L 11 KA 15/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 13/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 15/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens im zweiten Rechtszug. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Klägerin eine Institutsermächtigung für die Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in J gem. § 118 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu erteilen ist.

Die Klägerin ist Trägerin des im Kreis T gelegenen Klinikums J mit den Betriebsstätten St. F (Klinikbereich H Straße) und C (Klinikbereich T-straße) sowie der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in der T1-Straße. Mit Feststellungsbescheiden der Bezirksregierung Münster aus den Jahren 2010 und 2015 wurde das Klinikum J mit den Betriebsstätten H Straße 00 und T-straße 00 in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen. Die regionale psychiatrische Pflichtversorgung im Sinne von § 16 Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW) für den Kreis T wurde hingegen der entsprechenden Fachklinik des Universitätsklinikums Münster übertragen.

Im August 2011 beantragte die Klägerin eine Institutsermächtigung für die Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie nach § 118 Abs. 2 SGB V oder nach § 31 Abs. 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV).

Der Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Münster lehnte es mit Beschluss vom 13.01.2012 aus der Sitzung vom 29.11.2011 ab, der Klägerin eine Institutsermächtigung gem. § 118 Abs. 2 SGB V zu erteilen. Den hiergegen unter dem 16.01.2012 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass der auf diese Norm gestützte Antrag ausschließlich feststellenden Charakter habe, eine Ermächtigung also nicht erteilt werden müsse. Die in § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB V geregelten Voraussetzungen lägen im Übrigen vor, so bestehe eine selbständige, fachärztlich geleitete kinder- und jugendpsychiatrische Abteilung in Form einer Tagesklinik. Aufgrund des Status als Allgemeinkrankenhaus existiere auch eine regionale Versorgungsverpflichtung. Falls die Voraussetzungen des § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht gegeben seien sollten, sei zumindest eine Ermächtigung nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu erteilen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe im Urteil vom 28.01.2009 - B 6 KA 61/07 R - festgestellt, dass auch Einrichtungen, die nur teilstationäre Krankenhausbehandlung durchführten, nach dieser Bestimmung zu ermächtigen seien.

Der Beklagte wies mit Beschluss vom 09.10.2012 in der Sitzung vom 04.07.2012 - BA Nr. 75/2012 - den Widerspruch der Klägerin zurück. Eine Ermächtigung kraft Gesetzes bestehe nicht. In den maßgeblichen Feststellungsbescheiden der Bezirksregierung Münster sei keine selbständige kinder- und jugendpsychiatrische (stationäre) Abteilung in J i.S.d. § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB V ausgewiesen. Es fehle sowohl an einer Verpflichtung zur regionalen Versorgung als auch an einem ausgewiesenen Versorgungsgebiet. Auch aus der zu § 118 Abs. 1 Satz 1 SGB V ergangenen Rspr. des BSG könne die Klägerin keine Rechte herleiten. Die Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie sei nämlich kein psychiatrisches Krankenhaus im Sinne dieser Vorschrift.

Den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Institutsermächtigung nach der Ärzte-ZV lehnte der Zulassungsausschuss in der Sitzung vom 22.05.2012 mit Beschluss vom 27.06.2012 ebenfalls ab. Den gegen diese Entscheidung eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Beschluss vom 11.03.2012 aus der Sitzung vom 21.11.2012 - BA Nr. 81/2012 - zurück. Das BSG habe zur Rangfolge der verschiedenen Formen der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung klargestellt, dass Versorgungslücken auf Grundlage des § 116 SGB V i.V.m. § 31a Ärzte-ZV vorrangig durch Ermächtigungen von Krankenhausärzten zu schließen seien. Erst in zweiter Linie seien sie gemäß § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV durch Ermächtigung weiterer Ärzte zu beseitigen. Und erst danach, an dritter Stelle, könnten unter den Voraussetzungen des § 31 Absatz 1 Ärzte-ZV ärztlich geleitete Einrichtungen wie die Tagesklinik der Klägerin im Wege der sogenannten Institutsermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen.

