S 2 KA 4928/15

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Gotha (FST)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 2 KA 4928/15
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter namentlicher Benennung der betroffenen Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte Auskunft über die Höhe der seit dem 1. Januar 2011 vorgenommenen Honorarkürzungen wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95 d Abs. 3 Satz 3 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) zu erteilen, soweit sie anteilig auf die Klägerin entfallen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung der Auskunft, in welchem Umfang seit dem 1. Januar 2011 Honorarkürzungen wegen der Nichterfüllung von Fortbildungspflichten durch Vertragszahnärzte vorgenommen worden sind und einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht gekürzten Honoraranteile.

Grundlage der Berechnung der Gesamtvergütung sowie der Honoraransprüche, der der Be-klagten angehörigen Vertragszahnärzte, waren die für die Jahre 2011 bis 2016 zwischen der Beklagten und den Ersatzkassen geschlossenen Vergütungsvereinbarungen. Die Beklagte und die Ersatzkassen hatten für die Jahre 2011 bis 2016 gesamtvertraglich eine Vergütung nach Einzelleistungen vereinbart. In Kapitel IV. § 5 Abs. 1 der jeweiligen Vergütungsvereinbarungen war geregelt, dass Kürzungen der Vergütungen wegen Unwirtschaftlichkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung gemäß § 106 SGB V, Überschreitung der festgelegten Punktmenge nach § 85 Abs. 4 lit. b - f SGB V sowie aus rechnerischen bzw. gebührenordnungsgemäßen Berichtigungen an die Ersatzkassen zurückgezahlt werden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Vergütungsvereinbarungen der Jahre 2011 bis 2016 (Blatt 62 - 67 und 83 - 100 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Die Abrechnung der Beklagten zur Anforderung der Gesamtvergütung erfolgte in den Jahren 2011 bis 2016 bei Vertragszahnärzten, die von Kürzungen gemäß § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V betroffen waren, wie folgt:

Von Honorarkürzungsmaßnahmen gemäß § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V betroffene Vertrags-zahnärzte haben die von ihnen erbrachten Leistungen vollständig gemäß des Bundeseinheitlichen Bewertungsmaßstabes für zahnärztliche Leistungen (BEMA-Z) gegenüber der Beklagten abgerechnet. Die Leistungen wurden in voller Höhe gegenüber den Krankenkassen zum Aus-gleich innerhalb der Gesamtvergütung übermittelt. Gegenüber den betroffenen Vertragszahn-ärzten wies die Beklagte die abgerechneten Fälle und Leistungen unter Zugrundelegung des ungekürzten Punktwertes innerhalb der Abrechnung aus. Im Rahmen der Quartalsabrechnung wurde das sich hieraus ergebende ungekürzte Honorar als Honoraranspruch ausgewiesen. Auf der vorgenannten Grundlage errechnete die Beklagte den Kürzungsbetrag gemäß § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V. Der Kürzungsbetrag wurde in der Quartalsabrechnung gegenüber dem Ver-tragszahnarzt dargestellt. Das Quartalshonorar wurde dann um den errechneten Kürzungsbetrag gemindert an den Vertragszahnarzt ausgezahlt.

Mit Schreiben vom 16. November 2015 forderte der Verband der Ersatzkassen die Beklagte auf mitzuteilen, in welcher Höhe wegen der Nichterfüllung der Fortbildungspflicht seit dem I. Quartal 2011 Honorarkürzungen auf der Grundlage von § 95d Abs. 3 SGB V durch die Beklagte erfolgt sind. Da durch die Beklagte keine Reaktion erfolgte, forderte der Verband der Ersatzkassen die Beklagte mit Schreiben vom 30. November 2015 nochmals zur Stellungnahme auf.

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2015 machte die Klägerin bei der Beklagten die Auskehrung von Honorarkürzungsbeträgen auf der Grundlage von § 95d Abs. 3 SGB V für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 geltend.

Mit Schreiben vom 4. Dezember 2015 forderte die Beklagte den Verband der Ersatzkassen auf, seine Bevollmächtigung nachzuweisen.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2015 nahm die Beklagte zum Schreiben der Klägerin vom 3. Dezember 2015 Stellung.

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2015 wies die Klägerin die Beklagte daraufhin, dass die Ansprüche mit Schreiben vom 3. Dezember 2015 im eigenen Namen geltend gemacht worden seien und dass die Ansprüche im Wege der Klage geltend gemacht würden, wenn die Beklagte keinen Verjährungsverzicht erkläre.

