S 16 U 230/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 230/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 404/14
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger zum versicherten Personenkreis der gesetzlichen Unfallversicherung gehört.

Der Kläger ist geschäftsführender (Allein-) Gesellschafter der B und G GmbH. Er schloss zu Beginn seiner Tätigkeit eine freiwillige Versicherung bei der Beklagten ab. Nach den Angaben der Beklagten endete diese freiwillige Versicherung am 15. August 2001 wegen Nichtzahlung der Beiträge.

Am 30. Dezember 2010 ist der Kläger auf dem Weg zur Arbeit auf schnee- und eisglatter Straße vom Bordstein mit dem linken Fuß abgerutscht und auf die Straße gestürzt. Dies ergibt sich aus dem Durchgangsarztbericht vom 00.0.2011. Direkt nach dem Unfall begab sich der Kläger zur Behandlung in das St. N Krankenhaus S.

Der Kläger überreichte seinen Anstellungsvertrag. Im Rahmen der Prüfung, ob Verletztengeld zu zahlen ist, überprüfte die Beklagte das bei ihr bestehende Versicherungsverhältnis des Klägers und stellte fest, dass die freiwillige Versicherung des Klägers zum 15.8.2001 wegen Nichtzahlung von Beiträgen erloschen sei.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er nicht zum Personenkreis der Versicherten der gesetzlichen Unfallversicherung zähle, da die freiwillige Versicherung erloschen sei, so dass Leistungen wegen des Wegeunfalls vom 30.12.2010 nicht erbracht werden würden.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und teilte mit, dass er den Bescheid vom 25.09.2001, mit dem ihm nach Ansicht der Beklagten mitgeteilt worden sei, dass die Versicherung wegen Nichtzahlung von Beiträgen erlösche, nicht erhalten habe. Der Kläger bot an, die rückständigen Beiträge umgehend zu begleichen, sofern ihm die Beitragsbescheide zugesandt werden würden. Im Übrigen sei er aber auch gemäß § 46 der Satzung der Beklagten bei dieser pflichtversichert, so dass die Beklagte auf jeden Fall leistungspflichtig sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Sie teilte mit, dass sich aus einem aktuellen Handelsregisterauszug ergebe, dass der Kläger als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma I B und G GmbH S fungiere. Dieses Unternehmen sei in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft seit Jahren Mitglied. Unternehmer im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sei gemäß § 136 Abs. 3 Nr. 1 Siebtes Buch des Sozialgesetzbuch - SGB VII - ausschließlich die GmbH. Nur der GmbH gereiche das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- und Nachteil. Die hinter der GmbH als juristische Person stehenden natürlichen Personen (Gesellschafter und Geschäftsführer) könnten demzufolge keinen Unternehmerstatus erlangen. Bei entsprechendem Beteiligungsgrad könnten diese Personen jedoch einen beherrschenden Einfluss auf die Geschicke der GmbH erlangen und somit einen unternehmerähnlichen Status haben. Dies sei beim Kläger der Fall. In seiner Eigenschaft als alleiniger Gesellschafter/Geschäftsführer der vorgenannten GmbH gehöre er gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII zu den Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig für Unternehmen selbständig tätig seien. Diesem Personenkreis habe der Gesetzgeber Zugang zur gesetzlichen Unfallversicherung nur im Rahmen eines freiwilligen Versicherungsverhältnisses geschaffen. Dabei handele es sich um ein öffentlich rechtliches Vertragsverhältnis, welches nur durch Abgabe einer Willenserklärung in Form eines schriftlichen Antrages begründet werden könne.

Klar zu unterscheiden sei in diesem Zusammenhang die vom Bevollmächtigten des Klägers angesprochene Satzungsbestimmung, wonach Unternehmer gemäß § 46 der Satzung basierend auf der gesetzlichen Ermächtigung in § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII pflichtversichert seien. Der Gesetzgeber räume hier ausschließlich für die versicherbaren natürlichen Unternehmerpersonen im Sinne von § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII die Möglichkeit der Einbeziehung in die gesetzliche Unfallversicherung im Rahmen einer trägerspezifischen Satzungsregelung ein.

