Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
45
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 45 R 271/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Der am 0.0.1949 geborene Kläger beantragte zunächst am 17.6.2009 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 30.6.2010 wurde dieser Antrag abgelehnt. Dagegen erhob der Kläger einen Überprüfungsantrag. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens forderte die Beklagte Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers in Spanien an. Am 6.7.2010 wurde der Überprüfungsantrag mit streitgegenständlichen Bescheid vom 7.10.2011 als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2012 seitens der Beklagten zurückgewiesen wurde.
Dagegen hat der Kläger vor dem erkennen Gericht Klage erhoben.
Zur Begründung führt der Kläger aus, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente gegeben seien. Zunächst sei die ungenügende Sachaufklärung zu bemängeln. Die seitens der Beklagten angeforderten Befundberichte ließen eine inhaltliche Verwertbarkeit vermissen, da die angefragten Ärzte keine entsprechenden Fachärzte seien und die Ausfüllung der Formulare auch nur unzureichend erfolgt sei. Darüber hinaus habe die Beklagte das Krankheitsbild des Klägers nur unzureichend erfasst. Er leide an schwerwiegenden Erkrankungen, welche seitens des medizinischen Dienstes der Beklagten bislang nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Mithin sei eine ambulante Untersuchung des Klägers erforderlich.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt schriftsätzlich,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.6.2010 in der Gestalt des Bescheides vom 7.10.2011 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 20.11.2012 zu verurteilen, dem Kläger rückwirkend ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines ambulanten Gutachtens bei T.
Hinsichtlich des übrigen Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts und Verwaltungsakte verwiesen, welche ebenso Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 7.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2012. Die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 SGG.
1.) Der Kläger hat zunächst gemäß § 240 SGB VI keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
§ 240 SGB VI dehnt aus Gründen des Vertrauensschutzes den Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf vor dem 02.01.1961 geborene und berufsunfähig gewordene Versicherte aus. § 240 SGB VI ist eine Sondervorschrift zur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI. Da der Kläger 1947 geboren wurde, fällt er unter diese Vertrauensschutzregelung.
Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Für die Entscheidung der Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig ist, ist von seinem bisherigen Beruf auszugehen. Berufsunfähig sind damit nicht schon Versicherte, die ihren bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können. Von den Versicherten wird die Inkaufnahme eines zumutbaren beruflichen Abstiegs verlangt. Um die Zumutbarkeit des Abstiegs zu ermitteln, ist auf das aus der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entwickelte Mehrstufenschema zurückzugreifen. Danach werden die Arbeiterberufe unterteilt in Gruppen, die durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hochqualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (Ausbildung von mehr als zwei Jahren mit Abschluss), des angelernten Arbeiters (Ausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters gekennzeichnet sind (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 140 u. 141). Grundsätzlich kann ein Versicherter auf Tätigkeiten, die im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf der nächst niedrigeren Gruppe in diesem Schema zuzuordnen sind, verwiesen werden, ohne dass dies sozial unzumutbar wäre (vgl. Urt. des BSG v. 01.09.1999, B 13 RJ 89/98 R m.w.N., zitiert nach juris). Dies stellt die subjektive Seite der Zumutbarkeit des Verweisungsberufs dar (KassKomm-Niesel, a.a.O., § 240 SGB VI Rn 95). Die Rechtsprechung hat dabei die Gruppe der Angelernten weiter in einen oberen und unteren Rang unterteilt, wobei zum oberen Rang solche Berufe gehören, die eine Regelausbildungszeit von zwei Jahren haben oder solche, die über eine bloße Einweisung und Einarbeitung hinausgehende echte betriebliche Ausbildung von mindestens 12 Monaten voraussetzen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Nur bei Zugehörigkeit zum oberen Rang ist die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nötig (KassKomm-Niesel, a.a.O., § 240 SGB VI Rn 114 m.w.N.).
Der letzte Beruf des Klägers war der eines Tischlers. Diesen Beruf kann der Kläger vermutlich – aufgrund der qualitativen Leistungseinschränkungen – nicht mehr vollschichtig ausüben. Zutreffend ist die Beklagte jedoch von einer Verweisbarkeit des Klägers auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen, denn der Kläger ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lediglich als "Angelernter" einzuordnen. Er hat unstreitig keine höherwertigen Beschäftigungen ausgeübt (Arbeitgeberauskunft "Official 2").
