Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 23 KR 5044/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1063/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09.03.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die gesamtschuldnerische Abführung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung durch die Beklagten zu 1) und zu 2).
Der Kläger verbüßt eine Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt O ... Im Rahmen der Gefangenenarbeit gem. §§ 42 ff. des Gesetzbuches über den Justizvollzug in Baden-Württemberg (JVollZGB) fertigt der Kläger Schaltkästen der Beklagten zu 2). Am 27.11.2015 beantragte er beim Arbeitsgericht St. u.a. unter Ziffer 1 eine gerichtliche Feststellung des Inhalts, dass zwischen ihm und dem beklagten Land (Beklagter zu 1) - hilfsweise der Beklagten zu 2) - ein Arbeitsverhältnis besteht, sowie unter Ziffer 4 die Verurteilung der Beklagten zur Nachzahlung "fehlender Sozial¬abgaben" orientiert am Mindestlohn bezüglich von ihm erbrachter Gefangenenarbeit in der Jus¬tizvollzugsanstalt O. (17 Ca 7 /15).
Mit Beschluss vom 26.01.2016 verwies das Arbeitsgericht St. den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht F. (5 Ca 6 /16). Mit Beschluss vom 23.02.2016 erklärte das Arbeitsgericht F. den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten im Hinblick auf den Antrag unter Ziffer 4 aus der Klage-schrift des Klägers vom 27.11.2015 für unzulässig und verwies den Rechtsweg insoweit - unter Abtrennung des Verfahrens insoweit - an das Sozialgericht Freiburg (SG). Die hiergegen vom Kläger erhobene sofortige Beschwerde blieb erfolglos (Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 31.10.2016 - 22 Ta 3 /16).
Mit Gerichtsbescheid vom 09.03.2017 wies das SG nach vorheriger Anhörung die Klage ab. Gemäß § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheide das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Der Kläger verfolge sein Begehren im Wege der reinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG und begehre die gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten, dass diese gemäß § 28a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) den vom Kläger behaupteten Meldepflichten nachkämen. Insoweit sei der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit eröffnet (vgl. Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 05.10.2005 - 5 AZB 27/05). Bezüglich dieses Leistungsbegehrens fehle es jedoch am Rechtsschutzbedürfnis. Gerichte hätten die Aufgabe, den Bürgern zu ihrem Recht zu verhelfen, soweit das notwendig sei. Es gelte der Grundsatz, dass niemand die Gerichte unnütz in Anspruch nehmen dürfe. So fehle das Rechtsschutzbedürfnis, wenn das angestrebte Ziel auf leichtere Weise erreicht werden könne. Hier stehe dem Kläger die Möglichkeit offen, den Sachverhalt der zuständigen Einzugsstelle offen zu legen. Diese sei gemäß § 28h Abs. 1 S. 2 SGB IV für die Überwachung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages zuständig. Gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 Halbsatz 1 SGB IV entscheide sie auch über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Soweit ersichtlich, sei ein solches Verwaltungsverfahren, an dem sich der Kläger gemäß § 12 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) beteili¬gen könnte, bislang nicht durchgeführt worden. Ferner stünde dem Kläger die Möglichkeit offen, ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV einzuleiten. Mithin fehle es am Rechtsschutzbedürfnis des Klägers.
Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger am 13.03.2017 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 16.03.2017 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhobene Berufung des Klägers. Es bestehe ein Anspruch auf ein Sachurteil anstatt Prozessurteil.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09.03.2017 aufzuheben und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ab März 2015 die fehlenden Sozialabgaben aus der Entlohnung seiner Tätigkeit im Vollzuglichen Arbeitswesen in der JVA O. abzuführen.
Die Beklagten haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Prozessakten des Senats und des SG verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung in der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2017, zu der die Beteiligten ordnungsgemäß geladen worden sind, trotz Abwesenheit der Beteiligten entscheiden, da auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen worden ist (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
Zutreffend hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen (so bereits Urteil des erkennenden Senats vom 27.09.2017, - L 5 KR 3889/16 -, n.v.).
