Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 1951/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 4029/17 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. September 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Rahmen eines Eilverfahrens die Übernahme der tatsächlichen statt der vom Antragsgegner für angemessen erachteten Kosten der Unterkunft und Heizung und damit höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der im Jahr 1989 geborene Antragsteller, bei dem Dr. M. in der gutachterlichen Äußerung vom 31.03.2016 eine erhebliche psychische Minderbelastbarkeit festgestellt hatte, der von der Universität S. zum 31.03.2016 exmatrikuliert worden war und der beim Antragsgegner bis zum 30.11.2016 im Leistungsbezug gestanden hat, wohnte ursprünglich bei seiner Mutter in E ... Auf mehrfache Anfragen hinsichtlich eines Wohnungswechsels teilte ihm der Antragsgegner mit, die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung könnten nur anhand des konkret vorliegenden Wohnungsangebots festgelegt werden, so dass mit ihm vor Abschluss eines Mietvertrages zwecks Festlegung der anzuerkennenden Kosten Rücksprache zu halten sei.
Der Antragsteller beantragte am 31.03.2017 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Er legte den am 30.03.2017 vom Vermieter und am 03.04.2017 von ihm unterzeichneten Mietvertrag vor, aus dem sich ergibt, dass er für die von ihm seit 03.04.2017 bewohnte, 54 Quadratmeter große, Wohnung in H. eine Grundmiete in Höhe von 420,00 EUR und eine Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 70,00 EUR monatlich zu entrichten hat. Er legte ferner unter anderem Kontoauszüge vor, aus denen sich Kontostände in Höhe von 6.364,07 EUR zum 31.03.2017 und in Höhe von 4.093,42 EUR zum 02.05.2017 ergeben. Der Antragsgegner bewilligte sodann mit Bescheid vom 04.05.2017 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2017 bis zum 31.03.2018 in Höhe von 789,41 EUR monatlich unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs von 409,00 EUR, eines Mehrbedarfs von 9,41 EUR, einer Grundmiete von 301,00 EUR, von Heizkosten von 53,41 EUR und von Nebenkosten von 16,59 EUR monatlich. Im Widerspruchsverfahren machte der Antragsteller unter Hinweis darauf, dass der Umzug aus gesundheitlichen Gründen notwendig gewesen, das vom Antragsgegner zu Grunde gelegte Konzept zur Errechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung rechtswidrig und eine günstigere Wohnung nicht zu finden sei, eine Übernahme der tatsächlichen Grundmiete in Höhe von 420,00 EUR monatlich geltend. Der Bitte des Antragsgegners, eine die Nebenkosten aufschlüsselnde Mietbescheinigung vorzulegen, kam der Antragsteller nicht nach. Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2017 zurück. Für die Stadt H. betrage die Mietobergrenze 301,00 EUR monatlich. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung könnten auch nicht für eine Übergangszeit von sechs Monaten übernommen werden, da der Antragsteller den Mietvertrag in Kenntnis sowohl der Unangemessenheit der Kosten als auch seiner Hilfebedürftigkeit unterschrieben habe.
Der Antragsteller hat am 10.08.2017 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben und um Eilrechtsschutz nachgesucht. Er hat dargelegt, er gehe davon aus, die Mietdifferenz nicht bis zum Ende des sozialgerichtlichen Verfahrens aufbringen zu können. Der Antragsteller ist dem vom Antragsgegner angebotenen Vergleich, eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe der Differenz aus 400,00 EUR und der sich aus einer noch vorzulegenden die Nebenkosten aufschlüsselnden Mietbescheinigung ergebenden kalten Nebenkosten zuzüglich angemessener Heizkosten zu übernehmen, nicht näher getreten. Insbesondere hält er weiterhin das vom Antragsgegner zu Grunde gelegte Konzept zur Errechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung für rechtswidrig.
Mit Beschluss vom 15.09.2016 hat das SG den Eilantrag abgelehnt. Der Antragsteller habe einen Anordnungsgrund zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht glaubhaft gemacht. Er verfüge über ein Vermögen in Höhe des zum 02.05.2017 bescheinigten Kontostandes von etwa 4.100,00 EUR und der vom Antragsgegner für die Monate April und Mai 2017 gewährten Leistungen nach dem SGB II von etwa 1.500,00 EUR, mit welchem er bis auf Weiteres für einen voraussichtlich erheblich langen Zeitraum die Mietdifferenz in Höhe von 119,00 EUR bestreiten könne. Dies sei ihm auch zumutbar, da die vorübergehende Liquidierung von Geldvermögen im Falle eines späteren Obsiegens in der Hauptsache wieder ausgeglichen werden könne. Ferner gehe das Vermögen des Antragstellers über eine Notreserve für unerwartete Belastungen deutlich hinaus. Besondere Gründe, weshalb dem Antragsteller der vorläufige Einsatz seines Vermögens ausnahmsweise doch unzumutbar wäre, seien weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Im Fall eines späteren Vorliegens eines Anordnungsgrundes könne er erneut einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellen.
