Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 235/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Absenkung der Einmalzahlung für hinterbliebene Ehegatten ohne Anspruch auf Teilnahme an der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (§ 8 Abs. 1 Buchst. a Satz 4 GEHV) aufgrund der Änderung des § 6 Abs. 1 Buchst. a Satz 4 GEHV a.F. durch die EHV-Reform 2012 ist nicht zu beanstanden.
2. Auskünfte zur Höhe der Einmalzahlung beinhalten ohne einen entsprechenden Selbstbindungswillens der Verwaltung keine verbindliche Regelung und begründen keinen Vertrauensschutz.
2. Auskünfte zur Höhe der Einmalzahlung beinhalten ohne einen entsprechenden Selbstbindungswillens der Verwaltung keine verbindliche Regelung und begründen keinen Vertrauensschutz.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Einmalzahlung bei Ausschluss einer Witwenrente nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten (GEHV).
Die 1945 geb. Klägerin ist die Witwe des 1936 geborenen und 2016 verstorbenen Dr. C. Der Verstorbene war im Bezirk der Beklagten seit 1973 bis zum 31.12.1995 als Vertragsarzt tätig. Ab 01.01.1996 nahm er an der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten (EHV) teil. Er heiratete die Klägerin am xx.xx.2010.
Der verstorbene Ehemann der Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 18.08.2008 an die Beklagte und teilte mit, er trage sich mit dem Gedanken, seine langjährige Lebensgefährtin zu ehelichen, und bat um Auskunft, welche Ansprüche für seine zukünftige Ehefrau nach seinem Tod bestehen würden.
Die Beklagte teilte dem verstorbenen Ehemann unter Datum vom 08.09.2008 folgendes mit: "Sehr geehrter Herr Dr. C., nach § 6 Abs. 1 der Grundsätze der EHV hat die Witwe nur dann einen Anspruch auf Teilnahme an der EHV, wenn die Ehe mindestens zwei Jahre während der vertragsärztlichen Tätigkeit bestanden hat. Nach § 6 Abs. 1 a letzter Satz hat die Witwe, wenn keine laufenden Zahlungen geltend gemacht werden können, einen Anspruch auf eine einmalige Leistung in Höhe von 25 % des nach der Normalstaffel erreichbaren Höchstanspruches, bezogen auf das anerkannte jeweilige Durchschnittshonorar des in der KV Hessen zuletzt abgerechneten Kalenderjahres, zur Zeit ca. ein Betrag von Brutto ca. EUR 7.200,-. Mit freundlichen Grüßen"
Der verstorbene Ehemann der Klägerin teilte unter Datum vom 21.09.2010 mit, er habe zwischenzeitlich geheiratet, und bat nochmals um Auskunft über Ansprüche aus der EHV für seine Ehefrau nach seinem Tod.
Die Beklagte teilte ihm unter Datum vom 28.09.2010 folgendes mit:
"Sehr geehrter Herr Dr. C., für Ihre Hochzeit wünschen wir Ihnen nachträglich Alles Gute. Gerne beantworten wir Ihre Anfrage. Als teilnahmeberechtigte Hinterbliebene gelten nach § 6 Abs. 1 a) der Grundsätze der EHV die Witwe eines Vertragsarztes, wenn die Ehe mindestens zwei Jahre während der vertragsärztlichen Tätigkeit in Hessen bestanden hat. Besteht nach diesen Voraussetzung ein Anspruch auf Teilnahme an der EHV nicht, wird, berechnet auf Basis der Normalstaffel, eine einmalige Leistung in Höhe von 25 % des nach der Normalstaffel erreichbaren Höchstanspruches, bezogen auf das anerkannte jeweilige Durchschnittshonorar des in der KV Hessen zuletzt abgerechneten Kalenderjahres, gewährt. Derzeit ca. EUR 7.000,00 als einmalige Leistung. Mit freundlichen Grüßen"
Die Klägerin bat unter Datum vom 09.06.2016 um Auskunft, welche Ansprüche sie als Hinterbliebene ihres verstorbenen Ehemannes geltend machen könne.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 22.07.2016 eine Einmalzahlung in Höhe von 1.561,97 Euro fest. Sie ging von 7.000 Punkten zu einem Punktwert vom 0,2294 Euro aus, dies ergab die Höhe der Einmalzahlung i. H. v. 1.605,80 Euro abzgl. der Verwaltungskostenumlage in Höhe von 43,83 Euro. Gem. § 8 Abs. 1 a GEHV bestehe kein Anspruch auf weitere Teilnahme an der EHV, da die Ehe nicht mindestens zwei Jahre während der vertragsärztlichen Tätigkeit bestanden habe. Aus diesem Grund erhalte sie eine einmalige Leistung in Höhe von 7.000 Punkten.
