Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
46
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 46 AS 2046/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 7. August 2013 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten im Vorverfahren nach § 63 SGB X.
Der 1957 geborene alleinstehende Kläger bezog ab Mitte 2006 und nach einer mehrjähri-gen Leistungsunterbrechung wieder ab April 2010 Arbeitslosengeld II vom Beklagten. In einigen Bewilligungsbescheiden wurde auf die bestehende gesetzliche Krankenversiche-rung hingewiesen, in einigen Bescheiden nicht.
Mit Bescheid vom 16.11.2012 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld II für die Zeit von De-zember 2012 bis einschließlich Mai 2013 bewilligt. Dieser Bescheid enthält den Hinweis, dass der Kläger in dieser Zeit in der von ihm gewählten gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sei.
Mit Bescheid vom 24.11.2012 wurde der vorgenannte Bescheid für die Monate Januar bis einschließlich Mai 2013 geändert, weil sich der Regelbedarf um acht Euro monatlich er-höhte. Dieser Änderungsbescheid enthält keinen Hinweis auf die gesetzliche Krankenver-sicherung. Der Bevollmächtigte des Klägers erhob dagegen am 06.12.2012 Widerspruch. Der Bescheid sei dahingehend abzuändern, dass dem Kläger höhere Leistungen gewährt werden. Aus dem Bescheid sei nicht ersichtlich, ob Krankenversicherungsschutz bestehe. Der Bescheid sei deshalb rechtswidrig und abzuändern.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 als unbegründet zu-rückgewiesen. Der Änderungsbescheid enthalte lediglich eine Neufestsetzung des Regel-bedarfs ab 01.01.2013. Bezüglich der Krankenversicherung sei keine neue Regelung ge-troffen worden.
Der Kläger erhob am 16.08.2013 Klage zum Sozialgericht München. Der Änderungsbe-scheid enthalte keinen Hinweis zur Krankenversicherung. In der Vergangenheit sei teil-weise trotz Sozialleistungsbezug keine Meldung zur Pflichtversicherung erfolgt. Der Wi-derspruch sei deshalb geboten gewesen. Der klarstellende Hinweis, dass der Kranken-versicherungsschutz nicht herausgenommen worden sei, sei erst im Widerspruchsbe-scheid ergangen. Damit sei der Änderungsbescheid nachträglich begründet worden. Des-halb seien gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X in Verbindung mit § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X die Aufwendungen für das Vorverfahren zu erstatten.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Widerspruchsbescheids vom 07.08.2013 zu verurteilen, die Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren zu erstatten.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage auf Erstattung der Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren ist zulässig aber unbegründet. Der Widerspruch war nicht erfolgreich und der Hinweis auf die Kran-kenversicherung ist keine Begründung des Änderungsbescheids.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat die Behörde die zur zweckentsprechenden Rechts-verfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Ein Widerspruch ist erfolgreich, wenn die Behörde ihm ganz oder teilweise stattgibt (ständige Rechtsprechung, z. B. BSG, Urteil vom 02.11.2012, B 14 AS 97/11 R, Juris-Rn. 18). Der Beklagte hat dem Widerspruch nicht stattgegeben, sondern den Widerspruch insgesamt als unbegründet zurückgewiesen.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X hat die Behörde die vorgenannten Aufwendungen auch zu erstatten, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 SGB X unbeachtlich ist. Hintergrund dieser Regelung ist, dass die Aufwendungen auch übernommen werden sollen, wenn der Wider-spruch durch einen Verfahrens- oder Formfehler herausgefordert wurde, dieser aber in-folge des Widerspruchs nach § 41 SGB X geheilt wurde (von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 63 Rn. 24). Nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X kann ein formal rechtswidri-ger Verwaltungsakt geheilt werden, indem die erforderliche Begründung nachträglich ge-geben wird.
Entgegen dem Wortlaut im Bewilligungsbescheid vom 16.11.2012 "[Name des Klägers] ist in der Kranken- und Pflegeversicherung bei der X-Versicherung vom 01.12.2012 bis 31.05.2013 pflichtversichert" handelt es sich dabei nicht um einen Regelungsgegenstand des Bescheides, sondern um einen bloßen Hinweis ohne Regelungscharakter. Dies ergibt sich aus den Regelungen zur gesetzlichen Krankenversicherung im SGB V und SGB IV. Die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind nicht berechtigt, über die gesetzliche Krankenversicherung zu entscheiden und tun dies auch nicht. Rechtsbehelfe wegen der Krankenversicherung sind nicht gegen das Jobcenter zu richten, sondern gegen die Krankenversicherung (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.08.2007, L 14 B 1168/07 AS ER zum Eilverfahren).