Da der Kläger neben der betriebsführenden GmbH kein echter Unternehmer im Sinne von § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII sei, scheide dieser Versicherungstatbestand aus.

Da der Kläger am Unfalltag nur im Rahmen einer bestehenden freiwilligen Unternehmerversicherung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII in Verbindung mit § 52 Nr. 2 der Satzung Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung hätte haben können, scheide eine Leistungspflicht der Beklagten aus. Eine freiwillige Versicherung zum Zeitpunkt des Unfalls 00.00.2010 habe nicht bestanden. Die freiwillige Versicherung, die vor Jahren bestanden habe, sei wegen Nichtzahlung der Beiträge bzw. Beitragsvorschüsse gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 SGB VII mit Wirkung zum 15.08.2001 erloschen. Da es sich hier um einen gesetzlichen Erlöschungstatbestand handele, komme es nicht auf die Bescheiderteilung an. Zusammenfassend bleibe festzustellen, dass der Kläger am Unfalltag 00.00.2010 nicht zum Kreis der in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gehört habe.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage.

Er trägt vor, dass sich nicht aus § 136 SGB VII ergebe, wer Unternehmer im Sinne des Gesetzes sei, sondern dass hierfür die gesetzliche Vorschrift § 7 Viertes Buch des Sozialgesetzbuch - SGB IV - heranzuziehen sei. Ausgehend von dieser gesetzlichen Vorschrift sei er jedenfalls als Unternehmer zu qualifizieren, so dass er gemäß § 46 der Satzung der Beklagten im Zeitpunkt des Unfalls pflichtversichert gewesen sei.

Im Übrigen sei dem Kläger nicht bekannt geworden, dass die freiwillige Versicherung zum 15.08.2001 erloschen sei. Einen entsprechenden Bescheid habe er nicht erhalten. Sofern es in § 6 Abs. 2 SGB VII heiße, dass die Versicherung erlösche, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuss binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden sei, habe die Beklagte bis heute nicht nachgewiesen, dass der Beitrag fällig geworden sei. Die Beklagte wird vom Kläger aufgefordert, nachzuweisen, dass sie ihn zur Beitragszahlung aufgefordert habe.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 03.02.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aus Anlass des Arbeitsunfalls vom 30.12.2010 Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass sie den Kläger mit Bescheid vom 25.09.2001 darüber informiert habe, dass die freiwillige Versicherung zum 15.08.2001 erlösche. Auch wenn der Kläger vortrage, dass er diesen Bescheid nicht erhalten habe, komme es darauf nicht an, da die Folge des Erlöschens kraft Gesetztes gemäß § 6 Abs. 2 SGB VII eintrete. Im Übrigen verweist die Beklagte beispielhaft auf den Beitragsbescheid vom 26.04.2010, der deutlich mache, dass der Kläger weiterhin Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für die bei ihm beschäftigte Kraft gezahlt habe. Aus dem Beitragsbescheid vom 26.04.2010 ergebe sich deutlich, dass für ihn als Unternehmer freiwillige Beiträge nicht erhoben worden seien, so dass der Kläger sich nicht darauf stützen könne, es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass er nicht mehr als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten versichert gewesen sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte voll inhaltlich Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger ist durch den Bescheid vom 03.02.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2011 nicht in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert.

Denn zum Zeitpunkt des Unfalls am 00.00.2010 gehörte der Kläger nicht zum Personenkreis der gesetzlichen Unfallversicherung, so dass er Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht beanspruchen kann.