Am 21. Dezember 2015 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist im Wesentlichen der Auffassung, dass sie zur Vorbereitung einer Leistungsklage einen Auskunftsanspruch gegenüber der Beklagten habe, in welchem Umfang seit dem Jahr 2011 Honorarkürzungen wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d Abs. 3 SGB V erfolgt seien. Bei Nichterfüllung der Fortbildungspflicht sei die Honorarkürzung zwingend vorzunehmen. Ein Ermessensspielraum der Kassenzahnärztlichen Vereinigung bestünde nicht. Werde der Nachweis der Fortbildung nicht geführt, bestehe kein Anspruch auf die vollumfängliche Vergütung der erbrachten Leistungen. Der Honoraranspruch reduziere sich vielmehr entsprechend den zeitlichen und prozessualen Abstaffelungen nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V. Sie habe Honorarzahlungen in ungekürzter Höhe geleistet, sodass es in Höhe der verpflichtend zu kürzenden Beträge zu einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung gekommen sei, die ihr von der Beklagten zu erstatten sei. Die Kürzung sei als zulässige sachlich-rechnerische Berichtigung aufgrund einer Qualitätssicherungsmaßnahme zu bewerten. Es bestehe ein Anspruch der gesetzlichen Kran-kenkassen auf Auskehrung der Kürzungsbeträge. Die Verpflichtung zur Honorarkürzung bestehe unabhängig davon, ob die Leistungserbringung vollständig und ordnungsgemäß erfolgt sei. Sie erfolge ausschließlich als Abschlag für die potenziell schlechtere Qualität der ärztlichen Leistungen. Soweit die Beklagte die Beurteilung der Kürzungen nach § 95d Abs. 3 SGB V als sachlich-rechnerische Berichtigung in Abrede stelle, sei zunächst festzustellen, dass der Gesetzgeber für diese Auffassung keine näher gehenden Hinweise oder gar explizite Regelungen im Gesetzestext verankert habe. Ebenso wenig würden sich in der Begründung zum Gesetzesentwurf Hinweise zu einer irgendwie gearteten Einordnung der Honorarkürzungen finden. Im Gesetz selbst sei lediglich geregelt, dass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen das Honorar zu kürzen sei. Auch für die Rückführung derart gekürzter Beträge zur Verteilung an die übrigen Vertragszahnärzte, wie dies von der Beklagten vertreten werde, finde sich kein Hinweis. So könne auch der Argumentation der Beklagten nicht gefolgt werden, dass mit den Honorarabschlägen nach § 95d Abs. 3 SGB V inzident Qualitätszuschläge für die Zahnärzte geregelt würden, die ihrer Fortbildungspflicht nachkämen. Sie gehe nach wie vor von der Richtigkeit der Beurteilung der Sach- und Rechtslage aus, so wie sie durch das SG Münster vorgenommen worden sei. Auch das SG Marburg habe eine vergleichbare Entscheidung getroffen. Nach alledem sei eine Auskehrung an die GKV-Kassen nicht ausgeschlossen. Wenn man sich zudem u.a. vergegenwärtige, dass im Zusammenhang mit den Kürzungen der Honorare letztlich Versichertengelder der GKV in Rede stünden, die zur Honorierung von Leistungen in nicht adäquater zahnmedizinischer Qualität verbraucht worden seien, vermag es schon aus übergeordneten Gesichtspunkten nicht zu überzeugen, dass derartige gekürzte Honorare aus der im Rahmen der an die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen geleisteten Gesamtvergütung nicht wieder den GKV-Kassen zufließen sollten.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr unter namentlicher Benennung der betroffenen Ver-tragszahnärztinnen/-ärzte Auskunft über die Höhe der seit dem 1. Januar 2011 erfolgten Honorarkürzungen nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V zu erteilen, soweit sie anteilig auf die Klägerin entfallen,

