L 2 R 1565/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 653/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 1565/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. Oktober 2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Verrechnung der Altersrente des Klägers in Höhe von monatlich 491,54 EUR durch die Beklagte aufgrund eines Verrechnungsersuchens der Beigeladenen.

Der am 1. Januar 1946 geborene, verheiratete Kläger bezieht seit 1. Januar 2009 Altersrente für langjährig Versicherte von der Beklagten (Rentenbescheid vom 26. Januar 2009).

Er war bis 30. September 1992 versicherungspflichtig beschäftigt. Vom Beigeladenen bezog er vom 1. Oktober 1992 bis 29. Juli 1994 Arbeitslosengeld und ab 30. Juli 1994 - unterbrochen durch die Gewährung von Unterhaltsgeld vom 2. Oktober 1995 bis 23. Mai 1996 - zunächst Arbeitslosenhilfe (Alhi) bis 31. August 1998, deren Höhe ab 24. Mai 1996 streitig war (dazu Bescheid vom 8. Juli 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 1996 und das dazu geführte Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Ulm Aktenzeichen: S 7 AL 1979/96, ausgesetzt mit Beschluss vom 15. Oktober 1998).

Der Kläger verfügte über in L. angelegtes Vermögen (Depotbestand zum 31. Dezember 1995: 171.504,21 DM, zum 31. Dezember 1996: 187.003,77 DM), welches er bei Antragstellung dem Beigeladenen gegenüber nicht angegeben hatte. Nach einer Mitteilung des Finanzamts Sch. über das in L. angelegte Vermögen hob der Beigeladene daraufhin die Bewilligung von Alhi ab 1. September 1998 ganz auf. Mit zwei weiteren Bescheiden vom 14. Dezember 1998 und 15. Dezember 1998 nahm er die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 30. Juni 1994 bis 30. September 1995 und vom 24. Mai 1996 bis 12. März 1998 zurück und forderte den Kläger zur Erstattung von insgesamt 89.427,86 DM auf. Im Widerspruchsverfahren half der Beigeladene dem Widerspruch des Klägers teilweise ab und bewilligte ihm in Abänderung des Bescheids vom 3. September 1998 Alhi ab 1. September 1998 befristet bis zum 7. März 1999; im Übrigen wurden die Widersprüche zurückgewiesen und die hiergegen gerichtete Klage vom SG mit Urteil vom 17. Mai 2002 (Aktenzeichen: S 7 AL 421/99) in vollem Umfang abgewiesen. Die eingelegte Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg nahm der Kläger zurück (Aktenzeichen: L 12 AL 2353/02).

Am 9. Juli 2002 ermächtigte die Beigeladene die Beklagte erstmals zur Verrechnung etwaiger Leistungsansprüche des Klägers, teilte aber mit Schreiben vom 13. Februar 2002 mit, dass derzeit noch ein Klageverfahren anhängig sei, das aufschiebende Wirkung habe.

Im Juli 2002 beantragte der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens Aktenzeichen: S 7 1979/96, welches unter dem Aktenzeichen: S 7 AL 1762/02 fortgeführt wurde. Das SG wies die Klage in vollem Umfang sowohl hinsichtlich der Rücknahmebescheide als auch der begehrten höheren Alhi ab 24. Mai 1996 mit Urteil vom 20. Februar 2004 ab. Im sich anschließenden Berufungsverfahren (Aktenzeichen: L 13 AL 1468/04) wurden zwischen dem LSG und der Beigeladenen Schriftsätze über die Höhe der Rückforderung sowie etwaige Nachzahlungen an den Kläger gewechselt, deren Inhalt und Auswirkungen ebenfalls Gegenstand von weiteren Gerichtsverfahren waren (SG Ulm, Aktenzeichen: S 6 AL 1981/08 und S 6 AL 4516/08).

Verwaltungsintern reduzierte die Beigeladene das Forderungskonto des Klägers auf 31.347,34 EUR.

Zudem teilte die Beigeladene im Berufungsverfahren Aktenzeichen: S 13 AL 1468/04 mit, man habe nach einer Neuberechnung der Alhi eine Gesamtsumme der Rückforderung von 29.344,86 EUR für den Zeitraum 30. Juli 1994 bis 30. September 1995 und 24. Mai 1996 bis 5. März 1997 errechnet; entsprechende Bescheide seien noch nicht ergangen.

Mit Urteil vom 12. Juni 2007 wies das LSG die Berufung mit der Maßgabe zurück, dass die Klage gegen die Bescheide vom 3. September 1998, 14. Dezember 1998 und 15. Dezember 1998 als unzulässig abgewiesen werde. Der Klage sei die Rechtskraft des Urteils des SG vom 17. Mai 2002 im Verfahren Aktenzeichen: S 7 AL 421/99 entgegenzuhalten, welches über die angefochtenen Bescheide bereits entschieden habe. Soweit der Kläger höhere Alhi ab 24. Mai 1996 begehre, sei die Klage mangels Vorverfahren unzulässig. Das Bundessozialgericht (BSG) wies mit Beschluss vom 10. März 2008 die gegen das Urteil des LSG gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zurück. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde des Klägers nicht zur Entscheidung an.

