Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 5614/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2388/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 4. Mai 2017 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Freiburg zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Kostenentscheidung des Sozialgerichts Freiburg vorbehalten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. August 2014 hat.
Der am 1960 in Polen geborene Kläger, Inhaber des Vertriebenen- und Flüchtlingsausweises B, absolvierte von September 1975 bis Juni 1978 die dortige Bergbau-Berufsgrundschule zum Elektromonteur im Untertagebau sowie das Bergbautechnikum zum Techniker-Mechaniker der Fachrichtung Nutzung von Untertagebergbaumaschinen und einrichtungen (mittlere Berufsqualifikation), was er erfolgreich abschloss. Anschließend war als solcher er in einem Kohlebergwerk tätig. Am 25. März 1989 kam er in die Bundesrepublik Deutschland, wo er ab dem 14. Januar 1991 in Vollzeit als Schienenfahrzeugelektriker bei der Deutschen Bahn beschäftigt war. Die Tätigkeit umfasste elektrische Arbeiten an Schienenfahrzeugen, Inspektion und Reparatur. Das monatliche Bruttoentgelt betrug EUR 2.328,77. Die Entlohnung erfolgte nach Entgeltgruppe 108 des Tarifvertrags FGr1. Diese erfasst Tätigkeiten mit erweiterten fachspezifischen Aufgaben und schwierige Tätigkeiten, für deren Ausführungen Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich seien, die durch eine erfolgreich abgeschlossene fachspezifische Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren oder durch eine entsprechende betriebliche Ausbildung erworben werden und die höhere Anforderungen stellen als in Entgeltgruppe 109.
Auf seinen Antrag vom 22. November 2013 absolvierte der Kläger zulasten der Beklagten vom 4. März bis 18. April 2014 eine stationäre psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme in den M. Kliniken. Im Entlassungsbericht vom 6. Mai 2014 diagnostizierte Prof. Dr. K. eine soziale Phobie, eine Agoraphobie mit Panikstörung, eine schwere depressive Episode, einen Nucleus pulposus prolaps L4/L5 sowie degenerative Veränderungen im rechten Knie. Die Tätigkeit eines Elektrikers bei der Bahn sei dem Kläger aus orthopädischen Gründen nur noch unter drei Stunden täglich zumutbar, eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit überwiegend sitzend, stehend oder gehend ohne Nachschicht hingegen mindestens sechs Stunden täglich. Eine Haltungskonstanz sei nicht, Vorbeugen und Verwinden des Körpers nur gelegentlich, Bücken und Ganzkörperschwingungen nur zeitweise leidensgerecht. Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig für weitere zehn bis zwölf Wochen. Wegen ungelösten Arbeitsplatzkonfliktes wurde eine innerbetriebliche Umsetzung empfohlen.
In Rahmen der Prüfung einer Umdeutung des Reha- in einen Rentenantrag erstattete Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. L. im Auftrag der Beklagten am 5. August 2014 ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage. Sie schloss sich unter Berücksichtigung der weiterer Diagnosen (Zustand nach [Z.n.] Bandscheibenvorfall L4/5, Schlafapnoesyndrom mit CPAP-Maskentherapie, Z.n. Schulteroperation rechts bei Arthrose, arterielle Hypertonie) dem im Reha-Entlassungsbericht beschriebenen Leistungsbild an, ergänzt um den Ausschluss von Arbeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen und Maschinen. Eine Verweisung auf eine Tätigkeit als Elektriker in einem anderen Berufsumfeld oder als Qualitätsprüfer sei möglich. Mit Bescheid vom 22. August 2014 lehnte die Beklagte die Umdeutung ab, da der Kläger nicht vermindert erwerbsfähig sei. Der Bescheid wurde nicht angefochten.
Am 26. August 2014 stellte der Kläger formularmäßig einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung, den die Beklagte mit Bescheid vom 3. September 2014 wegen fehlender Erwerbsminderung ablehnte. Der Kläger sei noch in der Lage, unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Berufsunfähigkeit liege nicht vor, da er zwar im Beruf eines Elektrikers nicht mehr, wohl aber als Qualitätsprüfer mindestens sechs Stunden leistungsfähig sei. Eine Rente für Bergleute wegen verminderter Erwerbsfähigkeit könne nicht gewährt werden, da er die hierfür nötigen besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfülle.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs legte der Kläger diverse ärztliche Unterlagen vor.
Die Beklagte holte weitere Befundberichte der behandelnden Ärzte sowie ein Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. ein. Dieser diagnostizierte auf seinem Fachgebiet unter dem 29. April 2015 Anpassungsstörungen mit neurotischer Fehl- und Versagungshaltung, eine anhaltende leicht- bis mittelgradige depressive Störung und eine Angststörung. Auf neuropsychiatrischem Fachgebiet bestehe eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit. Trotz ausreichender ambulanter und stationärer psychosomatischer und psychotherapeutischer sowie psychiatrischer Behandlung hätten Chronifizierungstendenzen nicht aufgehalten werden können. Ein vorgezogenes erneutes stationäres psychosomatisches Heilverfahren werde empfohlen. Derzeit bestehe aber das bereits von Dr. L. beschriebene Leistungsbild.
In einem nach Aktenlage erstatten sozialmedizinischem Gutachten vom 13. Juli 2015 schloss sich Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. dieser Einschätzung an (ergänzt um einen Ausschluss von Arbeiten im sicherheitsrelevanten Bereich), hielt aber ein ambulantes Anknüpfen an die in der Rehabilitation erworbenen Fertigkeiten und Hilfen für ausreichend. Eine mindestens sechsstündige Tätigkeit z.B. an einer Materialausgabe, am Hochregal oder in der Qualitätsprüfung sei möglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2015 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger sei weder erwerbsgemindert noch berufsunfähig. Er könne sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Prüffeld-, Verdrahtungs- und Montageelektrikers verwiesen werde, die er nach dem medizinisch festgestellten Leistungsbild noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Rente für Bergleute wegen verminderter Erwerbsfähigkeit könne aus den im angefochtenen Bescheid genannten Gründen nicht gewährt werden.
Hiergegen erhob der Kläger am 17. November 2015 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) zu deren Begründung er unter Vorlage diverser medizinischer Unterlagen insbesondere ausführte, die psychischen Beeinträchtigungen seien bislang nicht ausreichend berücksichtigt worden. Diese stünden auch den benannten Verweisungstätigkeiten entgegen.
Die Beklagte legte eine Tätigkeitsbeschreibung eines Prüffeld-, Verdrahtungs- und Montageelektrikers vor und trat der Klage unter Verweis auf eine beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie T. vom 2. März 2017 entgegen. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. habe in seinem Gutachten (dazu unten) ein unter dreistündiges Leistungsvermögen ohne eigentliche Begründung angenommen. Die Diskrepanz zur Leistungsbeurteilung von Dr. B. werde nicht begründet. Im dort dokumentierten Tagesablauf habe der Kläger vielfältige Aktivitäten benennen können. Dr. P. habe einen solchen Tagesablauf nicht erhoben. Noch bestehende therapeutische Optionen sollten genutzt werden. Dass psychiatrisch-relevante, den Kläger sowohl im Alltag als auch beruflich einschränkende Gesundheitsstörungen vorlägen, erscheine unstreitig. Ein auf unter drei Stunden abgesunkenes Leistungsvermögen werde jedoch von Dr. P. insbesondere im Vergleich zum Vorgutachten nicht eindeutig und plausibel begründet.
