L 6 KR 30/14

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 13 KR 17/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 KR 30/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 51/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist im Berufungsverfahren noch, ob vom 12. Juni bis 20. September 2009 (ab 21. September 2009 Aufnahme einer neuen versicherungspflichtigen Beschäftigung) Anspruch auf Krankengeld besteht.

Die 1959 geborene Klägerin war ab dem 24. Oktober 2008 arbeitslos, erkrankte am 16. April 2009 arbeitsunfähig und bezog bis zum 22. April 2009 Arbeitslosengeld. Vom 23. April 2009 an zahlte ihr die Beklagte Krankengeld. Unter dem 18. Mai 2009 kam der von der Beklagten beauftragte Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Sachsen-Anhalt zu der Einschätzung, in Übereinstimmung mit der Ansicht des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. S. könne die auf Grundlage der Diagnosen J02.9 (akute Pharyngitis) und Z73 (Burn out) bescheinigte Arbeitsunfähigkeit zum 2. Juni 2009 beendet werden. Unter Bezugnahme hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 28. Mai 2009 mit, Krankengeld werde nur noch bis zum 1. Juni 2009 geleistet. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, da sie weiter arbeitsunfähig sei. Dies habe die Allgemeinmedizinerin Dipl.-Med. B. als Urlaubsvertretung Dr. S.s unter dem 29. Mai 2009 bescheinigt, und zwar zunächst bis zum 5. Juni 2009. Bis zum 10. Juni 2009 erfolgte keine weitere ärztliche Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit. Auf einem Auszahlschein für Krankengeld vom 11. Juni 2009 attestierte die Allgemeinmedizinerin Dr. T. dieses Datum sodann als letzten Tag einer Arbeitsunfähigkeit wegen der Diagnose J02.9. Die Klägerin unterschrieb den Auszahlschein.

Am 15. Juni 2009 ging bei der Beklagten eine ebenfalls von Dr. T. ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Erstbescheinigung) vom 12. Juni 2009 ein, in der die Ärztin auf Grundlage an diesem Tag festgestellter Diagnosen Z73+G und F32.1+G (mittelgradige Depression) bis voraussichtlich zum 18. Juni 2009 Arbeitsunfähigkeit bescheinigte (Folgebescheinigung vom 19. Juni mit bis zum 26. Juni 2009 bestätigter Arbeitsunfähigkeit). Auf entsprechende Nachfrage der Beklagten teilte Dr. T. hierzu unter dem 29. Juni 2009 mit, die Arbeitsunfähigkeit wegen der Diagnose J02.9 sei am 11. Juni 2009 abgeschlossen gewesen. Am 12. Juni 2009 habe sie eine Arbeitsunfähigkeit wegen der Diagnosen Z73+G und F32.1+G neu festgestellt, die am Vortag noch nicht bestanden und die Arbeitsunfähigkeit allein verursacht hätten.

Nachfolgend gingen weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei der Beklagten ein. In seiner Stellungnahme vom 27. Juli 2009 führte der MDK aus, eine Arbeitsunfähigkeit wegen der Diagnosen J02.9, Z73 und F32.1 könne aufgrund der anamnestischen Angaben der Klägerin bis zum 11. Juni 2009 und darüber hinaus anerkannt werden, wobei eine Verlaufsbeobachtung erforderlich sei.

Mit Bescheid vom 10. August 2009 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld über den 11. Juni 2009 hinaus ab, da an diesem Termin die Arbeitsunfähigkeit geendet habe. Für den Folgetag sei zwar eine neue Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe aber kein einschlägiger Krankenversicherungsschutz der Klägerin mehr mit Anspruch auf Krankengeld bestanden.

Hiergegen erhob die Klägerin am 20. August 2009 unter ausführlicher Darstellung ihrer Rechtsansicht zur nahtlosen Fortdauer einer Arbeitsunfähigkeit Widerspruch.

Dipl.-Med. B. teilte auf Nachfrage der Beklagten unter dem 22. September 2009 mit, die von ihr für die Zeit vom 29. Mai bis 5. Juni 2009 wegen der Diagnose F45 (somatoforme Störung) bescheinigte Arbeitsunfähigkeit habe zum 5. Juni 2009 geendet. An diesem Tag habe sich die Klägerin nicht mehr bei ihr vorgestellt; gegebenenfalls habe eine Wiedervorstellung bei Dr. S. erfolgen sollen.

