Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 1434/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1756/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. März 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine höhere Rente wegen Alters unter Berücksichtigung von Entgeltpunkten (EP) anstelle von EP (Ost).
Der 1948 in Kasachstan geborene Kläger kam zusammen mit seiner Ehefrau und zwei Kindern am 26. September 1994 mit dem Flugzeug in F. a. M. an, von wo er mit Bussen in die Bundesaufnahmestelle H. in Nordrhein-Westfalen gebracht worden ist. Nach dem Registrierschein des Bundesverwaltungsamtes, Außenstelle H., vom 30. September 1994 wurde der Kläger mit Familie an das Land Sachsen zugewiesen (Registrierschein mit Verteilschein vom 30. September 1994, Blatt Wi 7 der Verwaltungsakten der Beklagten). Vom 4. Oktober 1994 an wurde der Kläger mit seiner Familie in Sachsen untergebracht. Der Kläger bezog vom 14. Oktober 1994 bis 27. März 1995 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit, Z ... Im Mai 1995 zog der Kläger mit seiner Ehefrau nach N., Landkreis H. in Baden-Württemberg. Hier übte der Kläger ab 24. Juli 1995 eine versicherungspflichtige Beschäftigung aus.
Auf seinen Rentenantrag vom 4. September 2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 6. Dezember 2013 ab 1. Januar 2014 Regelaltersrente (siehe Bl. Wi 2 der Verwaltungsakten der Beklagten). Hierbei legte die Beklagte für Zeiten im Beitrittsgebiet sowie für Zeiten in den Herkunftsländern nach dem Fremdrentengesetz (FRG) an die Stelle der ermittelten EP die EP (Ost) zu Grunde (siehe Anlage 3 des Rentenbescheides).
Der Kläger legte hiergegen am 7. Januar 2014 Widerspruch ein und trug vor, die Rente in Höhe von 803,16 EUR würde nicht einmal die Armutsgrenze erreichen. Die letzte Rentenauskunft sei zudem anders ausgefallen. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass er zwar im Rentenantrag angegeben habe, von Kasachstan nach H. gezogen zu sein. Nach den Unterlagen habe er allerdings von der Agentur für Arbeit Z. vom 14. Oktober 1994 bis 27. März 1995 Leistungen erhalten. Ob der Zuzug in die neuen oder alten Bundesländer erfolgt sei, sei entscheidend für die Bewertung der Versicherungszeiten nach dem FRG. Der Kläger ließ hierauf mitteilen, dass er dem Bundesland Sachsen zugewiesen worden sei und legte den Registrierschein vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. April 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei erst 1995 von Sachsen in die alten Bundesländer verzogen, weshalb der Zuzug nach dem Stichtag 31. Dezember 1990 aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der alten Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei. Der Kläger habe auch erst nach dem 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine Rentenzahlung, weshalb nach Art. 6 § 4 Abs. 6 b FANG für nach dem Fremdrentengesetz anrechenbare Zeiten EP (Ost) ermittelt würden. Aus der Rentenauskunft vom 16. Juli 2013 könnten keine Ansprüche abgeleitet werden, da über die Anrechnung und Bewertung der Daten erst bei Feststellung einer Leistung entschieden werde.
Am 30. April 2014 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und vorgetragen, die Zuweisung nach Sachsen sei entgegen seinem Willen erfolgt. Er habe zum fraglichen Zeitpunkt bereits viele Verwandte auf der Ostalb in Baden-Württemberg gehabt und wollte eigentlich dorthin zugewiesen werden. Es sei sein erklärtes Ziel gewesen, sich nicht länger als unbedingt nötig in Sachsen aufzuhalten. Er habe von Anfang an seinen Umzug nach Baden-Württemberg betrieben, dieser sei aber dann erst im Mai 1995 erfolgt. Es begegne verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn diese Zuweisung zur Folge habe, dass er bis zum Renteneintritt so behandelt würde, als habe er tatsächlich sein weiteres Erwerbsleben in den neuen Ländern verbracht. Die Beklagte hat auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 3. April 2001, B 4 RA 90/00 R, verwiesen, wonach auch die konkrete Absicht auszuwandern, einem gewöhnlichen Aufenthalt nicht entgegenstehe. Mit Urteil vom 17. März 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente unter Berücksichtigung von EP anstelle der EP (Ost) für die zugrunde gelegten FRG-Zeiten. Der Kläger habe nach dem 31. Dezember 1991, nämlich ab dem 1. Januar 2014, einen Anspruch auf Zahlung einer Rente erworben, nachdem er seinen nach dem 31. Dezember 1991, nämlich am 4. Oktober 1994 im Beitrittsgebiet begründeten gewöhnlichen Aufenthalt im Mai 1995 in das alte Bundesgebiet verlegt hatte, weshalb nach Art. 6 § 4 Abs. 6 S. 1 b FANG EP (Ost) zu ermitteln seien. Der Kläger habe ab 4. Oktober 1994 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Sachsen und damit im Beitrittsgebiet begründet. Der Kläger habe seinen faktischen Aufenthalt ab 4. Oktober 1994 zusammen mit seiner Ehefrau in den neuen Bundesländern