Mit Zahlungsaufforderungen vom 10. April 2008 und 28. April 2008 forderte die Beigeladene den Kläger zur Zahlung von 31.347,34 EUR auf und mahnte ihn mit Schreiben vom 22. Juni 2008. Eine Vollstreckungsanordnung vom 12. Oktober 2008 an das Hauptzollamt H., welches die Vollstreckungsankündigung vom 28. November 2008 an den Kläger versandt hatte, wurde nach Einwendungen des Klägers zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 8. April 2009 teilte die Beigeladene der Beklagten mit, dass ein Verrechnungsersuchen in Höhe von 31.347,34 EUR geltend gemacht werde, aber derzeit noch nicht verrechnet werden könne.

Bereits am 11. April 2008 beantragte der Kläger die Überprüfung der Aufhebungs- bzw. Rücknahme- und Erstattungsbescheide sowie diverser Bewilligungsbescheide nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), was die Beigeladene mit Bescheid vom 25. April 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 2008 ablehnte. Die hiergegen gerichtete Klage wies das SG (S 6 AL 1922/08) mit Urteil vom 17. Dezember 2008 ab. Die hiergegen erhobene Berufung (L 13 AL 709/09) wies das LSG mit Urteil vom 7. Dezember 2010 zurück. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BSG mit Beschluss vom 5. April 2011 als unzulässig verworfen.

Am 17. September 2011 mahnte die Beigeladene den Kläger erneut zur Zahlung von 31.347,34 EUR und setzte eine Mahngebühr in Höhe von 51,15 EUR fest. Gegen die Mahngebühr erhob der Kläger Widerspruch, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2012 zurückgewiesen wurde.

Mit Schreiben vom 5. September 2013 erneuerte die Beigeladene gegenüber der Beklagten ihr Verrechnungsersuchen. Auf Aufforderung der Beklagten übersandte sie am 2. Januar 2014 eine aktuelle Forderungsaufstellung über 31.398,49 EUR. Zudem erging am 7. Mai 2014 erneut eine Vollstreckungsanordnung an das Hauptzollamt H., die jedoch am 26. Mai 2014 zurückgenommen wurde.

Bereits mit Schreiben vom 17. Februar 2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie sei von der Beigeladenen ermächtigt worden, eine fällige Gesamtforderung in Höhe von 31.398,49 EUR mit den laufenden Rentenzahlungen zu verrechnen. Die derzeitige Rente betrage monatlich 966,30 EUR, sodass beabsichtigt sei, die Hälfte, also 483,15 EUR einzubehalten.

Mit Schreiben vom 9. März 2014 nahm der Kläger umfangreich Stellung und hob insbesondere darauf ab, dass hinsichtlich der Bescheide, die mit Urteil vom 17. Mai 2002 bestandskräftig geworden seien, keine Durchsetzungsmaßnahmen seitens der Beigeladenen erfolgt seien; die Bescheide seien verjährt und eine Aufrechnung nicht mehr möglich. Das Verrechnungsersuchen alleine habe die Verjährung nicht gehemmt. Zwischenzeitlich sei die Geltendmachung der Forderung auch verwirkt. Im Übrigen habe er eine gleichartige und fällige Gegenforderung gegen die Beigeladene.

Auf Rückfrage der Beklagten nahm die Beigeladene dahingehend Stellung, dass die Forderung bestandskräftig und nicht verjährt sei. Sie unterliege der 30-jährigen Verjährungsfrist nach § 50 SGB X i.V.m. § 197 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Rechtmäßigkeit der Forderung sei durch Urteil des SG vom 17. Mai 2002 und durch das Urteil des LSG vom 12. Juni 2007 bestätigt. Auch das Klageverfahren hinsichtlich des Überprüfungsantrages sei ohne Erfolg geblieben.

Die Beklagte teilte daraufhin dem Kläger mit, es sei weiterhin beabsichtigt, die Hälfte der laufenden Rente einzubehalten, worauf sich dieser nochmals mit Schreiben vom 11. August 2014 umfangreich äußerte.

Auf Aufforderung der Beklagten übersandter die Beigeladene am 3. November 2014 erneut eine Forderungsaufstellung über 29.305,53 EUR.

Mit Bescheid vom 18. November 2014 verrechnete die Beklagte die Hälfte der laufenden Rente von monatlich 983,05 EUR und behielt monatlich 491,52 EUR ein. Ab 1. Dezember 2014 würden 491,53 EUR monatlich an den Kläger ausbezahlt. Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestehe für die Zeit vom 30. Juli 1994 bis 30. September 1995 und vom 24. Mai 1996 bis 12. März 1998 mit Bescheiden festgestellte Ansprüche der Beigeladenen in Höhe von 29.305,53 EUR. Hinzu komme eine mit Bescheid vom 18. September 2011 festgestellte Mahngebühr in Höhe von 51,15 EUR. Nach pflichtgemäßem Ermessen werde die laufende Rente bis zur Hälfte verrechnet; der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er durch die Verrechnung der laufenden Rente hilfebedürftig werde.

