L 9 R 31/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 2492/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 31/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. November 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Die 1962 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Nachdem sie zunächst überwiegend in ungelernten Tätigkeiten als Putzhilfe, Kosmetikerin, Friseurin, Produktionshelferin, Spülhilfe und Putzfrau versicherungspflichtig beschäftigt war, arbeitete sie seit dem Jahr 1997 bei der Schulverwaltung K., zunächst als Putzfrau und anschließend in einer Kantine. Seit dem Jahr 2008 ist die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Nach dem Bezug von Krankengeld bezog sie zunächst Arbeitslosengeld; seit April 2010 bezieht sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid vom 29.06.2009 stellte das Landratsamt K. einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit dem 29.01.2009 fest; inzwischen wurde ein GdB von 60 festgestellt.

Nachdem ein erster Rentenantrag mit Bescheid vom 19.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.03.2009 abgelehnt worden war, stellte die Klägerin am 18.11.2009 erneut einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, den die Beklagte mit Bescheid vom 16.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.09.2010 ablehnte. Im anschließenden Klageverfahren (S 6 R 4032/10) veranlasste das Sozialgericht Karlsruhe (SG) eine Begutachtung der Klägerin durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. In seinem Gutachten vom 10.08.2011 diagnostizierte er ein Fibromyalgie-Syndrom im Sinne einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und eine leichtgradige depressive Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung und ging von einem sechsstündigen Leistungsvermögen aus. Hierauf gestützt wies das SG die Klage mit Urteil vom 03.05.2012 ab; die hiergegen zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung (L 4 R 2394/12) nahm die Klägerin im November 2012 zurück.

Vom 30.01. bis 22.03.2013 sowie vom 15.04. bis 17.05.2013 wurde die Klägerin im Städtischen Klinikum K. - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin - teilstationär aufgenommen. Im Entlassungsbericht vom 22.08.2013 wurden als Gesundheitsstörungen eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Essattacken bei anderen psychischen Störungen, Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr (BMI von 40 und mehr), Schlafapnoe und benigne essentielle Hypertonie angegeben.

Am 06.11.2013 stellte die Klägerin erneut einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog daraufhin ärztliche Unterlagen (Bescheid des Landratsamts K. vom 29.06.2009, undatierter Bericht des Orthopäden Dr. A., Bericht des Facharztes für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde D. vom 14.04.2011 sowie eine ärztliche Bescheinigung zur Vorlage des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie F. vom 15.07.2009 und den Entlassbericht des Städtischen Klinikums K. vom 22.08.2013) bei. Sodann veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B., der die Klägerin am 21.01.2014 ambulant untersuchte und angab, bei dieser bestehe eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, Adipositas permagna bei bereits seit der Kindheit bestehender psychogener Essstörung, eine somatoforme Schmerzstörung, eine Meralgia paraesthetica rechts ohne überdauernde Symptomatik sowie ein Schlafapnoe-Syndrom. Unter Berücksichtigung des psychischen Befundes sei eine qualitative Leistungseinschränkung anzunehmen. Körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, wie etwa eine Tätigkeit als Küchenhilfe, seien aus nervenärztlicher Sicht nach wie vor vollschichtig leidensgerecht. Allerdings könne die Tätigkeit nur ohne Zeitdruck, ohne ständige nervöse Anspannung und ohne andere Stressfaktoren, wie Nacht- oder Wechselschicht und überdurchschnittliche soziale Interaktion, zu ebener Erde erfolgen. Entsprechend bestehe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr.

Mit Bescheid vom 06.02.2014 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab.

Zur Begründung ihres hiergegen am 04.03.2014 eingelegten Widerspruchs legte die Klägerin den Bericht der Fachärztin für Innere Medizin Dr. K. vom 12.02.2014 sowie eine weitere ärztliche Bescheinigung des Nervenarztes F. vom 05.05.2014 vor. Der Nervenarzt F. führte aus, bei der Klägerin bestehe seit dem Jahr 2005 eine depressive Symptomatik mit Somatisierungsneigung in wechselnder Ausprägung zwischen mittelschwerem und schwerem Ausmaß. Ein Fibromyalgiesyndrom sei im Jahr 2009 diagnostiziert worden. Die Klägerin sei alleinerziehende Mutter zweier inzwischen halbwüchsiger Kinder und den Aufgaben der Kindererziehung und der Haushaltsführung nur mit größter Mühe gewachsen. Sie habe immer wieder über größere Zeiträume Familienhilfe in Anspruch nehmen müssen. Trotz dieser Hilfe sei sie weit davon entfernt, über die Kinder- und Familienversorgung hinaus auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Geld verdienen und für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen zu können. Sie sei seit Jahren unter drei Stunden täglich belastbar für den ersten Arbeitsmarkt.