Das SG holte zunächst Auskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen ein, so die Auskunft des ärztlichen Internisten Dr. H. vom 13. April 2016 des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Sc. vom 25. April 2016, der Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Ro. vom 20. April 2016 und des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Ge. vom 2. Mai 2016. Dr. We., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, gab unter dem 19. April 2016 an, als Nachfolgerin der bisher behandelnden Neurologin eine vorwiegend psychiatrische Diagnostik durchgeführt zu haben mit dem Ergebnis einer somatoformen Schmerzstörung und einer Dysthymie. Eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von bis zu sechs Stunden sei hierdurch nicht ausgeschlossen. Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E. beschrieb unter dem 19. April 2016 eine Anpassungsstörung mit emotionaler Symptomatik, Schlafstörungen bei Schlafapnoe, ein Schmerzsyndrom und eine Adipositas per magna. Trotz einer regelmäßigen psychiatrischen, medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung sei bisher nur eine minimale Besserung des psychopathologischen Befundes erreicht worden, da die organische Komponente der psychosomatischen Krankheit fortgeschritten und chronisch geworden sei. Die dysphorische Symptomatik, die Freudlosigkeit und die Aussichtslosigkeit hätten an Intensität zugenommen. Der Kläger sei nur noch unter drei Stunden leistungsfähig.
Das SG bestellte Dr. P. zum gerichtlichen Sachverständigen. In seinem aufgrund einer Untersuchung am 8. November 2016 unter dem 11. November 2016 erstatteten Gutachten diagnostizierte dieser eine rezidivierende mittelgradige depressive Störung mit Chronifizierungstendenz, eine soziale Phobie, eine Agoraphobie mit Panikstörung, eine komplexe Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-vermeidenden, narzisstischen, regressiven, emotional instabilen, histrionischen u.a. Zügen, Anpassungsstörungen an die Arbeitswelt, einen Bandscheibenvorfall L4/L5 und Cervicobrachialgien jeweils ohne neurologische Ausfälle, eine Adipositas per magna, eine Hypertonie und eine Schilddrüsenstörung. Auszuschließen seien Akkord-, Fließband- und Nachtschichtarbeiten, Arbeiten mit Publikumsverkehr, erhöhter geistiger Beanspruchung, besonderer Verantwortung für sich und andere sowie Teamarbeiten. Möglich seien einfachere Kontrollarbeiten und Reparaturen. Auch solche angepassten Tätigkeiten könne der Kläger derzeit nur unter drei Stunden täglich verrichten. Inwieweit diesem die Tätigkeit eines Prüffeld-, Verdrahtungs- und Montageelektrikers zumutbar sei, könne er, der Sachverständige, nicht beurteilen, da ihm diese Tätigkeit nicht bekannt sei. Relevante Einschränkungen der Gehstrecke bestünden nicht. Der Kläger könne, wenn auch mit Mühe, öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Eine Besserung der gesundheitlichen Probleme sei durch eine Intensivierung der Behandlungsmaßnahmen zu erwarten; in welchem Zeitraum sei derzeit aber nicht zu beurteilen. Hilfreich seien auch Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
In der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2017 gab die Kammervorsitzende im Hinblick auf das Gutachten von Dr. P. den rechtlichen Hinweis, psychische Erkrankungen seien erst dann von rentenrechtlicher Relevanz, wenn trotz adäquater Behandlung davon auszugehen sei, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen derart nicht überwinden könne.
Das SG wies mit in der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2017 verkündetem Urteil die Klage ab.
Im schriftlich abgefassten, von der Kammervorsitzenden unterschriebenen Urteil wird im Rubrum der Kläger bezeichnet. Tatbestand und Entscheidungsgründe beziehen sich jedoch auf einen 1959 geborenen Kläger, der als Bergmann, Geräteführer und Brunnenbauer beschäftigt war. Als streitgegenständlicher Bescheid wird ein Bescheid vom 11. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2015 genannt, als Begehren eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei bereits dem Grunde nach bewilligter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, als maßgebliche Ermittlungsschritte insbesondere Gutachten von Dr. Gm. vom 17. September 2015 und Prof. Dr. Sch. vom 14. Februar 2017. Eine Ausfertigung dieser Urteilsfassung ist den Beteiligten zugestellt worden, dem Kläger am 2. Juni 2017.
Am 20. Juni 2017 hat der Kläger Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ausgeführt, Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils bezögen sich auf einen anderen Versicherten. Die Gründe seien in einem so extremen Ausmaß mangelhaft, dass sie ihre Funktion, nämlich die Beteiligten über die dem Urteil zugrunde liegenden Erwägungen zu unterrichten, nicht erfüllen könnten. Das Urteil sei daher nicht mit Gründen versehen. Wegen des sonst eintretenden Verlusts einer Tatsacheninstanz und wegen der Wertigkeit des Verfahrensfehlers sei das Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen. Dass er bislang nicht sämtliche zur Verfügung stehende Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft habe, sei Teil des bestehenden Krankheitsbildes (sozialphobische Störung) und demnach keine willentlich steuerbare Entscheidung. Hierzu bedürfe es weiterer medizinischer Sachverhaltsaufklärung.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 4. Mai 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 zu verurteilen, ihm ab dem 1. August 2014 Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren, hilfsweise den Rechtsstreit an das Sozialgericht Freiburg zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im schriftlichen Urteil sei der Kläger offensichtlich mit einer anderen klagenden Partei verwechselt worden. Die Gründe für die klageabweisende Entscheidung seien aber der Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 2017 zu entnehmen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, ist zulässig.
a) Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt. Sie bedarf nicht der Zulassung, weil der Kläger laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
b) Die Berufung ist gemäß § 143 SGG statthaft, da sie sich gegen ein die Klage abweisendes, gegenüber dem Kläger ergangenes Urteil des SG richtet. Dies ergibt sich aus dem in der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2017 in der Rechtssache des Klägers verkündeten Tenor. Dem Hinweis der damaligen Kammervorsitzenden auf das im vorliegenden Rechtsstreit eingeholte Sachverständigengutachten von Dr. P. ist zu entnehmen, dass eine Verwechslung des klagenden Beteiligten in der mündlichen Verhandlung, aufgrund derer das Urteil erging, nicht vorlag. Rubrum und Tatbestand des unterschriebenen und den Beteiligten in Ausfertigung zugestellten Urteils sind somit nicht unrichtig. Im Rechtsstreit zwischen den Beteiligten ist ein klageabweisendes Urteil ergangen. Dass Tatbestand und Entscheidungsgründe in keinem Zusammenhang mit dem Kläger, seinem konkreten Begehren, dem angefochtenen Bescheid und den Beweisergebnissen des Verfahrens stehen, steht dem nicht entgegen. Dies führt lediglich dazu, dass das Urteil nicht mit Gründen versehen ist (dazu unten).
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Maßgeblich ist das erkennbare Begehren (§ 123 SGG), nicht der Wortlaut des Antrags. Sowohl im Verwaltungs- als auch Widerspruchsverfahren war zwischen den Beteiligten die Gewährung nicht nur einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung streitig, sondern auch eine solche wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Im Ausgangsbescheid vom 3. September 2014 und im Widerspruchsbescheid vom 6. November 2015 wird ein solcher Rentenanspruch des Klägers geprüft und unter Benennung von Verweisungstätigkeiten verneint. Zu diesen hat der Kläger Einwände erhoben, das SG im Klageverfahren weiteren Vortrag der Beklagten angefordert und zur Leistungsfähigkeit darin Ermittlungen angestellt. Zu keinem Zeitpunkt hat der Kläger erkennen lassen, dass er eine solche Rente nicht begehrt. Der Kläger begehrt mithin eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Dass er eine Rente für Bergleute wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begehrte, wird hingegen nicht erkennbar. Zu einer solchen, insbesondere den erforderlichen und von der Beklagten verneinten besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, hat er nicht vorgetragen. Den Bescheid vom 22. August 2014 über die Ablehnung der Umdeutung des Reha- in einen Rentenantrag hatte er nicht angefochten. Daher bezieht sich sein Begehren auf den Rentenantrag vom 26. August 2014 und damit nach § 99 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf eine Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 1. August 2014. Streitbefangen ist damit der Bescheid vom 3. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015. Des Weiteren begehrt der Kläger die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG. Da hierfür kein Interesse des Klägers mehr besteht, wenn er mit seinem sachlichen Begehren durchdringt, handelt es sich hierbei bei sachgerechter Auslegung entgegen dem Wortlaut der in den Schriftsätzen vom 10. August und 13. September 2017 gestellten Anträge um ein hilfsweises Begehren. Entsprechend waren die Anträge des Klägers sachdienlich zu fassen.