Hiergegen erhob der Kläger am 26. November 2014 Widerspruch und wiederholte sein bisheriges Vorbringen insbesondere zu der seiner Ansicht nach eingetretenen Verjährung.

Nach Einholung einer Stellungnahme der Beigeladenen, welche weiterhin von einer 30-jährigen Verjährungsfrist ausging, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2015 den Widerspruch des Klägers zurück. Unter Wiederholung und Vertiefung der Begründung des Ausgangsbescheids führte sie ergänzend aus, die Bescheide vom 14. Dezember und 15. Dezember 1998 seien durch das Urteil des SG endgültig bestandskräftig und unanfechtbar geworden. Es gelte damit die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 50 Abs. 4 SGB X i.V.m. § 197 BGB.

Am 2. März 2015 hat der Kläger Klage zum SG erhoben und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Die Beigeladene hat vorgetragen, ihr Anspruch gegen den Kläger beruhe auf dem Aufhebungsbescheid vom 3. September 1998 sowie den Rücknahme- und Erstattungsbescheiden vom 14. Dezember und 15. Dezember 1998. Mit Schreiben vom 5. September 2013 habe man die Beklagte ermächtigt, die laufende Rente mit der Forderung in Höhe von 31.398,49 EUR zu verrechnen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Forderung fällig und vollstreckbar gewesen, denn der Rechtsweg sei ausgeschöpft und der Kläger unter Fristsetzung wiederholt zur Zahlung aufgefordert worden. Es gelte eine 30-jährige Verjährungsfrist, die noch nicht abgelaufen sei. Verwirkung sei nicht eingetreten, da die Beigeladene in allen Klageverfahren an ihrer Forderung festgehalten habe. Zwar verfüge sie über einen Titel über 54.723,75 EUR, mache jedoch lediglich Forderungen in Höhe von 29.305,53 EUR geltend. Durch verschiedene Urteile sei festgestellt worden, dass der Kläger keine Ansprüche gegen die Beigeladene habe.

