Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 4 AS 1269/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 SF 6/15 EK
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines vor dem Sozialgericht (Az. S 4 AS 1269/11) und dem Landessozialgericht (Az. L 4 AS 485/14) geführten Verfahrens hat.
Der Kläger erhob am 14. April 2011 beim Sozialgericht Klage gegen Bescheid und Widerspruchbescheid des Jobcenters, mit denen dieses Leistungen für die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme in Form von Fahrkosten zurückgefordert hatte und beantragte überdies die Beklagte zur Fortführung der Maßnahme bei einem anderen Bildungsträger zu verurteilen. Die Klage wurde am 19. April an die Beklagte übersendet, welche am 2. Mai 2011 (Eingang bei Gericht) die Klageerwiderung und die Verwaltungsakte bei Gericht einreichte. Am 3. Mai 2011 wurde das Verfahren zunächst zur Sitzung geschrieben. Im Juni 2011 gab der Kläger im Antragsdienst eine "erweiterte Klage " ab, welche an die Beklagte übersendet wurde. Nach einem Hinweis an den Kläger wurde das Verfahren erneut zur Sitzung geschrieben. Am 3. August 2011 ging eine Stellungnahme des Klägers ein, welche an die Beklagte weitergereicht wurde. Es folgten weitere Stellungnahmen der Beklagten und des Klägers. Am 20. September 2011 wurde das Verfahren nach vorheriger Anhörung der Beteiligten zum Gerichtsbescheid geschrieben.
Am 27. Dezember 2012 gab der Kläger erneut eine Klageerweiterung sowie einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) im Gericht ab. Im Januar 2013 erhob der Kläger eine weitere Klage. Am 14. Februar 2013 erfolgte eine Übermittlung der Klageerweiterung und des PKH-Antrages an die Beklagte, am 19. Februar 2013 nahm der Kläger den PKH-Antrag zurück. Im Mai 2013 wurde die Verwaltungsakte auf Anforderung an die Beklagte übersendet, die Rückgabe erfolgte im Juni 2013. Am 20. Juni 2013 wurde das Verfahren wieder zum Gerichtsbescheid geschrieben.
Am 14. November 2013 erhob der Kläger eine Verzögerungsrüge.
Am 20. Januar 2014 erging ein klagabweisender Gerichtsbescheid, welcher fälschlicherweise mit einer Rechtmittelbelehrung zur Nichtzulassungsbeschwerde versehen war. Hiergegen legte der Kläger am 5. Dezember 2014 Berufung ein. Im Januar 2015 kündigte er eine weitere Stellungnahme an. Im Februar, im März und im Juni 2015 beantragte der Kläger Fristverlängerungen bezüglich der angekündigten Stellungnahme. Am 8. Januar 2015 wurde das Verfahren gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Berichterstatter übertragen. Im Oktober 2015 wurde das Verfahren zur Sitzung geschrieben. Die Ladungsverfügung erging im Januar 2016. Die mündliche Verhandlung vor dem Landessozialgericht am 25. Februar 2016 endete mit einem klagabweisenden Urteil, welches am 1. März 2016 zugestellt wurde. Am 26. April 2016 erging auf die Nichtzulassungsbeschwerde an das Bundessozialgericht (BSG) schlussendlich ein ablehnender PKH-Beschluss des BSG.
Bereits am 5. Dezember 2014 hatte der Kläger Entschädigungsklage erhoben. Die lange Verfahrensdauer habe seine Gesundheit beeinträchtigt. Wichtige Dokumente seien bisher unberücksichtigt geblieben.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer des Verfahrens S 4 AS 1269/11 = L 4 AS 485/14 zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält die Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruches nicht für gegeben.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte des vorliegenden Verfahrens sowie auf die Prozessakte des Verfahrens S 4 AS 1269/11 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig.
Für das Klageverfahren sind die Vorschriften der §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG i.d.F. des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24. November 2011 (BGBl. I 2302) maßgebend. Für die Entscheidung über die Klage ist das Landessozialgericht zuständig (§ 201 Abs. 1 S. 1 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG).