3. Die Berufung des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteil und der Zurückverweisung an das SG begründet.
Nach § 159 Abs. 1 SGG kann das LSG durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn (1) dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, oder (2) das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.
a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG liegen vor.
Diese Regelung erfasst nicht nur die Fälle, in denen das SG eine Prozessentscheidung getroffen hat, sondern ist auch anwendbar, wenn das SG aus anderen Gründen zur eigentlichen Rechtsfrage nicht Stellung genommen hat (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Februar 1981 – 3 RK 61/80 – juris, Rn. 18; Senatsurteil vom 13. September 2016 – L 4 KR 599/16 – n.v.; Keller, in: Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 159 Rn. 2b; zu § 130 Abs. 2 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO] etwa Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 26. Januar 2012 – 3 C 8/11 – juris, Rn. 17 f. m.w.N.; a.A. Sommer, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 159 Rn. 8). Der Senat braucht nicht abschließend den Anwendungsbereich des § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG zu umgrenzen. Jedenfalls im vorliegenden Fall ist eine Konstellation gegeben, die in den Anwendungsbereich des § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG fällt.
Der Senat kann nicht feststellen, dass das SG im angefochtenen Urteil in der Sache über das Begehren des Klägers entschieden hat. Zwar enthalten die Entscheidungsgründe Ausführungen in der Sache. Diese betreffen aber nicht den klageweise geltend gemachten Anspruch des Klägers. Die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils beziehen sich auf ein Begehren auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei bereits dem Grunde nach bewilligter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der vorliegend streitige Anspruch richtet sich hingegen nicht nur auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, sondern auch auf eine solche wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Des Weiteren wird die Rechtmäßigkeit nicht des angefochtenen Bescheides vom 3. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 geprüft, sondern eines Bescheides vom 11. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2015. Nicht die Leistungsfähigkeit des am 13. Juni 1960 geborenen Klägers war Inhalt der in den Entscheidungsgründen wiedergegebenen Beweisaufnahme, sondern die eines 1959 geborenen Versicherten mit anderen Gesundheitsstörungen und Funktionsbeeinträchtigungen. Das SG hat danach zum Begehren des Klägers nicht inhaltlich Stellung genommen.
Dies kann durch einen vor Urteilsverkündung gegebenen richterlichen Hinweis der Kammervorsitzenden nicht ersetzt werden. Aus diesem wird nicht deutlich, dass sich das Gericht als Ganzes, also einschließlich der ehrenamtlichen Richter (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 SGG), auf diese Erwägungen stützt.
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Begehren des Klägers in der Sache wäre aber notwendig gewesen. Denn die Klage ist zulässig. Sie wurde am 17. November 2015 schriftlich innerhalb eines Monats nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 und damit form- und fristgerecht nach §§ 87 Abs. 1 und 2, 90 SGG erhoben.
b) Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG sind erfüllt.
aa) Das Urteil des SG vom 4. Mai 2017 beruht des Weiteren auf einem wesentlichen Verfahrensmangel.
Wesentlich ist ein Verfahrensmangel, wenn das Urteil auf ihm beruhen kann. Bei Verfahrensfehlern, die absolute Revisionsgründe sind, beruht das Urteil stets auf dem Verfahrensmangel (§ 202 SGG i.V.m. § 547 Zivilprozessordnung [ZPO]; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 159 Rn. 3a). Ein absoluter Revisionsgrund liegt vor, wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist (§ 547 Nr. 6 ZPO). Das Urteil enthält die gedrängte Darstellung des Tatbestands und die Entscheidungsgründe (§ 136 Abs. 1 Nr. 5 und 6 SGG). Die Darstellung des Tatbestandes muss erkennen lassen, welchen Sachverhalt das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legt. Durch die Entscheidungsgründe erhalten die Beteiligten Kenntnis, von welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Gericht ausgegangen ist. Des Weiteren soll die Überprüfung der Entscheidung ermöglicht werden. Mindestinhalt ist die ausreichende Angabe der angewendeten Rechtsnormen, der für erfüllt oder nicht erfüllt gehaltenen Tatbestandsmerkmale und der dafür ausschlaggebenden tatsächlichen und rechtlichen Gründe. Wesentlicher Teil der Entscheidungsgründe ist die Beweiswürdigung. Das Gericht muss in der Entscheidung kenntlich machen, auf welche Tatsachen es diese stützt (Keller, a.a.O., § 136 Rn. 6, 7, 7a m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Tatbestand und Entscheidungsgründe stehen in keinem Zusammenhang mit dem Kläger, seinem konkreten Begehren, dem angefochtenen Bescheid und den Beweisergebnissen des Verfahrens. Sie beziehen sich vielmehr auf einen 1959 geborenen Kläger, der als Bergmann, Geräteführer und Brunnenbauer beschäftigt war. Als streitgegenständlicher Bescheide wird ein Bescheid vom 11. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2015 genannt, als Begehren eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei bereits dem Grunde nach bewilligter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, als maßgebliche Ermittlungsschritte insbesondere Gutachten von Dr. Gm. vom 17. September 2015 und Prof. Dr. Sch. vom 14. Februar 2017. Der im vorliegenden Verfahren klageweise geltend gemachte Anspruch des am 13. Juni 1960 geborenen Klägers, der seit 14. Januar 1991 als Schienenfahrzeugelektriker beschäftigt war, richtet sich, wie oben dargelegt, nicht nur auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, sondern auch auf eine solche wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Streitbefangen ist der Bescheid vom 3. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015. Begutachtungen erfolgten durch Dr. B. und Dr. P ...
Für die Beteiligten ist somit nicht erkennbar, aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen das Gericht das – im Hinblick auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auch weitergefasste – Begehren des Klägers bei einem völlig anders gelagerten Sachverhalt abgelehnt hat.
Die genannten Anforderungen an Tatbestand und Entscheidungsgründe können, wie oben bereits dargelegt, durch einen vor Urteilsverkündung gegebenen richterlichen Hinweis der Kammervorsitzenden nicht ersetzt werden. Des Weiteren enthält der in der mündlichen Verhandlung vor dem SG gegebene richterliche Hinweis lediglich eine Auseinandersetzung mit einem Teil eines Beweisergebnisses, den von Dr. P. angenommenen weiteren Behandlungsmöglichkeiten der psychischen Gesundheitsstörungen. Eine Auseinandersetzung mit weiteren Beweisergebnissen, insbesondere der Auskünfte der sachverständigen Zeugen, fand darin nicht statt.
bb) Aufgrund dieses Mangels ist eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig.
Aus den oben genannten Gründen ist den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht zu entnehmen, auf welche Feststellungen das SG seine klageabweisende Entscheidung gestützt hat. Es hätte darlegen müssen, weshalb es insbesondere der Leistungseinschätzung von Dr. P. nicht gefolgt ist. Denn diese lässt den geltend gemachten Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zumindest als möglich erscheinen.
(1) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Die Erwerbsminderung muss auf nicht absehbare Zeit bestehen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn sie sich voraussichtlich über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten erstreckt (BSG, Urteil vom 23. März 1977 – 4 RJ 49/76 – juris, Rn. 15).
Seelisch bedingte Störungen sind wie eine körperliche Krankheit anzusehen, wenn sie durch Willensentschlüsse des Betroffenen nicht oder nicht mehr zu beheben sind. Zu prüfen ist, ob der Versicherte die seelischen Hemmungen entweder aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe überwinden kann. Wenn das möglich ist, muss der Versicherte alle verfügbaren "Mittel seines Willens" einsetzen (BSG, Urteil vom 12. September 1990 – 5 RJ 88/89 – juris, Rn. 17). Dies bedeutet nicht, dass Funktionsbeeinträchtigungen aus einer seelischen Störungen erst dann rentenrechtlich relevant werden, wenn sie vollständig "austherapiert" sind. Nicht genutzte Therapieoptionen können einen Hinweis auf die Ausprägung des Leidensdrucks und damit die Schwere der Störung darstellen, aber auch gerade Ausdruck der Störung selbst sein. Allein dass noch nicht genutzte Behandlungsoptionen bestehen, schließt nicht per se eine relevante Funktionsbeeinträchtigung bzw. Minderung des Leistungsvermögens aus. Vielmehr ist hier auch zu beachten, in welchem Zeitraum mögliche Therapieoptionen eine Besserung des Leistungsvermögens herbeiführen können, ob also lediglich eine – vorübergehende – Arbeitsunfähigkeit i.S.d. Krankenversicherungsrechts vorliegt oder bereits eine dauerhafte Erwerbsminderung auf nicht absehbare Zeit i.S.d. Rentenrechts sowie ob eine Zeitrente oder eine unbefristete Rente zu gewähren ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 2006 – B 13 RJ 31/05 R – juris, Rn. 21 ff).