Mit Urteil vom 27. Oktober 2016 hat das SG den Bescheid vom 18. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2015 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die statthafte Anfechtungsklage sei auch begründet. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung vom 18. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2015 sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Dieser habe gegen die Verrechnung seiner laufenden Rente mit Ansprüchen der Beigeladenen wirksam die Einrede der Verjährung erhoben. Nach § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) könne der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit der Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SB I die Aufrechnung zulässig sei. Die Voraussetzungen für eine Verrechnung nach § 52 SGB I i.V.m. § 51 Abs. 2 SGB I seien grundsätzlich erfüllt. Aufgrund des Rentenbewilligungsbescheids vom 26. Januar 2009 stehe dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung einer Altersrente für langjährig Versicherte zu. Die Rentenzahlungen seien ein dem Grunde nach wiederkehrender Anspruch einer laufenden Geldleistung im Sinne des § 51 Abs.2 SGB I. Der Beigeladenen stünden bestandskräftige, fällige Erstattungsansprüche aufgrund der Rücknahme- und Erstattungsbescheide vom 14. Dezember 1998 und 15. Dezember 1998 zu. Die Rücknahme- und Erstattungsbescheide seien rechtmäßig, die Bewilligung der Alhi aufgrund Vermögens von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Der Forderung der Beigeladenen lägen also zu Unrecht bezogene Sozialleistungen zugrunde, sodass die Verrechnung nach § 51 Abs. 2 SGB I bis zur Hälfte der laufenden Rente möglich wäre. Die Bestandskraft der Rücknahme- und Erstattungsbescheide sei mit der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das BSG mit Beschluss vom 10. März 2008 eingetreten. Zuvor sei diese Gegenstand der beim SG und LSG anhängigen Klageverfahren gewesen. Der am 11. April 2008 gestellte Überprüfungsantrag habe ein neues Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt, habe aber keinen Einfluss auf die Bestandskraft der Rücknahme- und Erstattungsbescheide gehabt. Der Forderung der Beigeladenen habe nicht im Wege gestanden, dass diese die Erstattungsansprüche auf 31.347,34 EUR und zuletzt auf 29.305,53 EUR reduziert habe. Insoweit sei die Forderung der Beklagten insoweit hinreichend bestimmt, insbesondere sei deren Verrechnungsersuchen vom 3. November 2014 mitsamt der Forderungsaufstellung nicht zu beanstanden. Auch der Bescheid vom 18. November 2014 nenne die Forderung der Beigeladenen mit hinreichender Bestimmtheit. Ihre Pflicht zur Ermessensausübung habe die Beklagte gemäß § 39 SGB I erkannt und in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Der Kläger habe jedoch mit Schreiben vom 9. März 2014 wirksam die Einrede der Verjährung erhoben, sodass die Forderung der Beigeladenen nicht habe verrechnet werden können. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass sich die Verjährung der Erstattungsforderung der Beigeladenen nicht nach § 197 BGB richte. Diese Norm betreffe Urteile mit einem vollstreckungsfähigen Inhalt; die (rechtskräftigen) Entscheidungen des SG und des LSG hätten aber ausnahmslos die Klagen abgewiesen. Rechtsfolge sei damit lediglich gewesen, dass die Bescheide der Beigeladenen mit Rechtskraft der klagabweisenden Urteile unanfechtbar geworden seien. Vorliegend habe die Beigeladene in ihren Bescheiden vom 14. Dezember 1998 und 15. Dezember 1998 die Rücknahme der Bewilligung der Alhi mit der Festsetzung der Erstattung nach § 50 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 50 Abs. 3 SGB X verbunden, jedoch keine Regelung zur Durchsetzung der Erstattungsansprüche getroffen. Der Erstattungsanspruch verjähre nach § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Abs. 3 unanfechtbar geworden sei. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung würden die Vorschriften des BGB sinngemäß (Satz 2) gelten. Nach Satz 3 bleibe § 52 SGB X unberührt. Nach § 52 Abs. 1 SGB X hemme ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen worden sei, die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung ende mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung. Gemäß Abs. 2 betrage die Verjährungsfrist 30 Jahre für einen Verwaltungsakt im Sinne des Abs. 1, der unanfechtbar geworden sei. Da ein festsetzender Bescheid nach § 50 Abs. 3 SGB X zugleich ein Bescheid nach § 52 Abs. 1 SGB X sei, könne nur eine der beiden Verjährungsfristen zur Anwendung kommen. Vorliegend gelte die Verjährungsfrist des § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X als speziellere Vorschrift. Denn sonst würde die Verjährungsfrist des § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X keinen Regelungsgehalt entfalten und wäre sinnlos. Die 30-jährige Verjährungsfrist gelte erst bei Unanfechtbarkeit eines weiteren Verwaltungsakts, der den Erstattungsanspruch durchsetzen solle. Die Verjährungsfrist der Erstattungsansprüche habe daher nach Ablauf des Kalenderjahres begonnen, in dem die Bescheide vom 14. Dezember 1998 und 15. Dezember 1998 bestandskräftig geworden seien. Bestandskraft sei mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das BSG am 10. März 2008 eingetreten, sodass die Verjährungsfrist am 1. Januar 2009 erstmals zu laufen begonnen und regulär am 31. Dezember 2012 geendet habe. Die Hemmung der Verjährung nach § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB X i.V.m. § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB wirke sich vorliegend auf den Beginn der Verjährungsfrist nicht aus. Demnach sei die Forderung der Beigeladenen seit 1. Januar 2013 verjährt. Es seien auch weder von der Beigeladenen noch dem Hauptzollamt H. als Vollstreckungsbehörde weitere Verwaltungsakte zur Durchsetzung des Erstattungsanspruchs, welche dann der 30-jährigen Verjährungsfrist nach § 52 Abs.2 SGB X unterlegen hätten, ergangen. Zwar sei am 12. Oktober 2008 eine Vollstreckungsanordnung der Beigeladenen an das Hauptzollamt H. erfolgt, welches auch eine Vollstreckungsankündigung an den Kläger versandt habe. Hierbei habe es sich aber nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt, sondern um eine Maßnahme zu dessen Vorbereitung. Die Vollstreckungsanordnung sei von der Beigeladenen zurückgezogen worden, ohne dass es zu weiteren Vollstreckungsmaßnahmen gekommen sei. Auch die von der Beigeladenen versandten Zahlungsaufforderungen vom 10. April und 28. April 2008 oder die Mahnung vom 17. September 2011 führten nicht zur 30-jährigenVerjährungsfrist. Auch das bereits am 9. Juli 2002 gestellte Verrechnungsersuchen oder die späteren Erneuerungen des Verrechnungsersuchens führten nicht zur 30-jährigenVerjährungsfrist, solange nicht innerhalb der vier-jährigen Verjährungsfrist des § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X ab Bestandskraft des Bescheides ein entsprechender Verrechnungsbescheid bzw. eine Verrechnung erfolgt sei. Schließlich sei die Verjährung der Erstattungsansprüche nicht nach § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB X i.V.m. § 203 ff. BGB gehemmt gewesen. Zwar seien die Bescheide vom 14. Dezember 1998 und 15. Dezember 1998 vor dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. November 2001 (BGBl. I 2001, 3138) erlassen worden, jedoch habe die Verjährungsfrist nach § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X erst am 1. Januar 2009 begonnen, sodass nach § 120 Abs. 5 SGB X i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum BGB (EGBGB) sich der Beginn, die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung nach der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung des BGB bestimme. Die Hemmung sei nicht durch den Überprüfungsantrag des Klägers vom 11. April 2008 ausgelöst worden, denn es handele sich nicht um einen Antrag auf eine Sozialleistung. Auch die im Anschluss daran erhobene Klage führe nicht zur Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in entsprechender Anwendung, denn es handele sich hierbei nicht um eine auf Leistung gerichtete Klage oder um eine Klage auf Feststellung eines Anspruchs.