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs. 5 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 21.02.2013 – B 10 ÜG 1/12 KL) und – nach Abschluss des Ausgangsverfahrens – auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden. Die Einlegungsfrist des § 198 Abs. 5 S. 2 GVG, wonach die Klage spätestens sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, erhoben werden muss, hat der Kläger eingehalten. Die Wartefrist des § 198 Abs. 5 S. 1 GVG, wonach eine Entschädigungsklage frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden kann, wurde ebenfalls eingehalten.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Gemäß § 198 Abs. 1 S. 1 GVG wird entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Die Angemessenheit richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs. 1 S. 2 GVG). Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge, § 198 Abs. 3 S. 1 GVG). Dies ist der Fall, denn der Kläger hat am 14. November 2013 eine Verzögerungsrüge erhoben.
Die Verzögerungsrüge ist auch wirksam erhoben worden. Sie kann gemäß § 198 Abs. 3 S. 2 GVG erst dann erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird. Eine solche Besorgnis ist hier zum Zeitpunkt der Erhebung der Verzögerungsrüge gerechtfertigt gewesen, da das Ausgangsverfahren zu diesem Zeitpunkt mit Unterbrechungen bereits seit mehr als 24 Monate zur Sitzung bzw. zum Gerichtsbescheid geschrieben war.
Es ist indes keine unangemessene Verzögerung im Sinne von § 198 Abs. 1 S. 1 GVG eingetreten. Der Senat hat sich zu diesem Tatbestandsmerkmal in seiner Entscheidung vom 30. Oktober 2014 (L 1 SF 16/13 ESV) der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angeschlossen und Folgendes ausgeführt:
"Bezugspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit ist als maßgeblicher Zeitraum die Gesamtverfahrensdauer, wie sie § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definiert. Verzögerungen, die in einem Stadium des Verfahrens oder bei einzelnen Verfahrensabschnitten eingetreten sind, bewirken daher nicht zwingend die Unangemessenheit der Verfahrensdauer. Es ist vielmehr im Rahmen einer abschließenden Gesamtabwägung insbesondere zu überprüfen, ob Verzögerungen innerhalb einer späteren Phase des Verfahrens kompensiert wurden. Maßgeblich ist, ob am Ende des Verfahrens die Angemessenheitsgrenze überschritten worden ist. Dem Gericht muss in jedem Fall eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen, die der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen Rechnung trägt. Zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ist dem Gericht ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen, der es ihm ermöglicht, dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssachen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind. So ist jedes Gericht berechtigt, einzelne (ältere und jüngere) Verfahren aus Gründen eines sachlichen oder rechtlichen Zusammenhangs zu bestimmten Gruppen zusammenzufassen oder die Entscheidung einer bestimmten Sach- oder Rechtsfrage als vordringlich anzusehen, auch wenn ein solches "Vorziehen" einzelner Verfahren zu einer längeren Dauer anderer Verfahren führt. Eine gleichzeitige inhaltlich tiefgehende Bearbeitung sämtlicher Verfahren ist aus tatsächlichen Gründen nicht möglich und wird auch von Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz beziehungsweise Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der EMRK nicht verlangt. Erst wenn die Verfahrenslaufzeit in Abwägung mit den weiteren Kriterien im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG auch bei Berücksichtigung dieses Gestaltungsspielraums sachlich nicht mehr zu rechtfertigen ist, liegt eine unangemessene Verfahrensdauer vor (BGH, Urteil vom 23.01.2014 – III ZR 37/13 – Juris).
