 -).
2.) Davon ausgehend erweist sich der angefochtene Beschluss des SG als fehlerhaft. Dem Antrag des Antragstellers auf vorläufige Auszahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 05.06.2013 bis 25.06.2013 kann nicht entsprochen werden. Weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht (§ 86b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Dass - hinsichtlich des Anordnungsanspruchs - die (Grund-)Voraussetzungen für die Gewährung von Krankengeld, nämlich das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit (§ 44 Abs. 1 SGB V), deren ärztliche Feststellung (§ 46 Satz 2 SGB V) und das Bestehen von Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krankengeld, während der streitigen Zeit erfüllt gewesen sind, ist unter den Beteiligten nicht streitig. Es spricht allerdings nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der derzeitigen Sach- und Rechtslage viel dafür, dass die Antragsgegnerin die Zahlung von Krankengeld zu Recht mit dem Bescheid vom 5.6.2013 zum 25.04.2013 eingestellt hat.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin dürfte der Krankengeldanspruch des Antragstellers (für die streitige Zeit) jedoch nicht gem. § 50 SGB V ausgeschlossen sein. Gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V endet der Anspruch auf Krankengeld für Versicherte, die (u.a.) Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehen, vom Beginn dieser Leistung an. Damit soll verhindert werden, dass dem gleichen Zweck - dem Ersatz von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen - dienende Sozialleistungen kumulativ bezogen werden. Die Rente wird i. S. d. § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V bezogen, wenn der Rentenversicherungsträger sie bewilligt hat (BSG, Urt. v. 28.9.2010, - B 1 KR 31/09 R -).
Dem Antragsteller ist Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht bewilligt worden. Ein entsprechender (Renten-)Bescheid der D. ist nicht ergangen. Als solcher wird insbesondere das Schreiben der D. vom 29.1.2013 nicht ausgelegt werden können. Bei diesem Schreiben handelt es sich ersichtlich um die Aufforderung des Antragstellers zur Mitwirkung im anhängigen Rentenverfahren nach Maßgabe der §§ 60, 66 SGB I. In dem nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen und nach seinem Betreff auf den Reha-Antrag des Antragstellers vom 3.12.2012 bezogenen Schreiben wird zwar darauf hingewiesen, dass nach den Feststellungen des Rentenversicherungsträgers volle Erwerbsminderung auf Dauer seit 5.10.2012 vorliegt und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung erfüllt sind, Erwerbsminderungsrente also nach Abschluss eines hierauf gerichteten und durch den gem. § 116 Abs. 2 SGB VI als Rentenantrag geltenden Reha-Antrag des Antragstellers vom 3.12.2012 anhängig gewordenen Verwaltungsverfahrens gewährt werden kann. Insoweit enthält das Schreiben Elemente einer Zusicherung im Sinne von § 34 Abs. 1 SGB X zu den wesentlichen (und sonst häufig streitigen) Anspruchsvoraussetzungen, nicht aber den Verfügungssatz, dass Rente in einer bestimmten Höhe ab einem bestimmten Zeitpunkt gewährt wird.
Die Antragsgegnerin kann sich allerdings mit Aussicht auf Erfolg auf § 51 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGB V als Rechtsgrundlage für die erfolgte Einstellung der Krankengeldzahlungen berufen. Danach kann die Krankenkasse Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist von zehn Wochen setzen, innerhalb der sie einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben (vgl. § 5 Nr. 1 und 2 SGB IX) zu stellen haben. Wird der Antrag nicht innerhalb der Frist gestellt, entfällt der Anspruch auf Krankengeld gem. § 51 Abs. 3 SGB V mit Ablauf der Frist; wird der Antrag später gestellt, lebt der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag der Antragstellung wieder auf.