Gegen das der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 31. März 2017 zugestellte Urteil hat diese am 21. April 2017 schriftlich beim LSG Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die Voraussetzungen für eine Verrechnung seien grundsätzlich erfüllt. Die Erstattungsansprüche der Beigeladenen seien aber auch nicht verjährt, denn es sei die 30-jährige Verjährungsfrist einschlägig. Die Beigeladene habe mit ihren Erstattungsbescheiden vom 14. Dezember 1998 und 15. Dezember 1998 nach § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X durchaus eine Regelung zur Durchsetzung ihrer Erstattungsansprüche getroffen. Denn auch eine Leistung festsetzende oder einen Erstattungsanspruch feststellende Verwaltungsakte seien Verwaltungsakte zur Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs. Demzufolge führten die Bescheide zur 30-jährigen Verjährungsfrist des § 52 Abs. 2 SGB X. Aber selbst dann, wenn es vorliegend an einem Durchsetzungsbescheid mangeln sollte, richte sich die Verjährungsfrist nach § 52 Abs. 2 SGB X. Ein festsetzender Bescheid nach § 50 Abs. 3 SGB X sei zugleich ein Bescheid nach § 52 Abs. 1 SGB X. Die Schlussfolgerung des SG, die 4-jährige Verjährungsfrist gehe der 30-jährigen Verjährungsfrist vor, weil sie auf der spezielleren Vorschrift beruhe, sei nicht nachvollziehbar. Vielmehr sei es so, dass § 52 Abs. 2 SGB X letztlich die Vorschrift des § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X überlagere. Hierauf weise schon der Gesetzeswortlaut hin, wonach gemäß § 50 Abs. 4 Satz 3 SGB X "§ 52 unberührt bleibe". Dies bedeute, die 30-jährige Verjährungsfrist müsse immer gelten, wenn es um einen bestandkräftigen Bescheid nach § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X gehe, auch wenn dieser an sich einer kürzeren Verjährung unterliege. Im Übrigen sei es rechtsmissbräuchlich, dass der Kläger die Einrede der Verjährung erhebe. Er habe zu Unrecht von der Beigeladenen Leistungen erhalten, die auf seinen vorsätzlich falschen Angaben beruhten und die Zeit, die seit der Feststellung der Erstattungsansprüche vergangen sei, mit einer Vielzahl von Klageverfahren unentwegt in die Länge gezogen, um sich nunmehr darauf berufen zu können, dass die Forderung verjährt sei. Die Beigeladene habe hingegen stets zum Ausdruck gebracht, dass sie den Kläger für erstattungspflichtig erachte und an der Forderung festhalte.

