L 7 R 2725/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 1019/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 2725/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte (sog. "Rente mit 63") anstatt der ihm bereits gewährten Altersrente für langjährige Versicherte.

Der Kläger 1951 geboren. Er schloss am 20. November 2006 mit seinem damaligen Arbeitgeber, der D. AG, einen Altersteilzeitvertrag. Danach wurde das damals bestehende Vollzeitarbeitsverhältnis mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2008 als Teilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt und endete spätestens am 30. November 2013. Die Arbeitsleistung erfolgte dabei in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vom 1. Dezember 2008 bis 31. Mai 2011 (Arbeitsphase). Im Anschluss daran wurde der Kläger freigestellt (Freistellungsphase).

Der Kläger beantragte am 30. Juli 2013 bei der Beklagten Altersrente nach Altersteilzeitarbeit ab dem 1. Dezember 2013. Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 4. September 2013 darauf hin, dass die beantragte Altersrente nach Altersteilzeit frühestens am 1. Dezember 2014 beginnen würde. Sie bat um Bestätigung, dass er ab dem 1. Dezember 2013 Altersrente für langjährig Versicherte mit einem Abschlag von 10,8 Prozent in Anspruch nehmen wolle. Am 8. Oktober 2013 (Schreiben vom 7. Oktober 2013) bestätigte der Kläger der Beklagten, dass er ab dem 1. Dezember 2013 Altersrente für langjährig Versicherte mit einem Abschlag von 10,8 Prozent in Anspruch nehmen wolle. Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 4. November 2013 Altersrente für langjährig Versicherte nach § 36 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ab dem 1. Dezember 2013 in Höhe von monatlich 1.586,20 EUR. Hiergegen legte der Kläger einen Rechtsbehelf nicht ein.

Am 13. November 2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährige Versicherte ab dem 1. Dezember 2014.

Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 20. November 2014 ab. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährige Versicherte lägen nicht vor, da der Kläger bereits eine Altersrente beziehe. Es sei nicht zulässig, von einer bindend bewilligten oder bezogenen Altersrente in eine andere Altersrente zu wechseln.

Hiergegen erhob der Kläger am 22. Dezember 2014 Widerspruch. Da bei ihm 45 Beitragsjahre vorlägen und er das 63. Lebensjahr vollendet habe, wolle er eine Angleichung bzw. einen Nachtrag auf eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

Die Widerspruchsstelle der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2015 zurück. § 34 Abs. 4 SGB VI regele, dass Versicherte, die sich bereits für eine Altersrente entschieden hätten, nicht mehr in eine andere Rente wechseln könnten. Ein "Wechsel" im Sinne des § 34 Abs. 4 SGB VI liege vor, wenn nach einer Altersrente nahtlos eine andere Rente bezogen werden solle. Die Ausschlussregelung komme daher nur dann zur Anwendung, wenn sich für die weitere Rente ein späterer Rentenbeginn ergeben würde als für die zuerst bewilligte Altersrente. Bei zeitgleichem oder früherem Beginn der Bewilligung der weiteren Altersrente liege kein Wechsel vor. Der Kläger beziehe bereits ab dem 1. Dezember 2013 auf Grund eines bindenden Rentenbescheides eine Altersrente. Ein Wechsel sei daher nicht möglich.