Am 27. Januar 2010 hat die Klägerin zwecks Verfolgung eines weiteren Krankengeldanspruchs vor dem Sozialgericht (SG) Magdeburg Klage erhoben (ursprünglich Feststellungsklage) und zur Begründung – neben umfangreicher Bezugnahme auf aus ihrer Sicht anspruchsrelevante Rechtsprechung – u.a. auf die Bewertungen des MDK verwiesen, wonach der Beklagten ihre psychische Erkrankung spätestens am 18. Mai 2009 bekannt gewesen sei. Das vom MDK bestätigte Burn out (Z73) habe zuvor auch Dr. S. festgestellt. Auf dem Auszahlschein vom 11. Juni 2009 habe sie lediglich die Richtigkeit ihrer Bankverbindung bestätigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Diagnose F45 sei durch Dipl.-Med. B. letztmalig zum 5. Juni 2009 bestätigt worden. Dies decke sich mit den Angaben Dr. S.s, der am 19. Mai 2009 Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Beschwerden attestiert habe. Erst am 12. Juni 2009 habe Dr. T. auf einer Erstbescheinigung erneut die Diagnose Z73 sowie eine mittelgradige depressive Episode attestiert und am 29. Juni 2009 bestätigt, dass diese Diagnosen vor dem 12. Juni 2009 keine Arbeitsunfähigkeit begründet hätten.

Mit Urteil vom 26. Februar 2014 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Zwar sei die Klägerin auch ab dem 12. Juni 2009 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Eine für den geltend gemachten Anspruch aus § 44 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) neben der Arbeitsunfähigkeit erforderliche Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld habe zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht mehr bestanden. Zwar sei eine solche nach Erschöpfung des Arbeitslosengeldanspruchs am 22. April 2009 bei bestehender Arbeitsunfähigkeit nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V zunächst erhalten geblieben. Nachdem Dr. T. das Ende der Arbeitsunfähigkeit für den 11. Juni 2009 attestiert habe, sei dieser Versicherungsschutz jedoch entfallen. Die am 12. Juni 2009 neu festgestellte Arbeitsunfähigkeit habe nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V erst wieder zum 13. Juni 2009 einen Krankengeldanspruch auslösen können (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 19/11 R – juris), Zu diesem Datum habe keine Mitgliedschaft der Klägerin mit Anspruch auf Krankengeld mehr existiert. Anhaltspunkte für einen Sachverhalt, bei dem eine unterbliebene ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausnahmsweise rückwirkend auf den letzten Tag des abgelaufenen Krankengeldbezugs nachholbar sei, lägen nicht vor. Insbesondere sei keine der Beklagten zuzurechnende Pflichtverletzung der Vertragsärztin Dr. T. ersichtlich. Diese habe bestätigt, dass diejenige Erkrankung, die am 16. April 2009 eine Arbeitsunfähigkeit begründet habe, zum 11. Juni 2009 geendet habe.

Gegen das ihr am 10. Mai 2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 5. Juni 2014 beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt unter Vertiefung ihrer Rechtsansicht Berufung eingelegt und sich hierzu insbesondere auf das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 17. Juli 2014 (L 16 KR 160/13) gestützt. Im Übrigen habe sie Dr. T. am 12. Juni 2009 gar nicht aufgesucht. Dies ergebe sich auch aus dem (zu den Gerichtsakten gereichten) Auszug aus der Patientenakte.

Die Klägerin beantragt schriftlich,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. Februar 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 12. Juni bis 20. September 2009 Krankengeld in gesetzlicher Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Auf dem Auszahlschein vom 11. Juni 2009 hätten sowohl Dr. T. als auch die Klägerin das Ende der Arbeitsunfähigkeit an diesem Tag per Unterschrift bestätigt. Am 12. Juni 2009 seien die Krankenversichertenkarte der Klägerin neu eingelesen und eine erneute Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt worden.

Der Berichterstatter hat die Klägerin unter dem 23. Dezember 2014 darauf hingewiesen, dass das BSG am 16. Dezember 2014 seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und dabei insbesondere das von ihr zitierte Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen aufgehoben habe (u.a. B 1 KR 19/14 R).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 10. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2010 beschwert die Klägerin nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil sie für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Krankengeld hat.

Die den Krankengeldanspruch vermittelnde, auf dem Arbeitslosengeldbezug beruhende Mitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten endete mit Ablauf des 5. Juni 2009 (nachfolgend unter 1.). Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aufgrund eines nachgehenden Versicherungsschutzes gemäß § 19 Abs. 2 SGB V (dazu 2.). Schließlich ist die Klägerin nicht so zu stellen, als hätte am 11. Juni 2009 noch Arbeitsunfähigkeit vorgelegen (unter 3.).