(2) Dr. P. hat mehrere seelische Gesundheitsstörungen diagnostiziert (rezidivierende mittelgradige depressive Störung mit Chronifizierungstendenz, eine soziale Phobie, eine Agoraphobie mit Panikstörung, eine komplexe Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-vermeidenden, narzisstischen, regressiven, emotional instabilen, histrionischen u.a. Zügen, Anpassungsstörungen an die Arbeitswelt). Ausdrücklich weist er darauf hin, dass psychische Probleme und Auffälligkeiten bis in das Jahr 1990, also die Zeit nach der Übersiedlung nach Deutschland, zurückreichten und – bei ähnlicher Symptomatologie wie aktuell – stationäre wie ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen notwendig gemacht hätten. Der Kläger weise eine erhebliche Inkompetenz auf, sich in sozialen Konfliktsituationen zu behaupten und durchzusetzen. Es bestehe ein erhebliches Ausweichverhalten mit deutlich regressiven Tendenzen. Der Kläger reagiere mit phobischen Ängsten, Agoraphobie, Kontaktstörungen und vor allem depressiven Rückzugstendenzen. Auch Reaktionsweisen wie somatoforme Schmerzstörungen, Konzentrationsstörungen und "Vergesslichkeit" stünden im Vordergrund. Eine auch in der Begutachtung durchgängig aufgetretene und näher beschriebene Unstrukturiertheit stehe in Abforderungssituationen ganz im Vordergrund. Die Beschwerdedarstellung des Klägers u.a. mit unterstreichenden Klagen sei weniger Aggravationstendenzen geschuldet, als vielmehr der Persönlichkeitsstörung. Von dem Willen des Klägers unterworfenen Einschränkungen geht der Sachverständige ersichtlich und überzeugend nicht aus. Alle mit dem Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet befassten Fachärzte gehen von relevanten Gesundheitsstörungen und nicht bloßen Krankheitsvorstellungen oder darstellungen aus. Ausdrücklich führte auch Beratungsarzt T. in seiner Stellungnahme vom 2. März 2017 aus, es erscheine unstreitig, dass psychiatrisch relevante, den Kläger sowohl im Alltag als auch beruflich einschränkende Gesundheitsstörungen vorlägen. Es liegt auch keine Fallgestaltung vor, in der der Versicherte keine oder nur erkennbar völlig unzulängliche Behandlungsmaßnahmen durchführte. Der Kläger befindet sich jedenfalls seit 2013 in regelmäßiger ambulanter fachpsychiatrischer Behandlung und führte 2015, nach seinem Vorbringen im Berufungsverfahren auch 2016 ambulante Verhaltenstherapie durch. Die tatsächlich durchgeführte Pharmakotherapie bewertete Dr. P. ausdrücklich als adäquat und hochdosiert.
(3) Ob diese Gesundheitsstörungen bereits zu einer dauerhaften Erwerbsminderung des Klägers auf nicht absehbare Zeit im oben genannten Sinne führen, lässt sich aufgrund der bisherigen Ermittlungen nicht sicher feststellen. Führend sind nach derzeitigem Stand die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet. Die Darstellungen von Dr. P. über das Verhalten des Klägers bei der dortigen Begutachtung, insbesondere die durchgängig vorhandene, nicht beherrschbare Unstrukturiertheit des Klägers, sowie die beschriebenen Reaktionsmechanismen auf Abforderungssituationen lassen eine relevante Minderung des beruflichen Leistungsvermögens auch in zeitlicher Hinsicht als plausibel erscheinen. Andererseits weist Beratungsarzt T. zu Recht darauf hin, dass der Kläger in dem von Dr. B. dokumentierten Tagesablauf vielfältige Aktivitäten hat benennen können. Dr. P. hat einen solchen Tagesablauf nicht erhoben. Hier ist eine weitere Abklärung der tatsächlichen Auswirkungen auf die Alltagsgestaltung nötig. Des Weiteren ist noch unklar, in welchem Zeitraum die von Dr. P. als möglich erachteten weiteren Therapieoptionen gegebenenfalls zu einer Verbesserung des Leistungsvermögens in welchem Ausmaß führen können. Dr. P. äußert sich auf die entsprechende Beweisfrage zumindest nach dem Wortlaut nur bezogen auf eine Besserung der gesundheitlichen Probleme, ohne explizit darauf einzugehen, inwieweit sich dies auf die Leistungsfähigkeit auswirkt. Die Benennung eines konkreten Zeitraum hielt er nicht für möglich, allerdings ohne nachvollziehbare Gründe hierfür anzugeben. Ob und inwieweit den weiteren Therapieoptionen gegebenenfalls krankheitsimmanente Gründe entgegenstehen oder diese jedenfalls erschweren, wie vom Kläger behauptet, ist noch nicht medizinisch abgeklärt. Unklar ist damit insbesondere, ob die angenommene Einschränkung des Leistungsvermögens auch unter intensivierter Behandlung innerhalb von sechs Monaten beseitigen ließe und ob dies gleichermaßen für den allgemeinen Arbeitsmarkt und die benannte Verweisungstätigkeit gilt. Noch nicht geklärt ist des Weiteren, ob der Kläger über die nötige Ein- und Umstellungsfähigkeit verfügt, diese Verweisungstätigkeit auszuüben und sich innerhalb von drei Monaten in diese einzuarbeiten. Zur Klärung der genannten Punkte bedarf es einer weiteren, eingehenden Beweisaufnahme.
c) Ob das Landessozialgericht gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG verfährt und die Sache an das Sozialgericht zurückverweist, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen (BSG, Urteil vom 7. August 1975 – 10 RV 313/74 – juris, Rn. 24; BSG, Beschluss vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 91/08 B – juris, Rn. 7; Keller, a.a.O., § 159 Rn. 5). Dabei hat das Landessozialgericht zu berücksichtigen, dass die eigene Sachentscheidung in der Regel den Vorzug verdient, wenn die Sache spruchreif ist (BSG, Urteil vom 7. August 1975 – 10 RV 313/74 – juris, Rn. 24).
Der Senat übt sein Ermessen dahingehend aus, dass es die Sache an das SG zurückverweist. Für eine Zurückverweisung spricht, dass die Sache aus den genannten Gründen noch nicht spruchreif ist, dem Kläger mangels erkennbarer Entscheidung über sein Begehren in der Sache ohne Zurückverweisung eine Tatsacheninstanz verlorenginge und er eine solche ausdrücklich begehrt, ohne dass dem die Beklagte entgegengetreten wäre. Gegen eine Zurückverweisung spricht lediglich, dass bei einer Sachentscheidung des Senats ein rechtskräftiger Abschluss des Verfahrens möglicherweise eher zu erwarten wäre. Dieser Gesichtspunkt tritt in der Abwägung aber hinter die für eine Zurückverweisung sprechenden Aspekte zurück.
4. Eine Kostentscheidung war nicht zu treffen, da hierüber vom SG im Rahmen der erneuten Entscheidung zu befinden ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. August 1975 – 10 RV 313/74 – juris, Rn. 29; LSG Bayern, Urteil vom 11. Juni 2015 – L 10 AL 159/14 – juris, Rn. 20; Keller, a.a.O., § 159 Rn. 5f).
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Kostenentscheidung des Sozialgerichts Freiburg vorbehalten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. August 2014 hat.