Hiergegen hat der Kläger am 27. März 2015 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben. Ausschlaggebend für sein Begehren sei, dass er bei der Beratung zu den Möglichkeiten der Inanspruchnahme einer Altersteilzeit und der damit verbundenen Teilzeitrente keinerlei Auskünfte darüber erhalten habe, inwiefern sich eine solche Wahl nachteilig auf die regulär zu beziehende Altersrente für langjährig Versicherte auswirke und dass damit ein immenser monatlicher finanzieller Verlust verbunden sein würde. Es sei keinerlei Aufklärung dazu erfolgt, dass ein späterer Wechsel der Rentenart nicht mehr möglich sei. Er hätte diese Form der Altersteilzeit nicht gewählt, wäre er im Vorfeld hinreichend über die Folgen der Inanspruchnahme der Altersteilzeit unter dem Ausschluss jedweder Wechseloption aufgeklärt worden. Ihm sei erst nach Erreichen der Voraussetzungen für den Bezug der abschlagsfreien Altersrente für langjährig Versicherte seitens der Beklagten die Auskunft erteilt worden, dass ein solcher Wechsel einer Rentenart ausgeschlossen und ihm daher jede weitere Wahloption abgeschnitten sei. Auf Grund der besonderen Situation der unvollständigen und fehlerhaften Beratung sei ihm ein solcher Wechsel nunmehr zu ermöglichen. Seine Beratung hinsichtlich der Altersteilzeit und möglicher Rentenoption sei seitens der Abteilung Human recources der damaligen D. AG erfolgt. Er sei unter anderem nicht darauf hingewiesen worden, dass eine umfassende Beratung seitens der Beklagten stattfinden sollte.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Der Kläger habe sich zu keinem Zeitpunkt an die Rentenversicherung gewandt und um Auskunft gebeten, inwiefern sich eine vorgezogene Altersrente negativ auswirken könnte. Im November 2006 habe noch keine Kenntnis darüber bestanden, dass es eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 236b SGB VI geben werde, die erst am 1. Juli 2014 in Kraft getreten sei. Dass die Rente einen Abschlag von 10,8 Pozent enthalte, sei dem Kläger durch ihr Schreiben vom 4. September 2013 bewusst gewesen. In seiner Antwort vom 7. Oktober 2013 habe er ausdrücklich die Altersrente für langjährige Versicherte gewählt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22. Mai 2017 abgewiesen. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Umwandlung seiner Altersrente für langjährig Versicherte in eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab dem 1. Dezember 2014. Dem stehe die Regelung des § 34 Abs. 4 SGB VI entgegen. Der Kläger begehre vorliegend einen nach dieser Regelung unzulässigen Wechsel seiner Rente, da sich für die weitere Rente ein späterer Rentenbeginn ergeben würde als für die "erste" Rente. Dieser Ausschluss gelte auch dann, wenn es sich um einen Wechsel in eine Rente mit einem günstigeren Zugangsfaktor handele. Gegen § 34 Abs. 4 SGB VI bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Gesetzgeber die zum 1. Juli 2014 mit § 236b SGB VI gewährte Vergünstigung nicht auf Bestandsrenten ausgedehnt und keine Ausnahme von der für alle Altersrenten geltenden Regelung des § 34 Abs. 4 SGB VI vorgenommen habe. Warum der Kläger gegenüber anderen Altersrentner, denen die Umwandlung ihrer Altersrente in eine günstigere Altersrente nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI verwehrt sei, im Hinblick auf die Einführung des § 236b SGB VI begünstigt werden sollte, sei nicht ersichtlich. Im Übrigen liege eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Grundgesetz (GG) zwischen Versicherten, die ab dem 1. Juli 2014 erstmals eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährige Versicherte bezögen und Bestandsrentnern, die, wie vorliegend der Kläger, gleichfalls die Anspruchsvoraussetzungen des § 236b SGB VI erfüllten, denen aber wegen der früheren Bewilligung oder des Bezuges einer Altersrente die Umwandlung dieser Altersrente in eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährige Versicherte gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI verwehrt sei, nicht vor. Unabhängig von der Frage, ob es sich um eine vergleichbare Gruppe von Normadressaten handle oder der Rentenbezug ein sachliches Differenzierungsmerkmal darstelle, sei unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers die Begrenzung der Privilegierung des § 236b SGB VI auf die zur Zeit seines Inkrafttretens am 1. Juli 2014 noch nicht im Altersrentenbezug befindlichen Versicherten nicht zu beanstanden. Dem Gesetzgeber stehe es frei, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen. An diesem Ergebnis ändere sich auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrages, er sei bei Renteneintritt nicht ausreichend umfassend beraten worden, nichts. Nach den Angaben des Klägers sei die Beratung über die Altersteilzeit sowie mögliche Rentenoptionen durch seine damalige Arbeitgeberin erfolgt. An die Beklagte habe sich der Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses seines Altersteilzeitvertrages im Jahr 2006 nicht gewandt. Erst im Rahmen des Rentenantrages im Juli 2013 habe der Kläger mit der Beklagten Kontakt aufgenommen. Im Rahmen dieses Verwaltungsverfahrens habe die Beklagte den Kläger ausdrücklich auf die mit der vorzeitigen Renteninanspruchnahme verbundenen Abschläge hingewiesen. Eine Beratung im Hinblick auf eine mögliche (abschlagsfreie) Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach den Regelungen der §§ 38, 236b SGB VI habe zum damaligen Zeitpunkt nicht erfolgen können, da § 236b SGB VI erst zum 1. April 2014 (richtig: 1. Juli 2014) in Kraft getreten sei. Der entsprechende Gesetzentwurf datiere von März 2014. Zu diesem Zeitpunkt habe sich der Kläger bereits ausdrücklich für die mit Abschlägen verbundene Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 1. Dezember 2013 entschieden gehabt.