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die Auskunft zu erteilen über die Höhe der seit dem 1. Januar 2011 erfolgten Honorarkürzungen nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie die sich aus der Auskunft nach Ziff. 1, hilfsweise die sich nach dem Hilfsantrag ergebenden Beträge nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist im Wesentlichen der Auffassung, dass für den geltend gemachten Auskunftsanspruch keine Rechtsgrundlage existiere. Diese ergebe sich auch nicht aus dem von der Klägerin in Bezug genommenen Urteil des SG Münster. Fehlerhaft gehe die Klägerin davon aus, dass es sich bei dem, dem Auskunftsersuchen zugrundeliegenden Anspruch auf Zahlung, um eine sachlich-rechnerische Berichtigung handele. Die Klägerin verkenne, dass streng zwischen dem Anspruchs- und Regelungskreis der Gesamtvergütung nach § 85 SGB V und den Honoraransprüchen des Zahnarztes gegenüber KZV gem. § 85 Abs. 4 SGB V zu unterscheiden sei. Das Bundessozialgericht habe in ständiger Rechtsprechung deshalb auch ausgeführt, dass zwischen den Zahlungsansprüchen auf Gesamtvergütung der KZV gegenüber den Krankenkassen und den Zahlungsansprüchen des Zahnarztes aus der Honorarverteilung gemäß § 85 Abs. 4 SGB V keine Deckungsgleichheit herrsche. Die Ausführungen des SG Münster, dass es sich bei der zu verteilenden Gesamtvergütung quasi um einen "durchlaufenden Posten" handle, sei unzutreffend und entbehre der entsprechenden Rechtsgrundlage. Die Voraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches würden nicht vorliegen. Die Klägerin verkenne im vorliegenden Rechtsstreit, dass auf das jeweilige öffentliche Rechtsverhältnis abzustellen sei. Wie ausgeführt, bestehe gerade kein öffentliches Rechtsverhältnis zwischen dem Honoraranspruch des Zahnarztes gegen die KZV und die Krankenkasse. Ein Direktzugriff auf Honorarforderungen der Zahnärzte bestehe für die Krankenkassen gerade nicht. Ansprüche der Krankenkasse auf Erstattung von Teilen der Gesamtvergütung wegen sachlich-rechnerischer Berichtigung oder Unwirtschaftlichkeit beruhten darauf, dass diese Leistungen im vertragsärztlichen System in keiner Weise erbracht worden seien und damit nicht zur Abrechnung durch die KZV gegenüber der Krankenkasse gelangen dürften. Es genüge demgemäß auch nicht, gegenüber dem Vertragszahnarzt zu entscheiden. Der Anspruch der Krankenkasse müsse eigenständig beschieden werden und könne abweichen. Bei den Honorarkürzung gemäß § 95d SGB V handele sich im Verhältnis der Beklagten zur Krankenkasse gerade nicht um rechtsgrundlose Vermögensverschiebung der Krankenkassen zu den Kassenzahn-ärztlichen Vereinigungen. Im Gegenteil leiste die Krankenkasse gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Gesamtvergütung mit befreiender Wirkung. Sie hafte gerade nicht für eine hinreichend auskömmliche Gesamtvergütung. § 95d SGB V und § 85 Abs. 4b bis f SGB V stellten eigenständige, von der Gesamtvergütung unabhängige Regelungen und damit Anspruchsgrundlagen dar. Bereits aus diesem Grund habe der Gesetzgeber bei den Degressionsregelungen gemäß § 85 Abs. 4b bis f SGB V explizit eine Anspruchsgrundlage der Krankenkassen auf Auskehrung der über die Degression zu kürzenden Honorare an diese regeln müssen. Eine solche Regelung sei in § 95d SGB V genauso wenig wie an anderer Stelle erkennbar. Auch wenn ein Verstoß gegen die Fortbildungspflicht nach § 95d vorliege, gehe der Gesetzgeber gerade nicht davon aus, dass die Leistungen nicht erbringbar seien. Er halte, sonst hätte er die Leistungserbringung unterbunden, diese Leistungen vielmehr im Rahmen der vertragszahn-ärztlichen Versorgung als erbringbar und damit zumindest gerade noch dem medizinischen Standard entsprechend. Der Gesetzgeber wolle mit der Pflicht zur Fortbildung letztlich eine höhere, als durch den Behandlungsvertrag geschuldete Qualität erreichen. Des Weiteren sei zu beachten, dass die Honorarkürzung gegenüber dem Zahnarzt auch dann durchzuführen sei, wenn dieser zwar seine Fortbildungspflicht erfüllt habe, jedoch nicht der ebenfalls in § 95d SGB V geregelten Nachweispflichtpflicht gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung nachgekommen sei. Eine Information an die Krankenkassen sei im Gegensatz zur Degression nicht vorgesehen. Auch dies belege, dass ausschließlich das Verhältnis Kassenzahnärztliche Vereinigung - Vertragszahnarzt betroffen sei. Der Gesetzgeber habe damit auch im Blick, dass die Qualität des jeweils von einer Kürzung betroffenen Zahnarztes bei der Erbringung vertragszahnärztlicher Leistungen durchaus dem Standard entspreche oder sogar darüber hin-ausgehen könne, er jedoch lediglich den notwendigen Nachweis nicht geführt habe. Insoweit handelt es sich eben überschießend um ein Zwangsmittel, die Zahnärzte zur Erfüllung ihrer Verpflichtung gemäß § 95d SGB V anzuhalten. Das Bundessozialgericht habe daher die Ho-norareinbehalte auch als Sanktion und die nicht erbrachte Nachweisführung als sanktionierte Pflichtverletzung definiert. Es handle sich bei den Kürzungen des Honorarteilhabeanspruchs des Zahnarztes um Gesamtvergütungsbestandteile, welche weiterhin der Honorarverteilung gemäß § 85 Abs. 4 SGB V unterliegen würden. Es werde nur der individuelle Teilhabeanspruch verringert, ohne dass hierdurch einer Forderung der Krankenkasse gegenüber der Gesamtvergütung begründet wäre. Insofern seien sie eben nicht Einnahmen der Beklagten, die den Verwaltungskosten zuzuführen wären, sondern verblieben in der Honorarverteilung und seien an die übrigen Zahnärzte, die ihre Fortbildungspflichten gemäß § 95d SGB V erfüllt hätten, auszukehren. Insoweit § 95d SGB V Honorarabschläge bei den Zahnärzten im Rahmen ihrer Ansprüche auf Honorarverteilungsteilhabe regele, regele er inzident Qualitätszuschläge für die Zahnärzte, die ihrer Fortbildungs- und Nachweispflicht gemäß § 95d SGB V nachgekommen seien. Ebenso könnten diese Beträge zur Verfügung stehen, um die ggf. nicht auskömmliche Gesamtvergütung zu stützen.