1. Die Klägerin war ab dem 12. Juni 2009 nicht mehr beruhend auf ihrer gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bis zum 22. April 2009 bestehenden Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagen versichert.

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn – abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung – Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krankengeld vorliegt. Nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V in der bis zum 22. Juli 2015 gültigen und vorliegend noch maßgeblichen Fassung entsteht der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Wird – wie hier – Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit begehrt, ist für den Umfang des Versicherungsschutzes demnach grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (statt aller BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 19/11 R – s.o.). Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat vorliegend anschließt, bietet das Gesetz weder einen Anhalt für das Verständnis des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V als bloßer Zahlungsvorschrift noch dafür, dass der Krankengeldanspruch gemäß § 44 SGB V schon bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entsteht (siehe nur Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – SozR 4-2500 § 192 Nr. 7; Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 19/11 R – a.a.O.). Dem lässt sich vorliegend auch § 46 Satz 2 SGB V in der zum 23. Juli 2015 in Kraft getretenen Fassung des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes (BGBl. I 2015, 1211) nicht entgegen halten. Nach dieser Vorschrift bleibt der Anspruch auf Krankengeld jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung – wie hier – spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Denn der Gesetzgeber hat in Kenntnis der jahrzehntelangen Rechtsprechung des BSG bewusst von einer rückwirkenden Änderung der Gesetzeslage abgesehen. Abgesehen davon geht es hier um keinen Fall erneuter ärztlicher Feststellung einer bereits bestehenden Arbeitsunfähigkeit, sondern um eine Erstfeststellung.

Am 12. Juni 2009 als dem – laut Dr. T. – Tag der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wegen der Diagnosen Z73 und F32.1 war die Klägerin bei der Beklagten nicht mehr aufgrund eines Versicherungsschutzes aus der Arbeitslosenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Das die Mitgliedschaft in einer Krankenkasse vermittelnde Versicherungsverhältnis ist an den Fortbestand der versicherungspflichtigen Beschäftigung geknüpft. Es endet gemäß § 190 Abs. 2 SGB V mit Ablauf des Tages, an dem der Bezug von Arbeitslosengeld endet (hier also am 22. April 2009). Für einen Krankengeldanspruch bedurfte es daher einer anderweitigen Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes.

Zwar bleibt die Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V u.a. solange erhalten, wie Anspruch auf Krankengeld besteht. Die Norm verweist damit wieder auf die Vorschriften über den Krankengeldanspruch, die indessen ihrerseits voraussetzen, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld vorliegt. Um diesen Anforderungen zu genügen, reicht es aus, dass der Versicherte am letzten Tag des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld (hier mithin der durch den Bezug von Arbeitslosengeld vermittelten Mitgliedschaft) alle Voraussetzungen erfüllt, um spätestens mit Ablauf dieses Tages – und damit zugleich mit Beginn des nächsten Tages – einen Krankengeldanspruch entstehen zu lassen (siehe nochmals BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – und Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 19/11 R – a.a.O.). Auch nach diesen Grundsätzen erhielt die Klägerin ihren Versicherungsschutz mit Krankengeldberechtigung aber nicht über den 11. Juni 2009 hinaus aufrecht. Vielmehr ist nach den vorliegenden ärztlichen Mitteilungen für die Zeit vom 6. bis 10. Juni 2009 überhaupt keine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ärztlich festgestellt. Die von Dr. S. und Dipl.-Med. B. wegen psychischer Beschwerden attestierte Arbeitsunfähigkeit endete zum 5. Juni 2009. An diesem Tag hat sich die Klägerin nach den Angaben Dipl.-Med. B.s vom 22. September 2009 weder bei dieser noch bei Dr. S. vorgestellt. Letzteres wird auch von der Klägerin selbst nicht behauptet. Soweit Dr. T. dann für den 11. Juni 2009 ausdrücklich das Ende einer Arbeitsunfähigkeit wegen akuter Pharyngitis bestätigt hat, ändert sich hieran im Ergebnis nichts. Denn auch nach der auf den Angaben Dr. S.s fußenden Einschätzung des MDK vom 18. Mai 2009 war die Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Erkrankung zum 2. Juni 2009 beendet. Die von Dipl.-Med. B. vom 29. Mai bis 5. Juni 2009 bescheinigte Arbeitsunfähigkeit erfolgte nicht wegen Pharyngitis, sondern wegen einer somatoformen Störung. Die aufgrund der Diagnosen Burn out und depressive Episode seitens Dr. T. am 12. Juni attestierte Arbeitsunfähigkeit beruhte damit weder auf einer bis zum 5. noch bis zum 11. Juni 2009 festgestellten Erkrankung, sondern eines abweichenden Leidens. Die Verwendung der Erstbescheinigung durch Dr. T. am 12. Juni 2009 erscheint vor diesem Hintergrund folgerichtig. Bei fortbestehender Pharyngitis wäre stattdessen die Erteilung eines weiteren Auszahlscheins zu erwarten gewesen.