gehabt. Er habe sich arbeitslos gemeldet und Leistungen vom 14. Oktober 1994 bis 23. März 1995 bezogen. Schon die Dauer des Verbleibs in Sachsen zeige, dass eine kurzfristige Möglichkeit der Unterbringung in Baden-Württemberg nicht bestanden habe. Dieser Aufenthalt sei zukunftsoffen gewesen, sodass bei vorausschauender Betrachtungsweise der Kläger dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe. Der Wille nach Baden-Württemberg umzuziehen, stehe einem gewöhnlichen Aufenthalt in Sachsen nicht entgegen, da ein Umzugstermin ungewiss gewesen sei. Auch die administrative Zuweisung ändere hieran nichts. Die Aussiedler könnten sich frei im Bundesgebiet bewegen. Das administrative Handeln sei nur notwendig, weil der freigewählte Bezug einer Wohnung nicht aus eigener Kraft möglich gewesen sei. Auch der Aufenthalt in einem Übergangswohnheim stehe einem gewöhnlichen Aufenthalt nicht entgegen. Das SG hat sich insbesondere auf die Entscheidung des BSG vom 31. Oktober 2012, B 13 R 1712 R, Juris, gestützt.
Gegen das dem Kläger am 10. April 2017 zugestellte Urteil hat er am 3. Mai 2017 Berufung eingelegt und in der Folge damit begründet, dass im Lichte des Verfassungsrechts an den Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts hohe Anforderungen zu stellen seien. Der Sachverhalt sei auch anders als der vom BSG in seiner Entscheidung vom 31. Oktober 2012 zugrundeliegende Sachverhalt. Ihm sei ein Sprachkurs aufgezwungen worden, obwohl er Lehrer für Deutsch und für eine Zeitung in deutscher Sprache tätig gewesen sei. Die bei Einreise elf Monate alte Tochter habe gesundheitliche Probleme gehabt, nämlich Fieber und Schmerzen, weswegen sie auch längere Zeit stationär behandelt worden sei. Er habe damals nur einen Verwandten in Deutschland gehabt, und zwar einen Vetter in B ... Er habe deshalb dringend dorthin gelangen wollen. Der Vetter habe ihm auch seine Hilfe angeboten. In Nordrhein-Westfalen hätten auch ehemalige Kollegen gewohnt, die auch bereit gewesen seien, ihn zu unterstützen, um eine passende Wohnung und Arbeit zu finden. Auch eine Familie, die im selben Flugzeug gesessen sei, die nach Baden-Württemberg zugewiesen worden sei, habe Unterstützung zugesagt. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass er und seine Familie nicht zufällig in Baden-Württemberg gelandet sei, vielmehr das Bestreben von Anfang an dorthin gerichtet gewesen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. März 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 6. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 3. April 2014 zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 2014 eine höhere Regelaltersrente unter Zugrundelegung von Entgeltpunkten anstatt von Entgeltpunkten (Ost) für die Zeit vom 17. August 1966 bis 27. März 1995 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten sind im Termin am 24. Oktober 2017 gehört worden. Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die zulässige (§§ 143, 144, 151 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 3. April 2014 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung von EP anstelle von EP (Ost) für die FRG-Zeiten vom 17. August 1966 bis 19. September 1994 zu gewähren. Denn der Kläger unterfällt als FRG-Berechtigter der Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 S. 1 b FANG. Auch der beitragsgeminderten Zeit vom 14. Oktober 1994 bis zum 27. März 1995 im Beitrittsgebiet sind gem. § 254 d Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) EP (Ost) zuzuweisen.
Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden (§ 64 SGB VI), wobei allerdings zwischen EP und EP (Ost) sowie aktuellem Rentenwert und aktuellem Rentenwert (Ost) unterschieden wird (§§ 254 b Abs. 1, 254 d Abs. 1, 255 a SGB VI). Soweit im nichtdeutschem Herkunftsland zurückgelegte Beitragszeiten in Anwendung des FRG ebenfalls mit EP bei der Rentenfestsetzung berücksichtigt werden, hat der Gesetzgeber in Art. 6 § 4 Abs. 6 b FANG in der seit 1. Januar 1992 geltenden Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes (RÜG) vom 25. Juli 1991 eine Übergangsregelung getroffen, wonach bei Berechtigten nach dem FRG, die nach dem 31. Dezember 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegen und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG erwerben für nach dem FRG anrechenbare Zeiten EP (Ost) ermittelt werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger ist als anerkannter Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG Berechtigter nach dem FRG (§ 1 a FRG). Er hat nach dem 31. Dezember 1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet (also das alte Bundesgebiet) verlegt und dort nach dem 31. Dezember 1991, nämlich am 1. Januar 2014, einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG (also mit FRG-Zeiten) erworben (s. BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012, B 13 R 1/12 R, Juris).
