L 9 U 1622/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1369/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1622/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. März 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer Trigeminusläsion als weitere Unfallfolge.

Die 1969 geborene Klägerin erlitt am 04.09.2011 bei ihrer beruflichen Tätigkeit als Servicekraft in einer Spielothek einen Unfall, als ein Stapel mit Getränkekisten umstürzte und auf sie fiel. Eine ärztliche Krankmeldung erfolgte nicht, ebenso wenig ist eine Mitteilung an den Arbeitgeber aktenkundig.

Die Klägerin stellte sich am 29.10.2011 in der Notfallambulanz der H. Spital Ü. GmbH wegen Schmerzen (Ruhe-/Kopfschmerzen) vor, wo eine rezidivierende Sinusitis maxillaris rechts bei rezidivierender Sinusitis maxillaris seit 2003 diagnostiziert wurde. Am 31.10.2011 suchte die Klägerin den HNO-Arzt Dr. Suchan auf, der sie bereits in der Vergangenheit wegen einer chronischen Sinusitis maxillaris behandelt hatte. Nach seinem Krankheitsbericht erwähnte die Klägerin dabei von einem Unfall nichts, klagte aber über Gesichtsschmerzen links seit drei Tagen. Die Neurologin und Psychiaterin R., bei der sich die Klägerin am 10.11.2011 vorstellte, führte in ihrem Bericht vom 14.11.2011 aus, die Klägerin habe ihr gegenüber den Vorgang so geschildert, dass ihr Anfang September 2011 ein Stapel mit Getränkekisten auf das Gesicht gefallen sei. Dabei habe sie sich oberflächlich im Bereich des Nasenrückens und der linken Wange verletzt. Seit drei Wochen habe sie nun auch einschießende Schmerzen unter dem linken Auge, die sich häufig wiederholten. Nach Einschätzung von Frau R. kam es aufgrund einer Prellung im linken Gesicht vermutlich auch zu einer Prellung des Nervus maxillaris links am Nervenaustrittspunkt, woraus sich in der weiteren Folge eine sekundäre Trigeminusneuralgie entwickelt habe. Der Orthopäde Dr. Schulz diagnostizierte am 11.11.2011 eine Trigeminusneuralgie (infraorbitaler Ast) nach Gesichtsschädelprellung und ein chronisch rezidivierendes Syndrom der Halswirbelsäule (HWS) mit funktionellen Verspannungen bei radiologisch geringgradigen degenerativen Veränderungen. Der Zahnarzt Michel, bei dem sich die Klägerin am 28.11.2011 vorstellte, konnte in seinem Fachbereich keine unfallbedingten Veränderungen feststellen, lediglich insuffiziente Füllungen. Er behandelte die Klägerin in der Folgezeit (nur) wegen Karies. Eine Gesichtsschädelfraktur wurde am 28.12.2011 mittels Computertomografie durch den Radiologen Rissom ausgeschlossen.

Mit Anwaltsschreiben vom 20.03.2012 zeigte die Klägerin den Unfall bei der Beklagten an. In der Unfallanzeige vom 26.03.2012 äußerte die Fa. Fischer als Arbeitgeberin, mit der sich die Klägerin bereits in einem arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit befand, ihr Befremden über den Vorgang, durch den sie erstmals durch das Anwaltsschreiben Kenntnis erlangt habe. Der Unfall sei weder von der Klägerin noch von anderen Mitarbeitern mitgeteilt worden. Auch eine Krankmeldung sei unterblieben. Dies bestritt die Klägerin in der Folgezeit und gab an, sie habe den Vorfall am selben Tag der Filialleitung gemeldet, die den Vorfall an die Gebietsleitung weitergemeldet habe.

In einer schriftlichen Eigenschilderung vom 14.05.2012 gab die Klägerin an, sie habe bei dem Unfall einen herabfallenden Getränkekasten genau ins Gesicht bekommen, die Nase habe außen geblutet, sie habe eine sichtbare offene Wunde gehabt. Zwei Glasflaschen habe sie auch noch ins Gesicht bekommen, eine auf die Stirnregion und die andere quer auf die Nase und unter das linke Auge. Sie sei zunächst von einer Prellung ausgegangen. Seit dem Unfall habe sie einen pulsierenden Schmerz unter dem linken Auge wahrgenommen, aber nicht so stark. Anfang Oktober seien die Beschwerden dann stärker geworden, und sie habe Schmerzmedikamente einnehmen müssen. Als es während des Spätdienstes am Samstagabend (Ende Oktober) nicht mehr zum Aushalten war, sei sie ins Krankenhaus gefahren und habe sich arbeitsunfähig schreiben lassen. Allerdings sei man da noch davon ausgegangen, dass eine Nasennebenhöhlenentzündung die starken Schmerzen in der linken Gesichtshälfte verursacht habe.