Gegen das ihm am 12. Juni 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Juli 2017 Berufung eingelegt. § 34 Abs. 4 SGB VI stehe einem Wechsel der Rentenart nicht entgegen, da er die zweite Rente zu einem späteren Zeitpunkt als die erste Rente begehre. Die Regelung sei im Übrigen auch nicht verfassungskonform. Der Gesetzgeber habe sich entschlossen, eine abschlagsfreie Rente und daher mehr als vorher zu gewähren, so dass das Argument der sachlichen Ungleichbehandlung auf Grund der Finanzierbarkeit ein Scheinargument sei und falsch noch dazu. Durch die Vorschriften würden die Bestandsrentner, die vor dem 1. Juli 2014 in Rente gegangen seien, unsachgemäß schlechter behandelt und hierfür gebe es keinerlei Begründung außer politischer Willkür. Bei exakt gleichen Sachverhalten solle der Kläger Abschläge in Höhe von 10,8 Prozent in Kauf nehmen, während er diese nicht in Kauf nehmen müsste, wenn er nur ein Jahr später in Rente gegangen wäre. Hierzu gebe es keinerlei verfassungsrechtliche Begründung, die eine solche Ungleichbehandlung der Vergleichsgruppen auch nur nahezu rechtfertigen könnte. Auch das Argument der Stichtagsregelung überzeuge nicht, denn wenn der Staat und Gesetzgeber sich eine beitragsfreie Rente nicht leisten könne, dann dürfe er diese niemandem zahlen und nicht sogar noch eine zeitliche Privilegierung vornehmen. Die Argumente der angespannten Finanzierungslage seien geradezu Scheinargumente, da die finanzielle Situation und der hierfür vorgesehene Haushalt im Jahr 2014 unstreitig höher gewesen sei als er etwa zu dem Zeitpunkt gewesen sei, als die entsprechende Regelung, von der er nunmehr betroffen sei, ergangen sei. Der Staat behandle Vergleichsgruppen mit exakt gleichem Alter und exakt gleicher Beitragsjahre völlig unterschiedlich und zwar einmal mit einem Abschlag und einmal ohne, ohne dass es hierfür eine Begründung gebe. Die Beklagte habe auch Beratungspflichten verletzt. Auch wenn der Gesetzentwurf von Februar 2014 datiere, sei es ja nicht etwa so, dass ein Gesetz einfach in den Bundestag eingebracht und verabschiedet werde. Der Staat habe bereits im September 2013 gewusst, dass es zum 1. Juli 2014 eine "beitragsfreie Rente" geben werde. Insoweit sei auch die Beklagte zu einem Hinweis verpflichtet gewesen. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 4. September 2013 ergebe sich auch, dass er von der Sachbearbeiterin der Beklagten "genötigt" worden sei, den Abschlag mangels Alternative akzeptieren zu müssen. Jedoch könne aus dem besagten Schreiben der Beklagten entnommen werden, dass auch ein "Vertragsbeginn" zum 1. Dezember 2014 möglich gewesen wäre und dann ohne Abschläge. Insoweit habe die Beklagte völlig unzureichend aufgeklärt und ihn nicht darauf hingewiesen, mit dem "Eintritt in die Versicherung" und vor allem mit der Antragstellung bis zum 1. Juli 2014 abzuwarten, da dies für ihn entscheidend günstiger gewesen wäre.

Der Kläger beantragt – teilweise sinngemäß –,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. Mai 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 20. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2015 zu verurteilen, ihm eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab dem 1. Dezember 2014 zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass ein Wechsel der Rentenart nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI ausgeschlossen sei. Art. 3 GG verwehre es dem Gesetzgeber nicht, zur Regelung bestimmter Sachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich mit gewissen Härten verbunden sei. Dem Gesetzgeber komme hinsichtlich des Anwendungsbereiches der Privilegierung ein Gestaltungsspielraum zu.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht des Senats, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen. Der Kläger hat an seiner Auffassung festgehalten. Die Beklagte hat sich mit einer Entscheidung durch Beschluss einverstanden erklärt.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.