Gemäß § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I ist der Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts legal definiert. Danach hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Der in dieser Norm umschriebene Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts gilt grundsätzlich für alle Bücher des SGB. Die Frage des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I ist anhand einer dreistufigen Prüfung zu klären. Ausgangspunkt ist ein Aufenthalt; es sind dann die mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände festzustellen. Diese sind schließlich darauf hin zu würdigen, ob sie erkennen lassen, dass der Betreffende am Aufenthaltsort nicht nur vorübergehend verweilt (vgl. BSG a. a. O. m. w. N.). Ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) entscheiden. Dabei sind alle bei Prognosestellung für die Beurteilung der künftigen Entwicklung erkennbaren Umstände zu berücksichtigen. Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person bis auf weiteres an dem Ort verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Diese Prognose ist erforderlich, weil im Sozialrecht hiervon in vielfältiger Weise auch sofort zu treffende, zukunftsorientierte Entscheidungen abhängen, z. B. die über einen Krankenversicherungsschutz durch Familienversicherung oder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Das Gericht entscheidet nach freier Überzeugung. Es hat hierbei alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Wenn Änderungen eintreten, kann der gewöhnliche Aufenthalt nur vom Zeitpunkt der Änderung im Sinne einer neuen Prognoseentscheidung entfallen. Ein gewöhnlicher Aufenthalt ist nach § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I vom vorübergehenden Verweilen bzw. vorübergehenden Aufenthalt abzugrenzen. Dem vorübergehenden Aufenthalt wohnt als zeitliches Element eine Beendigung von vornherein inne. Für einen gewöhnlichen Aufenthalt genügt es jedenfalls, dass der Betreffende sich an dem Ort bis auf weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält (BSG a. a. O. mit weiteren Nachweisen). Dann schaden auch (voraussehbare) zeitweilige Unterbrechungen nicht. Voraussetzung ist keine Lückenlosigkeit des Aufenthalts, sondern nur eine gewisse Stetigkeit und Regelmäßigkeit. Ein gewichtiges Indiz für einen Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts ist die Verlagerung des örtlichen Schwerpunkts der Lebensverhältnisse. Für die Unterscheidung zwischen gewöhnlichem und vorübergehendem Aufenthalt kann es nach alledem keine feste allgemeingültige Grenze im Sinne von Höchst- oder Mindestzeiten geben. § 30 Abs. 3 SGB I enthält keine Regelung, wonach als gewöhnlicher Aufenthalt stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen ist. Es kann nach alledem nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, sich an einen anderen Ort zu begeben und dort einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen (sogenannter Domizilwille); dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen (objektiven) Umständen übereinstimmt. Nicht zwingend für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ist daher, ob der Betroffene sich an einem Ort freiwillig aufhält (BSG a. a. O. m. w. N.). Allerdings kann ein fehlender Domizilwille im konkreten Einzelfall im Rahmen der Gesamtwürdigung als subjektives Element dann Bedeutung erlangen, wenn für einen außenstehenden Prognosesteller erkennbar wird, dass zusammen mit den objektiven Gegebenheiten nicht oder nicht mehr von einem Aufenthalt bis auf weiteres ausgegangen werden kann (vgl. BSG a. a. O. m. w. N.). Wie das BSG ausgeführt hat, kann auch ein Aufenthalt in einem Übergangswohnheim ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I sein. Das gilt selbst dann, wenn die Absicht besteht, dieses sobald als möglich zu verlassen und sich an einem anderen Ort niederzulassen.