Zur Begründung ihrer am 07.08.2012 (gegen den Beschluss des Beklagten vom 09.10.2012 aus der Sitzung vom 04.07.2012) und 27.03.2013 (gegen den Beschluss vom 11.03.2012 aus der Sitzung vom 21.11.2012) beim Sozialgericht (SG) Münster erhobenen Klagen hat die Klägerin vorgetragen, das Krankenhaus in J verfüge über eine selbständige, fachärztlich geleitete psychiatrische Abteilung in Form der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Das Allgemeinkrankenhaus habe eine regionale Versorgungsverpflichtung für den Bereich der Stadt J. Damit erfülle es die Voraussetzungen des § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Bezüglich der (hilfsweise) gem. § 118 Abs. 1 SGB V begehrten Ermächtigung sei es so, dass die Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie tatsächlich zunächst einmal kein psychiatrisches Krankenhaus im Sinne dieser Vorschrift sei. Vielmehr handele es sich um eine selbstständige, fachärztlich geleitete psychiatrische Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses in J im Sinne von § 118 Abs. 2 SGB V. Unter Gleichheitsaspekten sei die Tagesklinik jedoch (auch) wie ein psychiatrisches Krankenhaus im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu behandeln. Es stelle einen Wertungswiderspruch dar, wenn nach der Rechtsprechung des BSG zwar eine völlig selbstständige Tagesklinik ein psychiatrisches Krankenhaus im Sinne des Abs. 1 Satz 1 sei und damit Anspruch auf Zulassung haben könne, derselben Tagesklinik als Teil eines Allgemeinkrankenhauses aber der entsprechende Zugang grundsätzlich verwehrt bleibe. Im Endeffekt bedeute dies, dass ohne rechtfertigenden Grund das (psychiatrische) Krankenhaus mit geringerem Leistungsumfang vor dem Allgemeinkrankenhaus bevorzugt werde. Schließlich bestehe auch ein Anspruch auf Institutsermächtigung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV aufgrund des insoweit vorliegenden Versorgungsbedarfs im Kreis T, zu dem die Stadt J gehöre. Die Wartezeit für eine kinder- und jugendpsychiatrische bzw. -psychotherapeutische Behandlung belaufe sich auf vier bis fünf Monate.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass sie gemäß § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB V als Allgemeinkrankenhaus zur psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung der im Vertrag gemäß § 118 Abs. 2 Satz 2 SGB V geregelten Gruppe von Kranken ermächtigt ist,

2. hilfsweise, den Beschluss des Beklagten vom 04.07.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, auf den Widerspruch der Klägerin den Beschluss des Zulassungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Münster vom 29.11.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin eine Ermächtigung gemäß § 118 Abs. 1 SGB V zu erteilen,

3. äußerst hilfsweise, den Beschluss des Beklagten vom 21.11.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Widerspruch gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Münster vom 22.05.2012 neu zu entscheiden.

Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 3) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat der Beklagte unter Bezugnahme auf die Ausführungen in den angefochtenen Beschlüssen vorgetragen, die tagesklinische Einrichtung habe keine Versorgungsverpflichtung. Eine analoge Anwendung des § 118 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB V scheide aus. Es bestehe eine strikte Bindung an die gesetzlichen Vorgaben. Im Rahmen des § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV folge man zudem der Rechtsprechung des BSG zum Vorrang persönlicher Ermächtigungen vor der Ermächtigung von Einrichtungen.

Das SG hat die Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und den Beklagten entsprechend dem Hauptantrag verurteilt (Urteil vom 07.10.2013). Der Klageantrag zu 1. sei zulässig und begründet. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für eine Ermächtigung kraft Gesetzes nach § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Sie sei ein Allgemeinkrankenhaus, das mit der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie eine selbständige, fachärztlich geleitete psychiatrische Abteilung besitze. Als zugelassenes Allgemeinkrankenhaus habe die Klägerin eine Versorgungsverpflichtung für die Stadt J.