Mit Anwaltsschreiben an die Beklagte vom 20.07.2012 ließ die Arbeitgeberin mitteilen, die befragten Kolleginnen der Klägerin (Frau Winter und Frau Mewes) könnten den Schadenshergang nicht bestätigen. Die Arbeitskollegin Mewes habe bis auf einen kleinen Kratzer auf der Nase keine Verletzungen bei der Klägerin erkennen können, auch keine Verletzungen im Gesichtsfeld oder der Stirn; die Klägerin habe auch in der Folgezeit nicht gegenüber Kollegen über Schmerzen geklagt. Nach Erinnerung der Kollegin Mewes habe es jedoch Ende Oktober 2011 eine Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und einer anderen Kollegin gegeben, welche als Auslöser für die spontane Feststellung der Krankheit angesehen werde.

Aktenkundig ist ein früherer Arbeitsunfall der Klägerin vom 15.01.2003 in der Zuständigkeit der Unfallkasse Baden-Württemberg (eine Patientin der damals in einem Altenpflegeheim arbeitenden Klägerin war von ihr zusammen mit einer Kollegin abgefangen worden; es wurden Verletzungen an der Hals- und Lendenwirbelsäule geltend gemacht) mit nachfolgendem gerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht Konstanz (SG, S 11 U 2750/10). Die von der Klägerin unter dem 28.10.2010 erhobene Klage wurde am 18.02.2011 zurückgenommen nach rechtlichem Hinweis des Gerichts auf fehlende Brückensymptome zwischen dem Vorfall und den erst im Sommer 2009 geltend gemachten Beschwerden. Weiterhin sind u.a asthmatische Beschwerden der Klägerin wegen Belastungen ihrer Wohnung mit Schimmel bekannt, weswegen sie in den Jahren 2004 und 2005 in Behandlung bei dem Umweltmediziner Dr. Kurt Müller, Isny, war. Ausweislich eines Arztbriefs des Neurologen Dr. Krott wurde die Klägerin im Jahr 2007 wegen Verdacht auf Migräne in Kombination mit Spannungskopfschmerzen sowie einer Hypästhesie der rechten Wange unklarer Genese behandelt. Ausweislich des beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnisses der Barmer Krankenkasse war die Klägerin vor dem Unfall zuletzt am 25.08.2011 wegen einer chronischen Sinusitis drei Tage arbeitsunfähig.

Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. Helm wies in Stellungnahmen vom 09.04.2013 und 29.08.2013 darauf hin, dass die Klägerin linksseitige Beschwerden angegeben habe, während im H. Spital Ü. eine rechtsseitige Sinusitis maxillaris festgestellt worden sei. Mögli-cherweise handle es sich um eine Seitenverwechslung. Nach seiner Auffassung bestünden im Hinblick auf die Vorerkrankungen Zweifel an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfall und den heutigen Beschwerden.

Die Beklagte holte sodann ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Prof. Dr. K., Kliniken Schmieder Allensbach ein, der im zusammen mit Dr. Sfetcu erstellten Gutachten vom 22.01.2014 bei der Klägerin einen neuropathischen Schmerz und eine Hypästhesie im Versorgungsgebiet des Nervus infraorbitialis links feststellte, welche Folge des Vorfalls vom 04.09.2011 seien. Aufgrund der Beschwerdeschilderung liege keine Trigeminus-Neuralgie vor. Hierbei sei ein spontaner oder getriggerter, blitzartig einschießender Schmerz im Bereich eines oder mehrerer Trigeminusäste typisch, der meist nur wenige Sekunden anhalte. Bei der Klägerin zeigten sich aber permanente Schmerzen, die nicht durch Triggermechanismen verstärkt oder ausgelöst werden könnten. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er auf 10 v.H. Im Rahmen eines Zusatzgutachtens wurden von der Radiologin Dr. Richter unter dem 30.01.2014 ausgedehnte Schleimhautschwellungen der Nasenhaupt- und nebenhöhlen im Sinne einer Pansinusitis festgestellt. Die Veränderungen seien entzündlicher Art und nicht unfallbedingt.

Der Einschätzung von Prof. Dr. K. trat Dr. Helm in einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.03.2014 entgegen und verwies auf die seit 2007 vorbestehenden rezidivierenden Sinusitiden und darauf, dass die Klägerin nach dem Vorfall vom 04.09.2011 erstmals am 29.10.2011 untersucht worden sei und von ihr hierbei keine Angaben über einen Unfallzusammenhang gemacht worden seien. Die Zuordnung des diagnostizierten neuropathischen Schmerzsyndroms zu dem Unfallereignis sei daher spekulativ und allenfalls möglich, wahrscheinlich - d.h. es spreche mehr dafür als dagegen - seien jedoch die dokumentierten Nasennebenhöhlenentzündungen ursächlich.

