Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 U 441/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 U 364/12 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Krankheiten i.S.d. Nr. 1317 der Berufskrankheiten-Verordnung sind die Polyneuropathie durch sonstige toxische Agenzien (ICD 10 G62.2) und die toxische Enzephalopathie (ICD 10 G92).
2. Zu den Beweisanforderungen an das Vorliegen einer BK 1317 und zu den Begriffen toxische Polyneuropathie und toxische Enzephalopathie.
2. Zu den Beweisanforderungen an das Vorliegen einer BK 1317 und zu den Begriffen toxische Polyneuropathie und toxische Enzephalopathie.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Revisionsverfahrens vor dem Bundessozialgericht B 2 U 100/12 B trägt die Staatskasse. Ansonsten haben die Beteiligten einander außergerichtliche Aufwendungen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nummer 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) bzw. nach den Nummern 1302 und 1303 der Anlage I zur Berufskrankheitenverordnung (BK 1317 bzw. BK 1302 und BK 1303).
Am 26.04.2001 ging bei der Beklagten eine ärztliche Anzeige des Nervenarztes Dr. B. über eine Berufskrankheit des Klägers ein, in der ausgeführt wird, der Kläger leide an einer Neuropathie, einer schweren Myopathie, einer schweren Ataxie, einer schweren Leistungsminderung und zunehmenden chemischen Überempfindlichkeit.
Der Kläger war von 1970 bis 1987 als selbstständiger Landwirt, von 1987 bis 1989 als Keramikarbeiter und von 1989 bis 1992 als Lkw-Fahrer tätig. Ab 1992 war er bei der Firma H. GmbH (H) als Maschinenführer beschäftigt. Er kam dort mit Härtern, Leim und Lösungsmitteln sowie Lärm in Kontakt. Im November 2000 gab er diese Tätigkeit auf.
Die Beklagte zog ein Krankheitsverzeichnis der Krankenkasse sowie verschiedene Befundberichte bei, unter anderem Reha-Entlassungsberichte der Rentenversicherung vom 07.04.1998 und vom 10.04.2000. Sie zog die Sicherheitsdatenblätter der Stoffe bei, mit denen der Kläger an seinem Arbeitsplatz bei H in Berührung gekommen war (insbesondere Dynomel L-425, L-435 und Härter H-467, H-469). Zudem holte sie eine Stellungnahme des Facharztes für Arbeitsmedizin Dr. L. ein. Das Gewerbeaufsichtsamt W-Stadt gab am 20.09.2001 eine gewerbeärztliche Stellungnahme durch Dr. R. ab. Mit Bescheid vom 08.11.2001 (Widerspruchsbescheid vom 14.12.2001) lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit der BK-Zifferngruppe 13, insbesondere der BK 1317, unter Hinweis auf die Stellungnahme des staatlichen Gewerbearztes ab.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Das SG hat ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Sozialmedizin Prof. Dr. E. vom 10.03.2003 eingeholt. Auf Veranlassung des SG hat Prof. Dr. D. ein arbeitsmedizinisches Gutachten vom 12.05.2003 erstattet. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 08.09.2004 abgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 09.11.2004 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der Senat hat ein arbeitsmedizinisches Gutachten des Prof. Dr. D. vom 27.07.2006 und ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. C. vom 17.09.2007 (mit ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 01.02.2011 und vom 30.08.2011) sowie auf Vorschlag des Gutachters ein psychologisches Zusatzgutachten des Diplom-Psychologen J. F. vom 31.07.2007 eingeholt. Auf Antrag des Klägers hat der Senat auf der Grundlage des § 109 SGG ein Gutachten der Dr. K. vom 06.05.2009 (mit ergänzender, von der Klägerseite vorgelegter Stellungnahme vom 22.01.2010) erstatten lassen. Die Klägerseite hat eine "gutachterliche Stellungnahme zur Darstellung des Standes der Wissenschaft in Sachen BK 1317" des Diplom-Chemikers und "Impulsgebers für den Ersatz des Merkblattes in Sachen BK 1317" Dr. M. vom 21.09.2010 (mit Ergänzung vom 12.04.2011) vorgelegt.
Mit Urteil vom 30.11.2011 hat der Senat die Berufung zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Klägers hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 24.07.2012, B 2 U 100/12 B, das Urteil vom 30.11.2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LSG zurückverwiesen; das LSG hätte den im Termin nochmals protokollierten Anträgen des Klägers vom 14.04.2010 und 15.11.2011 nachkommen und weitere Fragen an den Sachverständigen zulassen müssen. Der Senat hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. E. vom 03.01.2013 eingeholt und den Gutachter Dr. C. am 12.03.2013 und am 16.10.2013 zu den Fragen des Klägers angehört.
Der Kläger führt aus, zwar hätten aufgrund eines Unfalls im September 1990 mit einer Schädigung der Halswirbelsäule gesundheitliche Beeinträchtigungen vorgelegen, diese hätten allerdings nicht zu einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit geführt. Vielmehr sei er aufgrund dieser Beeinträchtigungen lediglich nicht mehr in der Lage gewesen, als Lkw-Fahrer zu arbeiten. Die Beeinträchtigungen hätten nach Aufnahme der Tätigkeit bei H deutlich zugenommen und schließlich im Jahre 2000 zur völligen Arbeitsunfähigkeit geführt. Es wäre erforderlich gewesen, den Arbeitsplatz des Klägers zu überprüfen und festzustellen, mit welchen Stoffen dieser in Berührung gekommen sei und mit welcher Intensität. Er habe auch auf 2 Arbeitskollegen verwiesen, die unter den gleichen Bedingungen gearbeitet und bereits nach kurzer Zeit dieselben Beschwerden gehabt hätten. Diese hätten als Zeugen gehört werden müssen. Als Folge der Tätigkeit bei H liege eine Polyneuropathie und eine Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische gemäß der Listen-Nummer 1317 vor. Bei der Beurteilung einer Berufskrankheit sei vom neuesten Stand der Wissenschaft auszugehen. Dieser werde vorliegend durch die Stellungnahmen des Dr. M. dargestellt. Soweit Dr. C. von guter klinischer Praxis spreche, sei dies unerheblich, da allein auf den Stand der Wissenschaft abzustellen sei. Diesen wende Dr. C. allerdings nicht an, da er ihn unzutreffend interpretiere. So finde sich im Merkblatt nichts zu den Messwerten, die nach Dr. C. eine toxische Verursachung der Polyneuropathie ausschließen würden. Auch dazu, dass das Verhalten des Patienten Testergebnisse relativieren könnte, finde sich im Merkblatt nichts. Auch nehme Dr. C. im Gegensatz zum Merkblatt an, dass Nervenleitgeschwindigkeitsmessungen der Sicherung der Diagnose Polyneuropathie dienen könnten. Hier kreiere Dr. C. ein eigenes Diagnosekriterium. Die Kausalität der Exposition für den Eintritt des Gesundheitsschadens werde vermutet. Auch könne Dr. C. letztlich die toxische Schädigung auch nicht ausschließen. Die Diagnosekriterien seien im Merkblatt eindeutig festgelegt. Eine Interpretation durch den Sachverständigen habe nicht stattzufinden. Bei der Exposition komme es nach dem Merkblatt nicht auf Grenzwerte an. Unter Ziffer III. des Merkblattes seien die Diagnosekriterien festgelegt. Lediglich Dr. K. habe ihr Gutachten nach den Diagnosekriterien erstellt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2004 sowie den Bescheid vom 08.11.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2001 aufzuheben und festzustellen, dass beim Kläger eine Berufskrankheit nach der BK-Nr. 1302, 1303 und 1317 der Anlage zu Berufskrankheitenverordnung vorliegt,
hilfsweise, weitere Ermittlungen durchzuführen nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 16.12.2014.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2004 zurückzuweisen.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Dr. L. und eine Stellungnahme des Facharztes für Neurologie Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. vom 11.01.2010 vorgelegt. Sie vertritt die Auffassung, Krankheitsbefunde im Sinne dieser BK könnten nicht festgestellt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten aller Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers wurde form- und fristgerecht erhoben und ist auch ansonsten zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist aber unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 08.11.2001 (Widerspruchsbescheid vom 14.12.2001), mit dem die Beklagte die Anerkennung einer BK "nach der Zifferngruppe 13", "insbesondere Nummer 1317" der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung abgelehnt hat. Zu Recht hat das SG die dagegen zulässigerweise erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 SGG) abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK 1317 oder 1302, 1303. Berufskrankheiten sind nach § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Versicherungsfälle. Berufskrankheiten sind dabei Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Eine BK 1317 ist eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische (BArbBl. 3/2005, S. 49). Eine BK 1302 liegt vor bei Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe, eine BK 1303 bei Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe und Styrol.
Für die Listen-BKen 1317 und 1302, 1303 lassen sich folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung der - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (zum Erfordernis des Vollbeweise siehe BSG, Urteil vom 02.02.1978, 8 RU 66/77; Bayer. LSG, Urteil vom 01.07.2009, L 2 U 243/06; vom 06.11.2013, L 2 U 558/10; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.12.2009, L 2 U 202/07; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 02.11.2009, L 6 U 131/05). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 27.06.2006, B 2 U 20/04 R und vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R). Um eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges zu bejahen, muss absolut mehr für als gegen die jeweilige Tatsache sprechen. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, das ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden und nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung deutlich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, juris Rn. 4 m.w.N.; BSG, Urteil vom 02.02.1978, 8 RU 66/77, juris Rn. 13). Die Beweisanforderungen bei der hinreichenden Wahrscheinlichkeit sind höher als bei der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (Glaubhaftmachung im Sinne eines Beweismaßes, vgl. dazu BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, juris Rn. 5). Überwiegende Wahrscheinlichkeit bedeutet die gute Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können; dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet (vgl. BSG vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, juris Rn. 5 und Orientierungssatz; vom 14.12.2006, B 4 R 29/06, juris Rn. 116; vom 17.04.2013, B 9 V 3/12 R, juris Rn. 36; Keller, a.a.O., Rn. 3d m.w.N.; zum Zivilrecht BGH vom 11.09.2003, IX ZB 37/03, juris Rn. 8; vom 15.06.1994, IV ZB 6/94).