Die Gerichte haben die Aufgabe, den Bürger und der Verwaltung zu ihrem Recht zu verhelfen, soweit das notwendig ist. Deswegen besteht der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte unnütz oder gar unlauter in Anspruch nehmen oder ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen darf. Jede Rechtsverfolgung setzt daher ein Rechtschutzbedürfnis (Rechtschutzinteresse) voraus, auch wenn das im SGG und in den anderen Verfahrensgesetzen nur vereinzelt zum Ausdruck gebracht worden ist. Diese Sachentscheidungsvoraussetzung begründet sich aus dem auch im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]), dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte und dem Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns; prozessuale Rechte dürfen nicht zu Lasten der Funktionsfähigkeit des staatlichen Rechtspflegeapparats missbraucht werden (BSG, Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 35/12 R -, in juris; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmid, SGG, Kommentar, 12. Auflage, 2017 vor § 51 Rdnr. 16 ff.). Ein Rechtschutzbedürfnis fehlt insbesondere auch, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfache Weise erreicht werden kann (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmid, SGG, Kommentar, 12. Auflage, 2017 vor § 51 Rdnr. 16a mwN).
Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass die von einem nach seinem Vorbringen als Arbeitnehmer Versicherten gegen seinen angeblichen Arbeitgeber erhobene Klage auf Feststellung der Versicherungspflicht unzulässig ist. Ihr fehlt das Rechtschutzbedürfnis, weil zur Klärung von Streitigkeiten über die Versicherungs- und Beitragspflicht auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses und die Beitragshöhe das Einzugsstellenverfahren vorgesehen ist. Bei Zweifeln oder Streit hat eine Entscheidung (Verwaltungsakt) der Einzugsstelle zu ergehen. Der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist mit der Klage anfechtbar. Das Verwaltungsverfahren kann durch einen Antrag des Arbeitnehmers eingeleitet werden (vgl. BSG, Urteile vom 11.09.1995, - 12 RK 9/95 -, - 12 RK 63/94 - und - 12 RK 31/93 - vom 26.09.1996, - 12 RK 37/95 -; vom 23.09.2003, - B 12 RA 3/02 R -; auch Bayerisches LSG, Urteil vom 13.04.2007, - L 5 KR 251/06 - , alle in juris). Damit ist der Weg zur Klärung von Streitigkeiten über die Versicherungs- und Beitragspflicht auf Grund von Beschäftigungsverhältnissen vorgeschrieben. Diese Regelung zur Klärung der Versicherungs- und Beitragspflicht auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ist zwingend. Sie führt in einem Verwaltungsverfahren, das auch über einen Antrag des "Arbeitnehmers" eingeleitet werden kann, zu einer Verwaltungsentscheidung über die Versicherungspflicht, die Beitragspflicht und die Beitragshöhe in allen betroffenen Versicherungszweigen. Kommt es danach zu einem Vorverfahren und später zu einem Rechtsstreit, so können darin nach den notwendigen Beiladungen die versicherungs- und beitragsrechtlichen Verhältnisse umfassend geklärt werden. Eine gegen den Arbeitgeber geführte Feststellungsklage ist hierzu demgegenüber nicht geeignet. Denn der Arbeitgeber kann die öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Beitragspflicht sowie die Beitragszahlungspflicht nicht - etwa durch ein Anerkenntnis des Klageanspruchs - mit Wirkung für oder gegen die Einzugsstelle regeln. Ihm sind trotz seiner Indienstnahme für die Belange der Sozialversicherung nicht die Aufgaben der Einzugsstelle übertragen (vgl. BSG, Urteile vom 29.04.1976, - 12/3 RK 66/75 - und vom 23.09.2003, - B 12 RA 3/02 R -, alle in juris). Schließlich würde eine Entscheidung der Gerichte zur Versicherungs- und Beitragspflicht sowie zur Beitragszahlungspflicht allein auf eine Feststellungsklage zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber hin das gesetzlich vorgeschriebene Verwaltungsverfahren umgehen. Unter diesen Umständen ist für eine Klage des angeblichen Arbeitnehmers gegen seinen "Arbeitgeber" auf Feststellung ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 55 Abs. 1, 2 SGG nicht gegeben (vgl. BSG, Urteil vom 12.09.1995, - 12 RK 63/94 -, in juris).