Hiergegen legte die Klägerin am 09.08.2016 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf die Auskünfte der Beklagten vom 08.09.2008 und 28.09.2010. Aufgrund dieser Auskünfte sei sie davon ausgegangen, eine Leistung in Höhe von 25 % des nach der Normalstaffel erreichbaren Höchstanspruches als einmalige Leistung zu erhalten. Insoweit berufe sie sich ausdrücklich auf Besitzstandswahrung. Durch den wesentlich geringeren festgesetzten Betrag ergäben sich für sie ganz erhebliche Nachteile. Die aktuelle Abrechnung verstoße gegen das Schlechterstellungsverbot.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2017 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wies sie auf die GEHV. Die dem Ehegatten gegenüber ergangenen Auskünfte basierten auf der bis zum 30.06.2012 und heute nicht mehr gültigen Altfassung der GEHV, wonach auf der Basis der Normalstaffel eine einmalige Leistung in Höhe von 25 % des nach dem Normalstaffel erreichbaren Höchstanspruches, bezogen auf das anerkannte jeweilige Durchschnittshonorar des in der KV Hessen zuletzt abgerechneten Kalenderjahres, gewährt wurde (§ 6 Abs. 1 Buchstabe a Satz 1, 3 und 4 GEHV a. F.). Die seinerzeit erteilten Auskünfte über die Höhe der Einmalzahlung hätten natürlich nur dem damaligen Regelungsstand der GEHV wiedergeben können. Über die grundlegende Reform der GEHV zum 01.07.2012 sei der Ehegatte der Klägerin sowohl mit Änderungsbescheid vom 29.06.2012 als auch mit den KV Hessen-Publikationen "info.doc", Ausgabe Nr. 3-Juni 2012 (mit neuer GEHV), sowie "auf dem Punkt", Ausgabe Nr. 1-2013, informiert worden, sodass nicht auf den unveränderten Fortbestand der bisherigen Regelungen hinsichtlich der Ansprüche auf Hinterbliebene habe vertraut werden können.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.03.2017 die Klage erhoben. Sie beruft sich weiterhin auf Besitzstandswahrung. Ihr verstorbener Ehemann habe durch die Anfragen bei der Beklagten sicherstellen wollen, dass sie nach seinem Tode ausreichend finanziell abgesichert sei. Er habe seinen Beruf schon vor Erreichen der Regelaltersgrenze aufgeben müssen und über keine Ersparnisse verfügt. Nach den beiden nahezu identischen Auskünften innerhalb von zwei Jahren sei klar gewesen, dass sie mit Zahlbeträgen zwischen 7.000 EUR bzw. 7.200 EUR habe rechnen können. Er sei von einer Rechtsverbindlichkeit der Auskünfte ausgegangen. Andernfalls hätte es eines ausdrücklichen Hinweises bedurft. Gegenteiliges sei aus den Schreiben nicht hervorgegangen. Von den Rechtsänderungen der GEHV habe er keine Kenntnis erlangt, ebenso sie selbst.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Einmalzahlung in Höhe von mindestens 7.000 Euro abzgl. der bereits geleisteten Einmalzahlungen in Höhe von 1.561,97 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor, es würden keine Umstände dargelegt werden, um einen Besitzstandsschutz anzunehmen. Die von der Klägerin angeführten Schreiben hätten lediglich auf informatorische Weise Auskunft darüber gegeben, dass ein solcher Anspruch zum damaligen Zeitpunkt zustehen könne. Die Auskunftsschreiben hätten keine Verwaltungsakt-Qualität. Dies zeige sich an der Unverbindlichkeit des Schreibens ("zur Zeit ca."). Eine Zusicherung nach § 34 SGB X sei nicht ergangen. Spätestens mit ihren Mitteilungen zur Änderung der GEHV wäre ein Vertrauenstatbestand zu verneinen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insb. form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2017 ist rechtmäßig und war nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Einmalzahlung in Höhe von mindestens 7.000 Euro abzgl. der bereits geleisteten Einmalzahlung in Höhe von 1.561,97 Euro.
Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Klägerin auf eine Einmalzahlung ist § 8 Abs. 1 Buchst. a Satz 4 der GEHV, gültig ab 01.07.2012 (im Folgenden: GEHV 2012), der insoweit unverändert auch zum Zeitpunkt des Todes galt, da die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 8 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 GEHV 2012 nicht besteht, weil die Ehe nicht mindestens zwei Jahre während der vertragsärztlichen Tätigkeit des verstorbenen Ehemanns der Klägerin in Hessen bestanden hat. Nach § 8 Abs. 1 Buchst. a Satz 4 GEHV 2012 wird in diesen Fällen eine einmalige Leistung in Höhe 7.000 Punkten gewährt. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid zutreffend die bewilligte Einmalzahlung berechnet, was insoweit zwischen den Beteiligten unstrittig ist.