Der am 1960 in Polen geborene Kläger, Inhaber des Vertriebenen- und Flüchtlingsausweises B, absolvierte von September 1975 bis Juni 1978 die dortige Bergbau-Berufsgrundschule zum Elektromonteur im Untertagebau sowie das Bergbautechnikum zum Techniker-Mechaniker der Fachrichtung Nutzung von Untertagebergbaumaschinen und einrichtungen (mittlere Berufsqualifikation), was er erfolgreich abschloss. Anschließend war als solcher er in einem Kohlebergwerk tätig. Am 25. März 1989 kam er in die Bundesrepublik Deutschland, wo er ab dem 14. Januar 1991 in Vollzeit als Schienenfahrzeugelektriker bei der Deutschen Bahn beschäftigt war. Die Tätigkeit umfasste elektrische Arbeiten an Schienenfahrzeugen, Inspektion und Reparatur. Das monatliche Bruttoentgelt betrug EUR 2.328,77. Die Entlohnung erfolgte nach Entgeltgruppe 108 des Tarifvertrags FGr1. Diese erfasst Tätigkeiten mit erweiterten fachspezifischen Aufgaben und schwierige Tätigkeiten, für deren Ausführungen Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich seien, die durch eine erfolgreich abgeschlossene fachspezifische Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungsdauer von mindestens zweieinhalb Jahren oder durch eine entsprechende betriebliche Ausbildung erworben werden und die höhere Anforderungen stellen als in Entgeltgruppe 109.
Auf seinen Antrag vom 22. November 2013 absolvierte der Kläger zulasten der Beklagten vom 4. März bis 18. April 2014 eine stationäre psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme in den M. Kliniken. Im Entlassungsbericht vom 6. Mai 2014 diagnostizierte Prof. Dr. K. eine soziale Phobie, eine Agoraphobie mit Panikstörung, eine schwere depressive Episode, einen Nucleus pulposus prolaps L4/L5 sowie degenerative Veränderungen im rechten Knie. Die Tätigkeit eines Elektrikers bei der Bahn sei dem Kläger aus orthopädischen Gründen nur noch unter drei Stunden täglich zumutbar, eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit überwiegend sitzend, stehend oder gehend ohne Nachschicht hingegen mindestens sechs Stunden täglich. Eine Haltungskonstanz sei nicht, Vorbeugen und Verwinden des Körpers nur gelegentlich, Bücken und Ganzkörperschwingungen nur zeitweise leidensgerecht. Die Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig für weitere zehn bis zwölf Wochen. Wegen ungelösten Arbeitsplatzkonfliktes wurde eine innerbetriebliche Umsetzung empfohlen.
In Rahmen der Prüfung einer Umdeutung des Reha- in einen Rentenantrag erstattete Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. L. im Auftrag der Beklagten am 5. August 2014 ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage. Sie schloss sich unter Berücksichtigung der weiterer Diagnosen (Zustand nach [Z.n.] Bandscheibenvorfall L4/5, Schlafapnoesyndrom mit CPAP-Maskentherapie, Z.n. Schulteroperation rechts bei Arthrose, arterielle Hypertonie) dem im Reha-Entlassungsbericht beschriebenen Leistungsbild an, ergänzt um den Ausschluss von Arbeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen und Maschinen. Eine Verweisung auf eine Tätigkeit als Elektriker in einem anderen Berufsumfeld oder als Qualitätsprüfer sei möglich. Mit Bescheid vom 22. August 2014 lehnte die Beklagte die Umdeutung ab, da der Kläger nicht vermindert erwerbsfähig sei. Der Bescheid wurde nicht angefochten.
Am 26. August 2014 stellte der Kläger formularmäßig einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung, den die Beklagte mit Bescheid vom 3. September 2014 wegen fehlender Erwerbsminderung ablehnte. Der Kläger sei noch in der Lage, unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Berufsunfähigkeit liege nicht vor, da er zwar im Beruf eines Elektrikers nicht mehr, wohl aber als Qualitätsprüfer mindestens sechs Stunden leistungsfähig sei. Eine Rente für Bergleute wegen verminderter Erwerbsfähigkeit könne nicht gewährt werden, da er die hierfür nötigen besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfülle.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs legte der Kläger diverse ärztliche Unterlagen vor.
Die Beklagte holte weitere Befundberichte der behandelnden Ärzte sowie ein Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. ein. Dieser diagnostizierte auf seinem Fachgebiet unter dem 29. April 2015 Anpassungsstörungen mit neurotischer Fehl- und Versagungshaltung, eine anhaltende leicht- bis mittelgradige depressive Störung und eine Angststörung. Auf neuropsychiatrischem Fachgebiet bestehe eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit. Trotz ausreichender ambulanter und stationärer psychosomatischer und psychotherapeutischer sowie psychiatrischer Behandlung hätten Chronifizierungstendenzen nicht aufgehalten werden können. Ein vorgezogenes erneutes stationäres psychosomatisches Heilverfahren werde empfohlen. Derzeit bestehe aber das bereits von Dr. L. beschriebene Leistungsbild.
In einem nach Aktenlage erstatten sozialmedizinischem Gutachten vom 13. Juli 2015 schloss sich Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. dieser Einschätzung an (ergänzt um einen Ausschluss von Arbeiten im sicherheitsrelevanten Bereich), hielt aber ein ambulantes Anknüpfen an die in der Rehabilitation erworbenen Fertigkeiten und Hilfen für ausreichend. Eine mindestens sechsstündige Tätigkeit z.B. an einer Materialausgabe, am Hochregal oder in der Qualitätsprüfung sei möglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2015 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger sei weder erwerbsgemindert noch berufsunfähig. Er könne sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Prüffeld-, Verdrahtungs- und Montageelektrikers verwiesen werde, die er nach dem medizinisch festgestellten Leistungsbild noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Rente für Bergleute wegen verminderter Erwerbsfähigkeit könne aus den im angefochtenen Bescheid genannten Gründen nicht gewährt werden.
Hiergegen erhob der Kläger am 17. November 2015 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) zu deren Begründung er unter Vorlage diverser medizinischer Unterlagen insbesondere ausführte, die psychischen Beeinträchtigungen seien bislang nicht ausreichend berücksichtigt worden. Diese stünden auch den benannten Verweisungstätigkeiten entgegen.
Die Beklagte legte eine Tätigkeitsbeschreibung eines Prüffeld-, Verdrahtungs- und Montageelektrikers vor und trat der Klage unter Verweis auf eine beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie T. vom 2. März 2017 entgegen. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. habe in seinem Gutachten (dazu unten) ein unter dreistündiges Leistungsvermögen ohne eigentliche Begründung angenommen. Die Diskrepanz zur Leistungsbeurteilung von Dr. B. werde nicht begründet. Im dort dokumentierten Tagesablauf habe der Kläger vielfältige Aktivitäten benennen können. Dr. P. habe einen solchen Tagesablauf nicht erhoben. Noch bestehende therapeutische Optionen sollten genutzt werden. Dass psychiatrisch-relevante, den Kläger sowohl im Alltag als auch beruflich einschränkende Gesundheitsstörungen vorlägen, erscheine unstreitig. Ein auf unter drei Stunden abgesunkenes Leistungsvermögen werde jedoch von Dr. P. insbesondere im Vergleich zum Vorgutachten nicht eindeutig und plausibel begründet.
Das SG holte zunächst Auskünfte der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen ein, so die Auskunft des ärztlichen Internisten Dr. H. vom 13. April 2016 des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Sc. vom 25. April 2016, der Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Ro. vom 20. April 2016 und des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. Ge. vom 2. Mai 2016. Dr. We., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, gab unter dem 19. April 2016 an, als Nachfolgerin der bisher behandelnden Neurologin eine vorwiegend psychiatrische Diagnostik durchgeführt zu haben mit dem Ergebnis einer somatoformen Schmerzstörung und einer Dysthymie. Eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von bis zu sechs Stunden sei hierdurch nicht ausgeschlossen. Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E. beschrieb unter dem 19. April 2016 eine Anpassungsstörung mit emotionaler Symptomatik, Schlafstörungen bei Schlafapnoe, ein Schmerzsyndrom und eine Adipositas per magna. Trotz einer regelmäßigen psychiatrischen, medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung sei bisher nur eine minimale Besserung des psychopathologischen Befundes erreicht worden, da die organische Komponente der psychosomatischen Krankheit fortgeschritten und chronisch geworden sei. Die dysphorische Symptomatik, die Freudlosigkeit und die Aussichtslosigkeit hätten an Intensität zugenommen. Der Kläger sei nur noch unter drei Stunden leistungsfähig.