Der Senat stellt hiernach fest, dass der Kläger am 4. Oktober 1994 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I in Sachsen begründet hat. Der Kläger wurde an diesem Tag zusammen mit seiner Familie in der Landesaufnahmeeinrichtung in Sachsen untergebracht. Er hielt sich dort mit seiner Familie tatsächlich auf. Er durchlief dort einen Sprachkurs, er hat dort Leistungen bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt und vom 14. Oktober 1994 bis 27. März 1995 auch bezogen. Das Kind des Klägers wurde dort ärztlich behandelt. Der Kläger war dort polizeilich gemeldet. Damit lag der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse in Sachsen. Der Aufenthalt dort war auch gewöhnlich und nicht nur ein vorübergehender. Denn der Kläger hat sich mit seiner Familie dort bis auf weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufgehalten. Der Kläger macht zwar geltend, dass er von Anfang an entweder in B. bzw. Nordrhein-Westfalen oder in Baden-Württemberg einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen bzw. dorthin umziehen wollte. Zu diesem reinen Domizilwillen gab es jedoch keine tatsächlichen Umstände, die begründen könnten, dass der Aufenthalt in Sachsen nur ein vorübergehender war. Der Kläger hat zwar Beziehungen zu seinem Cousin in B. -und nicht wie vor dem SG behauptet viele Verwandte auf der Alb- bzw. zu Bekannten in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg unterhalten, jedoch hat er keine tatsächlichen Umstände anführen können, die bei einer Prognoseentscheidung zu berücksichtigen waren und auf ein nur vorübergehendes Verweilen in Sachsen hindeuten würden. Auch der Umstand, dass der Kläger den tatsächlich absolvierten Sprachkurs in Sachsen nicht für notwendig erachtete, kann weder bei der Prognoseentscheidung berücksichtigt werden noch ergibt sich hieraus eine spätere Änderung der Umstände. Die Nützlichkeit oder der Wunsch, einen Sprachkurs zu absolvieren oder nicht, ist für den tatsächlichen und gewöhnlichen Aufenthalt an einem Ort kein entscheidendes Kriterium. Auch die Behandlungsbedürftigkeit der Tochter des Klägers ist bei der Prognoseentscheidung oder später nicht relevant zu berücksichtigen. Die Tochter konnte und wurde in Sachsen wie auch später in Baden-Württemberg fachärztlich behandelt, sodass aus der Behandlungsbedürftigkeit der Tochter des Klägers für die Prognoseentscheidung kein relevanter Umstand abzuleiten ist. Der Aufenthalt war zukunftsoffen, was schließlich durch den langen Aufenthalt -länger als im vom BSG entschiedenen Fall- lediglich bestätigt worden ist. Der Kläger ist mit seiner Familie im Mai 1995 in das alte Bundesgebiet verzogen und hat hier seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, sodass die Voraussetzungen des Art. 6 § 4 Abs. 6 S. 1 b FANG erfüllt sind. Die Beklagte hat hiernach zutreffend für die FRG-Beitragszeiten vom 17. August 1966 bis 19. September 1994 EP (Ost) zugrunde gelegt. Auch die beitragsgeminderte Pflichtbeitragszeit des Sozialleistungsbezuges im Beitrittsgebiet ist gem. § 254 d Abs. 1 Nr. 2 SGB VI mit EP (Ost) zu bewerten. Die Beklagte und das SG haben bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass kein Anspruch darauf besteht, dass die in Rentenauskünften vorgenommene Beweerrtung der Daten der Leistung zugrunde gelegt wird (§ 149 Abs. 5 Satz 3 SGB VI).
Die Regelungen verstoßen auch nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vor. Grundsätzlich blieb es Aussiedlern nämlich unbenommen, sich nach ihrer Einreise selbst oder mit Hilfe von Angehörigen oder Freunden an einen Ort ihrer Wahl zu begeben und dort den gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (vgl. BSG, a. a. O.). Nur wer bei der Unterbringung der Hilfe bedurfte, konnte zugewiesen werden. Dies erscheint nicht willkürlich. Auch die Auswirkungen auf die Rentenhöhe sind keinesfalls willkürlich. Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG den durch die Öffnung der deutsch-deutschen Grenze eingetretenen Änderungen auch im Fremdrentenrecht Rechnung tragen. Dieses sollte so weiter entwickelt werden, dass es am jeweiligen Aufenthaltsort einen angemessenen Lebensstandard sichert. Wer als Aussiedler im Beitrittsgebiet Aufnahme gefunden hatte, sollte Leistungen erhalten, die dem Rentenniveau der dort lebenden Bürger entspricht. Für Aussiedler sollten gegenüber Bundesbürger im Beitrittsgebiet keine günstigeren Regelungen gelten. Diese Zielvorgabe ist keinesfalls verfassungswidrig und wurde auch sachgerecht umgesetzt (vgl. BSG a. a. O.). Zudem liegt den FRG-Zeiten kein eigener Beitrag zur deutschen Rentenversicherung zugrunde, was auch bei der Prüfung des Art. 3 GG nicht unberücksichtigt bleiben kann. Andere Gründe für die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung wurden nicht geltend gemacht und sind damit nicht streitgegenständlich (Lüdtke/Berchtold, Kommentar zum SGG, 5. Auflage, § 94 Rdnr. 2)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, a.a.O., § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine höhere Rente wegen Alters unter Berücksichtigung von Entgeltpunkten (EP) anstelle von EP (Ost).