II.

1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Senat hat die maßgeblichen Rechtsfragen zudem bereits unter Mitwirkung ehrenamtlicher Richter entschieden (Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris; die Verfassungsbeschwerde hiergegen wurde nicht zur Entscheidung angenommen: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 16. Dezember 2015 – 1 BvR 2408/15 – juris; die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde verworfen: Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 25. August 2015 – B 5 R 256/15 BBeckRS 2015, 71870). Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie haben keine Einwände gegen eine Entscheidung durch Beschluss vorgebracht.

2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

3. Die Berufung des Klägers ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 20. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2015 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab dem 1. Dezember 2014.

a) Dem geltend gemachten Anspruch steht § 34 Abs. 4 SGB VI entgegen.

aa) Gemäß § 34 Abs. 4 SGB VI ist nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente der Wechsel in eine 1. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Erziehungsrente oder 3. andere Rente wegen Alters ausgeschlossen.

Die für den vorliegend streitigen Wechsel von der Altersrente für langjährig Versicherte (§ 33 Abs. 2 Nr. 2, § 36, § 236 SGB VI) in eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte (§ 33 Abs. 2 Nr. 3a, § 38, § 236b SGB VI) maßgebliche Vorschrift des § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI ist mit Wirkung zum 1. August 2004 (BGBl. I 2005 S. 1791) eingeführt und zum 1. Januar 2008 (BGBl. I 2007, S. 554) neu gefasst worden. Ein Altersrentner soll danach dauerhaft Bezieher dieser Altersrente bleiben. § 34 Abs. 4 SGB VI schließt – als negative Anspruchsvoraussetzung (Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris Rdnr. 22 m.w.N.; Urteil des Senats vom 7. Juli 2016 – L 7 R 273/15 – juris Rdnr. 34; Fichte in Hauck/Noftz, § 34 SGB VI Rdnr. 81 [September 2017]; Freudenberg in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 34 Rdnr. 23, 81) und Sonderregelung zu § 89 SGB VI (Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris Rdnr. 22; Urteil des Senats vom 7. Juli 2016 – L 7 R 273/15 – juris Rdnr. 34; Fichte in Hauck/Noftz, § 34 SGB VI Rdnr. 81 [September 2017]; Freudenberg in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 34 Rdnr. 81; Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 34 SGB VI Rdnr. 38 [Mai 2017]) – daher die Möglichkeit des Wechsels in eine andere Altersrentenart nach bindender Bewilligung oder für Zeiten des Bezugs der Altersrente ausdrücklich aus (Begründung des Entwurfes eines Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung [RV-Altersrentenanpassungsgesetz] vom 12. Dezember 2006, Bundestags-Drucksache 16/3794,S. 33; Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris Rdnr. 22; Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 34 SGB VI Rdnr. 39 [Mai 2017]; Freudenberg in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 34 Rdnr. 11). Dies gilt auch dann, wenn sich bei einem Wechsel von einer Altersrente, ggf. mit erheblichen Rentenabschlägen wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente, in eine andere ein günstigerer Zugangsfaktor (vgl. § 77 Abs. 2 SGB VI) ergeben würde (vgl. Begründung des Entwurfes eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung [RV-Nachhaltigkeitsgesetz] vom 9. Dezember 2003, Bundestags-Drucksache 15/2149, S. 21; Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris Rdnr. 22 m.w.N.; Bayerisches LSG, Urteil vom 17. August 2011 - L 20 R 548/10 - juris Rdnr. 16; Freudenberg in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 34 Rdnr. 81). Mit der Regelung wird sichergestellt, dass der Versicherte, der sich für eine vorzeitige Altersrente entschieden und zumindest vom Vollzeitarbeitsmarkt abgewandt hat, dauerhaft Bezieher dieser Leistung bleibt (Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris Rdnr. 22; Fichte in Hauck/Noftz, § 34 SGB VI Rdnr. 82 [September 2017]). § 34 Abs. 4 SGB VI soll Dispositionen zu Lasten der Versichertengemeinschaft ausschließen (Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris Rdnr. 22; Fichte in Hauck/Noftz, § 34 SGB VI Rdnr. 82 [September 2017]).