Nach Einholung einer Stellungnahme bei ihrem Sozialmedizinischen Dienst (Facharzt für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. S. vom 22.05.2014) wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2014 zurück. Ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bestehe nicht, da unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und der sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten keine Auswirkungen ersichtlich seien, die das Leistungsvermögen der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränkten.

Hiergegen hat die Klägerin am 28.07.2014 Klage beim SG erhoben und vorgetragen, das Ausmaß ihrer Leistungsbeeinträchtigung sei im Gutachten des Dr. B. nicht ausreichend zum Ausdruck gekommen. Ihre Leistungsfähigkeit sei im Wesentlichen aufgrund der psychischen Erkrankung eingeschränkt. Sie leide unter anhaltenden Depressionen mit Angstzuständen, Panik-attacken, Engegefühl im Brustbereich, Herzrasen, Schweißausbrüchen, Stimmungsschwankungen, Grübeln und Essstörungen. Darüber hinaus mindere das Fibromyalgiesyndrom ihre Leistungsfähigkeit. Eine bereits kurzzeitige körperliche Anstrengung führe zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Steh- und Gehfähigkeit, weshalb sie keineswegs mehr in der Lage sei, viermal täglich Wegstrecken von 500 Metern in einer Zeitdauer von jeweils maximal 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen. Des Weiteren schränkten immer wieder auftretende Migräneanfälle und das Schlafapnoe-Syndrom das Leistungsvermögen ein. Die Schmerz- und hinzukommende Erschöpfungssymptomatik zwinge sie dazu, sich häufig mit Hinlegen zu behelfen und lange Ruhephasen einzuhalten. Insofern seien Ausdauer, Konzentration und Durchhaltevermögen für selbst einfache tägliche sechsstündige Tätigkeiten geregelter Art nicht mehr vorhanden.

Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Hals-Nasen-Ohrenarzt D. hat angegeben, er halte die Klägerin für in der Lage, einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit nachzukommen, sofern sie das verordnete CPAP-Beatmungsgerät verwende. Ansonsten sei eher nicht von einem sechsstündigen Leistungsvermögen auszugehen. Der Nervenarzt F. hat unter dem 22.09.2014 mitgeteilt, er halte die Klägerin schon sehr lange für schwer krank; sie sei hinsichtlich einer Erwerbstätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt nur unter drei Stunden pro Tag belastbar. Dr. K. ist in ihrer Stellungnahme vom 30.09.2014 aufgrund erheblicher Ganzkörperschmerzen, Erschöpftheit und Depression von einem Leistungsvermögen von unter vier Stunden ausgegangen. Der Arzt für Orthopädie Dr. A. hat in seiner Auskunft vom 02.10.2014 keine Einschätzung zur Leistungsfähigkeit vorgenommen. Dr. S. hat ebenfalls angegeben, er könne das Leistungsvermögen nicht einschätzen, aus seiner Sicht sei die psychiatrische Erkrankung für die Arbeitsunfähigkeit maßgeblich verantwortlich.

Das SG hat dann den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Der Gutachter hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin in seinem Gutachten vom 15.07.2015 eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymie, eine rezidivierende depressive Störung, derzeit remittiert, ein Schlafapnoesyndrom und eine Funktionsstörung der Halswirbelsäule ohne radikuläre Reizung diagnostiziert. Zu vermeiden seien schwere und andauernd mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten von mehr als 7 kg, dauerndes Stehen und gleichförmige Körperhaltungen mit Zwangshaltungen im Bereich der Halswirbelsäule, häufiges Bücken und Treppensteigen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Leichte, gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen könne die Klägerin noch sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben. Hinweise auf eine Einschränkung der Durchhaltefähigkeit würden sich nicht ergeben. Der Leistungseinschätzung des behandelnden Psychiaters könne er sich nicht anschließen.