Der bei der Beklagten gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Kläger macht in erster Linie das Vorliegen einer BK 1317 der Anlage zur BKV geltend. Für diese BK ergibt sich aus den dargelegten Maßgaben im Besonderen, dass - neben den sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen (dazu unter 1.) - die in Nr. 1317 der Anlage I zur BKV die dort genannten Gesundheitsstörungen Polyneuropathie oder Enzephalopathie (dazu unten 2.) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, d.h. im Vollbeweis gegeben sein müssen. Für den Ursachenzusammenhang zwischen der Einwirkung durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische und den Gesundheitsstörungen (deren Vorliegen unterstellt, siehe unter 3.) genügt der geringere Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (BSG vom 08.08.2001, a.a.O.). 1. Die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen liegen vor. Zur vollen Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit von 1992 bis 2000 Einwirkungen i.S.d. der BK 1317 ausgesetzt war. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers im Fragebogen zu seinem beruflichen Werdegang, an deren Richtigkeit der Senat keine Zweifel hat. Danach war der Kläger in diesem Zeitraum bei der Firma H. als Maschinenführer tätig, wo er mit Härtern, Leim und Lösungsmitteln in Kontakt gekommen ist. Auch die gewerbeärztliche Stellungnahme des Dr. R., Gewerbeaufsichtsamt W-Stadt, vom 20.09.2001 geht davon aus, dass ein Kontakt zu Leimen und Härtern, Lacken und Farben seit 1992 bestanden habe, in den zuvor ausgeübten Tätigkeiten eine Belastung im Sinne einer BK 1317 aber nicht plausibel sei. Dasselbe gilt für die von der Klägerseite vorgelegte "gutachterliche Stellungnahme zur Darstellung des Standes der Wissenschaft in Sachen BK 1317" des Diplom-Chemikers Dr. M. vom 21.09.2010 (mit Ergänzung vom 12.04.2011). Die Feststellung von Mindestdosen der Exposition ist nicht erforderlich. Das auch insofern den Stand der Wissenschaft wiedergebende Merkblatt (Bek. des BGMS, BArbBl 2005, H3, S. 49) verweist hierzu in Ziffer I. nur auf die entsprechenden Gefahrenquellen, d.h es benennt die als gesichert neurotoxisch eingestuften Lösungsmittel, ihr Vorkommen und die Arbeiten, bei denen die Gefahr der Aufnahme dieser Stoffe durch den Körper besteht, ohne irgendwelche diesbezügliche Mindestanforderungen festzusetzen. Es besteht im Übrigen auch zwischen den Beteiligten und allen medizinischen Sachverständigen Einigkeit, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 1317 erfüllt sind. Die einzig in eine andere Richtung gehende, wage Einschätzung des Dr. L. vom 27.08.2001, es ergäbe sich kein schlüssiges Bild, wenn man den Fall von der Schadstoffexposition her aufwickle, vermag Zweifel am Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht zu begründen. Es bedarf daher insofern keiner weiteren Aufklärung des Sachverhalts, etwa durch Einholung eines toxikologischen Gutachtens.
2. Die Gesundheitsstörungen Polyneuropathie (dazu unter a) oder Enzephalopathie (dazu unter b) i.S.d. BK 1317 der Anlage zur BKV sind - den durch die Literatur und die gehörten Sachverständigen vermittelten aktuellen Stand der Wissenschaft zugrunde legend - nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegeben.
a. Die Gesundheitsstörung Polyneuropathie liegt nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor.
aa. Der aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft zum Vorliegen einer Polyneuropathie i.S.d. BK 1317 stellt sich wie folgt dar:
Die Polyneuropathie wird in der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme von 2012 (ICD-10) unter Punkt G 60-64 zusammen mit sonstigen Krankheiten des peripheren Nervensystems geführt. Die ICD 10 G 62.2 benennt speziell eine Polyneuropathie durch sonstige toxische Agenzien. Diese ist als Krankheit i.S.d. BK 1317 zugrunde zu legen und bedarf noch weiterer Präzisierung. Das einschlägige Merkblatt (aaO) zur BK 1317 spezifiziert die Polyneuropathie i.S. dieser BK dahingehend, dass typisch für eine neurotoxische Polyneuropathie arm- und beinbetonte, sensible, motorische oder sensomotorische Ausfälle mit strumpf- oder handschuhförmiger Verteilung sind. Asymetrische, multifokale, rein motorische oder autonome Neuropathien schließen eine Verursachung durch Lösungsmittel weitgehend aus. Polyneuropathien i.S. der BK 1317 sind also nur distal-symmetrische Polyneuropathien, nicht aber asymmetrisch-multifokale Polyneuropathien. Auch Dr. C. hat bei der Anhörung durch den Senat am 13.10.2013 nochmals in überzeugender Weise erläutert, dass Nervenschädigungen vom multifokalen Typ gegen eine toxische Genese sprechen und dass bei distal-symmetrischen Polyneuropathien typischerweise auf beiden Seiten krankhaft veränderte Nervenleitgeschwindigkeiten und auch typische klinische Symptome bestehen müssten. Neuere, insbesondere von den dargelegten Grundsätzen abweichende Erkenntnisse sind nicht ersichtlich, wurden insbesondere auch nicht durch den im Revisionsverfahren unter dem Gesichtspunkt des geänderten Merkblatts nochmals gehörten Prof. Dr. E. mitgeteilt. Was die vom Kläger kritisierte Erwähnung der "guten klinischen Praxis" durch Dr. C. betrifft, wird - wie sich aus dem Zusammenhang der Äußerung ergibt - lediglich der Umstand thematisiert, dass die Diagnose einer Polyneuropathie auf der Anamnese und dem klinischen Befund basiert. Entgegen der Auffassung des Klägers wird dadurch der wissenschaftliche Wert der Ausführungen des Dr. C. in keiner Weise geschmälert.
bb. Die Gesundheitsstörung Polyneuropathie i.S.d BK 1317 liegt nicht mit der zu fordernden an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit vor. Eine belangvolle Schädigung peripherer Nerven im Sinne einer toxischen Polyneuropathie hat Prof. Dr. E., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Sozialmedizin (Gutachten vom 10.03.2003), nicht festgestellt. Er hat in den Normbereich einzuordnende Messergebnisse für den Nervus peroneus, den Nervus tibialis und den Nervus suralis rechts gefunden ebenso wie regelrechte F-Wellen und kommt zu dem zusammenfassenden Ergebnis, dass die von Dr. B. genannten Diagnosen für das neurologisch-psychiatrische Gebiet nicht bestätigt werden könnten. Eine Neuropathie, eine schwere Myopathie oder eine schwere Ataxie hat er nicht festgestellt. Prof. Dr. E. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.01.2013 mitgeteilt, dass sich durch die Änderung des Merkblattes im Jahre 2005, die nach seiner ursprünglichen Begutachtung erfolgte, keine neuen Gesichtspunkte ergeben haben, die vorliegend für die Feststellung einer Polyneuropathie belangvoll wären.
Die Einschätzungen des Prof. Dr. E. stimmen überein mit den Ergebnissen der von der Beklagten eingeholten und noch innerhalb des Expositionszeitraums erstellten Entlassungsberichte (EB) der Rentenversicherung vom 07.04.1998 und vom 10.04.2000. Daraus ergibt sich, dass der Kläger wegen eines chronisch rezidivierenden HWS-Syndroms und eines statisch-funktionellen LWS-Syndroms in Behandlung gewesen ist und neurologische Reiz- und Ausfallerscheinungen nicht feststellbar waren (EB vom 07.04.1998, zum neurologischen Befund Punkt 6. 3), "an den oberen und unteren Extremitäten waren sensible Qualitäten, Reflexe und Motorik seitengleich normal. Ein Hinweis auf gestörte Koordinationsfähigkeit ließ sich nicht finden. Lasègue-Zeichen beidseits negativ" (EB vom 10.04.2000, Punkt 6. 3).
Die Einschätzung von Prof. Dr. E. wird durch die Ausführungen des Neurologen und Psychiaters Dr. C. bestätigt. Dessen vom Senat eingeholtes Gutachten vom 17.09.2007 (mit ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 01.02.2011 und vom 30.08.2011) kommt zu dem Ergebnis, es finde sich keine typische distal-symmetrische Polyneuropathie.
Er sah in seinem auf der Untersuchung vom Juli 2007 basierenden Gutachten vom 17.09.2007, also 7 Jahre nach Beendigung der Exposition, in der Verteilung der beim Kläger gemessenen krankhaft gestörten elektro-physiologischen Messparameter zwar insgesamt Hinweise für eine diskrete Schädigung der linken peripheren Nervenbahnen an Arm und Bein. Diese interpretiert Dr. C. aber als eher vom multifokalen Typ als vom distal-symmetrischen Typ, da sie an unterschiedlichen Orten und damit nicht gleichzeitig vorkamen. Dies spricht gegen eine toxische Genese und damit gegen das Vorliegen einer toxischen Polyneuropathie, da bei dieser Ursache typischerweise auf beiden Seiten krankhaft veränderte Nervenleitgeschwindigkeiten und auch typische klinische Symptome bestehen müssten. Diese Einschätzung überzeugt, sie stimmt insbesondere mit den im Merkblatt zur BK-Nr. 1317 dargelegten Grundsätzen überein. Beim Kläger liegt daher ein entzündliches oder auch autoimmunes Geschehen vor, aber keine toxische Neuropathie i.S.d. BK 1317.
Für eine mit einer Polyneuropathie in irgendeiner Weise zusammenhängende Muskelerkrankung gibt es keine Anhaltspunkte, die von Dr. B. gestellte Diagnose einer Ataxie (Störung der Koordination von Bewegungsabläufen) ist nicht nachvollziehen. Der Neurologe und Psychiater Dr. C. hat bei der Untersuchung vom 25.07.2007 in den oberen Extremitäten keine Kraftminderung und auch keine körperlich-motorischen Koordinationsdefizite gefunden. Die elektro-physiologischen Untersuchungen zeigten für die oberen Extremitäten links eine verzögerte Nervenleitgeschwindigkeit, eine mäßiggradige F-Welle und bei den sensiblen NLG eine im Seitenvergleich verminderte Amplitude. Daraus ist mit dem Gutachter der Schluss einer subklinischen gemischten Schädigung der Nervenleitung im Bereich der Armplexus links mit einer axonalen Schädigung zu ziehen. In den unteren Extremitäten fand Dr. C. Hinweise auf eine linksseitige Plexusläsion mit diskreter demyelinisierender Schädigung und leicht bis mittelgradiger axonaler Schädigung. Die Erklärungsversuche der Dr. K. zu der für die Feststellung einer Polyneuropathie angeblich fehlenden Relevanz der Asymmetrie der Ausfallerscheinungen überzeugen nicht; jedenfalls führen sie keinen Überzeugungsgrad des Senats herbei, der eine Bejahung einer Polyneuropathie i.S.d BK 1317 rechtfertigt. Dr. K. will die Asymmetrie der Ausfallerscheinungen in einem Zusammenhang mit dem Schleudertrauma der Halswirbelsäule und der lumbalen beidseitigen radikulären Symptomatik sehen. Hierzu weist Dr. C. in nachvollziehbarer Weise darauf hin, dass die von Dr. K. im klinischen Befund festgehaltene deutliche Kraftminderung des linken Armes und der gleichseitigen Hand entweder für eine Beeinträchtigung motorischer Nervenwurzeln infolge des (schon vor Aufnahme der gefährdenden Tätigkeit i.S.d. BK 1317 erlittenen) HWS-Traumas sprechen oder als weitere Möglichkeit der Entstehung dieser Symptome eine fokale Schädigung des Gehirns in Betracht zu ziehen ist. Wie Dr. C. erläutert, bedeutet fokal in diesem Zusammenhang, dass die Schädigung aufgrund der neuroanatomischen Grundlagen eindeutig in die rechte Gehirnhälfte lokalisiert werden müsste, was gerade das Gegenteil einer diffusen generalisierten Enzephalopathie sei. Nur letztere spräche, wie unter 2b noch auszuführen sein wird, für eine lösungsmittelbedingte Schädigung. Bei der Anhörung im Termin vom 13.10.2013 hat Dr. C. in diesem Zusammenhang nochmals darauf hingewiesen, dass die von ihm festgestellten Messwerte "SSEP" dafür sprechen, dass eine relevante Schädigung der HWS (durch den Unfall von 1990) ausgeschlossen werden kann, da eine Verzögerung dieser Messwerte nicht habe festgestellt werden können. Eine bleibende Schädigung der Nerven in diesem Bereich hätte aber eine deutliche zeitliche Verzögerung nach sich ziehen müssen. Dr. C. stellt daher zutreffend fest, dass beim Kläger eine asymmetrisch-multifokale und nicht eine distal-symmetrische Polyneuropathie vorliegt und diese nicht durch eine lumbal radikuläre Symptomatik beeinflusst ist. Der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme des Diplomchemikers Dr. M. vom 12.04.2011 und vom 21.09.2010 kann der Senat keine Anhaltspunkte entnehmen, die für die Annahme des Vorliegens einer Polyneuropathie des Klägers i.S.d BK 1317 sprechen. Wegen der rechtlichen Maßgaben, zu denen sich Dr. M. geäußert hat, wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Zu den medizinischen Fragen, zur Testpsychologie und insbesondere zu der zu fordernden Symmetrie der Ausfälle, hat Dr. M. die Aussagen der Dr. K. übernommen und sich sonst nicht weiter geäußert; diese Fragen betreffen auch nicht sein Fachgebiet.