Ein Wechsel im Sinne des § 34 Abs. 4 SGB VI liegt dann vor, wenn sich für die weitere Rente ein späterer Rentenbeginn ergeben würde als für die "erste" Rente (Urteil des Senats vom 7. Juli 2016 – L 7 R 273/15 – juris Rdnr. 33; Freudenberg in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 34 Rdnr. 84). Dagegen ist § 34 Abs. 4 SGB VI nicht anzuwenden, wenn die andere Rentenart letztlich vor oder gleichzeitig mit der Altersrente beginnt; in diesen Fällen liegt kein "Wechsel" vor (Begründung des Entwurfes eines Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung [RV-Altersrentenanpassungsgesetz] vom 12. Dezember 2006, Bundestags-Drucksache 16/3794, S. 33; Freudenberg in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 34 Rdnr. 84).

bb) In Anwendung dieser Maßstäbe ist die von dem Kläger begehrte Umwandlung der Altersrente für langjährig Versicherte ab 1. Dezember 2014 in eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte (§ 38, § 236b SGB VI) nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI ausgeschlossen.

(1) Gemäß § 38 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie 1. das 65. Lebensjahr vollendet und 2. die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben.

Gemäß dem mit Wirkung zum 1. Juli 2014 (durch Art. 1 Nr. 8, Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenverscherung [RV-Leistungsverbesserungsgesetz] vom 23. Juni 2015, BGBl. I S. 787) eingeführten § 236b Abs. 1 SGB VI haben Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte, wenn sie 1. das 63. Lebensjahr vollendet und 2. die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben. Versicherte, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind, haben gemäß § 236b Abs. 2 Satz 2 SGB VI Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Bei der ab 1. Juli 2014 bestehenden Möglichkeit, vom vollendeten 63. Lebensjahr an eine abschlagfreie Altersrente in Anspruch zu nehmen, handelt es sich um eine Sonderregelung mit zeitlich begrenztem Anwendungsbereich. Die Regelung hat den Charakter einer Übergangsregelung (Begründung des Gesetzentwurfes vom 25. März 2014, Bundestags-Drucksache 18/909, S. 14 f., 22; Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris Rdnr. 24 m.w.N.). Bei der zum 1. Juli 2014 eingeführten "Rente mit 63" handelt es sich um keine eigenständige neue Rentenart, sondern um eine besondere Ausprägung der bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2012 eingeführten Rente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 38 SGB VI, indem die dort normierten Anspruchsvoraussetzungen modifiziert werden (Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris Rdnr. 24 m.w.N.).

Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger, der am 27. November 1951 geboren ist, Anspruch auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte erst ab dem 1. Dezember 2014.

(2) Die Tatbestandsvoraussetzungen der negativen Anspruchsvoraussetzung des § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI sind damit erfüllt.

Die Beklagte hat dem Klägerin zum 1. Dezember 2013 – antragsgemäß – eine Altersrente für langjährig Versicherte durch Bescheid vom 4. November 2013 bewilligt. Dieser Bescheid ist bestandskräftig und damit für die Beteiligten gemäß § 77 SGG bindend geworden, nachdem der Kläger hiergegen keinen Rechtsbehelf eingelegt hat. Im Übrigen hat der Kläger diese Altersrente seit 1. Dezember 2013 auch tatsächlich bezogen und bezieht sie weiterhin. Die begehrte Umwandlung stellt einen Wechsel im Sinne des § 34 Abs. 4 SGB VI dar, weil die Anspruchsvoraussetzungen für die gewünschte abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte nicht vorher oder gleichzeitig mit der bewilligten und seit 1. Dezember 2013 bezogenen Altersrente für langjährig Versicherte vorgelegen haben, sondern erst nach der Bewilligung und während des Bezugs dieser Altersrente eingetreten sind, nämlich zum 1. Dezember 2014. Dies hat nach der Regelung des § 34 Abs. 4 SGB VI und in Übereinstimmung mit der dargestellten Intention des Gesetzgebers zur Folge, dass eine Umwandlung der Altersrente für langjährig Versicherte zum 1. Dezember 2014 in eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte ausgeschlossen ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Inkraftsetzung des § 236b SGB VI zum 1. Juli 2014. Der Gesetzgeber hat es auch insofern bei der Vorschrift des § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI belassen, so dass – wie vorliegend – nach bindender Bewilligung einer Altersrente mit Rentenabschlag ein Wechsel in die abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte im Sinne des § 236b SGB VI ausgeschlossen ist (Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris Rdnr. 24 m.w.N.; Landessozialgericht [LSG] Bayern, Urteil vom 24. Mai 2017 – L 1 R 429/15 – juris Rdnr. 32 f.).