Mit Bescheid vom 18.06.2014 erkannte die Beklagte eine folgenlos ausgeheilte Prellung im Gesichtsbereich als Folge des Unfalls vom 04.09.2011 an. Die später festgestellte Trigeminusläsion werde nicht als Unfallfolge anerkannt. Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und verwies auf den ursächlichen Zusammenhang. Zugleich machte sie die Erstattung zahnärztlicher Behandlungen geltend.

Die Beklagte holte daraufhin - auf Vorschlag der Klägerin - ein Gutachten bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. T. ein, der unter dem 09.03.2015 einen atypischen Gesichtsschmerz und ein neuropathisches Schmerzsyndrom im Bereich des Nervus infraorbitialis links diagnostizierte, außerdem u.a. rezidivierende Nasennebenhöhlenentzündungen. Zwischen den Gesundheitsstörungen und dem möglichen Arbeitsunfall vom 04.09.2011 könne kein kausaler Zusammenhang nachgewiesen werden. Er verwies auf das Fehlen objektiver Befunde unmittelbar nach dem Vorfall, da die Vorstellung bei einem D-Arzt erst mit großer zeitlicher Verzögerung erfolgte. Strukturelle Schäden bestünden nicht. Der Verlauf der Schmerzentwicklung mit Zunahme über mehrere Wochen bis zu einer notfallmäßigen Vorstellung erst am 29.10. 2011 sei sehr untypisch. In der Mehrzahl der Fälle bleibe die Ursache von atypischem Gesichtsschmerz, Trigeminusneuralgien und anderen Schmerzsyndromen im Gesichtsbereich unklar. Außerdem leide die Klägerin an rezidivierenden Nasennebenhöhlenentzündungen, welche die Beschwerden im linken Gesichtsbereich sehr wahrscheinlich mitverursacht hätten. Es bestünden auch Hinweise auf eine psychische Erkrankung, wie z.B. eine latente depressive Episode oder Dysthymia. Das Gutachten von Prof. Dr. K. und Dr. Sfetcu vom 22.01.2014 sei nicht überzeugend, da eine Unfallkausalität des neuropathischen Schmerzes und der Hypästhesie befürwortet werde, ohne dies sinnvoll zu begründen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2015 wies die Beklagte den Widerspruch daraufhin zurück.

Am 24.06.2015 hat die Klägerin Klage beim SG erhoben und zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens bei Prof. Dr. Dr. W., der unter dem 04.05.2016 berichtet hat, die Klägerin habe angegeben, 2011/2012 in der Spielothek und anschließend als Altenpflegerin in Teilzeit gearbeitet zu haben. Seit Juni 2014 arbeite sie in Vollzeit im Krankenhaus Ü. in der Zentralsterilisation. Sie habe unmittelbar nach dem Unfall pulsierende Schmerzen im Bereich der linken Wange bekommen. Die Beschwerden seien noch zweimalig wieder gekommen, das erste Mal im Herbst 2013 oder 2014 und das zweite Mal im August 2015 in Form eines einschießenden Schmerzes in der linken Wange. Nach kurzzeitiger Carbamazepin-Einnahme seien die Beschwerden jeweils wieder verschwunden. Der Gutachter diagnostizierte auf neurologischem Fachgebiet rezidivierende Trigeminusneuralgien im Bereich des zweiten Trigeminusastes links und führte dazu aus, es falle schon schwer, den Nachweis eines geeigneten Primärschadens im erforderlichen Vollbeweis zu erbringen. Hierzu wäre erforderlich, dass in irgendeiner Weise ein Lokalbefund im Bereich der linken Wange in Form einer Verletzung oder eines Hämatoms dokumentiert sei. Diese sei jedoch nicht der Fall. Beschrieben sei eine Verletzung im Bereich des Nasenrückens, die auch geblutet habe. Diese erscheine jedoch nicht geeignet, ein wesentlich weiter lateral davon gelegenes Schmerzsyndrom zu verursachen. Eine irgendwie ersichtliche Verletzung im Bereich der Wange sei von der Klägerin auch ausdrücklich verneint worden. Es lägen auch keine Brückensymptome für eine Zusammenhangsbeurteilung vor. Hiervon ausgehend sei ein ursächlicher Zusammenhang der Trigeminusneuralgien mit dem Unfall lediglich möglich. Der Verlauf sei in keiner Weise richtungsweisend, sondern lasse mehrere Möglichkeiten offen, die von einer traumatischen Verursachung bis hin zu einer primär entzündlichen Genese oder auch zu einer idiopathischen Trigeminusneuralgie reichten. Es finde sich aktuell auch kein Hinweis (mehr) auf eine Schädigung des Nervus trigeminus im Bereich des Oberkiefers. Auf Einwendungen der Klägerin hat das SG Prof. Dr. Dr. W. ergänzend befragt, der unter dem 22.08.2016 an seiner bisherigen Einschätzung festgehalten hat.