Ob die Beklagten als Arbeitgeber für den Kläger Rentenversicherungs- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu entrichten haben, hängt damit von einer Entscheidung über die Versicherungspflicht und die Beitragspflicht ab. Dazu gehört auch die Entscheidung über die Beitragstragungspflicht, die Beitragszahlungspflicht und die Geltendmachung der Beiträge (vgl. § 28h Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Solange bei Streit um die Versicherungs- und Beitragspflicht eine positive Entscheidung nicht vorliegt, fehlt für eine gegen den angeblichen Arbeitgeber gerichtete Klage auf Beitragsentrichtung das Rechtschutzbedürfnis, und zwar aus den gleichen Gründen, die zur Unzulässigkeit der Feststellungsklage führen (BSG, Urteil vom 12.09.1995, - 12 RK 63/94 - , in juris).
Beiladungen (§ 75 SGG) sind im Hinblick auf die offensichtliche Unzulässigkeit der Klage nicht vorzunehmen (vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 08.120.2006, - VII B 243/05 -, in juris Rdnr. 6; auch etwa Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 23.09.1988, - 7 B 150/88 -, in juris Rdnr. 10,11 und Urteil vom 02.09.1983, - 7 C 97/81 -, in juris Rdnr. 14); mangels Zulässigkeit der Klage findet eine Prüfung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs in der Sache nicht statt.
Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die Klage im Übrigen auch unbegründet wäre. Zwischen dem Kläger und den Beklagten bestehen keinerlei Vertragsverhältnisse und es ist im Übrigen allgemein anerkannt, dass Strafgefangene keine Arbeitnehmer sind, da ihre Arbeitspflicht im Strafvollzug öffentlich-rechtlicher Natur ist (vgl. Grobis/Panzer, Stichwort Kommentar Arbeits-Mindestlohn, Rdnr. 6; OLG Hamburg, Beschluss vom 15.07.2015, - 3 Ws 59/15; Lemke, Mindest-Lohngesetz, NZA 2016,1).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die gesamtschuldnerische Abführung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung durch die Beklagten zu 1) und zu 2).
Der Kläger verbüßt eine Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt O ... Im Rahmen der Gefangenenarbeit gem. §§ 42 ff. des Gesetzbuches über den Justizvollzug in Baden-Württemberg (JVollZGB) fertigt der Kläger Schaltkästen der Beklagten zu 2). Am 27.11.2015 beantragte er beim Arbeitsgericht St. u.a. unter Ziffer 1 eine gerichtliche Feststellung des Inhalts, dass zwischen ihm und dem beklagten Land (Beklagter zu 1) - hilfsweise der Beklagten zu 2) - ein Arbeitsverhältnis besteht, sowie unter Ziffer 4 die Verurteilung der Beklagten zur Nachzahlung "fehlender Sozial¬abgaben" orientiert am Mindestlohn bezüglich von ihm erbrachter Gefangenenarbeit in der Jus¬tizvollzugsanstalt O. (17 Ca 7 /15).
Mit Beschluss vom 26.01.2016 verwies das Arbeitsgericht St. den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht F. (5 Ca 6 /16). Mit Beschluss vom 23.02.2016 erklärte das Arbeitsgericht F. den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten im Hinblick auf den Antrag unter Ziffer 4 aus der Klage-schrift des Klägers vom 27.11.2015 für unzulässig und verwies den Rechtsweg insoweit - unter Abtrennung des Verfahrens insoweit - an das Sozialgericht Freiburg (SG). Die hiergegen vom Kläger erhobene sofortige Beschwerde blieb erfolglos (Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 31.10.2016 - 22 Ta 3 /16).