Das Bundessozialgericht hat für dies für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit dahin gehend konkretisiert, dass dem Ausgangsgericht bei Verfahren mit etwa durchschnittlicher Schwierigkeit und Bedeutung eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu zwölf Monaten eingeräumt werden könne, sodass insoweit inaktive Zeiten unschädlich seien und nicht zu einer unangemessenen Verfahrensdauer beitragen, selbst wenn sie nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte begründet und gerechtfertigt werden könnten (BSG, Urteile vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R, B 10 ÜG 9/13 R, B 10 ÜG 2/13 R, zit. nach Terminbericht Nr. 40/14). Die zeitliche Lage dieser Vorbereitungs- und Bedenkzeit müsse und werde sich in der Regel nicht vollständig direkt an die Erhebung der Klage bzw. die Einlegung der Berufung anschließen, denn in dieser "Frühphase" sorge das Gericht normalerweise für einen Schriftsatzwechsel und ziehe Entscheidungsunterlagen bei. Die Vorbereitungs- und Bedenkzeit könne vielmehr auch am Ende der jeweiligen Instanz liegen und in mehrere, insgesamt zwölf Monate nicht übersteigende Abschnitte unterteilt sein. Angemessen bleibe die Gesamt-Verfahrensdauer regelmäßig zudem dann, wenn sie zwölf Monate überschreite, aber insoweit auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruhe oder durch Verhalten des Klägers oder Dritter verursacht werde, die das Gericht nicht zu vertreten habe (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 2/13 R, zit. nach Terminbericht Nr. 40/14).
Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung grundsätzlich an und hält die Anwendung dieser Kriterien auch im vorliegenden Fall für sachgerecht. Für die Ermittlung des im Einzelfall tatsächlich vorliegenden inaktiven Gesamtzeitraums sind nach Auffassung des Senats die inaktiven Phasen sowohl vor als auch nach Erhebung der Verzögerungsrüge von Belang. Denn der Sinn der Verzögerungsrüge besteht – wie bereits ausgeführt – darin, dass dem Gericht die Möglichkeit gegeben werden soll, das Verfahren zu fördern und eine weitere Verzögerung zu verhindern (BT-Drs. 17/3802 S. 20). Da das Gericht aber der bereits eingetretenen Verzögerung nicht mehr abhelfen kann, darf dem Betroffenen insoweit auch der Rechtsschutz nicht abgeschnitten werden. Im Übrigen würde die gegenteilige Sichtweise dazu führen, dass die Geduld eines Beteiligten bestraft und die frühzeitige Erhebung von Verzögerungsrügen gefördert würde, was vom Gesetzgeber aber ausdrücklich nicht gewollt ist (BT-Drs. 17/3802 S. 21)."
Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest. Die Anwendung der genannten Kriterien ist auch im vorliegenden Fall sachgerecht. Das Ausgangsverfahren war allenfalls von durchschnittlicher Schwierigkeit und Bedeutung. Die zugrunde liegende Rechtsfrage war nicht besonders komplex, umfangreicher Ermittlungen bedurfte es ebenfalls nicht. Insofern hält der Senat auch im hier betroffenen Ausgangsfall Vorbereitungs- und Bedenkzeiten von insgesamt zwölf Monaten noch für gerechtfertigt. Diese hat zwar das Sozialgericht überschritten (I.). Jedoch ist durch das Berufungsverfahren eine vollständige Kompensation der Verzögerung eingetreten (II.).
I. Verfahren vor dem Sozialgericht
Das Verfahren wurde vom Sozialgericht bis zu dem Zeitpunkt, an dem es im Oktober 2011 zum Gerichtsbescheid geschrieben wurde, kontinuierlich betrieben und gefördert. Zwar war das Verfahren bereits zuvor, nämlich im Mai 2011, sitzungs- und damit entscheidungsreif, die Akte war jedoch in der Folge bis Oktober 2011 wegen weiterer Stellungnahmen der Beteiligten im Geschäftsgang und wurde aktiv weiter bearbeitet. Von Oktober 2011 bis einschließlich November 2012, d.h. 14 Monate, wurde das Verfahren nicht betrieben. Ab Dezember 2012 wurde aufgrund der Klageerweiterung des Klägers, welche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zielte, die Klage erneut betrieben bis einschließlich Februar 2013. Zu beachten ist insoweit, dass dann keine inaktive Zeit der Verfahrensführung vorliegt, wenn ein Kläger während Phasen (vermeintlicher) Inaktivität des Gerichts selbst durch das Einreichen von Schriftsätzen eine Bearbeitung des Vorganges durch das Gericht auslöst. Denn eingereichte Schriftsätze, die einen gewissen Umfang haben und sich inhaltlich mit Fragen des Verfahrens befassen, bewirken generell eine Überlegungs- und Bearbeitungszeit beim Gericht (BSG, Urteil vom 03.09.2014, B 10 ÜG 12/13 R, juris, Rn. 57). Im März und April 2013 trat dann jedoch erneut eine inaktive Phase (2 Monate) ein, welche im Mai und Juni durch die Abgabe der Verwaltungsakte an die Beklagte unterbrochen wurde. Alsdann wurde das Verfahren von Juli 2013 bis Dezember 2013 erneut nicht betrieben (6 Monate). Im Januar erging dann der angekündigte Gerichtsbescheid. Danach war im Verfahren vor dem Sozialgericht eine inaktive Zeit von insgesamt 22 Monaten eingetreten, von welcher nach Abzug von 12 Monaten allgemeiner Bedenkzeit eine Verzögerung von 10 Monaten verbleibt.