Durch Urteil vom 21.03.2017, welches ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, diese sei teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet. Die Beklagte habe im angefochtenen Bescheid lediglich über die Unfallfolgen entschieden. Soweit mit der Klage auch die Verurteilung zur Gewährung einer Rente, der Ersatz von Heilbehandlungskosten (Zahnbehandlung) und deren Verzinsung beantragt wurde, sei die Klage daher unzulässig. Soweit neben der Aufhebung der ablehnenden Bescheide die Feststellung weiterer Unfallfolgen begehrt werde, sei die Klage unbegründet. Die Klägerin habe einen Arbeitsunfall erlitten. Mit der Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass diese eine Prellung als Folge des Unfalls vom 04.09.2011 erlitten habe, die Trigeminusläsion jedoch nicht als Unfallfolge anerkannt werde, habe die Beklagte deutlich gemacht, dass auch sie von einem Arbeitsunfall ausgehe. Ansonsten hätte sie einen solchen ausdrücklich abgelehnt und nicht über Unfallfolgen entschieden. Die Trigeminusläsion und der von der Klägerin geltend gemachte Abbruch eines Nervs im Bereich des Oberkiefers seien nach der Überzeugung des Gerichts keine Folge des Arbeitsunfalls. Dies ergebe sich aus dem gerichtlichen Gutachten von Prof. Dr. Dr. W., der die Klägerin persönlich untersucht und ihre Gesundheitsbeeinträchtigungen auf der Grundlage der Akten einer nachvollziehbaren und überzeugenden Würdigung zugeführt habe. Das Gutachten sei schlüssig, weswegen das Gericht sich auf die Ausführungen von Prof. Dr. Dr. W. und die von Dr. T. beziehen könne. Dem abweichenden Gutachten von Prof. Dr. K. sei nicht zu folgen.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 03.04.2017 zugestellte Urteil hat dieser am 25.04.2017 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung geltend gemacht, soweit die Klage als unzulässig abgewiesen worden sei, gehe dies fehl. Er habe die Klage, mit welcher ursprünglich auch die Gewährung von Entschädigungsleistungen (Verletztenrente, Zahnbehandlungskosten) begehrt worden war, auf rechtlichen Hinweis des Gerichts nachträglich beschränkt. Die Entscheidung des SG sei auch in der Sache unrichtig, als die später festgestellte Trigeminusläsion nicht als Unfallfolge anerkannt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. März 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, auch die später festgestellte Trigeminusläsion als Folge des Unfalls vom 4. September 2011 anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Der Senat hat Beweis erhoben auf Antrag der Klägerin durch Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beim Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. B ... Dieser hat in seinem psychiatrisch-schmerzpsychologischen Gutachten vom 06.09.2017 ausgeführt, die Klägerin habe angegeben, momentan habe sie Ruhe mit den Beschwerden im Gesicht, sie hoffe, das bleibe so; bis August 2015 habe sie Beschwerden unter dem linken Auge gehabt. Sie habe im September 2017 eine Umschulung zur biologisch-technischen Assistentin begonnen. Prof. Dr. B. hat psychiatrisch eine anhaltende depressive Symptomatik im Sinne einer leichten bis phasenweise mittelgradigen depressiven Symptomatik verbunden mit Ängsten, schmerzpsychologisch ein polytopes Schmerzsyndrom (lumbal, rechtes Ellenbogengelenk, Gonalgie links) und neurologisch ("nicht mein Fachgebiet") einen Zustand nach Trigeminusneuralgie 2. Ast links, traumatisch getriggert (ICD G50.0) diagnostiziert. Seines Erachtens liege ein Zustand nach traumatisch bedingter Trigeminusneuralgie vor, die nach Angaben der Klägerin seit August 2015 ausgeheilt sei. Der Unfall sei unter Berücksichtigung der Unfallschilderung der Klägerin nach seinem Dafürhalten durchaus geeignet. Eine relevante Vorschädigung im neurologisch-psychiatrischen Bereich könne er so nicht erkennen, er sei auch nicht der Auffassung, dass die vorbestehende Sinusitis die Beschwerden zu erklären vermöge. Es gebe einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Trigeminusneuralgie und dem Unfall, der gut nachvollziehbar sei; die Latenz bis zum ersten Arztbesuch sei erstens nicht ungewöhnlich und zweitens gut erklärbar durch sich allmählich aufbauende Beschwerden, die dann irgendwann nicht mehr toleriert werden konnten einerseits, aber auch durch die Durchhaltementalität der Betroffenen mit aktiver Bewältigungsstrategie andererseits. Unfallhergang, Beschwerdeentwicklung, Beschwerdeschilderung, freimütiges Einräumen der Beschwerdefreiheit seit August 2015 und insgesamt authentisch wirkender Rapport ließen aus seiner Sicht keinen Zweifel an der Kausalität aufkommen. Die Unfallfolge Trigeminusneuralgie liege nicht auf seinem Fachgebiet, sie sei allerdings psychiatrisch-schmerzpsychologisch verstehbar. Zum Gutachten von Dr. T. sei zu sagen, dass nicht schlüssig begründet sei, warum kein Zusammenhang mit dem Unfall bestehen solle. Auch in Bezug auf das Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. sei anzumerken, dass vor dem Unfall die Behandlung mit Carbamapezin nicht erforderlich gewesen sei. Es müsse nun wirklich in das Reich der Spekulation verwiesen werden, dass der Unfall nicht die auslösende Ursache gewesen sei, zumal auch eine Sinusitis nicht zwangsläufig mit einer Trigeminusneuralgie einhergehe.