Die vom Bundessozialgericht im Zusammenhang mit der Degressionsregelung des § 85 Abs. 4b ff. SGB V entwickelten Grundsätze würden auch für Honorarkürzungen gemäß § 95d SGB V gelten. Sowohl bei den Honorarkürzungsmaßnahmen gemäß § 85 Abs. 4b ff. SGB V (Punktwertdegression) als auch gemäß § 95d SGB V (Fortbildung) handele es sich um Hono-rarkürzungsmaßnahmen, die gegenüber den vom Zahnarzt rechtmäßig abgerechneten Punkt-zahlanforderungen durchzuführen seien. Insoweit es sich um rechtmäßig erbrachte und vom Zahnarzt abgerechnete Leistungen handele, habe die Krankenkasse die Gesamtvergütung ver-pflichtend und mit befreiender Wirkung bezahlt. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch der Krankenkasse auf Gesamtvergütung sei, dass diese rechtsgrundlos geleistet sei. Dies sei im Rahmen des § 95d SGB V gerade nicht der Fall. Aus der Rechtmäßigkeit der Punktzahlan-forderungen ergebe sich bereits, dass es sich gerade nicht um eine so genannte sachlich-rechnerische Berichtigung handele. Da im Rahmen des § 95d SGB V jede Regelung zur Auswirkung auf die Gesamtvergütung fehle, verbleibe es bei der ausschließlichen Betroffenheit der Honorarverteilung gemäß § 85 Abs. 4 SGB V. Des Weiteren mache das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 21. Mai 2003 (B 6 KA 25/02 R) deutlich, dass es sich bei den Honorarkürzungen gem. § 85 Abs. 4b ff. SGB V gerade nicht um Maßnahmen der sachlich-rechnerischen Berichtigung handele. Nichts anderes könne für Honorarkürzungen gemäß § 95d SGB V gelten. Dafür, dass ein Erstattungsanspruch der Klägerin nicht aus § 95d SGB V herleitbar sei, spreche auch, dass bei Honorarkürzung gemäß § 95d SGB V keinerlei Interessen der Klägerin Berücksichtigung finden würden. Anders sei dies im Regelungsbereich des § 85 Abs. 4b ff. SGB V (Degression). Im Bereich der Degression habe der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung eine Ausgabenentlastung der Krankenkassen im Blick gehabt. An solchen Überlegungen fehle es in der Gesetzesbegründung zu § 95d SGB V gänzlich.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten ge-wechselten Schriftsätze sowie die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten sowie der Krankenkassen verhandelt und ent-schieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG; vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28. April 2004, B 6 KA 19/03 R, Rn. 11).

Die von der Klägerin erhobene Stufenklage, mit der sie zunächst Auskunft und dann auf der Grundlage der Auskunft Schadenersatz begehrt, ist zulässig. Der Zulässigkeit des im Wege der Stufenklage nach § 202 SGG i.V.m. § 254 der Zivilprozessordnung (ZPO) geltend gemachten Auskunftsanspruchs steht nicht entgegen, dass die Klägerin auf die Erstattung von auf der Grundlage von § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V vorgenommenen Honorarkürzungen klagt, ohne zu wissen, ob ein solcher Anspruch überhaupt besteht. Nach Maßgabe der vorstehend genannten Normen, können Auskunfts- und Schadenersatzbegehren, da sie miteinander im Zusammenhang stehen und das eine Begehren auf dem anderen aufbaut, im Wege der (objektiven) Klagehäufung zusammen verfolgt werden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 23. März 2011, B 6 KA 11/10 R, Rn. 34 m.w.N. - zitiert nach juris; Bundessozialgericht, Ur-teil vom 13. November 2012, B 1 KR 24/11 R). Es ist insoweit ausreichend, dass die Klägerin erst nach Erlangung der Auskunft über die von der Beklagten abgerechneten Leistungen den Schadenersatzanspruch beziffern will (Bundessozialgericht, a.a.O.).

Die Auskunftsklage ist auch begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die Bekanntgabe der von ihr begehrten Daten. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin mitzuteilen, in welchem Umfang seit dem 1. Januar 2011 Honorarkürzungen auf der Grundlage des § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V erfolgt sind, soweit von der Klägerin gezahlte Anteile der Gesamtvergütung betroffen sind. Der Auskunftsanspruch der Klägerin ergibt sich als Nebenanspruch aus dem zwischen ihr und der Beklagten bestehenden Rechtsverhältnis. Grundlage des Anspruchs ist der Grundsatz von Treu und Glauben, der auch im öffentlichen Recht gilt (vgl. Bundessozialgericht, a.a.O., Rn. 28 m.w.N.). Eine aus dem Grundsatz von Treu und Glauben folgende Auskunftspflicht ist zu bejahen, wenn die zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen Auskünfte unschwer erteilen kann (Bundessozialgericht, a.a.O. mit einer Viel-zahl weiterer Nachweise). Der Auskunftsanspruch als Nebenanspruch ist vom Bestehen des Hauptanspruchs abhängig. Für einen Anspruch auf Auskunft als Gegenstand eines Hilfsanspruchs ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass ein Leistungsanspruch dem Grunde nach besteht (BGH, Urteil vom 17. Mai 1994, X ZR 82/92, Rn. 25 - zitiert nach juris - unter Bezugnahme auf BGHZ 95, 274, 279). Ein Auskunftsanspruch ist daher gegeben, wenn der dem Auskunftsbegehren zugrunde gelegte Leistungsanspruch dem Grunde nach besteht und nur der Anspruchsinhalt offen ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1987, IX ZR 57/86, Rn. 17 ff. - zitiert nach juris). Aus der Akzessorietät des Auskunftsanspruchs folgt ferner, dass er nur soweit reicht, wie die Auskunft für das Bestehen und den Umfang des Hauptanspruchs relevant ist (Bundessozialgericht, a.a.O., Rn. 30 - zitiert nach juris).

Vorliegend zielt das Auskunftsbegehren der Klägerin darauf ab, von der Beklagten Auskunft darüber zu erhalten, in welchem Umfang von der Beklagten Honorarkürzungen wegen Nicht-erfüllung der Fortbildungspflicht auf der Grundlage von § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V erfolgt sind um zu prüfen, ob Gesamtvergütungsanteile zu Unrecht an die Beklagte gezahlt worden sind und insoweit ein Erstattungsanspruch besteht.

Zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht eine das Auskunftsbegehren rechtfertigende rechtliche Sonderbeziehung. Diese ergibt sich aus den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften über die Zahlung der Gesamtvergütung (§ 85 SGB V) i.V.m. den auf dieser Grundlage getroffenen gesamtvertraglichen Regelungen (insbesondere der Vergütungsvereinbarungen für die Jahre 2011 bis 2016) sowie der gesetzlichen Aufgabe der Krankenkassen zur Prüfung der Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung (§ 106a SGB V). Im Rahmen dieser sozialrechtlichen Sonderbeziehung besteht eine Verpflichtung der Beklagten, Zahlungen im Rahmen der Gesamtvergütung nach Maßgabe der gesetzlichen und gesamtvertraglichen Regelungen nur in rechtmäßiger Höhe anzufordern, fehlerhafte Abrechnungen von Vertrags(zahn)ärzten zu berichtigen und von diesen unrechtmäßig erlangtes Honorar zurückzufordern. Dem korrespondiert ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung unrechtmäßig angeforderter Honoraranteile. Vorstehendes Rechtsverhältnis ist in Verbindung mit § 242 BGB hinreichende Grundlage eines Auskunftsanspruchs der Klägerin, der ein anerkennenswertes Interesse an der begehrten Information zuzubilligen ist. Nur auf der Grundlage der begehrten Auskunft der Beklagten kann die Klägerin entscheiden, ob ein Anspruch auf Rückzahlung von Anteilen der Gesamtvergütung besteht.

Auch ein Hauptanspruch, der die Grundlage der begehrten Auskunft bildet, ist dem Grunde nach gegeben. Anspruchsgrundlage ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Der aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts hergeleitete öffentlich-rechtliche Erstat-tungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensver-schiebungen vorgenommen worden sind (vgl. z.B. Bundessozialgericht, Urteile vom 20. April 2016, B 3 KR 23/15 R; vom 12. Juni 2008, B 3 KR 19/07 R; vom 10. Mai 1995, 6 RKa 18/94; vom 13. Januar 1993, 14a/6 RKa 68/91, vom 1. August 1991, 6 RKa 9/89 und vom 25. Oktober 1989, 6 RKa 17/88; Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB V, 11. Ergänzungslieferung 2010, Stand: November 2010, § 85 Rn. 124 ff.). Kennzeichnend für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ist nicht ein hoheitlicher Eingriff oder eine Schädigung von hoher Hand, sondern schlicht ein Vermögenszustand, der ohne rechtfertigenden Grund eingetreten ist und durch die Erstattung wieder rückgängig gemacht werden soll (Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Auflage 1998, S. 415).

Der Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs steht zunächst nicht entgegen, dass in § 95d SGB V keine Regelung zur Erstattung der Kürzungsbeträge nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V an die gesetzlichen Krankenkassen getroffen worden ist. Aus dem Schweigen des Gesetzes kann, entgegen der Auffassung der Beklagten, nicht der Schluss gezogen werden, dass die von der Kürzung betroffenen Honoraranteile der Gesamtvergütung unterfallen und bei den Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen verbleiben.

Soweit die Beklagte zur Begründung ihrer Rechtsauffassung auf die Regelungen in § 85 Abs. 4 lit. b - f SGB V Bezug nimmt, berücksichtigt sie, unabhängig von den unterschiedlichen Zielrichtungen der Degressionsregelungen (Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Erzielung von Einsparungen; vgl. z.B. BSGE 80, 223 [226f.] und Bundessozialgericht, Urteil vom 21. Mai 2003, B 6 KA 25/02 R) und der Regelungen über den Nachweis der Fortbildungspflicht (Qualitätssicherung in der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung), nicht hinreichend, dass die Erstattungsregelung in § 85 Abs. 4 lit. e Satz 1 SGB V lediglich aus Gründen der Klarstellung aufgenommen worden ist und nicht zwingende Voraussetzung für den Erstattungsanspruch der Krankenkassen im Hinblick auf die Degressionskürzungen war. Insoweit wird in der amtlichen Begründung zu der Vorschrift wörtlich ausgeführt (vgl. Bundestagsdrucksache 14/157 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/24 – Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung – GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz – GKV-SolG S. 34 f.; abgedruckt bei Hauck/Noftz, Sozialgesetz-buch SGB V, Band 5, Materialien M 080a):

"Die Einfügung eines neuen Satzes 1 in Absatz 4e stellt entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem bis Mitte 1997 geltenden Recht klar, daß die Honorarabsenkungen bei umsatzstarken Praxen den Krankenkassen zugute kommen, die Einsparungen somit nicht in der Gesamtvergütung verbleiben, sondern diese verringern."

Dass der Gesetzgeber im Anwendungsbereich des § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V, anders als mit § 85 Abs. 4 lit. e Satz 1 SGB V, keine spezielle Erstattungsregelung getroffen hat, ist Ausdruck seiner Gestaltungsfreiheit. Es liegt in seiner Entscheidungsfreiheit, ob er spezialgesetzliche Regelungen zur Rückabwicklung von dem materiellen Rechts widersprechenden Ver-mögensverschiebungen trifft oder ob er hierauf verzichtet und die Rückabwicklung auf der Grundlage des gewohnheitsrechtlich anerkannten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs erfolgen soll. Eine spezialgesetzliche Regelung war im Regelungsbereich des § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V entbehrlich, weil der Anwendungsbereich des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs eröffnet ist.