II. Verfahren vor dem Landessozialgericht
Zeiten fehlender Verfahrensförderung durch das Gericht in bestimmten Verfahrensabschnitten können indes in davor oder danach liegenden Verfahrensabschnitten ausgeglichen werden (BSG, Urteile vom 03.09.2014, B 10 ÜG 2/13, Rn. 43, B 10 ÜG 9/13 R, Rn. 43, B 10 ÜG 12/13 R, Rn. 51, B 10 ÜG 2/14 R, Rn. 44). Da Anknüpfungspunkt für die Angemessenheitsprüfung das Verfahren von seiner Einleitung bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss insgesamt ist, bedeutet dies zur Überzeugung des Senats, dass insoweit auch eine instanzübergreifende Betrachtung zu erfolgen hat. Dies heißt, dass in einem erstinstanzlichen Verfahren aufgetretene Verzögerungen noch durch die zügige Bearbeitung im Berufungs- bzw. Beschwerdeverfahren zu kompensieren sind und umgekehrt im Falle einer sehr zügigen Bearbeitung einer Sache vor dem Sozialgericht das zweitinstanzliche Verfahren entsprechend länger dauern kann. Dabei können die dem jeweiligen Gericht für seinen Verfahrensabschnitt zur Verfügung stehenden Vorbereitungs- und Bedenkzeiten zur Überzeugung des Senats vollumfänglich auf das Verfahren der jeweils anderen Instanz übertragen werden, soweit sie nicht "aufgebraucht" sind. Anlass, hier eine nur gleichsam anteilige Übertragung vorzunehmen, hat der Senat bereits vor dem Hintergrund, dass Anknüpfungspunkt für die Verfahrensdauer das Verfahren insgesamt ist, nicht. Es wäre auch nicht nachvollziehbar, warum ein Kläger, der ein Verfahren durch zwei Instanzen betreibt, in deren Verlauf es zu mehreren Inaktivitätsmonaten kommt, entschädigungsrechtlich in Abhängigkeit davon anders stehen sollte, in welchem Verfahrensstadium diese Verzögerungszeiten aufgetreten sind und auf welchen Verfahrensabschnitt er letztlich seinen Entschädigungsanspruch begrenzt (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. März 2017 – L 37 SF 139/14 EK AS –, Rn. 41, juris).
Das Berufungsverfahren, welches durch Einlegung der Berufung am 5. Dezember 2014 begann, ist indes kontinuierlich gefördert worden. Verzögerungen gehen hier ausschließlich zu Lasten des Klägers, der mehrfach um Fristverlängerung nachgesucht hat. Nachdem das Verfahren Ende Oktober 2015 zur Sitzung geschrieben wurde, erfolgte bereits im Januar 2016 die Ladung zum Termin im Februar. Die inaktive Zeit des Landessozialgerichts endete mit der Ladungsverfügung (vgl. BSG, Urteil v. 12.2.2015 – B 10 ÜG 7/14 R, juris). Die dem Landessozialgericht zuzubilligenden 12 Monate Bedenkzeit sind daher nur zu 2 Monaten aufgebraucht (November/ Dezember 2015). Die restlichen 10 Monate kompensieren die Verzögerungszeit des Sozialgerichts, welche gleichfalls 10 Monate betrug, mithin vollständig.
Die Klage war daher abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines vor dem Sozialgericht (Az. S 4 AS 1269/11) und dem Landessozialgericht (Az. L 4 AS 485/14) geführten Verfahrens hat.
