Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 198 KR 1590/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 100/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 58/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Der Klägerin werden Kosten in Höhe von 225 EUR auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Anspruch auf Krankengeld für die Zeit ab dem 17. September 2010.
Die 1964 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie war ab dem 4. Januar 2010 arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zahlte ihr ab dem 9. Januar 2010 Krankengeld.
In der Zeit vom 15. Juli 2010 bis zum 16. September 2010 befand sich die Klägerin in stationärer psychosomatischer Behandlung in der H Klinik S in P. Diese meldete der Beklagten am 16. September 2010 die Klägerin als arbeitsfähig (über drei bis sechs Stunden täglich) entlassen, Behandlung regulär beendet. Es werde die Fortführung der ambulanten Psychotherapie und die Teilnahme an einer suchtspezifischen Selbsthilfegruppe empfohlen.
Gestützt hierauf stellte die Beklagte die Krankengeldzahlung zu diesem Datum ein und teilte dies der Klägerin, die nach Aktenlage sei 30. September 2010 Arbeitslosengeld II bezog, mit Schreiben vom 4. Oktober 2010 mit.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 27. Oktober 2010 Widerspruch. Nach Einschätzung ihrer Ärzte sowie ihres Befindens sei sie keinesfalls arbeitsfähig.
In einem Attest ihrer behandelnden Fachärztin für Allgemeinmedizin H vom 1. November 2010 heißt es, dass die Klägerin nach ihrer Entlassung leider wieder negative Tendenzen über ihre eigene Therapie gezeigt und keinen Willen zur Besserung habe. Sie sei körperlich gesund, aber laut geäußertem seelischen Zustand psychisch angeschlagen. Der Widerspruch der Patientin sei daher aus ihrer Sicht berechtigt.
Mit Bescheid vom 22. Februar 2011 lehnte die Beklage weitere Krankengeldzahlungen ab.
Die Beklagte wies den Widerspruch "gegen die Bescheide der Siemens-Betriebskrankenkasse vom 4.10.2010 und 22.02.2011" mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2011 zurück.
Die Klägerin erhob hiergegen Klage beim Sozialgericht Berlin (SG).
Das SG holte einen Befundbericht der behandelnden Allgemeinmedizinerin ein, auf den ergänzend verwiesen wird (Gerichtsakte S 211 KR 2204/11, Bl. 87 f.). Die Klägerin ist danach zwischen dem 6. September 2010 und dem 1. Oktober 2010 nicht mehr bei ihrer behandelnden Hausärztin gewesen. Am 1. Oktober 2010 war sie - ausweislich des Befundberichtes der Fachärztin für Allgemeinmedizin – Hausärztliche Versorgung - H vom 15. Juli 2013 - wieder bei der Ärztin und habe darüber berichtet, dass sie die Tabletten nicht mehr genommen habe. Sie sei in Tränen ausgebrochen. Dem Befundbericht war ein Arztbrief der C vom 26. Mai 2011 beigefügt, in welchem es zur aktuellen Anamnese heißt, nach einer stationären psychosomatischen Reha in P im Sommer 2010 sei es ihr kurzzeitig besser gegangen.
Mit Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2014 (Az.: S 211 KR 2204/11) wies das SG die Klage ab.
Mit Schreiben vom 23. Mai 2014 bat die Klägerin unter Bezugnahme auf frühere Anträge auf Überprüfung der Krankengeldablehnung um Entscheidung bis 6. Juni 2014.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 23. Juni 2014 erneut die Zahlung von Krankengeld ab. Die Überprüfung nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) habe ergeben, dass alle Bescheide korrekt erstellt worden seien. Den Widerspruch der Klägerin hiergegen wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2014 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat hiergegen am 4. September 2014 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben. Sie hat vorgebracht, ihr stehe ein Anspruch auf Zahlung von Krankengeld zu, da sie arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Nach der Entlassung aus der Klinik am 16. September 2010 habe sie die Wohnung nicht sofort verlassen können. Erst nach dem Wochenende, also am 20. September 2010, habe sie bei ihrer Hausärztin vorsprechen können. Beigefügt war ein ärztliches Attest der Ärztin H vom 3. Juli 2014, wonach es im Attest vom 8. Januar 2014 zu einem Schreibfehler gekommen sei. Die Klägerin sei am 20. September 2010 zur Behandlung in ihrer Praxis gewesen. Sie könne bestätigen, dass die Krankenkasse sie mehrmals kontaktiert habe.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. Februar 2016 abgewiesen. Streitgegenständlich sei der Überprüfungsbescheid vom 23. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2014, mit dem die Bescheide vom 4. Oktober 2010, 18. November 2010 und 22. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2011 überprüft worden seien und die Krankengeldzahlung an die Klägerin über den 16. September 2010 hinaus abgelehnt worden sei. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld gemäß § 44 SGB V. Zur Begründung hat das SG auf die Widerspruchsbescheide vom 20. Oktober 2011 und 26. August 2014 sowie den Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2014 verwiesen.