Der Rückgriff auf den (allgemeinen) öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ist vorliegend letztlich auch nicht wegen vorrangig bestehender spezialgesetzlicher Erstattungsgrundlagen versperrt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt z.B. Bundessozialgericht, Urteil vom 2. Juli 2013, B 4 AS 74/12 R, Rn. 26). Soweit in Kapitel IV. § 5 Abs. 1 der Vergütungsvereinbarungen für die Jahre 2011 bis 2016 geregelt ist, dass Kürzungen der Vergütungen unter anderem aus rechnerischen bzw. gebührenordnungsgemäßen Berichtigungen an die Ersatzkassen zurückgezahlt werden, handelt es sich nicht um eine spezielle Anspruchsgrundlage, die den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch verdrängen würde, sondern um die Aufzählung eines Anwendungsfalls des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Ob ein Anspruch auf Erstattung besteht, richtet sich nach den tatbestandlichen Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, d.h. es ist zu prüfen, ob Leistungen ohne Rechtsgrund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind.

Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Klägerin ist dem Grunde nach zu bejahen. Durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist unter anderem geklärt, dass eine Krankenkasse gegen eine Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch haben kann, wenn sie mit der Gesamtvergütung Leistungen eines Arztes bezahlt, die tatsächlich nicht erbracht worden sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 1. August 1991, 6 RKa 9/89), wenn Erstattungen für tatsächlich nicht verauslagte Kosten erfolgt sind (Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Januar 1993, 14a/6 RKa 68/91) oder wenn ein Vertrags(zahn)arzt Vergütungen für Leistungen erhalten hat, die nicht den gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen entsprochen haben und für diese deshalb kein Honorar zugestanden hat (Bundessozialgericht, Urteil vom 18. Dezember 1996, 6 RKa 66/95), soweit die Gesamtvergütung für Einzelleistungen gezahlt worden ist (vgl. z.B. Bundessozialgericht, Urteil vom 21. November 1986, 6 RKa 5/86; Urteil vom 25. Oktober 1989, 6 RKa 17/88; Urteil vom 23. März 2016, B 6 KA 8/15 R, Rn. 12 - zitiert nach juris; Engelhard, a.a.O.; Freudenberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Auflage 2016, Stand: 1. Januar 2016, § 85 SGB V, Rn. 51 ff.).

Was für die vorgenannten Fallkonstellationen gilt, trifft auch auf Sachverhalte zu, in denen der Vertragsarzt den Nachweis über die Erfüllung der ihn treffenden Fortbildungspflicht nicht geführt hat, sein Honoraranspruch nach Maßgabe des § 95d Abs. 3 SGB V von vorherein nur in geminderter Höhe entstanden ist und von der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung gleichwohl Gesamtvergütungsanteile in ungeminderter Höhe, d.h. ohne Berücksichtigung der zwingend vorzunehmenden Kürzungen, bei der Krankenasse angefordert und ausgezahlt worden sind. Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Die Beklagte hat im Rahmen der Quartalsabrechnungen Gesamtvergütungsanteile bei der Klägerin auf der Grundlage der von den Vertragszahnärzten abgerechneten Punkten angefordert, ohne eine Kürzung der Leistungsmenge wegen der Nichterfüllung der Fortbildungspflicht vorzunehmen. Damit hat die Beklagte Teile der Gesamtvergütung, nämlich in dem Umfang der Kürzungen nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V, ohne Rechtsgrund erlangt. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Bei § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V handelt es sich systematisch um einen speziell geregelten Anwendungsfall einer sachlich-rechnerischen Berichtigung. § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V geht § 106a SGB V als lex specialis vor. Der Einwand der Beklagten, dass die Honorarkürzungen Pflichtverletzungen des Vertrags(zahn)arztes sanktionieren würden und disziplinarischen Charakter hätten, steht einer Einordnung als sachlich-rechnerische Richtigstellung nicht entgegen. Zutreffend ist, dass sowohl die amtliche Begründung der Vorschrift (vgl. Bundestagsdrucksache 15/1525, S. 110) als auch das Bundessozialgericht (Urteil vom 11. Februar 2015, B 6 KA 19/14 R) auf den disziplinarischen Charakter bzw. Sanktionscharakter der Kürzungsmaßnahmen hinweisen. Jedoch wird in der amtlichen Begründung und in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch der Gesichtspunkt der Qualitätssicherung deutlich hervorgehoben. § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V hat damit eine doppelte Zielrichtung. Eine Einordnung der Norm allein unter Anknüpfung an ihren quasidisziplinarischen Gehalt wird ihrem Regelungscharakter nicht gerecht. Ihre Qualifizierung ist vielmehr unter umfassender Einbeziehung des gesetzgeberischen Willens vorzunehmen. Dieser belegt, dass es sich im Schwerpunkt um eine Qualitätssicherungsmaßnahme handelt. Dies macht auch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. Februar 2015 deutlich. Der Doppelcharakter von § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V schließt die Einordnung als sachlich-rechnerische Richtigstellung nicht aus, sondern belegt diese Qualifizierung gerade. Die "Sanktion" des § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V knüpft auf zweiter Ebene an die gesetzlich fingierte, nicht ordnungsgemäße Leistungserbringung an. Ausweislich der amtlichen Begründung erfolgt die Honorarkürzung wegen der (vermuteten) schlechteren Qualität der vertrags(zahn)ärztlichen Leistung. Die Kürzung ist bereits bei fehlendem Nachweis der Erfüllung der Fortbildungspflicht vorzunehmen. Insoweit handelt es sich um eine klassische Konstellation für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung des Honorars, denn nach der Rechtsprechung des Bundesssozialgerichts (vgl. z.B. Bundessozialgericht, Urteile vom 8. September 2004, BSG SozR 4-2500 § 39 Nr. 3 Rn. 7, 14, m.w.N., vom 28. September 2005, B 6 KA 14/04 R und vom 22. März 2006, B 6 KA 76/04 R) besteht die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderung nicht nur im Falle rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern auch in Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat. Der auch quasidisziplinarische Charakter der Kürzung nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V schließt eine Einordnung auch als Maßnahme der sachlich-rechnerischen Richtigstellung gerade nicht aus. Dass derselbe Lebenssachverhalt Anlass für eine sachliche-rechnerische Richtigstellung des Honorars und eine Disziplinarmaßnahme seien kann, ist in der Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. beispielsweise zum Gebot der peinlichen genauen Abrechnung Bundessozialgericht, Beschluss vom 28. September 2016, B 6 KA 14/16 B; Bundessozialgericht, Urteil vom 21. März 2012, B 6 KA 22/11 R dazu Clemens in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Auflage 2016, Stand: 12. Oktober 2016, § 106a SGB V, Rn. 161;Bundessozialgericht, Beschluss vom 17. Oktober 2012, B 6 KA 19/12 B; Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 1993, 6 RKa 70/91; Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, Stand: 16. März 2017, § 95 SGB V, Rn. 436).