Die Klägerin hat dann den Bericht des Städtischen Klinikums K., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, vom 28.07.2015 über den teilstationären Aufenthalt vom 17.06.2015 bis 29.07.2015 vorgelegt und beantragt, den dortigen Klinikdirektor, den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. B., mit der Erstattung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu beauftragen. Prof. Dr. B. hat die Klägerin am 24.03.2016 ambulant untersucht und in seinem am 11.04.2016 erstatteten Gutachten angegeben, aktuell finde sich eine wohl schon seit dem Jahr 2007 bestehende ausgeprägte und chronifizierte depressive Episode sowie eine Somatisierungsstörung, ein weitgehendes obstruktives Schlafapnoesyndrom, eine Adipositas permagna und eine Meralgia paraesthetica. Während der Krankheitszeit sei es zu einer deutlichen Überformung der Persönlichkeit mit weiterer Einengung des Handlungsspielraums gekommen. Insbesondere aufgrund der kognitiven Einschränkungen könne die Klägerin keiner Arbeit über einen ausreichend langen Zeitraum nachgehen. Die zeitliche Belastbarkeit sei dabei auf Einheiten von unter 30 Minuten Daueraufmerksamkeit eingeschränkt. Das berufliche Leistungsvermögen sei gegenwärtig mit unter drei Stunden täglich einzuschätzen, unterbrochen von längeren Pausen und direkter Motivation oder Ansprache zum Weiterarbeiten. Von dem Zustand sei seit Mai 2013 auszugehen. Die Erkrankung sei prinzipiell einer Besserung zugänglich, aber nicht unter neun Monaten kontinuierlicher Behandlung. Die Einschätzung des Dr. B. müsse vor dem Hintergrund eines längeren Behandlungs- und Krankheitsverlaufs neu gewichtet werden, so dass sich nun eine Einschätzung ergebe, die eher dem Eindruck der ambulanten Behandler entspreche. Bei der Untersuchung durch Dr. N. müsse beachtet werden, dass diese innerhalb einer tagesklinischen Behandlung erfolgt sei.

Mit Urteil vom 23.11.2016 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen stünden bei der Klägerin Leiden auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe für die Kammer jedoch fest, dass die vorhandenen Gesundheitsstörungen lediglich qualitative Leistungseinschränkungen bedingten, sodass es der Klägerin weiterhin zumutbar sei, einer leidensgerechten Tätigkeit für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich nachzukommen. Diese Einschätzung stütze sich im Wesentlichen auf die im Ergebnis schlüssigen und widerspruchsfreien Feststellungen im Gutachten von Dr. N., dem Verwaltungsgutachten des Dr. B. und den versorgungsmedizinischen Stellungnahmen der Beklagten. Die übrigen Gesundheitsstörungen der Klägerin führten ebenfalls nicht zu einer zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens, nachdem die behandelnden Ärzte und Gutachter ganz überwiegend den Schwerpunkt auf psychiatrischem Fachgebiet sehen. Die vorhandenen qualitativen Einschränkungen bedingten auch keine erheblichen Zweifel an der Fähigkeit der Klägerin, weiterhin leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens sechs Stunden arbeitstäglich ausüben zu können. So seien qualitative Einschränkungen, wie z.B. der Ausschluss von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder Sitzen erforderten, im Akkord oder Schichtdienst verrichtet werden oder besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- und Konzentrationsvermögen erforderten sowie der Ausschluss von Tätigkeiten in Nässe oder Kälte oder mit häufigerem Bücken, anlaufenden Maschinen, Steigen auf Leitern etc., der Notwendigkeit einer besonderen Fingerfertigkeit oder mit besonderen Unfallgefahren bereits allesamt vom Begriff der "leichten" Tätigkeiten umfasst. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer besonders schweren spezifischen Leistungseinschränkung mit der Folge, dass die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit notwendig wäre, lägen nicht vor.