Zu dem Gutachten von Prof. Dr. B. hat Prof. Dr. Dr. W. unter dem 05.10.2017 ergänzend Stellung genommen. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur schriftsätzlichen Stellungnahme hierzu erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Akten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte sowie form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Zulässigerweise verfolgt die Klägerin die Anerkennung der Trigeminusneuralgie links als weitere Unfallfolge gemäß § 54 SGG mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Der Verletzte kann seinen Anspruch auf Feststellung, dass eine Gesundheitsstörung Folge des Arbeitsunfalls ist, nicht nur mit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG geltend machen. Er kann wählen, ob er stattdessen sein Begehren mit einer Kombination aus Anfechtungsklage gegen den das Nichtbestehen des von ihm erhobenen Anspruchs feststellenden Verwaltungsakt und einer Verpflichtungsklage, die auf Anerkennung der Unfallfolge durch die Beklagte gerichtet ist, verfolgen will (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - Juris).

Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Soweit das SG die Klage als unzulässig abgewiesen hat in Bezug auf die (zunächst) ebenfalls geltend gemachten Entschädigungsleistungen, die auf rechtlichen Hinweis des Gerichts aber nicht bis zuletzt weiterverfolgt wurden, ist die Klägerin hierdurch nicht beschwert, da die Klageabweisung im Ergebnis zu Recht erfolgt ist und sie dadurch nicht in eigenen Rechten verletzt ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Trigeminusneuralgie links als Unfallfolge.

Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 102 SGB Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) haben Versicherte gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger Anspruch auf Feststellung einer Unfallfolge, wenn ein Gesundheitsschaden durch den Versicherungsfall rechtlich wesentlich verursacht wird (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R -). Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).

Ein Arbeitsunfall setzt voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang) und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl. BSG, Urteile vom 04.12.2014 - B 2 U 18/13 R - BSGE 118, 18 = SozR 4-2700 § 101 Nr. 2; vom 26.06.2014 - B 2 U 4/13 R und B 2 U 7/13 R -; vom 15.05.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 21, Rdnr. 10 m.w.N. und vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 44 Rdnr. 26 f. m.w.N.). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.

Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung. Bei der auf der ersten Stufe zu prüfenden objektiven Verursachung kommt es darauf an, dass die versicherte Verrichtung für das Unfallereignis und dadurch für den Gesundheitserstschaden oder den Tod eine (Wirk-) Ursache war (BSG, Urteile vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 55; vom 26.06.2014, a.a.O.; vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, Rdnr. 31 ff.). Auf dieser ersten Stufe setzt die Zurechnung mithin voraus, dass die Einwirkung durch die versicherte Verrichtung objektiv (mit-)verursacht wurde. Für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine Wirkursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und hat der Unfallversicherungsträger nicht einzustehen. Wirkursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. In der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der "conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, in einer besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein. Hierzu gehört die Prüfung, ob das Unfallereignis einschließlich des festgestellten Verletzungsmechanismus tatsächlich geeignet war, die fragliche Schädigung hervorzurufen. Ist dies nicht der Fall, kann es hinweggedacht werden und die Schädigung wäre trotzdem vorhanden. Dem entsprechend können Unfallereignisse regelmäßig nur dann als "nicht geeignet" bewertet werden, wenn der als geschädigt in Rede stehende Körperteil durch den Unfall überhaupt nicht betroffen war. Auch lediglich geringfügige Einwirkungen durch den Unfall lassen dagegen die naturwissenschaftliche Eignung nicht entfallen; die Frage nach dem Ausmaß der Einwirkung ist erst auf der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung, bei der Frage der "Wesentlichkeit", von Bedeutung (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.11.2009 - L 10 U 3951/08 -, Rdnr. 34, juris). Ob die versicherte Verrichtung eine (geeignete) Wirkursache für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen (ggf. unter Einholung von Sachverständigengutachten) beantwortet werden (grundlegend BSG, Urteile vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 44 Rdnr. 55 ff.; vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, Rdnr. 31 ff.).