Vertrags(zahn)ärztliche Leistungen, die ohne Nachweis der Erfüllung der Fortbildungspflicht abgerechnet werden, sind aufgrund normativer Bestimmung formal mangelhaft. Liegt der formale Mangel des fehlenden Nachweises der Erfüllung der Fortbildungspflicht vor, ist gesetzlich vorgegeben, dass der Honoraranspruch des Vertrags(zahn)arztes unter Berücksichtigung der pauschalierten Kürzungsbeträge nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V von vornherein in geminderter Höhe entsteht (Bundessozialgericht, Beschluss vom 13. Mai 2015, B 6 KA 50/14 B, Rn. 8 - zitiert nach juris). Aufgrund der gesetzlich vorgegeben Pauschalierung ist für die Ausübung eines Kürzungsermessens, wie es in den Fällen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung auf der Grundlage von § 106a SGB V sonst notwendig ist, kein Raum. Das gesetzliche Regelungsmodell hat ferner zur Folge, dass dem von einer Kürzung auf der Grundlage von § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V betroffenen Arzt der Einwand, er habe die Einzelleistungen vollständig und ordnungsgemäß, auch dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechend erbracht, abgeschnitten ist (Pawlita, a.a.O., Rn. 32).

Dass der Gesetzgeber im Wege einer gesetzlichen Vermutung von einer Mangelhaftigkeit der erbachten vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen bei fehlendem Fortbildungsnachweis ausgegangen ist und eine pauschale Honorarkürzung vorgegeben hat, ist Ausdruck seiner Befugnis im Rahmen der Massenverwaltung zu typisieren, pauschalieren sowie generalisieren und damit nicht zu beanstanden. Der in § 95d Abs. 3 SGB V vorgesehene Sanktionsmechanismus - zunächst nur Honorarkürzung in unterschiedlicher Höhe, bei dauerhaftem Nichtnachweis der Fortbildung Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung - trägt Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten Rechnung.

Handelt es sich bei Honorarkürzungen auf der Grundlage von § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V um Fälle der sachlich-rechnerischen Berichtigung, sind die Kürzungsbeträge an die Krankenkassen zurückzuführen, soweit eine Berechnung der Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen erfolgt und gesamtvertraglich nichts anderes vereinbart ist (vgl. SG Münster, Urteil vom 26. Januar 2015, S 2 KA 33/13; SG München, Urteil vom 30. September 2016, S 49 KA 5196/15; SG Stuttgart, Urteil vom 14. Juni 2012,S 5 KA 1846/11; SG Marburg, Ur-teil vom 23. März 2011, S 12 KA 695/10; Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V 3. Auflage 2016, Stand: 21. Februar 2017, § 95d Rn. 32). Letzteres, d.h. eine Berechnung nach Einzelleistungen, ist vorliegend zwischen der Beklagten und den Ersatzkassen vereinbart worden. Eine gesamtvertragliche Regelung, die einen Erstattungsanspruch der Klägerin ausschließen würde, besteht nicht.