Die Beigeladene hat gegen das ihr gegen Empfangsbekenntnis am 3. April 2017 zugestellte Urteil am 28. April 2017 beim LSG schriftlich Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die Voraussetzungen für eine Verrechnung seien grundsätzlich erfüllt. Die Forderungen, die mit den Rücknahme- und Erstattungsbescheiden vom 14. Dezember 1998 und 15. Dezember 1998 festgesetzt worden seien, seien nicht verjährt, da gemäß § 52 Abs. 2 SGB X die 30-jährige Verjährungsfrist und nicht die 4-jährige Verjährungsfrist nach § 50 Abs. 4 SGB X gelte. Die zu erstattende Leistung sei gemäß § 50 Abs. 3 SGB X in den genannten Bescheiden festgesetzt worden. Außerdem sei mit den Bescheiden die Ersetzung der gezahlten Beiträge nach §§ 157 Abs. 3a, 166c Arbeitsförderungsgesetz (AFG) festgesetzt worden. Die Rückforderung der Beiträge beruhe, wie sich auch aus den Rücknahme- und Erstattungsbescheiden ergäbe, mithin nicht auf § 50 SGB X. Nach dem Wortlaut des § 52 Abs. 1 SGB X reiche zur Hemmung der Verjährung des Anspruchs ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung erlassen werde. Zutreffend habe das SG festgestellt, dass es sich bei den Rücknahme -und Erstattungsbescheiden um solche Bescheide im Sinne des § 52 Abs. 1 SGB X handele. Würde man der Auffassung des SG folgen, dass der Erstattungsbescheid nach § 50 SGB X vier Jahre nach Unanfechtbarkeit verjähre, so würde die 30-jährige Verjährung bei Erstattungsbescheiden nach § 50 SGB X immer einen weiteren Bescheid zur Feststellung oder Durchsetzung erfordern. Dies sei jedoch dem Gesetz nicht zu entnehmen. Diese Rechtsauffassung folge auch aus den wiedergegebenen Entscheidungen von Landessozialgerichten bzw. dem Bundessozialgericht. Im Übrigen beruhe die mit den Rücknahme- und Erstattungsbescheiden getroffene Entscheidung zur Beitragserstattung nicht auf § 50 SGB X sondern auf einer eigenständigen Erstattungsnorm. Hier passten die Gründe des SG, der 4-jährigen Verjährungsfrist des § 50 Abs. 4 SGB X den Vorrang einzuräumen, nicht. Unter Berücksichtigung der wiedergegebenen Rechtsprechung des BSG greife hier die 30-jährige Verjährungsfrist des § 52 Abs. 2 SGB X. Außerdem stelle sich die Frage, inwieweit das Recht zur Erhebung der Einrede der Verjährung verwirkt sein könne. Das LSG sei in seinem Urteil vom 7. Dezember 2010 (L 13 AL 709/09) zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger das streitgegenständliche Vermögen zum Zwecke der Steuerhinterziehung und zum Zwecke der Erlangung steuerfinanzierter, vermögensabhängiger Sozialleistungen in L. angelegt habe und er dabei genau gewusst habe, dass sein Verhalt rechtswidrig sei. Dieses Verhalten verbunden mit dem Umstand, dass sich der Kläger durch immer wiederkehrende Verfahren seit Jahren jeglicher Rückzahlung verschließe, mache das vorliegende Prozessieren missbräuchlich.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. Oktober 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. Oktober 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. § 52 SGB X sei nur anwendbar, wenn gleichzeitig mit dem Festsetzungsbescheid oder innerhalb der Verjährungsfrist gemäß § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X ein die konkrete Leistungspflicht verbindlich und durchsetzbar regelnder Verwaltungsakt erlassen werde. Nur in diesem Fall sei ein festsetzender Bescheid zugleich ein Bescheid zur gerichtlichen Feststellung des Anspruchs im Wege der Leistungsklage oder zur Durchsetzung des Anspruchs nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz. Der gesetzliche Hinweis in § 50 Abs. 4 SGB X, dass § 52 unberührt bleibe, stelle keine gesetzliche Ermächtigung in dem Sinne dar, dass immer von einer 30-jährigen Verjährungsfrist auszugehen sei, wenn es um einen bestandkräftigen Bescheid nach § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X gehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen sowie auf die Prozessakten des Klage- und des Berufungsverfahrens sowie die Gerichtsakten Aktenzeichen L 12 AL 2353/02, L 13 AL 1468/04 und L 13 AL 709/09 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegten und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthaften Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen sind zulässig; sie sind auch begründet.

Der angefochtene Verrechnungsbescheid der Beklagten vom 18. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2015 ist rechtmäßig ergangen. Die bestandkräftig festgestellte Erstattungsforderung der Beigeladenen bezüglich überzahlter Arbeitslosenhilfe und für den Kläger gezahlten Sozialversicherungsbeiträge ist nicht verjährt. Der Verrechnung steht auch nicht die Hilfebedürftigkeit des Klägers entgegen.

Gemäß § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger - hier die Beklagte - mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers - hier die Beigeladene - deren Ansprüche gegen den Berechtigten - den Kläger - mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Nach Abs.1 dieser Regelung kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen - hier auf Rentenauszahlung - mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Anspruche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und Abs. 4 SGB I pfändbar sind. Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen kann der zuständige Leistungsträger nach § 51 Abs. 2 SGB I gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig nach den Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II wird (§ 51 Abs. 2 SGB I).

Der Verrechnungsbescheid der Beklagten vom 18. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2015 ist nicht deshalb rechtswidrig, weil die Verrechnung durch Verwaltungsakt erfolgt ist. Vielmehr konnte die Beklagte die Verrechnung einseitig nur in dieser Handlungsform (und nicht durch sog. öffentlich-rechtliche Willenserklärung) vornehmen. Nach der Entscheidung des Großen Senats des BSG vom 31. August 2011 (vgl. BSGE 109, 81 = SozR 4 - 1200 § 52 Nr. 4) steht fest, dass die Beklagte der Verrechnung durch Verwaltungsakt regeln durfte.

Die formellen Voraussetzungen eines Verrechnungs-Verwaltungsakts liegen vor. Die Beklagte hat dem Kläger vor dessen Erlass gemäß § 24 Abs. 1 SGB X mit Schreiben vom 17. Februar 2014 und 24. Juli 2014 angehört. Die Beklagte hat auch das ihr gemäß § 52 i. V. m. § 51 Abs. 2 SGB I zustehende Ermessen erkannt und dieses sowohl im Verrechnungsbescheid vom 18. November 2014 als auch im Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2015 pflichtgemäß ausgeübt (§ 39 Abs. 1 SGB I).