Gegen den Beschluss des SG hat der Antragsteller am 20.10.2017 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Er hat in seiner am 03.11.2017 verfassten Begründung unter anderem ausgeführt, an das Vorliegen des Anordnungsgrundes seien nur minimale Anforderungen zu stellen, da das vom Antragsgegner zu Grunde gelegte Konzept zur Errechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im sozialgerichtlichen Verfahren keinen Bestand haben werde. Es sei ihm nicht zuzumuten, bis zum Ende des sozialgerichtlichen Verfahrens sein gesamtes Erspartes aufzubrauchen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. September 2017 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm weitere Leistungen nach dem SGB II unter Zugrundelegung der tatsächlichen Grundmiete in Höhe von 420,00 EUR monatlich, hilfsweise in Höhe des sich aus dem Wohngeldrecht ergebenden Betrages zuzüglich eines zehnprozentigen Sicherheitszuschlages zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, nach § 173 SGG form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
Der Antragsgegner war nicht durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller weitere Leistungen nach dem SGB II unter Zugrundelegung der tatsächlichen Grundmiete in Höhe von 420,00 EUR monatlich, hilfsweise in Höhe des sich aus dem Wohngeldrecht ergebenden Betrages zuzüglich eines zehnprozentigen Sicherheitszuschlages zu gewähren.
Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG für den Erlass einer derartigen Regelungsanordnung liegen nicht vor.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht der Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Für den Erlass einer solchen Regelungsanordnung bedarf es neben der Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs des Vorliegens der Anordnungsvoraussetzungen, nämlich des Anordnungsanspruches und des Anordnungsgrundes. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 86b, Rn. 27).
Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen und deshalb eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in den Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, droht, ist eine Versagung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nur dann möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Für eine Entscheidung aufgrund einer sorgfältigen und hinreichend substantiierten Folgenabwägung ist nur dann Raum, wenn eine - nach vorstehenden Maßstäben durchzuführende - Rechtmäßigkeitsprüfung auch unter Berücksichtigung der Kürze der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig zur Verfügung stehenden Zeit nicht verwirklicht werden kann, was vom zur Entscheidung berufenen Gericht erkennbar darzulegen ist (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 14.09.2016, 1 BvR 1335/13, juris).
Bei der im Rahmen des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu treffenden Prüfung, ob eine einstweilige Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich ist, ist eine wertende Betrachtung im konkreten Einzelfall erforderlich. Entsprechend haben die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Verfahren des Eilrechtsschutzes zu den Kosten der Unterkunft auch unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu prüfen, welche negativen Folgen im konkreten Einzelfall drohen. Relevante Nachteile können nicht nur in einer Wohnungs- beziehungsweise Obdachlosigkeit liegen. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gibt vielmehr die Übernahme der "angemessenen" Kosten vor und dient im Zusammenwirken mit anderen Leistungen dazu, über die Verhinderung der bloßen Obdachlosigkeit hinaus das Existenzminimum sicherzustellen. Dazu gehört es, den gewählten Wohnraum in einem bestehenden sozialen Umfeld nach Möglichkeit zu erhalten. Daher ist bei der Prüfung, ob ein Anordnungsgrund für den Eilrechtsschutz vorliegt, im Rahmen der wertenden Betrachtung zu berücksichtigen, welche negativen Folgen finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger Art ein Verlust gerade der konkreten Wohnung für die Betroffenen hätte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob der Hilfebedürftige ohne vorläufige Bewilligung der Leistungen den Mietzins nicht zahlen, sich hierdurch das Verhältnis zum Vermieter verschlechtern und diesen veranlassen könnte, seine Ansprüche gerichtlich durchzusetzen, wodurch das Risiko, die Kosten eines zivilgerichtlichen Räumungsrechtsstreits tragen zu müssen, der Hilfebedürftige zu tragen hätte, zumal nach Rechtshängigkeit einer Räumungsklage nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass der Verlust der Wohnung noch sicher abgewendet werden kann (BVerfG, Beschluss vom 01.08.2017, 1 BvR 1910/12, juris).
Zutreffend hat das SG im angegriffenen Beschluss dargelegt, dass und warum im Falle des Antragstellers kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden ist.