Ein höherer Anspruch folgt auch nicht aus den Schreiben der Beklagten vom 08.09.2008 und 28.09.2010. In beiden Schreiben gibt die Beklagte lediglich Auskunft auf die Anfrage nach der Höhe der Einmalzahlung. Damit liegt mangels Regelung kein - verbindlicher - Verwaltungsakt i. S. d. § 31 Satz 1 SGB X vor. Eine Regelung zielt auf die Setzung einer Rechtsfolge ab. Die Erteilung einer Auskunft über die bestehende Rechtslage oder über Ansprüche nach der gegenwärtigen Rechtslage schafft keine Rechte. Insofern handelt es sich um einen Realakt. Eine Auskunft kann sich auch nur auf die gegenwärtige Rechtslage beziehen und kann Änderungen in einer ungewissen Zukunft nicht antizipieren. Von daher hätte es eines ausdrücklichen Selbstbindungswillens der Beklagten in den Schreiben bedurft, sich auch für die Zukunft binden zu wollen. Hierfür ist nichts ersichtlich. Die Unverbindlichkeit wird zudem durch die Angabe von Cirka-Werten mit dem Zusatz "zur Zeit" bzw. derzeit deutlich. Der Rückgang der Höhe der Einmalzahlung zeigt ferner, dass eine bestimmte Höhe nicht garantiert wird. Insofern liegt auch keine Zusicherung nach § 34 SGB X vor.
Letztlich macht die Klägerin mit ihrem Hinweis auf "Vertrauensschutz" geltend, dass ihr verstorbener Ehemann bzw. sie selbst davon ausgingen, dass die zum Zeitpunkt der Auskünfte bzw. Eheschließung bestehende Rechtslage für sie unverändert fortgelten würde.
Nach § 6 Abs. 1 Buchst. a Satz 4 GEHV in der bis 30.06.2012 geltenden Fassung (im Folgenden: GEHV 2011) wurde die Einmalzahlung in Höhe von 25 % des nach der Normalstaffel erreichbaren Höchstanspruches, bezogen auf das anerkannte jeweilige Durchschnittshonorar des in der KV Hessen zuletzt abgerechneten Kalenderjahres, gewährt, berechnet auf Basis der Normalstaffel. Diese Regelung ist aber auf den Anspruch der Klägerin nicht anzuwenden.
Der zeitliche Anwendungsbereich einer Regelung bestimmt sich nach den allgemeinen für das intertemporale Sozialrecht geltenden Grundsätzen, wenn das Gesetz keine ausdrückliche Übergangsregelung enthält. Eine Neuregelung ist danach nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die sich vollständig nach Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht haben (vgl. BSG, Urt. v. 22.6.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr. 4, juris Rdnr. 13 f.). Allgemein gilt im Sozialversicherungsrecht daher das Leistungsfall- bzw. Versicherungsfallprinzip. Es ist nur dann nicht anzuwenden, soweit später in Kraft gesetztes Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt (vgl. BSG, Urt. v. 04.09.2013 - B 10 EG 6/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr. 24, juris Rdnr. 38 m.w.N.). Ausdruck des Versicherungsfallprinzips ist z. B. § 75 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, und es wird zwischen Stammrecht und Zahlungsanspruch unterschieden (vgl. LSG Hamburg, Urt. v. 05. 09.2012 - L 2 R 50/10 - juris Rdnr. 22; Blüggel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 75 SGB VI Rdnr. 13). Die Grundsätze des intertemporalen Rechts gellten auch allgemein im Vertragsarztrecht. Für die rechtliche Beurteilung kommt es maßgeblich auf das jeweils geltende Recht an (vgl. BSG, Urt. v. 22.10.2014 - B 6 KA 8/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 49, juris Rdnr. 28 ff.). Im Bereich der EHV ist ebf. zwischen dem Stammrecht bzw. der Anwartschaft als erworbenem "Anspruch auf Teilhabe in einem bestimmten Umfang" und dem konkreten Auszahlungsbetrag zu unterscheiden (vgl. BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 10/13 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 79, juris Rdnr. 51; s. auch BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43, juris Rdnr. 53). Weder die GEHV 2011 noch die GEHV 2012 regeln in gesonderten Bestimmungen, welches Recht anzuwenden ist. § 12 GEHV 2011 bzw. § 11 GEHV 2012 regeln nur den Zeitpunkt des Inkrafttretens. Die Übergangsregelung nach § 10 GEHV 2012 betrifft lediglich die Umrechnung der bisher bestehenden Anwartschaften und Ansprüche. Maßgeblich für das Bestehen einer Anwartschaft ist daher allein das EHV-Satzungsrecht der Beklagten, dass zum Zeitpunkt des Todes des verstorbenen Ehemanns der Klägerin gegolten hat.
Die Beklagte konnte hier von der Schaffung eines Übergangsrechts absehen. Die Kürzung der Einmalzahlung greift nicht in die eigentumsrechtlich geschützte Anwartschaft der Vertragsärzte (vgl. BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 10/13 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 79, juris Rdnr. 47 m.w.N.) ein.
Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Gesetzgeber darf derartige Bestimmungen treffen, jedoch mit ihnen eigentumsrechtlich geschützte Positionen nicht beliebig umgestalten. Vielmehr sind Regelungen, die zu Eingriffen in solche Positionen führen, nur zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind. Dabei müssen die Eingriffe zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich sein, insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.04.1987 - 1 BvR 564/84 u. a. - BVerfGE 75, 78 = SozR 2200 § 1246 Nr. 142, juris, Rdnr. 62).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegen Ansprüche von Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Versorgung ihrer Hinterbliebenen nicht dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG. Ferner ist die Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf Hinterbliebenenrenten der gesetzlichen Rentenversicherung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Bundesverfassungsgericht stellt wesentlich darauf ab, dass die Hinterbliebenenversorgung nicht auf einer dem Versicherten zurechenbaren Eigenleistung beruht, da jeder Versicherte über seinen Beitrag gleichermaßen zur Versorgung aller Hinterbliebenen beiträgt, ohne dass der verheiratete Versicherte – trotz der erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass seine Hinterbliebenen Rente erhalten – einen an diesem Risiko ausgerichteten Beitrag leisten müsse. Die Hinterbliebenenrente stelle eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung dar. Da die Hinterbliebenenrente Unterhaltsersatzfunktion habe, sei die Berücksichtigung des eigenen Einkommens des Hinterbliebenen als Anknüpfungspunkt sachgerecht. Das Bundesverfassungsgericht hat ferner die seinerzeit geltende Unterscheidung zwischen anzurechnenden und nicht anzurechnenden Arten von Einkommen nicht beanstandet. Anzurechnen waren Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen. Leistungen der Zusatzversorgung sowie Leistungen aus privatrechtlichen Systemen einschließlich der betrieblichen Altersversorgung waren von der Anrechnung verschont. Es ist, so das Bundesverfassungsgericht, dem Gesetzgeber nicht verwehrt, nach deren Prinzip des Unterhaltsersatzes orientierten Grundentscheidung für die Einkommensanrechnung die Kriterien für die Auswahl der zu berücksichtigenden Einkommen enger zu fassen, sofern dies nur sachgerecht geschieht. Die Anrechnungsregelung betrifft allein die Leistungen der ersten Säule der Alterssicherung, während die zweite Säule, die betriebliche Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, und die dritte Säule der Alterssicherung, die private Vorsorge, unangetastet blieben (vgl. BVerfG v. 18.02.1998 – 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 – BVerfGE 97, 271 = NJW 1998, 3109, juris, Rdnr. 92). Es sei auch verfassungsrechtlich nicht geboten, Einkünfte aus Vermögen, wie Mieteinnahmen oder Zinseinkünfte auf die Hinterbliebenenrente anzurechnen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rdnr. 93). Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aber aufgegeben, da zunehmend auch Einnahmen aus dem Vermögen den individuellen Bedarf an sozialer Sicherung bestimmten, mit Rücksicht auf seine Bindung an den Gleichheitssatz in dieser Entwicklung zu beobachten, um auf wesentliche Veränderungen rechtzeitig reagieren zu können. Sollte sich im Geltungsbereich des Grundgesetzes das Vermögen verstärkt zur Grundlage der Sicherung des Lebensbedarfs entwickeln und in dieser Funktion das Arbeitseinkommen zurückdrängen, so wäre die Frage der Belastungsgleichheit zwischen den Beziehern von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen einerseits und den Beziehern von Einkommen aus Vermögen andererseits neu zu prüfen und ggf. anders zu beantworten, als dieses geltende Recht tue (vgl. BVerfG, a.a.O., Rdnr. 94).
Diese Grundsätze sind auf Ansprüche auf Teilnahme an der EHV übertragbar. Die Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen der EHV nach Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit sind strukturell und im Hinblick auf ihre besondere Schutzbedürftigkeit Ansprüchen aus betrieblichen Versorgungsanwartschaften und aus den beitragsfinanzierten Sozialversicherungssystemen vergleichbar (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43, juris Rdnr. 39; SG Marburg, Urt. v. 20.07.2011 - S 12 KA 406/10 - juris Rdnr. 19 f.). Soweit das Bundessozialgericht von einem Eigentumsschutz ausgeht (ebd.), so gilt dies nur für die Anwartschaften und Ansprüche aufgrund eigener ("Beitrags-")Leistungen zur EHV.
Ausgehend hiervon ist liegt eine Eigentumsverletzung der Klägerin wegen der Nichtschaffung eines Übergangsrechts nicht vor. Der Anspruch als Witwe ist nicht eigentumsrechtlich geschützt. Hinzu kommt, dass bereits zu Lebzeiten des verstorbenen Ehemanns der Klägerin kein Anspruch auf laufende Zahlung als Witwe wegen der Heirat erst nach Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit bestand, sondern bereits seinerzeit lediglich ein Anspruch auf eine Einmalzahlung in Betracht kam. Eine wesentliche Unterhaltsersatzfunktion kommt der Einmalzahlung aber nicht zu. Ein über den Eigentumsschutz hinausgehender Vertrauensschutz auf Fortgeltung günstiger Rechtslagen besteht nicht.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Einmalzahlung bei Ausschluss einer Witwenrente nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten (GEHV).