Der Verrechnungs-Verwaltungsakt ist auch im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X inhaltlich hinreichend bestimmt (zu den näheren Anforderungen an das Bestimmtheitserfordernis vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2012 - B 13 R 85/09 R in SozR 4 - 1200 § 52 Nr. 5). Der streitige Bescheid erklärt die Verrechnung bestimmter, von der Beklagten dem Kläger geschuldeter Rentenleistung mit einer - nach Art und Umfang - bestimmten, weil betragsmäßig genau bezifferten (Gesamt-) Forderung der Beigeladenen aus überzahlter Arbeitslosenhilfe und darauf entrichteter Sozialversicherungsbeiträge für den Kläger in Höhe von insgesamt 29.305,53 EUR. Hinzu kommt die im Bescheid vom 18. Dezember 2011 festgestellte Mahngebühr in Höhe von 51,15 EUR. Von der dem Kläger gewährten Altersrente in Höhe von 983,05 EUR (ab 1. Juli 2014) bzw. in Höhe von 979,76 EUR (ab 1. Januar 2015) wird gemäß dem Verrechnungsbescheid vom 18. November 2014 ein Teilbetrag in Höhe von 491,52 EUR bzw. 489,88 EUR ab 1. Januar 2015 zur Verrechnung einbehalten und der Restbetrag ausbezahlt. Aus dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt konnte der Kläger daher ohne weiteres den jeweiligen Verrechnungsbetrag und dem ihm auf Grund der Verrechnung mit den Forderungen der Beigeladenen noch verbleibenden (monatlichen) Rentenauszahlungsbetrag entnehmen. Damit war für ihn klar ersichtlich, dass und in welchem Umfang seine Rentenzahlungsansprüche gegen die Beklagte und damit korrespondierend die gegen ihn bestehenden Forderungen der Beigeladenen durch die Verrechnung jeweils erlöschen.

Es bestand auch objektiv eine Verrechnungslage (entsprechend § 387 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - ). Eine solche ist gegeben, wenn der zur Verrechnung ermächtigende Leistungsträger eine ihm gebührende Geldzahlung fordern und wenn der die Verrechnung erklärende Träger die ihm obliegende Geldzahlung bewirken kann. Die Forderung, mit der verrechnet wird (hier: die Forderung der Beigeladenen gegen den Kläger), muss entstanden und fällig sein; die gleichartige Forderung, gegen die verrechnet werden soll (hier: Zahlungsanspruch des Klägers aus der Regelaltersrente gegen die Beklagte), muss zwar nicht fällig, aber entstanden und erfüllbar sein (vgl. BSGE 97, 63 = SozR 4 - 2500 § 255 Nr. 1). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die von der Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen erfassten und gegen den Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Erstattung überzahlter Arbeitslosenhilfe und darauf bezogen entrichteter Sozialversicherungsbeiträge für den Kläger war entstanden und fällig; sie ist von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger durch Verwaltungsakte bestandskräftig festgestellt worden (§ 77 SGG). Hierzu verweist der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage auf die Gründe des SG in seinem Urteil vom 27. Oktober 2016 und sieht insoweit von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Zahlungen von Ansprüchen des Klägers auf die ihm zuerkannte Regelaltersrente sind auch jeweils entstanden und auch erfüllbar.

Der Verrechnung steht - entgegen der Ansicht des Klägers und des SG - auch nicht die Verjährung der Forderung der Beigeladenen auf Erstattung überzahlter Arbeitslosenhilfe und darauf entrichteter Sozialversicherungsbeiträge seitens der Beklagten entgegen. Nach § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X verjährt der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Abs. 3 unanfechtbar geworden ist. Gemäß § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X ist die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Gemäß § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB X gelten für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des BGB sinngemäß. § 52 (SGB X) bleibt unberührt. Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 SGB X hemmt ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung endet mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung (§ 52 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Ist ein Verwaltungsakt im Sinne des Abs. 1 unanfechtbar geworden, beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre (§ 52 Abs. 2 SGB X).