2.) Der Kläger hat darüber hinaus auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Nach § 43 Abs. 1 S. 1 SGB VI haben Versicherte, bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 S. 1 SGB VI haben Versicherte, bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, Anspruch auf Rente wegen, voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Ein Versicherter, der zwar noch mindestens drei, nicht aber sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, hat auch dann Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung als sogenannte Arbeitsmarktrente, wenn er keinen Arbeitsplatz inne hat, der einem drei- bis sechsstündigem Leistungsvermögen entspricht. In diesem Fall wird davon ausgegangen, dass der Arbeitsmarkt insgesamt verschlossen ist, es sei denn der Rentenversicherungsträger weist nach, dass ein ausreichender Teilzeitarbeitsmarkt vorhanden ist (BSGE 43, 75 ff.; BT-Drucks. 14/4239, S. 25; KassKomm-Niesel, 65. EL 2010, § 43 SGB VI Rn 30 ff.; Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) v. 08.04.2009, L 18 R 875/08, Rn 43; zweifelnd: Urt. des Sächsischen LSG v. 25.01.2010, L 7 R 582/08).
Der Kläger ist unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Bestimmungen weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Die Kammer ist der Überzeugung, dass der Kläger noch in der Lage ist mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Diese Einschätzung ergibt sich aus den eingeholten Gutachten des T. Der Gutachter stellte folgende Diagnosen:
• Bluthochdruck, hypertensive Herzerkrankung • bronchiale Hyperreagibilität mit asthmoider Symptomatik • Verschleißleiden der Wirbelsäule • Verschleißveränderungen der kleinen Fingergelenke mit Funktionen Auswirkung • Bewegungseinschränkung der Schultergelenke • Hörminderung beidseits • Sehminderung • beweguns- und belastungsabhängige Kniegelenksschmerzen links, Fußfehlform, Varikosis • Miktionsstörungen, Verdacht auf chronische Prostatitis
Im Ergebnis kommen die Gutachter zu der Einschätzung, dass der Kläger noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als 6 Stunden täglich zu verrichten. Dieser Auffassung schließt sich das Gericht, welches nicht über medizinische Sachkunde verfügt, vollumfänglich an, da eine fehlende Schlüssigkeit oder Unvollständigkeit des Gutachtens nicht erkennbar ist.
Zwar ist der Kläger nach der nachvollziehbaren Bewertung des Gutachters hinsichtlich der qualitativen Ausführung von Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes erheblich eingeschränkt. So bestehen unter anderem Einschränkungen der Arbeit in Zwangshaltung, unter Zeitdruck, unter Nachtschichtbedingung, verbunden mit häufigem Bücken oder Knien, mit häufigem Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel oder Tätigkeiten die besondere Sehleistung oder besonderes Hörvermögen erfordern. Eine qualitative Einschränkung ist den genannten Diagnosen aber nachvollziehbar nicht zu entnehmen.
Insoweit der Prozessbevollmächtigte die Bluthochdruckerkrankung des Klägers in den Vordergrund stellt, sind dessen Ausführungen nach Auffassung der Kammer nicht nachvollziehbar. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme ausdrücklich ausgeführt, dass entsprechende Bemühungen des Klägers zur Optimierung der erhöhten Blutdruckwerte bislang nicht erfolgt seien. Therapeutischen Maßnahmen seien insoweit nicht ausgeschöpft. Dieses Verhaltens muss allerdings zulasten des Klägers und nicht zulasten der Beklagten gehen. Darüber hinaus ist nicht nachvollziehbar, warum der Kläger eine kardiologischen unbelastende Tätigkeit, wie z.B. die Arbeit in einem Callcenter, nicht ausführen können sollte.
Insofern der Klägerbevollmächtigte ein depressives Leiden des Klägers als nicht berücksichtigt erachtet, ist die Kammer der Auffassung, dass ein solches Leiden nicht hinreichend dargelegt und bewiesen wurde. Diesbezüglich ist insbesondere zu beachten, dass der Klägerbevollmächtigte in seiner – grundsätzlich sehr ausführlichen – Klagebegründung ein depressives Leiden des Klägers nicht einmal erwähnt. Da eine Pflicht des Gerichts zur "Ermittlung ins Blaue hinein" nicht besteht, sieht das Gericht vorliegend auch keine weitere Pflicht zur Amtsaufklärung, zumal der Gutachter ausgeführt hat, dass im Rahmen der ambulanten Begutachtung nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte für eine mindestens mittelgradige ausgeprägte depressive Episode vorgelegen hätten (vergleiche Bl. 130 der Gerichtsakte).
Wenn der Klägerbevollmächtigte auch die orthopädische Diagnostik des Gutachters, insbesondere aufgrund der nicht Fertigung von Röntgenbildern, bemängelt, so kann das Gericht diese Argumente ebenso nicht nachvollziehen. Der Gutachter hat richtigerweise im Rahmen der ergänzenden ergänzenden Stellungnahme darauf hingewiesen, dass nicht die Diagnose selber sondern lediglich die funktionellen Auswirkungen im Rahmen der Erwerbsminderungsrente von Belang sind. Diese sind aber zutreffend beurteilt worden.