Der Kläger wird damit an seiner Disposition, sich bereits im Alter von 62 Jahren und damit vor Erreichen der Regelaltersgrenze (§ 35, § 235 Abs. 2, § 236 Abs. 2 SGB VI), die beim Kläger 65 Jahre und fünf Monate beträgt, für das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und die vorzeitige und abschlagsbehaftete Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte entschieden zu haben, festgehalten. Er hat diese Disposition im Übrigen in Kenntnis des Umstandes getroffen, dass ein Rentenbeginn am 1. Dezember 2013 mit einem Abschlag von 10,8 Prozent infolge der Minderung des Zugangsfaktors verbunden wäre. Er war hierüber von der Beklagten mit Schreiben vom 4. September 2013 informiert worden und hat mit Schreiben vom 7. Oktober 2013 ausdrücklich mitgeteilt, die Rente mit diesem Abschlag in Anspruch nehmen zu wollen. Die Behauptung des Klägers, er sei hierzu von der Beklagten "genötigt" worden, ist abwegig.

Der Kläger hat die Folgen seiner Entscheidung, vorliegend die Reduzierung des Zugangsfaktors wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte, zu tragen. Die Absenkung des Zugangsfaktors bei vorgezogenen Altersrenten, der längere Rentenlaufzeiten infolge eines vorgezogenen Rentenbeginns ausgleichen und die Kostenneutralität vorgezogener Rentenleistungen sicherstellen soll, ist verfassungsgemäß und zur Sicherung der Finanzierung des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung und damit zur Erhaltung dessen Funktionsfähigkeit gerechtfertigt, und zwar für die gesamte Dauer des individuellen Rentenbezugs (BVerfG, Beschluss vom 11. November 2008 – 1 BvL 3/05 u.a. – BVerfGE 122, 151 [180 ff.] zur Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit; BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 1 BvR 3588/08 u.a. – BVerfGE 128, 138 [147 ff.] zur Erwerbsminderungsrente; BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 2011 – 1 BvR 642/09 – juris Rdnr. 6 ff. zur Hinterbliebenenrente). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger über den Zeitpunkt der Rentenantragstellung und des damit verbundenen Rentenabschlags frei und eigenverantwortlich entscheiden konnte. Er hat sich in Kenntnis des konkreten Abschlags wegen des vorzeitigen Rentenbezugs gleichwohl für eine vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente zum 1. Dezember 2013 entschieden und die damit verbundenen Vorteile in Anspruch genommen. Diesem Zuwachs an individueller Freiheit im Alter steht eine dauerhafte Rentenkürzung für den früheren Renteneintritt gegenüber (BVerfG, Beschluss vom 11. November 2008 – 1 BvL 3/05 u.a. – BVerfGE 122, 151 [186 f., 189]).

b) Die für die Entscheidung des Senat erheblichen Normen sind entgegen der Auffassung des Klägers auch verfassungsgemäß, so dass eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG an das BVerfG (zu deren Voraussetzungen Dollinger in Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2015, § 80 Rn. 56 ff.) nicht in Betracht kam.

aa) Der Senat hat zum einen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 34 Abs. 4 SGB VI (bereits Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris Rdnr. 22 m.w.N.; Urteil des Senats vom 7. Juli 2016 – L 7 R 273/15 – juris Rdnr. 33; ebenso BSG, Urteil vom 26. Juli 2007 – B 13 R 44/06 R – juris Rdnr. 27; LSG Bayern, Urteil vom 24. Mai 2017 – L 1 R 429/15 – juris Rdnr. 34). Das Vertrauen auf den Fortbestand der Möglichkeit eines Wechsels von einer bindend festgestellten Altersrente in eine andere Rente wegen Alters ist über die allgemeine Regelung des § 300 SGB VI hinaus nicht geschützt (BSG, Urteil vom 26. Juli 2007 – B 13 R 44/06 R – juris Rdnr. 27; Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris Rdnr. 22 m.w.N.; LSG Bayern, Urteil vom 24. Mai 2017 – L 1 R 429/15 – juris Rdnr. 31).

bb) Es begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber die zum 1. Juli 2014 durch § 236b SGB VI gewährte Vergünstigung nicht auf Bestandsrentner ausgedehnt und keine Ausnahme von der für alle Altersrentner geltenden Regelung des § 34 Abs. 4 SGB VI vorgenommen hat (so bereits Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris Rdnr. 25). Insbesondere liegt keine nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässige Ungleichbehandlung vor.