Gegen das ihm am 04.11.2013 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 27.11.2013 Berufung eingelegt. Der Senat hat die Klageverfahren (wieder) getrennt. Soweit es den Streitgegenstand "Ermächtigung nach § 118 Abs. 2 SGB V" anbelangt, hat er auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 07.10.2013 abgeändert und den (Haupt-) Klageantrag abgewiesen (Senat, Urteil vom 28.01.2015 - L 11 KA 109/13 -). Hierzu hat er ausgeführt: Das SG habe der Klage zu Unrecht stattgegeben, denn sie sei bereits unzulässig. Für ihr Begehren feststellen zu lassen, dass sie zur psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung nach § 118 Abs. 2 SGB V ermächtigt sei, fehle der Klägerin das notwendige Feststellungsinteresse, das gerade gegenüber dem Beklagten bestehen müsse. Ein solches Interesse könne ihr zwar ggf. gegenüber Krankenkassen zustehen. Es gehe insoweit um die Frage, ob auf Basis einer solchen Ermächtigung erbrachte Leistungen gegenüber den einzelnen Kassen abgerechnet werden können. Der Beklagte sei insoweit jedoch "absolut unzuständig". Selbst wenn man ein Feststellungsinteresse unterstelle, könne der Klage nicht stattgegeben werden, denn der Beklagte sei nicht passivlegitimiert. Wenn die Klägerin bereits kraft Gesetzes gem. § 118 Abs. 2 SGB V ermächtigt sei, so sei er weder für eine Ermächtigung sachlich zuständig - einer solchen bedürfe es ja nicht - noch dürfe er feststellen, dass eine solche Ermächtigung bestehe. Soweit das erstinstanzliche Klageverfahren Ermächtigungen nach § 118 Abs. 1 SGB V und § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV betraf, ist es unter dem Aktenzeichen L 11 KA 15/15 fortgeführt worden.

Die Klägerin begehrt, den Hilfsanträgen stattzugeben. Soweit man zwischenzeitlich auf Grundlage des § 118 Abs. 2 SGB V Leistungen erbracht habe, vergüteten nur wenige Krankenkassen diese. Die Übrigen sähen die Voraussetzungen dieser Norm als nicht erfüllt an. Gegen eine Krankenkasse klage man vor dem SG Münster auf Vergütung. Unabhängig hiervon könne sie jedoch (auch) beanspruchen, dass ihr eine Ermächtigung gem. § 118 Abs. 1 SGB V erteilt werde. So habe das BSG entschieden, dass Tageskliniken psychiatrische Krankenhäuser im Sinne dieser Vorschrift seien könnten. Schließlich habe sie einen Anspruch darauf, gem. § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV ermächtigt zu werden. Zu Unrecht wende der Beklagte insoweit ein, die persönliche Ermächtigung von Ärzten ginge der beantragten institutionellen Ermächtigung vor, griffe mit Rücksicht auf den im konkreten Einzelfall bestehenden Versorgungsbedarf nicht.

Die auf Ermächtigung gem. § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV gerichtete Klage hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2017 zurückgenommen. Sie beantragt,

den Beschluss des Beklagten vom 04.07.2012 aufzuheben und ihn zu verurteilen, ihr eine Ermächtigung gemäß § 118 Abs. 1 SGB V zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, die Klägerin sei Trägerin eines Allgemeinkrankenhauses, dieses besitze jedoch keine fachärztlich geleitete psychiatrische Abteilung mit regionaler Versorgungsverpflichtung. Schon eine (vollstationäre) psychiatrische Abteilung im Sinn des Gesetzes sei nicht vorhanden. Anders als im Urteil des BSG vom 28.01.2009 - B 6 KA 61/07 R - gehe es auch nicht um die Ermächtigung eines in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommenen selbstständigen Psychiatrischen Krankenhauses, sondern um die Ermächtigung der Tagesklinik eines Allgemeinkrankenhauses, das in den Krankenhausplan aufgenommenen worden ist.