Steht die versicherte Tätigkeit als eine der (Wirk-)Ursachen fest, muss sich auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller weiteren auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestands fallenden Gefahr darstellen. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll (BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, Rdnr. 37).

Liegen neben der versicherten Ursache noch konkurrierende Ursachen vor, wie z.B. Krankheitsanlagen, ist die versicherte Ursache nur dann wesentlich, solange die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war (vgl. BSG, Urteile vom 12.02.1970 - 7/2 RU 262/67 - SozR Nr. 6 zu § 589 RVO und vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269-273, SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 a. F.). Eine Krankheitsanlage war von überragender Bedeutung, wenn sie so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die (naturwissenschaftliche) Verursachung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinungen verursacht hätte (BSGE 62, 220, 222 f. = SozR 2200 § 589 Nr. 10 S. 30). War die Krankheitsanlage von überragender Bedeutung, so ist die versicherte naturwissenschaftliche Ursache nicht als wesentlich anzusehen und scheidet als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts aus; sie ist dann bloß eine so genannte Gelegenheitsursache (BSG, Urteil vom 12.04.2005, a.a.O.).

Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4 m.w.N.). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Es genügt nicht, wenn der Ursachenzusammenhang nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Denn es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde. Es reicht daher zur Begründung des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus, gegen diesen Zusammenhang sprechende Umstände auszuschließen. Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteile vom 27.06.1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11; BSG, und vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 29).

Hiervon ausgehend stand die Klägerin bei dem Arbeitsunfall vom 04.09.2011, dessen Vorliegen auch die Beklagte im angegriffenen (und insoweit bestandskräftigen) Bescheid nicht in Zweifel gezogen hat, unter Versicherungsschutz des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Sie erlitt diesen in Ausübung ihrer Tätigkeit als Servicekraft in einer Spielothek. Bei dem Herabfallen von Getränkekisten handelt es sich um ein plötzliches, ungewolltes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis.

Der Senat stellt weiter fest, dass das Unfallereignis bei der Klägerin zu einem Gesundheitserstschaden geführt hat. Nachgewiesen als dem Unfallereignis kausal zuzurechnender Gesundheitserstschaden ist eine Schürfwunde am Nasenrücken, die offenbar auch von einer Arbeitskollegin der Klägerin (Frau Mewes) bemerkt wurde. Weitere Erstschäden, namentlich im Bereich der linken Gesichtshälfte bzw. des Trigeminusnervs, sind allerdings weder ärztlich dokumentiert noch sonst belegt. Zwar fielen die Getränkekisten der Klägerin nach ihrer eigenen Unfallschilderung auf das Gesicht, wodurch sie außer der Verletzung im Bereich des Nasenrückens auch Verletzungen der linken Gesichtshälfte erlitten habe. Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Lokalbefund im Bereich der linken Wange in Form einer Verletzung oder eines Hämatoms nicht dokumentiert ist. Der erste ärztliche Befund des H. Spital Ü. datiert vom 29.10.2011, also rund acht Wochen nach dem Unfall, und dokumentiert Beschwerden im Bereich der rechten (sic!) Gesichtshälfte. Auch der am 31.10.2011 konsultierte HNO-Arzt Dr. S. dokumentiert in seinem Bericht kein Unfallereignis mit entsprechenden Folgen, die für die Schmerzen im Bereich des Trigeminusnervs verantwortlich sein könnten. Danach habe die Klägerin bei ihm über keinen Unfall berichtet, sondern davon, dass sie "davor auch immer wieder" Schmerzen im Bereich der linken Gesichtshälfte gehabt habe. Die - nachgewiesene - Verletzung im Bereich des Nasenrückens ist, worauf Prof. Dr. Dr. W. hingewiesen hat, als Erstschaden indessen nicht geeignet, ein wesentlich weiter lateral davon gelegenes Schmerzsyndrom zu verursachen.

Selbst wenn man aber zugrunde legt, dass die herabfallenden Getränkekisten, wie die Klägerin es gegenüber mehreren Ärzten geschildert hat, auch ihre linke Gesichtshälfte getroffen haben und sie hierdurch jedenfalls eine Prellung im Gesicht (als Gesundheitserstschaden) erlitten hat, ist der Unfall zur Überzeugung des Senat nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Wirkursache der Läsion des Trigeminusnervs geworden. Die Trigeminusneuralgie, deren - sporadisches, wenngleich nicht andauerndes Auftreten - jedenfalls bis August 2015 (seitdem ist sie wohl ausgeheilt) hinsichtlich ihres (medizinischen) Vorliegens belegt ist, ist zur Überzeugung des Senats nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit durch eine traumatische Schädigung infolge des Unfalls vom 04.09.2011 (mit-)verursacht worden.