Gegen das am 01.12.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.12.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft und ergänzend ausgeführt, sie sei keinesfalls mehr in der Lage, noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein, was sich auch aus der Einschätzung des Prof. Dr. B. ergebe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. November 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. November 2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Der Senat hat im Rahmen der Beweisaufnahme ein Gutachten bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. D. eingeholt und den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Dipl.-Psych. S. mit der Erstattung eines testpsychologischen Zusatzgutachtens beauftragt. Dr. S. hat in seinem Zusatzgutachten vom 01.06.2017 ausgeführt, zusammenfassend ließen sich erworbene leichte kognitive Defizite bei der sehr einfach strukturierten und gering gebildeten Klägerin nicht mit Sicherheit ausschließen. Nennenswerte kognitive Störungen und ein tiefergreifendes depressives Syndrom lägen aber nicht vor. Nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 01.06.2017 hat Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 26.07.2017 angegeben, aus neurologischer Sicht bestehe bei der Klägerin eine sehr leichte diabetische Polyneuropathie vom distalen symmetrischen Manifestationstyp. Zudem sei von einer rechts stärker als links ausgeprägten Reizung des Nervus Cutaneus femoris lateralis mit Gefühlsstörungen an der Vorderaußenseite beider Oberschenkel am Übergang vom mittleren zum proximalen Drittel im Sinne einer Meralgia paraesthetica auszugehen. Im Vordergrund der klinischen Symptomatik stehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Anamnestisch sei eine rezidivierende depressive Störung, derzeit remittiert, diagnostiziert worden. Zum Untersuchungszeitpunkt hätten sich allerdings nur Hinweise für eine allenfalls leichte chronische depressive Störung im Sinne einer Dysthymia ergeben. Aufgrund der chronifizierten Schmerzstörung seien schwere und andauernd mittelschwere körperliche Arbeiten sowie dauerndes Stehen und körperliche Zwangshaltungen zu vermeiden. Wegen der, wenn auch diskreten, Polyneuropathie seien Arbeiten auf Leitern und Gerüsten ebenfalls zu vermeiden. Im Hinblick auf die bekannte rezidivierende depressive Störung und den Diabetes mellitus seien Tätigkeiten in Nachtschicht sowie mit hoher nervlicher Belastung bzw. im Akkord zu vermeiden. Möglich seien leichte, zeitweise mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, bevorzugt im Sitzen, unter Berücksichtigung der bereits angegebenen qualitativen Einschränkungen. Die zumutbaren Arbeitszeiten könnten in einer täglichen Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden verrichtet werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG vom 23.11.2016 sowie der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 06.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.07.2014 sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert, dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Juli 2017, § 43 SGB VI, Rdnr. 58 und 30 ff.).

An diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, ist die Klägerin zur Überzeugung des Senats nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Sie hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Eine Erwerbsminderung der Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer beruflichen oder körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich aus der Gesamtwürdigung der ärztlichen Unterlagen, insbesondere der Gutachten von Dr. N. und Prof. Dr. D. sowie des im Wege des Urkundebeweises verwertbaren Gutachtens von Dr. B.

Die Klägerin leidet auf psychiatrischem Fachgebiet im Wesentlichen unter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer rezidivierenden depressiven Störung in wechselnder Ausprägung und einer Persönlichkeitsänderung. Hinzu kommen auf neurologischem Fachgebiet eine Meralgia paraesthetica beidseits und diabetische Polyneuropathie. Darüber hinaus leidet die Klägerin unter Diabetes mellitus, einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom, Hypertonie, chronischer Niereninsuffizienz, einer Schrumpfniere links und Beschwerden im Bereich der Brust- und Halswirbelsäule.