Die Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Homöopathie Dr. K. kommt in ihrem Gutachten vom 06.05.2009 mit ergänzender, von der Klägerseite vorgelegter Stellungnahme vom 22.01.2010 im Übrigen auch nur zu dem Ergebnis, eine toxisch bedingte Polyneuropathie liege mit hoher Wahrscheinlichkeit vor, was wie ausgeführt aus rechtlichen Gründen für deren Bejahung im Rahmen der Feststellung einer BK 1317 nicht ausreicht.
2b. Auch die Gesundheitsstörung Enzephalopathie i.S.d BK 1317 der Anlage zur BKV liegt nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor.
aa. Der aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft zum Vorliegen einer Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 stellt sich wie folgt dar:
Die ICD-10 benennt unter G 92 die toxische Enzephalopathie, die als Krankheit i.S.d. BK 1317 zugrunde zu legen ist und noch weiterer Präzisierung bedarf. Unter einer toxischen Enzephalopathie versteht man eine nicht-entzündliche Erkrankung oder Schädigung des Gehirns (Enzephalopathie), die Ihre Ursache in einer akuten oder chronischen Schädigung durch giftige Substanzen hat (http://www.netdoktor.de/Service/ICD-Diagnose/G92-Toxische-Enzephalopathie-40552.html). Nach dem einschlägigen Merkblatt (a.a.O.) äußert sich eine Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 durch diffuse Störungen der Hirnfunktion. Konzentrations- und Merkschwächen, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstörungen, Persönlichkeitsveränderungen oft mit Antriebsarmut, Reizbarkeit und Affektstörungen verbunden, stehen im Vordergrund. Der psychopathologische Befund muss durch psychologische Testverfahren objektiviert werden, die das Alter des Patienten berücksichtigen. Wichtige anamnestische Hinweise sind Alkoholintoleranz und häufige pränarkotische Symptome im unmittelbaren Zusammenhang mit der Lösungsmittelexposition (Benommenheit, Trunkenheit, Müdigkeit, Übelkeit, Brechreiz, aber auch Zustände von Euphorie). Die Diagnose einer Enzephalopathie stützt sich, wie Dr. C. erläutert hat, auf die anamnestischen Angaben, den psychopathologischen Befund sowie die Ergebnisse von Testverfahren.
Eingeteilt wird die toxische Enzephalopathie in verschiedene Schweregrade. Toxische Enzephalopathien treten in der Regel noch während des Expositionszeitraumes auf. Die klinische Diagnose kann allerdings auch noch Jahre nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit gestellt werden (vgl. Merkblatt, Punkt III).
bb. Auch die Gesundheitsstörung Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 liegt beim Kläger nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor. Eine Enzephalopathie haben weder der vom SG gehörte neurologische Gutachter Prof. Dr. E. noch der vom Senat bestellte neurologische Gutachter Dr. C. (unter Beachtung der Feststellungen des Diplom-Psychologen F.) diagnostiziert.
Wie bereits zur Neuropathie ausgeführt kommt Prof. Dr. E., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Sozialmedizin, in seinem Gutachten vom 10.03.2003 zu dem zusammenfassenden Ergebnis, dass die von Dr. B. genannten Diagnosen für das neurologisch-psychiatrische Gebiet nicht bestätigt werden können. Eine schwere Myopathie oder eine schwere Ataxie, die auf eine Enzephalopathie hindeuten könnten, hat Prof. Dr. E. nicht feststellen können. Auch eine schwere Leistungsminderung konnte er nicht feststellen, selbst wenn eine leichte Leistungseinschränkung beim Kläger aufgrund der bestehenden Gesundheitsstörungen mit chronischen Kopfschmerzen bei auch chronischen Wirbelsäulenbeschwerden und überlagernden reaktiven depressiven Störungen bestünde. Eine die Exposition wesentlich überdauernde Verschlimmerung von Kopfschmerzen hat Prof. Dr. E. nicht als wahrscheinlich eingeordnet. Nur die vorübergehende Verstärkung von Kopfschmerzen erklärte er mit der Belastung durch Lösungsmittel. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.01.2013 hat Prof. Dr. E. mitgeteilt, dass sich durch die Änderung des Merkblattes im Jahre 2005, die nach seiner ursprünglichen Begutachtung erfolgte, vorliegend keine neuen Gesichtspunkte ergeben haben, die für die Feststellung einer Enzephalopathie belangvoll wären.
Die den notwendigen Überzeugungsgrad ausschließenden Zweifel des Senats am Vorliegen einer Enzephalopathie ergeben sich auch aus den Feststellungen des Neurologen und Psychiaters Dr. C ... Der Sachverständige kommt, das geänderte Merkblatt zur BK 1317 zugrunde legend, in seinem Gutachten vom 17.09.2007 (mit ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 01.02.2011 und vom 30.08.2011) zu dem überzeugenden Ergebnis, dass sich keine Enzephalopathie findet. Die Untersuchungen des Dr. C. haben eine leichtgradige kognitive Einbuße ergeben, die vor allem auf eine verminderte psychophysische Belastbarkeit und Ausdauer hinweist. Diese steht eher in Zusammenhang mit einer möglichen depressiven Störung (die beim Kläger bereits 1990 und damit vor Beginn der Exposition erstmals diagnostiziert wurde) als mit einer reinen hirnorganisch bedingten kognitiven Störung, wie Dr. C. übereinstimmend mit Prof. Dr. E. ausführt. Eine toxische Ursache dieser Einbuße ist unwahrscheinlich. In diesem Sinne bezeichnet Prof. Dr. E. die im Rahmen der Testung durch den Diplom-Psychologen K. am 09.02.2001 testpsychologisch erfassten Hirnleistungsstörungen des Klägers als unspezifisch und nicht hinweisend auf eine Hirnschädigung.
Auch aus den vom Diplom-Psychologen F. vom 26. bis 28.07.2007 durchgeführten neuropsychologischen Tests kann Dr. C. keine eindeutigen Hinweise für einen deutlichen Hirnabbau oder Hinweise für eine allgemein beginnende oder fortschreitende Abbauerkrankung (Enzephalopathie) erkennen. Dr. C. fand im EEG eine normale Alpha-Grundaktivität 8/Sekunde mit einer einmaligen dysrhythmischen Gruppe bilateral sowie vereinzelten Theta- und Deltawellen im Sinne von flüchtigen Funktionsstörungen. Dr. C. bezeichnet diese flüchtigen Funktionsstörungen als noch im Bereich des Normalen anzusehen, die mit der geklagten verminderten Belastbarkeit und vorzeitiger und gehäufter Ermüdung korrelieren. Dr. C. führt überzeugend aus, dass für eine eindeutige leichte Allgemeinveränderung, wie sie auch zum Beispiel bei einer Enzephalopathie und einer diffusen Hirnschädigung bestehen können, definitionsgemäß eine deutlichere Verlangsamung der Grundaktivität und eine Blockadereaktion verlangt werden, die sich im EEG nicht gefunden haben. Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Fehlen von Auffälligkeiten im EEG nach dem Merkblatt kein Ausschlusskriterium für das Vorliegen einer toxischen Enzephalopathie ist. Die von Dr. C. festgestellten flüchtigen Funktionsstörungen sind aber auch nicht beweisend für eine toxische Enzephalopathie.
Aus den Feststellungen des Diplom-Psychologen F. und des Dr. C. lassen sich jedenfalls keine Persönlichkeitsveränderungen oder Leistungseinschränkungen erkennen, die für den Schweregrad IIA einer (toxischen) Enzephalopathie i.S.d. Merkblatts sprechen. Soweit der Kläger anamnestisch Leistungseinschränkungen benannt hat (die allenfalls für den Schweregrad I einer toxischen Enzephalopathie sprechen könnten) hat der Senat erhebliche Zweifel an den Angaben des Klägers. Nach den Feststellungen des Diplom-Psychologen F. stehen Testergebnisse und Untersuchungsverhalten des Klägers im Widerspruch. Die in den Testverfahren teilweise gezeigten erheblichen Einschränkungen im Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsbereich müssten sich, wie Diplom-Psychologe F. nachvollziehbar ausführt, stark behindernd auf die Alltagsbewältigung auswirken, was der Psychologe aber nicht beobachten konnte. So ist der Kläger u. a. stets pünktlich und selbstständig zu vereinbarten Terminen erschienen und konnte sich an Geschehnisse, Gegebenheiten und Absprachen des Vortags erinnern. Zudem hat der Kläger im Gespräch mit dem Diplom-Psychologen F. nicht psychisch verlangsamt gewirkt, was aufgrund der Verlangsamung in den Testverfahren der Fall hätte sein müssen. Somit ist zum einen der Nachweis testpsychologischer Leistungsbeeinträchtigungen nicht erbracht. Zum anderen sind aber auch die Angaben des Klägers zu seinen Einschränkungen selbst in Zweifel zu ziehen. Dies deckt sich im Übrigen auch mit dem Verhalten des Klägers in den verschiedenen Terminen vor dem Senat, wo er z. B. bei der Anhörung des Sachverständigen am 16.10.2013 der Verhandlung über mehrere Stunden problemlos folgen und sich dann durch gezielte Fragen auch selbst einbringen konnte.
Auch der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme des Dr. M. lassen sich keine Hinweise für das Vorliegen einer Enzephalopathie entnehmen. Es gilt insoweit das oben zur Polyneuropathie Gesagte entsprechend.