Der 1948 in Kasachstan geborene Kläger kam zusammen mit seiner Ehefrau und zwei Kindern am 26. September 1994 mit dem Flugzeug in F. a. M. an, von wo er mit Bussen in die Bundesaufnahmestelle H. in Nordrhein-Westfalen gebracht worden ist. Nach dem Registrierschein des Bundesverwaltungsamtes, Außenstelle H., vom 30. September 1994 wurde der Kläger mit Familie an das Land Sachsen zugewiesen (Registrierschein mit Verteilschein vom 30. September 1994, Blatt Wi 7 der Verwaltungsakten der Beklagten). Vom 4. Oktober 1994 an wurde der Kläger mit seiner Familie in Sachsen untergebracht. Der Kläger bezog vom 14. Oktober 1994 bis 27. März 1995 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit, Z ... Im Mai 1995 zog der Kläger mit seiner Ehefrau nach N., Landkreis H. in Baden-Württemberg. Hier übte der Kläger ab 24. Juli 1995 eine versicherungspflichtige Beschäftigung aus.
Auf seinen Rentenantrag vom 4. September 2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 6. Dezember 2013 ab 1. Januar 2014 Regelaltersrente (siehe Bl. Wi 2 der Verwaltungsakten der Beklagten). Hierbei legte die Beklagte für Zeiten im Beitrittsgebiet sowie für Zeiten in den Herkunftsländern nach dem Fremdrentengesetz (FRG) an die Stelle der ermittelten EP die EP (Ost) zu Grunde (siehe Anlage 3 des Rentenbescheides).
Der Kläger legte hiergegen am 7. Januar 2014 Widerspruch ein und trug vor, die Rente in Höhe von 803,16 EUR würde nicht einmal die Armutsgrenze erreichen. Die letzte Rentenauskunft sei zudem anders ausgefallen. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass er zwar im Rentenantrag angegeben habe, von Kasachstan nach H. gezogen zu sein. Nach den Unterlagen habe er allerdings von der Agentur für Arbeit Z. vom 14. Oktober 1994 bis 27. März 1995 Leistungen erhalten. Ob der Zuzug in die neuen oder alten Bundesländer erfolgt sei, sei entscheidend für die Bewertung der Versicherungszeiten nach dem FRG. Der Kläger ließ hierauf mitteilen, dass er dem Bundesland Sachsen zugewiesen worden sei und legte den Registrierschein vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. April 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei erst 1995 von Sachsen in die alten Bundesländer verzogen, weshalb der Zuzug nach dem Stichtag 31. Dezember 1990 aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der alten Bundesrepublik Deutschland erfolgt sei. Der Kläger habe auch erst nach dem 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine Rentenzahlung, weshalb nach Art. 6 § 4 Abs. 6 b FANG für nach dem Fremdrentengesetz anrechenbare Zeiten EP (Ost) ermittelt würden. Aus der Rentenauskunft vom 16. Juli 2013 könnten keine Ansprüche abgeleitet werden, da über die Anrechnung und Bewertung der Daten erst bei Feststellung einer Leistung entschieden werde.
Am 30. April 2014 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und vorgetragen, die Zuweisung nach Sachsen sei entgegen seinem Willen erfolgt. Er habe zum fraglichen Zeitpunkt bereits viele Verwandte auf der Ostalb in Baden-Württemberg gehabt und wollte eigentlich dorthin zugewiesen werden. Es sei sein erklärtes Ziel gewesen, sich nicht länger als unbedingt nötig in Sachsen aufzuhalten. Er habe von Anfang an seinen Umzug nach Baden-Württemberg betrieben, dieser sei aber dann erst im Mai 1995 erfolgt. Es begegne verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn diese Zuweisung zur Folge habe, dass er bis zum Renteneintritt so behandelt würde, als habe er tatsächlich sein weiteres Erwerbsleben in den neuen Ländern verbracht. Die Beklagte hat auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 3. April 2001, B 4 RA 90/00 R, verwiesen, wonach auch die konkrete Absicht auszuwandern, einem gewöhnlichen Aufenthalt nicht entgegenstehe. Mit Urteil vom 17. März 2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente unter Berücksichtigung von EP anstelle der EP (Ost) für die zugrunde gelegten FRG-Zeiten. Der Kläger habe nach dem 31. Dezember 1991, nämlich ab dem 1. Januar 2014, einen Anspruch auf Zahlung einer Rente erworben, nachdem er seinen nach dem 31. Dezember 1991, nämlich am 4. Oktober 1994 im Beitrittsgebiet begründeten gewöhnlichen Aufenthalt im Mai 1995 in das alte Bundesgebiet verlegt hatte, weshalb nach Art. 6 § 4 Abs. 6 S. 1 b FANG EP (Ost) zu ermitteln seien. Der Kläger habe ab 4. Oktober 1994 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Sachsen und damit im Beitrittsgebiet begründet. Der Kläger habe seinen faktischen Aufenthalt ab 4. Oktober 1994 zusammen mit seiner Ehefrau in den neuen Bundesländern gehabt. Er habe sich arbeitslos gemeldet und Leistungen vom 14. Oktober 1994 bis 23. März 1995 bezogen. Schon die Dauer des Verbleibs in Sachsen zeige, dass eine