Im Vordergrund der sich auf das Leistungsvermögen auswirkenden Gesundheitsstörungen stehen, wie auch die behandelnden Ärzte gegenüber dem SG in ihren sachverständigen Zeugenaussagen übereinstimmend angegeben haben, die Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet. Diese Erkrankungen wurden im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren ausführlich gutachterlich gewürdigt. Die beauftragten Gutachter haben übereinstimmend mitgeteilt, dass die Klägerin unter einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leidet. Darüber hinaus haben Dr. N., Prof. Dr. B. und Prof. Dr. D. eine rezidivierende depressive Störung diagnostiziert. Während sie bei der Untersuchung durch Prof. Dr. D. und Dr. N. als remittiert und lediglich noch in der Ausprägung einer Dysthymia anzusehen war, ging Prof. Dr. B. aufgrund der von ihm erhobenen Befunde von einer noch leicht bis mittelgradig ausgeprägten depressiven Episode aus; Dr. B. hat im Rahmen seiner Begutachtung die Diagnose einer Depression nicht gestellt. Schließlich war während des teilstationären Klinikaufenthalts im Städtischen Klinikum K. vom 17.06.2015 bis 29.07.2015 eine schwere Episode anzunehmen. Ausgehend von den durch die Gutachter jeweils erhobenen Befunden, den daraus schlüssig abgeleiteten Diagnosen und dem hieraus erkennbaren Verlauf der Erkrankung ist für den Senat die zuletzt von Prof. Dr. D. angegebene Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung wechselnder Ausprägung nachvollziehbar und überzeugend. Darüber hinaus steht für den Senat fest, dass bei der Klägerin eine andauernde Persönlichkeitsänderung im Sinne einer komplexen Persönlichkeit nach psychischer Erkrankung besteht. Diese bereits durch Dr. B. angenommene kombinierte Persönlichkeitsstörung wurde durch Prof. Dr. B. ausführlich und für den Senat überzeugend begründet. Die Störung ist durch eine hochgradige Abhängigkeit sowie Anspruchs- und Erwartungshaltung gegenüber anderen, eine Überzeugung, durch die Krankheit verändert oder stigmatisiert worden zu sein, geprägt. Dies führt zu einer Unfähigkeit, enge und vertrauensvolle persönliche Beziehungen aufzunehmen und beizubehalten, sowie zu sozialer Isolation. Ferner finden sich Passivität, verminderte Interessen und Vernachlässigung von Freizeitbeschäftigungen, ständige Beschwerden über das Kranksein, oft verbunden mit hypochondrischen Klagen und kränkelndem Verhalten, dysphorische oder labile Stimmung, die nicht auf dem Vorliegen einer gegenwärtigen psychischen Störung oder einer vorausgegangenen psychischen Störung mit affektiven Residualsymptomen beruht. Schließlich bestehen seit längerer Zeit Probleme in der sozialen und beruflichen Funktionsfähigkeit. Dieses klinische Bild lässt sich nach der ausführlichen Darstellung von Prof. Dr. B. bei der Klägerin erheben.