Mithin war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Der am 0.0.1949 geborene Kläger beantragte zunächst am 17.6.2009 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 30.6.2010 wurde dieser Antrag abgelehnt. Dagegen erhob der Kläger einen Überprüfungsantrag. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens forderte die Beklagte Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers in Spanien an. Am 6.7.2010 wurde der Überprüfungsantrag mit streitgegenständlichen Bescheid vom 7.10.2011 als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2012 seitens der Beklagten zurückgewiesen wurde.
Dagegen hat der Kläger vor dem erkennen Gericht Klage erhoben.
Zur Begründung führt der Kläger aus, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente gegeben seien. Zunächst sei die ungenügende Sachaufklärung zu bemängeln. Die seitens der Beklagten angeforderten Befundberichte ließen eine inhaltliche Verwertbarkeit vermissen, da die angefragten Ärzte keine entsprechenden Fachärzte seien und die Ausfüllung der Formulare auch nur unzureichend erfolgt sei. Darüber hinaus habe die Beklagte das Krankheitsbild des Klägers nur unzureichend erfasst. Er leide an schwerwiegenden Erkrankungen, welche seitens des medizinischen Dienstes der Beklagten bislang nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Mithin sei eine ambulante Untersuchung des Klägers erforderlich.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt schriftsätzlich,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.6.2010 in der Gestalt des Bescheides vom 7.10.2011 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 20.11.2012 zu verurteilen, dem Kläger rückwirkend ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines ambulanten Gutachtens bei T.
Hinsichtlich des übrigen Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts und Verwaltungsakte verwiesen, welche ebenso Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 7.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2012. Die Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 SGG.
1.) Der Kläger hat zunächst gemäß § 240 SGB VI keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
§ 240 SGB VI dehnt aus Gründen des Vertrauensschutzes den Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf vor dem 02.01.1961 geborene und berufsunfähig gewordene Versicherte aus. § 240 SGB VI ist eine Sondervorschrift zur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI. Da der Kläger 1947 geboren wurde, fällt er unter diese Vertrauensschutzregelung.
Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Für die Entscheidung der Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig ist, ist von seinem bisherigen Beruf auszugehen. Berufsunfähig sind damit nicht schon Versicherte, die ihren bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können. Von den Versicherten wird die Inkaufnahme eines zumutbaren beruflichen Abstiegs verlangt. Um die Zumutbarkeit des Abstiegs zu ermitteln, ist auf das aus der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entwickelte Mehrstufenschema zurückzugreifen. Danach werden die Arbeiterberufe unterteilt in Gruppen, die durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hochqualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (Ausbildung von mehr als zwei Jahren mit Abschluss), des angelernten Arbeiters (Ausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters gekennzeichnet sind (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 140 u. 141). Grundsätzlich kann ein Versicherter auf Tätigkeiten, die im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf der nächst niedrigeren Gruppe in diesem Schema zuzuordnen sind, verwiesen werden, ohne dass dies sozial unzumutbar wäre (vgl. Urt. des BSG v. 01.09.1999, B 13 RJ 89/98 R m.w.N., zitiert nach juris). Dies stellt die subjektive Seite der Zumutbarkeit des Verweisungsberufs dar (KassKomm-Niesel, a.a.O., § 240 SGB VI Rn 95). Die Rechtsprechung hat dabei die Gruppe der Angelernten weiter in einen oberen und unteren Rang unterteilt, wobei zum oberen Rang solche Berufe gehören, die eine Regelausbildungszeit von zwei Jahren haben oder solche, die über eine bloße Einweisung und Einarbeitung hinausgehende echte betriebliche Ausbildung von mindestens 12 Monaten voraussetzen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Nur bei Zugehörigkeit zum oberen Rang ist die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nötig (KassKomm-Niesel, a.a.O., § 240 SGB VI Rn 114 m.w.N.).
Der letzte Beruf des Klägers war der eines Tischlers. Diesen Beruf kann der Kläger vermutlich – aufgrund der qualitativen Leistungseinschränkungen – nicht mehr vollschichtig ausüben. Zutreffend ist die Beklagte jedoch von einer Verweisbarkeit des Klägers auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen, denn der Kläger ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lediglich als "Angelernter" einzuordnen. Er hat unstreitig keine höherwertigen Beschäftigungen ausgeübt (Arbeitgeberauskunft "Official 2").
2.) Der Kläger hat darüber hinaus auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).