Sofern der Kläger geltend macht, dass er als Unternehmer gemäß § 46 der Satzung der Beklagten im Zeitpunkt des Unfalls am 00.00.2010 pflichtversichert war, liegen die Voraussetzungen der Pflichtversicherung nicht vor. Gemäß § 46 der Satzung erstreckt sich die Versicherungspflicht auf Unternehmer und Unternehmerinnen, die den Unternehmensarten des § 3 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 der Satzung zuzurechnen sind und die nicht schon kraft Gesetzes versichert sind. Diese Satzungsbestimmung sieht eine Pflichtversicherung für Unternehmer vor. Unternehmer ist gemäß § 136 Abs. 3 SGB VII derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Zu dieser Gruppe der Unternehmer gehört der Kläger nicht, so dass er gemäß der Satzungsbestimmung nicht pflichtversichert ist.

Der Kläger gehört vielmehr zu der Gruppe der unternehmerähnlichen Personen, die sich gemäß § 6 SGB VII auf schriftlichen Antrag freiwilig versichern können. Der Kläger gehört der Gruppe an, die in § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII ausdrücklich genannt wird. Es handelt sich um Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind.

Die Kammer folgt nicht der Ansicht des Klägers, wonach die Vorschrift § 7 SGB IV heranzuziehen ist, um den Begriff des Unternehmers zu erklären. Aus den gesetzlichen Vorschriften des SGB VII ergibt sich eindeutig der Unternehmerbegriff, auf den § 46 Bezug nimmt.

Ein Versicherungsschutz des Klägers ergibt sich zur Überzeugung der Kammer auch nicht aus dem Umstand, dass zum Zeitpunkt des Unfalls am 00.00.2010 eine freiwillige Versicherung des Klägers bei der Beklagten bestand. Diese Versicherung ist gemäß § 6 Abs. 2 SGB VII am 15.08.2001 erloschen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger den Bescheid vom 25.09.2001 erhalten hat, da der Gesetzgeber das Erlöschen kraft Gesetzes angeordnet hat.

Bedenken an der Anwendung von § 6 Abs. 2 SGB VII könnten sich nach Ansicht der Kammer allenfalls daraus ergeben, dass die Beklagte im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht den Nachweis erbracht hat, dass der Beitrag oder Beitragsvorschuss binnen 2 Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Das gesetzliche Erlöschen des § 6 Abs. 2 SGB VII greift nur ein, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuss binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Insofern hat die Kammer bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Hinweis erteilt, dass die Beklagte grundsätzlich verpflichtet ist, den Nachweis zu erbringen, dass der Kläger die Beiträge trotz Fälligkeit nicht gezahlt hat, wenn sie sich auf die gesetzliche Vorschrift § 6 Abs. 2 SGB VII stützt (vgl. hierzu auch Thüringer Landessozialgericht Az.: L 6 KR 652/03 ER vom 17.10.2003, SG Mainz Az.: S 8 ER 135/06 KR vom 31.7.2006, Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Az.: L 10 U 47/09 vom 14.7.2011).

Obwohl dieser Nachweis im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erbracht war, hat die Kammer davon abgesehen, der Beklagten aufzugeben, diesen Nachweis zu erbringen. Die Kammer ist im Ergebnis der Ansicht der Beklagten gefolgt, dass der Kläger wissen musste, dass die freiwillige Versicherung nicht mehr bestand, weil er entsprechende freiwillige Beiträge seit 2001 nicht mehr entrichtet hat. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus dem von der Beklagten vorgelegten Beitragsbescheid vom 26.4.2010, dem der Kläger entnehmen konnte, dass Beiträge zur Unternehmerversicherung nicht gezahlt werden.

Da der Kläger in der Vergangenheit als Unternehmer ausweislich des Bescheides vom 26.4.2010 für seine Mitarbeiterin auch Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung geleistet hat, ist davon auszugehen, dass der Kläger die freiwillige Unternehmerversicherung nicht mehr wollte und aus diesem Grund keine Beiträge mehr gezahlt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Rechtskraft
Aus
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