Die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 SGB V ent-steht kraft Gesetzes, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, etwa gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V unter bestimmten Voraussetzungen durch Bezug von Arbeitslo-sengeld II. Meldungen und Beitragszahlungen sind nicht Voraussetzung der Versiche-rungspflicht und des Bestehens der gesetzlichen Krankenversicherung (Gerlach in Hauck/Noftz, SGB, Stand 08/2017, SGB V, § 5 Rn. 63). Soweit diese Versicherungspflicht deklaratorisch festgestellt wird, obliegt dies grundsätzlich der betreffenden gesetzlichen Krankenversicherung als Einzugsstelle nach § 28h SGB IV. Ausnahmen zu dieser Zu-ständigkeit finden sich in § 7a SGB IV (Statusfeststellung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund) und § 28p SGB IV (Betriebsprüfungen durch die Träger der Rentenversi-cherung). In keinem Fall ist ein Jobcenter berechtigt, über die Krankenversicherung zu entscheiden.
Die SGB II-Leistungsträger sind gemäß § 203a SGB V verpflichtet, den Bezug von Ar-beitslosengeld II an die gesetzlichen Krankenkassen zu melden. Sie leisten damit – wie die wegen § 198 SGB V meldepflichtigen Arbeitgeber – eine Unterstützung für die Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung, erlassen damit aber keinen Verwaltungsakt.
Aufgrund dieses rechtlichen Rahmens ist der Hinweis zur Krankenversicherung in einem Bewilligungsbescheid eines Jobcenters lediglich eine Information des Leistungsempfängers, dass die Meldung an die gesetzliche Krankenkasse erfolgt ist. Der Hinweis ist ein schlichter HWenn dieser Hinweis fehlt, ist dies kein Mangel des Verwaltungsaktes und dies kann nicht Gegenstand eines Widerspruchs sein. Die nachträgliche Erteilung des Hinweises ist weder Teil des Verwaltungsaktes noch eine nachträgliche Begründung des Verwaltungsaktes. Weil der Widerspruch nicht erfolgreich war und der nachträgliche Hinweis auf die gesetzliche Krankenversicherung keine nachträgliche Begründung des Leistungsbescheids war, besteht kein Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen nach § 63 SGB X.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung ist nicht kraft Gesetzes zulässig, weil die geltend gemachten Aufwendungen 750,- Euro nicht übersteigen, § 144 Abs. 1 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten im Vorverfahren nach § 63 SGB X.
Der 1957 geborene alleinstehende Kläger bezog ab Mitte 2006 und nach einer mehrjähri-gen Leistungsunterbrechung wieder ab April 2010 Arbeitslosengeld II vom Beklagten. In einigen Bewilligungsbescheiden wurde auf die bestehende gesetzliche Krankenversiche-rung hingewiesen, in einigen Bescheiden nicht.
Mit Bescheid vom 16.11.2012 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld II für die Zeit von De-zember 2012 bis einschließlich Mai 2013 bewilligt. Dieser Bescheid enthält den Hinweis, dass der Kläger in dieser Zeit in der von ihm gewählten gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sei.
Mit Bescheid vom 24.11.2012 wurde der vorgenannte Bescheid für die Monate Januar bis einschließlich Mai 2013 geändert, weil sich der Regelbedarf um acht Euro monatlich er-höhte. Dieser Änderungsbescheid enthält keinen Hinweis auf die gesetzliche Krankenver-sicherung. Der Bevollmächtigte des Klägers erhob dagegen am 06.12.2012 Widerspruch. Der Bescheid sei dahingehend abzuändern, dass dem Kläger höhere Leistungen gewährt werden. Aus dem Bescheid sei nicht ersichtlich, ob Krankenversicherungsschutz bestehe. Der Bescheid sei deshalb rechtswidrig und abzuändern.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 als unbegründet zu-rückgewiesen. Der Änderungsbescheid enthalte lediglich eine Neufestsetzung des Regel-bedarfs ab 01.01.2013. Bezüglich der Krankenversicherung sei keine neue Regelung ge-troffen worden.