(1) Wird durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten, verletzt sie den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvL 11/06 u.a. – BVerfGE 126, 369 [397] m.w.N., ständige Rechtsprechung). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, dass hinsichtlich der Ungleichbehandlung an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal angeknüpft wird. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsgrundsätze reichen (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvL 11/06 u.a. – BVerfGE 126, 369 [398] m.w.N.). Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist dem Gesetzgeber eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvL 11/06 u.a. – BVerfGE 126, 369 [398] m.w.N.).

(2) Zwar werden Versicherte, die ab 1. Juli 2014 erstmals eine abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte beziehen, und Bestandsrentner, die gleichfalls die Anspruchsvoraussetzungen des § 236b SGB VI erfüllen, denen aber wegen der früheren Bewilligung oder des Bezugs einer Altersrente die Umwandlung dieser Altersrente in eine abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI verwehrt ist, ungleich behandelt. Diese Ungleichbehandlung ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Unabhängig von der Frage, ob es sich um eine vergleichbare Gruppe von Normadressaten handelt oder der Rentenbezug ein sachliches Differenzierungsmerkmal darstellt, ist unter Berücksichtigung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers die Begrenzung der Privilegierung des § 236b SGB VI auf die zur Zeit seines Inkrafttreten am 1. Juli 2014 noch nicht im Altersrentenbezug befindlichen Versicherten nicht zu beanstanden. Denn dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvL 11/06 u.a. – BVerfGE 126, 369 [399] m.w.N., ständige Rechtsprechung). Voraussetzung ist allerdings, dass die Einführung eines Stichtags überhaupt notwendig und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, vertretbar ist (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvL 11/06 u.a. – BVerfGE 126, 369 [399] m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Wie dargelegt, ist § 236b SGB VI als zeitlich begrenzte Übergangsregelung zu § 38 SGB VI konzipiert, um ab 1. Juli 2014 – abweichend von der Regelung des § 38 SGB VI – vor dem 1. Januar 1953 geborenen Versicherten mit einer Wartezeit von 45 Jahren ab Vollendung des 63. Lebensjahres die Möglichkeit zu geben, aus dem Erwerbsleben auszuscheiden und eine abschlagsfreie Altersrente zu beziehen. Im Hinblick auf die Sicherstellung der Finanzierbarkeit und der Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung durfte der Gesetzgeber darauf verzichten, die bereits abgeschlossenen Rentenvorgänge der Bestandsrentner aufzugreifen und diese in die ohnehin nur zeitlich begrenzte Privilegierung einzubeziehen (Urteil des Senats vom 21. Mai 2015 – L 7 R 5354/14 – juris Rdnr. 25). Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, neue begünstigende Regelungen entweder für Bestandsrentner und Neurentner in gleicher Weise einzuführen oder ganz zu unterlassen. Im Übrigen entspricht die Beibehaltung des reduzierten Zugangsfaktors, der zu dem von dem Kläger bemängelten Rentenabschlag führt, der gesetzlichen Systematik (vgl. § 77 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB VI). Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die vom Kläger gewünschte Regelung dazu führen würde, der er gegenüber anderen Altersrentnern, denen die Umwandlung ihrer Altersrente in eine günstigere Altersrente nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI verwehrt ist, im Hinblick auf die Einführung des § 236b SGB VI begünstigt werden sollte. Diese Ungleichbehandlung zu seinen Gunsten müsste sich dann ihrerseits vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigen, ohne dass hierfür ein tragfähiger Grund ersichtlich wäre.

c) Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht auf das Vorbringen des Klägers stützen, er sei falsch beraten worden, womit er der Sache nach einen sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend macht.

aa) Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch setzt nach ständiger Rechtsprechung des BSG auf der Tatbestandsseite eine dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnende Pflichtverletzung voraus, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist (etwa BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 19/14 R – juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 2/14 R – juris Rdnr. 39 m.w.N.; BSG, Urteil vom 4. September 2013 – B 12 AL 2/12 R – juris Rdnr. 19). Rechtsfolge des Bestehens eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ist der Anspruch gegen die Behörde auf Vornahme einer rechtlich zulässigen Amtshandlung, durch den der Zustand wiederhergestellt werden könnte, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (etwa BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 2/14 R – juris Rdnr. 39; BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 5 R 5/13 R – juris Rdnr. 37; BSG, Urteil vom 11. März 2004 – B 13 RJ 16/03 R – juris Rdnr. 24).