Die Beigeladenen zu 1) bis 3) beantragen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nehmen sie auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und vom Senat zu entscheiden (dazu A). Sie ist jedoch unbegründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, gem. § 118 Abs. 1 SGB V bedarfsunabhängig zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen oder insoweit zumindest neu beschieden zu werden. Bei der klägerischen Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in J handelt es sich nicht um ein psychiatrisches Krankenhaus im Sinne dieser Vorschrift (dazu B.I.) und es besteht auch kein Anspruch auf Gleichbehandlung (dazu B.II.). Die Klägerin wird daher durch den angefochtenen Beschluss des Beklagten vom 09.10.2012 aus der Sitzung vom 04.07.2012 nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

A.
Die Klägerin hatte in erster Instanz hilfsweise beantragt, den Beschluss des Beklagten vom 09.12.2012 aus der Sitzung vom 04.07.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, auf ihren Widerspruch den Beschluss des Zulassungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Münster vom 29.11.2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr eine Ermächtigung gemäß § 118 Abs. 1 SGB V zu erteilen. Über diesen Antrag konnte und musste das SG nicht entscheiden, da es bereits dem Hauptantrag der Klägerin stattgegeben hatte. Diese Entscheidung ist durch das Urteil des Senats vom 28.01.2015 - L 11 KA 109/13 - abgeändert und die Klage abgewiesen worden, so dass nunmehr über den verbliebenen (Hilfs-) Antrag zu entscheiden ist. In der Rechtsprechung ist insofern anerkannt, dass im Berufungsverfahren ein Hilfsantrag, der im ersten Rechtszug nicht beschieden wurde, weil der Hauptantrag zuerkannt worden ist, allein infolge der Einlegung des Rechtsmittels durch den Beklagten zur Entscheidung anfällt (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 18.07.2013 - III ZR 208/12 - m.w.N.; Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.04.2012 - I R 2/11 -; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.04.1997 - 9 C 19/96 -). Zu den Grundbedingungen des Klageverfahrens, die auch im Rechtsmittelzug weiter gelten (§ 153 Abs. 1 SGG), gehört nämlich, dass der Kläger durch seine Anträge bestimmt, mit welchen Ansprüchen sich das Gericht befassen muss ( § 123 SGG). Diese von der Klägerin zur Überprüfung gestellten Streitgegenstände kann der Beklagte allein durch ein Anerkenntnis oder durch die Hinnahme einer Verurteilung, nie jedoch dadurch beschränken, dass er Rechtsmittel einlegt. Es besteht keine Veranlassung, von der Klägerin, die in erster Instanz voll obsiegt hatte, die Einlegung eines Rechtsmittels zu verlangen, auch nicht im Wege einer Eventual-Anschließung, um so die volle Überprüfung des unveränderten Klagebegehrens im Rechtsmittelzug sicherzustellen (BGH, Urteil vom 18.07.2013 - III ZR 208/12 - m.w.N.). Ebenso wenig kann von der Klägerin erwartet werden, neben ihrem Antrag auf Zurückweisung der Berufung ausdrücklich ihre Hilfsanträge zu wiederholen (BSG, Urteil vom 18.07.2013 - III ZR 208/12 - m.w.N.), denn diese sind, wie dargelegt, mit dem Rechtsmittel des Beklagten bereits im nächsten Rechtszug angefallen.

B.
Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Die Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in J erfüllt die Voraussetzungen des § 118 Abs. 1 SGB V nicht. Sie ist weder ein "psychiatrisches Krankenhaus" im Sinne dieser Vorschrift noch ist sie einer solchen gleichzustellen.