Die 1945 geb. Klägerin ist die Witwe des 1936 geborenen und 2016 verstorbenen Dr. C. Der Verstorbene war im Bezirk der Beklagten seit 1973 bis zum 31.12.1995 als Vertragsarzt tätig. Ab 01.01.1996 nahm er an der Erweiterten Honorarverteilung der Beklagten (EHV) teil. Er heiratete die Klägerin am xx.xx.2010.
Der verstorbene Ehemann der Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 18.08.2008 an die Beklagte und teilte mit, er trage sich mit dem Gedanken, seine langjährige Lebensgefährtin zu ehelichen, und bat um Auskunft, welche Ansprüche für seine zukünftige Ehefrau nach seinem Tod bestehen würden.
Die Beklagte teilte dem verstorbenen Ehemann unter Datum vom 08.09.2008 folgendes mit: "Sehr geehrter Herr Dr. C., nach § 6 Abs. 1 der Grundsätze der EHV hat die Witwe nur dann einen Anspruch auf Teilnahme an der EHV, wenn die Ehe mindestens zwei Jahre während der vertragsärztlichen Tätigkeit bestanden hat. Nach § 6 Abs. 1 a letzter Satz hat die Witwe, wenn keine laufenden Zahlungen geltend gemacht werden können, einen Anspruch auf eine einmalige Leistung in Höhe von 25 % des nach der Normalstaffel erreichbaren Höchstanspruches, bezogen auf das anerkannte jeweilige Durchschnittshonorar des in der KV Hessen zuletzt abgerechneten Kalenderjahres, zur Zeit ca. ein Betrag von Brutto ca. EUR 7.200,-. Mit freundlichen Grüßen"
Der verstorbene Ehemann der Klägerin teilte unter Datum vom 21.09.2010 mit, er habe zwischenzeitlich geheiratet, und bat nochmals um Auskunft über Ansprüche aus der EHV für seine Ehefrau nach seinem Tod.
Die Beklagte teilte ihm unter Datum vom 28.09.2010 folgendes mit:
"Sehr geehrter Herr Dr. C., für Ihre Hochzeit wünschen wir Ihnen nachträglich Alles Gute. Gerne beantworten wir Ihre Anfrage. Als teilnahmeberechtigte Hinterbliebene gelten nach § 6 Abs. 1 a) der Grundsätze der EHV die Witwe eines Vertragsarztes, wenn die Ehe mindestens zwei Jahre während der vertragsärztlichen Tätigkeit in Hessen bestanden hat. Besteht nach diesen Voraussetzung ein Anspruch auf Teilnahme an der EHV nicht, wird, berechnet auf Basis der Normalstaffel, eine einmalige Leistung in Höhe von 25 % des nach der Normalstaffel erreichbaren Höchstanspruches, bezogen auf das anerkannte jeweilige Durchschnittshonorar des in der KV Hessen zuletzt abgerechneten Kalenderjahres, gewährt. Derzeit ca. EUR 7.000,00 als einmalige Leistung. Mit freundlichen Grüßen"
Die Klägerin bat unter Datum vom 09.06.2016 um Auskunft, welche Ansprüche sie als Hinterbliebene ihres verstorbenen Ehemannes geltend machen könne.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 22.07.2016 eine Einmalzahlung in Höhe von 1.561,97 Euro fest. Sie ging von 7.000 Punkten zu einem Punktwert vom 0,2294 Euro aus, dies ergab die Höhe der Einmalzahlung i. H. v. 1.605,80 Euro abzgl. der Verwaltungskostenumlage in Höhe von 43,83 Euro. Gem. § 8 Abs. 1 a GEHV bestehe kein Anspruch auf weitere Teilnahme an der EHV, da die Ehe nicht mindestens zwei Jahre während der vertragsärztlichen Tätigkeit bestanden habe. Aus diesem Grund erhalte sie eine einmalige Leistung in Höhe von 7.000 Punkten.