kurzfristige Möglichkeit der Unterbringung in Baden-Württemberg nicht bestanden habe. Dieser Aufenthalt sei zukunftsoffen gewesen, sodass bei vorausschauender Betrachtungsweise der Kläger dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe. Der Wille nach Baden-Württemberg umzuziehen, stehe einem gewöhnlichen Aufenthalt in Sachsen nicht entgegen, da ein Umzugstermin ungewiss gewesen sei. Auch die administrative Zuweisung ändere hieran nichts. Die Aussiedler könnten sich frei im Bundesgebiet bewegen. Das administrative Handeln sei nur notwendig, weil der freigewählte Bezug einer Wohnung nicht aus eigener Kraft möglich gewesen sei. Auch der Aufenthalt in einem Übergangswohnheim stehe einem gewöhnlichen Aufenthalt nicht entgegen. Das SG hat sich insbesondere auf die Entscheidung des BSG vom 31. Oktober 2012, B 13 R 1712 R, Juris, gestützt.
Gegen das dem Kläger am 10. April 2017 zugestellte Urteil hat er am 3. Mai 2017 Berufung eingelegt und in der Folge damit begründet, dass im Lichte des Verfassungsrechts an den Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts hohe Anforderungen zu stellen seien. Der Sachverhalt sei auch anders als der vom BSG in seiner Entscheidung vom 31. Oktober 2012 zugrundeliegende Sachverhalt. Ihm sei ein Sprachkurs aufgezwungen worden, obwohl er Lehrer für Deutsch und für eine Zeitung in deutscher Sprache tätig gewesen sei. Die bei Einreise elf Monate alte Tochter habe gesundheitliche Probleme gehabt, nämlich Fieber und Schmerzen, weswegen sie auch längere Zeit stationär behandelt worden sei. Er habe damals nur einen Verwandten in Deutschland gehabt, und zwar einen Vetter in B ... Er habe deshalb dringend dorthin gelangen wollen. Der Vetter habe ihm auch seine Hilfe angeboten. In Nordrhein-Westfalen hätten auch ehemalige Kollegen gewohnt, die auch bereit gewesen seien, ihn zu unterstützen, um eine passende Wohnung und Arbeit zu finden. Auch eine Familie, die im selben Flugzeug gesessen sei, die nach Baden-Württemberg zugewiesen worden sei, habe Unterstützung zugesagt. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass er und seine Familie nicht zufällig in Baden-Württemberg gelandet sei, vielmehr das Bestreben von Anfang an dorthin gerichtet gewesen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. März 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 6. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 3. April 2014 zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 2014 eine höhere Regelaltersrente unter Zugrundelegung von Entgeltpunkten anstatt von Entgeltpunkten (Ost) für die Zeit vom 17. August 1966 bis 27. März 1995 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten sind im Termin am 24. Oktober 2017 gehört worden. Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die zulässige (§§ 143, 144, 151 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 3. April 2014 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung von EP anstelle von EP (Ost) für die FRG-Zeiten vom 17. August 1966 bis 19. September 1994 zu gewähren. Denn der Kläger unterfällt als FRG-Berechtigter der Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 S. 1 b FANG. Auch der beitragsgeminderten Zeit vom 14. Oktober 1994 bis zum 27. März 1995 im Beitrittsgebiet sind gem. § 254 d Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) EP (Ost) zuzuweisen.
Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden (§ 64 SGB VI), wobei allerdings zwischen EP und EP (Ost) sowie aktuellem Rentenwert und aktuellem Rentenwert (Ost) unterschieden wird (§§ 254 b Abs. 1, 254 d Abs. 1, 255 a SGB VI). Soweit im nichtdeutschem Herkunftsland zurückgelegte Beitragszeiten in Anwendung des FRG ebenfalls mit EP bei der Rentenfestsetzung berücksichtigt werden, hat der Gesetzgeber in Art. 6 § 4 Abs. 6 b FANG in der seit 1. Januar 1992 geltenden Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes (RÜG) vom 25. Juli 1991 eine Übergangsregelung getroffen, wonach bei Berechtigten nach dem FRG, die nach dem 31. Dezember 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegen und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG erwerben für nach dem FRG anrechenbare Zeiten EP (Ost) ermittelt werden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger ist als anerkannter Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG Berechtigter nach dem FRG (§ 1 a FRG). Er hat nach dem 31. Dezember 1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet (also das alte Bundesgebiet) verlegt und dort nach dem 31. Dezember 1991, nämlich am 1. Januar 2014, einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG (also mit FRG-Zeiten) erworben (s. BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012, B 13 R 1/12 R, Juris).