Das SG bestellte Dr. P. zum gerichtlichen Sachverständigen. In seinem aufgrund einer Untersuchung am 8. November 2016 unter dem 11. November 2016 erstatteten Gutachten diagnostizierte dieser eine rezidivierende mittelgradige depressive Störung mit Chronifizierungstendenz, eine soziale Phobie, eine Agoraphobie mit Panikstörung, eine komplexe Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-vermeidenden, narzisstischen, regressiven, emotional instabilen, histrionischen u.a. Zügen, Anpassungsstörungen an die Arbeitswelt, einen Bandscheibenvorfall L4/L5 und Cervicobrachialgien jeweils ohne neurologische Ausfälle, eine Adipositas per magna, eine Hypertonie und eine Schilddrüsenstörung. Auszuschließen seien Akkord-, Fließband- und Nachtschichtarbeiten, Arbeiten mit Publikumsverkehr, erhöhter geistiger Beanspruchung, besonderer Verantwortung für sich und andere sowie Teamarbeiten. Möglich seien einfachere Kontrollarbeiten und Reparaturen. Auch solche angepassten Tätigkeiten könne der Kläger derzeit nur unter drei Stunden täglich verrichten. Inwieweit diesem die Tätigkeit eines Prüffeld-, Verdrahtungs- und Montageelektrikers zumutbar sei, könne er, der Sachverständige, nicht beurteilen, da ihm diese Tätigkeit nicht bekannt sei. Relevante Einschränkungen der Gehstrecke bestünden nicht. Der Kläger könne, wenn auch mit Mühe, öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Eine Besserung der gesundheitlichen Probleme sei durch eine Intensivierung der Behandlungsmaßnahmen zu erwarten; in welchem Zeitraum sei derzeit aber nicht zu beurteilen. Hilfreich seien auch Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
In der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2017 gab die Kammervorsitzende im Hinblick auf das Gutachten von Dr. P. den rechtlichen Hinweis, psychische Erkrankungen seien erst dann von rentenrechtlicher Relevanz, wenn trotz adäquater Behandlung davon auszugehen sei, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen derart nicht überwinden könne.
Das SG wies mit in der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2017 verkündetem Urteil die Klage ab.
Im schriftlich abgefassten, von der Kammervorsitzenden unterschriebenen Urteil wird im Rubrum der Kläger bezeichnet. Tatbestand und Entscheidungsgründe beziehen sich jedoch auf einen 1959 geborenen Kläger, der als Bergmann, Geräteführer und Brunnenbauer beschäftigt war. Als streitgegenständlicher Bescheid wird ein Bescheid vom 11. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2015 genannt, als Begehren eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei bereits dem Grunde nach bewilligter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, als maßgebliche Ermittlungsschritte insbesondere Gutachten von Dr. Gm. vom 17. September 2015 und Prof. Dr. Sch. vom 14. Februar 2017. Eine Ausfertigung dieser Urteilsfassung ist den Beteiligten zugestellt worden, dem Kläger am 2. Juni 2017.
Am 20. Juni 2017 hat der Kläger Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ausgeführt, Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils bezögen sich auf einen anderen Versicherten. Die Gründe seien in einem so extremen Ausmaß mangelhaft, dass sie ihre Funktion, nämlich die Beteiligten über die dem Urteil zugrunde liegenden Erwägungen zu unterrichten, nicht erfüllen könnten. Das Urteil sei daher nicht mit Gründen versehen. Wegen des sonst eintretenden Verlusts einer Tatsacheninstanz und wegen der Wertigkeit des Verfahrensfehlers sei das Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen. Dass er bislang nicht sämtliche zur Verfügung stehende Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft habe, sei Teil des bestehenden Krankheitsbildes (sozialphobische Störung) und demnach keine willentlich steuerbare Entscheidung. Hierzu bedürfe es weiterer medizinischer Sachverhaltsaufklärung.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 4. Mai 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 zu verurteilen, ihm ab dem 1. August 2014 Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren, hilfsweise den Rechtsstreit an das Sozialgericht Freiburg zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im schriftlichen Urteil sei der Kläger offensichtlich mit einer anderen klagenden Partei verwechselt worden. Die Gründe für die klageabweisende Entscheidung seien aber der Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 2017 zu entnehmen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, ist zulässig.
a) Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt. Sie bedarf nicht der Zulassung, weil der Kläger laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
b) Die Berufung ist gemäß § 143 SGG statthaft, da sie sich gegen ein die Klage abweisendes, gegenüber dem Kläger ergangenes Urteil des SG richtet. Dies ergibt sich aus dem in der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2017 in der Rechtssache des Klägers verkündeten Tenor. Dem Hinweis der damaligen Kammervorsitzenden auf das im vorliegenden Rechtsstreit eingeholte Sachverständigengutachten von Dr. P. ist zu entnehmen, dass eine Verwechslung des klagenden Beteiligten in der mündlichen Verhandlung, aufgrund derer das Urteil erging, nicht vorlag. Rubrum und Tatbestand des unterschriebenen und den Beteiligten in Ausfertigung zugestellten Urteils sind somit nicht unrichtig. Im Rechtsstreit zwischen den Beteiligten ist ein klageabweisendes Urteil ergangen. Dass Tatbestand und Entscheidungsgründe in keinem Zusammenhang mit dem Kläger, seinem konkreten Begehren, dem angefochtenen Bescheid und den Beweisergebnissen des Verfahrens stehen, steht dem nicht entgegen. Dies führt lediglich dazu, dass das Urteil nicht mit Gründen versehen ist (dazu unten).
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Maßgeblich ist das erkennbare Begehren (§ 123 SGG), nicht der Wortlaut des Antrags. Sowohl im Verwaltungs- als auch Widerspruchsverfahren war zwischen den Beteiligten die Gewährung nicht nur einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung streitig, sondern auch eine solche wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Im Ausgangsbescheid vom 3. September 2014 und im Widerspruchsbescheid vom 6. November 2015 wird ein solcher Rentenanspruch des Klägers geprüft und unter Benennung von Verweisungstätigkeiten verneint. Zu diesen hat der Kläger Einwände erhoben, das SG im Klageverfahren weiteren Vortrag der Beklagten angefordert und zur Leistungsfähigkeit darin Ermittlungen angestellt. Zu keinem Zeitpunkt hat der Kläger erkennen lassen, dass er eine solche Rente nicht begehrt. Der Kläger begehrt mithin eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Dass er eine Rente für Bergleute wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begehrte, wird hingegen nicht erkennbar. Zu einer solchen, insbesondere den erforderlichen und von der Beklagten verneinten besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, hat er nicht vorgetragen. Den Bescheid vom 22. August 2014 über die Ablehnung der Umdeutung des Reha- in einen Rentenantrag hatte er nicht angefochten. Daher bezieht sich sein Begehren auf den Rentenantrag vom 26. August 2014 und damit nach § 99 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf eine Rente wegen Erwerbsminderung ab dem 1. August 2014. Streitbefangen ist damit der Bescheid vom 3. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015. Des Weiteren begehrt der Kläger die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG. Da hierfür kein Interesse des Klägers mehr besteht, wenn er mit seinem sachlichen Begehren durchdringt, handelt es sich hierbei bei sachgerechter Auslegung entgegen dem Wortlaut der in den Schriftsätzen vom 10. August und 13. September 2017 gestellten Anträge um ein hilfsweises Begehren. Entsprechend waren die Anträge des Klägers sachdienlich zu fassen.