Als Dr. T. an diesem Tag eine Arbeitsunfähigkeit (erneut) feststellte, war kein Versicherungsverhältnis der Klägerin mit Anspruch auf Krankengeld mehr gegeben. Vielmehr war sie zu diesem Zeitpunkt gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. a) SGB V krankenversichert (Auffangversicherung). Die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherten haben gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V keinen Krankengeldanspruch. Ein Versicherungsschutz gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V scheidet aus, da die Klägerin seit dem 23. April 2009 kein Arbeitslosengeld mehr bezog.

2. Ein nachwirkender Krankengeldanspruch aus § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V scheidet ebenfalls aus. Denn der Krankenversicherungsschutz gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. a) SGB V geht einem nachwirkenden Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V vor. Ein nachwirkender Anspruch gemäß § 19 Abs. 2 SGB V verdrängt nach der Kollisionsregel des § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V nur dann eine Auffangversicherung, wenn bei prognostischer Betrachtung davon auszugehen ist, dass der Betroffene spätestens nach Ablauf eines Monats nach dem Ende seiner bisherigen Mitgliedschaft eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall erlangt (BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 19/11 R – s.o.). Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, besteht insoweit hier aber kein entsprechender Anhaltspunkt.

3. Schließlich liegt auch kein Fall vor, nach dem die Klägerin so zu behandeln wäre, als hätte Dr. T. am 11./12. Juni 2009 fortlaufende Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Erkrankung festgestellt. Dies gilt schon deshalb, weil die Klägerin die Ärztin nach ihrem eigenen – vom Senat als wahr unterstellten – Vortrag am 12. Juni 2009 überhaupt nicht konsultiert hat. Dann fehlt es nämlich bereits an einer ärztlich erfolgten Untersuchung als Grundvoraussetzung einer daraus gegebenenfalls ableitbaren Arbeitsunfähigkeit (vgl. nochmals § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V, wonach der Anspruch "von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt", entsteht). Dass die Klägerin aufgrund bestehender Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit gehindert gewesen ist, Dr. T. (oder einen anderen Arzt) am 12. Juni 2009 aufzusuchen, hat sie weder behauptet noch gibt es sonstige Hinweise hierfür.

Andererseits war es nicht an der Beklagten, die Klägerin, die in ihren Schriftsätzen umfangsreich auf die relevanten Vorschriften Bezug nimmt, nochmals auf die maßgebliche Sach- und Rechtslage hinzuweisen. Vielmehr ist die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Feststellung der Arbeitsunfähigkeit – abgesehen von in den Verantwortungsbereich der Krankenkassen fallenden (und hier nicht gegebenen) Umständen – auch dann ausgeschlossen, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind und den Versicherten kein Verschulden an der nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit trifft (siehe nochmals BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 – B 1 KR 37/14 R – und Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 19/11 R – s.o.). Insbesondere musste sich eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht aus der Stellungnahme des MDK vom 18. Mai 2009 aufdrängen. Denn nach dieser endete die Arbeitsunfähigkeit wegen akuter Pharyngitis und Burn outs am 2. Juni 2009; die Bewertung vom 27. Juli 2009 lag der Beklagten am 11. Juni 2009 noch nicht vor und fußte zudem allein auf den Angaben der Klägerin. Letztlich ist auch kein Sachverhalt ersichtlich, der darüber hinaus – aufgrund irrtümlicher Nichterstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch einen Vertragsarzt aus nichtmedizinischen Gründen – ausnahmsweise einen weiteren Anspruch auf Krankengeld begründen könnte (vgl. hierzu jüngst BSG, Urteil vom 11. Mai 2017 – B 3 KR 22/15 R – Terminbericht auf www.bundessozialgericht.de).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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