Nach § 43 Abs. 1 S. 1 SGB VI haben Versicherte, bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 S. 1 SGB VI haben Versicherte, bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, Anspruch auf Rente wegen, voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Ein Versicherter, der zwar noch mindestens drei, nicht aber sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, hat auch dann Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung als sogenannte Arbeitsmarktrente, wenn er keinen Arbeitsplatz inne hat, der einem drei- bis sechsstündigem Leistungsvermögen entspricht. In diesem Fall wird davon ausgegangen, dass der Arbeitsmarkt insgesamt verschlossen ist, es sei denn der Rentenversicherungsträger weist nach, dass ein ausreichender Teilzeitarbeitsmarkt vorhanden ist (BSGE 43, 75 ff.; BT-Drucks. 14/4239, S. 25; KassKomm-Niesel, 65. EL 2010, § 43 SGB VI Rn 30 ff.; Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) v. 08.04.2009, L 18 R 875/08, Rn 43; zweifelnd: Urt. des Sächsischen LSG v. 25.01.2010, L 7 R 582/08).
Der Kläger ist unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Bestimmungen weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Die Kammer ist der Überzeugung, dass der Kläger noch in der Lage ist mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Diese Einschätzung ergibt sich aus den eingeholten Gutachten des T. Der Gutachter stellte folgende Diagnosen:
• Bluthochdruck, hypertensive Herzerkrankung • bronchiale Hyperreagibilität mit asthmoider Symptomatik • Verschleißleiden der Wirbelsäule • Verschleißveränderungen der kleinen Fingergelenke mit Funktionen Auswirkung • Bewegungseinschränkung der Schultergelenke • Hörminderung beidseits • Sehminderung • beweguns- und belastungsabhängige Kniegelenksschmerzen links, Fußfehlform, Varikosis • Miktionsstörungen, Verdacht auf chronische Prostatitis
Im Ergebnis kommen die Gutachter zu der Einschätzung, dass der Kläger noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr als 6 Stunden täglich zu verrichten. Dieser Auffassung schließt sich das Gericht, welches nicht über medizinische Sachkunde verfügt, vollumfänglich an, da eine fehlende Schlüssigkeit oder Unvollständigkeit des Gutachtens nicht erkennbar ist.
Zwar ist der Kläger nach der nachvollziehbaren Bewertung des Gutachters hinsichtlich der qualitativen Ausführung von Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes erheblich eingeschränkt. So bestehen unter anderem Einschränkungen der Arbeit in Zwangshaltung, unter Zeitdruck, unter Nachtschichtbedingung, verbunden mit häufigem Bücken oder Knien, mit häufigem Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel oder Tätigkeiten die besondere Sehleistung oder besonderes Hörvermögen erfordern. Eine qualitative Einschränkung ist den genannten Diagnosen aber nachvollziehbar nicht zu entnehmen.
Insoweit der Prozessbevollmächtigte die Bluthochdruckerkrankung des Klägers in den Vordergrund stellt, sind dessen Ausführungen nach Auffassung der Kammer nicht nachvollziehbar. Der Gutachter hat in seiner ergänzenden Stellungnahme ausdrücklich ausgeführt, dass entsprechende Bemühungen des Klägers zur Optimierung der erhöhten Blutdruckwerte bislang nicht erfolgt seien. Therapeutischen Maßnahmen seien insoweit nicht ausgeschöpft. Dieses Verhaltens muss allerdings zulasten des Klägers und nicht zulasten der Beklagten gehen. Darüber hinaus ist nicht nachvollziehbar, warum der Kläger eine kardiologischen unbelastende Tätigkeit, wie z.B. die Arbeit in einem Callcenter, nicht ausführen können sollte.
Insofern der Klägerbevollmächtigte ein depressives Leiden des Klägers als nicht berücksichtigt erachtet, ist die Kammer der Auffassung, dass ein solches Leiden nicht hinreichend dargelegt und bewiesen wurde. Diesbezüglich ist insbesondere zu beachten, dass der Klägerbevollmächtigte in seiner – grundsätzlich sehr ausführlichen – Klagebegründung ein depressives Leiden des Klägers nicht einmal erwähnt. Da eine Pflicht des Gerichts zur "Ermittlung ins Blaue hinein" nicht besteht, sieht das Gericht vorliegend auch keine weitere Pflicht zur Amtsaufklärung, zumal der Gutachter ausgeführt hat, dass im Rahmen der ambulanten Begutachtung nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte für eine mindestens mittelgradige ausgeprägte depressive Episode vorgelegen hätten (vergleiche Bl. 130 der Gerichtsakte).
Wenn der Klägerbevollmächtigte auch die orthopädische Diagnostik des Gutachters, insbesondere aufgrund der nicht Fertigung von Röntgenbildern, bemängelt, so kann das Gericht diese Argumente ebenso nicht nachvollziehen. Der Gutachter hat richtigerweise im Rahmen der ergänzenden ergänzenden Stellungnahme darauf hingewiesen, dass nicht die Diagnose selber sondern lediglich die funktionellen Auswirkungen im Rahmen der Erwerbsminderungsrente von Belang sind. Diese sind aber zutreffend beurteilt worden.
Mithin war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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