Aus den sonstigen aktenkundigen ärztlichen Angaben bzw. Stellungnahmen ergibt sich kein Hinweis auf eine Erkrankung i.S.d. BK 1317. Die Ausführungen der auf Antrag des Klägers vom Senat gehörten Dr. K., Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Homöopathie, in ihrem Gutachten vom 06.05.2009 (mit ergänzender, von der Klägerseite vorgelegter Stellungnahme vom 22.01.2010) überzeugen nicht. Sie vertritt die Auffassung, es läge eine toxische Enzephalopathie des Schweregrades 2B (und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine toxisch bedingte Polyneuropathie) vor. Die Gutachterin führt aus, ein Vergleich der bereits am 06. und 07.01.2001 erhobenen Testergebnisse mit den am 16.02.2009 erhobenen psychologischen Befundergebnissen weise auf eine Progredienz der mentalen Ausfallerscheinungen hin. Es sei eindeutig von einem progredienten hirnorganischen Prozess auszugehen. Es seien eindeutig arbeits- und stoffbezogene Wirkungen beim Kläger zu verzeichnen mit Benommenheit, Übelkeit, Luftnot, Kribbelparesthesien an Händen und Füßen, Hinterkopfschmerz als akute Symptome sowie Hirnleistungsschwäche, Schlafstörungen und Geruchsempfindlichkeit als chronische Erscheinungen. Dr. K. zieht die oben genannten Schlussfolgerungen aus einem Vergleich der bei Professor Dr. E. erzielten Ergebnisse mit dem Ergebnis aus dem Jahre 2007 in C-Stadt; dort hätten sich erstmals gesicherte Hinweise für eine periphere neurologische Ausfallerscheinung mit Beeinträchtigung der motorischen und sensiblen Nervenleitgeschwindigkeit gefunden. Daraus ergibt sich jedoch keine entsprechende volle Überzeugung des Senats vom Vorliegen einer Enzephalopathie. Wie Dr. C. zutreffend ausführt, kann eine geringfügige Verlangsamung der Grundtätigkeit im EEG nicht als neurophysiologisches Korrelat für eine fortschreitende Hirnleistungsbeeinträchtigung bewertet werden, da hierzu eine deutlichere Verlangsamung zu fordern wäre. Soweit Dr. K. auf den mehrfach erfolgten Nachweis testpsychologischer Leistungsminderungen verweist, ist dieser Nachweis nach den obigen Ausführungen gerade nicht zur Überzeugung des Senats erbracht. Der Einschätzung des Dr. C., dass die testdiagnostische und klinische Feststellung einer kognitiven Beeinträchtigung in bestimmten Leistungsbereichen nicht automatisch bedeutet, dass eine Enzephalopathie vorliegt, ist in vollem Umfang zuzustimmen.
Zusammenfassend kann der Senat aus den dargestellten Gründen keine volle Überzeugung für das Vorliegen einer Polyneuropathie oder einer Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 gewinnen.
3. Zum Ursachenzusammenhang ist das Folgende auszuführen:
Wie bereits bei der Prüfung des Vorliegens einer Gesundheitsstörung i.S.d. BK 1317 deutlich wurde, nimmt das entsprechende Merkblatt keine deutliche Trennung zwischen den Gesundheitsstörungen Polyneuropathie bzw. Enzephalopathie als solche und der Verursachung und Kausalitätsfragen vor. So wird die Polyneuropathie als neurotoxische gekennzeichnet und ausgeführt, asymetrische, multifokale, rein motorische oder autonome Neuropathien schlößen eine Verursachung durch Lösungsmittel weitgehend aus. Auch die Enzephalopathie wird im Merkblatt als toxische Enzephalopathie bezeichnet, wobei sich die Diagnose auf die anamnestischen Angaben und den psychopathologischen Befund stützt, aber auch differentialdiagnostische Überlegungen anzustellen sind. Daher ist - im Hinblick auf die vom Senat bereits nicht festgestellten Gesundheitsstörungen hilfsweise - auszuführen, dass eine (insofern unterstellte) Polyneuropathie oder Enzephalopathie vorliegend nicht mit dem notwendigen Wahrscheinlichkeitsgrad auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen wäre. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Kausalität ergibt sich insbesondere nicht aus der von der Klägerseite vorgelegten "gutachterlichen Stellungnahme zur Darstellung des Standes der Wissenschaft in Sachen BK 1317" des Diplom-Chemikers Dr. M. vom 21.09.2010 (mit Ergänzung vom 12.04.2011). Auch wenn man mit Dr. M. davon ausgeht, dass der Kläger einen Risikoberuf in der Halle ausgeübt und einen besonders intensiven Kontakt gehabt hat, dass die Neurotoxizität der Lösemitteln Ethanol und Methanol anerkannt und dass ein Schaden eingetreten ist, ergeben sich - die oben dargelegten Grundsätze zugrunde legend - Zweifel an einer solchen Ursächlichkeit in einem Maße, das die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Verursachung einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel und deren Gemische ausschließt.
Diese Zweifel resultieren - was die Polyneuropathie betrifft - insbesondere aus dem vom Senat eingeholten Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. C. vom 17.09.2007 (mit ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 01.02.2011 und vom 30.08.2011) und aus dessen Anhörung durch den Senat am 13.10.2013. Dr. C. hat in überzeugender Weise erläutert, dass beim Kläger keine distal-symmetrische Polyneuropathie vorliegt. Wie bereits ausgeführt bedeutet dies, dass eine Nervenschädigung nicht mit dem notwendigen Wahrscheinlichkeitsgrad auf eine berufsbedingte Langzeiteinwirkung durch Lösungsmittel zurückzuführen und die berufliche Tätigkeit des Klägers ist daher nicht als wesentliche Teilursache zu werten wäre.
Was die Enzephalopathie betrifft, lassen sich jedenfalls keine Persönlichkeitsveränderungen oder Leistungseinschränkungen erkennen, die für den (nach dem Merkblatt) erforderlichen Schweregrad IIA einer toxischen Enzephalopathie kennzeichnend sind. Dies ergibt sich in eindeutiger Weise aus den oben bereits dargelegten Feststellungen des Dipl.-Psych. F. und des Dr. C. und den beschriebenen erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben des Klägers zu seinen Leistungsdefiziten. Eine Vermutung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Exposition und einer Erkrankung wie von der Klägerseite behauptet, besteht nicht und wird auch vom Merkblatt nicht konstituiert. Insbesondere existiert keine Vermutung, dass Beschwerden bzw. Leistungseinschränkungen etwa im kognitiven Bereich auf eine Exposition gegenüber Lösungsmitteln beruhen. Diese Vermutung wird auch nicht durch § 9 Abs. 3 SGB VII fingiert, da vorliegend Anhaltspunkte für außerberufliche Ursachenzusammenhänge für die Beschwerden des Klägers bestehen. Hier ist insbesondere die bereits 1990 diagnostizierte Depression zu nennen. Schon gar nicht besteht der in den Stellungnahmen des Dr. M. suggerierte Automatismus zwischen Exposition und Ursachenzusammenhang. Weder Vermutung noch Automatismus im vorgenannten Sinne lassen sich insbesondere dem Merkblatt zur BK 1317 entnehmen, das nur Anhaltspunkte für das Vorliegen einer toxischen Enzephalopathie aufzeigt und im Übrigen auf differentialdiagnostische Krankheitsbilder verweist. Umgekehrt müssen, wie Dr. C. unter Hinweis auf den Stand der Wissenschaft (unter Inbezugnahme insbesondere von Widder/Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Aufl. 2011, 515 f.) ausführt, differentialdiagnostisch gerade auch andere Ursachen berücksichtigt werden.
4. Den weiteren vom Kläger gestellten (Beweis-)Anträgen musste der Senat nicht nachgehen. Dabei lässt der Senat dahinstehen, ob es sich bei den gestellten Fragen überhaupt um wirksame Beweisanträge handelt, insbesondere ob die klägerischen Beweisthemen durch die pauschalisierende Inbezugnahme aller möglichen Schriftsätze hinreichend bestimmt ist, ob die Anträge also in prozessordnungsgerechter Weise formuliert wurden, das Beweisthema ordnungsgemäß angegeben und wenigstens umrissen wurde, was die Beweisaufnahme ergeben soll (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 18.12.1997, 5 BH (J) 14/97; Leitherer in: Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 160 Rn. 18 a). Sie gehen jedenfalls aus den folgenden Gründen ins Leere:
Den Anträgen vom 04.11.2003 und vom 07.03.2008 betreffend Nachermittlungen zu den Arbeitsbedingungen in der Zeit vom 10/1992 bis 11/2000, Einvernahme von Arbeitskollegen als Zeugen und Beiziehung von Verwaltungsakten der Beklagten, betreffend diese Zeugen, musste der Senat nicht nachgehen, weil die Exposition des Klägers gegenüber Lösungsmitteln im Sinne der BK 1317 vom Senat bejaht wird. Sie ist im Übrigen auch unstrittig. Eine bestimmte Konzentration der Lösungsmittel ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer BK 1317 (vgl. dazu Hessisches LSG, Urteil vom 06.07.2007, L 7 U 8/06). Die Beklagte hat daher schon in einem Schriftsatz vom 09.01.2004 hinreichende Anhaltspunkte dafür bejaht, dass der Kläger schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK 1317 ausgesetzt gewesen ist.
Die mit Schriftsätzen vom 15.10.2009, 27.10.2009 und 14.04.2010 geforderte ergänzende Anhörung der nach § 109 SGG ernannten Gutachterin Dr. K. war nach den Regelungen dieser Vorschrift sowie des § 103 SGG nicht notwendig. Der Sachverhalt ist, insbesondere auch nach den ergänzenden Anhörungen des Sachverständigen Dr. C. vom 12.03.2013 und am 16.10.2013, erschöpfend aufgeklärt.
Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 14.04.2010 die Vorlage der Beratungsarztverträge mit Dr. L. und Dr. D. beantragt hat, lässt der Senat offen, ob es sich um einen zulässigen Beweisantrag im oben dargestellten Sinn handelt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16.09.2010 die Niederschriften über die Belehrung und Verpflichtung des Dr. L. vom 20.07.1995 und des Dr. D. vom 30.04.2003 vorgelegt. Deren Status als Beratungsarzt steht damit zur vollen Überzeugung des Senats fest. Bei den von der Beklagten vorgelegten Äußerungen von Dr. L. vom 05.08.2009 und von Dr. D. vom 11.01.2010 handelt es sich um Parteivortrag der Beklagten und nicht um gutachtliche Stellungnahmen im Sinne des § 200 SGB VII. Das Vorbringen wurde vom Senat (und auch vom Gutachter Dr. C.) auch in diesem Sinne gewürdigt.
Eine im Schriftsatz vom 29.11.2013 erneut beantragte Anhörung des Dr. M. und des Prof. Dr. W. war schon deshalb nicht erforderlich, weil es sich bei diesen weder um nach § 106 SGG noch um nach § 109 SGG vom Senat beauftragte Gutachter handelt. Soweit sie als sachverständige Zeugen gehört werden sollen, fehlt es bereits an der Benennung eines geeigneten Beweisthemas. Dr. M. und Prof. Dr. W. haben den Kläger selbst nie untersucht, so dass auch deswegen nicht erkennbar ist, wozu sie zeugenschaftliche Angaben machen könnten.
Den in den Schriftsätzen vom 14.04.2010 und 15.11.2011 enthaltenen Anträgen auf Anhörung des Diplom-Psychologen F. ist der Senat durch Anhörung des Hauptgutachters Dr. C. nachgekommen. Dieser hat am 12.03.2013 und am 16.10.2013 zu allen Fragen des Klägers auch zur Testpsychologie Stellung genommen. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass danach noch Fragen offen geblieben sind.
Mangels Nachweis des Vorliegens einer toxischen Polyneuropathie bzw. Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 waren weitere Ermittlungen zur Exposition des Klägers gegenüber organischen Lösungsmitteln oder deren Gemischen nicht erforderlich.
Für das Vorliegen der Voraussetzungen einer BK 1302 oder 1303 ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den eingeholten sachverständigen Äußerungen, keine Anhaltspunkte, so dass auch in diese Richtung gehende weitere Ermittlungen nicht geboten waren. Insbesondere liegen beim Kläger keine toxischen Erkrankungen vor, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Einwirkung durch Halogenkohlenwasserstoffe (vgl. dazu das Merkblatt zur BK 1302, Bek. des BMA vom 29.03.1985, BArbBl 1985, H.6 S.55, Punkt III) oder Benzol (vgl. dazu das Merkblatt zur BK 1303, Bek. des BMA vom 24.02.1964, BArbBl Fachteil Arbeitsschutz 1964, 30 Punkt III, mit Ergänzung Bek. des BMA vom 22.08.1994, BArbBl 10/94, S.139 ff, Punkt III) zurückzuführen sind. Die Berufung gegen das klageabweisende Urteil war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
II. Die Kosten des Revisionsverfahrens vor dem Bundessozialgericht B 2 U 100/12 B trägt die Staatskasse. Ansonsten haben die Beteiligten einander außergerichtliche Aufwendungen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nummer 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) bzw. nach den Nummern 1302 und 1303 der Anlage I zur Berufskrankheitenverordnung (BK 1317 bzw. BK 1302 und BK 1303).