I.
Psychiatrische Krankenhäuser sind klinisch psychiatrische Versorgungseinrichtungen, die als solche nach §§ 107 Abs. 1, 108 SGB V zur stationären Behandlung der Versicherten zugelassen sind (BSG, Beschluss vom 14.05.2014 - B 6 KA 1/14 B -; BSG, Urteil vom 28.01.2009 - B 6 KA 61/07 R -). Dazu können auch teilstationäre Einrichtungen wie hier z.B. eine Tagesklinik gehören (BSG, Urteil vom 28.01.2009 - B 6 KA 61/07 R -; Gamperl in KassKomm, SGB V, März 2017, § 118 Rdn. 3). Keine psychiatrischen Krankenhäuser sind jedoch unselbstständige psychiatrische Abteilungen von Allgemeinkrankenhäusern (BSG, Urteil vom 15.04.1986 - 6 RKa 30/83 -; Hencke in Peters, SGB V, 19. Auflage, September 2008, § 118 Rdn. 3; Gamperl a.a.O., § 118 Rdn. 3; Kingreen/Bogan in BeckOK Sozialrecht, SGB V, 44. Edition, Stand 01.03.2017, § 118 Rdn. 3). Um einen solchen Fall handelt es sich hier, denn die Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in J mit ihren zwölf Behandlungsplätzen ist lediglich "Fachabteilung des Klinikums J" (http://www.klinikum-ibbenbueren.de/fachkliniken/tagesklinik-fuer-kinder-und-jugend-psychiatrie/). Sie verfügt über keine rechtliche oder verwaltungsorganisatorische Selbstständigkeit. Gegenüber der Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie treten die übrigen Abteilungen des Klinikums J auch nicht derart in den Hintergrund, dass - bei wertender Betrachtung - von einem psychiatrischen Krankenhaus gesprochen werden kann. Im Gegenteil, es dominieren die weiteren, deutlich größeren Abteilungen des Klinikums wie z.B. die Chirurgie mit 137 Betten, die Innere Medizin mit 153 Betten, die Neurologie mit 37 Betten, die Orthopädie mit 37 Betten und die Urologie mit 33 Betten. Entsprechend ist die Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit den Bescheiden der Bezirksregierung Münster aus den Jahren 2010 und 2015 auch nicht als eigenständige Klinik in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen worden, sondern das Allgemeinkrankenhaus Klinikum J als solches.

II.

Die Tagesklinik in J ist auch nicht "unter Gleichheitsaspekten" als psychiatrisches Krankenhaus im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu behandeln.

1.
Ein Allgemeinkrankenhaus (mit selbständiger, fachärztlich geleiteter psychiatrischer Abteilungen) kann bereits nach seinem Wortsinn kein psychiatrisches (Fach-) Krankenhaus sein. Die Grenze jeder Gesetzesauslegung ist der Wortlaut (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1960, 4. Kapitel; Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Auflage, 2012, §§ 9 II, 10 VI; Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 20.10.1992 - 1 BvR 698/89 - und 23.10.1985 - 1 BvR 1053/82 -). Das gilt besonders im vorliegenden Fall, denn der Gesetzgeber hat den Begriff des "psychiatrischen Krankenhauses" in § 118 Abs. 1 SGB V bewusst und in Abgrenzung zu demjenigen des "Allgemeinkrankenhauses mit selbständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen" in § 118 Abs. 2 SGB V verwandt (Hencke in Peters, a.a.O., § 118 Rdn. 3 mit Bezugnahme auf das zur Vorgängervorschrift § 368n Abs. 2 Reichsversicherungsordnung ergangene Urteil des BSG vom 15.04.1986 - 6 RKa 30/83 -).

2.
Zudem handelt es sich bei der bedarfsunabhängigen Ermächtigung nach § 118 Abs. 1 SGB V um eine Ausnahme von der regelhaft bedarfsabhängigen Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Die Vorschrift ist also tendenziell nicht erweiternd, sondern einschränkend auszulegen. Das gilt auch deshalb, weil das Vorhandensein eines psychiatrischen Krankenhauses neben einem Antrag in § 118 Abs. 1 Satz 1 SGB V die einzige Tatbestandsvoraussetzung für die begehrte Ermächtigung ist.

3.
Schließlich fehlt es an einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Diese Vorschrift gebietet dem Normgeber, unter steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG, Beschluss vom 15.07.1998 - 1 BvR 1554/89 - m.w.N.; BSG, Urteil vom 17.09.2013 - B 1 KR 54/12 R -).

a.
Zunächst einmal erfüllt die Klägerin nach eigenem Vorbringen die Voraussetzungen nach § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Danach handelt es sich beim Klinikum J um ein Allgemeinkrankenhaus, bei dem die Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie eine selbständige, fachärztlich geleitete psychiatrische Abteilung mit regionaler Versorgungsverpflichtung darstellt. Ist dies aber der Fall, wird die Klägerin durch die Differenzierungen in Abs. 1 und 2 des § 118 SGB V nicht (erkennbar) schlechter gestellt, sondern besser. Sie bedarf zur ambulanten, vertragsärztlichen psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung keiner Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss bzw. den Beklagten, sondern ist hierzu bereits kraft Gesetzes ermächtigt.