Der Kläger erhob am 14. April 2011 beim Sozialgericht Klage gegen Bescheid und Widerspruchbescheid des Jobcenters, mit denen dieses Leistungen für die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme in Form von Fahrkosten zurückgefordert hatte und beantragte überdies die Beklagte zur Fortführung der Maßnahme bei einem anderen Bildungsträger zu verurteilen. Die Klage wurde am 19. April an die Beklagte übersendet, welche am 2. Mai 2011 (Eingang bei Gericht) die Klageerwiderung und die Verwaltungsakte bei Gericht einreichte. Am 3. Mai 2011 wurde das Verfahren zunächst zur Sitzung geschrieben. Im Juni 2011 gab der Kläger im Antragsdienst eine "erweiterte Klage " ab, welche an die Beklagte übersendet wurde. Nach einem Hinweis an den Kläger wurde das Verfahren erneut zur Sitzung geschrieben. Am 3. August 2011 ging eine Stellungnahme des Klägers ein, welche an die Beklagte weitergereicht wurde. Es folgten weitere Stellungnahmen der Beklagten und des Klägers. Am 20. September 2011 wurde das Verfahren nach vorheriger Anhörung der Beteiligten zum Gerichtsbescheid geschrieben.
Am 27. Dezember 2012 gab der Kläger erneut eine Klageerweiterung sowie einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) im Gericht ab. Im Januar 2013 erhob der Kläger eine weitere Klage. Am 14. Februar 2013 erfolgte eine Übermittlung der Klageerweiterung und des PKH-Antrages an die Beklagte, am 19. Februar 2013 nahm der Kläger den PKH-Antrag zurück. Im Mai 2013 wurde die Verwaltungsakte auf Anforderung an die Beklagte übersendet, die Rückgabe erfolgte im Juni 2013. Am 20. Juni 2013 wurde das Verfahren wieder zum Gerichtsbescheid geschrieben.
Am 14. November 2013 erhob der Kläger eine Verzögerungsrüge.
Am 20. Januar 2014 erging ein klagabweisender Gerichtsbescheid, welcher fälschlicherweise mit einer Rechtmittelbelehrung zur Nichtzulassungsbeschwerde versehen war. Hiergegen legte der Kläger am 5. Dezember 2014 Berufung ein. Im Januar 2015 kündigte er eine weitere Stellungnahme an. Im Februar, im März und im Juni 2015 beantragte der Kläger Fristverlängerungen bezüglich der angekündigten Stellungnahme. Am 8. Januar 2015 wurde das Verfahren gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Berichterstatter übertragen. Im Oktober 2015 wurde das Verfahren zur Sitzung geschrieben. Die Ladungsverfügung erging im Januar 2016. Die mündliche Verhandlung vor dem Landessozialgericht am 25. Februar 2016 endete mit einem klagabweisenden Urteil, welches am 1. März 2016 zugestellt wurde. Am 26. April 2016 erging auf die Nichtzulassungsbeschwerde an das Bundessozialgericht (BSG) schlussendlich ein ablehnender PKH-Beschluss des BSG.
Bereits am 5. Dezember 2014 hatte der Kläger Entschädigungsklage erhoben. Die lange Verfahrensdauer habe seine Gesundheit beeinträchtigt. Wichtige Dokumente seien bisher unberücksichtigt geblieben.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer des Verfahrens S 4 AS 1269/11 = L 4 AS 485/14 zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält die Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruches nicht für gegeben.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte des vorliegenden Verfahrens sowie auf die Prozessakte des Verfahrens S 4 AS 1269/11 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig.
Für das Klageverfahren sind die Vorschriften der §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG i.d.F. des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) vom 24. November 2011 (BGBl. I 2302) maßgebend. Für die Entscheidung über die Klage ist das Landessozialgericht zuständig (§ 201 Abs. 1 S. 1 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG).