Der Kläger erhob am 16.08.2013 Klage zum Sozialgericht München. Der Änderungsbe-scheid enthalte keinen Hinweis zur Krankenversicherung. In der Vergangenheit sei teil-weise trotz Sozialleistungsbezug keine Meldung zur Pflichtversicherung erfolgt. Der Wi-derspruch sei deshalb geboten gewesen. Der klarstellende Hinweis, dass der Kranken-versicherungsschutz nicht herausgenommen worden sei, sei erst im Widerspruchsbe-scheid ergangen. Damit sei der Änderungsbescheid nachträglich begründet worden. Des-halb seien gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X in Verbindung mit § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X die Aufwendungen für das Vorverfahren zu erstatten.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Widerspruchsbescheids vom 07.08.2013 zu verurteilen, die Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren zu erstatten.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage auf Erstattung der Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren ist zulässig aber unbegründet. Der Widerspruch war nicht erfolgreich und der Hinweis auf die Kran-kenversicherung ist keine Begründung des Änderungsbescheids.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat die Behörde die zur zweckentsprechenden Rechts-verfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Ein Widerspruch ist erfolgreich, wenn die Behörde ihm ganz oder teilweise stattgibt (ständige Rechtsprechung, z. B. BSG, Urteil vom 02.11.2012, B 14 AS 97/11 R, Juris-Rn. 18). Der Beklagte hat dem Widerspruch nicht stattgegeben, sondern den Widerspruch insgesamt als unbegründet zurückgewiesen.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X hat die Behörde die vorgenannten Aufwendungen auch zu erstatten, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 SGB X unbeachtlich ist. Hintergrund dieser Regelung ist, dass die Aufwendungen auch übernommen werden sollen, wenn der Wider-spruch durch einen Verfahrens- oder Formfehler herausgefordert wurde, dieser aber in-folge des Widerspruchs nach § 41 SGB X geheilt wurde (von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 63 Rn. 24). Nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X kann ein formal rechtswidri-ger Verwaltungsakt geheilt werden, indem die erforderliche Begründung nachträglich ge-geben wird.
Entgegen dem Wortlaut im Bewilligungsbescheid vom 16.11.2012 "[Name des Klägers] ist in der Kranken- und Pflegeversicherung bei der X-Versicherung vom 01.12.2012 bis 31.05.2013 pflichtversichert" handelt es sich dabei nicht um einen Regelungsgegenstand des Bescheides, sondern um einen bloßen Hinweis ohne Regelungscharakter. Dies ergibt sich aus den Regelungen zur gesetzlichen Krankenversicherung im SGB V und SGB IV. Die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind nicht berechtigt, über die gesetzliche Krankenversicherung zu entscheiden und tun dies auch nicht. Rechtsbehelfe wegen der Krankenversicherung sind nicht gegen das Jobcenter zu richten, sondern gegen die Krankenversicherung (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.08.2007, L 14 B 1168/07 AS ER zum Eilverfahren).
Die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 SGB V ent-steht kraft Gesetzes, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, etwa gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V unter bestimmten Voraussetzungen durch Bezug von Arbeitslo-sengeld II. Meldungen und Beitragszahlungen sind nicht Voraussetzung der Versiche-rungspflicht und des Bestehens der gesetzlichen Krankenversicherung (Gerlach in Hauck/Noftz, SGB, Stand 08/2017, SGB V, § 5 Rn. 63). Soweit diese Versicherungspflicht deklaratorisch festgestellt wird, obliegt dies grundsätzlich der betreffenden gesetzlichen Krankenversicherung als Einzugsstelle nach § 28h SGB IV. Ausnahmen zu dieser Zu-ständigkeit finden sich in § 7a SGB IV (Statusfeststellung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund) und § 28p SGB IV (Betriebsprüfungen durch die Träger der Rentenversi-cherung). In keinem Fall ist ein Jobcenter berechtigt, über die Krankenversicherung zu entscheiden.
Die SGB II-Leistungsträger sind gemäß § 203a SGB V verpflichtet, den Bezug von Ar-beitslosengeld II an die gesetzlichen Krankenkassen zu melden. Sie leisten damit – wie die wegen § 198 SGB V meldepflichtigen Arbeitgeber – eine Unterstützung für die Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung, erlassen damit aber keinen Verwaltungsakt.
Aufgrund dieses rechtlichen Rahmens ist der Hinweis zur Krankenversicherung in einem Bewilligungsbescheid eines Jobcenters lediglich eine Information des Leistungsempfängers, dass die Meldung an die gesetzliche Krankenkasse erfolgt ist. Der Hinweis ist ein schlichter HWenn dieser Hinweis fehlt, ist dies kein Mangel des Verwaltungsaktes und dies kann nicht Gegenstand eines Widerspruchs sein. Die nachträgliche Erteilung des Hinweises ist weder Teil des Verwaltungsaktes noch eine nachträgliche Begründung des Verwaltungsaktes. Weil der Widerspruch nicht erfolgreich war und der nachträgliche Hinweis auf die gesetzliche Krankenversicherung keine nachträgliche Begründung des Leistungsbescheids war, besteht kein Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen nach § 63 SGB X.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Berufung ist nicht kraft Gesetzes zulässig, weil die geltend gemachten Aufwendungen 750,- Euro nicht übersteigen, § 144 Abs. 1 SGG.
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