Der Senat folgt insoweit dem überzeugenden Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Dr. W. in Verbindung mit dessen ergänzenden Stellungnahmen sowie dem urkundsbeweislich verwertbaren neurologischen Gutachten von Dr. T. Prof. Dr. Dr. W. hält es zwar für möglich, dass es durch einen Schlag auf die linke Wange zu einer Schädigung von Hautästen des Nervus trigeminus gekommen sein kann, ebenso wie er es für möglich hält, dass sich durch eine traumatische Erschütterung des Kieferknochens eine schmerzhafte Zahnwurzelentzündung, zumal angesichts vorbestehender rezidivierender Nasennebenhöhlenentzündungen, entwickelt hat. Allerdings ist, worauf er zu Recht hinweist, ein solcher Kausalverlauf allenfalls möglich. Eine - erforderliche - hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Unfall den Trigeminusnerv tatsächlich geschädigt und die Neuralgien (mit-)verursacht hat, besteht zur Überzeugung des Senats nicht. Prof. Dr. Dr. W. hat in seinem schlüssigen Gutachten neben dem fehlenden unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen Unfall und Beschwerdeeintritt bzw. Behandlungsbeginn auf weitere Umstände hingewiesen, die gegen einen solchen tatsächlichen Verursachungsbeitrag sprechen. So waren bei der ersten neurologischen Untersuchung acht Wochen nach dem Unfall bei der Neurologin und Psychiaterin R. nicht nur der 2., sondern auch der 1. Trigeminusaustrittspunkt dolent, was gegen eine isolierte Nervenschädigung im Bereich der Wange spricht. Weiter ist im nervenärztlichen Befund der Neurologin R. vom 14.11.2011 davon die Rede, es bestünden bei der Klägerin "seit 3 Wochen", also ungefähr der letzten Oktoberwoche 2011 und daher nicht zeitnah zu dem Unfallereignis vom 04.09.2011, einschießende Schmerzen im Bereich der linken Wange. Dies deckt sich im Wesentlichen mit den Angaben der Klägerin bei der Exploration durch Prof. Dr. Dr. W., wonach es am Samstag, dem 29.10.2011 beim Bücken erstmals zu derartigen einschießenden Schmerzen gekommen ist, dass sich die Klägerin dazu veranlasst gesehen hat, die Notfallambulanz des Klinikums Ü. aufzusuchen. Dass der Schmerzeintritt beim Bücken erfolgte, spricht nach Auffassung von Prof. Dr. Dr. W. für einen "Ventilmechanismus" im Bereich der linken Kieferhöhle, wie er bei Kieferhöhlenentzündungen recht typisch ist - und damit gegen eine traumatische Verursachung.

Ein kausaler Zusammenhang zwischen den rezidivierenden Trigeminusneuralgien im Bereich des zweiten Trigeminusastes und dem Unfall lässt sich auch im Übrigen nicht wahrscheinlich machen. Der Verlauf ist nach den nachvollziehbaren Ausführungen von Prof. Dr. Dr. W. in keiner Weise richtungsweisend, sondern lässt mehrere Möglichkeiten offen, die von einer traumatischen Verursachung bis hin zu einer primär entzündlichen Genese oder auch zu einer idiopathischen Trigeminusneuralgie reichen. Prof. Dr. Dr. W. hat auch schlüssig dargelegt, dass außer den von ihm festgestellten rezidivierenden Trigeminusneuralgien im Bereich des zweiten Trigeminusastes links keine Gesundheitsbeeinträchtigungen vorliegen, auch keine Trigeminusneuropathie, wie von Prof. Dr. K. angenommen. Prof. Dr. W. hat bei seiner Untersuchung der Klägerin keinen Hinweis auf eine Schädigung des Nervus trigeminus im Bereich des Oberkiefers finden können. Alle von ihm durchgeführten neurologischen Testungen ergaben einen regelgerechten Befund. Der Umstand, dass offenbar keine nachhaltige Nervenschädigung eingetreten ist, wird auch dadurch belegt, dass die Beschwerden nach eigenen Angaben der Klägerin seit August 2015 nicht mehr aufgetreten sind.