Soweit die Beklagten mit Schriftsatz vom 4. November 2016 ausführt, dass "das Bundessozi-algericht in nicht zu übertreffender Klarheit auch die systematische Trennung zwischen Hono-rarverteilung und Gesamtvergütungsansprüchen aufgearbeitet" habe, stellt dies die Kammer natürlich nicht in Frage. Die Trennung der Rechtskreise hat jedoch nicht zur Folge, dass bei einer Berechnung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen für Gesamtvergütungsanteile, die unter Außerachtlassung von Kürzungen nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V angefordert worden sind, eine Erstattungspflicht nicht bestehen würde. Bei der Einordnung, der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorzunehmenden Trennung der Rechtskreise Krankenkasse - Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung und Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung - Vertragszahnarzt, ist zu berücksichtigen, dass diese maßgeblich von dem Gedanken getragen ist, eine klare Zuordnung von Rechten und Pflichten in den jeweiligen Verwaltungsrechtsverhältnissen sicherzustellen. Leistungsstörungen sind im jeweiligen Rechtsverhältnis (Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung - Krankenkasse bzw. Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung - Vertrags(zahn)arzt) abzuwickeln. Auch im Falle nicht erbrachter bzw. fehlerhaft erbrachter Leistungen ist ein Durchgriff der Krankenasse gegen den Vertragsarzt ausgeschlossen (vgl. Freudenberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Auflage 2016, Stand: 1. Januar 2016, § 85 SGB V, Rn. 51). Im Ergebnis zeichnet die Unterscheidung der jeweiligen Verwaltungs-rechtsverhältnisse die bereits gesetzlich angelegte Trennung der Rechtskreise nach. Auch die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Vorschriften des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch sowie der einschlägigen gesamtvertraglichen Regelungen sehen unmittelbare Rechtsbe-ziehungen grundsätzlich nur zwischen den Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen bzw. den Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen und den Vertrags(zahn)ärzten als ihren Mitgliedern vor. Folge der Trennung der Rechtskreise ist, dass die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung als Empfängerin der Gesamtvergütung für das Fehlverhalten ihrer Mitglieder einzustehen hat (vgl. z.B. Bundessozialgericht, Urteil vom 10. Mai 1995, 6 RKa 18/94, Rn. 12 - zitiert nach juris).

Die Trennung der jeweiligen Rechtsverhältnisse hat jedoch nicht zur Folge, dass diese bezie-hungslos und rechtlich voneinander unabhängig nebeneinander stehen würden. Dass bei einer gesamtvertraglichen Regelung, die die Gesamtvergütung auf der Grundlage von Einzelleistungen berechnet, Wechselbeziehungen zwischen Gesamtvergütung auf der einen Seite und Honoraransprüche auf der anderen Seite bestehen, ist offenkundig. Bei einer Berechnung der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen bilden diese die Grundlage der Berechnung. Aus der Summe der abgerechneten Einzelleistungen ergibt sich der Gesamtvergütungsanspruch. Bilden die Einzelleistungen den Rechtsgrund für den Erhalt der Gesamtvergütung, hat ein Rechtsgrund für nicht oder nicht ordnungsgemäß erbrachte Leistungen teilweise von vornherein gefehlt, sodass insoweit ein Rückzahlungsanspruch der Krankenkassen besteht (Engelhard, a.a.O., Rn. 125).

Das teilweise Fehlen eines Rechtsgrundes für die Anforderung der Gesamtvergütung ist im Anwendungsbereich des § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V zu bejahen. Soweit die Erfüllung der Fortbildungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgewiesen worden ist, entsteht der Honoraranspruch des Vertrags(zahn)arztes von vornherein nur in geminderter Höhe; der Honoraranspruch wird nicht etwa nachträglich gemindert (Bundessozialgericht, Beschluss vom 13. Mai 2015, B 6 KA 50/14 B, Rn. 8 - zitiert nach juris). Da Grundlage der Anforderung der Gesamtvergütung der tatsächliche Honoraranspruch des Arztes ist, hat dies die Beklagte bei Anforderung der Gesamtvergütung bei der Klägerin zu berücksichtigen. Bei Gesamtvergütungsanteilen, die unter Außerachtlassung von Kürzungen nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V angefordert worden, handelt es sich um rechtsgrundlose Vermögensverfügungen, die zu erstatten sind.

Soweit die Beklagte zur Erteilung der von der Klägerin begehrten Auskunft verpflichtet ist, kam ein "Durchentscheiden" auch hinsichtlich des Zahlungsanspruchs nicht in Betracht. Bei einer Stufenklage hat das Gericht zunächst über den Auskunftsanspruch grundsätzlich vorab durch Teilurteil zu entscheiden (Bundessozialgericht, Urteil vom 13. November 2012, B 1 KR 24/11 R, Rn. 13 m.w.N. - zitiert nach juris); eine Entscheidung über den auf der letzten Stufe der Klage verfolgten Anspruch ist grundsätzlich nicht zulässig (BGHZ 107, 236, 242 unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 28. November 2001, VIII ZR 37/01).

Eine einheitliche Entscheidung über die mehreren in einer Stufenklage verbundenen Anträge kommt nur dann in Betracht, wenn schon die Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt (BGH, Urteil vom 16. Juni 2010, VIII ZR 62/09, Rn. 24 m.w.N. - zitiert nach juris; BHG, NJW 2002, 1042 [1044]). Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Die Möglichkeit, mit dem Teilurteil zur ersten Stufe der Stufenklage ein Grundurteil über den Zahlungsanspruch der weiteren Stufe zu verbinden, kam vorliegend nicht in Betracht (vgl. dazu Greger in: Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 254 Rn. 11). Erst nach Erteilung der Auskunft durch die Beklagte steht fest, ob ein Zahlungsanspruch der Klägerin besteht.

Die Kostentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten (vgl. Greger, a.a.O.).
Rechtskraft
Aus
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