§ 51 SGB V will iVm § 50 Abs. 1 Satz 1Nr.1 SGB V zum einen die doppelte Gewährung von Sozialleistungen vermeiden und zum anderen eine sachgerechte Abgrenzung der Leistungszuständigkeit von Kranken-und Rentenversicherung dahin vornehmen, dass Rentenzahlungen den Vorrang vor Krankengeldzahlungen haben, weil es in erster Linie Aufgabe der Rentenversicherung ist, bei dauerhafter Erwerbsminderung mit Leistungen einzutreten. Der Krankenkasse wird durch die Aufforderung und Fristsetzung nach § 51 Abs. 1 SGB V das Recht eingeräumt, Einfluss auf den Beginn der antragsabhängigen Rente wegen Erwerbsminderung zu nehmen (vgl. § 99Abs. 1 SGB VI) und einen Wegfall ihrer Leistungszuständigkeit für das Krankengeld schon vor Erreichen der Anspruchshöchstdauer (§ 48 SGB V) zu bewirken. Um der Krankenkasse diesen Vorteil zu erhalten hat das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der Versicherte, der auf Aufforderung der Krankenkasse hier einen entsprechenden Antrag gestellt hat, diesen Antrag wirksam nur noch mit Zustimmung der Krankenkasse zurücknehmen oder beschränken kann (BSG Urt. v. 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R Juris Rn 22). Hat ein Versicherter bereits einen Reha- oder Rentenantrag gestellt, darf die Krankenkasse die Dispositionsbefugnis des Versicherten auch mit einer nachträglichen (nachgeschobenen) Aufforderung einschränken; diese hat insoweit dieselbe Rechtswirkung wie die Aufforderung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V (BSG Urt. v. 26.06.2008 - B 13 R 37/07 R Juris Rn 23).
Das BSG ist in diesen Entscheidungen der in der Literatur geäußerten Kritik an seiner Rechtsprechung nicht gefolgt. Diese hatte dem BSG entgegen gehalten, seine Rechtsprechung verstoße gegen den Vorbehalt des Gesetzes, weil die Wirkungen einer unterbliebenen Antragstellung abschließend in § 51 Abs. 3 SGB V geregelt seien. Das BSG (Urt. v. 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R Juris Rn 23) ist dieser Kritik unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass es sonst ein Krankengeldbezieher letztlich in der Hand hätte, durch im Nachhinein abgegebene Erklärungen ohne besondere Voraussetzungen wiederum Einfluss auf den möglichst langen Bezug des regelmäßig höheren Krankengeldes zu nehmen, würde die Krankenkasse die Befugnis nicht besitzen, den Versicherten an einem einmal in einem korrekt verlaufenen Verwaltungsverfahren gestellten Rentenantrag festzuhalten. Der Bindung an den gestellten Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, der im Falle der Erfolglosigkeit grundsätzlich die Wirkung eines Antrags auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ( § 116 Abs. 2 SGB VI) hat (BSG Urt. v. 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 R Juris Rn 20), entspricht auf der anderen Seite die Verpflichtung der Krankenkasse, im Rahmen ihrer Ermessensausübung die berechtigten Interessen der Versicherten zu berücksichtigen, insbesondere wenn noch eine erheblich Verbesserung der Rentenbemessungsgrundlagen möglich ist. Bestünde die Möglichkeit, dass ein von der Krankenkasse initiierter Rentenantrag vom Versicherten ohne Zustimmung der Krankenkasse zurückgenommen werden könnte, würde dies die Einwirkungsmöglichkeiten der Krankenkassen ad absurdum führen (so wörtlich BSG Urt. v. 26.06.2008 - B 13 R 37/07 R, Juris Rn 25).
Der Senat hat in den Urteilen vom 27.05.2013 - L 5 KR 547/13 und 31.01.2013 - L 5 KR 4702/11 vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung die Rechtsauffassung vertreten, durch die Weigerung, am Verwaltungsverfahren des Rentenversicherungsträgers mitzuwirken, bringe der Versicherte zum Ausdruck, dass er die Gewährung von Leistungen gerade nicht wünscht und sein Antrag gegenwärtig nicht weiter verfolgt werden soll. Da durch den von § 51 Abs. 1 SGB V geforderten Antrag ein Verwaltungsverfahren ausgelöst werden soll, entspricht die Verhinderung eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens der Sache nach der Rücknahme des Antrags durch den Versicherten, was nach der o.a. Rechtsprechung des BSG die Rechtsfolge des § 53 Abs. 3 SGB VI auslösen kann.