3. Die Berufung des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteil und der Zurückverweisung an das SG begründet.
Nach § 159 Abs. 1 SGG kann das LSG durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn (1) dieses die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, oder (2) das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.
a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG liegen vor.
Diese Regelung erfasst nicht nur die Fälle, in denen das SG eine Prozessentscheidung getroffen hat, sondern ist auch anwendbar, wenn das SG aus anderen Gründen zur eigentlichen Rechtsfrage nicht Stellung genommen hat (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18. Februar 1981 – 3 RK 61/80 – juris, Rn. 18; Senatsurteil vom 13. September 2016 – L 4 KR 599/16 – n.v.; Keller, in: Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 159 Rn. 2b; zu § 130 Abs. 2 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO] etwa Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 26. Januar 2012 – 3 C 8/11 – juris, Rn. 17 f. m.w.N.; a.A. Sommer, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 159 Rn. 8). Der Senat braucht nicht abschließend den Anwendungsbereich des § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG zu umgrenzen. Jedenfalls im vorliegenden Fall ist eine Konstellation gegeben, die in den Anwendungsbereich des § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG fällt.
Der Senat kann nicht feststellen, dass das SG im angefochtenen Urteil in der Sache über das Begehren des Klägers entschieden hat. Zwar enthalten die Entscheidungsgründe Ausführungen in der Sache. Diese betreffen aber nicht den klageweise geltend gemachten Anspruch des Klägers. Die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils beziehen sich auf ein Begehren auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei bereits dem Grunde nach bewilligter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der vorliegend streitige Anspruch richtet sich hingegen nicht nur auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, sondern auch auf eine solche wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Des Weiteren wird die Rechtmäßigkeit nicht des angefochtenen Bescheides vom 3. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 geprüft, sondern eines Bescheides vom 11. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2015. Nicht die Leistungsfähigkeit des am 13. Juni 1960 geborenen Klägers war Inhalt der in den Entscheidungsgründen wiedergegebenen Beweisaufnahme, sondern die eines 1959 geborenen Versicherten mit anderen Gesundheitsstörungen und Funktionsbeeinträchtigungen. Das SG hat danach zum Begehren des Klägers nicht inhaltlich Stellung genommen.
Dies kann durch einen vor Urteilsverkündung gegebenen richterlichen Hinweis der Kammervorsitzenden nicht ersetzt werden. Aus diesem wird nicht deutlich, dass sich das Gericht als Ganzes, also einschließlich der ehrenamtlichen Richter (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 SGG), auf diese Erwägungen stützt.
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Begehren des Klägers in der Sache wäre aber notwendig gewesen. Denn die Klage ist zulässig. Sie wurde am 17. November 2015 schriftlich innerhalb eines Monats nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015 und damit form- und fristgerecht nach §§ 87 Abs. 1 und 2, 90 SGG erhoben.
b) Auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG sind erfüllt.
aa) Das Urteil des SG vom 4. Mai 2017 beruht des Weiteren auf einem wesentlichen Verfahrensmangel.
Wesentlich ist ein Verfahrensmangel, wenn das Urteil auf ihm beruhen kann. Bei Verfahrensfehlern, die absolute Revisionsgründe sind, beruht das Urteil stets auf dem Verfahrensmangel (§ 202 SGG i.V.m. § 547 Zivilprozessordnung [ZPO]; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 159 Rn. 3a). Ein absoluter Revisionsgrund liegt vor, wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist (§ 547 Nr. 6 ZPO). Das Urteil enthält die gedrängte Darstellung des Tatbestands und die Entscheidungsgründe (§ 136 Abs. 1 Nr. 5 und 6 SGG). Die Darstellung des Tatbestandes muss erkennen lassen, welchen Sachverhalt das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legt. Durch die Entscheidungsgründe erhalten die Beteiligten Kenntnis, von welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Gericht ausgegangen ist. Des Weiteren soll die Überprüfung der Entscheidung ermöglicht werden. Mindestinhalt ist die ausreichende Angabe der angewendeten Rechtsnormen, der für erfüllt oder nicht erfüllt gehaltenen Tatbestandsmerkmale und der dafür ausschlaggebenden tatsächlichen und rechtlichen Gründe. Wesentlicher Teil der Entscheidungsgründe ist die Beweiswürdigung. Das Gericht muss in der Entscheidung kenntlich machen, auf welche Tatsachen es diese stützt (Keller, a.a.O., § 136 Rn. 6, 7, 7a m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Tatbestand und Entscheidungsgründe stehen in keinem Zusammenhang mit dem Kläger, seinem konkreten Begehren, dem angefochtenen Bescheid und den Beweisergebnissen des Verfahrens. Sie beziehen sich vielmehr auf einen 1959 geborenen Kläger, der als Bergmann, Geräteführer und Brunnenbauer beschäftigt war. Als streitgegenständlicher Bescheide wird ein Bescheid vom 11. März 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2015 genannt, als Begehren eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei bereits dem Grunde nach bewilligter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, als maßgebliche Ermittlungsschritte insbesondere Gutachten von Dr. Gm. vom 17. September 2015 und Prof. Dr. Sch. vom 14. Februar 2017. Der im vorliegenden Verfahren klageweise geltend gemachte Anspruch des am 13. Juni 1960 geborenen Klägers, der seit 14. Januar 1991 als Schienenfahrzeugelektriker beschäftigt war, richtet sich, wie oben dargelegt, nicht nur auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, sondern auch auf eine solche wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Streitbefangen ist der Bescheid vom 3. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. November 2015. Begutachtungen erfolgten durch Dr. B. und Dr. P ...
Für die Beteiligten ist somit nicht erkennbar, aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen das Gericht das – im Hinblick auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auch weitergefasste – Begehren des Klägers bei einem völlig anders gelagerten Sachverhalt abgelehnt hat.
Die genannten Anforderungen an Tatbestand und Entscheidungsgründe können, wie oben bereits dargelegt, durch einen vor Urteilsverkündung gegebenen richterlichen Hinweis der Kammervorsitzenden nicht ersetzt werden. Des Weiteren enthält der in der mündlichen Verhandlung vor dem SG gegebene richterliche Hinweis lediglich eine Auseinandersetzung mit einem Teil eines Beweisergebnisses, den von Dr. P. angenommenen weiteren Behandlungsmöglichkeiten der psychischen Gesundheitsstörungen. Eine Auseinandersetzung mit weiteren Beweisergebnissen, insbesondere der Auskünfte der sachverständigen Zeugen, fand darin nicht statt.
bb) Aufgrund dieses Mangels ist eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig.
Aus den oben genannten Gründen ist den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht zu entnehmen, auf welche Feststellungen das SG seine klageabweisende Entscheidung gestützt hat. Es hätte darlegen müssen, weshalb es insbesondere der Leistungseinschätzung von Dr. P. nicht gefolgt ist. Denn diese lässt den geltend gemachten Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zumindest als möglich erscheinen.
(1) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Die Erwerbsminderung muss auf nicht absehbare Zeit bestehen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn sie sich voraussichtlich über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten erstreckt (BSG, Urteil vom 23. März 1977 – 4 RJ 49/76 – juris, Rn. 15).
Seelisch bedingte Störungen sind wie eine körperliche Krankheit anzusehen, wenn sie durch Willensentschlüsse des Betroffenen nicht oder nicht mehr zu beheben sind. Zu prüfen ist, ob der Versicherte die seelischen Hemmungen entweder aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe überwinden kann. Wenn das möglich ist, muss der Versicherte alle verfügbaren "Mittel seines Willens" einsetzen (BSG, Urteil vom 12. September 1990 – 5 RJ 88/89 – juris, Rn. 17). Dies bedeutet nicht, dass Funktionsbeeinträchtigungen aus einer seelischen Störungen erst dann rentenrechtlich relevant werden, wenn sie vollständig "austherapiert" sind. Nicht genutzte Therapieoptionen können einen Hinweis auf die Ausprägung des Leidensdrucks und damit die Schwere der Störung darstellen, aber auch gerade Ausdruck der Störung selbst sein. Allein dass noch nicht genutzte Behandlungsoptionen bestehen, schließt nicht per se eine relevante Funktionsbeeinträchtigung bzw. Minderung des Leistungsvermögens aus. Vielmehr ist hier auch zu beachten, in welchem Zeitraum mögliche Therapieoptionen eine Besserung des Leistungsvermögens herbeiführen können, ob also lediglich eine – vorübergehende – Arbeitsunfähigkeit i.S.d. Krankenversicherungsrechts vorliegt oder bereits eine dauerhafte Erwerbsminderung auf nicht absehbare Zeit i.S.d. Rentenrechts sowie ob eine Zeitrente oder eine unbefristete Rente zu gewähren ist (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 2006 – B 13 RJ 31/05 R – juris, Rn. 21 ff).