Hiergegen legte die Klägerin am 09.08.2016 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf die Auskünfte der Beklagten vom 08.09.2008 und 28.09.2010. Aufgrund dieser Auskünfte sei sie davon ausgegangen, eine Leistung in Höhe von 25 % des nach der Normalstaffel erreichbaren Höchstanspruches als einmalige Leistung zu erhalten. Insoweit berufe sie sich ausdrücklich auf Besitzstandswahrung. Durch den wesentlich geringeren festgesetzten Betrag ergäben sich für sie ganz erhebliche Nachteile. Die aktuelle Abrechnung verstoße gegen das Schlechterstellungsverbot.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2017 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wies sie auf die GEHV. Die dem Ehegatten gegenüber ergangenen Auskünfte basierten auf der bis zum 30.06.2012 und heute nicht mehr gültigen Altfassung der GEHV, wonach auf der Basis der Normalstaffel eine einmalige Leistung in Höhe von 25 % des nach dem Normalstaffel erreichbaren Höchstanspruches, bezogen auf das anerkannte jeweilige Durchschnittshonorar des in der KV Hessen zuletzt abgerechneten Kalenderjahres, gewährt wurde (§ 6 Abs. 1 Buchstabe a Satz 1, 3 und 4 GEHV a. F.). Die seinerzeit erteilten Auskünfte über die Höhe der Einmalzahlung hätten natürlich nur dem damaligen Regelungsstand der GEHV wiedergeben können. Über die grundlegende Reform der GEHV zum 01.07.2012 sei der Ehegatte der Klägerin sowohl mit Änderungsbescheid vom 29.06.2012 als auch mit den KV Hessen-Publikationen "info.doc", Ausgabe Nr. 3-Juni 2012 (mit neuer GEHV), sowie "auf dem Punkt", Ausgabe Nr. 1-2013, informiert worden, sodass nicht auf den unveränderten Fortbestand der bisherigen Regelungen hinsichtlich der Ansprüche auf Hinterbliebene habe vertraut werden können.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.03.2017 die Klage erhoben. Sie beruft sich weiterhin auf Besitzstandswahrung. Ihr verstorbener Ehemann habe durch die Anfragen bei der Beklagten sicherstellen wollen, dass sie nach seinem Tode ausreichend finanziell abgesichert sei. Er habe seinen Beruf schon vor Erreichen der Regelaltersgrenze aufgeben müssen und über keine Ersparnisse verfügt. Nach den beiden nahezu identischen Auskünften innerhalb von zwei Jahren sei klar gewesen, dass sie mit Zahlbeträgen zwischen 7.000 EUR bzw. 7.200 EUR habe rechnen können. Er sei von einer Rechtsverbindlichkeit der Auskünfte ausgegangen. Andernfalls hätte es eines ausdrücklichen Hinweises bedurft. Gegenteiliges sei aus den Schreiben nicht hervorgegangen. Von den Rechtsänderungen der GEHV habe er keine Kenntnis erlangt, ebenso sie selbst.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Einmalzahlung in Höhe von mindestens 7.000 Euro abzgl. der bereits geleisteten Einmalzahlungen in Höhe von 1.561,97 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor, es würden keine Umstände dargelegt werden, um einen Besitzstandsschutz anzunehmen. Die von der Klägerin angeführten Schreiben hätten lediglich auf informatorische Weise Auskunft darüber gegeben, dass ein solcher Anspruch zum damaligen Zeitpunkt zustehen könne. Die Auskunftsschreiben hätten keine Verwaltungsakt-Qualität. Dies zeige sich an der Unverbindlichkeit des Schreibens ("zur Zeit ca."). Eine Zusicherung nach § 34 SGB X sei nicht ergangen. Spätestens mit ihren Mitteilungen zur Änderung der GEHV wäre ein Vertrauenstatbestand zu verneinen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insb. form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2017 ist rechtmäßig und war nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Einmalzahlung in Höhe von mindestens 7.000 Euro abzgl. der bereits geleisteten Einmalzahlung in Höhe von 1.561,97 Euro.
Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Klägerin auf eine Einmalzahlung ist § 8 Abs. 1 Buchst. a Satz 4 der GEHV, gültig ab 01.07.2012 (im Folgenden: GEHV 2012), der insoweit unverändert auch zum Zeitpunkt des Todes galt, da die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 8 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 GEHV 2012 nicht besteht, weil die Ehe nicht mindestens zwei Jahre während der vertragsärztlichen Tätigkeit des verstorbenen Ehemanns der Klägerin in Hessen bestanden hat. Nach § 8 Abs. 1 Buchst. a Satz 4 GEHV 2012 wird in diesen Fällen eine einmalige Leistung in Höhe 7.000 Punkten gewährt. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid zutreffend die bewilligte Einmalzahlung berechnet, was insoweit zwischen den Beteiligten unstrittig ist.