Gemäß § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I ist der Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts legal definiert. Danach hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Der in dieser Norm umschriebene Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts gilt grundsätzlich für alle Bücher des SGB. Die Frage des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I ist anhand einer dreistufigen Prüfung zu klären. Ausgangspunkt ist ein Aufenthalt; es sind dann die mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände festzustellen. Diese sind schließlich darauf hin zu würdigen, ob sie erkennen lassen, dass der Betreffende am Aufenthaltsort nicht nur vorübergehend verweilt (vgl. BSG a. a. O. m. w. N.). Ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) entscheiden. Dabei sind alle bei Prognosestellung für die Beurteilung der künftigen Entwicklung erkennbaren Umstände zu berücksichtigen. Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person bis auf weiteres an dem Ort verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Diese Prognose ist erforderlich, weil im Sozialrecht hiervon in vielfältiger Weise auch sofort zu treffende, zukunftsorientierte Entscheidungen abhängen, z. B. die über einen Krankenversicherungsschutz durch Familienversicherung oder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Das Gericht entscheidet nach freier Überzeugung. Es hat hierbei alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Wenn Änderungen eintreten, kann der gewöhnliche Aufenthalt nur vom Zeitpunkt der Änderung im Sinne einer neuen Prognoseentscheidung entfallen. Ein gewöhnlicher Aufenthalt ist nach § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I vom vorübergehenden Verweilen bzw. vorübergehenden Aufenthalt abzugrenzen. Dem vorübergehenden Aufenthalt wohnt als zeitliches Element eine Beendigung von vornherein inne. Für einen gewöhnlichen Aufenthalt genügt es jedenfalls, dass der Betreffende sich an dem Ort bis auf weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält (BSG a. a. O. mit weiteren Nachweisen). Dann schaden auch (voraussehbare) zeitweilige Unterbrechungen nicht. Voraussetzung ist keine Lückenlosigkeit des Aufenthalts, sondern nur eine gewisse Stetigkeit und Regelmäßigkeit. Ein gewichtiges Indiz für einen Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts ist die Verlagerung des örtlichen Schwerpunkts der Lebensverhältnisse. Für die Unterscheidung zwischen gewöhnlichem und vorübergehendem Aufenthalt kann es nach alledem keine feste allgemeingültige Grenze im Sinne von Höchst- oder Mindestzeiten geben. § 30 Abs. 3 SGB I enthält keine Regelung, wonach als gewöhnlicher Aufenthalt stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen ist. Es kann nach alledem nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, sich an einen anderen Ort zu begeben und dort einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen (sogenannter Domizilwille); dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen (objektiven) Umständen übereinstimmt. Nicht zwingend für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts ist daher, ob der Betroffene sich an einem Ort freiwillig aufhält (BSG a. a. O. m. w. N.). Allerdings kann ein fehlender Domizilwille im konkreten Einzelfall im Rahmen der Gesamtwürdigung als subjektives Element dann Bedeutung erlangen, wenn für einen außenstehenden Prognosesteller erkennbar wird, dass zusammen mit den objektiven Gegebenheiten nicht oder nicht mehr von einem Aufenthalt bis auf weiteres ausgegangen werden kann (vgl. BSG a. a. O. m. w. N.). Wie das BSG ausgeführt hat, kann auch ein Aufenthalt in einem Übergangswohnheim ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I sein. Das gilt selbst dann, wenn die Absicht besteht, dieses sobald als möglich zu verlassen und sich an einem anderen Ort niederzulassen.