Ein Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung eines Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers liegt vor, wenn der Empfänger (erstmals) zur Leistung bzw. Rückzahlung aufgefordert wird. Denn ein Verwaltungsakt ergeht zur Durchsetzung eines Anspruchs, wenn er den Verpflichteten zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen, typischerweise zu einer Leistung auffordert. Mit den bestandkräftigen Bescheiden der Beigeladenen vom 14. Dezember 1998 und 15. Dezember 1998 ist der Kläger zur Erstattung (Rückzahlung) der überzahlten Arbeitslosenhilfe und der darauf von der Beigeladenen entrichteten Sozialversicherungsbeiträge aufgefordert worden. Daher unterliegen diese Forderungen der Beigeladenen - da die zu Grunde liegenden Erstattungsbescheide unanfechtbar sind - von vornherein der 30-jährigen Verjährung gemäß § 52 Abs. 2 SGB X. Als Verwaltungsakt im Sinne des § 52 Abs. 1 SGB X ist nämlich bereits derjenige anzusehen, der den Verpflichteten erstmalig zur Leistungserbringung auffordert, also der Erstattungsbescheid nach § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X selbst (vgl. BSG vom 28. Februar 1996 - 3 RK 12/95 - SozR 3 - 5425 § 25 Nr. 9; LSG Hamburg, Urteil vom 24. April 2008 - L 5 AL 37/06 - ; Bayer. LSG, Urteil vom 14. November 2007 - L 13 R 157/07 - ; Hessisches LSG, Urteil vom 27. April 2012 - L 7 SO 58/10 - ; Engelmann in von Wulffen / Schütze, SGB X, 8. Auflage, § 52 Rdnr. 10a; Becker in Hauck / Noftz, Sozialgesetzbuch X, § 52 Rdnr. 30; a.A. Merten in Hauck/Noftz, a. a. O., § 50 Rdnr. 96). Ist ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen worden ist - so die Erstattungsbescheide der Beigeladenen vom 14. und 15. Dezember 1998 - unanfechtbar geworden, beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre nach § 52 Abs. 2 SGB X, auch wenn der Anspruch an sich selbst einer kürzeren Verjährung unterliegt. § 52 Abs. 2 SGB X ist eine eigenständige Rechtsgrundlage für die (30-jährige) Verjährung eines Anspruchs, hinsichtlich dessen ein unanfechtbarer Verwaltungsakt erlassen wurde, gegenüber den Verjährungsvorschriften für die einzelnen Ansprüche dieser allgemeinen oder besonderen Teilen des Sozialgesetzbuchs. Damit wird ein unanfechtbarer Verwaltungsakt einem rechtskräftigen Urteil gleichgestellt (vgl. § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Dies ist deshalb so, da die Behörde mit dem Versuch, die festgestellte Forderung durchzusetzen, das ihr zur Realisierung des Anspruchs Obliegende getan hat; dieser soll ihr bei Nichterfüllung dann auch ohne Weiteres 30 Jahre lang erhalten bleiben (vgl. Schütze in von Wulffen / Schütze SGB X a.a.O., § 50 Rdnr. 32).

Im Übrigen erfasst die Begründung des SG zu § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X nicht die mit den Rücknahme- und Erstattungsbescheiden vom 14. und 15. Dezember 1998 von der Beigeladenen getroffenen Entscheidungen zur Beitragserstattung. Diese beruhen - hierin ist der Beigeladenen zuzustimmen - nicht auf § 50 SGB X sondern auf §§ 157 Abs. 3 a, 166 c AFG bzw. nach Einführung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) auf § 335 SGB III. Bestandkräftig festgestellte Beitragsansprüche unterliegen jedoch der 30-jährigen Verjährung (§ 52 Abs. 1 und 2 SGB X; vgl. BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 13/12 R, a.a.O.).

Die in § 52 i. V. m. § 51 Abs. 2 SGB I normierten Grenzen einer Verrechnung sind eingehalten. Danach kann der Leistungsträger gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) über die Hilfe zum Lebensunterhalt wird (§ 51 Abs. 2 SGB I). Nach dem angefochtenen Verrechnungsbescheid zahlt die Beklagte dem Kläger 491,53 EUR bzw. 489,88 EUR Altersrente aus. Im Weiteren obliegt der Nachweis der Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII bei Durchführung der Verrechnung seitens der Beklagten dem Kläger. Mit Schreiben vom 24. Juli 2014 hat die Beklagte den Kläger darauf hingewiesen und ihn aufgefordert, sich unter Vorlage dieses Schreibens an den örtlich zuständigen Sozialhilfeträger zu wenden und durch eine Bedarfsbescheinigung dieses Sozialhilfeträgers den entsprechenden Nachweis zu führen. Er ist unter Setzung einer entsprechenden Frist bis zum 22. August 2014 auch darauf hingewiesen worden, dass die Beklagte die Verrechnung wie angekündigt vornehmen werde, wenn er nicht innerhalb der genannten Frist die benötigte Bedarfsbescheinigung des Sozialhilfeträgers bzw. einen entsprechenden Bearbeitungsvermerk zur Erstellung einer Bedarfsbescheinigung seitens des Sozialhilfeträgers der Beklagten vorlegt. Im Weiteren hat der Kläger (auch binnen der genannten Frist) umfangreich zur beabsichtigten Verrechnung Stellung genommen; eine entsprechende Bedarfsbescheinigung des Sozialhilfeträgers hat er jedoch nicht vorgelegt bzw. ist er im Weiteren nicht auf eine eventuell bei ihm durch die Verrechnung eintretende Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII eingegangen. Die gesetzlichen Grenzen einer Verrechnung hat die Beklagte somit eingehalten.

Nach alledem haben die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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