Der Antragsteller hat im Rahmen des von ihm angestrengten Eilverfahrens nicht dargelegt, welche negativen Folgen ihm drohen, wenn der Antragsgegner nicht verpflichtet würde, vorläufig monatlich die tatsächliche Grundmiete in Höhe von 420,00 EUR statt der vom Antragsgegner für angemessen erachteten Grundmiete in Höhe von 301,00 EUR zu übernehmen. Er hat lediglich dargelegt, er gehe davon aus, die Mietdifferenz nicht bis zum Ende des sozialgerichtlichen Verfahrens aufbringen zu können. Es sei ihm nicht zuzumuten, bis zum Ende des sozialgerichtlichen Verfahrens sein gesamtes Erspartes aufzubrauchen. Der Antragsteller hat nicht behauptet, die Mietzahlungen nicht in voller Höhe erbringen zu können. Der Senat hat daher keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller zum jetzigen Zeitpunkt Wohnungs- beziehungsweise Obdachlosigkeit droht oder zu befürchten ist, dass er durch die für die Erhaltung des von ihm gewählten Wohnraums erforderliche Entrichtung des Mietzinses das Existenzminimum nicht mehr sicherstellen kann. Da der Antragsteller mit seinem ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge zum 02.05.2017 nachgewiesenen Vermögen in Höhe von 4.093,42 EUR in der Lage ist, die Differenz zwischen der tatsächlichen Grundmiete in Höhe von 420,00 EUR und der vom Antragsgegner für angemessenen erachteten Grundmiete in Höhe von 301,00 EUR, mithin in Höhe von 119,00 EUR für eine Dauer von mindestens 34 Monaten aus eigenen Mitteln zu tragen, vertritt der Senat ebenso wie das SG im angegriffenen Beschluss, dass es keinen Grund gibt, im Rahmen eines Eilverfahrens den Antragsgegner zu verpflichten, vorläufig diese Differenz zu übernehmen. Unbeachtlich ist dabei, dass es sich um den Einsatz von Schonvermögen handelt (Hk-SGG/Binder, § 86b, Rn. 37 m.w.N. auf die Rechtsprechung). Negative Folgen finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger Art sind zum jetzigen Zeitpunkt für den Antragsteller nicht zu befürchten.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Rahmen eines Eilverfahrens die Übernahme der tatsächlichen statt der vom Antragsgegner für angemessen erachteten Kosten der Unterkunft und Heizung und damit höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der im Jahr 1989 geborene Antragsteller, bei dem Dr. M. in der gutachterlichen Äußerung vom 31.03.2016 eine erhebliche psychische Minderbelastbarkeit festgestellt hatte, der von der Universität S. zum 31.03.2016 exmatrikuliert worden war und der beim Antragsgegner bis zum 30.11.2016 im Leistungsbezug gestanden hat, wohnte ursprünglich bei seiner Mutter in E ... Auf mehrfache Anfragen hinsichtlich eines Wohnungswechsels teilte ihm der Antragsgegner mit, die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung könnten nur anhand des konkret vorliegenden Wohnungsangebots festgelegt werden, so dass mit ihm vor Abschluss eines Mietvertrages zwecks Festlegung der anzuerkennenden Kosten Rücksprache zu halten sei.
Der Antragsteller beantragte am 31.03.2017 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Er legte den am 30.03.2017 vom Vermieter und am 03.04.2017 von ihm unterzeichneten Mietvertrag vor, aus dem sich ergibt, dass er für die von ihm seit 03.04.2017 bewohnte, 54 Quadratmeter große, Wohnung in H. eine Grundmiete in Höhe von 420,00 EUR und eine Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 70,00 EUR monatlich zu entrichten hat. Er legte ferner unter anderem Kontoauszüge vor, aus denen sich Kontostände in Höhe von 6.364,07 EUR zum 31.03.2017 und in Höhe von 4.093,42 EUR zum 02.05.2017 ergeben. Der Antragsgegner bewilligte sodann mit Bescheid vom 04.05.2017 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2017 bis zum 31.03.2018 in Höhe von 789,41 EUR monatlich unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs von 409,00 EUR, eines Mehrbedarfs von 9,41 EUR, einer Grundmiete von 301,00 EUR, von Heizkosten von 53,41 EUR und von Nebenkosten von 16,59 EUR monatlich. Im Widerspruchsverfahren machte der Antragsteller unter Hinweis darauf, dass der Umzug aus gesundheitlichen Gründen notwendig gewesen, das vom Antragsgegner zu Grunde gelegte Konzept zur Errechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung rechtswidrig und eine günstigere Wohnung nicht zu finden sei, eine Übernahme der tatsächlichen Grundmiete in Höhe von 420,00 EUR monatlich geltend. Der Bitte des Antragsgegners, eine die Nebenkosten aufschlüsselnde Mietbescheinigung vorzulegen, kam der Antragsteller nicht nach. Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2017 zurück. Für die Stadt H. betrage die Mietobergrenze 301,00 EUR monatlich. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung könnten auch nicht für eine Übergangszeit von sechs Monaten übernommen werden, da der Antragsteller den Mietvertrag in Kenntnis sowohl der Unangemessenheit der Kosten als auch seiner Hilfebedürftigkeit unterschrieben habe.