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs. 5 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 21.02.2013 – B 10 ÜG 1/12 KL) und – nach Abschluss des Ausgangsverfahrens – auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden. Die Einlegungsfrist des § 198 Abs. 5 S. 2 GVG, wonach die Klage spätestens sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, erhoben werden muss, hat der Kläger eingehalten. Die Wartefrist des § 198 Abs. 5 S. 1 GVG, wonach eine Entschädigungsklage frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden kann, wurde ebenfalls eingehalten.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Gemäß § 198 Abs. 1 S. 1 GVG wird entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Die Angemessenheit richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs. 1 S. 2 GVG). Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge, § 198 Abs. 3 S. 1 GVG). Dies ist der Fall, denn der Kläger hat am 14. November 2013 eine Verzögerungsrüge erhoben.
Die Verzögerungsrüge ist auch wirksam erhoben worden. Sie kann gemäß § 198 Abs. 3 S. 2 GVG erst dann erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird. Eine solche Besorgnis ist hier zum Zeitpunkt der Erhebung der Verzögerungsrüge gerechtfertigt gewesen, da das Ausgangsverfahren zu diesem Zeitpunkt mit Unterbrechungen bereits seit mehr als 24 Monate zur Sitzung bzw. zum Gerichtsbescheid geschrieben war.
Es ist indes keine unangemessene Verzögerung im Sinne von § 198 Abs. 1 S. 1 GVG eingetreten. Der Senat hat sich zu diesem Tatbestandsmerkmal in seiner Entscheidung vom 30. Oktober 2014 (L 1 SF 16/13 ESV) der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angeschlossen und Folgendes ausgeführt:
"Bezugspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit ist als maßgeblicher Zeitraum die Gesamtverfahrensdauer, wie sie § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG definiert. Verzögerungen, die in einem Stadium des Verfahrens oder bei einzelnen Verfahrensabschnitten eingetreten sind, bewirken daher nicht zwingend die Unangemessenheit der Verfahrensdauer. Es ist vielmehr im Rahmen einer abschließenden Gesamtabwägung insbesondere zu überprüfen, ob Verzögerungen innerhalb einer späteren Phase des Verfahrens kompensiert wurden. Maßgeblich ist, ob am Ende des Verfahrens die Angemessenheitsgrenze überschritten worden ist. Dem Gericht muss in jedem Fall eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen, die der Schwierigkeit und Komplexität der Rechtssache angemessen Rechnung trägt. Zur Ausübung seiner verfahrensgestaltenden Befugnisse ist dem Gericht ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen, der es ihm ermöglicht, dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssachen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind. So ist jedes Gericht berechtigt, einzelne (ältere und jüngere) Verfahren aus Gründen eines sachlichen oder rechtlichen Zusammenhangs zu bestimmten Gruppen zusammenzufassen oder die Entscheidung einer bestimmten Sach- oder Rechtsfrage als vordringlich anzusehen, auch wenn ein solches "Vorziehen" einzelner Verfahren zu einer längeren Dauer anderer Verfahren führt. Eine gleichzeitige inhaltlich tiefgehende Bearbeitung sämtlicher Verfahren ist aus tatsächlichen Gründen nicht möglich und wird auch von Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz beziehungsweise Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der EMRK nicht verlangt. Erst wenn die Verfahrenslaufzeit in Abwägung mit den weiteren Kriterien im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG auch bei Berücksichtigung dieses Gestaltungsspielraums sachlich nicht mehr zu rechtfertigen ist, liegt eine unangemessene Verfahrensdauer vor (BGH, Urteil vom 23.01.2014 – III ZR 37/13 – Juris).