(2) Dr. P. hat mehrere seelische Gesundheitsstörungen diagnostiziert (rezidivierende mittelgradige depressive Störung mit Chronifizierungstendenz, eine soziale Phobie, eine Agoraphobie mit Panikstörung, eine komplexe Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-vermeidenden, narzisstischen, regressiven, emotional instabilen, histrionischen u.a. Zügen, Anpassungsstörungen an die Arbeitswelt). Ausdrücklich weist er darauf hin, dass psychische Probleme und Auffälligkeiten bis in das Jahr 1990, also die Zeit nach der Übersiedlung nach Deutschland, zurückreichten und – bei ähnlicher Symptomatologie wie aktuell – stationäre wie ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen notwendig gemacht hätten. Der Kläger weise eine erhebliche Inkompetenz auf, sich in sozialen Konfliktsituationen zu behaupten und durchzusetzen. Es bestehe ein erhebliches Ausweichverhalten mit deutlich regressiven Tendenzen. Der Kläger reagiere mit phobischen Ängsten, Agoraphobie, Kontaktstörungen und vor allem depressiven Rückzugstendenzen. Auch Reaktionsweisen wie somatoforme Schmerzstörungen, Konzentrationsstörungen und "Vergesslichkeit" stünden im Vordergrund. Eine auch in der Begutachtung durchgängig aufgetretene und näher beschriebene Unstrukturiertheit stehe in Abforderungssituationen ganz im Vordergrund. Die Beschwerdedarstellung des Klägers u.a. mit unterstreichenden Klagen sei weniger Aggravationstendenzen geschuldet, als vielmehr der Persönlichkeitsstörung. Von dem Willen des Klägers unterworfenen Einschränkungen geht der Sachverständige ersichtlich und überzeugend nicht aus. Alle mit dem Kläger auf psychiatrischem Fachgebiet befassten Fachärzte gehen von relevanten Gesundheitsstörungen und nicht bloßen Krankheitsvorstellungen oder darstellungen aus. Ausdrücklich führte auch Beratungsarzt T. in seiner Stellungnahme vom 2. März 2017 aus, es erscheine unstreitig, dass psychiatrisch relevante, den Kläger sowohl im Alltag als auch beruflich einschränkende Gesundheitsstörungen vorlägen. Es liegt auch keine Fallgestaltung vor, in der der Versicherte keine oder nur erkennbar völlig unzulängliche Behandlungsmaßnahmen durchführte. Der Kläger befindet sich jedenfalls seit 2013 in regelmäßiger ambulanter fachpsychiatrischer Behandlung und führte 2015, nach seinem Vorbringen im Berufungsverfahren auch 2016 ambulante Verhaltenstherapie durch. Die tatsächlich durchgeführte Pharmakotherapie bewertete Dr. P. ausdrücklich als adäquat und hochdosiert.
(3) Ob diese Gesundheitsstörungen bereits zu einer dauerhaften Erwerbsminderung des Klägers auf nicht absehbare Zeit im oben genannten Sinne führen, lässt sich aufgrund der bisherigen Ermittlungen nicht sicher feststellen. Führend sind nach derzeitigem Stand die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet. Die Darstellungen von Dr. P. über das Verhalten des Klägers bei der dortigen Begutachtung, insbesondere die durchgängig vorhandene, nicht beherrschbare Unstrukturiertheit des Klägers, sowie die beschriebenen Reaktionsmechanismen auf Abforderungssituationen lassen eine relevante Minderung des beruflichen Leistungsvermögens auch in zeitlicher Hinsicht als plausibel erscheinen. Andererseits weist Beratungsarzt T. zu Recht darauf hin, dass der Kläger in dem von Dr. B. dokumentierten Tagesablauf vielfältige Aktivitäten hat benennen können. Dr. P. hat einen solchen Tagesablauf nicht erhoben. Hier ist eine weitere Abklärung der tatsächlichen Auswirkungen auf die Alltagsgestaltung nötig. Des Weiteren ist noch unklar, in welchem Zeitraum die von Dr. P. als möglich erachteten weiteren Therapieoptionen gegebenenfalls zu einer Verbesserung des Leistungsvermögens in welchem Ausmaß führen können. Dr. P. äußert sich auf die entsprechende Beweisfrage zumindest nach dem Wortlaut nur bezogen auf eine Besserung der gesundheitlichen Probleme, ohne explizit darauf einzugehen, inwieweit sich dies auf die Leistungsfähigkeit auswirkt. Die Benennung eines konkreten Zeitraum hielt er nicht für möglich, allerdings ohne nachvollziehbare Gründe hierfür anzugeben. Ob und inwieweit den weiteren Therapieoptionen gegebenenfalls krankheitsimmanente Gründe entgegenstehen oder diese jedenfalls erschweren, wie vom Kläger behauptet, ist noch nicht medizinisch abgeklärt. Unklar ist damit insbesondere, ob die angenommene Einschränkung des Leistungsvermögens auch unter intensivierter Behandlung innerhalb von sechs Monaten beseitigen ließe und ob dies gleichermaßen für den allgemeinen Arbeitsmarkt und die benannte Verweisungstätigkeit gilt. Noch nicht geklärt ist des Weiteren, ob der Kläger über die nötige Ein- und Umstellungsfähigkeit verfügt, diese Verweisungstätigkeit auszuüben und sich innerhalb von drei Monaten in diese einzuarbeiten. Zur Klärung der genannten Punkte bedarf es einer weiteren, eingehenden Beweisaufnahme.
c) Ob das Landessozialgericht gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG verfährt und die Sache an das Sozialgericht zurückverweist, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen (BSG, Urteil vom 7. August 1975 – 10 RV 313/74 – juris, Rn. 24; BSG, Beschluss vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 91/08 B – juris, Rn. 7; Keller, a.a.O., § 159 Rn. 5). Dabei hat das Landessozialgericht zu berücksichtigen, dass die eigene Sachentscheidung in der Regel den Vorzug verdient, wenn die Sache spruchreif ist (BSG, Urteil vom 7. August 1975 – 10 RV 313/74 – juris, Rn. 24).
Der Senat übt sein Ermessen dahingehend aus, dass es die Sache an das SG zurückverweist. Für eine Zurückverweisung spricht, dass die Sache aus den genannten Gründen noch nicht spruchreif ist, dem Kläger mangels erkennbarer Entscheidung über sein Begehren in der Sache ohne Zurückverweisung eine Tatsacheninstanz verlorenginge und er eine solche ausdrücklich begehrt, ohne dass dem die Beklagte entgegengetreten wäre. Gegen eine Zurückverweisung spricht lediglich, dass bei einer Sachentscheidung des Senats ein rechtskräftiger Abschluss des Verfahrens möglicherweise eher zu erwarten wäre. Dieser Gesichtspunkt tritt in der Abwägung aber hinter die für eine Zurückverweisung sprechenden Aspekte zurück.
4. Eine Kostentscheidung war nicht zu treffen, da hierüber vom SG im Rahmen der erneuten Entscheidung zu befinden ist (vgl. BSG, Urteil vom 7. August 1975 – 10 RV 313/74 – juris, Rn. 29; LSG Bayern, Urteil vom 11. Juni 2015 – L 10 AL 159/14 – juris, Rn. 20; Keller, a.a.O., § 159 Rn. 5f).
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
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