Am 26.04.2001 ging bei der Beklagten eine ärztliche Anzeige des Nervenarztes Dr. B. über eine Berufskrankheit des Klägers ein, in der ausgeführt wird, der Kläger leide an einer Neuropathie, einer schweren Myopathie, einer schweren Ataxie, einer schweren Leistungsminderung und zunehmenden chemischen Überempfindlichkeit.
Der Kläger war von 1970 bis 1987 als selbstständiger Landwirt, von 1987 bis 1989 als Keramikarbeiter und von 1989 bis 1992 als Lkw-Fahrer tätig. Ab 1992 war er bei der Firma H. GmbH (H) als Maschinenführer beschäftigt. Er kam dort mit Härtern, Leim und Lösungsmitteln sowie Lärm in Kontakt. Im November 2000 gab er diese Tätigkeit auf.
Die Beklagte zog ein Krankheitsverzeichnis der Krankenkasse sowie verschiedene Befundberichte bei, unter anderem Reha-Entlassungsberichte der Rentenversicherung vom 07.04.1998 und vom 10.04.2000. Sie zog die Sicherheitsdatenblätter der Stoffe bei, mit denen der Kläger an seinem Arbeitsplatz bei H in Berührung gekommen war (insbesondere Dynomel L-425, L-435 und Härter H-467, H-469). Zudem holte sie eine Stellungnahme des Facharztes für Arbeitsmedizin Dr. L. ein. Das Gewerbeaufsichtsamt W-Stadt gab am 20.09.2001 eine gewerbeärztliche Stellungnahme durch Dr. R. ab. Mit Bescheid vom 08.11.2001 (Widerspruchsbescheid vom 14.12.2001) lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit der BK-Zifferngruppe 13, insbesondere der BK 1317, unter Hinweis auf die Stellungnahme des staatlichen Gewerbearztes ab.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Das SG hat ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Sozialmedizin Prof. Dr. E. vom 10.03.2003 eingeholt. Auf Veranlassung des SG hat Prof. Dr. D. ein arbeitsmedizinisches Gutachten vom 12.05.2003 erstattet. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 08.09.2004 abgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 09.11.2004 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der Senat hat ein arbeitsmedizinisches Gutachten des Prof. Dr. D. vom 27.07.2006 und ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. C. vom 17.09.2007 (mit ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 01.02.2011 und vom 30.08.2011) sowie auf Vorschlag des Gutachters ein psychologisches Zusatzgutachten des Diplom-Psychologen J. F. vom 31.07.2007 eingeholt. Auf Antrag des Klägers hat der Senat auf der Grundlage des § 109 SGG ein Gutachten der Dr. K. vom 06.05.2009 (mit ergänzender, von der Klägerseite vorgelegter Stellungnahme vom 22.01.2010) erstatten lassen. Die Klägerseite hat eine "gutachterliche Stellungnahme zur Darstellung des Standes der Wissenschaft in Sachen BK 1317" des Diplom-Chemikers und "Impulsgebers für den Ersatz des Merkblattes in Sachen BK 1317" Dr. M. vom 21.09.2010 (mit Ergänzung vom 12.04.2011) vorgelegt.
Mit Urteil vom 30.11.2011 hat der Senat die Berufung zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Klägers hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 24.07.2012, B 2 U 100/12 B, das Urteil vom 30.11.2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LSG zurückverwiesen; das LSG hätte den im Termin nochmals protokollierten Anträgen des Klägers vom 14.04.2010 und 15.11.2011 nachkommen und weitere Fragen an den Sachverständigen zulassen müssen. Der Senat hat daraufhin eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. E. vom 03.01.2013 eingeholt und den Gutachter Dr. C. am 12.03.2013 und am 16.10.2013 zu den Fragen des Klägers angehört.
Der Kläger führt aus, zwar hätten aufgrund eines Unfalls im September 1990 mit einer Schädigung der Halswirbelsäule gesundheitliche Beeinträchtigungen vorgelegen, diese hätten allerdings nicht zu einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit geführt. Vielmehr sei er aufgrund dieser Beeinträchtigungen lediglich nicht mehr in der Lage gewesen, als Lkw-Fahrer zu arbeiten. Die Beeinträchtigungen hätten nach Aufnahme der Tätigkeit bei H deutlich zugenommen und schließlich im Jahre 2000 zur völligen Arbeitsunfähigkeit geführt. Es wäre erforderlich gewesen, den Arbeitsplatz des Klägers zu überprüfen und festzustellen, mit welchen Stoffen dieser in Berührung gekommen sei und mit welcher Intensität. Er habe auch auf 2 Arbeitskollegen verwiesen, die unter den gleichen Bedingungen gearbeitet und bereits nach kurzer Zeit dieselben Beschwerden gehabt hätten. Diese hätten als Zeugen gehört werden müssen. Als Folge der Tätigkeit bei H liege eine Polyneuropathie und eine Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische gemäß der Listen-Nummer 1317 vor. Bei der Beurteilung einer Berufskrankheit sei vom neuesten Stand der Wissenschaft auszugehen. Dieser werde vorliegend durch die Stellungnahmen des Dr. M. dargestellt. Soweit Dr. C. von guter klinischer Praxis spreche, sei dies unerheblich, da allein auf den Stand der Wissenschaft abzustellen sei. Diesen wende Dr. C. allerdings nicht an, da er ihn unzutreffend interpretiere. So finde sich im Merkblatt nichts zu den Messwerten, die nach Dr. C. eine toxische Verursachung der Polyneuropathie ausschließen würden. Auch dazu, dass das Verhalten des Patienten Testergebnisse relativieren könnte, finde sich im Merkblatt nichts. Auch nehme Dr. C. im Gegensatz zum Merkblatt an, dass Nervenleitgeschwindigkeitsmessungen der Sicherung der Diagnose Polyneuropathie dienen könnten. Hier kreiere Dr. C. ein eigenes Diagnosekriterium. Die Kausalität der Exposition für den Eintritt des Gesundheitsschadens werde vermutet. Auch könne Dr. C. letztlich die toxische Schädigung auch nicht ausschließen. Die Diagnosekriterien seien im Merkblatt eindeutig festgelegt. Eine Interpretation durch den Sachverständigen habe nicht stattzufinden. Bei der Exposition komme es nach dem Merkblatt nicht auf Grenzwerte an. Unter Ziffer III. des Merkblattes seien die Diagnosekriterien festgelegt. Lediglich Dr. K. habe ihr Gutachten nach den Diagnosekriterien erstellt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2004 sowie den Bescheid vom 08.11.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2001 aufzuheben und festzustellen, dass beim Kläger eine Berufskrankheit nach der BK-Nr. 1302, 1303 und 1317 der Anlage zu Berufskrankheitenverordnung vorliegt,
hilfsweise, weitere Ermittlungen durchzuführen nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 16.12.2014.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2004 zurückzuweisen.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Dr. L. und eine Stellungnahme des Facharztes für Neurologie Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. vom 11.01.2010 vorgelegt. Sie vertritt die Auffassung, Krankheitsbefunde im Sinne dieser BK könnten nicht festgestellt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten aller Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers wurde form- und fristgerecht erhoben und ist auch ansonsten zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Sie ist aber unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 08.11.2001 (Widerspruchsbescheid vom 14.12.2001), mit dem die Beklagte die Anerkennung einer BK "nach der Zifferngruppe 13", "insbesondere Nummer 1317" der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung abgelehnt hat. Zu Recht hat das SG die dagegen zulässigerweise erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 SGG) abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK 1317 oder 1302, 1303. Berufskrankheiten sind nach § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Versicherungsfälle. Berufskrankheiten sind dabei Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Eine BK 1317 ist eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische (BArbBl. 3/2005, S. 49). Eine BK 1302 liegt vor bei Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe, eine BK 1303 bei Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe und Styrol.
Für die Listen-BKen 1317 und 1302, 1303 lassen sich folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung der - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (zum Erfordernis des Vollbeweise siehe BSG, Urteil vom 02.02.1978, 8 RU 66/77; Bayer. LSG, Urteil vom 01.07.2009, L 2 U 243/06; vom 06.11.2013, L 2 U 558/10; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.12.2009, L 2 U 202/07; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 02.11.2009, L 6 U 131/05). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 27.06.2006, B 2 U 20/04 R und vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R). Um eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges zu bejahen, muss absolut mehr für als gegen die jeweilige Tatsache sprechen. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, das ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden und nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung deutlich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, juris Rn. 4 m.w.N.; BSG, Urteil vom 02.02.1978, 8 RU 66/77, juris Rn. 13). Die Beweisanforderungen bei der hinreichenden Wahrscheinlichkeit sind höher als bei der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (Glaubhaftmachung im Sinne eines Beweismaßes, vgl. dazu BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, juris Rn. 5). Überwiegende Wahrscheinlichkeit bedeutet die gute Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können; dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet (vgl. BSG vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, juris Rn. 5 und Orientierungssatz; vom 14.12.2006, B 4 R 29/06, juris Rn. 116; vom 17.04.2013, B 9 V 3/12 R, juris Rn. 36; Keller, a.a.O., Rn. 3d m.w.N.; zum Zivilrecht BGH vom 11.09.2003, IX ZB 37/03, juris Rn. 8; vom 15.06.1994, IV ZB 6/94).
Der bei der Beklagten gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Kläger macht in erster Linie das Vorliegen einer BK 1317 der Anlage zur BKV geltend. Für diese BK ergibt sich aus den dargelegten Maßgaben im Besonderen, dass - neben den sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen (dazu unter 1.) - die in Nr. 1317 der Anlage I zur BKV die dort genannten Gesundheitsstörungen Polyneuropathie oder Enzephalopathie (dazu unten 2.) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, d.h. im Vollbeweis gegeben sein müssen. Für den Ursachenzusammenhang zwischen der Einwirkung durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische und den Gesundheitsstörungen (deren Vorliegen unterstellt, siehe unter 3.) genügt der geringere Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (BSG vom 08.08.2001, a.a.O.). 1. Die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen liegen vor. Zur vollen Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit von 1992 bis 2000 Einwirkungen i.S.d. der BK 1317 ausgesetzt war. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers im Fragebogen zu seinem beruflichen Werdegang, an deren Richtigkeit der Senat keine Zweifel hat. Danach war der Kläger in diesem Zeitraum bei der Firma H. als Maschinenführer tätig, wo er mit Härtern, Leim und Lösungsmitteln in Kontakt gekommen ist. Auch die gewerbeärztliche Stellungnahme des Dr. R., Gewerbeaufsichtsamt W-Stadt, vom 20.09.2001 geht davon aus, dass ein Kontakt zu Leimen und Härtern, Lacken und Farben seit 1992 bestanden habe, in den zuvor ausgeübten Tätigkeiten eine Belastung im Sinne einer BK 1317 aber nicht plausibel sei. Dasselbe gilt für die von der Klägerseite vorgelegte "gutachterliche Stellungnahme zur Darstellung des Standes der Wissenschaft in Sachen BK 1317" des Diplom-Chemikers Dr. M. vom 21.09.2010 (mit Ergänzung vom 12.04.2011). Die Feststellung von Mindestdosen der Exposition ist nicht erforderlich. Das auch insofern den Stand der Wissenschaft wiedergebende Merkblatt (Bek. des BGMS, BArbBl 2005, H3, S. 49) verweist hierzu in Ziffer I. nur auf die entsprechenden Gefahrenquellen, d.h es benennt die als gesichert neurotoxisch eingestuften Lösungsmittel, ihr Vorkommen und die Arbeiten, bei denen die Gefahr der Aufnahme dieser Stoffe durch den Körper besteht, ohne irgendwelche diesbezügliche Mindestanforderungen festzusetzen. Es besteht im Übrigen auch zwischen den Beteiligten und allen medizinischen Sachverständigen Einigkeit, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 1317 erfüllt sind. Die einzig in eine andere Richtung gehende, wage Einschätzung des Dr. L. vom 27.08.2001, es ergäbe sich kein schlüssiges Bild, wenn man den Fall von der Schadstoffexposition her aufwickle, vermag Zweifel am Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht zu begründen. Es bedarf daher insofern keiner weiteren Aufklärung des Sachverhalts, etwa durch Einholung eines toxikologischen Gutachtens.