Der Senat stellt hiernach fest, dass der Kläger am 4. Oktober 1994 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I in Sachsen begründet hat. Der Kläger wurde an diesem Tag zusammen mit seiner Familie in der Landesaufnahmeeinrichtung in Sachsen untergebracht. Er hielt sich dort mit seiner Familie tatsächlich auf. Er durchlief dort einen Sprachkurs, er hat dort Leistungen bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt und vom 14. Oktober 1994 bis 27. März 1995 auch bezogen. Das Kind des Klägers wurde dort ärztlich behandelt. Der Kläger war dort polizeilich gemeldet. Damit lag der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse in Sachsen. Der Aufenthalt dort war auch gewöhnlich und nicht nur ein vorübergehender. Denn der Kläger hat sich mit seiner Familie dort bis auf weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufgehalten. Der Kläger macht zwar geltend, dass er von Anfang an entweder in B. bzw. Nordrhein-Westfalen oder in Baden-Württemberg einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen bzw. dorthin umziehen wollte. Zu diesem reinen Domizilwillen gab es jedoch keine tatsächlichen Umstände, die begründen könnten, dass der Aufenthalt in Sachsen nur ein vorübergehender war. Der Kläger hat zwar Beziehungen zu seinem Cousin in B. -und nicht wie vor dem SG behauptet viele Verwandte auf der Alb- bzw. zu Bekannten in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg unterhalten, jedoch hat er keine tatsächlichen Umstände anführen können, die bei einer Prognoseentscheidung zu berücksichtigen waren und auf ein nur vorübergehendes Verweilen in Sachsen hindeuten würden. Auch der Umstand, dass der Kläger den tatsächlich absolvierten Sprachkurs in Sachsen nicht für notwendig erachtete, kann weder bei der Prognoseentscheidung berücksichtigt werden noch ergibt sich hieraus eine spätere Änderung der Umstände. Die Nützlichkeit oder der Wunsch, einen Sprachkurs zu absolvieren oder nicht, ist für den tatsächlichen und gewöhnlichen Aufenthalt an einem Ort kein entscheidendes Kriterium. Auch die Behandlungsbedürftigkeit der Tochter des Klägers ist bei der Prognoseentscheidung oder später nicht relevant zu berücksichtigen. Die Tochter konnte und wurde in Sachsen wie auch später in Baden-Württemberg fachärztlich behandelt, sodass aus der Behandlungsbedürftigkeit der Tochter des Klägers für die Prognoseentscheidung kein relevanter Umstand abzuleiten ist. Der Aufenthalt war zukunftsoffen, was schließlich durch den langen Aufenthalt -länger als im vom BSG entschiedenen Fall- lediglich bestätigt worden ist. Der Kläger ist mit seiner Familie im Mai 1995 in das alte Bundesgebiet verzogen und hat hier seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet, sodass die Voraussetzungen des Art. 6 § 4 Abs. 6 S. 1 b FANG erfüllt sind. Die Beklagte hat hiernach zutreffend für die FRG-Beitragszeiten vom 17. August 1966 bis 19. September 1994 EP (Ost) zugrunde gelegt. Auch die beitragsgeminderte Pflichtbeitragszeit des Sozialleistungsbezuges im Beitrittsgebiet ist gem. § 254 d Abs. 1 Nr. 2 SGB VI mit EP (Ost) zu bewerten. Die Beklagte und das SG haben bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass kein Anspruch darauf besteht, dass die in Rentenauskünften vorgenommene Beweerrtung der Daten der Leistung zugrunde gelegt wird (§ 149 Abs. 5 Satz 3 SGB VI).
Die Regelungen verstoßen auch nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vor. Grundsätzlich blieb es Aussiedlern nämlich unbenommen, sich nach ihrer Einreise selbst oder mit Hilfe von Angehörigen oder Freunden an einen Ort ihrer Wahl zu begeben und dort den gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (vgl. BSG, a. a. O.). Nur wer bei der Unterbringung der Hilfe bedurfte, konnte zugewiesen werden. Dies erscheint nicht willkürlich. Auch die Auswirkungen auf die Rentenhöhe sind keinesfalls willkürlich. Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG den durch die Öffnung der deutsch-deutschen Grenze eingetretenen Änderungen auch im Fremdrentenrecht Rechnung tragen. Dieses sollte so weiter entwickelt werden, dass es am jeweiligen Aufenthaltsort einen angemessenen Lebensstandard sichert. Wer als Aussiedler im Beitrittsgebiet Aufnahme gefunden hatte, sollte Leistungen erhalten, die dem Rentenniveau der dort lebenden Bürger entspricht. Für Aussiedler sollten gegenüber Bundesbürger im Beitrittsgebiet keine günstigeren Regelungen gelten. Diese Zielvorgabe ist keinesfalls verfassungswidrig und wurde auch sachgerecht umgesetzt (vgl. BSG a. a. O.). Zudem liegt den FRG-Zeiten kein eigener Beitrag zur deutschen Rentenversicherung zugrunde, was auch bei der Prüfung des Art. 3 GG nicht unberücksichtigt bleiben kann. Andere Gründe für die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung wurden nicht geltend gemacht und sind damit nicht streitgegenständlich (Lüdtke/Berchtold, Kommentar zum SGG, 5. Auflage, § 94 Rdnr. 2)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, a.a.O., § 193 Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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