Diese psychiatrischen Gesundheitsstörungen führen nicht zu einer Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin auf unter sechs Stunden. Die durch Prof. Dr. B. und den behandelnden Facharzt für Neurologie und Psychiatrie F. angenommene Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens auf unter drei und durch Dr. K. angenommene Einschränkung auf unter vier Stunden ist für den Senat nicht nachvollziehbar; die Einschätzung von Prof. Dr. B. und der behandelnden Ärzte werden vielmehr durch die weiteren Gutachter für den Senat schlüssig und überzeugend widerlegt. Insbesondere konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass das Durchhaltevermögen und die Daueraufmerksamkeit der Klägerin so weitgehend eingeschränkt sind, dass ihr auch leichte, keine besonderen Anforderungen an das Konzentrationsvermögen stellende Tätigkeiten - ggf. mit betriebsüblichen Pausen - mehr zugemutet werden können. Auf eine solche Einschränkung des Durchhaltevermögens und der Daueraufmerksamkeit stützt aber Prof. Dr. B. gerade die von ihm angenommene auch zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Nach Einschätzung des Gutachters sind funktionelle Defizite im Bereich kognitive Störung, namentlich der Konzentration, der psychischen Belastbarkeit (Stressresistenz), der Ausdauer und der Affektregulation wesentlich für die von ihm angenommene zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens. Darüber hinaus sind nach seiner Einschätzung längere Pausen und direkte Motivation bzw. Ansprache zum Weiterarbeiten auch bei einer Tätigkeit von unter drei Stunden täglich erforderlich. Eine derart weitgehende Einschränkung des Durchhaltevermögens wird durch die weiteren Gutachten nicht bestätigt. Die Gutachter berichten vielmehr, die Klägerin habe der mehrstündigen Exploration jeweils ohne Schwierigkeiten folgen können. So berichtet Dr. B., dass auch in der langen gutachterlichen Untersuchungsprozedur keine nachlassende Konzentration festzustellen gewesen sei und die Klägerin - in Diskrepanz zu den subjektiv geschilderten Beschwerden - bis zuletzt auch in der Antriebslage ungestört gewesen sei. Auch Dr. N. konnte keine vermehrte Müdigkeit im Explorationsverlauf feststellen; eine verstärkte Müdigkeit sei erst am Ende der Exploration aufgetreten. Kognitiv fanden sich im Explorationsverlauf keine Aufmerksamkeits-, wie Konzentrations- und Auffassungsstörungen. Anzeichen für eine zunehmende Ermüdung hätten sich erst am Ende der Untersuchung ergeben. Während der etwa 1,5 Stunden andauernden testpsychologischen Untersuchung durch Dr. S. zeigten sich ebenfalls keine Anzeichen für eine Ermüdung. Darüber hinaus fand er keine Hinweise auf Konzentrations- oder Merkfähigkeitsstörungen oder eine vorzeitige Ermüdbarkeit in der Testsituation. Gegen eine rentenrechtlich relevante zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens spricht auch der gegenüber allen Gutachtern geschilderte Tagesablauf der Klägerin, der eine hinreichende Fähigkeit zur Strukturierung zeigt. Zwar schildert die Klägerin, sie müsse sich, nachdem sie die Kinder für die Schule gerichtet habe, wieder hinlegen, es ist ihr aber offensichtlich möglich, um 6.00 Uhr aufzustehen und den Kindern ein Frühstück vorzubereiten. Sie bereitet auch die weiteren Mahlzeiten für sich und ihre beiden Kinder zu und versorgt alleine den Haushalt. Darüber hinaus geht sie mit ihrem Hund spazieren und versorgt, wie sie gegenüber Dr. N. angegeben hat, weitere Haustiere, wie Vögel und Hamster. Auch aus dem Entlassungsbericht des Städtischen Klinikums K. vom 28.07.2015, in dem über eine schwere depressive Episode und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung neben körperlichen Erkrankungen berichtet wird, lässt sich keine quantitative Leistungseinschränkung, die über eine Arbeitsunfähigkeit hinausginge, ableiten. Dr. N. weist in seiner Stellungnahme vom 13.06.2016 insoweit überzeugend darauf hin, dass seitens der Klinik kein großer Handlungsdruck gesehen wurde, da die Klägerin "elektiv" (nach entsprechender Warteliste) und nicht als Notfall aufgenommen worden war. Der Klägerin wurde die Anfangsdosierung eines Antidepressivums verordnet, es wird berichtet, dass sie durch die tagesklinische Behandlung und die sozialen Kontakte auf der Station profitiert habe und im Antrieb gebessert entlassen worden sei. Eine überdauernde Minderung des quantitativen Leistungsvermögens lässt sich mit dem Entlassungsbericht auch mit Blick auf das während der teilstationären Behandlung erstellte Gutachten von Dr. N. und die zuletzt von Prof. Dr. D. erhobenen Befunde nicht begründen.

Nicht zu folgen ist der Leistungseinschätzung des behandelnden Nervenarztes F.; die von ihm angenommene schwere depressive Erkrankung ist für den Senat aufgrund der vorliegenden Gutachten nicht nachvollziehbar. Er selbst relativiert die Schwere der Depression, indem er von "mittelschwerer bis schwerer depressiver Verstimmung" spricht und ausführt, die Depression bewege sich "auf dem Boden einer Dysthymie". Soweit der Nervenarzt F. von Ängsten in mittelschwerem bis schwerem chronischen Ausmaß, die die Klägerin auf den verschiedenen Ebenen der Lebensbewältigung behindern, berichtet, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar. Eine Angsterkrankung wird von keinem Gutachter bestätigt. Schließlich stützt er seine Einschätzung im Wesentlichen auf die eigenen Angaben der Klägerin ("sie könne die Kindererziehung und den Haushalt nur mit erheblicher Mühe und vielen Pausen bewältigen, mit ihrer Haushaltsführung sei sie unzufrieden"), ohne entsprechende Befunde mitzuteilen. Auch die Leistungseinschätzung von Dr. K. ist für den Senat nicht überzeugend. Die Fachärztin für Innere Medizin stellt bei ihrer Leistungseinschätzung - fachfremd - auf Erkrankungen auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet ab. Dass die auf diesem Fachgebiet vorliegenden Erkrankungen das Leistungsvermögen nicht in rentenbegründendem Ausmaß einschränken, wurde bereits dargelegt. Auch der von ihr angenommene Ganzkörperschmerz konnte durch die eingeholten Gutachten nicht in dem von Dr. K. angenommenen Ausmaß ("erheblich") bestätigt werden.