Ein höherer Anspruch folgt auch nicht aus den Schreiben der Beklagten vom 08.09.2008 und 28.09.2010. In beiden Schreiben gibt die Beklagte lediglich Auskunft auf die Anfrage nach der Höhe der Einmalzahlung. Damit liegt mangels Regelung kein - verbindlicher - Verwaltungsakt i. S. d. § 31 Satz 1 SGB X vor. Eine Regelung zielt auf die Setzung einer Rechtsfolge ab. Die Erteilung einer Auskunft über die bestehende Rechtslage oder über Ansprüche nach der gegenwärtigen Rechtslage schafft keine Rechte. Insofern handelt es sich um einen Realakt. Eine Auskunft kann sich auch nur auf die gegenwärtige Rechtslage beziehen und kann Änderungen in einer ungewissen Zukunft nicht antizipieren. Von daher hätte es eines ausdrücklichen Selbstbindungswillens der Beklagten in den Schreiben bedurft, sich auch für die Zukunft binden zu wollen. Hierfür ist nichts ersichtlich. Die Unverbindlichkeit wird zudem durch die Angabe von Cirka-Werten mit dem Zusatz "zur Zeit" bzw. derzeit deutlich. Der Rückgang der Höhe der Einmalzahlung zeigt ferner, dass eine bestimmte Höhe nicht garantiert wird. Insofern liegt auch keine Zusicherung nach § 34 SGB X vor.
Letztlich macht die Klägerin mit ihrem Hinweis auf "Vertrauensschutz" geltend, dass ihr verstorbener Ehemann bzw. sie selbst davon ausgingen, dass die zum Zeitpunkt der Auskünfte bzw. Eheschließung bestehende Rechtslage für sie unverändert fortgelten würde.
Nach § 6 Abs. 1 Buchst. a Satz 4 GEHV in der bis 30.06.2012 geltenden Fassung (im Folgenden: GEHV 2011) wurde die Einmalzahlung in Höhe von 25 % des nach der Normalstaffel erreichbaren Höchstanspruches, bezogen auf das anerkannte jeweilige Durchschnittshonorar des in der KV Hessen zuletzt abgerechneten Kalenderjahres, gewährt, berechnet auf Basis der Normalstaffel. Diese Regelung ist aber auf den Anspruch der Klägerin nicht anzuwenden.
Der zeitliche Anwendungsbereich einer Regelung bestimmt sich nach den allgemeinen für das intertemporale Sozialrecht geltenden Grundsätzen, wenn das Gesetz keine ausdrückliche Übergangsregelung enthält. Eine Neuregelung ist danach nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die sich vollständig nach Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht haben (vgl. BSG, Urt. v. 22.6.2010 - B 1 KR 29/09 R - SozR 4-2500 § 275 Nr. 4, juris Rdnr. 13 f.). Allgemein gilt im Sozialversicherungsrecht daher das Leistungsfall- bzw. Versicherungsfallprinzip. Es ist nur dann nicht anzuwenden, soweit später in Kraft gesetztes Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt (vgl. BSG, Urt. v. 04.09.2013 - B 10 EG 6/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr. 24, juris Rdnr. 38 m.w.N.). Ausdruck des Versicherungsfallprinzips ist z. B. § 75 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, und es wird zwischen Stammrecht und Zahlungsanspruch unterschieden (vgl. LSG Hamburg, Urt. v. 05. 09.2012 - L 2 R 50/10 - juris Rdnr. 22; Blüggel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 75 SGB VI Rdnr. 13). Die Grundsätze des intertemporalen Rechts gellten auch allgemein im Vertragsarztrecht. Für die rechtliche Beurteilung kommt es maßgeblich auf das jeweils geltende Recht an (vgl. BSG, Urt. v. 22.10.2014 - B 6 KA 8/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 49, juris Rdnr. 28 ff.). Im Bereich der EHV ist ebf. zwischen dem Stammrecht bzw. der Anwartschaft als erworbenem "Anspruch auf Teilhabe in einem bestimmten Umfang" und dem konkreten Auszahlungsbetrag zu unterscheiden (vgl. BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 10/13 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 79, juris Rdnr. 51; s. auch BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43, juris Rdnr. 53). Weder die GEHV 2011 noch die GEHV 2012 regeln in gesonderten Bestimmungen, welches Recht anzuwenden ist. § 12 GEHV 2011 bzw. § 11 GEHV 2012 regeln nur den Zeitpunkt des Inkrafttretens. Die Übergangsregelung nach § 10 GEHV 2012 betrifft lediglich die Umrechnung der bisher bestehenden Anwartschaften und Ansprüche. Maßgeblich für das Bestehen einer Anwartschaft ist daher allein das EHV-Satzungsrecht der Beklagten, dass zum Zeitpunkt des Todes des verstorbenen Ehemanns der Klägerin gegolten hat.
Die Beklagte konnte hier von der Schaffung eines Übergangsrechts absehen. Die Kürzung der Einmalzahlung greift nicht in die eigentumsrechtlich geschützte Anwartschaft der Vertragsärzte (vgl. BSG, Urt. v. 19.02.2014 - B 6 KA 10/13 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 79, juris Rdnr. 47 m.w.N.) ein.
Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Gesetzgeber darf derartige Bestimmungen treffen, jedoch mit ihnen eigentumsrechtlich geschützte Positionen nicht beliebig umgestalten. Vielmehr sind Regelungen, die zu Eingriffen in solche Positionen führen, nur zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind. Dabei müssen die Eingriffe zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich sein, insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.04.1987 - 1 BvR 564/84 u. a. - BVerfGE 75, 78 = SozR 2200 § 1246 Nr. 142, juris, Rdnr. 62).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegen Ansprüche von Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Versorgung ihrer Hinterbliebenen nicht dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG. Ferner ist die Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf Hinterbliebenenrenten der gesetzlichen Rentenversicherung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Bundesverfassungsgericht stellt wesentlich darauf ab, dass die Hinterbliebenenversorgung nicht auf einer dem Versicherten zurechenbaren Eigenleistung beruht, da jeder Versicherte über seinen Beitrag gleichermaßen zur Versorgung aller Hinterbliebenen beiträgt, ohne dass der verheiratete Versicherte – trotz der erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass seine Hinterbliebenen Rente erhalten – einen an diesem Risiko ausgerichteten Beitrag leisten müsse. Die Hinterbliebenenrente stelle eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung dar. Da die Hinterbliebenenrente Unterhaltsersatzfunktion habe, sei die Berücksichtigung des eigenen Einkommens des Hinterbliebenen als Anknüpfungspunkt sachgerecht. Das Bundesverfassungsgericht hat ferner die seinerzeit geltende Unterscheidung zwischen anzurechnenden und nicht anzurechnenden Arten von Einkommen nicht beanstandet. Anzurechnen waren Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen. Leistungen der Zusatzversorgung sowie Leistungen aus privatrechtlichen Systemen einschließlich der betrieblichen Altersversorgung waren von der Anrechnung verschont. Es ist, so das Bundesverfassungsgericht, dem Gesetzgeber nicht verwehrt, nach deren Prinzip des Unterhaltsersatzes orientierten Grundentscheidung für die Einkommensanrechnung die Kriterien für die Auswahl der zu berücksichtigenden Einkommen enger zu fassen, sofern dies nur sachgerecht geschieht. Die Anrechnungsregelung betrifft allein die Leistungen der ersten Säule der Alterssicherung, während die zweite Säule, die betriebliche Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, und die dritte Säule der Alterssicherung, die private Vorsorge, unangetastet blieben (vgl. BVerfG v. 18.02.1998 – 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 – BVerfGE 97, 271 = NJW 1998, 3109, juris, Rdnr. 92). Es sei auch verfassungsrechtlich nicht geboten, Einkünfte aus Vermögen, wie Mieteinnahmen oder Zinseinkünfte auf die Hinterbliebenenrente anzurechnen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rdnr. 93). Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aber aufgegeben, da zunehmend auch Einnahmen aus dem Vermögen den individuellen Bedarf an sozialer Sicherung bestimmten, mit Rücksicht auf seine Bindung an den Gleichheitssatz in dieser Entwicklung zu beobachten, um auf wesentliche Veränderungen rechtzeitig reagieren zu können. Sollte sich im Geltungsbereich des Grundgesetzes das Vermögen verstärkt zur Grundlage der Sicherung des Lebensbedarfs entwickeln und in dieser Funktion das Arbeitseinkommen zurückdrängen, so wäre die Frage der Belastungsgleichheit zwischen den Beziehern von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen einerseits und den Beziehern von Einkommen aus Vermögen andererseits neu zu prüfen und ggf. anders zu beantworten, als dieses geltende Recht tue (vgl. BVerfG, a.a.O., Rdnr. 94).
Diese Grundsätze sind auf Ansprüche auf Teilnahme an der EHV übertragbar. Die Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen der EHV nach Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit sind strukturell und im Hinblick auf ihre besondere Schutzbedürftigkeit Ansprüchen aus betrieblichen Versorgungsanwartschaften und aus den beitragsfinanzierten Sozialversicherungssystemen vergleichbar (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 43, juris Rdnr. 39; SG Marburg, Urt. v. 20.07.2011 - S 12 KA 406/10 - juris Rdnr. 19 f.). Soweit das Bundessozialgericht von einem Eigentumsschutz ausgeht (ebd.), so gilt dies nur für die Anwartschaften und Ansprüche aufgrund eigener ("Beitrags-")Leistungen zur EHV.
Ausgehend hiervon ist liegt eine Eigentumsverletzung der Klägerin wegen der Nichtschaffung eines Übergangsrechts nicht vor. Der Anspruch als Witwe ist nicht eigentumsrechtlich geschützt. Hinzu kommt, dass bereits zu Lebzeiten des verstorbenen Ehemanns der Klägerin kein Anspruch auf laufende Zahlung als Witwe wegen der Heirat erst nach Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit bestand, sondern bereits seinerzeit lediglich ein Anspruch auf eine Einmalzahlung in Betracht kam. Eine wesentliche Unterhaltsersatzfunktion kommt der Einmalzahlung aber nicht zu. Ein über den Eigentumsschutz hinausgehender Vertrauensschutz auf Fortgeltung günstiger Rechtslagen besteht nicht.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
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