Gegen diese am 6. Februar 2016 ergangene Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin vom 29. Februar 2016. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Weder das Gericht noch der Medizinische Dienst der Krankenkasse (MDK) habe ihr bislang die Möglichkeit gegeben, sie von ihrer Arbeitsunfähigkeit zu überzeugen. Mittlerweile sei sie erwerbsunfähig, beziehe seit Januar 2016 eine EU Rente und sei schwerbehindert. Ihre Ärztin H habe ihr am 20. September 2010 gesagt, sie sei immer noch krank bzw. arbeitsunfähig, sie könne sich aber nicht über den Befund des vorläufigen Arztberichtes der Reha Klinik hinwegsetzen. Als sie von der Reha Maßnahme nach Hause gekommen sei, habe sie sich erst mal erholen müssen und sei nicht in der Lage gewesen, alle nötigen Dinge in die Wege zu leiten. Um den 25. September 2010 herum sei sie bei der Psychologin der Beklagten gewesen. Diese habe gesehen, wie schlecht es ihr ginge.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Berlin vom 9. Februar 2016 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2014 zu verpflichten, die Bescheide vom 4. Oktober 2010, 18. November 2010 und 22. Februar 2011 abzuändern und der Klägerin Krankengeld über den 16. September 2010 hinaus zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der Besetzung durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden. Der Rechtsstreit weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Der zulässigen Berufung muss Erfolg versagt bleiben. Sie ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Hier ist aber weder von Rechtswidrigkeit der Ablehnungsbescheide auszugehen noch davon, dass der Beklagte bei deren Erlass von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist.
Auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid wird zur Vermeidung bloßer Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen. Wie bereits das SG im Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2014 zutreffend ausgeführt hat, setzte ein Anspruch auf Krankengeld über den 16. September 2010 hinaus nicht nur voraus, dass die Klägerin ab diesem Zeitpunkt tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist, sondern zusätzlich, dass diese ärztlich bescheinigt wird, soweit kein stationären Krankenhausaufenthalt erfolgt. Dies ist bei der Klägerin ab dem 17. September 2010 nicht mehr der Fall gewesen. Aus der stationären Maßnahme im Klinikum S ist sie am 16. September 2010 arbeitsfähig entlassen worden. Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, der es gerechtfertigt erscheinen ließe, auf eine lückenlose Krankschreibung zu verzichten:
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn – abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung – Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes bei Krankengeld vorliegt. Nach § 46 Satz 1 SGB V (in der hier noch anzuwendenden, bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung) entsteht der Anspruch auf Krankengeld 1. bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an und 2. im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Wird Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit begehrt, ist für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R ). Wie das BSG wiederholt entschieden hat, bietet das Gesetz weder einen Anhalt für das Verständnis des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V als bloßer Zahlungsvorschrift. Die Mitgliedschaft der Klägerin als Versicherungspflichtiger mit Krankengeldanspruch bei der Beklagten blieb hier nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur durch den Bezug von Krankengeld erhalten
Die Klägerin ist unstreitig am 16. September 2010 aus der stationären Krankenhausbehandlung entlassen worden, einem Donnerstag. Sie hat jedoch weder an diesem Tag noch jedenfalls am darauffolgenden Freitag, den 17. September 2010, einen Arzt aufgesucht. Dass ihr dies rein tatsächlich nicht möglich gewesen ist, ergibt sich weder aus den eigenen Einlassungen noch aus sonstigen Umständen. Aus dem Entlassungsbericht ergibt sich, dass sie zum Entlassungszeitpunkt nach Einschätzung der Krankenhausärzte arbeitsfähig gewesen ist. Sie selbst hat ausweislich der Anamnese der C und ein Jahr später angegeben, es sei ihr nach der Reha kurzzeitig besser gegangen. Danach scheidet ein Krankengeldanspruch bereits für die Zeit ab 20. September 2010 aus, ohne dass geklärt werden muss, ob die Hausärztin der Klägerin an diesem Tag zu Unrecht eine Arbeitsunfähigkeitsschreibung verweigert hat. Dafür ist jedoch nichts ersichtlich.
Ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld konnte auch nicht auf § 19 Abs. 2 SGB V gestützt werden. Danach besteht, wenn die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet, Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Ein nachwirkender Anspruch nach dem Ende der Mitgliedschaft verdrängt aber nur dann eine Auffangversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. a SGB V; ohne Krankengeldanspruch), wenn bei prognostischer Betrachtung davon auszugehen ist, dass der Versicherte spätestens nach Ablauf eines Monats nach dem Ende der bisherigen Mitgliedschaft eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall erlangen werde (§ 5 Abs. 8 a Satz 4 SGB V). Wortlaut und Regelungssystem lassen diese Auslegung zu. Sie entspricht dem Normzweck und harmoniert mit den allgemeinen Grundsätzen der Feststellung von Versicherungsverhältnissen (BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 19/11 R , BSGE 111, 9, Rdnr. 30). Eine solche Prognose konnte hier nicht gestellt werden. Insbesondere stand ein neues Beschäftigungsverhältnis oder der Bezug von Arbeitslosengeld I nicht im Raum, welche neue Pflichtmitgliedschaften begründet hätten. Abgesehen davon lagen AU-Bescheinigungen nicht vor.
Die Kostengrundentscheidung folgt aus § 193 SGG. Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen wurde. Ein Unterfall der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung ist die Fortsetzung bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit einer Rechtsverfolgung. Mit § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG soll verhindert werden, dass wegen des nicht vorhandenen Kostenrisikos völlig aussichtlose Verfahren durchgeführt werden. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung liegt vor, wenn ein verständiger Dritter die offensichtliche Aussichtlosigkeit erkannt hätte. Die Berufung war hier aussichtslos. Die Erfolglosigkeit der Klage ist der Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, auch bewusst gewesen. Als Mindestbetrag für Verschuldenskosten eines Verfahrens vor dem Landessozialgericht sehen §§ 192 Abs. 1 Satz 3, 184 Abs. 2 SGG 225,00 EUR vor.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Anspruch auf Krankengeld für die Zeit ab dem 17. September 2010.
Die 1964 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie war ab dem 4. Januar 2010 arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte zahlte ihr ab dem 9. Januar 2010 Krankengeld.
In der Zeit vom 15. Juli 2010 bis zum 16. September 2010 befand sich die Klägerin in stationärer psychosomatischer Behandlung in der H Klinik S in P. Diese meldete der Beklagten am 16. September 2010 die Klägerin als arbeitsfähig (über drei bis sechs Stunden täglich) entlassen, Behandlung regulär beendet. Es werde die Fortführung der ambulanten Psychotherapie und die Teilnahme an einer suchtspezifischen Selbsthilfegruppe empfohlen.
Gestützt hierauf stellte die Beklagte die Krankengeldzahlung zu diesem Datum ein und teilte dies der Klägerin, die nach Aktenlage sei 30. September 2010 Arbeitslosengeld II bezog, mit Schreiben vom 4. Oktober 2010 mit.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 27. Oktober 2010 Widerspruch. Nach Einschätzung ihrer Ärzte sowie ihres Befindens sei sie keinesfalls arbeitsfähig.
In einem Attest ihrer behandelnden Fachärztin für Allgemeinmedizin H vom 1. November 2010 heißt es, dass die Klägerin nach ihrer Entlassung leider wieder negative Tendenzen über ihre eigene Therapie gezeigt und keinen Willen zur Besserung habe. Sie sei körperlich gesund, aber laut geäußertem seelischen Zustand psychisch angeschlagen. Der Widerspruch der Patientin sei daher aus ihrer Sicht berechtigt.
Mit Bescheid vom 22. Februar 2011 lehnte die Beklage weitere Krankengeldzahlungen ab.
Die Beklagte wies den Widerspruch "gegen die Bescheide der Siemens-Betriebskrankenkasse vom 4.10.2010 und 22.02.2011" mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2011 zurück.
Die Klägerin erhob hiergegen Klage beim Sozialgericht Berlin (SG).