Darüber hinaus besteht bei der Klägerin, wie zuletzt Prof. Dr. D. dargelegt hat, eine Meralgia paraesthetica beidseits und eine diabetische Polyneuropathie. Bei der neurologischen Untersuchung durch Prof. Dr. D. fanden sich Hinweise für eine sensomotorische Polyneuropathie vom distalen symmetrischen Manifestationstyp. Trotz der angegebenen Hinterstrangsymptomatik mit Beeinträchtigung des Vibrationsempfindens an beiden Füßen kam es allerdings im Rombergschen Stehversuch nicht zu Unsicherheiten. Bei den elektrophysiologischen Untersuchungen am linken Bein fand sich ein Hinweis auf eine leichte axonale Schädigung. Die übrigen erhobenen Parameter lagen aber im Normbereich, so dass der Gutachter aufgrund der sehr diskreten Polyneuropathie eine Funktionsbeeinträchtigung ausschloss. Eine Funktionsbeeinträchtigung folgt, wie der Gutachter nachvollziehbar darlegt, auch nicht aus der Gefühlsminderung an der Vorderaußenseite beider Oberschenkel (Meralgia paraesthetica). Auswirkungen des durch die Klägerin angegebenen "Schlaganfalls" konnten bei der Begutachtung durch Prof. Dr. D. nicht festgestellt werden. Zwar wird im Bericht des Städtischen Klinikums K. vom 28.07.2014 die Diagnose "Z.n. Kleinhirninfarkt (? klinisch stumm)" angegeben und fanden sich im MRT des Kopfes vom 26.06.2015 ein älterer links cerebellärer Infarkt sowie microangiopathische Läsionen der periventrikulären Marklager beidseits, rechts führend, wobei frische Ischämien insbesondere des Hirnstammes, intracranielle Hämorrhagien oder Liquorzirkulationsstörungen nicht nachgewiesen werden konnten, Folgeschäden wurden aber nicht mitgeteilt. Bereits im Rahmen des neurologischen Konzils am 01.07.2015 wurden keine neurologischen Beschwerden berichtet und waren die neurologischen Befunde im Wesentlichen unauffällig. Dies gilt auch für die bei der Untersuchung durch Prof. Dr. D. erhobenen Befunde.

Keine zeitliche Leistungseinschränkung ist durch die darüber hinaus bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen anzunehmen. Weder die behandelnden Ärzte noch die Gutachter sehen das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin durch die Hypertonie, die Diabetes-Erkrankung, die diabetische Polyneuropathie, die Meralgia paraesthetica, die Beschwerden im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule, das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom, die chronischen Niereninsuffizienz und die Schrumpfniere links in zeitlicher Hinsicht beeinträchtigt.

Aufgrund der bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen sind bei der Klägerin, wie Dr. N. und Prof. Dr. D. zusammenfassend dargestellt haben, schwere und andauernd mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten von mehr als 7 kg, dauerndes Stehen und gleichförmige Körperhaltungen mit Zwangshaltungen im Halswirbelsäulenbereich, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, häufiges Treppensteigen und Bücken, in Nachtschicht, Akkord und mit hoher nervlicher Belastung zu vermeiden. Darüber hinaus hat Prof. Dr. B. nachvollziehbar dargelegt, dass der Klägerin Tätigkeiten mit hohem Komplexizitätsgrad nicht mehr zumutbar sind. Dies ist auch mit dem Ergebnis der testpsychologischen Untersuchung durch Dr. Dipl. Psych. S. in Einklang zu bringen, der leichte kognitive Defizite bei einer deutlich unterdurchschnittlichen intellektuellen Ausstattung der Klägerin feststellte. Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin einen Pflegedienst in Anspruch nimmt, der ihr die einzunehmenden Tabletten am Morgen zusammenstellt, wie sich aus den Gutachten ergibt. Die Gutachter haben diesem Umstand aber keine leistungsrelevante Bedeutung beigemessen. Eine stärkere Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten, die sich auch auf das qualitative Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auswirken würde, ist hieraus nicht abzuleiten. Bei der Untersuchung durch Dr. Dipl. Psych. S. konnten erworbene leichte kognitive Defizite bei der sehr einfach strukturierten und gering gebildeten Klägerin zwar nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, nennenswerte kognitive Störungen lagen aber nicht vor. Die Klägerin hatte auch keine Schwierigkeiten, den Testanweisungen zu folgen, weshalb für den Senat auch keine Zweifel daran bestehen, dass sie Arbeitsanweisungen folgen kann. Die vorliegenden Einschränkungen können damit zwar das Spektrum der für die Klägerin in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Ein Rentenanspruch kann vorliegend somit auch nicht auf die Grundsätze einer schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine volle Erwerbsminderung ausnahmsweise selbst bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit vor, wenn der Arbeitsmarkt wegen besonderer spezifischer Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist. Dem liegt zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.1983, 5a RKn 28/82, Juris). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist bei Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. Eine Verweisungstätigkeit braucht erst dann benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen daher entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG, Urteile vom 20.08.1997, 13 RJ 39/96, vom 11.05.1999, B 13 RJ 71/97; vom 24.02.1999, B 5 RJ 30/98 und vom 09.09.1998, B 13 RJ 35/97 R, Juris). Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80, Juris) jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Gegenständen, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich sind. Ausgehend hiervon liegt bei der Klägerin unter Berücksichtigung der bereits beschriebenen qualitativen Einschränkungen weder eine besondere spezifische Leistungsbeeinträchtigung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, nachdem der Klägerin noch weite Teile des Arbeitsmarktes für leichte Tätigkeiten offen stehen. Unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen sind der Klägerin körperlich leichte, kognitiv eher unkomplexe Tätigkeiten in Produktion, Logistik und Dienstleistung, etwa das Verpacken leichter Industrie- oder Handelserzeugnisse, Montier- oder Sortierarbeiten oder vergleichbare Hilfsarbeiten zumutbar. Der Arbeitsmarkt ist auch nicht deshalb verschlossen, weil die Klägerin nur unter arbeitsunüblichen Pausen arbeiten könnte, wie Prof. Dr. B. annimmt. Dies sieht der Senat durch die weiteren Gutachten als widerlegt an; wie bereits dargelegt, geht der Senat davon aus, dass die Klägerin über ein hinreichendes Durchhaltevermögen für leichte Tätigkeiten verfügt.

Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht in der Lage wäre, einen Arbeitsplatz aufzusuchen, bestehen nicht; bei der Klägerin liegen keine Erkrankungen vor, die sich auf die Gehfähigkeit derart auswirken, dass es ihr nicht mehr möglich wäre, viermal täglich eine Strecke von 500 Metern in einem zumutbaren Zeitaufwand zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Die Wegefähigkeit der Klägerin ist nach den Einlassung aller gehörten Gutachter, auch des Prof. Dr. B., nicht in rentenrelevantem Ausmaß beeinträchtigt, so dass auch aus diesem Grund keine volle Erwerbsminderung resultiert. Soweit die Klägerin vorträgt, eine bereits kurzzeitige körperliche Anstrengung führe zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Steh- und Gehfähigkeit, weshalb sie keinesfalls mehr in der Lage wäre, viermal täglich Wegtrecken von jeweils 500 Metern in einer Zeitdauer von jeweils maximal 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen, wird dies durch die eingeholten Gutachten nicht bestätigt. Eine entsprechende Einschränkung ist für den Senat auch nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus fährt die Klägerin zumindest gelegentlich auch Auto, wie sie sowohl gegenüber Dr. N. als auch gegenüber Prof. Dr. B. angegeben hat.

Nachdem die Klägerin nach dem 01.02.1961 geboren wurde, hat sie - unabhängig von ihren gesundheitlichen Einschränkungen - auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 240 Abs. 1 SGB VI.

Die Klägerin hat daher weder einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller, noch wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Die Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenfolge beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren unterlegen ist.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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