Der Antragsteller hat am 10.08.2017 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben und um Eilrechtsschutz nachgesucht. Er hat dargelegt, er gehe davon aus, die Mietdifferenz nicht bis zum Ende des sozialgerichtlichen Verfahrens aufbringen zu können. Der Antragsteller ist dem vom Antragsgegner angebotenen Vergleich, eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe der Differenz aus 400,00 EUR und der sich aus einer noch vorzulegenden die Nebenkosten aufschlüsselnden Mietbescheinigung ergebenden kalten Nebenkosten zuzüglich angemessener Heizkosten zu übernehmen, nicht näher getreten. Insbesondere hält er weiterhin das vom Antragsgegner zu Grunde gelegte Konzept zur Errechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung für rechtswidrig.
Mit Beschluss vom 15.09.2016 hat das SG den Eilantrag abgelehnt. Der Antragsteller habe einen Anordnungsgrund zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht glaubhaft gemacht. Er verfüge über ein Vermögen in Höhe des zum 02.05.2017 bescheinigten Kontostandes von etwa 4.100,00 EUR und der vom Antragsgegner für die Monate April und Mai 2017 gewährten Leistungen nach dem SGB II von etwa 1.500,00 EUR, mit welchem er bis auf Weiteres für einen voraussichtlich erheblich langen Zeitraum die Mietdifferenz in Höhe von 119,00 EUR bestreiten könne. Dies sei ihm auch zumutbar, da die vorübergehende Liquidierung von Geldvermögen im Falle eines späteren Obsiegens in der Hauptsache wieder ausgeglichen werden könne. Ferner gehe das Vermögen des Antragstellers über eine Notreserve für unerwartete Belastungen deutlich hinaus. Besondere Gründe, weshalb dem Antragsteller der vorläufige Einsatz seines Vermögens ausnahmsweise doch unzumutbar wäre, seien weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Im Fall eines späteren Vorliegens eines Anordnungsgrundes könne er erneut einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellen.
Gegen den Beschluss des SG hat der Antragsteller am 20.10.2017 Beschwerde beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Er hat in seiner am 03.11.2017 verfassten Begründung unter anderem ausgeführt, an das Vorliegen des Anordnungsgrundes seien nur minimale Anforderungen zu stellen, da das vom Antragsgegner zu Grunde gelegte Konzept zur Errechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im sozialgerichtlichen Verfahren keinen Bestand haben werde. Es sei ihm nicht zuzumuten, bis zum Ende des sozialgerichtlichen Verfahrens sein gesamtes Erspartes aufzubrauchen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. September 2017 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm weitere Leistungen nach dem SGB II unter Zugrundelegung der tatsächlichen Grundmiete in Höhe von 420,00 EUR monatlich, hilfsweise in Höhe des sich aus dem Wohngeldrecht ergebenden Betrages zuzüglich eines zehnprozentigen Sicherheitszuschlages zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, nach § 173 SGG form- und fristgerecht erhobene und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
Der Antragsgegner war nicht durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller weitere Leistungen nach dem SGB II unter Zugrundelegung der tatsächlichen Grundmiete in Höhe von 420,00 EUR monatlich, hilfsweise in Höhe des sich aus dem Wohngeldrecht ergebenden Betrages zuzüglich eines zehnprozentigen Sicherheitszuschlages zu gewähren.
Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG für den Erlass einer derartigen Regelungsanordnung liegen nicht vor.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht der Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Für den Erlass einer solchen Regelungsanordnung bedarf es neben der Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Rechtsbehelfs des Vorliegens der Anordnungsvoraussetzungen, nämlich des Anordnungsanspruches und des Anordnungsgrundes. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 86b, Rn. 27).
Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen und deshalb eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in den Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, droht, ist eine Versagung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nur dann möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Für eine Entscheidung aufgrund einer sorgfältigen und hinreichend substantiierten Folgenabwägung ist nur dann Raum, wenn eine - nach vorstehenden Maßstäben durchzuführende - Rechtmäßigkeitsprüfung auch unter Berücksichtigung der Kürze der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig zur Verfügung stehenden Zeit nicht verwirklicht werden kann, was vom zur Entscheidung berufenen Gericht erkennbar darzulegen ist (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 14.09.2016, 1 BvR 1335/13, juris).
Bei der im Rahmen des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu treffenden Prüfung, ob eine einstweilige Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich ist, ist eine wertende Betrachtung im konkreten Einzelfall erforderlich. Entsprechend haben die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Verfahren des Eilrechtsschutzes zu den Kosten der Unterkunft auch unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu prüfen, welche negativen Folgen im konkreten Einzelfall drohen. Relevante Nachteile können nicht nur in einer Wohnungs- beziehungsweise Obdachlosigkeit liegen. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gibt vielmehr die Übernahme der "angemessenen" Kosten vor und dient im Zusammenwirken mit anderen Leistungen dazu, über die Verhinderung der bloßen Obdachlosigkeit hinaus das Existenzminimum sicherzustellen. Dazu gehört es, den gewählten Wohnraum in einem bestehenden sozialen Umfeld nach Möglichkeit zu erhalten. Daher ist bei der Prüfung, ob ein Anordnungsgrund für den Eilrechtsschutz vorliegt, im Rahmen der wertenden Betrachtung zu berücksichtigen, welche negativen Folgen finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger Art ein Verlust gerade der konkreten Wohnung für die Betroffenen hätte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob der Hilfebedürftige ohne vorläufige Bewilligung der Leistungen den Mietzins nicht zahlen, sich hierdurch das Verhältnis zum Vermieter verschlechtern und diesen veranlassen könnte, seine Ansprüche gerichtlich durchzusetzen, wodurch das Risiko, die Kosten eines zivilgerichtlichen Räumungsrechtsstreits tragen zu müssen, der Hilfebedürftige zu tragen hätte, zumal nach Rechtshängigkeit einer Räumungsklage nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass der Verlust der Wohnung noch sicher abgewendet werden kann (BVerfG, Beschluss vom 01.08.2017, 1 BvR 1910/12, juris).
Zutreffend hat das SG im angegriffenen Beschluss dargelegt, dass und warum im Falle des Antragstellers kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden ist.
Der Antragsteller hat im Rahmen des von ihm angestrengten Eilverfahrens nicht dargelegt, welche negativen Folgen ihm drohen, wenn der Antragsgegner nicht verpflichtet würde, vorläufig monatlich die tatsächliche Grundmiete in Höhe von 420,00 EUR statt der vom Antragsgegner für angemessen erachteten Grundmiete in Höhe von 301,00 EUR zu übernehmen. Er hat lediglich dargelegt, er gehe davon aus, die Mietdifferenz nicht bis zum Ende des sozialgerichtlichen Verfahrens aufbringen zu können. Es sei ihm nicht zuzumuten, bis zum Ende des sozialgerichtlichen Verfahrens sein gesamtes Erspartes aufzubrauchen. Der Antragsteller hat nicht behauptet, die Mietzahlungen nicht in voller Höhe erbringen zu können. Der Senat hat daher keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller zum jetzigen Zeitpunkt Wohnungs- beziehungsweise Obdachlosigkeit droht oder zu befürchten ist, dass er durch die für die Erhaltung des von ihm gewählten Wohnraums erforderliche Entrichtung des Mietzinses das Existenzminimum nicht mehr sicherstellen kann. Da der Antragsteller mit seinem ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge zum 02.05.2017 nachgewiesenen Vermögen in Höhe von 4.093,42 EUR in der Lage ist, die Differenz zwischen der tatsächlichen Grundmiete in Höhe von 420,00 EUR und der vom Antragsgegner für angemessenen erachteten Grundmiete in Höhe von 301,00 EUR, mithin in Höhe von 119,00 EUR für eine Dauer von mindestens 34 Monaten aus eigenen Mitteln zu tragen, vertritt der Senat ebenso wie das SG im angegriffenen Beschluss, dass es keinen Grund gibt, im Rahmen eines Eilverfahrens den Antragsgegner zu verpflichten, vorläufig diese Differenz zu übernehmen. Unbeachtlich ist dabei, dass es sich um den Einsatz von Schonvermögen handelt (Hk-SGG/Binder, § 86b, Rn. 37 m.w.N. auf die Rechtsprechung). Negative Folgen finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger Art sind zum jetzigen Zeitpunkt für den Antragsteller nicht zu befürchten.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
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