Das BSG hat den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch rein richterrechtlich (zu diesem Problem LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Januar 2016 – L 4 R 1412/15 – juris Rdnr. 34 f. m.w.N.) aus einer vertragsähnlichen Nebenpflicht nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) abgeleitet (so unter dem Topos "sozialrechtlicher Herstellungsanspruch" zuerst wohl BSG, Urteil vom 18. Dezember 1975 – 12 RJ 88/75 – juris, Rn. 11; zuvor als "Folgenbeseitigungsanspruch" diskutiert, aber offen gelassen von BSG, Urteil vom 23. März 1972 – 5 RJ 63/70 – juris, Rn. 14; der Sache nach bereits ähnlich diskutiert etwa bei BSG, Urteil vom 14. Juni 1962 – 4 RJ 75/60 – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. Oktober 1968 – 4 RJ 553/64 – juris, Rn. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 17. November 1970 – 1 RA 233/68 – juris, Rn. 20; siehe auch Köhler, ZFSH/SGB 2015, 181 [189]).

bb) Die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruch liegen nicht vor. Eine unzutreffende oder unzureichende Beratung seitens der Beklagten ist nicht erfolgt. Die Beklagte hat den Kläger, soweit er sich an sie gewandt hat, stets zutreffend informiert, insbesondere darüber, dass ein Rentenbezug bereits ab dem 1. Dezember 2013 mit einem Rentenabschlag von 10,8 Prozent verbunden ist. Auch der Kläger behauptet lediglich, seitens seiner früheren Arbeitgeberin nicht hinreichend beraten worden zu sein. Etwaige Beratungsmängel der früheren Arbeitgeberin sind jedoch der Beklagten nicht zuzurechnen, da die Arbeitgeberin keine Amtshandlungen für die Beklagte vorgenommen hat und sich die Beklagte auch nicht der Arbeitgeberin für die Erfüllung der ihr obliegenden sozialrechtlichen Aufgaben bedient hat (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 1994 – 4 RA 66/93 – juris Rdnr. 31; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Dezember 2016 – L 12 R 801/13 – juris Rdnr. 61).

Die Beklagte war auch insbesondere nicht verpflichtet, den Kläger darüber zu informieren, dass zum 1. Juli 2014 die Sonderregelung des § 236b SGB VI in Kraft treten wird. Denn die Beklagte konnte zum maßgeblichen Zeitpunkt – also spätestens bis zur Bestandskraft des mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bewilligungsbescheides vom 4. November 2013 am 9. Dezember 2013 (vgl. § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X, § § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG) – gar nicht wissen, dass § 236b SGB VI eingeführt würde. Der einschlägige Gesetzentwurf datiert auf den 25. März 2014 (Bundestags-Drucksache 18/909). Die Behauptung des Klägers, "der Staat" habe schon im September 2013 gewusst, dass zum 1. Juli 2014 eine beitragsfreie Renten gewährt werde, ist nicht nachvollziehbar. Jedenfalls vor Vorlage eines Gesetzentwurfes kann eine Beratungspflicht der Sozialversicherungsträger zu möglichen Gesetzesänderungen denknotwendigerweise nicht bestehen. Selbst wenn es vor Einbringung eines Gesetzentwurfes bereits politische Überlegungen und Diskussionen gibt, sind diese angesichts ihrer Vagheit und Unverbindlichkeit nicht geeignet, eine Beratungspflicht auszulösen. Anderenfalls wären die Sozialversicherungsträger verpflichtet, ihre Versicherten stets über den aktuellen Stand der politischen Diskussion zu informieren. Das BVerfG stellt für die Frage, ab wann das Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand einer bestimmten (begünstigenden) gesetzlichen Regelung nicht mehr geschützt ist, auf den Tag des endgültigen Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestages ab (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvR 2530/05 u.a. – BVerfGE 126, 369 [396]). Es kann dahinstehen, ob die Beratungspflicht schon zuvor beginnt, denn jedenfalls vor Beginn eines parlamentarischen Verfahrens besteht eine solche Beratungspflicht nicht (vgl. auch LSG Bayern, Urteil vom 24. Mai 2017 – L 1 R 429/15 – juris Rdnr. 36).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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