Das SG holte einen Befundbericht der behandelnden Allgemeinmedizinerin ein, auf den ergänzend verwiesen wird (Gerichtsakte S 211 KR 2204/11, Bl. 87 f.). Die Klägerin ist danach zwischen dem 6. September 2010 und dem 1. Oktober 2010 nicht mehr bei ihrer behandelnden Hausärztin gewesen. Am 1. Oktober 2010 war sie - ausweislich des Befundberichtes der Fachärztin für Allgemeinmedizin – Hausärztliche Versorgung - H vom 15. Juli 2013 - wieder bei der Ärztin und habe darüber berichtet, dass sie die Tabletten nicht mehr genommen habe. Sie sei in Tränen ausgebrochen. Dem Befundbericht war ein Arztbrief der C vom 26. Mai 2011 beigefügt, in welchem es zur aktuellen Anamnese heißt, nach einer stationären psychosomatischen Reha in P im Sommer 2010 sei es ihr kurzzeitig besser gegangen.
Mit Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2014 (Az.: S 211 KR 2204/11) wies das SG die Klage ab.
Mit Schreiben vom 23. Mai 2014 bat die Klägerin unter Bezugnahme auf frühere Anträge auf Überprüfung der Krankengeldablehnung um Entscheidung bis 6. Juni 2014.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 23. Juni 2014 erneut die Zahlung von Krankengeld ab. Die Überprüfung nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) habe ergeben, dass alle Bescheide korrekt erstellt worden seien. Den Widerspruch der Klägerin hiergegen wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 2014 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat hiergegen am 4. September 2014 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben. Sie hat vorgebracht, ihr stehe ein Anspruch auf Zahlung von Krankengeld zu, da sie arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Nach der Entlassung aus der Klinik am 16. September 2010 habe sie die Wohnung nicht sofort verlassen können. Erst nach dem Wochenende, also am 20. September 2010, habe sie bei ihrer Hausärztin vorsprechen können. Beigefügt war ein ärztliches Attest der Ärztin H vom 3. Juli 2014, wonach es im Attest vom 8. Januar 2014 zu einem Schreibfehler gekommen sei. Die Klägerin sei am 20. September 2010 zur Behandlung in ihrer Praxis gewesen. Sie könne bestätigen, dass die Krankenkasse sie mehrmals kontaktiert habe.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. Februar 2016 abgewiesen. Streitgegenständlich sei der Überprüfungsbescheid vom 23. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2014, mit dem die Bescheide vom 4. Oktober 2010, 18. November 2010 und 22. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2011 überprüft worden seien und die Krankengeldzahlung an die Klägerin über den 16. September 2010 hinaus abgelehnt worden sei. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld gemäß § 44 SGB V. Zur Begründung hat das SG auf die Widerspruchsbescheide vom 20. Oktober 2011 und 26. August 2014 sowie den Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2014 verwiesen.
Gegen diese am 6. Februar 2016 ergangene Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin vom 29. Februar 2016. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Weder das Gericht noch der Medizinische Dienst der Krankenkasse (MDK) habe ihr bislang die Möglichkeit gegeben, sie von ihrer Arbeitsunfähigkeit zu überzeugen. Mittlerweile sei sie erwerbsunfähig, beziehe seit Januar 2016 eine EU Rente und sei schwerbehindert. Ihre Ärztin H habe ihr am 20. September 2010 gesagt, sie sei immer noch krank bzw. arbeitsunfähig, sie könne sich aber nicht über den Befund des vorläufigen Arztberichtes der Reha Klinik hinwegsetzen. Als sie von der Reha Maßnahme nach Hause gekommen sei, habe sie sich erst mal erholen müssen und sei nicht in der Lage gewesen, alle nötigen Dinge in die Wege zu leiten. Um den 25. September 2010 herum sei sie bei der Psychologin der Beklagten gewesen. Diese habe gesehen, wie schlecht es ihr ginge.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Berlin vom 9. Februar 2016 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2014 zu verpflichten, die Bescheide vom 4. Oktober 2010, 18. November 2010 und 22. Februar 2011 abzuändern und der Klägerin Krankengeld über den 16. September 2010 hinaus zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in der Besetzung durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden. Der Rechtsstreit weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Der zulässigen Berufung muss Erfolg versagt bleiben. Sie ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Hier ist aber weder von Rechtswidrigkeit der Ablehnungsbescheide auszugehen noch davon, dass der Beklagte bei deren Erlass von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist.
Auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid wird zur Vermeidung bloßer Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen. Wie bereits das SG im Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2014 zutreffend ausgeführt hat, setzte ein Anspruch auf Krankengeld über den 16. September 2010 hinaus nicht nur voraus, dass die Klägerin ab diesem Zeitpunkt tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist, sondern zusätzlich, dass diese ärztlich bescheinigt wird, soweit kein stationären Krankenhausaufenthalt erfolgt. Dies ist bei der Klägerin ab dem 17. September 2010 nicht mehr der Fall gewesen. Aus der stationären Maßnahme im Klinikum S ist sie am 16. September 2010 arbeitsfähig entlassen worden. Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, der es gerechtfertigt erscheinen ließe, auf eine lückenlose Krankschreibung zu verzichten:
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn – abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung – Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes bei Krankengeld vorliegt. Nach § 46 Satz 1 SGB V (in der hier noch anzuwendenden, bis zum 22. Juli 2015 geltenden Fassung) entsteht der Anspruch auf Krankengeld 1. bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an und 2. im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Wird Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit begehrt, ist für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 25/14 R ). Wie das BSG wiederholt entschieden hat, bietet das Gesetz weder einen Anhalt für das Verständnis des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V als bloßer Zahlungsvorschrift. Die Mitgliedschaft der Klägerin als Versicherungspflichtiger mit Krankengeldanspruch bei der Beklagten blieb hier nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nur durch den Bezug von Krankengeld erhalten
Die Klägerin ist unstreitig am 16. September 2010 aus der stationären Krankenhausbehandlung entlassen worden, einem Donnerstag. Sie hat jedoch weder an diesem Tag noch jedenfalls am darauffolgenden Freitag, den 17. September 2010, einen Arzt aufgesucht. Dass ihr dies rein tatsächlich nicht möglich gewesen ist, ergibt sich weder aus den eigenen Einlassungen noch aus sonstigen Umständen. Aus dem Entlassungsbericht ergibt sich, dass sie zum Entlassungszeitpunkt nach Einschätzung der Krankenhausärzte arbeitsfähig gewesen ist. Sie selbst hat ausweislich der Anamnese der C und ein Jahr später angegeben, es sei ihr nach der Reha kurzzeitig besser gegangen. Danach scheidet ein Krankengeldanspruch bereits für die Zeit ab 20. September 2010 aus, ohne dass geklärt werden muss, ob die Hausärztin der Klägerin an diesem Tag zu Unrecht eine Arbeitsunfähigkeitsschreibung verweigert hat. Dafür ist jedoch nichts ersichtlich.
Ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld konnte auch nicht auf § 19 Abs. 2 SGB V gestützt werden. Danach besteht, wenn die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet, Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Ein nachwirkender Anspruch nach dem Ende der Mitgliedschaft verdrängt aber nur dann eine Auffangversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. a SGB V; ohne Krankengeldanspruch), wenn bei prognostischer Betrachtung davon auszugehen ist, dass der Versicherte spätestens nach Ablauf eines Monats nach dem Ende der bisherigen Mitgliedschaft eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall erlangen werde (§ 5 Abs. 8 a Satz 4 SGB V). Wortlaut und Regelungssystem lassen diese Auslegung zu. Sie entspricht dem Normzweck und harmoniert mit den allgemeinen Grundsätzen der Feststellung von Versicherungsverhältnissen (BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 19/11 R , BSGE 111, 9, Rdnr. 30). Eine solche Prognose konnte hier nicht gestellt werden. Insbesondere stand ein neues Beschäftigungsverhältnis oder der Bezug von Arbeitslosengeld I nicht im Raum, welche neue Pflichtmitgliedschaften begründet hätten. Abgesehen davon lagen AU-Bescheinigungen nicht vor.
Die Kostengrundentscheidung folgt aus § 193 SGG. Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen wurde. Ein Unterfall der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung ist die Fortsetzung bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit einer Rechtsverfolgung. Mit § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG soll verhindert werden, dass wegen des nicht vorhandenen Kostenrisikos völlig aussichtlose Verfahren durchgeführt werden. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung liegt vor, wenn ein verständiger Dritter die offensichtliche Aussichtlosigkeit erkannt hätte. Die Berufung war hier aussichtslos. Die Erfolglosigkeit der Klage ist der Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, auch bewusst gewesen. Als Mindestbetrag für Verschuldenskosten eines Verfahrens vor dem Landessozialgericht sehen §§ 192 Abs. 1 Satz 3, 184 Abs. 2 SGG 225,00 EUR vor.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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