Dass sich aus einer unterschiedlichen Ausgestaltung der Ermächtigungen nach § 118 Abs. 1 Satz 2 SGB V ("Die Behandlung ist auf diejenigen Versicherten auszurichten, die wegen Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung oder wegen zu großer Entfernung zu geeigneten Ärzten auf die Behandlung durch diese Krankenhäuser angewiesen sind.") und § 118 Abs. 2 Satz 2 SGB V ("Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung legen in einem Vertrag die Gruppe psychisch Kranker fest, die wegen ihrer Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung der ambulanten Behandlung durch die Einrichtungen nach Satz 1 bedürfen.") für die Klägerin wesentliche Unterschiede ergeben würden, ist nicht zu erkennen und wird von ihr auch nicht behauptet. Ohnehin hat sie mit ihrem ursprünglichen Hauptantrag begehrt festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB V vorliegen. Eine Ermächtigung kraft Gesetzes nach dieser Vorschrift entsprach also ihrem Klagebegehren.

b.
Im Übrigen ist zu beachten: Selbst wenn man es für möglich erachtete, dass selbständige, fachärztlich geleitete psychiatrischen Abteilungen von Allgemeinkrankenhäusern nicht nur unter § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB V, sondern (zugleich auch) unter § 118 Abs. 1 Satz 1 SGB V fallen können, dann müssten für eine Ermächtigung nach Abs. 1 zusätzlich die (weiteren) Anspruchsvoraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sein. Die Tagesklinik des Klinikums J müsste als psychiatrisches Krankenhaus in den Landeskrankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen worden sein (§§ 107 Abs. 1, 108 Nr. 2 SGB V). Weiter müsste ein Versorgungsvertrag gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 SGB V bestehen, der die Klinik gemäß § 109 Abs. 4 SGB V zur Behandlung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen berechtigt (BSG, Urteil vom 28.01.2009 - B 6 KA 61/07 R -). Nur dann ergäbe sich ein Anspruch der Klägerin (auch) darauf, dass die von ihr getragene Tagesklinik gemäß § 118 Abs. 1 SGB V ermächtigt wird, ambulante Behandlungen erbringen zu dürfen. Denn nur in diesem Fall und bei Stellung des notwendigen Antrags würde sie alle dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllen (BSG, Urteil vom 28.01.2009 - B 6 KA 61/07 R -).

Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Tagesklinik der Klägerin ist nicht als psychiatrisches Krankenhaus in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen worden. Ein Versorgungsvertrag wurde mit ihm nicht geschlossen.

Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, dass die Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie als unselbstständige Abteilung des von ihr betriebenen Allgemeinkrankenhauses nicht als psychiatrisches Krankenhaus in den Landeskrankenhausplan aufgenommen oder dass mit ihr kein Versorgungsvertrag geschlossen werden könne, auf diese Kriterien daher verzichtet werden müsse. Zum einen wäre die Teilnahme eines nicht zugelassenen Krankenhauses an der vertragsärztlichen Versorgung Versicherter in der gesetzlichen Krankenversicherung systemfremd und daher unzulässig (BSG, Beschluss vom 14.05.2014 - B 6 KA 1/14 B -). Zum anderen entfiele bei der von der Klägerin geforderten Art der "Gleichbehandlung" jeglicher inhaltlicher Maßstab für die begehrte Erteilung einer Ermächtigung. Eine einem Allgemeinkrankenhauses angegliederte psychiatrische Tagesklinik müsste stets nur einen Antrag stellen und würde dann, ohne weitere Voraussetzungen erfüllen zu müssen, vom Zulassungsausschuss zur vertragsärztlichen Versorgung gem. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGB V ermächtigt. Damit fordert die Klägerin tatsächlich keine Gleichstellung mit organisatorisch von Allgemeinkrankenhäusern unabhängigen psychiatrischen Tageskliniken, sondern eine Besserstellung. Letztere müssen nämlich, wie dargelegt, als psychiatrisches Krankenhaus in den Landeskrankenhausplan aufgenommen werden. Das ist nicht bei jeder psychiatrischen Tagesklinik der Fall.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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