2. Die Gesundheitsstörungen Polyneuropathie (dazu unter a) oder Enzephalopathie (dazu unter b) i.S.d. BK 1317 der Anlage zur BKV sind - den durch die Literatur und die gehörten Sachverständigen vermittelten aktuellen Stand der Wissenschaft zugrunde legend - nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegeben.
a. Die Gesundheitsstörung Polyneuropathie liegt nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor.
aa. Der aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft zum Vorliegen einer Polyneuropathie i.S.d. BK 1317 stellt sich wie folgt dar:
Die Polyneuropathie wird in der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme von 2012 (ICD-10) unter Punkt G 60-64 zusammen mit sonstigen Krankheiten des peripheren Nervensystems geführt. Die ICD 10 G 62.2 benennt speziell eine Polyneuropathie durch sonstige toxische Agenzien. Diese ist als Krankheit i.S.d. BK 1317 zugrunde zu legen und bedarf noch weiterer Präzisierung. Das einschlägige Merkblatt (aaO) zur BK 1317 spezifiziert die Polyneuropathie i.S. dieser BK dahingehend, dass typisch für eine neurotoxische Polyneuropathie arm- und beinbetonte, sensible, motorische oder sensomotorische Ausfälle mit strumpf- oder handschuhförmiger Verteilung sind. Asymetrische, multifokale, rein motorische oder autonome Neuropathien schließen eine Verursachung durch Lösungsmittel weitgehend aus. Polyneuropathien i.S. der BK 1317 sind also nur distal-symmetrische Polyneuropathien, nicht aber asymmetrisch-multifokale Polyneuropathien. Auch Dr. C. hat bei der Anhörung durch den Senat am 13.10.2013 nochmals in überzeugender Weise erläutert, dass Nervenschädigungen vom multifokalen Typ gegen eine toxische Genese sprechen und dass bei distal-symmetrischen Polyneuropathien typischerweise auf beiden Seiten krankhaft veränderte Nervenleitgeschwindigkeiten und auch typische klinische Symptome bestehen müssten. Neuere, insbesondere von den dargelegten Grundsätzen abweichende Erkenntnisse sind nicht ersichtlich, wurden insbesondere auch nicht durch den im Revisionsverfahren unter dem Gesichtspunkt des geänderten Merkblatts nochmals gehörten Prof. Dr. E. mitgeteilt. Was die vom Kläger kritisierte Erwähnung der "guten klinischen Praxis" durch Dr. C. betrifft, wird - wie sich aus dem Zusammenhang der Äußerung ergibt - lediglich der Umstand thematisiert, dass die Diagnose einer Polyneuropathie auf der Anamnese und dem klinischen Befund basiert. Entgegen der Auffassung des Klägers wird dadurch der wissenschaftliche Wert der Ausführungen des Dr. C. in keiner Weise geschmälert.
bb. Die Gesundheitsstörung Polyneuropathie i.S.d BK 1317 liegt nicht mit der zu fordernden an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit vor. Eine belangvolle Schädigung peripherer Nerven im Sinne einer toxischen Polyneuropathie hat Prof. Dr. E., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Sozialmedizin (Gutachten vom 10.03.2003), nicht festgestellt. Er hat in den Normbereich einzuordnende Messergebnisse für den Nervus peroneus, den Nervus tibialis und den Nervus suralis rechts gefunden ebenso wie regelrechte F-Wellen und kommt zu dem zusammenfassenden Ergebnis, dass die von Dr. B. genannten Diagnosen für das neurologisch-psychiatrische Gebiet nicht bestätigt werden könnten. Eine Neuropathie, eine schwere Myopathie oder eine schwere Ataxie hat er nicht festgestellt. Prof. Dr. E. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.01.2013 mitgeteilt, dass sich durch die Änderung des Merkblattes im Jahre 2005, die nach seiner ursprünglichen Begutachtung erfolgte, keine neuen Gesichtspunkte ergeben haben, die vorliegend für die Feststellung einer Polyneuropathie belangvoll wären.
Die Einschätzungen des Prof. Dr. E. stimmen überein mit den Ergebnissen der von der Beklagten eingeholten und noch innerhalb des Expositionszeitraums erstellten Entlassungsberichte (EB) der Rentenversicherung vom 07.04.1998 und vom 10.04.2000. Daraus ergibt sich, dass der Kläger wegen eines chronisch rezidivierenden HWS-Syndroms und eines statisch-funktionellen LWS-Syndroms in Behandlung gewesen ist und neurologische Reiz- und Ausfallerscheinungen nicht feststellbar waren (EB vom 07.04.1998, zum neurologischen Befund Punkt 6. 3), "an den oberen und unteren Extremitäten waren sensible Qualitäten, Reflexe und Motorik seitengleich normal. Ein Hinweis auf gestörte Koordinationsfähigkeit ließ sich nicht finden. Lasègue-Zeichen beidseits negativ" (EB vom 10.04.2000, Punkt 6. 3).
Die Einschätzung von Prof. Dr. E. wird durch die Ausführungen des Neurologen und Psychiaters Dr. C. bestätigt. Dessen vom Senat eingeholtes Gutachten vom 17.09.2007 (mit ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 01.02.2011 und vom 30.08.2011) kommt zu dem Ergebnis, es finde sich keine typische distal-symmetrische Polyneuropathie.
Er sah in seinem auf der Untersuchung vom Juli 2007 basierenden Gutachten vom 17.09.2007, also 7 Jahre nach Beendigung der Exposition, in der Verteilung der beim Kläger gemessenen krankhaft gestörten elektro-physiologischen Messparameter zwar insgesamt Hinweise für eine diskrete Schädigung der linken peripheren Nervenbahnen an Arm und Bein. Diese interpretiert Dr. C. aber als eher vom multifokalen Typ als vom distal-symmetrischen Typ, da sie an unterschiedlichen Orten und damit nicht gleichzeitig vorkamen. Dies spricht gegen eine toxische Genese und damit gegen das Vorliegen einer toxischen Polyneuropathie, da bei dieser Ursache typischerweise auf beiden Seiten krankhaft veränderte Nervenleitgeschwindigkeiten und auch typische klinische Symptome bestehen müssten. Diese Einschätzung überzeugt, sie stimmt insbesondere mit den im Merkblatt zur BK-Nr. 1317 dargelegten Grundsätzen überein. Beim Kläger liegt daher ein entzündliches oder auch autoimmunes Geschehen vor, aber keine toxische Neuropathie i.S.d. BK 1317.
Für eine mit einer Polyneuropathie in irgendeiner Weise zusammenhängende Muskelerkrankung gibt es keine Anhaltspunkte, die von Dr. B. gestellte Diagnose einer Ataxie (Störung der Koordination von Bewegungsabläufen) ist nicht nachvollziehen. Der Neurologe und Psychiater Dr. C. hat bei der Untersuchung vom 25.07.2007 in den oberen Extremitäten keine Kraftminderung und auch keine körperlich-motorischen Koordinationsdefizite gefunden. Die elektro-physiologischen Untersuchungen zeigten für die oberen Extremitäten links eine verzögerte Nervenleitgeschwindigkeit, eine mäßiggradige F-Welle und bei den sensiblen NLG eine im Seitenvergleich verminderte Amplitude. Daraus ist mit dem Gutachter der Schluss einer subklinischen gemischten Schädigung der Nervenleitung im Bereich der Armplexus links mit einer axonalen Schädigung zu ziehen. In den unteren Extremitäten fand Dr. C. Hinweise auf eine linksseitige Plexusläsion mit diskreter demyelinisierender Schädigung und leicht bis mittelgradiger axonaler Schädigung. Die Erklärungsversuche der Dr. K. zu der für die Feststellung einer Polyneuropathie angeblich fehlenden Relevanz der Asymmetrie der Ausfallerscheinungen überzeugen nicht; jedenfalls führen sie keinen Überzeugungsgrad des Senats herbei, der eine Bejahung einer Polyneuropathie i.S.d BK 1317 rechtfertigt. Dr. K. will die Asymmetrie der Ausfallerscheinungen in einem Zusammenhang mit dem Schleudertrauma der Halswirbelsäule und der lumbalen beidseitigen radikulären Symptomatik sehen. Hierzu weist Dr. C. in nachvollziehbarer Weise darauf hin, dass die von Dr. K. im klinischen Befund festgehaltene deutliche Kraftminderung des linken Armes und der gleichseitigen Hand entweder für eine Beeinträchtigung motorischer Nervenwurzeln infolge des (schon vor Aufnahme der gefährdenden Tätigkeit i.S.d. BK 1317 erlittenen) HWS-Traumas sprechen oder als weitere Möglichkeit der Entstehung dieser Symptome eine fokale Schädigung des Gehirns in Betracht zu ziehen ist. Wie Dr. C. erläutert, bedeutet fokal in diesem Zusammenhang, dass die Schädigung aufgrund der neuroanatomischen Grundlagen eindeutig in die rechte Gehirnhälfte lokalisiert werden müsste, was gerade das Gegenteil einer diffusen generalisierten Enzephalopathie sei. Nur letztere spräche, wie unter 2b noch auszuführen sein wird, für eine lösungsmittelbedingte Schädigung. Bei der Anhörung im Termin vom 13.10.2013 hat Dr. C. in diesem Zusammenhang nochmals darauf hingewiesen, dass die von ihm festgestellten Messwerte "SSEP" dafür sprechen, dass eine relevante Schädigung der HWS (durch den Unfall von 1990) ausgeschlossen werden kann, da eine Verzögerung dieser Messwerte nicht habe festgestellt werden können. Eine bleibende Schädigung der Nerven in diesem Bereich hätte aber eine deutliche zeitliche Verzögerung nach sich ziehen müssen. Dr. C. stellt daher zutreffend fest, dass beim Kläger eine asymmetrisch-multifokale und nicht eine distal-symmetrische Polyneuropathie vorliegt und diese nicht durch eine lumbal radikuläre Symptomatik beeinflusst ist. Der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme des Diplomchemikers Dr. M. vom 12.04.2011 und vom 21.09.2010 kann der Senat keine Anhaltspunkte entnehmen, die für die Annahme des Vorliegens einer Polyneuropathie des Klägers i.S.d BK 1317 sprechen. Wegen der rechtlichen Maßgaben, zu denen sich Dr. M. geäußert hat, wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Zu den medizinischen Fragen, zur Testpsychologie und insbesondere zu der zu fordernden Symmetrie der Ausfälle, hat Dr. M. die Aussagen der Dr. K. übernommen und sich sonst nicht weiter geäußert; diese Fragen betreffen auch nicht sein Fachgebiet.
Die Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Homöopathie Dr. K. kommt in ihrem Gutachten vom 06.05.2009 mit ergänzender, von der Klägerseite vorgelegter Stellungnahme vom 22.01.2010 im Übrigen auch nur zu dem Ergebnis, eine toxisch bedingte Polyneuropathie liege mit hoher Wahrscheinlichkeit vor, was wie ausgeführt aus rechtlichen Gründen für deren Bejahung im Rahmen der Feststellung einer BK 1317 nicht ausreicht.
2b. Auch die Gesundheitsstörung Enzephalopathie i.S.d BK 1317 der Anlage zur BKV liegt nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor.
aa. Der aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft zum Vorliegen einer Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 stellt sich wie folgt dar:
Die ICD-10 benennt unter G 92 die toxische Enzephalopathie, die als Krankheit i.S.d. BK 1317 zugrunde zu legen ist und noch weiterer Präzisierung bedarf. Unter einer toxischen Enzephalopathie versteht man eine nicht-entzündliche Erkrankung oder Schädigung des Gehirns (Enzephalopathie), die Ihre Ursache in einer akuten oder chronischen Schädigung durch giftige Substanzen hat (http://www.netdoktor.de/Service/ICD-Diagnose/G92-Toxische-Enzephalopathie-40552.html). Nach dem einschlägigen Merkblatt (a.a.O.) äußert sich eine Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 durch diffuse Störungen der Hirnfunktion. Konzentrations- und Merkschwächen, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstörungen, Persönlichkeitsveränderungen oft mit Antriebsarmut, Reizbarkeit und Affektstörungen verbunden, stehen im Vordergrund. Der psychopathologische Befund muss durch psychologische Testverfahren objektiviert werden, die das Alter des Patienten berücksichtigen. Wichtige anamnestische Hinweise sind Alkoholintoleranz und häufige pränarkotische Symptome im unmittelbaren Zusammenhang mit der Lösungsmittelexposition (Benommenheit, Trunkenheit, Müdigkeit, Übelkeit, Brechreiz, aber auch Zustände von Euphorie). Die Diagnose einer Enzephalopathie stützt sich, wie Dr. C. erläutert hat, auf die anamnestischen Angaben, den psychopathologischen Befund sowie die Ergebnisse von Testverfahren.
Eingeteilt wird die toxische Enzephalopathie in verschiedene Schweregrade. Toxische Enzephalopathien treten in der Regel noch während des Expositionszeitraumes auf. Die klinische Diagnose kann allerdings auch noch Jahre nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit gestellt werden (vgl. Merkblatt, Punkt III).
bb. Auch die Gesundheitsstörung Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 liegt beim Kläger nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor. Eine Enzephalopathie haben weder der vom SG gehörte neurologische Gutachter Prof. Dr. E. noch der vom Senat bestellte neurologische Gutachter Dr. C. (unter Beachtung der Feststellungen des Diplom-Psychologen F.) diagnostiziert.
Wie bereits zur Neuropathie ausgeführt kommt Prof. Dr. E., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Sozialmedizin, in seinem Gutachten vom 10.03.2003 zu dem zusammenfassenden Ergebnis, dass die von Dr. B. genannten Diagnosen für das neurologisch-psychiatrische Gebiet nicht bestätigt werden können. Eine schwere Myopathie oder eine schwere Ataxie, die auf eine Enzephalopathie hindeuten könnten, hat Prof. Dr. E. nicht feststellen können. Auch eine schwere Leistungsminderung konnte er nicht feststellen, selbst wenn eine leichte Leistungseinschränkung beim Kläger aufgrund der bestehenden Gesundheitsstörungen mit chronischen Kopfschmerzen bei auch chronischen Wirbelsäulenbeschwerden und überlagernden reaktiven depressiven Störungen bestünde. Eine die Exposition wesentlich überdauernde Verschlimmerung von Kopfschmerzen hat Prof. Dr. E. nicht als wahrscheinlich eingeordnet. Nur die vorübergehende Verstärkung von Kopfschmerzen erklärte er mit der Belastung durch Lösungsmittel. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.01.2013 hat Prof. Dr. E. mitgeteilt, dass sich durch die Änderung des Merkblattes im Jahre 2005, die nach seiner ursprünglichen Begutachtung erfolgte, vorliegend keine neuen Gesichtspunkte ergeben haben, die für die Feststellung einer Enzephalopathie belangvoll wären.
Die den notwendigen Überzeugungsgrad ausschließenden Zweifel des Senats am Vorliegen einer Enzephalopathie ergeben sich auch aus den Feststellungen des Neurologen und Psychiaters Dr. C ... Der Sachverständige kommt, das geänderte Merkblatt zur BK 1317 zugrunde legend, in seinem Gutachten vom 17.09.2007 (mit ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 01.02.2011 und vom 30.08.2011) zu dem überzeugenden Ergebnis, dass sich keine Enzephalopathie findet. Die Untersuchungen des Dr. C. haben eine leichtgradige kognitive Einbuße ergeben, die vor allem auf eine verminderte psychophysische Belastbarkeit und Ausdauer hinweist. Diese steht eher in Zusammenhang mit einer möglichen depressiven Störung (die beim Kläger bereits 1990 und damit vor Beginn der Exposition erstmals diagnostiziert wurde) als mit einer reinen hirnorganisch bedingten kognitiven Störung, wie Dr. C. übereinstimmend mit Prof. Dr. E. ausführt. Eine toxische Ursache dieser Einbuße ist unwahrscheinlich. In diesem Sinne bezeichnet Prof. Dr. E. die im Rahmen der Testung durch den Diplom-Psychologen K. am 09.02.2001 testpsychologisch erfassten Hirnleistungsstörungen des Klägers als unspezifisch und nicht hinweisend auf eine Hirnschädigung.
Auch aus den vom Diplom-Psychologen F. vom 26. bis 28.07.2007 durchgeführten neuropsychologischen Tests kann Dr. C. keine eindeutigen Hinweise für einen deutlichen Hirnabbau oder Hinweise für eine allgemein beginnende oder fortschreitende Abbauerkrankung (Enzephalopathie) erkennen. Dr. C. fand im EEG eine normale Alpha-Grundaktivität 8/Sekunde mit einer einmaligen dysrhythmischen Gruppe bilateral sowie vereinzelten Theta- und Deltawellen im Sinne von flüchtigen Funktionsstörungen. Dr. C. bezeichnet diese flüchtigen Funktionsstörungen als noch im Bereich des Normalen anzusehen, die mit der geklagten verminderten Belastbarkeit und vorzeitiger und gehäufter Ermüdung korrelieren. Dr. C. führt überzeugend aus, dass für eine eindeutige leichte Allgemeinveränderung, wie sie auch zum Beispiel bei einer Enzephalopathie und einer diffusen Hirnschädigung bestehen können, definitionsgemäß eine deutlichere Verlangsamung der Grundaktivität und eine Blockadereaktion verlangt werden, die sich im EEG nicht gefunden haben. Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Fehlen von Auffälligkeiten im EEG nach dem Merkblatt kein Ausschlusskriterium für das Vorliegen einer toxischen Enzephalopathie ist. Die von Dr. C. festgestellten flüchtigen Funktionsstörungen sind aber auch nicht beweisend für eine toxische Enzephalopathie.
Aus den Feststellungen des Diplom-Psychologen F. und des Dr. C. lassen sich jedenfalls keine Persönlichkeitsveränderungen oder Leistungseinschränkungen erkennen, die für den Schweregrad IIA einer (toxischen) Enzephalopathie i.S.d. Merkblatts sprechen. Soweit der Kläger anamnestisch Leistungseinschränkungen benannt hat (die allenfalls für den Schweregrad I einer toxischen Enzephalopathie sprechen könnten) hat der Senat erhebliche Zweifel an den Angaben des Klägers. Nach den Feststellungen des Diplom-Psychologen F. stehen Testergebnisse und Untersuchungsverhalten des Klägers im Widerspruch. Die in den Testverfahren teilweise gezeigten erheblichen Einschränkungen im Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsbereich müssten sich, wie Diplom-Psychologe F. nachvollziehbar ausführt, stark behindernd auf die Alltagsbewältigung auswirken, was der Psychologe aber nicht beobachten konnte. So ist der Kläger u. a. stets pünktlich und selbstständig zu vereinbarten Terminen erschienen und konnte sich an Geschehnisse, Gegebenheiten und Absprachen des Vortags erinnern. Zudem hat der Kläger im Gespräch mit dem Diplom-Psychologen F. nicht psychisch verlangsamt gewirkt, was aufgrund der Verlangsamung in den Testverfahren der Fall hätte sein müssen. Somit ist zum einen der Nachweis testpsychologischer Leistungsbeeinträchtigungen nicht erbracht. Zum anderen sind aber auch die Angaben des Klägers zu seinen Einschränkungen selbst in Zweifel zu ziehen. Dies deckt sich im Übrigen auch mit dem Verhalten des Klägers in den verschiedenen Terminen vor dem Senat, wo er z. B. bei der Anhörung des Sachverständigen am 16.10.2013 der Verhandlung über mehrere Stunden problemlos folgen und sich dann durch gezielte Fragen auch selbst einbringen konnte.
Auch der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme des Dr. M. lassen sich keine Hinweise für das Vorliegen einer Enzephalopathie entnehmen. Es gilt insoweit das oben zur Polyneuropathie Gesagte entsprechend.
Aus den sonstigen aktenkundigen ärztlichen Angaben bzw. Stellungnahmen ergibt sich kein Hinweis auf eine Erkrankung i.S.d. BK 1317. Die Ausführungen der auf Antrag des Klägers vom Senat gehörten Dr. K., Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Homöopathie, in ihrem Gutachten vom 06.05.2009 (mit ergänzender, von der Klägerseite vorgelegter Stellungnahme vom 22.01.2010) überzeugen nicht. Sie vertritt die Auffassung, es läge eine toxische Enzephalopathie des Schweregrades 2B (und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine toxisch bedingte Polyneuropathie) vor. Die Gutachterin führt aus, ein Vergleich der bereits am 06. und 07.01.2001 erhobenen Testergebnisse mit den am 16.02.2009 erhobenen psychologischen Befundergebnissen weise auf eine Progredienz der mentalen Ausfallerscheinungen hin. Es sei eindeutig von einem progredienten hirnorganischen Prozess auszugehen. Es seien eindeutig arbeits- und stoffbezogene Wirkungen beim Kläger zu verzeichnen mit Benommenheit, Übelkeit, Luftnot, Kribbelparesthesien an Händen und Füßen, Hinterkopfschmerz als akute Symptome sowie Hirnleistungsschwäche, Schlafstörungen und Geruchsempfindlichkeit als chronische Erscheinungen. Dr. K. zieht die oben genannten Schlussfolgerungen aus einem Vergleich der bei Professor Dr. E. erzielten Ergebnisse mit dem Ergebnis aus dem Jahre 2007 in C-Stadt; dort hätten sich erstmals gesicherte Hinweise für eine periphere neurologische Ausfallerscheinung mit Beeinträchtigung der motorischen und sensiblen Nervenleitgeschwindigkeit gefunden. Daraus ergibt sich jedoch keine entsprechende volle Überzeugung des Senats vom Vorliegen einer Enzephalopathie. Wie Dr. C. zutreffend ausführt, kann eine geringfügige Verlangsamung der Grundtätigkeit im EEG nicht als neurophysiologisches Korrelat für eine fortschreitende Hirnleistungsbeeinträchtigung bewertet werden, da hierzu eine deutlichere Verlangsamung zu fordern wäre. Soweit Dr. K. auf den mehrfach erfolgten Nachweis testpsychologischer Leistungsminderungen verweist, ist dieser Nachweis nach den obigen Ausführungen gerade nicht zur Überzeugung des Senats erbracht. Der Einschätzung des Dr. C., dass die testdiagnostische und klinische Feststellung einer kognitiven Beeinträchtigung in bestimmten Leistungsbereichen nicht automatisch bedeutet, dass eine Enzephalopathie vorliegt, ist in vollem Umfang zuzustimmen.