Vorliegend hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.12.2012 die Dispositionsbefugnis des Antragstellers in Bezug auf den am 03.12.2012 gestellten Antrag auf stationäre Rehabilitationsmaßnahmen eingeschränkt. Sie hat mit Schreiben vom 17.4.2013 erneut an die Stellung eines förmlichen Rentenantrags erinnert und, nachdem sich der Antragsteller mit Schreiben vom 30.4.2013 geweigert hat, am Rentenverfahren teilzunehmen, mit Bescheid vom 06.05.2013 unter Berufung auf § 51 Abs. 3 SGB V die Einstellung der Krankengeldzahlungen zum 25.4.2013 verfügt. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats dürfte dies nicht zu beanstanden sein. Der Antragsteller hat durch seine Weigerung, am Rentenverfahren sachgerecht mitzuwirken den Antrag vom 03.12.2012 praktisch gegenstandslos gemacht, was die Antragsgegnerin zur Einstellung der Krankengeldzahlungen berechtigt. Die gegenteilige Rechtsauffassung des SG findet in der Rechtsprechung des BSG auch keine Grundlage.
Andererseits ist zu bedenken, dass gegen die Urteile des Senats vom 27.05.2013 - L 5 KR 547/13 und 31.01.2013 - L 5 KR 4702/11 Revision eingelegt worden ist und die entsprechenden Verfahren (B 1 KR 31/13 R und B 1 KR 32/13 R) noch anhängig sind. Nach den Mittteilungen des BSG auf seiner Home-Page (anhängige Rechtsfragen des 1. Senats) steht zwar die (sich hier nicht stellende) Rechtsfrage im Vordergrund, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch bzw. Klage bei Aufforderung zum Rehabilitationsantrag im Rahmen des § 51 SGB V ex tunc oder ex nunc ab Rechtskraft der letztinstanzlichen Entscheidung entfällt, es ist jedoch zu erwarten, dass das BSG auch Ausführungen macht, die eine Lösung der hier streitigen Problematik der erfolgten pro forma Antragstellung bei später verweigerter Mitwirkung ermöglichen. Selbst wenn man zugunsten des Antragstellers davon ausginge, dass die hier zu beantwortende Rechtsfrage als offen anzusehen ist, würde dies für das vorliegende Verfahren nur zur Folge haben, dass auch der Anordnungsanspruch als offen anzusehen wäre. Ausschlaggebend ist aber dann für die Entscheidung über den beantragten vorläufigen Rechtsschutz, ob ein Anordnungsgrund zur Vermeidung schwerer, nicht wieder gutzumachender Nachteile dem Antragsteller zur Seite steht. Dies ist nicht der Fall.
Das Beschwerdeverfahren betrifft lediglich einen kurzen Zahlungszeitraum vom 05.06.2013 bis 25.06.2013 mit einem vorläufig zu bezahlenden Betrag an Krankengeld von 1.430,49 EUR. Nachdem der Antragsteller mit Schreiben vom 28.11.2013 mitgeteilt hat, er sei auf die baldige Zahlung zur Deckung seines Lebensunterhaltes nicht mehr angewiesen, sind schwere Nachteile durch eine weitere Verzögerung der Auszahlung für ihn nicht zu befürchten. Der Antragsteller hat zuletzt als einzigen Nachteil Überziehungszinsen für ein überzogenes Konto angegeben. Bei dem geringen streitigen Betrag stellen die darauf entfallenden Überziehungszinsen aber keine so schwerwiegende Beeinträchtigung dar, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung zugunsten des Antragstellers bei noch offenem Anordnungsanspruch rechtfertigen könnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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