Das Bundessozialgericht hat für dies für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit dahin gehend konkretisiert, dass dem Ausgangsgericht bei Verfahren mit etwa durchschnittlicher Schwierigkeit und Bedeutung eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu zwölf Monaten eingeräumt werden könne, sodass insoweit inaktive Zeiten unschädlich seien und nicht zu einer unangemessenen Verfahrensdauer beitragen, selbst wenn sie nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte begründet und gerechtfertigt werden könnten (BSG, Urteile vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 12/13 R, B 10 ÜG 9/13 R, B 10 ÜG 2/13 R, zit. nach Terminbericht Nr. 40/14). Die zeitliche Lage dieser Vorbereitungs- und Bedenkzeit müsse und werde sich in der Regel nicht vollständig direkt an die Erhebung der Klage bzw. die Einlegung der Berufung anschließen, denn in dieser "Frühphase" sorge das Gericht normalerweise für einen Schriftsatzwechsel und ziehe Entscheidungsunterlagen bei. Die Vorbereitungs- und Bedenkzeit könne vielmehr auch am Ende der jeweiligen Instanz liegen und in mehrere, insgesamt zwölf Monate nicht übersteigende Abschnitte unterteilt sein. Angemessen bleibe die Gesamt-Verfahrensdauer regelmäßig zudem dann, wenn sie zwölf Monate überschreite, aber insoweit auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruhe oder durch Verhalten des Klägers oder Dritter verursacht werde, die das Gericht nicht zu vertreten habe (BSG, Urteil vom 03.09.2014 – B 10 ÜG 2/13 R, zit. nach Terminbericht Nr. 40/14).
Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung grundsätzlich an und hält die Anwendung dieser Kriterien auch im vorliegenden Fall für sachgerecht. Für die Ermittlung des im Einzelfall tatsächlich vorliegenden inaktiven Gesamtzeitraums sind nach Auffassung des Senats die inaktiven Phasen sowohl vor als auch nach Erhebung der Verzögerungsrüge von Belang. Denn der Sinn der Verzögerungsrüge besteht – wie bereits ausgeführt – darin, dass dem Gericht die Möglichkeit gegeben werden soll, das Verfahren zu fördern und eine weitere Verzögerung zu verhindern (BT-Drs. 17/3802 S. 20). Da das Gericht aber der bereits eingetretenen Verzögerung nicht mehr abhelfen kann, darf dem Betroffenen insoweit auch der Rechtsschutz nicht abgeschnitten werden. Im Übrigen würde die gegenteilige Sichtweise dazu führen, dass die Geduld eines Beteiligten bestraft und die frühzeitige Erhebung von Verzögerungsrügen gefördert würde, was vom Gesetzgeber aber ausdrücklich nicht gewollt ist (BT-Drs. 17/3802 S. 21)."
Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest. Die Anwendung der genannten Kriterien ist auch im vorliegenden Fall sachgerecht. Das Ausgangsverfahren war allenfalls von durchschnittlicher Schwierigkeit und Bedeutung. Die zugrunde liegende Rechtsfrage war nicht besonders komplex, umfangreicher Ermittlungen bedurfte es ebenfalls nicht. Insofern hält der Senat auch im hier betroffenen Ausgangsfall Vorbereitungs- und Bedenkzeiten von insgesamt zwölf Monaten noch für gerechtfertigt. Diese hat zwar das Sozialgericht überschritten (I.). Jedoch ist durch das Berufungsverfahren eine vollständige Kompensation der Verzögerung eingetreten (II.).
I. Verfahren vor dem Sozialgericht
Das Verfahren wurde vom Sozialgericht bis zu dem Zeitpunkt, an dem es im Oktober 2011 zum Gerichtsbescheid geschrieben wurde, kontinuierlich betrieben und gefördert. Zwar war das Verfahren bereits zuvor, nämlich im Mai 2011, sitzungs- und damit entscheidungsreif, die Akte war jedoch in der Folge bis Oktober 2011 wegen weiterer Stellungnahmen der Beteiligten im Geschäftsgang und wurde aktiv weiter bearbeitet. Von Oktober 2011 bis einschließlich November 2012, d.h. 14 Monate, wurde das Verfahren nicht betrieben. Ab Dezember 2012 wurde aufgrund der Klageerweiterung des Klägers, welche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zielte, die Klage erneut betrieben bis einschließlich Februar 2013. Zu beachten ist insoweit, dass dann keine inaktive Zeit der Verfahrensführung vorliegt, wenn ein Kläger während Phasen (vermeintlicher) Inaktivität des Gerichts selbst durch das Einreichen von Schriftsätzen eine Bearbeitung des Vorganges durch das Gericht auslöst. Denn eingereichte Schriftsätze, die einen gewissen Umfang haben und sich inhaltlich mit Fragen des Verfahrens befassen, bewirken generell eine Überlegungs- und Bearbeitungszeit beim Gericht (BSG, Urteil vom 03.09.2014, B 10 ÜG 12/13 R, juris, Rn. 57). Im März und April 2013 trat dann jedoch erneut eine inaktive Phase (2 Monate) ein, welche im Mai und Juni durch die Abgabe der Verwaltungsakte an die Beklagte unterbrochen wurde. Alsdann wurde das Verfahren von Juli 2013 bis Dezember 2013 erneut nicht betrieben (6 Monate). Im Januar erging dann der angekündigte Gerichtsbescheid. Danach war im Verfahren vor dem Sozialgericht eine inaktive Zeit von insgesamt 22 Monaten eingetreten, von welcher nach Abzug von 12 Monaten allgemeiner Bedenkzeit eine Verzögerung von 10 Monaten verbleibt.