Mit Gerichtsbescheid vom 09.03.2017 wies das SG nach vorheriger Anhörung die Klage ab. Gemäß § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheide das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Der Kläger verfolge sein Begehren im Wege der reinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG und begehre die gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten, dass diese gemäß § 28a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) den vom Kläger behaupteten Meldepflichten nachkämen. Insoweit sei der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit eröffnet (vgl. Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 05.10.2005 - 5 AZB 27/05). Bezüglich dieses Leistungsbegehrens fehle es jedoch am Rechtsschutzbedürfnis. Gerichte hätten die Aufgabe, den Bürgern zu ihrem Recht zu verhelfen, soweit das notwendig sei. Es gelte der Grundsatz, dass niemand die Gerichte unnütz in Anspruch nehmen dürfe. So fehle das Rechtsschutzbedürfnis, wenn das angestrebte Ziel auf leichtere Weise erreicht werden könne. Hier stehe dem Kläger die Möglichkeit offen, den Sachverhalt der zuständigen Einzugsstelle offen zu legen. Diese sei gemäß § 28h Abs. 1 S. 2 SGB IV für die Überwachung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages zuständig. Gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 Halbsatz 1 SGB IV entscheide sie auch über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Soweit ersichtlich, sei ein solches Verwaltungsverfahren, an dem sich der Kläger gemäß § 12 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) beteili¬gen könnte, bislang nicht durchgeführt worden. Ferner stünde dem Kläger die Möglichkeit offen, ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV einzuleiten. Mithin fehle es am Rechtsschutzbedürfnis des Klägers.
Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger am 13.03.2017 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 16.03.2017 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhobene Berufung des Klägers. Es bestehe ein Anspruch auf ein Sachurteil anstatt Prozessurteil.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09.03.2017 aufzuheben und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ab März 2015 die fehlenden Sozialabgaben aus der Entlohnung seiner Tätigkeit im Vollzuglichen Arbeitswesen in der JVA O. abzuführen.
Die Beklagten haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Prozessakten des Senats und des SG verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung in der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2017, zu der die Beteiligten ordnungsgemäß geladen worden sind, trotz Abwesenheit der Beteiligten entscheiden, da auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen worden ist (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
Zutreffend hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen (so bereits Urteil des erkennenden Senats vom 27.09.2017, - L 5 KR 3889/16 -, n.v.).
Die Gerichte haben die Aufgabe, den Bürger und der Verwaltung zu ihrem Recht zu verhelfen, soweit das notwendig ist. Deswegen besteht der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte unnütz oder gar unlauter in Anspruch nehmen oder ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen darf. Jede Rechtsverfolgung setzt daher ein Rechtschutzbedürfnis (Rechtschutzinteresse) voraus, auch wenn das im SGG und in den anderen Verfahrensgesetzen nur vereinzelt zum Ausdruck gebracht worden ist. Diese Sachentscheidungsvoraussetzung begründet sich aus dem auch im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]), dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte und dem Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns; prozessuale Rechte dürfen nicht zu Lasten der Funktionsfähigkeit des staatlichen Rechtspflegeapparats missbraucht werden (BSG, Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 35/12 R -, in juris; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmid, SGG, Kommentar, 12. Auflage, 2017 vor § 51 Rdnr. 16 ff.). Ein Rechtschutzbedürfnis fehlt insbesondere auch, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfache Weise erreicht werden kann (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmid, SGG, Kommentar, 12. Auflage, 2017 vor § 51 Rdnr. 16a mwN).
Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass die von einem nach seinem Vorbringen als Arbeitnehmer Versicherten gegen seinen angeblichen Arbeitgeber erhobene Klage auf Feststellung der Versicherungspflicht unzulässig ist. Ihr fehlt das Rechtschutzbedürfnis, weil zur Klärung von Streitigkeiten über die Versicherungs- und Beitragspflicht auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses und die Beitragshöhe das Einzugsstellenverfahren vorgesehen ist. Bei Zweifeln oder Streit hat eine Entscheidung (Verwaltungsakt) der Einzugsstelle zu ergehen. Der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist mit der Klage anfechtbar. Das Verwaltungsverfahren kann durch einen Antrag des Arbeitnehmers eingeleitet werden (vgl. BSG, Urteile vom 11.09.1995, - 12 RK 9/95 -, - 12 RK 63/94 - und - 12 RK 31/93 - vom 26.09.1996, - 12 RK 37/95 -; vom 23.09.2003, - B 12 RA 3/02 R -; auch Bayerisches LSG, Urteil vom 13.04.2007, - L 5 KR 251/06 - , alle in juris). Damit ist der Weg zur Klärung von Streitigkeiten über die Versicherungs- und Beitragspflicht auf Grund von Beschäftigungsverhältnissen vorgeschrieben. Diese Regelung zur Klärung der Versicherungs- und Beitragspflicht auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ist zwingend. Sie führt in einem Verwaltungsverfahren, das auch über einen Antrag des "Arbeitnehmers" eingeleitet werden kann, zu einer Verwaltungsentscheidung über die Versicherungspflicht, die Beitragspflicht und die Beitragshöhe in allen betroffenen Versicherungszweigen. Kommt es danach zu einem Vorverfahren und später zu einem Rechtsstreit, so können darin nach den notwendigen Beiladungen die versicherungs- und beitragsrechtlichen Verhältnisse umfassend geklärt werden. Eine gegen den Arbeitgeber geführte Feststellungsklage ist hierzu demgegenüber nicht geeignet. Denn der Arbeitgeber kann die öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Beitragspflicht sowie die Beitragszahlungspflicht nicht - etwa durch ein Anerkenntnis des Klageanspruchs - mit Wirkung für oder gegen die Einzugsstelle regeln. Ihm sind trotz seiner Indienstnahme für die Belange der Sozialversicherung nicht die Aufgaben der Einzugsstelle übertragen (vgl. BSG, Urteile vom 29.04.1976, - 12/3 RK 66/75 - und vom 23.09.2003, - B 12 RA 3/02 R -, alle in juris). Schließlich würde eine Entscheidung der Gerichte zur Versicherungs- und Beitragspflicht sowie zur Beitragszahlungspflicht allein auf eine Feststellungsklage zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber hin das gesetzlich vorgeschriebene Verwaltungsverfahren umgehen. Unter diesen Umständen ist für eine Klage des angeblichen Arbeitnehmers gegen seinen "Arbeitgeber" auf Feststellung ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 55 Abs. 1, 2 SGG nicht gegeben (vgl. BSG, Urteil vom 12.09.1995, - 12 RK 63/94 -, in juris).
Ob die Beklagten als Arbeitgeber für den Kläger Rentenversicherungs- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu entrichten haben, hängt damit von einer Entscheidung über die Versicherungspflicht und die Beitragspflicht ab. Dazu gehört auch die Entscheidung über die Beitragstragungspflicht, die Beitragszahlungspflicht und die Geltendmachung der Beiträge (vgl. § 28h Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Solange bei Streit um die Versicherungs- und Beitragspflicht eine positive Entscheidung nicht vorliegt, fehlt für eine gegen den angeblichen Arbeitgeber gerichtete Klage auf Beitragsentrichtung das Rechtschutzbedürfnis, und zwar aus den gleichen Gründen, die zur Unzulässigkeit der Feststellungsklage führen (BSG, Urteil vom 12.09.1995, - 12 RK 63/94 - , in juris).
Beiladungen (§ 75 SGG) sind im Hinblick auf die offensichtliche Unzulässigkeit der Klage nicht vorzunehmen (vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 08.120.2006, - VII B 243/05 -, in juris Rdnr. 6; auch etwa Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 23.09.1988, - 7 B 150/88 -, in juris Rdnr. 10,11 und Urteil vom 02.09.1983, - 7 C 97/81 -, in juris Rdnr. 14); mangels Zulässigkeit der Klage findet eine Prüfung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs in der Sache nicht statt.
Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die Klage im Übrigen auch unbegründet wäre. Zwischen dem Kläger und den Beklagten bestehen keinerlei Vertragsverhältnisse und es ist im Übrigen allgemein anerkannt, dass Strafgefangene keine Arbeitnehmer sind, da ihre Arbeitspflicht im Strafvollzug öffentlich-rechtlicher Natur ist (vgl. Grobis/Panzer, Stichwort Kommentar Arbeits-Mindestlohn, Rdnr. 6; OLG Hamburg, Beschluss vom 15.07.2015, - 3 Ws 59/15; Lemke, Mindest-Lohngesetz, NZA 2016,1).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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