Zusammenfassend kann der Senat aus den dargestellten Gründen keine volle Überzeugung für das Vorliegen einer Polyneuropathie oder einer Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 gewinnen.
3. Zum Ursachenzusammenhang ist das Folgende auszuführen:
Wie bereits bei der Prüfung des Vorliegens einer Gesundheitsstörung i.S.d. BK 1317 deutlich wurde, nimmt das entsprechende Merkblatt keine deutliche Trennung zwischen den Gesundheitsstörungen Polyneuropathie bzw. Enzephalopathie als solche und der Verursachung und Kausalitätsfragen vor. So wird die Polyneuropathie als neurotoxische gekennzeichnet und ausgeführt, asymetrische, multifokale, rein motorische oder autonome Neuropathien schlößen eine Verursachung durch Lösungsmittel weitgehend aus. Auch die Enzephalopathie wird im Merkblatt als toxische Enzephalopathie bezeichnet, wobei sich die Diagnose auf die anamnestischen Angaben und den psychopathologischen Befund stützt, aber auch differentialdiagnostische Überlegungen anzustellen sind. Daher ist - im Hinblick auf die vom Senat bereits nicht festgestellten Gesundheitsstörungen hilfsweise - auszuführen, dass eine (insofern unterstellte) Polyneuropathie oder Enzephalopathie vorliegend nicht mit dem notwendigen Wahrscheinlichkeitsgrad auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen wäre. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Kausalität ergibt sich insbesondere nicht aus der von der Klägerseite vorgelegten "gutachterlichen Stellungnahme zur Darstellung des Standes der Wissenschaft in Sachen BK 1317" des Diplom-Chemikers Dr. M. vom 21.09.2010 (mit Ergänzung vom 12.04.2011). Auch wenn man mit Dr. M. davon ausgeht, dass der Kläger einen Risikoberuf in der Halle ausgeübt und einen besonders intensiven Kontakt gehabt hat, dass die Neurotoxizität der Lösemitteln Ethanol und Methanol anerkannt und dass ein Schaden eingetreten ist, ergeben sich - die oben dargelegten Grundsätze zugrunde legend - Zweifel an einer solchen Ursächlichkeit in einem Maße, das die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Verursachung einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel und deren Gemische ausschließt.
Diese Zweifel resultieren - was die Polyneuropathie betrifft - insbesondere aus dem vom Senat eingeholten Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. C. vom 17.09.2007 (mit ergänzenden gutachtlichen Stellungnahmen vom 01.02.2011 und vom 30.08.2011) und aus dessen Anhörung durch den Senat am 13.10.2013. Dr. C. hat in überzeugender Weise erläutert, dass beim Kläger keine distal-symmetrische Polyneuropathie vorliegt. Wie bereits ausgeführt bedeutet dies, dass eine Nervenschädigung nicht mit dem notwendigen Wahrscheinlichkeitsgrad auf eine berufsbedingte Langzeiteinwirkung durch Lösungsmittel zurückzuführen und die berufliche Tätigkeit des Klägers ist daher nicht als wesentliche Teilursache zu werten wäre.
Was die Enzephalopathie betrifft, lassen sich jedenfalls keine Persönlichkeitsveränderungen oder Leistungseinschränkungen erkennen, die für den (nach dem Merkblatt) erforderlichen Schweregrad IIA einer toxischen Enzephalopathie kennzeichnend sind. Dies ergibt sich in eindeutiger Weise aus den oben bereits dargelegten Feststellungen des Dipl.-Psych. F. und des Dr. C. und den beschriebenen erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben des Klägers zu seinen Leistungsdefiziten. Eine Vermutung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Exposition und einer Erkrankung wie von der Klägerseite behauptet, besteht nicht und wird auch vom Merkblatt nicht konstituiert. Insbesondere existiert keine Vermutung, dass Beschwerden bzw. Leistungseinschränkungen etwa im kognitiven Bereich auf eine Exposition gegenüber Lösungsmitteln beruhen. Diese Vermutung wird auch nicht durch § 9 Abs. 3 SGB VII fingiert, da vorliegend Anhaltspunkte für außerberufliche Ursachenzusammenhänge für die Beschwerden des Klägers bestehen. Hier ist insbesondere die bereits 1990 diagnostizierte Depression zu nennen. Schon gar nicht besteht der in den Stellungnahmen des Dr. M. suggerierte Automatismus zwischen Exposition und Ursachenzusammenhang. Weder Vermutung noch Automatismus im vorgenannten Sinne lassen sich insbesondere dem Merkblatt zur BK 1317 entnehmen, das nur Anhaltspunkte für das Vorliegen einer toxischen Enzephalopathie aufzeigt und im Übrigen auf differentialdiagnostische Krankheitsbilder verweist. Umgekehrt müssen, wie Dr. C. unter Hinweis auf den Stand der Wissenschaft (unter Inbezugnahme insbesondere von Widder/Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Aufl. 2011, 515 f.) ausführt, differentialdiagnostisch gerade auch andere Ursachen berücksichtigt werden.
4. Den weiteren vom Kläger gestellten (Beweis-)Anträgen musste der Senat nicht nachgehen. Dabei lässt der Senat dahinstehen, ob es sich bei den gestellten Fragen überhaupt um wirksame Beweisanträge handelt, insbesondere ob die klägerischen Beweisthemen durch die pauschalisierende Inbezugnahme aller möglichen Schriftsätze hinreichend bestimmt ist, ob die Anträge also in prozessordnungsgerechter Weise formuliert wurden, das Beweisthema ordnungsgemäß angegeben und wenigstens umrissen wurde, was die Beweisaufnahme ergeben soll (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 18.12.1997, 5 BH (J) 14/97; Leitherer in: Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 160 Rn. 18 a). Sie gehen jedenfalls aus den folgenden Gründen ins Leere:
Den Anträgen vom 04.11.2003 und vom 07.03.2008 betreffend Nachermittlungen zu den Arbeitsbedingungen in der Zeit vom 10/1992 bis 11/2000, Einvernahme von Arbeitskollegen als Zeugen und Beiziehung von Verwaltungsakten der Beklagten, betreffend diese Zeugen, musste der Senat nicht nachgehen, weil die Exposition des Klägers gegenüber Lösungsmitteln im Sinne der BK 1317 vom Senat bejaht wird. Sie ist im Übrigen auch unstrittig. Eine bestimmte Konzentration der Lösungsmittel ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer BK 1317 (vgl. dazu Hessisches LSG, Urteil vom 06.07.2007, L 7 U 8/06). Die Beklagte hat daher schon in einem Schriftsatz vom 09.01.2004 hinreichende Anhaltspunkte dafür bejaht, dass der Kläger schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK 1317 ausgesetzt gewesen ist.
Die mit Schriftsätzen vom 15.10.2009, 27.10.2009 und 14.04.2010 geforderte ergänzende Anhörung der nach § 109 SGG ernannten Gutachterin Dr. K. war nach den Regelungen dieser Vorschrift sowie des § 103 SGG nicht notwendig. Der Sachverhalt ist, insbesondere auch nach den ergänzenden Anhörungen des Sachverständigen Dr. C. vom 12.03.2013 und am 16.10.2013, erschöpfend aufgeklärt.
Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 14.04.2010 die Vorlage der Beratungsarztverträge mit Dr. L. und Dr. D. beantragt hat, lässt der Senat offen, ob es sich um einen zulässigen Beweisantrag im oben dargestellten Sinn handelt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 16.09.2010 die Niederschriften über die Belehrung und Verpflichtung des Dr. L. vom 20.07.1995 und des Dr. D. vom 30.04.2003 vorgelegt. Deren Status als Beratungsarzt steht damit zur vollen Überzeugung des Senats fest. Bei den von der Beklagten vorgelegten Äußerungen von Dr. L. vom 05.08.2009 und von Dr. D. vom 11.01.2010 handelt es sich um Parteivortrag der Beklagten und nicht um gutachtliche Stellungnahmen im Sinne des § 200 SGB VII. Das Vorbringen wurde vom Senat (und auch vom Gutachter Dr. C.) auch in diesem Sinne gewürdigt.
Eine im Schriftsatz vom 29.11.2013 erneut beantragte Anhörung des Dr. M. und des Prof. Dr. W. war schon deshalb nicht erforderlich, weil es sich bei diesen weder um nach § 106 SGG noch um nach § 109 SGG vom Senat beauftragte Gutachter handelt. Soweit sie als sachverständige Zeugen gehört werden sollen, fehlt es bereits an der Benennung eines geeigneten Beweisthemas. Dr. M. und Prof. Dr. W. haben den Kläger selbst nie untersucht, so dass auch deswegen nicht erkennbar ist, wozu sie zeugenschaftliche Angaben machen könnten.
Den in den Schriftsätzen vom 14.04.2010 und 15.11.2011 enthaltenen Anträgen auf Anhörung des Diplom-Psychologen F. ist der Senat durch Anhörung des Hauptgutachters Dr. C. nachgekommen. Dieser hat am 12.03.2013 und am 16.10.2013 zu allen Fragen des Klägers auch zur Testpsychologie Stellung genommen. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass danach noch Fragen offen geblieben sind.
Mangels Nachweis des Vorliegens einer toxischen Polyneuropathie bzw. Enzephalopathie i.S.d. BK 1317 waren weitere Ermittlungen zur Exposition des Klägers gegenüber organischen Lösungsmitteln oder deren Gemischen nicht erforderlich.
Für das Vorliegen der Voraussetzungen einer BK 1302 oder 1303 ergeben sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den eingeholten sachverständigen Äußerungen, keine Anhaltspunkte, so dass auch in diese Richtung gehende weitere Ermittlungen nicht geboten waren. Insbesondere liegen beim Kläger keine toxischen Erkrankungen vor, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die Einwirkung durch Halogenkohlenwasserstoffe (vgl. dazu das Merkblatt zur BK 1302, Bek. des BMA vom 29.03.1985, BArbBl 1985, H.6 S.55, Punkt III) oder Benzol (vgl. dazu das Merkblatt zur BK 1303, Bek. des BMA vom 24.02.1964, BArbBl Fachteil Arbeitsschutz 1964, 30 Punkt III, mit Ergänzung Bek. des BMA vom 22.08.1994, BArbBl 10/94, S.139 ff, Punkt III) zurückzuführen sind. Die Berufung gegen das klageabweisende Urteil war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
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