II. Verfahren vor dem Landessozialgericht
Zeiten fehlender Verfahrensförderung durch das Gericht in bestimmten Verfahrensabschnitten können indes in davor oder danach liegenden Verfahrensabschnitten ausgeglichen werden (BSG, Urteile vom 03.09.2014, B 10 ÜG 2/13, Rn. 43, B 10 ÜG 9/13 R, Rn. 43, B 10 ÜG 12/13 R, Rn. 51, B 10 ÜG 2/14 R, Rn. 44). Da Anknüpfungspunkt für die Angemessenheitsprüfung das Verfahren von seiner Einleitung bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss insgesamt ist, bedeutet dies zur Überzeugung des Senats, dass insoweit auch eine instanzübergreifende Betrachtung zu erfolgen hat. Dies heißt, dass in einem erstinstanzlichen Verfahren aufgetretene Verzögerungen noch durch die zügige Bearbeitung im Berufungs- bzw. Beschwerdeverfahren zu kompensieren sind und umgekehrt im Falle einer sehr zügigen Bearbeitung einer Sache vor dem Sozialgericht das zweitinstanzliche Verfahren entsprechend länger dauern kann. Dabei können die dem jeweiligen Gericht für seinen Verfahrensabschnitt zur Verfügung stehenden Vorbereitungs- und Bedenkzeiten zur Überzeugung des Senats vollumfänglich auf das Verfahren der jeweils anderen Instanz übertragen werden, soweit sie nicht "aufgebraucht" sind. Anlass, hier eine nur gleichsam anteilige Übertragung vorzunehmen, hat der Senat bereits vor dem Hintergrund, dass Anknüpfungspunkt für die Verfahrensdauer das Verfahren insgesamt ist, nicht. Es wäre auch nicht nachvollziehbar, warum ein Kläger, der ein Verfahren durch zwei Instanzen betreibt, in deren Verlauf es zu mehreren Inaktivitätsmonaten kommt, entschädigungsrechtlich in Abhängigkeit davon anders stehen sollte, in welchem Verfahrensstadium diese Verzögerungszeiten aufgetreten sind und auf welchen Verfahrensabschnitt er letztlich seinen Entschädigungsanspruch begrenzt (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. März 2017 – L 37 SF 139/14 EK AS –, Rn. 41, juris).
Das Berufungsverfahren, welches durch Einlegung der Berufung am 5. Dezember 2014 begann, ist indes kontinuierlich gefördert worden. Verzögerungen gehen hier ausschließlich zu Lasten des Klägers, der mehrfach um Fristverlängerung nachgesucht hat. Nachdem das Verfahren Ende Oktober 2015 zur Sitzung geschrieben wurde, erfolgte bereits im Januar 2016 die Ladung zum Termin im Februar. Die inaktive Zeit des Landessozialgerichts endete mit der Ladungsverfügung (vgl. BSG, Urteil v. 12.2.2015 – B 10 ÜG 7/14 R, juris). Die dem Landessozialgericht zuzubilligenden 12 Monate Bedenkzeit sind daher nur zu 2 Monaten aufgebraucht (November/ Dezember 2015). Die restlichen 10 Monate kompensieren die Verzögerungszeit des Sozialgerichts, welche gleichfalls 10 Monate betrug, mithin vollständig.
Die Klage war daher abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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