Die Beurteilung von Prof. Dr. Dr. W. deckt sich mit der im Gutachten des Dr. T., der ebenfalls darauf hingewiesen hat, dass es an eindeutigen Befunden für eine weitergehende Schädigung unmittelbar nach dem Vorfall fehlt. Auch er hat dargelegt, dass die von der Klägerin beschriebene Symptomatik (einschießende Schmerzen beim Bücken) typisch für eine Kieferhöhlenentzündung sei. Zwar könne sich ein vereiterter Zahn nach einem Gesichtstrauma entwickeln, die überwiegende Ursache vereiterter Zähne sei jedoch nicht traumatisch bedingt, vielmehr sei es nicht selten anzutreffen, dass eine Zahnvereiterung auf den zweiten Trigeminusast einwirkt. Die überwiegende Ursache von Trigeminusneuralgien sei das spontane Auftreten bzw. im Rahmen von Virusinfekten. Dies könne im Fall der Klägerin nicht ausgeschlossen werden. Gegen eine traumatische Schädigung spreche auch der rezidivierende Charakter der Schmerzen mit einem mehrmaligen Auftreten im Verlauf von fünf Jahren. Auch der Umstand, dass es - wie von der Klägerin angegeben - zu einer eitrigen Entzündung im Zahnbereich gekommen ist, spricht dafür, dass die Ursache nicht in einer durch den Unfall verursachten Nervenschädigung zu sehen ist, wie Prof. Dr. Dr. W. in seiner ergänzenden Stellungnahme an das SG überzeugend dargelegt hat.

Nicht zu folgen vermag der Senat dem Gutachten von Prof. Dr. B., der - fachfremd - auf neurologischem Gebiet einen Zustand nach Trigeminusneuralgie diagnostiziert und diesen kausal auf das Unfallereignis zurückgeführt hat, als Nachweis für den Unfallzusammenhang aber offenbar die subjektive Beschwerdeschilderung sowie einen gewissen zeitlichen Zusammenhang genügen lässt. Es fehlen insoweit sowohl Ausführungen zum Nachweis eines körperlichen Erstschadens als auch dazu, dass und warum mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Zusammenhang zwischen der Trigeminusneuralgie und dem Unfallschaden bestehen soll. Soweit Prof. Dr. B. stattdessen ausführt, in den Gutachten von Dr. T. und Prof. Dr. Dr. W. sei nicht schlüssig begründet, warum - vor dem Hintergrund der subjektiven Schilderung und des gewissen zeitlichen Zusammenhangs - kein Zusammenhang mit dem Unfall bestehen solle, verkennt er die beschriebenen Beweisanforderungen im Unfallversicherungsrecht und den Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast), die hier in Bezug auf die anspruchsbegründenden Tatsachen (unfallbedingter wesentlicher Zusammenhang) die Klägerin trifft. Ist aber der rechtliche (Wirk-)Ursachenzusammenhang zwischen der aus einer versicherten Tätigkeit herrührenden schädigenden Einwirkung und der hierauf zurückzuführenden Läsion des Trigeminusnervs als Gesundheitsschaden nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, so bedarf es nicht der - auf der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung vorzunehmenden - Betrachtung von etwaigen konkurrierenden bzw. Alternativursachen (idiopathische Trigeminusneuralgie, Reizsymptomatik des Nervus maxillaris im Rahmen einer chronischen Sinusitis) und des Eingehens darauf, inwieweit diese hier rechtlich wesentlich geworden sein könnten für die später festgestellte Trigeminusneuralgie.

Der Senat sieht keine Veranlassung, der schriftsätzlichen Anregung der Klägerin zu folgen, Prof. Dr. B. zur Erläuterung seines Gutachtens und zur abweichenden Beurteilung von Prof. Dr. Dr. W. ergänzend zu befragen. Beide Gutachter haben sich mit der zwischen ihnen im Wesentlichen unstreitigen Befundlage sowie den Schilderungen der Klägerin argumentativ auseinander gesetzt, sind allerdings zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt. Prof. Dr. Dr. W. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 05.10.2017 auch keine entscheidenden neuen Gesichtspunkte benannt, sondern seine Leistungsbeurteilung lediglich nochmals - schlüssig - begründet. Die Würdigung von (auch unterschiedlichen) Gutachtenergebnissen gehört aber zur Beweiswürdigung (BSG, Urteil vom 22.10.2008 - B 5 KN 1/06 B - juris), die dem Senat vorbehalten ist. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb dem bereits nach § 109 SGG gehörten Gutachter das "letzte Wort" verbleiben muss (ebenso wie hier Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 12. Aufl., § 109 Rdnr. 10b m.w.N.). Ebenso besteht keine Veranlassung, ein weiteres Gutachten auf neurologischem Fachgebiet (allein) deswegen einzuholen, weil die Leistungseinschätzung der Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. W. und Dr. T. von der des Facharztes für Psychiatrie (und Psychotherapie) Prof. Dr. B. abweicht. Die Würdigung unterschiedlicher Gutachtenergebnisse gehört - wie ausgeführt - zur Beweiswürdigung, die dem Senat vorbehalten ist (vgl. BSG, Urteil vom 22.10.2008, a.a.O.). Weiteren Klärungsbedarf auf neurologischem oder sonstigem Fachgebiet vermag der Senat nicht zu erkennen.

Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved