S 5 KR 4046/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 4046/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Erweist sich eine stationäre Krankenhausbehandlung als nicht erforderlich, so kann die Krankenkasse von der Klinik die erbrachte Vergütung zurückfordern, nicht hingegen die vom Versicherten geleistete Zuzahlung.
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 160 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.10.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Für die Beklagte wird die Berufung nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Vergütung für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin ist Trägerin der "T. Kliniken" in A., die zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassen sind.

Vom 25.1. – 9.2.2012 befand sich die bei der Beklagten versicherte Patientin G. (geb. xx.xx.1937) in vollstationärer Behandlung in den "T. Kliniken". Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten am 24.2.2012 insgesamt 4.475,21 EUR in Rechnung (4.635,21 EUR abzgl. 160 EUR geleistete Zuzahlung der Versicherten). Als durchgeführte Prozedur berücksichtigte sie u.a. die OPS-Ziff. 8-983.1 (multimodale rheumatologische Komplexbehandlung / mindestens 14 bis höchstens 20 Behandlungstage). Auf dieser Grundlage gelangte sie zur DRG "I 97 Z".

Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst vollständig, veranlasste dann aber eine Prüfung durch den MDK. In einem Gutachten vom 6.8.2012 gelangte der MDK zu dem Ergebnis, Frau G. habe seit Jahren an rheumatoider Arthritis gelitten, die mit Methotrexat therapiert worden sei. Wegen der operativen Behandlung einer Schulterverletzung im September 2011 habe die Patientin die Einnahme von Methotrexat ausgesetzt. Im Dezember 2011 sei dann ein erneuter entzündlicher Schub der rheumatoiden Arthritis aufgetreten. Aus diesem Grund sei Frau G. stationär in die "T. Kliniken" aufgenommen worden. Dort habe sie die Therapie mit Methotrexat wieder aufgenommen; zudem sei eine Kortisonstoßtherapie erfolgt. Darüber hinaus hätten verschiedene Maßnahmen der Physio-, Ergo- und Psychotherapie stattgefunden. Für all dies hätte es aber keiner vollstationären Behandlung bedurft: Sowohl die Therapie mit Methotrexat als auch die Kortisonstoßtherapie hätten ambulant durchgeführt werden können. Denn die Patientin sei zu jeder Zeit selbständig und mobil gewesen. Im Übrigen habe die Klägerin zu Unrecht die OPS-Ziff. 8-983.1 kodiert: Die erforderlichen Mindestmerkmale hierfür lägen nicht vor. So sei das prozessorientierte Behandlungsmanagement unzureichend dokumentiert. Auch die zur Beurteilung der Krankheitsintensität eingesetzten Bögen seien teilweise unvollständig; sie seien nicht ausgewertet worden und trügen weder Unterschrift noch Datum.

Mit Schreiben vom 24.5.2013 widersprach der in den "T. Kliniken" tätige Chefarzt PD Dr. K. dem Gutachten des MDK. Er machte geltend, die langjährige rheumatoide Arthritis habe bei Frau G. bereits zu Gelenkschäden geführt. Ihre Mobilität sei eingeschränkt durch eine rheumatische Deformität beider Vorfüße, eine Prothese im rechten Kniegelenk und eine atherosklerotische Enzephalopathie. Nach Unterbrechung der Therapie mit Methotrexat im September 2011 sei ein Rezidiv der rheumatoiden Arthritis aufgetreten. Die Patientin sei nicht mehr in der Lage gewesen, ihre Gehhilfen zu nutzen. Bei einer ambulanten Vorstellung Frau G.s am 16.1.2012 habe sich abgezeichnet, dass eine medikamentöse Therapie nicht ausreichen werde, um die Mobilität wiederherzustellen. Aufgrund dessen sei sie zum Zwecke einer rheumatologischen Komplexbehandlung stationär aufgenommen worden.

In einem weiteren Gutachten (vom 8.7.2015) bekräftigte der MDK seine Auffassung, die stationäre Krankenhausbehandlung sei nicht erforderlich gewesen; eine ambulante Therapie hätte ausgereicht. Entgegen der Darstellung PD Dr. K.s hätte Frau G. durchaus auch niedergelassene Ärzte aufsuchen können; zum Zeitpunkt der Aufnahme in die "T. Kliniken" sei sie ausreichend mobil gewesen. Im Übrigen habe die Klägerin nicht die OPS-Ziff. 8-983.1 kodieren dürfen: Der Einsatz von mindestens drei Therapiebereichen mit der erforderlichen Therapiedichte von 11 Stunden pro Woche sei nicht belegt.

Daraufhin forderte die Beklagte am 10.7.2015 die Klägerin auf, ihr 4.635,21 EUR zu erstatten.

Mit Schreiben vom 26.8.2015 widersprach die Klägerin der "Streichung" der OPS-Ziff. 8-983.1. Sie machte geltend, entgegen der Auffassung des MDK ließen sich die Therapien und ihre Dauer aus der Dokumentation nachvollziehen.

Trotz der Einwände der Klägerin rechnete die Beklagte in der Folgezeit gegen andere unstreitige Hauptforderungen der Klägerin auf – am 14.9.2015 in Höhe von 951,01 EUR, am 12.10.2015 in Höhe von 1.798,95 EUR und am 26.10.2015 in Höhe von 1.885,25 EUR, insgesamt 4.635,21 EUR.

Mit der am 25.11.2016 erhobenen Klage begehrt die Klägerin Zahlung in Höhe des Aufrechnungsbetrags. Sie trägt u.a. vor, der Beklagten habe keine Erstattungsforderung zugestanden, mit der sie hätte aufrechnen können. Die in Rechnung gestellte Summe sei nicht zu beanstanden. Insbesondere habe sie die OPS-Ziff. 8-983.1 kodieren dürfen. Die "T. Kliniken" hätten Krankengymnastik sowie Ergo-, Schmerz- und Gesprächstherapie mit der erforderlichen Mindeststundenzahl erbracht: in der Woche vom 25. – 31.1.2012 insgesamt 12,25 Stunden, ebenso in der Woche vom 1. – 7.2.2012. Die standardisierte Befunderhebung habe zu Beginn und am Ende des stationären Aufenthalts von Frau G. stattgefunden – unter Einsatz der vorgegebenen Unterlagen. Ohne die OPS-Ziff. 8-983.1 wäre hier die DRG "I 69 A" einschlägig; die Vergütung für die Behandlung hätte danach 2.603,73 EUR betragen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 4.635,21 EUR zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 951,01 EUR seit dem 14.9.2015, aus 1.798,95 EUR seit dem 12.10.2015 sowie aus 1.885,25 EUR seit dem 26.10.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bekräftigt unter Hinweis auf die Gutachten des MDK ihre Auffassung, wonach die stationäre Behandlung nicht notwendig gewesen sei. Dennoch habe sie versucht, mit der Klägerin außergerichtlich eine Einigung zu erzielen. In der Annahme, es sei ein Vergleich zustande gekommen, habe sie der Klägerin am 31.1.2017 einen Betrag in Höhe von 2.317,60 EUR überwiesen. Ohne die OPS-Ziff. 8-983.1 wäre hier – wie von der Klägerin angegeben – die DRG "I 69 A" einschlägig. Allerdings folge daraus nur eine Vergütung in Höhe von 2.590,22 EUR.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die Patientenakte der "T. Kliniken" Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1) Die Klage ist zulässig, aber lediglich zu einem geringen Teil begründet. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 160 EUR (dazu a) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.10.2015 (dazu b).

a) Zu Recht hat die Beklagte am 14.9.2015 in Höhe von 951,01 EUR und am 12.10.2015 in Höhe von 1.798,95 EUR gegen unstreitige Hauptforderungen der Klägerin aufgerechnet; am 26.10.2015 durfte sie hingegen nur noch in Höhe von 1.725,25 EUR aufrechnen, nicht in Höhe von 1.885,25 EUR. Der Beklagten stand eine Erstattungsforderung zu, mit der sie aufrechnen konnte – allerdings nur in Höhe von insgesamt 4.475,21 EUR. Die Klägerin war verpflichtet, der Beklagten die für die Behandlung Frau G.s gezahlten 4.475,21 EUR zu erstatten; denn die Klägerin konnte für die streitige Behandlung keine Vergütung beanspruchen (dazu aa). Hingegen hatte die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der 160 EUR, die die Klägerin von Frau G. als Zuzahlung einbehalten hat (dazu bb).

aa) Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch ist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V i.V.m. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntG und dem Fallpauschalen-Katalog 2012. Danach ist die Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage zur Zahlung der vereinbarten Entgelte verpflichtet, wenn tatsächlich eine vollstationäre Krankenhausbehandlung stattgefunden hat und diese Behandlung erforderlich war.

Daran fehlt es hier. Entgegen der Auffassung der Klägerin war die vollstationäre Krankenhausbehandlung der Patientin G. vom 25.1. – 9.2.2012 nicht erforderlich:

Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses reicht grundsätzlich nur so weit wie der Anspruch des Versicherten gegenüber seiner Krankenkasse (BSG, SozR 4-2500 § 39 Nr. 14, Rdnr. 12). Gemäß § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Dem Krankenhausarzt steht insoweit kein Beurteilungsspielraum zu. Vielmehr ist vom Gericht uneingeschränkt zu prüfen, ob eine vollstationäre Behandlung im Krankenhaus aus medizinischen Gründen notwendig war (BSGE 99, 111 Rdnr. 27 und 29). Auszugehen ist dabei von dem zum jeweiligen Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand; dieser Kenntnisstand kann sich im Laufe der Krankenhausbehandlung ändern. Die Notwendigkeit einer stationären Aufnahme oder einer Weiterbehandlung ist also nicht rückschauend aus der späteren Sicht eines Gutachters zu beurteilen. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Krankenhausarzt auf der Grundlage der zum damaligen Zeitpunkt verfügbaren Informationen eine vollstationäre Krankenhausbehandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst (weiter) für erforderlich erachten durfte, um eine Krankheit zu erkennen, sie zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (BSG, a.a.O., Rdnr. 33).

Gemessen hieran durften die Ärzte der "T. Kliniken" im Falle der Patientin G. eine vollstationäre Krankenhausbehandlung nicht für erforderlich halten; denn eine ambulante Behandlung hätte ausgereicht, um die therapeutischen Ziele zu erreichen:

Wie sich aus dem Entlassungsbericht vom 6.2.2012 ergibt, litt Frau G. seit vielen Jahren an rheumatoider Arthritis, die fortlaufend (ambulant) mit Methotrexat und Prednisolon therapiert wurde. Im Zusammenhang mit einer Schulteroperation im September 2011 setzte die Patientin die Behandlung mit Methotrexat aus – und nahm sie auch danach nicht wieder auf, weil sie sich "gut gefühlt" habe (vgl. die Angaben in der psychologischen Abschlussinformation). Die Therapie mit Prednisolon führte sie hingegen fort (mit einer Dosierung von 5 mg / Tag). Im Dezember 2011 trat dann ein akut-entzündlicher Schub der rheumatoiden Arthritis auf. Dies war Anlass für die stationäre Aufnahme Frau G.s. Während der Krankenhausbehandlung leiteten die Klinikärzte eine erneute Behandlung mit Methotrexat ein; außerdem erhöhten sie die Prednisolon-Dosis vorübergehend auf 10 mg / Tag und veranlassten eine funktionelle Therapie mit Krankengymnastik, physikalischen Anwendungen sowie Ergotherapie. Aufgrund dessen trat eine rasche Beschwerdefreiheit ein. Nach Überzeugung der Kammer war für diese Maßnahmen aber keine stationäre Behandlung erforderlich: Im Vordergrund stand die Wiederaufnahme der medikamentösen Therapie – und zwar mit denjenigen Arzneimitteln, die die Patientin bereits in der Vergangenheit erfolgreich eingesetzt hatte. Angesichts dessen lag hier keine Notwendigkeit vor für eine ständige Beobachtung mit der Möglichkeit einer schnellen ärztlichen Intervention (wie sie bei einer für den Patienten neuen oder komplexen Pharmakotherapie geboten sein mag). Ebenso wie die ärztliche Behandlung einschließlich Verordnung von Arzneimitteln hätte Frau G. auch die Heilmittel ohne weiteres ambulant in Anspruch nehmen können. In der Patientenakte findet sich kein Beleg für den Vortrag der Klägerin, die Patientin sei damals in ihrer Mobilität so eingeschränkt gewesen, dass sie ambulante Leistungserbringer nicht hätte aufsuchen können. Frau G. hat ihren Zustand seinerzeit als "Morgensteifigkeit" beschrieben (vgl. Seite 3 des Entlassungsberichts). Im Selbsteinschätzungsbogen, den sie bei der stationären Aufnahme ausgefüllt hat, gab sie u.a. an, sie sei ohne Einschränkungen dazu in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen und 30 min ohne Unterbrechung zu stehen; sie könne sogar 100 m schnell laufen, etwa um einen Bus zu erreichen, wenn auch mit Mühe.

Bestand also mangels Erforderlichkeit einer vollstationären Behandlung gar kein Anspruch der Klägerin auf Vergütung, kann die Kammer dahingestellt lassen, ob die Klägerin zu Recht die OPS-Ziff. Ziff. 8-983.1 kodiert hat.

bb) Keine Erstattung fordern konnte die Beklagte, soweit die Klägerin von Frau G. eine Zuzahlung (in Höhe von 160 EUR) erhalten hat.

Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne Rechtsgrund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Soweit nicht spezialgesetzlich anders geregelt, entsprechen die Voraussetzungen und Rechtsfolgen denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (BSGE 109, 236 Rdnr. 11). Erstattung fordern kann danach nur der Leistende, also derjenige, der – unmittelbar oder mittelbar über einen Dritten – mit seinen Mitteln und auf seine Rechnung etwas zuwendet. Erfolgt die Zuwendung mittelbar, muss sie dem Leistenden zuzurechnen sein und als dessen Leistung erscheinen (Sprau in: Palandt, BGB, 76. Aufl., § 812 Rdnr. 16).

(1) Unmittelbar zugewendet hat die Beklagte der Klägerin nicht 4.635,21 EUR, sondern nur 4.475,21 EUR. Nur diesen Betrag hatte die Klägerin ihr unter Berücksichtigung der von Frau G. geleisteten Zuzahlung (in Höhe von 160 EUR) in Rechnung gestellt.

(2) Die Zuzahlung durch die Patientin lässt sich nicht als mittelbare (Teil-)Leistung der Beklagten auf den Vergütungsanspruch der Klägerin werten:

Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zahlen von Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 S. 2 SGB V ergebenden Betrag – also 10 EUR – je Kalendertag an das Krankenhaus (§ 39 Abs. 4 S. 1 SGB V). Bis zum 24.3.2009 musste das Krankenhaus die vom Versicherten erbrachte Zuzahlung an die Krankenkasse weiterleiten (vgl. § 39 Abs. 4 S. 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 14.11.2003, BGBl. I Seite 2190). Es bestand keinerlei Zusammenhang zwischen der Zuzahlung durch den Versicherten und der Vergütungsforderung des Krankenhauses. Seit dem 25.3.2009 sieht das Gesetz eine Weiterleitung nicht mehr vor; vielmehr verringert sich der Vergütungsanspruch des Krankenhauses gegenüber der Krankenkasse entsprechend der einbehaltenen Zuzahlung (vgl. § 39 Abs. 4 S. 1 SGB V und § 43b Abs. 3 S. 1 SGB V, jeweils in der Fassung des Gesetzes vom 17.3.2009, BGBl. I Seite 534). Der Gesetzgeber wollte auf diese Weise für die Krankenhäuser einen Anreiz schaffen, sich stärker als bisher um die Durchsetzung von Zuzahlungsforderungen zu bemühen (BT-DrS 16/11429 Seite 45). Die in § 43b Abs. 3 S. 1 SGB V (a.F.) normierte Verrechnung dient indes allein der Zahlungsvereinfachung; sie ändert nichts daran, wer letztlich wem zur Leistung verpflichtet ist – nämlich zum einen der Versicherte der Krankenkasse zur Zuzahlung, zum anderen die Krankenkasse dem Krankenhaus zur Vergütung. Dies belegt auch § 43b Abs. 3 S. 9 SGB V (in der der Fassung des Gesetzes vom 17.3.2009, BGBl. I Seite 534), wonach keine Verrechnung der Zuzahlung mit dem Vergütungsanspruch des Krankenhauses stattfindet, soweit Vollstreckungsmaßnahmen zum Einzug der Zuzahlung erfolglos bleiben. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Zuzahlung des Versicherten nicht als (Teil-)Leistung der Krankenkasse auf den Vergütungsanspruch des Krankenhauses verstehen, die die Krankenkasse kondizieren könnte.

cc) Die Hauptforderung, gegen die die Beklagte am 26.10.2015 die Aufrechnung erklärt hat, ist demnach noch in Höhe von 160 EUR offen. Daran ändert auch nichts der Vortrag der Beklagten, sie habe der Klägerin am 31.1.2017 einen Betrag in Höhe von 2.317,60 EUR überwiesen (in der falschen Annahme, sie habe mit der Klägerin einen außergerichtliche Einigung erzielt). Denn Erfüllung tritt nur ein, wenn die geschuldete Leistung bewirkt wird. Dazu muss die Leistung einem bestimmten Schuldverhältnis zugeordnet werden können (Grüneberg in: Palandt, BGB, 76. Aufl., § 362 Rdnr. 3). Letzteres war hier nicht der Fall: Die angebliche Zahlung von 2.317,60 EUR wies keinen erkennbaren Bezug auf zu der Hauptforderung der Klägerin, gegen die die Beklagte am 26.10.2015 die Aufrechnung erklärt hat.

b) Seit dem Tag nach der Aufrechnung vom 26.10.2015 hat die Beklagte die Hauptforderung zu verzinsen. Die Höhe der Zinsen ergibt sich aus § 112 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V i.V.m. § 19 Abs. 3 des Landesvertrags.

2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO. Die Beklagte ist nur zu einem geringen Teil unterlegen, nämlich in Höhe von 3,5 % der Klageforderung. Angesichts dessen waren die Verfahrenskosten der Klägerin ganz aufzuerlegen.

3) Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt für die Beklagte – anders als für die Klägerin – nicht mehr als 750 EUR. Es besteht kein Grund, gemäß § 144 Abs. 2 SGG für die Beklagte die Berufung zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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